30
Stress- und Emotionsregulation Trainingsmanual zum Programm Stark im Stress E-BOOK INSIDE + ONLINE-MATERIAL ARBEITSMATERIAL Eckert • Tarnowski

Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Stress- undEmotionsregulationTrainingsmanual zumProgramm Stark im Stress

E-BOOK INSIDE +ONLINE-MATERIALARBEITSMATERIAL

Eckert • Tarnowski

Page 2: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Eckert • Tarnowski

Stress- und Emotionsregulation

Page 3: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:
Page 4: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Marcus Eckert • Torsten Tarnowski

Stress- und Emotionsregulation

Trainingsmanual zum Programm Stark im Stress

Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial

Page 5: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Anschriften der Autoren:Dr. Marcus EckertInstitut LernGesundheit GbRMagdeburger Str. 4021339 LüneburgE-Mail: [email protected]

Dr.Torsten TarnowskiInstitut LernGesundheit GbRMagdeburger Str. 4021339 LüneburgE-Mail: [email protected]

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohneZustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.

Dieses Buch ist erhältlich als:ISBN 978-3-621-28451-6 PrintISBN 978-3-621-28457-8 E-Book (PDF)

1. Auflage 2017

! 2017 Programm PVU Psychologie Verlags Unionin der Verlagsgruppe Beltz • Weinheim BaselWerderstraße 10, 69469 WeinheimAlle Rechte vorbehalten

Lektorat: Anne-Marie GrätzBildnachweis: Hardy HinrichsEinbandtypografie: Lelia RehmIllustrationen: Hardy Hinrichs

Herstellung: Lelia Rehm

Weitere Informationen zu unseren Autoren und Titeln finden Sie unter: www.beltz.de

Page 6: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Inhaltsubersicht

Geleitwort 15Vorwort 17

I Grundlagen 21

1 Stress und Emotionen – alltägliche Phänomene 22

2 Multimodale Stressprävention 38

3 Aufbau und Aufrechterhaltung von Trainingsmotivation 45

4 Aufbau des Trainings Stark im Stress 54

II Manual 69

Modul 1: Ressourcen starken 715 Tragfähige Trainingsmotivation (Einheit 1) 72

6 Achtsamkeit und Entspannung (Einheit 2) 95

7 Regeneration und hilfreiche Emotionen (Einheit 3) 132

Modul 2: Stress und aversive Emotionen annehmen 1578 Warum Annehmen sinnvoll sein kann (Einheit 4) 158

9 Belastbarkeit stärkende Maßnahmen (Einheit 5) 180

10 (Selbst-)Wertschätzung aufbauen und pflegen (Einheit 6) 200

Modul 3: Stress und Emotionen verandern 21911 Stellschraube Körper (Einheit 7) 220

12 Stellschraube Gedanken (Einheit 8) 242

13 Stellschraube Verhalten (Einheit 9) 265

III Qualitatssicherung 293

14 Wirksamkeit des Trainings 294

15 Abgrenzung zum klinischen Handeln 298

16 Begleitende Evaluation 303

Anhang 311

Literatur 312Hinweise zu den Online-Materialien 317Sachwortverzeichnis 318

Inhaltsübersicht 5

Page 7: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:
Page 8: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Inhalt

Geleitwort 15Vorwort 17

I Grundlagen 21

1 Stress und Emotionen – alltagliche Phanomene 22

1.1 Kurz-, mittel- und langfristige Folgen von Stress 221.1.1 Kurzfristige Folgen von Stress 231.1.2 Mittelfristige Folgen 231.1.3 Langfristige Folgen 251.2 Stress als physiologische Reaktion 251.2.1 Merkmale der ersten Stressantwort 261.2.2 Merkmale der zweiten Stressantwort 271.3 Das transaktionale Stressmodell 271.3.1 Erster Bewertungsschritt 281.3.2 Zweiter Bewertungsschritt 281.3.3 Dritter Bewertungsschritt: Neubewertung 281.4 Stress als Ressourcenverlust 291.5 Stressbewältigung 301.5.1 Problem- und Emotionsfokussierte Stressbewältigung 311.5.2 Formen der Stressverarbeitung 311.6 Emotionen: Funktionen und Regulation 331.6.1 Funktionen von Emotionen 341.6.2 Regulation von Emotionen 36

2 Multimodale Stresspravention 38

2.1 Palliativ-regeneratives Stressmanagement 392.2 Kognitives Stressmanagement 392.2.1 Becks kognitive Therapie 402.2.2 Meichensbaums Stressimpfungstraining 412.2.3 Ellis’ Rational-Emotive Therapie 422.3 Instrumentelle Stressbewältigung 422.4 Emotionsregulation 43

3 Aufbau und Aufrechterhaltung von Trainingsmotivation 45

3.1 Das HAPA-Modell von Schwarzer 453.2 Bilden von Trainingsintentionen 473.2.1 Risikowahrnehmung 47

Inhalt 7

Page 9: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

3.2.2 Handlungs-Ergebnis-Erwartung 483.2.3 Aufgabenbezogene Selbstwirksamkeitserwartung 483.3 Trainingsplanung 493.3.1 Handlungsplanung 493.3.2 Bewältigungsplanung 503.4 Feedback, Würdigung und Selbstverstärkung 513.5 Nutzung medialer Möglichkeiten 52

4 Aufbau des Trainings Stark im Stress 54

4.1 Modul 1: Ressourcen stärken 554.1.1 Trainingsmotivation 554.1.2 Achtsamkeit und Entspannung 564.1.3 Aufbau und Abruf hilfreicher Emotionen 574.1.4 Regeneration und erholsame Aktivitäten 584.2 Modul 2: Stress und aversive Emotionen annehmen –

akzeptanzbasiertes Stressmanagement 594.2.1 Die Notwendigkeit einer akzeptierenden Haltung verstehen 604.2.2 Herausarbeiten eines biographischen Sinnes in emotional

schwierigen Situationen 604.2.3 Steigerung der Selbstkomplexität 614.2.4 Stärkung des sozialen Netzes bzw. wahrgenommener sozialer

Unterstützung 614.2.5 Emotionale Selbstwirksamkeit: Belastbarkeit früherer

Situationen bewusst machen und abrufen können 624.2.6 Selbst- und Fremdwertschätzung erhöhen und positive

Erlebnisse würdigen 624.3 Modul 3: Stress und Emotionen verändern – kognitiv-

behaviorales Stressmanagement 634.3.1 Körper und körperbezogene Prozesse 644.3.2 Kognitionen und kognitive Methoden 644.3.3 Verhaltensnahe Prozesse 654.4 Trainingsaufgaben als zentrales Element 654.5 Peer-Coaching in der Bewältigungsplanung und

beim Trainingstransfer 664.6 Trainings-App 67

Inhalt8

Page 10: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

II Manual 69

Modul 1: Ressourcen starken 71

5 Tragfahige Trainingsmotivation (Einheit 1 ) 72

5.1 Zeitlicher Ablauf 725.2 Einstieg und Psychoedukation: SIS-Modell 725.2.1 Begrüßung 735.2.2 Entstehung von Stress und negativen Emotionen 735.3 Motivationsaufbau 845.3.1 Persönliche Stressanzeichen, Frühwarnsystem und Spätfolgen 855.3.2 Trainingsgründe explorieren 875.3.3 Mentales Kontrastieren: Eine Zeitreise 895.3.4 Einen guten Grund finden: Der Motivationssatz 915.4 Aufgabe der Woche: Tagesschätze finden 925.5 Abschlussblitzlicht 94

6 Achtsamkeit und Entspannung (Einheit 2) 95

6.1 Zeitlicher Ablauf 956.2 Einstieg: Würdigen der Aufgabe und Besprechen

von Schwierigkeiten 956.2.1 Würdigen 966.2.2 Schwierigkeiten 976.3 Achtsamkeit und Entspannung 1016.3.1 Wirkungen von Achtsamkeit und Entspannung

(Psychoedukation) 1026.3.2 Achtsamkeits- und Entspannungsübung 1156.3.3 Achtsamkeit im Alltag 1216.4 Aufgaben der Woche: Achtsamkeit und Entspannung 1246.4.1 Aufgaben der Woche 1256.4.2 Transferplanung 1256.5 Abschlussblitzlicht 130

7 Regeneration und hilfreiche Emotionen (Einheit 3) 132

7.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 3 1327.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und besprechen

von Schwierigkeiten 1327.3 Hilfreiche Emotionen aufbauen und abrufen 1357.3.1 Hinführung zur Anker-Übung 1377.3.2 Durchführung der Übung 1387.3.3 Exkurs: Schwierige Situationen imaginieren – hilfreiche

Emotionen nutzen 1427.4 Regeneration: Im Alltag leben 143

Inhalt 9

Page 11: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

7.4.1 Hintergründe von Regeneration 1447.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 1507.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 1527.5 Aufgaben der Woche: Hilfreiche Emotionen

und Erholungsphasen nutzen 1547.6 Abschlussblitzlicht 156

Modul 2: Stress und aversive Emotionen annehmen 157

8 Warum Annehmen sinnvoll sein kann (Einheit 4) 158

8.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 4 1588.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 1598.3 Das Annehmen von Stress und negativen Emotionen 1618.3.1 Warum das Annehmen von Stress und negativen Emotionen

sinnvoll sein kann 1638.3.2 Teilnehmer tauschen ihre besten Strategien aus 1688.4 Erarbeiten sinnstiftender biographischer Ressourcen 1698.4.1 Erarbeiten einer biographischen Ressource 1708.4.2 Herausarbeiten eines biographischen Sinns 1738.4.3 Biographische Ressourcen erahnen 1758.5 Aufgaben der Woche: Emotionstagebuch 1788.6 Abschlussblitzlicht 1798.7 Achtsamkeit und Entspannung für das zweite Modul

(Kurzversion) 179

9 Belastbarkeit starkende Maßnahmen (Einheit 5) 180

9.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 5 1809.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 1809.2.1 Trainingserfahrung reflektieren 1829.2.2 Belastbarkeit stärken – aber wie? 1839.3 Belastbarkeit fördern – aber richtig 1889.3.1 Selbstkomplexität analysieren und fördern 1899.3.2 Funktionen im sozialen Netz erkennen und stärken 1939.3.3 Resilienzprojekt planen 1969.3.4 Biographisches Gedächtnis nutzen 1969.4 Aufgaben der Woche: Emotionstagebuch und Resilienzprojekt 1989.5 Abschlussblitzlicht 199

Inhalt10

Page 12: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

10 (Selbst-)Wertschatzung aufbauen und pflegen (Einheit 6) 200

10.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 6 20010.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 20010.2.1 Trainingserfahrungen reflektieren 20110.2.2 Hinführung: Das Effort-Reward-Imbalance Modell 20310.3 Wertschätzung fördern 20710.3.1 Selbstwertschätzung fördern 20810.3.2 Gezielte Förderung von Fremdwertschätzung 21310.3.3 Würdigen, was gut war (Würdigungstagebuch) 21510.3.4 Unsympathen wertschätzen (alternativ zum Würdigungs-

tagebuch) 21610.4 Aufgaben der Woche 21610.5 Abschlussblitzlicht 218

Modul 3: Stress und Emotionen verandern 219

11 Stellschraube Korper (Einheit 7) 220

11.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 7 22011.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 22011.2.1 Trainingserfahrungen reflektieren 22111.2.2 Wie lassen sich Emotionen verändern? 22311.3 Erarbeiten der Stellschraube Körper 23011.3.1 Die Grundidee der Stellschraube Körper 23111.3.2 Anwendung der Stellschraube auf emotional problematische

Situationen 23511.3.3 Reflexion: Gelingensmodelle und Schwierigkeiten vorstellen 23811.4 Aufgaben der Woche: Emotionstagebuch und Stellschraube

Körper im Alltag 24011.5 Abschlussblitzlicht 24011.6 Achtsamkeit und Entspannung für das dritte Modul

(stark verkürzte Version) 241

12 Stellschraube Gedanken (Einheit 8) 242

12.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 8 24212.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 24212.2.1 Trainingserfahrungen reflektieren 24312.2.2 Die Grundidee der Stellschraube Gedanken 24512.3 Anwendung der Stellschraube auf emotional schwierige

Situationen 247

Inhalt 11

Page 13: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

12.3.1 Die Kopfstand-Technik nutzen 24912.3.2 Arbeit mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat 25212.3.3 Reflexion: Gelingensmodelle und Schwierigkeiten vorstellen 26212.4 Aufgaben der Woche: Emotionstagebuch und Stellschraube

Gedanken im Alltag 26312.5 Abschlussblitzlicht 264

13 Stellschraube Verhalten (Einheit 9) 265

13.1 Zeitlicher Ablauf von Einheit 9 26513.2 Einstieg: Würdigen der Aufgaben und Besprechen

von Schwierigkeiten 26513.2.1 Trainingserfahrungen reflektieren 26613.2.2 Die Grundidee der Stellschraube Verhalten 26813.3 Anwenden der Stellschraube Verhalten 27013.3.1 Identifizieren und verändern von konkretem stressauslösenden

Verhalten 27113.3.2 Innere Stressverstärker: Verhaltensbeobachtungen und

-experimente im Alltag 27313.3.3 Integration der drei Stellschrauben 29013.4 Transferplanung für die Zeit nach dem Training 29013.5 Abschluss 291

III Qualitatssicherung 293

14 Wirksamkeit des Trainings 294

14.1 Methode zur Feststellung der Wirksamkeit 29414.2 Ergebnisse der drei Studien 29514.2.1 Stark im Stress im Pflegeberuf 29514.2.2 Stark im Stress bei Berufstätigen 29614.2.3 Stark im Stress bei Studierenden einer Fernuniversität 29614.3 Bewertung der Ergebnisse 297

15 Abgrenzung zum klinischen Handeln 298

15.1 Depression 29815.1.1 Wie kann eine Depression erkannt werden? 29815.1.2 Umgang mit depressiven Teilnehmern 29915.2 Angst 30015.2.1 Wie kann man Angststörungen erkennen? 30015.2.2 Umgang mit Teilnehmern, die möglicherweise

eine Angststörung haben 302

Inhalt12

Page 14: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

16 Begleitende Evaluation 303

16.1 Möglichkeiten für eine Eingangsdiagnostik 30316.1.1 Wahrgenommener Stress 30416.1.2 Emotionale Kompetenzen 30516.2 Prozessmonitoring 30616.2.1 Kooperation und Vertrauen in der Gruppe (Sozialklima) 30716.2.2 Interaktionen zwischen Trainer und Teilnehmern 30716.2.3 Abstraktionsniveau 30816.2.4 Aktivierungsniveau 30816.2.5 Übungen zwischen den Sitzungen 30816.2.6 Veränderungen 30816.3 Möglichkeiten und Grenzen zur Feststellung der Trainings-

wirksamkeit 310

Anhang 311Literatur 312Hinweise zu den Online-Materialien 317Sachwortverzeichnis 318

Inhalt 13

Page 15: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:
Page 16: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Geleitwort

Engagierte Personen erleben täglich bei sich selbst oder ihren Interaktionspartnern, imBerufs-, Privat- oder Familienleben Gefühlsschwankungen und Stress, wenn sie sichfür wichtige und schwierige Anliegen einsetzen. Das ist gut und gesund – und hört erstauf, wenn einem alles egal ist. Denn wir können Gefühle wie Freude, Ärger, Sorgen,Angst und Stress nicht einfach ignorieren, aber auch nicht bedingungslos ausleben.Davon abgesehenmüssen oder wollen wir oft Gefühle überzeugend zeigen, die spontannicht vorhanden sind: Zum Beispiel stellen wir manchmal an uns den Anspruch, unsfür einen anderen Menschen zu freuen, obwohl wir diese Freude gar nicht spüren.Dann wieder verbergen wir Gefühle, die uns bewegen. Oft wollen wir eigene Gefühls-lagen auch möglichst schnell zum Besseren wenden.

Darüber hinaus herrscht innerhalb der eigenen Person und in Interaktionen mitanderen eine »emotionale Ansteckungsgefahr«. Intrapersonal kann ein intensivesGefühl oder eine Erregungssteigerung die Wahrnehmung, das Denken und Handelnbelasten. Man lernt ungewollt, durch Grübeln die Wolken von gestern oder morgenüber die Sonne von heute zu ziehen, oder durch riskante Bewältigungsstrategien wieetwa durch Aufschieben, »Entspannungstrinken« oder Impulshandlungen selbst- undfremdschädigend zu reagieren. Wenn die Kraftressourcen zur Neige gehen, gelingt esimmer weniger, sich gegen solche intrapersonalen Risiken zur Wehr zu setzen und dieemotionale Selbstverantwortung aufrechtzuerhalten. In Interaktionen kann die emoti-onale Betroffenheit von einem zum anderen überspringen, aus Meinungsverschieden-heiten werden vielleicht Probleme, Konflikte oder Krisen mit riskanten Bewältigungs-strategien. Ab einer bestimmten Intensität und Dauer wirken sich Gefühlsschwankun-gen oder Stress negativ auf die Gesundheit, die Interaktions- und Arbeitsqualität imberuflichen wie im privaten Bereich aus.

Effektive Emotions- und Stressregulation ist eine Kunst, vorhandene Gefühleinnerlich zu kontrollieren und sie so auszudrücken, dass sie den Interaktionszielensowie der eigenen Gesundheit dienen. Die WHO zählt die konstruktive Emotions-regulation und Stressbewältigung sogar zu den Lebenskompetenzen, die lebenslänglichvom Kindergarten an bis zur beruflichen Weiterbildung vermittelt werden sollten.Denn diese Fähigkeiten und Ressourcen nutzen sich im Alltag ab und müssen fasttäglich durch spezifische Maßnahmen aufgefrischt werden. Das gilt besonders dann,wenn am Arbeitsplatz oder in der privaten Lebenswelt chronische psychosozialeRisikofaktoren in bestimmten Situationen nicht reduziert werden können und diePerson daher laufend gegenregulieren muss.

Das vorliegende Handbuch fürMultiplikatoren bietet ein evaluiertes zur Förderungder intrapersonalen und interaktionsbezogenen Emotions- und Stressregulation an.Der Titel Stark im Stress adressiert besonders Personen, denen tägliches Engagementund laufende Interaktionskompetenz abverlangt wird. Dazu gehören Personen mit

Geleitwort 15

Page 17: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Führungsaufgaben sowie Arbeitnehmer*innen in Dienstleistungsberufen. Diese Men-schen sind stark im Stress, wenn sie ihre Aufgaben ernst nehmen, und sie sollen imStress und bei Gefühlsschwankungen die Kontrolle behalten sowie wirkungsvoll undnebenwirkungsbewusst handeln, zum Schutz der eigenen Gesundheit und zum Schutzihrer Handlungs- und Interaktionsqualität. Vielleicht müssen sie auch als Führungs-personen effektive Strategien der Stressbewältigung und Gefühlsregulation vorlebenund ihren Mitarbeiter*innen vermitteln.

Dieses Manual richtet sich an Moderatoren, die solche Trainings leiten. In Ver-bindung mit dem Online-Training ist es eine wertvolle Hilfe für die Trainingsteil-nehmer*innen, die einige Schritte auch ihren Mitmenschen vermitteln könnten.Trainingsziel ist es, täglich Emotionsregulationskompetenzen im beruflichen wieprivaten Alltag anzuwenden und sich möglichst gemeinsam mit Peers zu beraten.Das gewählte Lernformat begnügt sich nicht mit Erwerbslernen im Training, sondernfördert das Anwendungslernen der Teilnehmer*innen in beruflichen wie privatenAlltagssituationen.

Die Autoren sind ein promovierter Psychologe und Lehrer sowie ein promovierterSozialpädagoge. Beide sind seit langem Trainer für emotionale Kompetenzen undStressbewältigung sowie Coaches für die Ausbildung von Stresstrainern und bringenihre Erfahrungen aus vielen Trainings in der Personal- und Organisationsentwicklungmit unterschiedlichen Zielgruppen und Institutionen ein. Das Training in der vor-liegenden Form wurde bisher mehr als 100 Mal als Präsenz- oder blended-learningFormat mit großem Erfolg aus Sicht der Teilnehmer*innen angewendet. Es hat sich alsFörderung von Veränderungslernen unter Alltagsdruck sehr bewährt und wurde 2016als Präventionsangebot der gesetzlichen Krankenkassen zertifiziert.

Das Training besteht aus dreiModulenmit je drei Sitzungen. DieHintergründe sindverständlich erläutert und jede Sitzung Schritt für Schritt beschrieben. Der detailliertbeschriebene Kompetenzaufbau kann nicht nur von Kursleitern zur Stressprävention,sondern auch von Psychotherapeuten, Heilpraktikern, in freier Praxis oder z.B. inReha-Einrichtungen und nicht zuletzt von Lehrpersonen, Aus- undWeiterbildnern in(Berufs-)Schulen ganz oder in Teilen genutzt werden. Einerseits kann das Material dieDiagnosen und Gespräche über den Entwicklungsbedarf zwischen den Multiplikato-ren und ihren Trainingsteilnehmer*innen befruchten. Andererseits können die ver-schiedenen Berufsgruppen nicht nur das Training als Ganzes übernehmen undanbieten, sondern auch mit ausgewählten Modulen oder Sitzungen die eigenebewährte Praxis anreichern. Für Neustarter auf diesem Gebiet empfehlen sich dieTeilnahme an einem Kurs für Moderatorinnen und der Austausch mit anderen, dieebenfalls das Programm erproben.

Aufgrund der sehr positiven Erfahrungen mit ca. 100 Kursen für Endverbraucherwünsche ich dem Handbuch und seinen Nutzern und Nutzerinnen gutes Gelingen.

Lüneburg, im August 2016 Prof.Dr. (em.) Bernhard Sieland

Geleitwort16

Page 18: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Vorwort

Stress und Emotionen sind Phänomene, die in unserem Leben allgegenwärtig sind. Indiesem Buch geht es um die Regulation von Stress und Emotionen. Es gibt guteGründe für diese gemeinsame Betrachtung. Erstens legen Forschungsarbeiten nahe,dass Stress und Emotionen viele gemeinsame Komponenten haben. An ihrer Ent-stehung und Aufrechterhaltung sind teilweise die gleichen physiologischen, kognitivenund verhaltensbezogenen Prozesse beteiligt. Zweitens sind die gesundheitsschädigen-den Auswirkungen von chronischem Stress und von langanhaltenden aversivenEmotionen sehr ähnlich. Drittens wirken sich viele Maßnahmen, die klassischerweisebei der Stressbewältigung eingesetzt werden, positiv auf die Stärkung emotionalerKompetenzen aus und umgekehrt.

Im Alltag sind Stress und Emotionen wichtig, weil erst sie uns handlungsfähigmachen: Sie geben uns sehr schnell Orientierung und Handlungssicherheit, sie moti-vieren und aktivieren uns, und sie sind ein wesentliches Element zwischenmensch-licher Interaktion. Etwas verkürzt gesagt sind sie schnelle Informationsverarbeitungs-,Selbstregulations- und Kommunikationsprogramme, ohne welche die Menschheitnicht überlebt hätte. Allerdings bergen ihre Geschwindigkeit und ihr evolutionäresAlter zahlreiche Gefahren. Die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und derHandlungssteuerung geht auf Kosten der Genauigkeit: Fehleinschätzungen undschlecht angepasste Reaktionen können die Folgen sein. Zudem sind Stress- undEmotionsprogramme auf eine Umwelt ausgelegt, die sehr, sehr alt ist. Das kann heutezu erheblichen Schwierigkeiten führen. Stress und Emotionen können sich aus diesenGründen problematisch auf die Gesundheit sowie auf die eigene Interaktions- undHandlungsqualität auswirken. Ein adaptiver Umgang mit Stress und Emotionen istdaher wünschenswert und notwendig.

Mit diesem Buch liegt ein Manual für das Training Stark im Stress (SIS) vor, einemTraining zum guten und gesunden Umgang mit Stress und Emotionen. Die Wirk-samkeit dieses Trainings wurde mehrfach in randomisiert-kontrollierten Studienbelegt. In der vorliegenden Version besteht das Training aus drei Modulen, die jeweilsaus drei 90-minütigen Einheiten bestehen. Idealerweise werden die Einheiten imAbstand von jeweils einer Woche durchgeführt. Inzwischen ist das Training nach§§ 20 (SGB V) als multimodale Stressprävention zertifiziert. Die Teilnahme kann überdie gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.

Das vorliegende Buch richtet sich an Personen, die als Trainer*innen das TrainingStark im Stress vermitteln wollen. Dazu werden im ersten Teil die wissenschaftlichensowie die methodisch-didaktischen Grundlagen verständlich beschrieben. Aus diesenGrundlagen wird der Aufbau des Trainings hergeleitet. Der zweite Teil des Buchs istdas eigentliche Manual, in dem die Durchführung jeder der neun Einheiten Schritt fürSchritt in jeweils einem Kapitel erläutert wird. Auf mögliche Schwierigkeiten oder

Vorwort 17

Page 19: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Besonderheiten, die erfahrungsgemäß während des Trainings auftreten können, wirdeingegangen und es werden Strategien zu deren Überwindung aufgezeigt. Im drittenTeil des Buches werden Aspekte der Qualitätssicherung angesprochen, da sichergestelltwerden sollte, dass das Training qualitativ hochwertig durchgeführt wird. Alle Arbeits-materialien, die zur Durchführung des Trainings nötig sind oder dieses unterstützen,werden im Onlinebereich zur Verfügung gestellt. Die Trainer*innen sind ebenfallseingeladen, die offizielle Webseite des Trainings http://www.training-sis.com/ beglei-tend einzubinden.

Dieses Manual basiert auf den Erfahrungen, die wir in den inzwischen mehr als 100Trainings und den Kursleiter-Fortbildungen für SIS-Trainer gesammelt haben. Für dieDurchführung dieses Trainings im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen (nach§§ 20 SGB V) gilt die Teilnahme an einer der Kursleiter-Fortbildungen, die regelmäßigvom Institut LernGesundheit durchgeführt werden, als obligate Voraussetzung.

Wir erhoffen uns, dass dieses Buch Vielen Anleitung, Anregung und vor allemBereicherung für die eigene Praxis sein kann. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen,dass Sie von den zahlreichen praktischen Übungen, Strategien und Ansätzen pro-fitieren – ganz gleich, ob Sie das Training nun als Ganzes oder nur Elemente darausanwenden wollen. Und vor allem wünschen wir Ihnen, dass Sie bei der Durchführunggenau so viel Freude haben wie wir.

Abschließend wollen wir uns noch zur Gender-Sprachregelung in diesem Manualäußern: Imweiteren Verlauf wird aus Gründen der Lesbarkeit nur diemännliche Formbenutzt. Wenn nicht explizit darauf hingewiesen wird, sind immer beide Geschlechtergemeint.

Danksagung

Zu allererst danken wir unseren Freunden und Familien, die uns den Rücken frei-gehalten, uns unterstützt, inspiriert, kritisiert und ermutigt haben. Allen voran gebührtunseren Frauen Lotta und Lena außerordentlicher Dank.

Ohne unseren gemeinsamen Doktorvater Prof. (em.) Dr.Bernhard Sieland mitseinem unerschöpflichen Optimismus und Ideenreichtum, seiner väterlich-unterstüt-zenden Art und seinem Glauben an uns und unsere Projekte würde es weder diesesBuch noch das Training Stark im Stress geben. Dafür ist sicher an dieser Stelle eingeeigneter Platz, um Danke zu sagen.

Die Korrektur eines solchen Buches braucht Menschen, die sich mit viel Hartnä-ckigkeit, Beharrlichkeit, Sorgfalt und Elan ansWerk machen. Es braucht Personen, dienicht nur auf Rechtschreibung undGrammatik schauen, sondern sich auch noch in dieInhalte hineindenken. In unserem Fall waren das Hartmut Pech und Laura Jordaan,denen wir für die unendliche Arbeit und für ihre unendliche Geduld zu tiefst dankbarsind.

Um die Wirksamkeit eines solchen Trainings zu ermitteln müssen methodisch sehraufwendige Studien durchgeführt werden. Diese Aufgebe wurden mit viel Sorgfalt,

Vorwort18

Page 20: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Engagement und Herzblut von Melanie Schwarzbach, Agnes Gruner und SusanneKreft verfolgt. Sie verdienen unseren Dank.

Die Unterstützung, die Ideen und Anregungen von Prof. Dr. Dirk Lehr,Prof. Dr.Matthias Berking und Dr. David Ebert in der gemeinsamen wissenschaftli-chen Arbeit haben bunte und vielseitige Mosaiksteine für das Training Stark im Stressgeliefert, ohne die das Gesamtbild sicherlich anders aussähe. Dafür wollen wir unsbedanken.

Zu guter Letzt sind da noch die Kolleginnen und Kollegen, die Trainerinnen undTrainer, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass das Training Stark im Stress vieleMenschen erreicht hat. Auch wenn wir sie hier nicht alle namentlich nennen, geltenihnen doch unser Dank und unsere Anerkennung dafür, dass sie mit uns Pionierarbeitgeleistet haben.

Lüneburg, im August 2016 Marcus Eckert & Torsten Tarnowski

Danksagung 19

Page 21: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:
Page 22: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

I Grundlagen

1 Stress und Emotionen – alltagliche Phanomene

2 Multimodale Stresspravention

3 Aufbau und Aufrechterhaltungvon Trainingsmotivation

4 Aufbau des Trainings Stark im Stress

Page 23: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

1 Stress und Emotionen – alltagliche Phanomene

Wird von Stress gesprochen, denken viele vor allem an gesundheitliche Gefährdung,Überlastung und Burnout. Tatsächlich zeigt eine Vielzahl von Studien auf, dasschronischer Stress zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann. Neben kör-perlichen Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Beeinträchtigungen desImmunsystems oder Diabetes steigt das Risiko mentaler Störungen, wie zum Beispielan einer Depression zu erkranken (Berking, 2010; De Steno et al., 2013; 2012; Nateret al., 2011; Rensing et al., 2006). Doch Stress hat auch gute Seiten: Stress aktiviertPersonen, stellt ihnen Energie bereit und motiviert sie, sich oder ihre Umgebung zuverändern. Für einen guten und gesunden Umgang mit Stress, auf den das TrainingStark im Stress abzielt, ist es wichtig, beide Seiten im Blick zu behalten.

Stress kann als psychische und physische Anpassungsreaktion auf Bedrohungenverstanden werden. Der evolutionäre Sinn dieser Anpassungsreaktion besteht darin,Personen durch eine körperliche und psychische Aktivierung (s. Abschn. 1.1) kampf-oder fluchtfähig zu machen. Es gibt bislang keine Hinweise darauf, dass diese An-passungsreaktion ein Gesundheitsrisiko darstellt. Allerdings legt sie in der Regel dieHandlungstendenzen Kampf oder Flucht nahe. Das ist aber nicht in allen Kontexteneine adäquate Reaktion (z.B. wäremanchmal Geduld zielführender). Eine Gefährdungfür die Gesundheit ist Stress vor allem dann, wenn er chronisch wird, und wennPersonen keine oder zu wenig Regenerationsphasen mehr haben.

Einen weiteren sehr interessanten Mechanismus, wie Stress sich negativ auf dieGesundheit auswirken kann und sogar die Mortalität steigert, fand ein Forscherteamaus Wisconsin (USA): Augenscheinlich wirkt sich Stress dann besonders negativ aus,wenn eine Person Angst vor den Stresssymptomen hat und diese als etwas Gefährlichesansieht (Keller et al., 2012). Wenn im folgenden Abschnitt die kurz-, mittel- undlangfristigen Folgen von Stress besprochen werden, die alle in seriösen und hoch-wertigen Studien gefunden wurden, sollte man trotzdem den Befund von Keller undKollegen im Hinterkopf behalten. Wie noch gezeigt wird, ist es vielfach adaptiver,Stress anzunehmen als ihn verändern zu wollen. Es geht daher im Training Stark imStress darum, einen guten und gesunden Umgang mit Stress (und Emotionen; s. u.) zufinden.

1.1 Kurz-, mittel- und langfristige Folgen von Stress

In einer repräsentativen Umfrage der Forsa (2010) an 1002 Personen gaben 33% derBefragten an, sehr starken oder mittleren Stress zu erleben. Vier Jahre später gaben ineiner Umfrage, die die DKV 2014 durchführte, zwischen 47% und 60% der Befragtenan, durch Stress belastet zu sein.Was die Belastung im Einzelnen bedeutet, bzw. welcheFolgen Stress haben kann, soll in diesem Abschnitt überblicksartig dargestellt werden.

1 Stress und Emotionen – alltägliche Phänomene22

Page 24: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

1.1.1 Kurzfristige Folgen von Stress

Gesundheitlich scheint kurzfristiger Stress unbedenklich. Diese Art von Stress führt zueiner erhöhten Anspannung und Nervosität. Es ist sogar eine Zunahme der Immun-kompetenz zu beobachten. Komplexe Aufgaben werden am besten bei einemmittlerenAnspannungsniveau bewältigt. Dieses Verständnis von Stress legt also nahe, dass esauch Bereiche gibt, in denen kurzfristiger Stress sich förderlich auf Leistungen auswirkt(Neiss, 1988): Auf die meisten leistungsbezogenen Aufgaben, die eine geringereKomplexität aufweisen und mit Bewegungen einhergehen (z.B. sportliche Leistun-gen), wirkt sich Stress positiv aus. Auch das Schmerzempfinden sinkt unter Stress. Daskann ebenfalls positive Auswirkungen auf körperlich hoch beanspruchende Tätig-keiten haben.

Steigt die stressbedingte Anspannung jedoch über dieses Niveau hinaus, nimmt dieLeistung ab. Personen werden hastiger, ungeduldiger und es kann vermehrt zu Fehlernkommen. Die Konzentration und die Erinnerungsleistung sinken mit steigenderAnspannung – oder werden verzerrt. Vielfach führt die gestiegene Anspannung zuinterpersonellen Konflikten, die Bereitschaft zu streiten oder sich zurückzuziehensteigt, was verständlich ist, wenn man Stress als erhöhte Kampf- oder Fluchtbereit-schaft auffasst.

1.1.2 Mittelfristige Folgen

Wird die stressbedingte Aktivierung über eine längere Zeit aufrechterhalten, verkehrtsie sich in ihr Gegenteil. Aus Aktivierung und Wachheit wird bei unzureichenderRegeneration mittelfristig emotionale Erschöpfung. Die zunächst erhöhte Immun-kompetenz kann sich in eine Schwächung des Immunsystems verkehren, entzündlicheProzesse und Krankheiten (z.B. Erkältungen) nehmen zu. Auch dysfunktionale Re-gulationsversuche (z.B. ungesunde Essensgewohnheiten oder Alkoholkonsum) kön-nen sich mittelfristig etablieren und längerfristig (s. u.) zusätzlich die Gesundheitbeeinträchtigen.

Anhaltende Reizbarkeit oder Rückzug haben mittelfristig negative Auswirkungenauf die Qualität interpersoneller Beziehungen. Ein funktionierendes soziales Netz istein Resilienzfaktor. Neurobiologische Forschungen legen nahe, dass der Neurotrans-mitter Oxytocin, der auch als »Bindungshormon« bekannt ist, kardiovaskuläre Risikenvon Stressreaktionen kompensieren kann (z.B. Poulin et al., 2013). Störungen dessozialen Netzes können zu einer Reduzierung dieses Neurotransmitters und seinerprotektiven Wirkung führen. Oftmals wird durch Schwierigkeiten im sozialen Netzauch die Zufriedenheit eingeschränkt werden.

Setzen sich die stressbedingten Leistungseinschränkungen (s. o.) über eine mittlereZeit fort, werden sie von der Person als Leistungseinbußen erlebt. Das hat häufigeinerseits negative Auswirkungen auf das leistungsbezogene Selbstkonzept und ande-rerseits auf die eigene Zufriedenheit.

1.1 Kurz-, mittel- und langfristige Folgen von Stress 23

Page 25: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Es besteht die Gefahr, dass zwei sich selbst erhaltende Teufelskreise entstehen: Erstenserhöht sozialer Rückzug die Unzufriedenheit. Das führt wiederum zu Reizbarkeit undRückzug (s. Abb. 1.1).

Reizbarkeit /sozialer RückzugUnzufriedenheit

Abbildung 1.1 Teufelskreis »sozialer Rückzug«

Zweitens wirken sich negative Einflüsse auf das leistungsbezogene Selbstkonzept unddie leistungsbezogene Zufriedenheit, auf das eigene Leistungsvermögen und die eigeneLeistungswahrnehmung aus (s. Abb. 1.2).

Leistungs-einbußen

schlechteresleistungsbez.Selbstkonzept /leistungsbez.Unzufriedenheit

Abbildung 1.2 Teufelskreis »Leistungseinbußen«

Langfristig resultieren daraus oftmals körperliche und mentale Beschwerden (s.u.).

Exkurs

Typische Symptome der TeilnehmerTeilnehmer des Trainings Stark im Stress leiden häufig unter den oben genanntenSchwierigkeiten. Das Training soll ihnen dabei helfen, die Teufelskreise zu ver-lassen, bevor sich langfristig negative Folgen einstellen. Stattdessen sollen soge-nannte Aufwärtsspiralen initiiert werden.

1 Stress und Emotionen – alltägliche Phänomene24

Page 26: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

1.1.3 Langfristige Folgen

Schaffen Personen es nicht, die oben beschriebenen Teufelskreise zu verlassen, bestehtdie Gefahr der Chronifizierung. Hierbei können physische und psychische Störungenauftreten.

Physische FolgenBesonders häufig tritt stressassoziierter Bluthochdruck auf. Gefäßverengungen (Arte-riosklerose) und entzündliche Prozesse (z.B. Arthritis) werden durch Stress mitver-ursacht. Längerfristige stressbedingte Erhöhungen des Blutzuckers, der Blutfette, desKörpergewichts (u. a. durch dysfunktionale Bewältigungsversuche wie Essen) und desBlutdrucks sind Risikofaktoren für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall, einen Tin-nitus, einen Hörsturz oder einen Typ-II-Diabetes. Längerfristige Schwächungen desImmunsystems erhöhen das Risiko für Infektionskrankheiten. In Verbindung miteiner Übersäuerung des Magens und einer dauerhaften Herabregulierung der Ver-dauungstätigkeiten steigt auch die Gefahr, Magengeschwüre zu bekommen. Zudemwerden Verdauungsprobleme mit langanhaltendem, chronifiziertem Stress in Verbin-dung gebracht.

Psychische FolgenPsychische Störungen können ebenfalls durch Stress ausgelöst, aufrechterhalten oderzumindest mitbedingt werden. Starke Beeinträchtigungen des sozialen Netzes, derwahrgenommenen Leistungsfähigkeit (d.h. des leistungsbezogenen Selbstkonzeptes),der wahrgenommenen Handlungskontrolle und der Lebenszufriedenheit können dasRisiko für depressive Störungen oder Angststörungen erhöhen. Diese Gefahr wirddadurch noch gesteigert, dass z.B. durch langanhaltenden Stress die Cortisol-Regel-kreise gestört werden, was bei einer Depression zu einem chronisch erhöhten Corti-solspiegel führt. Auch das Belohnungssystem mit seiner Dopamin- und Serotonin-regulation kann durch langanhaltenden Stress so beeinträchtigt werden, dass dieFähigkeit gestört ist, positive Empfindungen und Genuss zu erleben. Neuroanatomi-sche Studien fanden, dass Stress das Nachwachsen und Regenerieren von Nervenzellenim Gehirn (im Hippocampus) negativ beeinflusst. Inzwischen geht man davon aus,dass das Sterben und verringerte Nachwachsen von Nervenzellen zur Entstehung vonDepression oder Angststörungen beitragen kann (McEwen, 2008).

Daneben resultieren aus chronifizieren, dysfunktionalen Bewältigungsversuchenwie Alkohol- oder Substanzmissbrauch (z.B. Schlafmittel) häufig Abhängigkeitsstö-rungen. Und während Stress zwar kurzfristig das Schmerzempfinden senkt (s. o.), wirddieses langfristig erhöht, sodass er auch ein Risikofaktor für Schmerzstörungen ist.

1.2 Stress als physiologische Reaktion

Um die Wirkung und die gesundheitlichen wie interpersonellen Folgen von Stress zuverstehen, ist es sinnvoll, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass Stress eine

1.2 Stress als physiologische Reaktion 25

Page 27: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Anpassungsreaktion des Körpers ist, um auf Bedrohungen mit Kampf oder Flucht(Fight-Flight-Reaktion) schnell und effektiv zu reagieren (s. o.). Damit eine zuver-lässige Reaktion gewährleistet werden kann, bedarf es schneller physiologischerVeränderungen. Diese sollen hier skizziert werden.

Um die Stressreaktion des Körpers zu verstehen, ist es wichtig, zwischen zweiStressantworten zu unterscheiden: Die erste und schnelle Stressreaktion (der soge-nannte »Adrenalinstoß«) führt zu einer nahezu sofortigen Aktivierung des Körpers.Die zweite, etwas langsamere Stressreaktion setzt später ein und sorgt dafür, dass sichder Stoffwechsel unseres Körpers umstellt, sodass einer möglichen Bedrohung längerstandgehalten werden kann.

Die erste physiologische Reaktion (»Adrenalinstoß«) geht zurück auf das vegetativeNervensystem, das aus dem sympathischen und dem parasympathischen Nerven-system besteht. Das sympathische Nervensystem wird im Falle einer Bedrohungaktiviert. Diese Aktivierung wird von den Mandelkernen (Amygdalae) im limbischenSystem unseres Gehirns aus initiiert. Bei wahrgenommener Gefahr (Scheitern dereigenen Ziele bzw. bei existentiellen Bedrohungen) leiten die Amygdalae die Stress-reaktion ein. Es kommt zu einer schnellen Ausschüttung von Adrenalin und Nor-adrenalin aus demNebennierenmark und einer Erhöhung des Cortisolspiegels, welchewiederum für die zweite, langsamere Stressantwort notwendig ist.

1.2.1 Merkmale der ersten Stressantwort

Das sympathische Nervensystem, das die erste Stressreaktion des Körpers steuert,benötigt die Neurotransmitter Adrenalin und Noradrenalin für die Informations-weitergabe. Der Sympathikus beschleunigt den Herzschlag und erhöht die Atem-frequenz, um mehr Sauerstoff im Blut zu befördern. Der Blutdruck steigt, u. a. auchweil die Gefäße in der Peripherie (z.B. in den Fingerspitzen) sich verengen. Dadurchsteht erstens mehr Blut in den »großen« Muskeln zur Verfügung, die für Kampf oderFlucht gebraucht werden. Zweitens reduzieren zusammengezogene und verengteGefäße in der Peripherie die Wahrscheinlichkeit bei einer Verletzung zu verbluten.Als Nebenwirkung spürt man kalte Finger, kalte Zehen oder eine kalte Nasenspitze.

Damit die Muskeln schnell für ihren Einsatz bereit sind, steigt deren Grund-spannung an. Um die bereitgestellte Energie optimal für die Bewegungen nutzen zukönnen, werden die Prozesse in den Ruheorganen, die ebenfalls Energie brauchen (z.B.Verdauung, Genitalien bzw. Libido), herabreguliert. Das geschieht über eine Hem-mung des parasympathischen Nervensystems (dem Gegenspieler des Sympathikus):Die Drüsenaktivität im Körper (mit Ausnahme der Schweißdrüse) wird herunter-gefahren. Als Nebenwirkung ist in aller Regel ziemlich schnell Mundtrockenheitspürbar.

Die Pupillen werden weiter, um mehr visuelle Informationen zu erhalten. Gleich-zeitig sinkt die Schmerzempfindlichkeit und die Immunkompetenz steigt kurzfristigan, damit kampf- oder fluchtbedingte Verletzungen den Körper in der Gefahrensitua-

1 Stress und Emotionen – alltägliche Phänomene26

Page 28: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

tion nicht zusätzlich beeinträchtigen. Um den Körper vor Eindringlingen zu schützen,die über das Verdauungssystem aufgenommen werden, erhöht sich der Säuregehalt imMagen als zusätzlicher Immunschutz.

1.2.2 Merkmale der zweiten Stressantwort

Die Muskeln sind unter Stress zu extrem hohen Leistungen fähig. Dafür brauchen sieausreichend Versorgung. Der Körper erhöht den Blutzuckerspiegel und die Fette imBlut nehmen zu. Das wird durch das in der Nebennierenrinde freigesetzte Cortisolgesteuert: Die Glukoneogenese der Leber wird stimuliert. Eiweiße (z.B. aus Muskel-zellen) werden in Zucker umgewandelt. Der Aufbau neuer Muskelzellen wird ge-hemmt. Die Spaltung von Triglyzeriden erhöht den Fettsäurespiegel im Blut. Dadurchwird kurzfristig Energie bereitgestellt. Langfristig hat das eine diabetogene Wirkung.Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes nimmt zu. Das ist bei kampf- oder fluchtbedingtenVerletzungen sehr sinnvoll, weil es eine Blutung schneller stoppt. Langfristig erhöhtsich allerdings das Risiko von Blutgerinnseln in Organen, was zumHerzinfarkt oder zueinem Schlaganfall führen kann.

Cortisol ist in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu passieren. So bewirkt diesteigende Konzentration von Cortisol im Blut in der Regel ein automatisches Herab-regulieren der Stressreaktion. Durch langanhaltenden Stress kann diese automatischeRegulation aber gestört werden und beispielsweise zur Entstehung einer Depressionbeitragen (s. o.).

1.3 Das transaktionale Stressmodell

Die meisten Menschen erleben Stress als eine (unvermeidliche) Reaktion auf äußereEreignisse. Auch in der Wissenschaft konzentrierten sich die Forschungsbemühungenlange Zeit auf die Stressreaktion (s. o.) und auf die Frage, welche Ereignisse zu Stressführen (Stressoren). Der amerikanische Psychologe Richard Lazarus veränderte diesenkategorischen Fokus drastisch: Die Bewertungsprozesse innerhalb einer Person ent-scheiden darüber, ob ein äußeres oder inneres Ereignis (Stressor) zu einer Stress-reaktion führt oder nicht. Lazarus (1991) identifizierte drei Bewertungsschritte aufdem Weg zur Stressreaktion und legte damit den Grundstein für die transaktionaleStressforschung.

Obwohl dasModell von Lazarus inzwischen einige (berechtigte) Kritik erfahren hat,und obwohl es inzwischen ein differenzierteres Verständnis der Bewertungsprozessegibt, hat dieses Modell heute noch hohen heuristischen Wert. Für die Arbeit imTraining Stark im Stress hat es sich in seiner Komplexität als optimal herausgestellt.Deswegen wird es an dieser Stelle etwas ausführlicher vorgestellt. Ein Kritiker destransaktionalen Stressmodells von Lazarus war der Psychologe Stevan E. Hobfoll(1988). Er entwickelte ein Modell, das für Trainer als Hintergrundwissen ebenfallshilfreich sein kann. Dieses Modell wird in Abschnitt 1.4 skizziert.

1.3 Das transaktionale Stressmodell 27

Page 29: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

1.3.1 Erster Bewertungsschritt

Im transaktionalen Stressmodell von Lazarus wird angenommen, dass eine Person, diemit einem potentiell Stress auslösenden Ereignis (Stressor) konfrontiert ist, zuerst dieRelevanz und Bedrohlichkeit des potentiellen Stressors in einem ersten Bewertungs-schritt (primary appraisal) abschätzt. Diese Einschätzung kann zu drei verschiedenenBewertungen führen:(1) Das Ereignis ist für die Person nicht relevant.(2) Das Ereignis ist relevant aber positiv.(3) Das Ereignis ist relevant und bedrohlich.

Wird das Ereignis als bedrohlich bewertet, versucht die Person zusätzlich, denGrad derBedrohlichkeit (von herausfordernd über bedrohlich bis schlimm) einzuschätzen.Diese Bewertungen und Einschätzungen erfolgen in der Regel auf der Grundlage vonLernerfahrungen und Temperament. Sie sind somit individuell sehr verschieden.Studien konnten zudem zeigen, dass die aktuelle Befindlichkeit ebenfalls einen Einflussauf die Bewertung hat (z.B. Yzerbyt, 2003). Wer beispielsweise aktuell in einerängstlichen Stimmung ist, tendiert eher dazu, eine Situation als bedrohlich einzustu-fen.

1.3.2 Zweiter Bewertungsschritt

Mit der Einschätzung, dass das Ereignis relevant und bedrohlich ist, wird ein zweiterBewertungschritt eingeleitet (secondary appraisal): Eine Bedrohung erfordert eineReaktion (z.B. Kampf oder Flucht). Allerdings gehen die Anforderungen an eineadäquate Reaktion in unserer komplexen Gesellschaft meistens über Kampf oderFlucht hinaus. Eine sich bedroht fühlende Person muss also einschätzen, wie sie aufeine Bedrohung reagieren und wie sie diese bewältigen kann. Dazu bewertet sie dieihr zur Verfügung stehenden Ressourcen als ausreichend oder als nicht ausreichend.Auch diese Bewertung hängt von Faktoren wie Lernerfahrung und Temperament,aber auch von aktueller emotionaler Befindlichkeit ab. Die Ressourcen-Einschätzungist daher wiederum individuell sehr unterschiedlich. Erst bei einem wahrgenomme-nen Mangel an Ressourcen entsteht Stress, der anschließend bewältigt werden muss(s. Abschn. 1.5).

1.3.3 Dritter Bewertungsschritt: Neubewertung

Nach oder während der Bewältigungsversuche, schätzt eine Person im dritten Be-wertungsschritt (re-appraisal) erneut ein, wie bedrohlich das Ereignis ist. War dieBewältigung erfolgreich, kann die Person ihre ursprüngliche Einschätzung bezüglichder Bedrohlichkeit, deren Intensität oder der eigenen Bewältigungsressourcen ver-ändern. Hier ist ein Lernprozess möglich.

1 Stress und Emotionen – alltägliche Phänomene28

Page 30: Stress-und Emotionsregulation - ciando ebooks · 2017-02-28 · 7.4.2 Regeneration im Alltag organisieren 150 7.4.3 Von Beispielen anderer profitieren 152 7.5 Aufgaben der Woche:

Exkurs

Vorausblick auf das TrainingViele Übungen und Strategien im Training Stark im Stress zielen darauf ab, diesedrei Bewertungsprozesse nebenwirkungsbewusst zu korrigieren. Andere Ansätzeim Training setzen an der grundlegenden Befindlichkeit der Teilnehmer an. Werbeispielsweise entspannter ist, schätzt Ereignisse weniger schnell als bedrohlich ein.Zudem kann Entspannung den mentalen Zugang zu Bewältigungsressourcenverbessern.

1.4 Stress als Ressourcenverlust

Erfahren Menschen Verluste relevanter Ressourcen (z.B. des Arbeitsplatzes) oderbefürchten dies, so macht das eine Anpassungsreaktion erforderlich: Stress entsteht.Diese Erfahrung steht im Einklang mit der Theorie der Ressourcenerhaltung vonStevan Hobfoll (1988).

Anders als im Modell von Lazarus stehen hier nicht die Bewertungsprozesse imFokus, sondern der Erhalt und Verlust von Ressourcen. Hobfoll geht davon aus, dassMenschen danach streben, ihre Ressourcen zu erhalten und zu erweitern.

Stress entsteht nach diesem Modell, wenn einer der folgenden drei Fälle zutrifft:(1) Einer Person droht der Verlust einer für sie wichtigen Ressource.(2) Eine Person erfährt den tatsächlichen Verlust einer Ressource.(3) Einer Person bleibt der adäquate Zugewinn einer Ressource versagt.

Hobfoll (1989) definiert Ressourcen als Objekte, persönliche Charakteristika, Bedin-gungen und Energien. Dabei ist es wichtig, dass sie von der Person als solche geschätztwerden. Tabelle 1.1 gibt einen Überblick über die Klassen der Ressourcen.

Tabelle 1.1 Ressourcenkategorien nach Hobfoll (1989) mit Beispielen

Objekte personliche Charak-teristika

Bedingungen Energien

Auto Gelassenheit Familienstand Wissen

Haus Selbstwirksamkeit Arbeitsplatzsicherheit Zeit

Kleidung Verantwortung soziales Netz Geld

… … … …

ImTraining Stark im Stress kann es in der Trainer-Rolle hilfreich sein, diesesModell imHinterkopf zu haben, wenn Teilnehmer sehr emotional von bestimmten Situationenberichten, aber nicht wissen, warum sie die Situation als bedrohlich bewerten.

1.4 Stress als Ressourcenverlust 29