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Dr. med. T. Berghändler, Gais 20.1.2010 Erwachsenenbildung Gais Dr. med. T. Berghändler Chefarzt Psychosomatik Klinik Gais Stress und Gesundheit

Stress und Gesundheit - ref-gais.ch · Dr. med. T. Berghändler, Gais 20.1.2010 Die individuelle Perspektive Anforderung, deren Erfüllung für mich wichtig ist. Beispiel: Ich muss

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Erwachsenenbildung Gais

Dr. med. T. BerghändlerChefarzt Psychosomatik Klinik Gais

Stress und Gesundheit

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Definitionen

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Stress

Begriff aus der Materialprüfung:

„to stress“: Vorgang der Belastungeines Materials, um dessenBelastbarkeit zu erproben

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PsychologischeStressforschung (u.a. Selye 1936)

Nicht jede Belastung führt zu Stress:

Wesentlich sind u.a. eigene Bewertung undBewältigungsmöglichkeiten

Genügend erfolgreiche Bewältigungs-möglichkeiten = Eustress

Belastung zu gross, bzw. ungenügendeBewältigungsstrategien = Distress,Bedrohung

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Eustress (positiver Stress)

kurzfristige oder andauernde Aktivierungender Stressachse, die mit Erfolgs, Kontroll-oder Belohnungserfahrung verbunden sind

Anforderung als Herausforderung

Gefühl der Kompetenz

Gefühl der Freiheit

Autonomes Handeln

Positives Denken

Sich neuen Situationen anpassen könnenbzw. abschalten können

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Distress (schädlicher Stress)

wiederkehrende, lang andauerndeVerausgabung, die mit unsicherem Erfolg,fortgesetzter Bedrohung oder Kontrollverlustverbunden ist.

Anforderung als Belastung / Verdrängen vonMisserfolgen

Zweifel an eigenen Fähigkeiten

Erschöpfung oder vegetative Überreaktion

Unfähigkeit zu entspannen

Versagensängste

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Eustress als Gleichgewicht

AnforderungenBewältigungs-Möglichkeiten

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Distress als Ungleichgewicht

Anforderungen

Bewältigungs-Möglichkeiten

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Die kognitiv-transaktionaleStresstheorie

Situation

Person

Wahrnehmung:Situation normal?

Bewertung 1:Problem?Gefahr?

Bewertung 2:Lösung?

Ressourcen?

AdäquatesCoping

Distress

ja

nein

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Die individuelle PerspektiveAnforderung, deren Erfüllung für mich wichtig ist.

Beispiel: Ich muss die vom Förderband vorgegebene Produktionsgeschwindigkeit einhalten.

Vergleich mit meinen Möglichkeiten und Fähigkeiten

Ich bin nicht sicher,ob ich es schaffe,die geforderte Anzahlzu montieren.

Ich bin sicher, dassich es nicht schaffe.Ich montiere weniger.

Ich bin sicher, dassich es schaffe, diegeforderte Anzahl zumontieren.

StressZu grosse Belastung. AufDauer Beeinträchtigung derGesundheit.

Kein StressAber: Misserfolg kann Quellefür neuen Stress werden(Angst vor Arbeitsplatzverlust).

Kein Stress

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Leistung fördert Ressourcen

Herausforderung

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Stress und Biologie

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PhysiologischeStressforschungStress als physiologische (biologische) Reaktion(Relikt aus der Urzeit): Plötzliche Mobilisierung desFlucht- oder Kampfreflexes, um das Überleben zusichern.

Kurzfristiger Ausnahmezustand, wird heute oft zumNormalzustand; Weglaufen/Körperreaktion ist nichtmöglich

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Physiologische Stressreaktion:Kampf oder Flucht (W.B. Cannon)

Sympatikus:EnergiebereitstellungErhöhter MuskeltonusErhöhter Herzschlagund BlutdruckBeschleunigte AtmungBeschleunigte Blut-gerinnung

Parasympatikus:Abnahme derVerdauungstätigkeitAbnahme derSexualfunktionen

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Stress:vegetatives Nervensystem

Alarmreaktionen (Sympatikusaktivierung)werden durch die vegetativen Kerngebieteim Hirnstamm vermittelt

Adrenalin sofort erhöht um ca. 800%

Noradrenalin nach wenigen Minuten 80%

Cortisol nach ca. 15 min.

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Zwei Systeme vermitteln dieStressantwort

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Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinde Achse

Blutzucker

Aminosäuren

Blutfette

Immunabwehr

Entzündungs-aktivität

Gerinnung

Nervenzellen

Cortisol

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AutonomesNervensystem

- Parasympathikus

- Sympathikus

Katecholamine

- Adrenalin

- Noradrenalin

Stressor

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Die biologische Perspektive

Abb. Kaluza 2004

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Risikofaktoren

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Risikofaktoren für Distress

Anforderungen von aussen:

hohe Anforderung / niedrige Kontolle

Ungleichgewicht zwischen (beruflicher)Verausgabung und Belohnung

Anforderungen von innen

Bedürfnis nach Anerkennung

starke Wettbewerbshaltung

Ungeduld und erhöhte Irritierbarkeit

nicht abschalten können

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eigene Risikofaktoren, z.B. Feindseligkeit

Ärgerneigung

Depression

vitale Erschöpfung

fehlender sozio-emotionaler Rückhalt

psychosozialer Stress durch Hierarchie-Wettbewerb

verschlechtert Hirnleistung bei unterlegenenIndividuen

erhöht Krankheitsrisiko bei dominierenden Individuen

schwere körperliche Belastung bei fehlendemTraining

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Psychosoziale Risikofaktoren,z.B.Frauen Niedriger

sozioökonomischer Status

Niedriges Bildungsniveau

Hausfrau, Ehefrau, Mutter(Frage der sozialenWertschätzung)

Alleinerziehende Mutter

Geringe sozialeUnterstützung

VersorgungpflegebedürftigerAngehöriger

NegativeKindheitserfahrungen

Männer Niedriger

sozioökonomischerStatus

Alleinlebend

Trennung

Arbeitslosigkeit

BeruflicheGratifikationskrisen

Pensionierung

ChronischeErkrankungen

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ArbeitsbedingteStressursachen, z.B.

Fehlende oder unzureichende Information

Unklare Zielvorgaben

Unvorhergesehene Änderungen ohne Absprache

Mangelnde Anerkennung (kein positives Feedback)

Keine eigene Prioritätensetzung/Selbständigkeitmöglich

Keine oder zu wenig Gespräche, schlechteZusammenarbeit

Mangelndes Verständnis für berufliche/privateSchwierigkeiten

Mangelnde Unternehmenskultur (Werte) usw.

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Stress und Gesundheitsfolgen

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Distress: Gesundheits-Folgen

Andauernder negativer Stress macht

Unmittelbare Effekte ...

... auf zellulärer Ebene Enzyme, Rezeptoren,Strukturproteine, Ionen-Kanäle...

... haben Folgen ...

Auswirkungen der Primär-Effekte auf Gewebe-Ebene:Insulin-Resistenz, Gerinnungs-Veränderungen,atherosklerotische Plaques...

... und führen zu Erkrankungen

Koronare Herzerkrankung, Diabetes, Depression,Psychische Belastungsstörungen...

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Krankheiten durch (Di-)Stress Herz-Kreislauf Krankheiten

Herzinfarkt

hoher Blutdruck

SchädlichesGesundheitsverhalten Rauchen (Krebs)

Fehlernährung (Übergewicht)

wenig Sport, zu viel Alkohol

Psychosomatische Störungen Schmerzen

Verdauungsprobleme

Schlafstörungen

Erschöpfungszustände

Psychische Störunge Depressionen

Belastungsreaktionen

Angststörungen

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Krankheiten durch (Di-)Stress Herz-Kreislauf

z.B. KHK

Muskulatur z.B. Fibromyalgie

Schmerz Chronische Rückenschmerzen

Verdauung z.B. Reizdarm

z.B. Magengeschwür

Stoffwechsel z.B. Diabetes

z.B. Übergewicht

Immunsystem z.B. erhöhte Infektanfälligkeit

z.B. Allergien

Angst

z.B. Panikstörung

Depression

Burnout

Suchterkrankkungen

Konzentrationsstörungen

z.B. Unfälle

Lunge

Z.B. Hyperventilation

Sexualität

Unfruchtbarkeit

Sehstörungen

Hörstörungen

z.B. Tinnitus

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Tako-Tsubo-Kardiopathie

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Massnahmen

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Stressbewältigung: Waskann ich tun?

Stressanalyse

Generelle und privateStressursachen

Stressverstärker: EigeneAnsprüche

Persönliche Stressverstärker

Stressverschärfender Denkstil

Arbeitsbedingte Stressursachen

Massnahmen:

Stressoren verringern

Umdenken

Körperliche Aktivität undEntspannung

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Wie merke ich meinen Stress?

Oft überhaupt nicht, sondern die Kollegen, Kolleginnen

die Frau, der Mann

die Kinder

An körperlichen Anzeichen an der Müdigkeit abends, am Wochenende

keine Lust an der Freizeit, am Partner, der Partnerin

Schlafstörungen

An seelischen Anzeichen Pessimismus

Angst

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Was kann ich gegen Stresstun? Stress bemerken!

Welche Anzeichen spüre ich selber?

Welche Anzeichen spüren meine Mitmenschen?

Protokolle im Alltag als Hilfsmittel Was macht mich ärgerlich?

Was deprimiert mich?

Was macht mich wütend?

Abendliche Besinnungssitzung Wie geht es mir heute?

Wie geht es Dir heute?

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Situationen und Strategien:die Bewertung klären Hohe Wichtigkeit, -> Beruhigung

Nervosität

Wandelbarkeit -> Abwarten

Kontrollierbarkeit -> aktiv beeinflussen

Weder kontrollier- -> umbewertennoch wandelbar

Mehrdeutigkeit -> Informationssuche

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Konzepte gegen Stress

Psychologische Konzepte:

Sind Belastungen vermeidbar? Bei uns im Betrieb ist es eben hektisch...

Gibt es andere Reaktionsmöglichkeiten? Ich lasse mir von dem/der doch nicht dreinreden

Situationen „zu Ende denken“ Was passiert eigentlich wirklich, wenn

etwas übermorgen fertig wird?

etwas nicht so pefekt ist?

ich sagen würde: ich kann nicht mehr?

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Konzepte gegen Stress Körperliche Konzepte

Die körperlichen Voraussetzungen verbessern Gymnastik, Stretching

Ausdauer- und Krafttraining

Übergewicht reduzieren

Rauchen aufgeben

Gegen die Anspannung die Entspannung setzen Angewandte Entspannung im Alltag

Autogenes Training, Yoga etc.

MBSR („mindfullness based stress reduction“)

Genuss-Inseln

Ernährung Gesunde regelmässige Ernährung

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UngeeigneteStressbewältigung

Alkohol

Nikotin

Süssigkeiten

Medikamente (als „Dauerlösung“)

Fernsehen

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Mein persönlichesAntistress-Programm

Telefon:Mein Coach:

(bis) wann?nächste Woche

1. Februarwoche

was?1. Check-up beim Hausarzt2. Trainingsplan besorgen3. ab nächsten Monat 3 x 1h

einplanen4. mit Training beginnen

Die nächsten Schritte

„innerer Schweinehund“dass ich es nicht schaffe, mir dieZeit zu nehmen

1. besseres körperlichesBefinden

2. mehr Energie3. Stolz auf eigene Leistung4. „Abschalten“ beim Laufen5. bessere Figur

BarrierenVorteile

mindestens 3 x pro Woche eine halbe Stunde joggen

Mein Ziel

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Und was sagt Wilhelm Busch?Wirklich, er war unentbehrlich!Überall wo was geschahZu dem Wohle der Gemeinde,Er war tätig, er war da.Schützenfeste, Kasinobälle,Pferderennen, Preisgericht,Liedertafel, SpritzenprobeOhne ihn da ging es nicht.

Ohne ihn war nichts zu machen,Keine Stunde hatt‘ er frei.Gestern, als sie ihn begrubenWar er richtig auch dabei.

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Herzlichen Dank für IhreAufmerksamkeit

Fragen?

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Stress und Partnerschaft

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Sind Ehe und Eheproblemegesundheitsrelevant ?

Ein Mensch kann

durch Ehe und Familie krank werden...

oder gesund bleiben

der Partner hat mehr Einflussauf das Gesundheitsverhaltenals der Hausarzt

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Gewicht einer Ehe

2001 in CH ca. 157.000Ehescheidungen

In fast 50% sind unmündige Kindermitbetroffen

Gesundheitsrisiko für die Kinder (ACE)

Höheres Scheidungsrisiko für die Ehender Kinder

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Sind Ehe und Eheproblemegesundheitsrelevant ?

Positiver Rückhalt in der Familie wirktschützend z.B. bei: Raucherentwöhnung

Behandlung von Übergewicht / Essstörungen

Insulineinstellung bei Diabetes

Stressreduktion bei Herzerkrankungen

Verarbeitung kritischer Lebensereignisse

Psychiatrischen Erkrankungen

Selbstmord-Tendenzen (bei Zwillingen 30 %reduziert)

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Sind Ehe und Eheproblemegesundheitsrelevant ?

Chronische Entwertung undFeindseligkeit in Paarbeziehungenführen zu: geringer Lebenszufriedenheit

Regulationstörungen im Immunsystem

höherem Risiko für Krankheit

Psychischer Labilität

Kürzerer Lebensdauer

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Ehe im Labor

Verhältnis zwischen positiven und negativenInteraktionen:

Zufriedene Paare pos:neg 5:1

Unzufriedene Paare pos:neg 1:1oder weniger

Eine Partnerschaft ist wie ein Bankkonto:nur wer einzahlt, kann auch abheben (undbekommt Kredit, wenn er ihn braucht)

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Die 7 Geheimnisseeiner guten Ehe

1. Partnerlandkarte erarbeiten

2. Zuneigung und Anerkennung zeigen

3. Sich einander zuwenden

4. Sich voneinander beeinflussen lassen

5. Gemeinsames Lösen lösbarer Probleme

6. Überwinden von Patt-Situationen

7. Schaffen eines gemeinsamen Sinns

Gottman 2004

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Die magischen 5 Stundeneiner guten Ehe:

Trennungen: erfahren, was demPartner heute wichtig ist2 min a 5 Tage = 10 min

Wiedersehen: entspannter Austauschüber den Tag20 min a 5 Tage = 1 h 40 min

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Die magischen 5 Stundeneiner guten Ehe:

Bewunderung und Anerkennungausdrücken5 min täglich = 35 min

Zuneigung ausdrücken5 min täglich = 35 min

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Die magischen 5 Stundeneiner guten Ehe:

Wöchentliche Verabredungen:besprechen, was einem wichtig ist, Streitbeilegen, etwas schönes zusammenmachen, zusammen lachen... ca. 2h proWoche

Tägliches Pflegen derEhe/Partnerschaft nützt Gesundheit undAusdauer mehr, als die Verausgabungim Fitnessclub....