1

Click here to load reader

Streik der Lokführer

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Streik der Lokführer

Tel.: 030 300 65-0 Fax: 030 300 65-390 www.familienunternehmer.eu E-Mail: [email protected]

KOMMENTAR AUS BERLIN

Berlin, 10. März 2011

DIE FAMILIENUNTERNEHMER – ASU e.V. Prof. Dr. Gerd Habermann Charlottenstraße 24 10117 Berlin

Zum Streik der Lokführer Die derzeitigen Vorgänge beim GDL-Streik sind besonders empörend, sucht hier doch eine Gewerkschaft brachial ihr Tarifmonopol gegen Wettbewerber durchzusetzen. Eigentlich ein Fall für das GWB! Aber nicht nur dieser aktuelle Streik, sondern der Streik überhaupt gehört zu den Dingen, die in einer freien Vertragsgesellschaft nichts zu suchen haben. Was bedeutet denn „Streik“ heutzutage? Gewerkschaftsführer organisieren einen kollektiven Vertragsbruch, um so einige Lohnprozente oder etwas mehr Freizeit für die bei ihnen organisierte Minorität oder – wie ak-tuell – einfach nur ein Tarifmonopol durchzusetzen. Das nennen sie die „Ultima Ratio“, als ob ihre Mitglieder existentiell am Abgrund stünden. Als Geisel hierbei werden nicht nur Unter-nehmen, sondern auch die unorganisierte Masse der Kunden dieser Unternehmen genom-men. Beide erleiden bei Streiks einen enormen Schaden: Bahnen fahren nicht, Flugzeuge bleiben am Boden, die U-Bahn steht still, Kindergärten bleiben geschlossen, Ärzte operieren nicht, Tote werden nicht begraben, Müll bleibt auf der Straße, dazu: persönliche Reisepla-nungen werden zuschanden, Kostenkalküle gehen nicht auf, Geschäfte platzen. Im Extremfall steht das öffentliche Leben fast still. Wie heißt es doch im Strafgesetzbuch: „Wer einen ande-ren rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines Anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und: „Der Versuch ist strafbar“, ähnlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 823/826). Die Gewerkschaften sind für die Folgen ihres Vorgehens – entgegen dem Familienunternehmerprinzip - nicht schadenersatz-pflichtig und oft wird nachträglich ein „Maßregelungsverbot“, eine Indemnität für Straftaten, vereinbart. - Manche meinen, diese Barbarei sei Ausfluss der Tarifautonomie. Aber die Koali-tionsfreiheit ist kein „Recht auf Erpressung“. Das Bundesverfassungsgericht hat sich leider nicht eindeutig geäußert (1979 / 1991). Die Väter des Grundgesetzes haben sich 1948/1949 nicht auf die Aufnahme eines Streikrechts verständigt. Das Grundgesetz hat also diese Frage offen gelassen. Aus Wortlaut und aus der Entstehungsgeschichte des Artikels 9, Abs. 3 kann daher eine Verfassungsgarantie des Streikrechts nicht abgeleitet werden, zumal es eindeutig in Artikel 9, Abs. 2 GG heißt: „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafge-setzen zuwiderlaufen … sind verboten“. Es handelt sich hier eben um archaische Relikte des „Faustrechts“. Wer ist eigentlich der Souverän? Das Gesetz oder eine Interessentenclique? Warum schweigt die Politik? Außerhalb des Arbeitsmarktes gibt es hunderttausende von Verhandlungen, in denen sich stärkere oder schwächere Partner auf ein Ergebnis einigen müssen. Die Kosten eines Streiks können bei Milliarden liegen. Der kurzfristige Nutzen liegt allenfalls bei der Erpressergruppe. Den Nachteil zahlen die durch überhöhte Lohnabschlüsse arbeitslos Gewordenen, zahlen wir alle mit Inflation, Konkurs, gestörter Lebensplanung, „Nerven“. Schlussfolgerung: Der Streik ist als Erpressung / Vermögensvernichtung, Missbrauch von Zeit, Geduld und Mitteln Unschuldiger zu delegitimieren. Streik und Nötigung als Mittel zur Interessendurchsetzung müssen gebrandmarkt werden. Stattdessen sollten, wo sich Tarif-partner nicht einigen können, verbindliche Schlichtungsmechanismen greifen (Beispiel: Frie-densabkommen der Schweiz <1937>). Zur Not müssen Schlichtungsverfahren gesetzlich verbindlich gemacht werden. Streik verträgt sich nicht mit den Existenzvoraussetzungen einer arbeitsteiligen Tauschgesellschaft. Er gehört in das historische Museum wie die bronzene Axt oder das Spinnrad. (Im Anschluß an den Kommentar vom 11. März 2008)

3/2011