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Aus dem Pharmakologischen Ins~itut der Universit~it l~liinchen. Studien tiber Darmmotilit~t. V. lgitteilung: Totalanalyse der Alkaloide der Atropingruppe. Von W. Stranb und E. Mn~oz Fernandez (Granada). Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 2, I. 1933.) Unter Totalanalyse ist die gleiehzeitige Analyse der untersuehten Substanz auf die Peristaltik und den Tonus des Diinn- und I)iekdarmes zu verstehen naeh den in den vorhergehenden Untersuehungen 1 ge- gebenen Grunds~tzen. Eine mSgliehst weitgehende Gleiehzeitigkeit der einzelnen ?~[essungen wurde dadureh erzielt, dab mit zwei Manometern, einem im Dtinndarm und einem im Diekdarm gearbeitet wurde. F~ir jede geprttfte Substanz wurden Reihen mit steigenden Dosen gew~hlt, ftir jede I)osis wurde im allgemeinen ein besonderes Tier benutzt, Einverleibung der Substanzen stets intramuskul~r. Ein besonderer Zweek der Untersuehung ist die Ermittlung tier Spe- zifit~t der gepriiften Substanzen, es sollte ein mSgliehst sieherer Ansehlu6 dieser pharmakologisehen Messungen an die Tatsaehen der Therapie ge- funden warden. Dieser AnsehluB kann als weitgehend erreieht gelten, wenn die im Tierversueh ben~Jtigten Dosen grSBenordnungsm~6ig zu den Dosen der Therapie am Mensehen stimmen. Wenn also z. B. der Menseh yon 60 kg zu einem bestimmten therapeutisehen Effekt i mg benStigt, so ist zu ver- langen, dab in unseren Versuehen zum analogen Effekt 0,016 mg pro Kilogramm Tier ausreiehen. Es ist klar, dab mit Untersuehungen am ausgesehnittenen Darm- sttiek solehe pr~zise Fragen iiberhaupt nieht beantwortet werden kOnnen, weshalb auf alle an solehen Pr~iparaten gewonnenen tlesultate nieht ein- 1 Arch. f. exper. Path. 169, 1--34~ (1932).

Studien über Darmmotilität

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Aus dem Pharmakologischen Ins~itut der Universit~it l~liinchen.

S tud ien t iber Darmmoti l i t~ t .

V. lg i t t e i lung : T o t a l a n a l y s e der Alka lo ide der A t rop ing ruppe .

Von

W. Stranb und E. Mn~oz Fernandez (Granada).

Mit 8 Textabbildungen.

(Eingegangen am 2, I. 1933.)

Unter Totalanalyse ist die gleiehzeitige Analyse der untersuehten Substanz auf die Peristaltik und den Tonus des Diinn- und I)iekdarmes zu verstehen naeh den in den vorhergehenden Untersuehungen 1 ge- gebenen Grunds~tzen. Eine mSgliehst weitgehende Gleiehzeitigkeit der einzelnen ?~[essungen wurde dadureh erzielt, dab mit zwei Manometern, einem im Dtinndarm und einem im Diekdarm gearbeitet wurde. F~ir jede geprttfte Substanz wurden Reihen mit steigenden Dosen gew~hlt, ftir jede I)osis wurde im allgemeinen ein besonderes Tier benutzt, Einverleibung der Substanzen stets intramuskul~r.

Ein besonderer Zweek der Untersuehung ist die Ermittlung tier Spe- zifit~t der gepriiften Substanzen, es sollte ein mSgliehst sieherer Ansehlu6 dieser pharmakologisehen Messungen an die Tatsaehen der Therapie ge- funden warden.

Dieser AnsehluB kann als weitgehend erreieht gelten, wenn die im Tierversueh ben~Jtigten Dosen grSBenordnungsm~6ig zu den Dosen der Therapie am Mensehen stimmen. Wenn also z. B. der Menseh yon 60 kg zu einem bestimmten therapeutisehen Effekt i mg benStigt, so ist zu ver- langen, dab in unseren Versuehen zum analogen Effekt 0,016 mg pro Kilogramm Tier ausreiehen.

Es ist klar, dab mit Untersuehungen am ausgesehnittenen Darm- sttiek solehe pr~zise Fragen iiberhaupt nieht beantwortet werden kOnnen, weshalb auf alle an solehen Pr~iparaten gewonnenen tlesultate nieht ein-

1 Arch. f. exper. Path. 169, 1--34~ (1932).

Studien tiber Darmmotilit/it. V. 27

zugehen ist. Es ist ein Vorzug der Atropinalkaloide, dab ihre Bindung an das Organismusorgan ihrer Affinit~t eine sehr feste und dauerhafte ist. Ftir alle benutzten Dosen der versehiedenen Alkaloide gilt, dab die Wirkung naeh etwa 20 Minuten maximal ist und ftu- viele Stunden auf gleieher ttUhe bleibt, jedenfalls far weir l~ngere Zeit, als die Messungen beanspruehten. Abklingen yon Wirkungen kompliziert also die Mes- sungen nieht.

Die benutzten Darmstt~eke waren in den Diinndarmversuehen das mittlere Jejunum, wo naeh Leo die grUlgte peristaltisehe Aktivit~t herrseht, und der die festen Kotmassen fiihrende Teil des Diekdarmes.

1. Atropin. Sehwellendosis.

Die unterste wirksame Dosis sind 10 y Atropinsulfat: entspreehend 7 y Base. Die Wirkung dieses Sehwellenwertes i~uBert sich ausschliei$lieh am Tonus des Dtiundarmes, hier abet in sehr eindeutiger Weise als Herabsetzung desselben, wie die hbb. la zeigt, am Dick- darm dagegen (Abb. lb) ist noeh keine Tonuswirkung erzielbar.

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2iI I ccrr~ fU'llun, g

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II o r o,f o,8 & ,~o

ccz~ gL/l/ung

b

Abb. 1: a D i i n n d a r m . Wirkung yon 107 Atropinsulfat. I normal, IZ 20 l~Iinuten naeh Atropin, I I I 25 .-Minuten navh Atropin. b D i c k d a r m . I normal, 11 35 Niauten nach Atropin, I I I 40 ~Ii-

nuten nach Atropin.

Die Peristaltik ist bei Dtinn- und Diekdarm ungeiindert, ebenso un- ge~ndert alas Peristaltikvolumen einer Welle, d. h. der Umfang der Peri- staltikarbeit. Dagegen ist das Schwellenvolumen der Peristaltik beim Dtinndarm, d.h. derjenige Ftillungsgrad, bei dem die Feristaltik aus- bricht, vergrUl3ert. Dieser kritisehe Fttllungsgrad wird yon geringerem Ftillungsdruek erreicht, es ist also die Dehnbarkeit ohne Beeintraehtigung der Elastizitat vergrUl]ert. Beim Dickdarm dagegen besteht keine Wir- kung auf Dehnbarkeit und Ftillung. DaB der Peristaltikbeginn sogar bei geringeren Fi~llungsgraden zu liegen seheint, soll nieht diskutiert werden.

Fiir die ziffernmN3ige Beurteilung der in den Dehnungskurven fest- gelegten Gesetzmi~l~igkeiten sind drei kritisehe Punkte yon Bedeutung,

28 W. STRAU~ und E. Mu~oz FE~NX~DEZ:

die in den Tabellen la und lb zusammengestellt sind and die eine Er- kl/~rung brauehen. Der erste Punkt (und erste Stab der Tabelle) ist der Punkt, wo die Kurve die Ordinate verl~Bt (Ftillungsbeginn), er betr~gt z. B. fiir Dehnungskurve I der Abb. 1 = 2,8 cm Wasserdruck, das heiBt, dal~ der Widerstand des Darmes gegen den dehnenden Druck erst bei 2,8 cm Wasserdruck iiberwunden wird; dieser Weft soU als Leertonus be- zeiehnet werden. Der zweite M'itische Punkt ist der Ordinatenwert des Fifllungsdruckes im Moment des Ausbruches der Peristaltik, er betr~gt z. B. 7 cm Wasser in Kurve I der Abb. la, ebenso ist yon Bedeutung der zu diesem Punkt gehSrende Abszissenwert, also der Ftillungsgrad bei be- ginnender Peristaltik, der z. B. in Abb. la , Kurve I, 1 ecru betr/~gt. Unter Bertieksiehtigung der Zusammenh~nge gentigt fiir die Darstellung der Versuchsergebnisse in vielen F/illen eine Tabelle.

Tabelle la. Diinndarm.

Ftillungsbeginn Fiillungs- in cm zunahme

i n ?3

Normal . . . . . . . . "90 } Minuten naeh 5 10y Atropinsulfat

2,8 1,6 0,5

Peristaltikbeginn Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

7,0 1.00 4,5 1,40 4,9 1~95

+ 40 -4- 95

Tabelle lb. Dickd~rm.

FOllungsbeginn Fiillungs- in cm zunahme

in %

Normal . . . . . . . . 5,0 35 [ Minuten nach 6,0 40[ 1 0 7 At rop insu l fa t 8,8

t'eristaltikbeginn Fiillungsdruck u

in c m in c c m

14,3 1,08 13,4 0~98 13,8 0,72

- - 11 - - 3 5

In der Dehnungskurve III der Abb. 1 a kommt schon eine Besonder- heit zum Ausdruck, die bei hSheren Dosen oft noch viel ausgepriigter ist, niimlich das ,,Restvolumen". Die Kurve beginnt beim Abszissenwert 0,15 cem, d.h. beim Druck 5lull enth~It der Darm noch ein Volumen yon 0,15 ecru, skin natiirlicher Tonus, der im unvergifteten Zustand noch 2,8 cm Wasser standhielt, ist also gesunken.

Zusammenfassend liiBt sich also sagen, dal~ die Schwellendosis Atro- pin 10 y pro Kilogramm Tier betr~gt. Ihre Wirkung ~uBert sich nur am Diinndarm als Tonusverlust, der im Maximum im Moment der beginnen- den Peristaltik 100% der Norm betr~gt. Atropin hat also seine st~rkste Wirkung am Diinndarm.

Studien fiber Darmmoti]it/~t. V. 29

Kalkuliert man von dieser Schwellendosis yon 10 7 pro Kilogramm Meerschweinchen auf menschliche Dosen, so ergibt sich fiir den Menschen yon 60 kg eine Dosenschwelle yon 0,6 mg Atropinsulfat; dies stimmt mit den Erfahrungen der therapeutischen Praxis der GrSi]enordnung nach gut iiberein, da diese Dosen bei subkutaner Injektion zwischen 0,0005 und 0,001 g liegen 1.

S t e i g e n d e D o s e n A t r o p i n .

Die kritischen Werte ftir 50 7 Atropinsulfat gleich 35 7 Base sind ftir Dtinn- nnd Dickdarm in den beiden Tabellen 2a und 2b zusammen- gestellt.

Tabelle 2a. Diinudarm.

Normal . . . . . . . 25 ( Minuten nach 40 J 50 7 Atropinsulfat

Fiillungsbeginn :Peristaltikbeginn Fiillungszunahme in cm :Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm in %

5,2 1~0 1,0

8,2 1,27 5,r 2,83 5,8 2,93

-k" 120 q- 130

Tabelle 2b. Diekdarm.

Fiillungsbeginn Fiillungszunahme in cm in %

Normal . . . . . . . 45 ( Minuten nach 60 J 50 y Atropinsulfat

5,0 4,0 2~0

Peristaltikbeginn :Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

14,0 0,95 10D 0,78

9,3 0,84 - - 12 - - 1 1

Demnach iiberwiegt auch bei diesen Dosen noch die Diinndarmwir- kung. Sie /iui~ert sich als Verlust des Leertonus (Ftillungsbeginn liegt tiefer) und einen noch grS~eren des Ftil]ungstonus, der zu einer Mehr- ftillung yon 230% fiihrt.

Am Dickdarm ist schon eine Abnahme des Leertonus bemerkbar, die sich jedoch am Fiillungstonus noch nicht auswirkt.

EinfluI3 auf Peristaltik besteht auch bei diesen Dosen nicht. Atff Menschengewicht umgerechnet entspricht diese Dosis etwa

0,003 g, liegt also schon etwas aui~erhalb der therapeutischen Wirkungs- breite.

I I i ihere Dosen A t r o p i n .

!~iit 0,4 mg/kg ist man im Gebiet der therapeutischen lJberdosierung, das ~quivalent fiir den Menschen ware 0,012 g. Die Tonuswirkung ist

1 Z. B. T r e n d e l e n b u r g , P.: Arzneiverordnungslehre 0,00025--0,0005 g.

30 W. STK~U~ und E. Mcfioz F~aNX~D~Z:

bei dieser Dosis eine gewaltige, wie die Abb. 2 a und 2b zeigen, es besteht

auch am Dtinn- wie am Diekda rm ein merkliches Restvolumen. Wieder

--:~ 2---~-

0 0,2 O,g q# 0,8 ~O 1,2 7,# ~g g8 ~0 2fi 2,• g8 Z,8 3,0 ccm fdllung

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,fg 4r 48 48 go

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o :,2 o,r o: q8 :,: ~,z 7,r ,:.8 ccm Fd/lun,.q

b Abb. 2a und b: Wirkung yon 0~4 mg

Atropinsulfat auf a Diinndarm, b Dickdarm.

ist der Tonusver lus t des Diekdar-

mes viel geringer wie der des Diinn-

darmes. Die Per is ta l t ik ist noeh nieht alteriert , be im Diekdarm setzt sis bei viel hgheren Druek- und Fii l lungsgraden ein wie in der Norm.

Die Tabelle der kri t isehen Punk te ergibt fiir den Di inndarm eine Fiit-

lungszunahme bei Perista~tikbeginn yon 580%, beim Diekdarm yon 360%.

Ex t r eme Dosen beginnen bei 1,0 mg/kg. Die Wirkung ist dadureh

eharakterisiert , dal3 bei der mit unse- rer Appa ra tu r m6gliehen max imalen

T~belle 3a.. D i i n n d ~ r m .

Ffillungsbeginn Fiillungszunahme in cm in %

Normal . . . . . . . . 15 / Minuten nach 20 / 0,4 mg Atropinsulfat

2,6 1,0 1,0

Peristaltikbeginn Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

7,2 0.68 8,2 4100

i 8;8 4,00 -t- 490 + 490

Tabelle 3b. D i c k d a r m .

Fiillungsbeginnin cm [ Fiillungszunahmein %

Normal . . . . . . . 25 / Minuten nach 30 /0,4 mg Atropiusulfat

5 1~5 1,5

l'eristaltikbeginn Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

11,5 0,42 16,5 1~49 17,0 1,52

-/- 26O ! q- 262

Studien fiber Darmmotilit~t. V. 31

Ftillung yon 5,0 ecru am Dtinndarm noch keine Peristaltik erTielbar ist. Augerdem besteht ein sehr grol]es Restvolumen im auf Druck Null ent- lasteten Darm, das bei einer maximalen Fiillung yon 5,0 ccm noch 3,8 ccm betrug, der Diinndarm hat also seinen Tonus fast vSllig verloren.

Auch bei dieser Dosis ist die Wirkung am Dickdarm noeh nicht ab- norm, die Peristaltik ist noch erhalten, ihr Umfang allerdings sehr ab- geschw/icht. Die Dehnungskurve des Dickdarmes gleieht fast vgllig der der Dosis yon 0,4 rag, so dab sieh die Abbildung ertibrigt. Laut Tabellen sind die maximalen Ftillungszunahmen 1100%, ftir den Diekdarm 290%.

Tabelle 4a. Diinndarm.

Fiillungsbeginn Fii l lungszunahme in cm in %

Normal . . . . . . . . 15 ~ Minuten nach 20 J 1 mg Atropinsulfat

7,5 4,2 3,8

Peristal t ikbeginn ]' Ffillungsdruck Volumen I in cm in ccm

] 9~5 0,45 i Keine mit 14,6 3,67 i ,, ,, 15,3 5,36

-I- 710 + 1100

Tabelle 4b. Dickdarm.

:Fiillungsbeginn Fii l lungszunahme in cm in %

Normal .. . . . . . . . 25 ~ Minuten nach 301 1 mg Atropinsulfat

8,0 3,8 2,0

Peristal t ikbeginn Fiil lungsdruck Volumen

in cm in ccm

11,0 0128 17,8 0,85 18,5 1,10

+ 200 -+- 290

Diese Dosis yon 1 mg/kg, entspreehend 0,060 far den lV[ensehen, ist bekanntlieh ft~r das Meersehweinehen als Ganzes keineswegs lebensgef/ihr.. lieh. Die tSdliche Atropindosis fiir das Kaninehen soll 0,6 g/kg sein, ftir das Meersehweinehen wird sie nicht viel kleiner sein.

Z u s a m m e n f a s s u n g fiber A t rop i nw i rkung .

Atropin ist ein Dtinndarmgift, kleinste Dosen bewirken nur Dtinn- darmwirkung und nur Tonusherabsetzung, der Diekdarm wird erst von grogen Dosen und dann in geringerem Umfang wie der Diinndarm in seinem Tonus gelahmt. Starke Tonusl~hmungen am Diekdarm kSnnen nur yon solehen Dosen erzielt werden, die gleiehzeitig die Diinndarm- peristaltik l~hmen und die Elastizitat versehleehtern. Die therapeutische NUtzbarkeit des Atropins wird also haupts/iehlieh auf Diinndarmgebiet liegen . . . . . .

32 W. S ~ c ~ und E. hIu~oz FERNANDEZ:

2. Die isoineren Hyoscyamine 1.

Atropin ist bekanntlich das Razemat vor~ d- und 1-Hyoseyamin, Nach Cuhsny 2 und ]~Iitarbeitern ist das d-Hyoscyamin an vielen Atropinangriffspunkten unwirksam, die Atropinwirkung also im wesent- lichen die des l~gyoscyamins, l)ber Untersuchungen der Darrawirkung

o o,2 o,r o: o: l,u ~,z 7,r 7,8 s,~ 2:2.2 ~r g: CCT~ :D/lung

Abb. 3 a. l-]tyoscyamin. Diinndarm.

r / ./~[ / %~21

/ . f . i " i s / .~"

r / /" /

23z-- o o: o,g o,e o: i,o ~2 7,~ ~8 7,e zp

corn F611u~g

Abb. 3b, 1-Hyoseyamin..T)iekdarm.

2~

scheinen Literaturangaben nicht vorzuliegen. Wir haben uns deshalb mit dieser Frage befa~t.

Die Diinn- und Dickdarmwirkung des I-Hyoscyamins ist in den Deh- nungskurven Abb. 3a und 3b sowie den Tabellen 5o and 5b gegeben ftir eine Dosis yon 22 y Base. Die Wirkung ist ganz atropinartig fiir beide

1 Das d-Hyoscyamin wurde uns freundlichst von Herrn Prof, k. S t o l l , Basel, zur Verfiigung gestelI~, das 1-Hyoscyamin ist das offizinelle P~iparat.

e Hef f~ers Handbuch 2, 2,

Studien fiber Darmmotilit~it. V. 33

Darmabschnitte, ein quantitativer Vergleich zwischen Atropin und Hyos- cyaminwirksamkeit soll nicht gezogen werden.

Das r-Hyoscyamin ist in Dosen bis zu 230 y Base ganz unwirksam (vgl. Abb. 4a und 4b und Tabellen). GrSi3ere Dosen wurden nicht geprtift.

81 [ : f .

o ~ :,~ o,s o,~ I,o ,:z ,:~ ,:: ,:g z# 2/ E,4 ccm fL)7/mTff

Abb. 4a. r-]tyoscyamin. Diinndarm.

Wir wollen aber mit dieser grundsi~tzlich wichtigen Feststellung noch nicht gesagt haben, dal~ die Atropinwirkung am Darmtonus nut von seiner ]inksdrehenden H~lfte ausgel~ist wird~ schon weft wit in dieser Untersuchung die an- terste Grenze der Wirksamkeit des l-Hyoscyamins nicht festgestellt haben. Da das r-Hyoscyamin nach Cushny nicht ganz unwirksam ist, z.B. bestimmte Wirkungen am Rtickenmark hat, .w~re a priori schon denkbar, dal~ das Rechts- produkt im RazemkSrper doch ,,etwas zu sa- gen hat ".

/6

%

f s

o s,2 o,q & o,8 ccr/z f~2llunff

Abb. 4b. r-ttyoscyamin. Dickdarm.

Tabelle 5a. D t i n n d a r m .

Fil l lungsbeginn Fiillu ngszunahme in cm in %

Normal . . . . . . . . 39 [ Minuten nach 40 J 40 y 1-Hyoscyamin

6~5 3,4 3:4

Peris ta l t ikbeginn Fti l lungsdruek Volumen

in cm in ccm

10,5 1,25 11,4 2fl5 22,4 2,75

+ 95 + 1 2 0

Tabelle 5b. Dickdarm.

Fii l lungsbegina in cm

~ormal . . . . . . . . 10,0 30[ Minuten nach 5~0 39 J 40 y 1-Hyoscyamin 1~6 I

Archly f. exper iment . Pa th . u. Pharmakol . Bd. 170.

Per is ta l t ikbeginn [ F i i l lungszunahme Fii l lungsdruek Volumen i

in cm in ccm i in %

] 17,8 1,08 i - - 1718 1;69 -H 57 16~8 2,12 A- 95

34 W. 8T~AUB und E, Mv~oz FERN.,~NDEZ:

3. S k o p o l a m i n .

Die unterste Grenze der Wirksamkeit liegt bei 10 y Skopolamin. hydrobrom., entsprechend 7,8 ? Base. Diese Menge hat am Diinndarm noch keine merk]iche Wirkung (Abb. 5a und 5b und Tabelle), dagegen

10

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L, I I gl..~ d _ _ , ' - ' l . !

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ccn'~ f(l'//uzoa b

Abb. 5. 107/kg Skopolamin. a Di inndarm. b D ickdann .

Tabelle 6a. D f i n n d a r m .

Fi i l lungsbeginn Ff i l lungszunahme in cm in %

Normal ....... 20 [ Minuten nach 30] 10y Skopolamin

5,0 3,0 1,7

Per i s t a l t i kbeg inn F i i l lungsdruck Volumen

in cm in ccm

7.1 0:86 6,2 0,66 6~0 0~86

- - 8 0

Tabelle 6b. D i e k d a r m .

r i i l l ungsbeg inn f i i l l u n g s z u n a h m e in cm in %

Normal . . . . . . . 5:0 351 Minuten nach 5 D 45] 10 y Skopolamin 3,5

Per i s t a l t i kbeg inn Fi i l lungsdruck Volumen

in cm in ccm

10,5 0,75 11,2 1,62 10,.5 1:75

q- 120 -? 135

eine ausgesprochene Dickdarmwirkung. Es wird der Leertonus herab- gesetzt (Restvolumen, Abb. 5b), ebenso der Ftillungstonus. Die Darn>

Tabelle 7a. D t i n n d a r m .

Ft i l lungsbeginn F i i l lungszunahme in cm in %

Normal . . . . . . . . 0} Minutennach 5 50 y Skopolamin

5,0 5~8 3~0

Per i s t a l t i kbeg inn F i i l lungsdruck u

in cm in ccm

6,5 0,50 6,2 0~59 5,5 0,95

18 ~- 9O

Studien fiber Darmmotflit~t. V. 3 5

Tabelle 7b. Dickdarm.

Fiillnngsbeginn Peristaltikbeginn Ftillungsdruck Volumen in cm

in cm in ccm

Normal . . . . . . . 5,0 10,5 0,76 40} Minuten naeh 3,0 13~0 45 5 0 y Skopolamin 2~9 13,2

ftiIlung steigt beim Einsetzen der Peristaltik um 1357/o. Bei der grf~eren Dosis yon 50 7/kg ist die Dtinndarmwirkung nur wenig grf~er als bei 10 7/kg, dagegen die Dickdarmwirkung sehr ge- steigert, auf 375% der Norm. Die Peristaltik ist erhalten und yon unver~nderter Amplitude.

Es ist bemerkenswert, dal~ die Skopola- minwirkung auf die beiden Darmabschnitte ge- radezu die Umkehrung der Atropinwirkung ist, das Skopolamin ist also ein Dickdarmmittel, und zwar ein Dickdarmtonusli~hmer.

2

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Fiillungszunahm e in %

2,45 -~- 220 2,83 ~- 270

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Abb. 6b. Skopolamin 50 7/kg. Dickdarm.

4 . B e l l a f o l i n .

Wir haben schlie61ich noch ein genuines Alkaloidgemisch untersucht. Bekalmtlich zieht die Therapie das E~:tractum Belladonnae dem reinen Atropin ftir die Behandlung yon Darmspasmen vor. )'[an sagt, da~ der Gehalt des Extractum Belladonnae an 1-Hyoscyamin ihm den Vorzug vor dem Atropin giibe. Es kann aber auch anders sein, es kfnnen die Neben- alkaloide die entscheidende Rolle spielen. Da bei der Herste]lung des Extractum Be]ladonnae auf ~ebenalkaloide gar keine Riieksicht ge- nommen wird, D. A. B. 6 verlangt nut einen Gehalt yon 1,5% Hyos- oyamin, haben wir alas Bella~olin vorgezogen, das ]aut Deklarafion der Herstellerfabrik die Gesamtalkaloide der Folia Bel]adonnae enthalten soil und auf einem besonders schonendem chemischem Wege dargestellt wird.

3*

o o,B o,~ ~8 M I,o ccnz F4zllung

Abb. 6 a. Skopolamin 50 7]kg. Diinndarm.

36 W. STRAUB und E. M~oz FERNX~DEZ:

Die Grenzdosis liegt bei 10 y/kg Bellafolin als deutliche Wirkung auf Dtinndarm u n d Diekdarm, die Prozentzunahmen der Ftillungen sind 50% ftir Diinndarm und 37% ftir Diekdarm.

Tabelle 8a. Di inndarm.

Ffillungsbeginn FiilIungszunahme in cra in %

Normal . . . . . . 40 / Minuten nach 45/ 50 r Bellafolin

6,5 5,7 4,6

Peristaltikbeginn Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

8,3 0,47 8,3 0,95 6~8 L30

+ lOO + 180

Tabelle 8b. D ickda rm.

Fiillungsbeginn ~iillungszunahme J in cm . in %

/

Normal . . . . . . i 5 25[ Minuten nach 3 30 ] 50 7 Bellafolin [ 2

Peristalt ikbegian Ftillungsdruck Volumen

in c m In corn

10.0 0735 1115 1,57 10,0 1:37

-f- 350 d- 290

Dies gilt ftir alle Dosen. Wir geben fiir 50 y/kg nur die Tabellen, air 100 y/kg Dehnungskurven und Tabellen. Die Ftillungszunahmen sind dabei ftir Diinndarm 240%, ftir Diekdarm 900% des normalen. Bei keiner der verwandten Dosen ist die Peristaltik aufgehoben.

Tabelle9a Dt inndarm.

Fiillungsbeginn Fiillungszunahme in cm in %

Normal . . . . . . 30 [ Minuten nach 35~ 100y Bellafolin

6~5 5,0 5,5

Peristaltikbeginn Ffillungsdruck Volumen

in cm in ccm

8f i 0:47

7~6 1.35

7:3 1~60

+ 185 + 240

Tabelle 9b. Dickdarm.

Fiillungsbeginn Fiillungszunahme in cm in %

]Normal . . . . . . .

40 ~ M i n u t e n n a c h

45 ~ 100 y B e l l a f o l i n

5,0 5i0 2,7

Peristaltikbeginn Fiillungsdruck Volumen

in cm in ccm

I0,0 0~3~1

16,0 2~67

15,0 3:43

+ 680 -? 900

~Tach diesem Ergebnis mu3 man sagen, da$ die Bellafolinwirkung eine Mischwirkung ist, deren eine Komponente bestimmt Hyoscyamin ist, die andere hat unverkennbaren Skopolamineharakter. Da in Folia

Studien fiber Darmmotilit/~t. V. 37

Belladonna Skopolamin enthalten ist, whre die Anwesenheit dieses Al- kaloids im Bellalolin nieht verwun- derlieh. Die Wertsehi~tzung des Bellafolins in der Therapie der Darm- spasmen dtirfte darin begrtindet sein, dag es gleiehzeitig Diinndarm- und Diekdarmmitttel ist.

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A b b . 7 a , B e l l a f o l i n 100 7,/kg. Dfinndarm.

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cc7~ f~/lun~ A b b . 7 b. B e l l a f o l i n 100 v/kg. Dickdarm.

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5. Antagonismus Atropin--Prostigmin. Die Antagonismen des Atropias sind im ~l]gemeinen praktisch nicht

reziprok, d. h. man kann wohl eine Pilokarpinreizung durch eine Atropin-

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38 W. STRAW und E. Mu~oz FEI%NANDEZ: Studien fiber Dm-mmotflit/it. V.

1/~hmung riiekg/~ngig maehen, aber die Umkehrung geht nicht, Pilokarpin durehbrieht keinen Atropinbloek, auBer es werden so groBe Dosen ver- wen@t, dab sie ffir praktische Zweeke nieht in Frage kommen.

Das Prostigmin hat sich in anderen Versuehen als guter Morphin- antagonist erwiesen, wir haben es deshalb auch als Antagonisten des Atropins und Skopolamins gepr•ft. Das Ergebnis ist in der Abb. 8a und 8b (rechts) zu ersehen. Es wurde bier mit Absicht eine sehr gro6e Dosis Atropin gew/ihlt, so groB, dab sie aueh auf den I)iokdarm wirkt, der Effekt dieser 150 y/kg wurde yon 20 y Prostigmin beim Diinndarm fast v011ig, beim Dickdarm sehr angen/ihert aufgehoben, die Dehnungs- kurven werden wieder yon normaler Form und Lage, das Restvolumen verschwindet.

Es ist bemerkenswert, dab diese Wirkung yon dem 7,5. Teil der Atropindosis erreicht wird. Bei Skopolamin ist dieser Antagonismus aueh vorhanden, nur nieht in so hohem MaBe, besonders am Dickdarm werden die Dehnungskarven kaum vergndert - - wenigstens nicht beim Dosen- verhgltnis 150 y Skopolamin und 20 y Prostigmin.

Zusammenfassung. Die gleiehzeitige Analyse der Wirkung der wichtigsten Alkaloide der

Atropingruppe auf die Darmmotilit/~t ergibt: 1. Atropin, Hyoseyamin, Skopolamin sowie das Gemisch Bellafolin

haben in therapeutischen Dosen keinerlei Wirkung auf die Peristaltik des Diinndarmes wie des Dickdarmes.

2. Dagegen haben alie untersuchten Stoffe eine ausgesprochene Wir- kung auf den Tonus beider Darmabschnitte, der vermindert wird.

3. Die Tonuslahmung ist nach Alkaloid und Darmabschnitt ver- schieden. Das Atropin und ttyoscyamin haben hauptsachlich Diinndarm- wirkung, das Skopolamin Dickdarmwirkung, das Gemisch Bellafolin hat Wirkung auf beide Darmabschnitte.

4. Die darmwirksamen Meerschweinehendosen sind proportional den Mensehendosen. Der wirksame Sehwellenwert ist ffir alle Alkaloidsalze 10 Y pro Kilogramm Tier, entspreehend 0,6 mg pro 60 Kilogramm Mensch.

5. ];)as optiseh-al~tive d-Hyoscyamin ist bis zur 15fachen SchweIlen- dosis des 1-Hyoseyamin unwirksam.

6. Prostigmin hebt in Dosen yon 20 y die Wirkung yon 150 y Atropin- sulfat am Diinndarm v011ig, am Dickdarm teilweise auf.