83
Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166. Von Josef Riedmann. II. Teil: Die Tätigkeit der Notare der Reichskanzlei vom Juni 1161 bis zum Oktober 1166*). Inhalt: Von der Synode zu Lodi bis zum Beginn des dritten Italienzuges (Herbst 1163) S. 23. — Die Diplome aus der Zeit des dritten Aufenthalts Barbarossas in Italien 1163/64 S. 47. — In Deutschland 1164—66 ausgestellte Diplome S. 57. — Mandate und Briefe Friedrichs I. aus den Jahren 1161—66 und ihr Zusammenhang mit gleich- zeitigen Diplomen S. 77. — Fälschungen S. 84. — Zu Herkunft und Wirksamkeit kai- serlicher Notare und Kapellane S. 89. — Die Frage der Verwendung eines Formular- behelfs S. 96. — Zusammenfassung S. 99. — Verzeichnis der besprochenen Urkunden Friedrichs I. aus den Jahren 1156—1166 S. 101. Von der Synode zu Lodi bis zum Beginn des dritten Italienzuges (Herbst 1163). Da es im Februar 1160 auf der Kirchen Versammlung zu Pavia nicht gelungen war, die Folgen der zwiespältigen Papstwahl des Vorjahres durch eine allgemeine Anerkennung des kaiserlichen Kandidaten Viktor IV. zu be- seitigen, versuchte dieser im Juni 1161 auf der Synode zu Lodi, den Streit zu seinen Gunsten zu entscheiden. Wohl im Gefolge eines der zahlreichen Kirchenfürsten, die aus diesem feierlichen Anlaß über die Alpen in die alte langobardische Hauptstadt geströmt waren, gelangte auch der Notar Rai- nald C wieder an den Hof des Herrschers und trat nach einer Unterbrechung von vier Jahren ein zweites Mal in den Dienst der Reichskanzlei. Abwechselnd mit Rainald G, der bis zu diesem Zeitpunkt auf dem zweiten Italienzug nahezu als einziges Mitglied der Kanzlei Barbarossas als Schreiber und Diktator von Diplomen tätig gewesen war, mundierte Rainald C von nun an Urkunden des Kaisers. Nur bei bestimmten Anlässen — immer in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit dem Wirken des Erzkanzlers für Italien, Rainald von Dassel — tritt auch der Notar Rainald Η als Verfasser und Schreiber von Barbarossaurkunden auf 1 ). In einem ganz bescheidenen *) Der erste Teil erschien in MIÖG 75 (1967) 322 ff. 1 ) Dies gilt nicht nur für die Diplome, als deren Verfasser Herkenrath, MIÖG 72, 34 ff. Rainald Η namhaft gemacht hat, sondern trifft in gleicher Weise auch für die Ur- kunde St. 3958 zu, die in der vorliegenden Arbeit diesem Notar zugewiesen werden soll; vgl. S. 41 f. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library Authenticated Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

  • Upload
    josef

  • View
    240

  • Download
    7

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166.

Von Josef R i e d m a n n .

I I . T e i l : D ie T ä t i g k e i t der N o t a r e der R e i c h s k a n z l e i v o m Jun i 1161 bis zum Oktober 1 1 6 6 * ) .

Inhalt: Von der Synode zu Lodi bis zum Beginn des dritten Italienzuges (Herbst 1163) S. 23. — Die Diplome aus der Zeit des dritten Aufenthalts Barbarossas in Italien 1163/64 S. 47. — In Deutschland 1164—66 ausgestellte Diplome S. 57. — Mandate und Briefe Friedrichs I. aus den Jahren 1161—66 und ihr Zusammenhang mit gleich-zeitigen Diplomen S. 77. — Fälschungen S. 84. — Zu Herkunft und Wirksamkeit kai-serlicher Notare und Kapellane S. 89. — Die Frage der Verwendung eines Formular-behelfs S. 96. — Zusammenfassung S. 99. — Verzeichnis der besprochenen Urkunden Friedrichs I. aus den Jahren 1156—1166 S. 101.

Von der Synode zu Lodi bis zum Beginn des dritten Italienzuges (Herbst 1163).

Da es im Februar 1160 auf der Kirchen Versammlung zu Pavia nicht gelungen war, die Folgen der zwiespältigen Papstwahl des Vorjahres durch eine allgemeine Anerkennung des kaiserlichen Kandidaten Viktor IV. zu be-seitigen, versuchte dieser im Juni 1161 auf der Synode zu Lodi, den Streit zu seinen Gunsten zu entscheiden. Wohl im Gefolge eines der zahlreichen Kirchenfürsten, die aus diesem feierlichen Anlaß über die Alpen in die alte langobardische Hauptstadt geströmt waren, gelangte auch der Notar Rai-nald C wieder an den Hof des Herrschers und trat nach einer Unterbrechung von vier Jahren ein zweites Mal in den Dienst der Reichskanzlei. Abwechselnd mit Rainald G, der bis zu diesem Zeitpunkt auf dem zweiten Italienzug nahezu als einziges Mitglied der Kanzlei Barbarossas als Schreiber und Diktator von Diplomen tätig gewesen war, mundierte Rainald C von nun an Urkunden des Kaisers. Nur bei bestimmten Anlässen — immer in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit dem Wirken des Erzkanzlers für Italien, Rainald von Dassel — tritt auch der Notar Rainald Η als Verfasser und Schreiber von Barbarossaurkunden auf1). In einem ganz bescheidenen

*) Der erste Teil erschien in MIÖG 75 (1967) 322 ff. 1) Dies gilt nicht nur für die Diplome, als deren Verfasser Herkenrath, MIÖG 72,

34 ff. Rainald Η namhaft gemacht hat, sondern trifft in gleicher Weise auch für die Ur-kunde St. 3958 zu, die in der vorliegenden Arbeit diesem Notar zugewiesen werden soll; vgl. S. 41 f.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 2: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

24 Josef Riedmann

Rahmen hält sich daneben noch die Tätigkeit des vierten bezeugten Mit-glieds der Reichskanzlei: In den Jahren 1161/62 läßt sich die Hand von Ul-rich Β nur in vier kaiserlichen Originalen nachweisen2).

Der Stil der Urkunden Barbarossas aus dem Zeitraum, der durch die Synode von Lodi (Juni 1161) und die Rückkehr des Herrschers nach Deutsch-land (Herbst 1162) begrenzt wird, steht unter dem bestimmenden Einfluß der Diktatgewohnheiten, die Rainald G im Verlauf seiner bisherigen Tätig-keit auf dem Italienzug entwickelt hatte3). Auch der Stil von Rainald C ord-net sich in den von ihm geschriebenen Urkunden weitgehend in diese Dik-tatzusammenhänge ein. Besonders deutlich wird der dominierende Einfluß von Rainald G in der Formulierung der Arenga, während die Benutzung von Vorlagen aus dem Codex Udalrici, die bei Rainald C zur Zeit seines ersten Auftretens im Jahre 1157 so häufig zu beobachten war4), auf dem zweiten Italienzug nie nachweisbar ist5). Auch die von Rainald G zum erstenmal in der Reichskanzlei konsequent gebrauchte staufische Datierung6) wird nach anfänglichem Zögern von Rainald C übernommen. Hingegen treten bei die-sem Notar in anderen Formularteilen, besonders in Publicatio, Corroboratio und Zeugenankündigung, bald wieder Wendungen auf, die an das Kanzlei-diktat der Jahre 1156—58 erinnern.

Wie bei den einzelnen Diplomen zu bemerken sein wird, besteht somit in fast sämtlichen kaiserlichen Urkunden dieser Zeit eine so große Kontinui-tät und Vermengung der Diktatgewohnheiten beider Notare — wobei zweifellos der Einfluß von Rainald G als der ungleich bedeutendere angese-hen werden muß —, daß die sichere Zuweisung des Diktats eines Diploms an eines der beiden damals als Mundatoren tätigen Mitglieder der Reichs-kanzlei kaum vorgenommen werden kann. Es kommt ähnlich wie in den Jah-ren 1156—58 zur Ausbildung eines „Kanzleidiktats", das erst seit der Rück-kehr des Herrschers über die Alpen und dem Wiederauf treten von Arengen, die im Codex Udalrici enthalten sind, sein Ende findet. Eine weitere Schwierigkeit in der Diktatbestimmung stellt das Vorkommen besonders feierlicher und gewählter Wendungen in Verträgen des Kaisers mit italienischen Städten vor allem im Jahre 1162 dar, wie sie sehr ähnlich bereits in Diplomen für burgundische Hochstifte im Herbst 1157 zu bemerken waren und die im Jahre 1166 noch einmal wiederkehren sollten. Auf dieses Phänomen wird bei der Behandlung der einzelnen Urkunden kurz hinzuweisen sein, eine ein-gehendere Würdigung soll im Zusammenhang mit der Besprechung der Diplo-me des Jahres 1166 erfolgen7).

2) Ulrich Β mundierte die Urkunden St. 3901, 3903 und 3939 und war an der Nie-derschrift von St. 3912 beteiligt; vgl. Egger, Schreiber 103.

3) Vgl. MIÖG 75, 355 ff. 4) Ebenda 328 ff. 5) Zu der bei Hausmann, MIÖG 58, 95 verzeichneten Benutzung eines Formular-

behelfs in den Diplomen St. 3916, 3952 Α und 3960 vgl. die Besprechung der einzelnen Urkunden und S. 96 ff.

«) Siehe MIÖG 75, 355 und 366. ') Siehe S. 65 ff. und 71 ff.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 3: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 25

Wenn auch die beiden Notare Rainald G und Rainald C als Verfasser von Urkunden nur sehr schwer oder überhaupt nicht voneinander zu schei-den sind, so besteht doch des öfteren die Möglichkeit, einen von beiden auch bei nur kopial überlieferten Stücken als Mundator der Diplome mit großer Sicherheit namhaft zu machen. Während Rainald G immer die Namensform „Fredericus" verwendet, bevorzugt Rainald C deutlich „Fridericus"8); der Kanzlername in der Rekognition lautet bei Rainald G „Vlricus", bei Rainald C meist „Udalricus". Beim einen findet sich als Epitheton des Kai-sers in der Datierung „victoriosissimo"; Rainald C verwendet fast aus-schließlich „gloriosissimo". In der feierlichen staufischen Datierung steht bei Rainald G die Apprecatio vor der mit ,,Dat." eingeleiteten Ortsangabe9), bei Rainald C hingegen mit wenigen Ausnahmen am Ende aller Datumsan-gaben. Nicht sämtliche angeführten Merkmale sind in jedem Diplom vor-handen, doch schon die Existenz von zwei oder drei der genannten Kriterien genügt, um einen bestimmten Notar als Mundator der Urkunde sehr wahr-scheinlich zu machen.

Schließlich muß noch erwähnt werden, daß von einem bestimmten Zeitpunkt an Rainald C und Rainald G nicht mehr gleichzeitig Urkunden mundieren. Vom Oktober 1161 bis vermutlich April/Mai des folgenden Jahres ist uns kein Original überliefert, an dessen Niederschrift Rainald G beteiligt war10), während seit dem Juni dieses Jahres bis zum Ende von Barbarossas Aufenthalt in Italien urschriftliche Zeugnisse für die Tätigkeit von Rainald C fehlen11). Die Stilkontinuität der Diplome erfährt durch diesen Wechsel der Ingrossatoren kaum eine Beeinträchtigung, so daß sich hier, ähnlich wie in den Jahren 1156—58, wohl nicht endgültig klärbare Fragen mit der Diktatbestimmung verbinden.

Neben dem Notar Rainald H, der ein Diplom für Avignon verfaßte und schrieb12), waren im Juni 1161 auf der Synode zu Lodi die Notare Rainald G und Rainald C im Dienste des Kaisers mit der Ausfertigung von Urkunden betraut. Von der Hand des Rainald G stammt die Bestätigung der Verfügungen Ottos I., Heinrichs II. und Heinrichs III.13) für das Hoch-stift Brandenburg. Der Text der Barbarossaurkunde14) stützt sich zum über-

8) Wenn in einer Kopie in Italien die Namensform „Fridericus" überliefert ist, deutet dies doch mit großer Wahrscheinlichkeit darauf hin, daß auch im Original diese Form gestanden hat.

») Vgl. MIÖG 75, 362. 10) Von der Mundierung der Zweitausfertigung von St. 3922 (1161 X 7) bis zur Ent-

stehung der ohne Datum überlieferten Urkunde St. 3952 Α (vermutlich 1162IV/V; vgl. S. 36) für Bellefontaine existiert kein Original von der Hand des Rainald G.

n ) Nach der Niederschrift von St. 3956 (1162 VI 30) verließ Rainald C anscheinend die Reichskanzlei, um erst im Februar des folgenden Jahres wieder in den Dienst des Kaisers zu treten, als er in Würzburg St. 3973 (1163 II 13) mundierte.

12) St. 3908; vgl. Herkenrath, MIÖG 72, 61. 13) DO. 1.105, DH. II. 223 und DH. III. 267. 14) St. 3907; über die vermutliche zeitliche Abfolge der auf der Synode zu Lodi aus-

gestellten Diplome vgl. Herkenrath, MIÖG 72, 37.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 4: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

26 Josef Riedmann

wiegenden Teil auf die Diplome der genannten Herrscher; nur im Aufbau des Eschatokolls kommen die Gewohnheiten des mundierenden Notars Rainald G klar zum Ausdruck15), der in diesen Tagen auch die kaiserliche Schutz- und Besitzbestätigung für den Bischof von Grenoble verfaßte und schrieb18). Der Beginn der Arenga dieses Diploms fand schon in mehreren Urkunden von der Hand derselben Kanzleikraft Verwendung und kann als charakteristische Diktateigenheit von Rainald G bezeichnet werden17). Das-selbe gilt vom weiteren Wortlaut dieses Urkundenteiles, der in einigen gleichzeitigen Diplomen wiederkehrt, an deren Entstehung derselbe Notar beteiligt war18). Die Dispositio mit der Häufung päpstlichen Formulargutes entspricht ebenso seiner Gewohnheit19), wie sich auch der Satzbeginn „Ad amplioris quoque gratie cumulum statuentes adicimus et imperiali edicto precipimus, ut . . . " aus Wendungen zusammensetzt, auf die bei Rainald G schon hinzuweisen war oder die noch zu erwähnen sein werden20). Auffallend lautet in der Pönformel, die ähnlich wie im zwei Monate vorher für die Ka-noniker von Rimini ausgestellten Diplom21) aufgebaut ist, die Bestimmung, daß die angedrohte Strafsumme zur Gänze dem kaiserlichen Fiskus zufallen soll und damit nicht, wie in anderen Urkunden, eine Teilung zwischen dem Kaiser und dem Empfänger des Diploms angeordnet wird. Im September des folgenden Jahres mundierte Rainald G eine kurze kaiserliche Verfügung, in der die gleiche Maßnahme vorgesehen ist22).

16) Das Eschatokoll weist alle Kriterien auf, die S. 25 ale für Rainald G charakte-ristisch angeführt wurden.

") St. 3911. 17) Zu „Iustitia exigit et ratio ipsa persuadere videtur, u t . . . " vgl. MIÖG 75,361 f.

Anm. 61 und 62. Zu den dort genannten Diplomen treten in den Jahren 1161—66 noch die Urkunden St. 3911, 3917, 3919, 3957, 3983, 3998,4003A, 4006,4017A, 4023A, 4027, 4035, 4049, 4069 und 4544, welche eine sehr ähnliche Formulierung in der Arenga auf-weisen.

le) St. 3911: „ . . . sed imperialis clementie dexteram Ulis precipue porrigere debemus, quorum fidem sinceram et devotionem . . . circa honorem ... corone magis Qorere ac vigere cognosoimus". — St. 3878: „ . . . consilii dexleram et auxilii de iure debe&mus porrigere ..."; St. 3957 (Schrift und Diktat: Rainald G; vgl. S. 39): „ . . . quoe fide sin-cera et preclaris operibus circa honorem imperii clarescere cognovimus", und die Berüh-rungspunkte zu den Arengen von St. 3900 und 3901 (=3905).

") Vgl. MIÖG 75,384 Anm. 103. 20) So in St. 3861: „Ad maioris quoque gratie cumulum ... precipimus . . . " oder

St. 3904: „Adicientes quoque nostro imperiali edicto precipimus, ut...", vgl. auch MIÖG 75, 378 Anm. 54.

21) St. 3911: St. 3904: Si quis autem hväc nostro precepto Si quis vero contra hoc rtostrum pre-

contraixe attemptaverit, auri purissimi ceptum facere attemptaverit, auri purissimi libras L ... componet ... nostro imperiali librae L componet, dimidium quidem fisco fisco inferendas. Huius vero confirma- nostro... . Huius autem confirmationis tionis testes sunt: testes sunt: Mit dieser Formulierung wird die Abkehr des Rainald G von dem durch diesen Notar längere Zeit beibehaltenen Wortlaut der Sanctio deutlich, der für ihn charakteristisch war; vgl. MIÖG 75, 350.

») St. 3963 b; vgl. S. 42.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 5: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 27

Der Anteil von Rainald G an der Urkunde Friedrichs I. zugunsten des Klosters Cappenberg23) beschränkt sich auf die Zeichnung der Signumzeile24), während wohl auf Grund eines Empfängerentwurfs vermutlich ein italieni-scher Gelegenheitsschreiber die Mundierung des Kontextes besorgte und der Kanzleinotar Ulrich Β Rekognition, Monogramm und Datierung hinzu-fügte25).

Schließlich nahm auch der Notar Rainald C nach fast genau vierjähri-ger Unterbrechung seine Tätigkeit als Urkundenschreiber im Dienste Fried-richs I. auf der Synode von Lodi wieder auf. Neben einem Mandat für den Bischof von Avignon, auf das in einem anderen Zusammenhang noch zurück-zukommen sein wird26), besorgte diese Kanzleikraft die Niederschrift der um-fangreichen Verfügung Barbarossas für das Kloster Odenheim-Wigoldes-berg27), der ein Diplom Heinrichs V.28) als Vorurkunde diente. Der darüber hinaus vorhandene Wortlaut weist jedoch weder das Diktat des Jahres 1157, als Rainald C in der kaiserlichen Kanzlei Diplome mundiert hatte, noch von 1161 auf; nur sehr geringe Parallelen zu anderen Urkunden von der Hand des Rainald C lassen sich aufzeigen29). Wahrscheinlich stammt die Formulierung des Kontextes von einer Persönlichkeit, die nicht der Reichskanzlei ange-hörte ; hingegen ist das Eschatokoll nach dem Vorbild von Rainald G30) auf-gebaut, der zu dieser Zeit offensichtlich eine führende Position in der Kanzlei innehatte.

Ebenfalls in Lodi bestätigte Barbarossa auf Grund einer Urkunde Kon-rads II.3 1) und eines verlorenen Papstprivilegs32) der Abtei in Capolona bei Arezzo ihren Besitz33). Auch in diesem Diplom ist der Einfluß der Reichs-kanzlei auf das Diktat — außer in der Formel über den kaiserlichen Vorbe-halt — schwer zu fassen. Am ehesten kann man bei der altertümlichen Be-stimmung über das Verbot der Einmischung fremder Gewalten in Angelegen-

2») St. 3912. " ) Wobei das gewohnte Epitheton „invictissimi" durch „victoriossimi" (!) er-

setzt wurde. 25) Vgl. zu dieser Urkunde die Ausführungen von Herbert Grundmann, Der

Cappenberger Barbarossakopf und die Anfänge des Stiftes Cappenberg (Münsterische Forschungen 12, 1959) bes. 94 ff. und Egger, Schreiber 85, 103, 283 und 306.

M) St. 3909; vgl. S. 78 und 81. " ) St. 3913. " ) St. 3189. 2i) Etwa die Ähnlichkeit in der Konstruktion in St. 3913: „Duximus quoque hoc

non esse pretermittendum, quod . . ."und St. 3909 (geschrieben von Rainald C; vgl. S. 81): „Ad hec preterea duximus adnectendum, quod . . . " Daneben weist auch die Zeu-genankündigung „adhibitis ydoneis testibus, quorum nomina hec sunt:" einen von Rainald C 1157 nahezu immer verwendeten, allerdings auch sonst sehr häufigen Wort-laut auf.

®°) Die feierliche staufische Datierung mit dem Epitheton „victoriosissimo" ent-spricht seiner Gewohnheit; vgl. MIÖG 75,355 und oben S. 25.

s l) DK. II. 86 und nicht das für den gleichen Empfänger ausgestellte DH. III. 181 wurde als Vorurkunde verwendet.

8S) Darauf machte Paul Kehr , Italia Pontificia III (1908) 166 aufmerksam. ») St. 3914.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 6: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

28 Josef R i e d m a n n

heiten des Klosters einen Anteil von Rainald G verspüren34), der aber als Mun-dator der nur kopial überlieferten Urkunde wohl nicht in Frage kommt, wie Unregelmäßigkeiten in der Signumzeile35) und die Stellung der Apprecatio am Ende der Datierung nahelegen. Für eine Zuweisung an Rainald C oder einen anderen bekannten Notar fehlen ebenfalls Anhaltspunkte.

Ein Würzburger Schreiber verfaßte und mundierte die wahrscheinlich in diese Zeit fallende Urkunde, durch die der Kaiser die Aufnahme eines Darlehens für den Italienzug durch den Würzburger Bischof billigte36). Der gleiche Empfängerschreiber fertigte ein Jahrzehnt später ein weiteres Bar-barossadiplom für Würzburg aus37).

Anfang September 1161 machte Friedrich I. die im Vorjahr ausge-sprochene Unterstellung des Bistums Belluno unter das Patriarchat Aqui-leia38) wieder rückgängig. Das Diktat der darüber erlassenen, nur in modernen Abschriften und Drucken erhaltenen Urkunde39), scheint mit größter Wahr-scheinlichkeit auf den Notar Rainald G zurückzugehen. In Diplomen von seiner Hand kehrt die hier zum erstenmal verwendete Einleitung der Arenga mehrmals wieder40), und auch in der Dispositio, die zum Teil auf einer Ver-fügung Konrads II.41) beruht, finden sich Formulierungen, welche Rainald G schon früher benutzt hatte, die allerdings später auch in von Rainald C mun-dierten Urkunden wieder begegnen42). Dieser Notar dürfte das Diplom für Belluno auch geschrieben haben, denn der Aufbau der Datierung folgt nicht

34) St. 3914: „Iubemus etiam, ut nullus dux episcopus marchio comes vicecomes sculdacius gastaldus decanus seu aliqua ... magna vel parva persona ... presumat..." —St. 3814: „Precipimus itaque, ut nullus episcopus dux marchio comes vicecomes sculda-sius gastaldus decanus seu aliqua magna parvaque persona ... presumat ...".

36) In der Signumzeile weisen alle Überlieferungen die Umstellung „invictissimi imperatoris" statt „imperatoris invictissimi" auf.

36) St. 3915; die Urkunde trägt kein Tages- und Monatsdatum. Über den Schrei-ber vgl. Heinrich F i c h t e n a u , Bamberg, Würzburg und die Stauferkanzlei, MÖIG53 (1939) 241 ff., bes. 278 Anm. 2.

37) St. 4134; vgl. auch Egger, Schreiber 233 f. 38) Durch das Diplom St. 3892. 3") St. 3916. Vgl. zu dieser Urkunde die Ausführungen von Reiner P u s c h n i g in

seiner ungedruckten Dissertation, Die Urkunden der staufischen Kaiser für die Bistümer Feltre und Belluno (Wien 1934) bes. 69 ff. (Hinweis von Professor Appelt).

40) Der Beginn der Arenga „Imperialis dementia bene merentibus bene facere con-suevit et . . . " kehrt in den nächsten Jahren mit geringen Veränderungen in den von Rainald G mundierten Urkunden St. 4034, 3758 und 4060 sowie in den nur kopial über-lieferten Stücken St. 3960, 4030, 4032, 4038 und 4079 wieder, deren Diktat von diesem Notar zumindest sehr stark beeinflußt ist. Die Annahme, daß diese Arenga in einem For-mularbehelf stand (MIÖG 58, 84 f., Formel 32), scheint daher nicht gerechtfertigt; s. auch MIÖG 75,400 u. unten S. 96 ff. Über die in dieser Arenga auftretende Tugend der „imperialis dementia" sowie ihre antiken und mittelalterlichen Vorläufer vgl. Fichtenau, Arenga (18. MIÖG Erg.-Bd.) 42 ff. " ) DK. II . 168.

42) So der Nebensatz in St. 3916: „ut.. .de cetero ad nullum habeat respectum nisi ad solum . . . " , dem in St. 3835 a (und sehr ähnlich in St. 3832): „ . . . up ... ad nullum potestatem respectum habeant nisi tantum ad..." entspricht. In dem von Rainald C geschriebenen Diplom St. 3931 findet sich ebenso der Satzbeginn „Ad augmentum quoque gratie nostre..." (wie in St. 3916) und ein sehr ähnlicher Aufbau der Sanctio.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 7: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 29

dem für Rainald G typischen Schema, sondern knüpft mit Ausnahme des Epithetons „victoriosissimo" an die Gewohnheit von Rainald C im Jahre 1157 an43).

Am selben Tag bestätigte der Kaiser die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Erzbischof von Trier und dem rheinischen Pfalzgrafen durch ein Diplom44), dessen Arenga fast gleichlautend in weiteren Urkunden von der Hand des Notars Rainald G wiederkehrt45), der auch die Niederschrift dieser Verfügung besorgte. Doch auch mit Diplomen, die von Rainald C mundiert wurden46), und vor allem mit der acht beziehungsweise drei Monate vorher von Ulrich Β und Rainald G geschriebenen Urkunde für Passau47) stimmen der Beginn der Arenga und weitere Wendungen dieses Formularteiles über-ein. Die Narratio über die Beilegung der Streitigkeiten ist in mehreren Diplo-men sehr ähnlich formuliert, ohne daß man deshalb mit Sicherheit auf einen gemeinsamen Diktator schließen könnte48).

Das einfache Diplom über die Lehensinvestitur des Grafen Rubald von Lavagna49) gestattet wiederum keine sichere Aussage über seinen Verfasser und Mundator. Vielleicht stammt die Urkunde von der Hand des Rainald C, da sich in von ihm herrührenden kaiserlichen Verfügungen ähnliche Wen-dungen (die aber mittelbar auf das Diktatgut von Rainald G zurückgehen) wie in der Arenga für den italienischen Adeligen finden und auch die allerdings sehr häufige Form der Zeugenankündigung bei diesem Notar nachweisbar ist50). Die Überleitung „Inde est, quod . . . " , die Rainald G zu Beginn seiner

4S) Die Struktur der Datierung gleicht mit Ausnahme des erwähnten Epithetons und der Verkürzung der Apprecatio „(Actum in Christo) feliciter, amen" den 1157 von Rainald C geschriebenen Urkunden St. 3766, 3767, 3768 und 3774.

") St. 3917. «) Vor allem in St. 3919. ") St. 3931. 4') St. 3901 und 3905; vgl. MIÖG 75, 383 ff. *·) Besonders hinzuweisen ist dabei auf die Wendung „controversiam illam, que

inter . . . e t . . . diu agitabatur . . . " in St. 3917, die sich ebenso etwa in den Diplomen St. 3753 und 3892 Α findet, aber sehr ähnlich auch in einer undatierten Urkunde Bischof Eberhards II . von Bamberg auftritt (gedruckt von Hans H i r s c h , Studien über die Vogtei-Urkunden süddeutscher und österreichischer Zisterzienserklöster, Archivali-sche Zeitschrift 37, 1928, 36 f.). — Auf diese Urkunde machte im Zusammenhang mit seinen Untersuchungen über das Privilegium minus (St. 3753) Konrad Josef Heilig (vgl. MIÖG 75, 324 Anm. 9) 46 aufmerksam. Das Diktat der Bamberger Urkunde ist zweifellos mit dem des Privüegium minus sehr nahe verwandt; ihr Schreiber konnte in der Reichskanzlei nicht nachgewiesen werden.

4β) St. 3918. 60) Die Formulierungen in der Arenga von St. 3918: „Imperialem decet excellen-

tiam . . . ut ad serviendum . . . et in bonam spem . . . " finden sich auch in dem von Rai-nald C geschriebenen Diplom St. 3927. Hausmann, MIÖG 58, 84 nimmt bei dieser Aren-ga ein „Fortleben dieses Formelgutes (d. h. der Formel 31b des von ihm rekonstruierten Formularbehelfes) in der Kanzleitradition" an. Allerdings liegen die letzten Spuren einer Benutzung von Formel 31b schon vier Jahre zurück und zudem sind die Anklänge der Arenga von St. 3918 an die Vorlage minimal (s. auch S. 97) Über die Zeugenankün-digung „adhibitis idoneis testibus, quorum nomina hec sunt:" vgl. Anm. 29. Auf Rai-nald C als Mundator des Diploms würde außerdem die Namensform „Fridericus" in der kopialen Überlieferung hindeuten.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 8: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

30 Josef Riedmann

Tätigkeit öfters benutzte61), und vor allem die völlig ungewohnte Devotions-formel „divina favente gratia"82) erschweren jedoch die Zuweisung dieser Urkunde an Rainald C.

Die ungenaue Datierung der Erneuerung einer verlorenen Urkunde Kaiser Heinrichs II.53) über die Übertragung der Grafschaft Trient an den Bischof der Stadt vereitelt zwar eine sichere zeitliche Einordnung dieses Barbarossadiploms64), doch machen die ungemein weitgehenden Diktatparal-lelen in der umfangreichen Arenga und in der Publicatio der von Rainald G geschriebenen Verfügung mit anderen Stücken, die von diesem Notar her-rühren66), die von Stumpf vorgenommene zeitliche Einordnung wahrschein-lich56). Auch Wendungen in der Narratio finden sich in der Folgezeit mehr-mals in gleichzeitigen Diplomen wieder57), während der Rechtsinhalt selbst fast gänzlich auf dem Text der Vorurkunde beruht und somit für den Diktat-vergleich nicht in Betracht kommt.

Die Urkunde über die Beilegung eines Streites zwischen dem Kaiser und dem Bischof von Padua58) stammt nicht aus der Reichskanzlei, sondern wurde vom bekannten Lodeser Geschichtsschreiber Acerbus Morena in Form eines Notariatsinstrumentes verfaßt und mundiert und von dessen Vater Otto Morena unterfertigt59). Nur beim Wortlaut der Datierung dürf-te eine Einflußnahme des Notars Rainald G vorliegen60), der auch als Schrei-ber einer gleichzeitigen, ebenfalls besiegelten Zweitausfertigung61) fungierte. Es ist dies — wie schon erwähnt — für einen Zeitraum von etwa einem hal-ben Jahr das letzte überlieferte Auftreten dieses Mitglieds der Reichskanz-lei in einem als Original erhaltenen Diplom Friedrich Barbarossas. Rainald

") Vgl. MIÖG 75, 355. 62) Ebenda 382. 6S) Siehe dazu die grundlegenden Ausführungen von Harry Breßlau, Exkurse zu

den Diplomen Konrads II., Neues Archiv 34 (1909) 69 ff., bes. 106 ff. M) St. 3919; die Urkunde weist kein Tages- und Monatsdatum und keinen Ausstell-

ort auf. 56) Auf die Berührungspunkte zu St. 3901 und 3917 wurde schon hingewiesen;

vgl. MIÖG 75, 383 Anm. 96 und oben Anm. 17. M) Stumpf ordnet das Diplom zu September 1161 ein. Eine genauere zeitliche

Fixierung ist wegen des Fehlens von Zeugen und der bereits erwähnten Kriterien allein auf Grund der Angaben des Inkarnationsjahres, der Indiktion und der Begierungszeit Barbarossas als König und Kaiser nicht möglich.

") So „preclara aervitia pre oculis habentes" in St. 3929 und 3931 (beide geschrie-ben von Rainald C). Zum Auftreten dieser Formulierung in der Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa vgl. auch die Zusammenstellung von Kneer (s. MIÖG 75, 324 Anm. 10) 3 und 5.

»·) St. 3922. ··) Ferdinand Güterbock, Das Geschichtswerk des Otto Morena und seiner

Fortsetzer über die Taten Friedrichs I. in der Lombardei (MGH Script, rer. Germ. N. S. 7,1930) XI Anm. 7 und XIII Anm. 14.

eo) Es heißt in der Anfangsdatierung des Notariatsinstruments ganz nach Art des Rainald G „regnante domino Frederico Romanorum imperatore victoriosissimo, anno regni eius decimo, imperii vero eius septimo".

el) Beide Originale werden heute im Archivio capitolare von Padua aufbewahrt; vgl. Güterbock a. a. O.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 9: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 31

C und einmal auch Ulrich Β besorgten in diesen Monaten die Niederschrift der kaiserlichen Entscheidungen, wobei aber meist ein enger Diktatzusam-menhang mit früheren Urkunden zu bemerken ist.

Anfangs Dezember 1161 bestätigte Friedrich I.der Abtei Cluny die Über-tragung von Rüeggisberg62). Dabei schrieb Rainald C, der Mundator der Ur-kunde, nahezu wörtlich ein Diplom Barbarossas desselben Inhalts aus dem ersten Jahr seiner Regierung63) aus. Die seltenere Form „inscribi" statt „con-scribi" in der Corroboratio, die nicht der Vorurkunde entstammt, verwende-te Rainald C bereits in seiner ersten Tätigkeitsperiode 115764), und ebenso schließt sich die Struktur der Datierung mit Ausnahme des Epithetons ,,vic-toriosissimo" an die Gewohnheit dieses Notars an65).

Zeitlich an erster Stelle unter den Urkunden aus dem für die Politik Friedrich Barbarossas so erfolgreichen Jahre 1162 steht ein Diplom für den treuen Parteigänger des Herrschers, Grafen Guido von Biandrate66), das— leider nur in späten Abschriften erhalten — kaum eine Aussage über seinen Verfasser zuläßt. Wie das fast vollkommene Fehlen von Diktatparallelen und der Aufbau der Zeugenreihe nahelegen, dürfte die Urkunde nicht in der Reichskanzlei entstanden sein67).

Die Niederschrift der Vergabung von sieben Hufen an den Merseburger Oberhirten68) wurde zwar von Rainald C besorgt, im Diktat läßt sich jedoch ein unverkennbarer Einfluß der Eigenheiten von Rainald G feststellen. Die biblische Wendung „maxime tarnen domesticos fidei" und die Konstruktion des Nebensatzes in der Arenga finden sich neben anderen Parallelen in Ur-kunden wieder, die auf Rainald G zurückgehen69). Ebenso wurde die Publi-catio von diesem Notar sehr ähnlich wie im Diplom für den sächsischen Bischof formuliert70), und auch in der feierlichen staufischen Datierung mit

"2) St. 3923. «') St. 3638. e4) In St. 3763. es) Die doppelte Nennung des Ausstellungsortes in der Datierung, auf die Scheffer-

Boichorst, Zur Geschichte 189 f. aufmerksam machte und die an eine Eigenart von Rainald D erinnert (vgl. MIÖG 75, 345), dürfte in St. 3923 darauf zurückzuführen sein, daß Rainald C den ersten Teil der Datumzeile, wie es 1157 seiner Gewohnheit entsprach, mit „Dat.", Ausstellort und Tagesangabe begann, dann aber nach dem Vorbüd von Rainald G das Epitheton „victoriosissimo" gebrauchte und den Ausstellort ein zweites Mal anführte. Die Stellung der Apprecatio am Ende der Datumsangaben kann wiederum als bezeichnend für Rainald C gelten. ββ) St. 3926.

·') Zwar erinnert der Wortlaut der Publicatio an den entsprechenden Urkunden-teil von St. 3900, doch ist auch über das Diktat dieses Diploms keine sichere Aussage möglich. In der Zeugenreihe von St. 3926 wurde eine in der Kanzlei nicht übliche Gliede-rung („laici principes:", „capellani curie:") durchgeführt, und auch für den Aufbau der Datierung finden sich keine gleichzeitigen Parallelen, so daß man wohl an die Entste-himg des Diploms außerhalb der Kanzlei denken muß.

•8) St. 3927. ·») Das Zitat Gal. 6, 10 (vgl. Fichtenau, Arenga 88) fand bereits in St. 3878, 3892

und 3900 Verwendung; „ut et ad serviendum alacriotee fiant" erinnert an „ut... ad serviendum devotius imperio alacrius excitemus" in St. 3896. Im ersten Teil der Aren-ga bestehen zudem Berührungspunkte zu St. 3918; vgl. Anm. 50.

,0) Parallelen ergeben sich zu St. 3911, aber auch zu dem von Ulrich Β mundier-ten Diplom St. 3939.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 10: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

32 Josef R i e d m a n n

der eingeschobenen Apprecatio ist sein Vorbild unverkennbar, obwohl gerade an dieser Stelle Rainald C zum erstenmal das für ihn charakteristische Epi-theton „gloriosissimo" gebraucht71).

Viel klarer kommt die selbständige Tätigkeit dieses Notars als Verfasser von Diplomen in der Urkunde Friedrichs I. für St. Theobald zu Metz zum Ausdruck, die noch im Original von seiner Hand vorliegt72). Zwar erinnert der Einleitungssatz der Arenga stark an den entsprechenden Formularteil in einer von Rainald G geschriebenen Urkunde aus dem Jahre 1158, doch ist gerade die Zuweisung des Diktats dieses Diploms an den Mundator nicht sicher73); eine Wendung der Arenga kehrt zudem im folgenden Jahr bei Rainald C wieder74). Hingegen entsprechen die Publicatio mit dem Begriffs-paar „presens etas" und „successura posteritas" sowie die Corroboratio mit der Zeugenankündigung dem Kanzleidiktat von 1156—58, nach dem Rainald C während seiner ersten Tätigkeitsperiode Diplome mundiert hatte75). Das Wiederauf treten dieser Stilgewohnheiten im Jahr 1162 beweist einerseits die Tätigkeit dieses Notars als Diktator auf dem zweiten Italienzug, es macht aber auch die Tatsache wahrscheinlich, daß Rainald C 1157, als dasselbe Diktatgut in von ihm geschriebenen Diplomen Verwendung gefunden hatte, an der Stilisierung der Urkunden Anteil genommen hat76). In der kaiser-lichen Verfügung für das Metzer Kloster, dessen Kontext auf mehrere Pri-vaturkunden aufbaut77), erinnert auch die nach dem Vorbild von Rainald G gestaltete feierliche Datierung an die Gewohnheiten der Reichskanzlei des Jahres 1162.

Die Arenga des von Rainald C mundierten Diploms für das Kloster Alt-zelle78) kehrt mit nur wenig verändertem Wortlaut in Originalen von der Hand der Notare Ulrich Β und Rainald G wieder79); sie läßt also in bezug auf ihren Verfasser keinen sicheren Schluß zu. Sowohl in der Publicatio wie in der Narratio bestehen zudem größte Gemeinsamkeiten mit dem zeitlich naheliegenden, ebenfalls von Rainald C geschriebenen Diplom für Cremona80), so daß man beide Urkunden einer Diktatgruppe zuschreiben kann, die zum

") Vgl. S. 25. ") St. 3928. ") St. 3928: „Quoniam divirta gratia nos in solio Romani imperii sublimare digna-

la est..." —• St. 3813 (vgl. MIÖG 75, 360): „Quoniam divina dementia Romani titulo imperii et corona sublimare nos et insignire digruita est..."

M) Zu „nos in solio Romani imperii" in St. 3928 vgl. in St. 3996 (geschrieben von Rainald C; vgl. S. 48): „Nos autem in summo imperii solio. .."

75) Die Publicatio in St. 3928 entspricht Erben, Privilegium Formel IV. a, die Corroboratio ebenda der Formel IX. 1 a und 2 a.

'«) Siehe MIÖG 75,330 ff. ") Es wurden in geringem Umfang Urkunden Hillins von Trier, des Metzer Bi-

schofs Stephan und des Grafen Hugo von Metz aus dem Jahr 1161 als Vorlagen benutzt (gedruckt in der Histoire generale de Metz [vgl. MIÖG 75, 376 Anm. 26] 123 ff.).

") St. 3929. '·) Die Einleitung „Apud nostram maiestatem bona fides et sincera devotio sem-

per locum habuit . . ." bieten die Diplome St. 3929 (geschrieben von Rainald C), 3939 (Original von der Hand des Ulrich B), 3942, 3950, 3960Β (Schrift: Rainald G) und 3976 Α (vgl. S. 86). 8°) St. 3931.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 11: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 33

Teil auf Stilgewohnheiten von Rainald G aufbaut. In der Besitzbestätigung für Altzelle geht die Corroboratio mit der Zeugenankündigung — diese For-mularteile lauten nahezu gleich wie in der vorher besprochenen Urkunde für St. Theobald zu Metz81) — mit Gewißheit auf den mundierenden Notar Rainald C zurück, der sowohl im Diplom für Altzelle wie in der Verfügung für die oberitalienische Stadt eine von der überkommenen Struktur der feierlichen staufischen Datierung abweichende Gestaltung der Datumzeile vornahm82). Als Beispiel für die enge Verflechtung mit Diktatgewohnheiten von Rainald G sei noch der Satzbeginn „Inde est, quod ad maioris gratie nostre augmentum statuimus et imperiali edicto firmiter precipimus, u t . . . " im Diplom für Cremona erwähnt, der eine Häufung von Diktatgut des Notars Rainald G darstellt83).

Nach Hausmann84), der sich dabei auf Untersuchungen Fichtenaus85) stützt, stammt das Diktat des in der Karwoche des Jahres 1162 in Pavia ausgestellten Diploms für das Stift Reichersberg86) von Gerhoh, dem be-kannten Propst des Empfängerklosters. „Ein Anteil der Reichskanzlei am Zustandekommen dieser Urkunde ist erst im Eschatokoll feststellbar" 87), und in der Tat deuten die Namensform „Udalricus" in der Rekognition, das nach-gezeichnete Monogramm sowie die Gestaltung der Datierung auf eine Mun-dierung der Urkunde durch Rainald C.

Die schriftliche Fixierung des Vertrags zwischen dem Kaiser und der Seestadt Pisa erfolgte am Ostersonntag 1162 durch die Ausfertigung eines umfangreichen Diploms88), das in zwei klar trennbare Teile zerfällt, von

81) St. 3929; vgl. Anm. 75. 82) Nur in den beiden von Rainald C mundierten Diplomen St. 3929 und 3931

wurde auf die übliche Einleitung der feierlichen staufischen Datierung mit „Acta sunt h e o . . . " verzichtet, so daß die Datumzeile mit „Anno dominice incarnationis.. ." be-ginnt. Ansonsten folgt der gebräuchliche Aufbau dieses Urkundenteiles mit der für Rainald C typischen Stellung der Apprecatio am Ende der Datierung.

83) Vgl. dazu Anm. 20. Als Kriterium für die Diktatkontinuität zwischen Diplo-men von der Hand der Notare Rainald G und Rainald C sei auch auf den Beginn der ArengainSt. 3931 hingewiesen: Die Wendung „Inchnari precibus nostra benignitas. . ." begegnet mit geringen Änderungen auch in mehreren von Rainald G mundierten Urkun-den; vgl. MIÖG 75, 383 Anm. 96 sowie die Diplome St. 3917,3919,3961,3965 und *4010.

84) Friedrich H a u s m a n n , Die Urkunden der Staufer für das Stift Reichersberg, MIÖG 68 (1960) 98 ff.

85) Heinrich F i c h t e n a u , Studien zu Gerhoh von Reichersberg, MÖIG 52 (1938) I ff., bes. 19 ff. ββ) St. 3935. 87) Hausmann a. a. O. 107.

88) St. 3936. — Gänzlich unbegründet sind die Zweifel, die Maria S a c e r d o t t i , II diploma di Federico Barbarossa ai Pisani (Pisa 1924), gegen die Echtheit dieser Ur-kunde vorbrachte. Die Ausfertigung durch einen bekannten Kanzleinotar entzieht auch den anderen Thesen von Sacerdotti die Grundlage: Sie will im ersten Teil der Ver-fügung die Verwendung zweier Deperdita aus der Zeit Lothars I I I . und Konrads I I I . erkennen. Da aber Arenga und Narratio von St. 3936 als Diktatgut der Reichskanzlei Friedrich Barbarossas mit Sicherheit feststehen, sind diese Vermutungen abzulehnen. Stilistische Unebenheiten in den folgenden Teilen der Urkunde, die Sacerdotti aufzeigt, gehen auf die stufenweise Entstehung einzelner Schriftstücke im Zuge von Verhandlun-gen zurück. Zu der Arbeit von Sacerdotti vgl. auch die Rezension von A. F a l c e im Archivio storico italiano, ser. VII., 4 (1925) 122 ff.

3 MIÖG., Bd. 76. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 12: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

34 Josef Riedmann

denen der erste in der Reichskanzlei formuliert wurde, der zweite jedoch auf die Verhandlungen zwischen dem Herrscher und den Beauftragten der Co-mune zurückgeht und somit für die Untersuchung des Diktats ausscheidet. Nur der Rahmen der Urkunde, die ungemein feierliche und prunkvolle Aren-ga, die Publicatio, die wiederum nach Art einer Arenga ausgestalteten Narra-tio sowie das Eschatokoll verdanken primär ihren Wortlaut Mitgliedern der Kanzlei. Einzelne Wendungen dieses Teiles der von Rainald C mundierten Urkunde wurden schon von Rainald G gebraucht89); nahezu wörtlich kehren ganze Sätze der Arenga in späteren Diplomen von der Hand des Rainald C wieder90). Darüber hinaus sind aber auch Parallelen in Konstruktion und Wortwahl zu den kunstvollen Formulierungen der kaiserlichen Gnadener-weise für die burgundischen Hochstifte im Herbst 1157 und der Diplome aus der Zeit der Heiligsprechung Karls des Großen 1164/65 zu beobachten91). Alle diese Diktatmerkmale im ersten Teil des Vertragsinstruments für Pisa treten auch weiterhin in Diplomen des zweiten Italienzuges auf, besonders in solchen, die das Verhältnis zwischen dem Kaiser und den bedeutendsten italienischen Comunen regeln sollten, ohne daß man dafür ein bestimmtes Mitglied der Reichskanzlei namhaft machen könnte92). Ein Einfluß von Rainald G auf die Ausbildung dieses Stils ist, wie schon betont, auf Grund der aufgezeigten Parallelen durchaus wahrscheinlich, doch sprechen das Fehlen originaler Zeugnisse seiner Anwesenheit bei Hofe während dieser Monate und die offensichtliche Weiterentwicklung der Formulierungen gegen ihn als alleinigen Verfasser der Diplome dieser Zeit. Der Aufbau des Eschatokolls der Urkunde für Pisa weist mit Ausnahme der aktuellen Erweiterung der Signumzeile93) und der geradezu mysteriösen zusätzlichen Rekognition durch Rainald von Dassel94) die Gewohnheiten des Schreibers des Diploms, Rainald C, auf95).

Auch die vom Notar Ulrich Β mundierte Verbriefung der Rechte des Gurker Bistums96) ordnet sich in die Gruppe von Diplomen ein, deren Diktat auf den Stilgewohnheiten von Rainald G aufbaut, wie zahlreiche Berührungs-

'*) So sei auf „ . . . nobis et imperio frequentius exhibueixmt, ampliorem dilectionis et gratie favorem . . . " hingewiesen, dem in St. 3849: „ . . . ampliorem gratie et dilectionis favorem . . . " und „ . . . nobis et imperio ... exhibuit..." entspricht; ähnliche Formulie-rungen finden sich auch in St. 3817 a.

In St. 3949 und vor allem in St. 3976. " ) Siehe darüber ausführlicher Cramer-Vial, Heiligsprechung (vgl. MIÖG 75, 324

Anm. 12) 121 ff. und unten S. 71 ff. und 94 ff. *2) Im Diktat besonders eng mit St. 3936 verwandt sind die Verträge mit Genua

(St. 3949) und Ravenna (St. 3956). Zur Frage der Verfasserschaft des Protonotars Hein-rich, die Cramer-Vial a. a. 0 . und im Anschluß daran Folz (vgl. MIÖG 75, 324 Anm. 13) 29 f. als gegeben annehmen, s. S. 94 ff.

M) Der Zusatz „ac triumphatoris" dürfte wohl als Ausdruck des Siegesgefühls nach dem Falle Mailands zu werten sein.

" ) Vgl. dazu Herkenrath, MIÖG 72, 52. " ) Der Aufbau der Datumsangaben entspricht der feierlichen staufischen Datie-

rung mit dem Epitheton „gloriosissimo" und der Apprecatio am Schluß. ··) St. 3939.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 13: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 35

punkte des Wortlautes der Arenga, Publicatio und Narratio sowie die Struk-tur des Eschatokolls beweisen97). Von einem selbständigen Diktateinfluß des Ulrich Β ist — vielleicht mit Ausnahme der ganz ungewöhnlich erweiterten Intitulatio und der Strafformel98) — in den wenigen Kaiserurkunden, deren Niederschrift dieser Notar in den Jahren 1161—63 besorgte99), kaum etwas zu verspüren.

Die Nachzeichnung der verlängerten Schrift der Signumzeile in einer kopialen Überlieferung sichert Rainald C auch als Ingrossator der Besitz-bestätigung für die Abtei zu Civate100), wobei der Wortlaut fast aller Formu-larteile mit anderen Urkunden von der Hand der Notare Rainald G und Rai-nald C in lockerem Zusammenhang steht. Während die Strafformel nahezu wörtlich bei Rainald G vorgebildet ist und später wiederkehrt101), geht die an das Kanzleidiktat der Jahre 1156—58 anknüpfende Corroboratio offen-sichtlich auf Rainald C zurück102). In Zukunft sehr oft Verwendung finden sollte der hier erstmals in der Publicatio auftretende Ausdruck „fideles im-perii per Ytaliam constituti", auf dessen Vorstufen bei Rainald G schon hin-zuweisen war103) und den dieser Notar bis zu seinem Ausscheiden aus der Kanzlei 1166 fast immer benutzte, weshalb auch der Schluß naheliegt, daß das Auftreten dieser Wendung im Diplom für das Kloster zu Civate auf Rai-nald G zurückgeht.

Sehr wahrscheinlich nahm Rainald C auch die Niederschrift der Ur-kunde vor, durch die Friedrich I. dem Kloster San Michele della Chiusa seinen Schutz verlieh104), denn die Formen der Eigennamen in der kopialen Überlieferung sowie das Epitheton „gloriosissimo" in der Datumzeile deuten auf diesen Notar als Mundator der Verfügung hin. In der Arenga ergeben sich weitreichende Parallelen zu gleichzeitigen Urkunden, wobei wiederum

·') Parallelen bestehen in der Arenga zu St. 3929 (vgl. Anm. 79), 3892 Α und 3936, in der Publicatio ebenfalls zu St. 3936 sowie zu St. 3927 und in der Narratio zu St. 3955 und 3963. Die Datumsangaben sind nach Art der feierlichen staufischen Datierung, jedoch ohne Apprecatio, gestaltet.

•8) Die dem Kaisertitel Karls des Großen nachgebildete Intitulatio „ . . . a deo coronatus magnus et pacificus inclitus triumphator..." kehrt im Diplom St. 4111 für Gurk wieder und dürfte auf den in den Kanzleigewohnheiten unerfahrenenNotar zurück-gehen; sie findet aber in sehr ähnlicher Form in Briefen Barbarossas Verwendung, so etwa in St. 3769 an Heinrich II. von England, im Schreiben an Ludwig VII. von Frank-reich (gedruckt von Giesebrecht 6 356 f.) aus dem Jahre 1157 und in der Adresse des Gesandtschaftsberichts Rainalds und Ottos von Wittelsbach (Druck: H. Sudendorf , Registrum oder merkwürdige Urkunden zur deutschen Geschichte 2, 1851, 131 ff.). — In der Sanctio von St. 3939 könnte vielleicht die Wendung „tamquam nostre maiestatis rea" auf Ulrich Β selbst zurückzuführen sein; vgl. St. 3978 (geschrieben von Ulrich B) „tamquam reus maiestatis".

·») Vgl. Anm. 2. 10°) St. 3941. 101) Sie lautet in St. 3904 und 3960 Β sehr ähnlich, die beide von Rainald G mun-

diert wurden. Zu beiden Diplomen bestehen zudem auch in der Publicatio und ebenso in der Dispositio durch die Verwendung päpstlichen Formulargutes weitreichende Parallelen.

102) Sie entspricht wiederum Erben, Privilegium Formel IX. 1 a und 2 a. 103) MIÖG 75,363 Anm. 73. 1M) St. 3942.

3 · Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 14: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

36 Josef R i e d m a n n

die Gewohnheiten von Rainald G als Vorbild für die Formulierungen ziem-lich klar erkennbar sind105), auf welchen Notar im besonderen die Erzählung vom wahren Samariter in der Narratio zurückzuführen sein dürfte106); ihn kann man vielleicht auch für den Gebrauch des anscheinend hier zum ersten-mal in einem Barbarossadiplom verwendeten Senecazitates verantwortlich machen, das kurze Zeit vorher bereits in Briefen und Mandaten des Herr-schers angeklungen war107). Wie in den vorhergehenden Urkunden ist eben-falls auf die Corroboratio zu verweisen, welche dem Kanzleidiktat von 1156 bis 1158 entspricht und die offenbar durch Rainald C eine Wiederbele-bung erfahren hatte108).

Die genaue zeitliche Einordnung des Diploms für die Augustinerchor-herren von Bellefontaine109) scheitert an der Ungunst der Überlieferung. Das von Rainald G geschriebene Original ist nur in verstümmeltem Zustand auf uns gekommen; die linke untere Ecke des Pergaments wurde stark be-schnitten, wodurch alle Datumsangaben fehlen. Daß die Urkunde sehr wahr-scheinlich in Pavia Ende April/Anfang Mai 1162 ausgestellt wurde, erkannte bereits Scheffer-Boichorst, der auch besonders auf die eigentümliche, leider auch nur bruchstückhaft erhaltene doppelte Rekognition hinwies. Eine überzeugende Erklärung dieses sehr seltenen diplomatischen Phänomens ist nicht möglich110). Das Diktat des Diploms schließt sich auf das engste an den Wortlaut der bereits eingehender erwähnten Urkunden für Zisterzienser-klöster im Westen des Reiches an111); der Anteil von Rainald G an der Formulierung des Textes beschränkt sich offenbar auf die Beseitigung der nicht kanzleigemäßen Formularteile der Vorlage und auf die Einfügung des Zusatzes über den kaiserlichen Vorbehalt112).

105) Zum Beginn der Arenga „Apud nostram maiestatem. . . " s. Anm. 79. loe) Siehe die Zusammenstellung MIÖG 75, 366 Anm. 106 und die Benutzung in St.

4003,4023 A, 4035 ,4049 ,4544 usw. 1 0 ') „dementia nostra, que nullum magis quam imperatorem vel principem decet"

(Seneca, De dementia I 3, 3 ; vgl. Fichtenau, Arenga 42). Zum Auftreten dieses Zitates in Briefen Barbarossas vgl. MIÖG 75, 390, bes. Anm. 45.

108) Gleichlautend mit Erben, Privilegium Formel I X . 1 c und 2 c. " · ) Fehlt bei Stumpf (St. 3952 A), gedruckt von Paul S c h e f f e r - B o i c h o r s t ,

Doppelte Rekognitionen in Urkunden für Bellefontaine und Sarzana, Zur Geschichte 165 ff.

n o ) Solange keine kopiale Überlieferung mit dem vollständigen Wortlaut der Re-kognition und Datierung vorliegt, sind keine über Scheffer-Boichorst hinausführenden Aussagen möglich. Die zweite Rekognition ist aber jedenfalls als Nachtrag aufzufassen, denn das Wort „recognovi" weicht offensichtlich dem bereits aufgedrückten Siegel aus und wurde in einer neuen Zeile an der linken unteren Ecke geschrieben, wo es auf Grund der Beschädigung des Originals nicht mehr vorhanden ist.

m ) Siehe MIÖG 75, 349 f. und 352 f. 112) So fehlt in der Intitulatio das Epitheton „invictissimus", der Kaiser spricht

durchwegs im Pluralis maiestaticus, und auf den aus der Papsturkunde übernommenen Satz „Conservantibus autem hec . . . " wurde verzichtet; vgl. auch Scheffer-Boichorst a. a. 0 . 167 Anm. 1. Die seltenere Form der Vorbehaltsklausel „salva nimirum per omnia imperiali iustitia" hat in der etwa gleichzeitigen Urkunde St. 3942 „salva nimirum im-periali dominatione et iustitia" ihre Entsprechung.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 15: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 3 7

Keine Sicherheit ist über den Verfasser und Schreiber der nur kopial erhaltenen Verfügung Barbarossas zugunsten der verschuldeten Kirche von Como118) zu erlangen. Die anachronistischen Angaben in der Rekognition, die Stumpf offenbar dazu veranlaßten, die Urkunde für gefälscht zu halten, finden durch die Überlieferungsgeschichte eine überzeugende Erklärung114), und die Verwendung des bereits genannten Senecazitates11®) würde sehr für eine Einordnung des Diploms in die Reihe der besprochenen Urkunden pas-sen, die zumeist von Rainald C mundiert wurden, doch sind damit die wört-lichen Parallelen zu gleichzeitigen kaiserlichen Verfügungen nahezu er-schöpft, und auch das Epitheton „invictissimo" in der Datierung läßt sich zu dieser Zeit bei diesem Notar nicht nachweisen, so daß unter Umständen an eine entscheidende Einflußnahme des Empfängers auf den Wortlaut des Diploms gedacht werden könnte. Die Frage nach einer eventuellen Ver-fälschung oder Interpolation muß aus den angeführten Gründen offenblei-ben.

Nicht nur nach seinem Zweck und Inhalt ist das Abkommen Fried-richs I. mit Genua116) mit dem zwei Monate vorher abgeschlossenen Vertrag mit Pisa117) sehr nahe verwandt, auch im Aufbau der Urkunde, die ebenfalls nur in ihrer Einkleidung als Diplom, also im Wortlaut der groß ausgestalte-ten Arenga, Publicatio und Narratio direkt der Reichskanzlei entstammt, sind die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Urkunden höchst bemerkens-wert. Wie eine Nachzeichnung der Vereinbarungen mit Genua beweist, wurden beide Diplome auch von Rainald C geschrieben. An der Zugehörig-keit der Urkunde für Genua zu der schon mehrmals erwähnten Diktatgruppe kann auf Grund der zahlreichen Parallelen nicht nur zum Bündnis mit Pisa, sondern auch zu dem im selben Monat ausgefertigten Vertrag mit Raven-na118) und mit anderen Diplomen kein Zweifel bestehen119).

Die Investitur des Markgrafen vonSavona120)in die väterlichen Besitzun-gen durch den Kaiser dürfte auch der zu dieser Zeit nahezu allein in der Reichskanzlei tätige Notar Rainald C beurkundet haben, denn seiner Ge-wohnheit entspricht der Aufbau des Eschatokolls, und auch einige Diktatan-

113) St. 3951, mit dem verbesserten Datum 1162 VI 7 (vgl. Stumpf, Nachträge 547). 114) In einer jüngeren Abschrift, die Stumpf benutzte, wurde das Eschatokoll von

St. 3951 nach dem Vorbild von St. 3668 ergänzt. In der älteren Überlieferung, auf wel-che die genannte Kopie zurückgeht, fehlen Signumzeile, Rekognition durch den Kanz-ler Arnold und das Monogramm aus der Königszeit, weshalb auch die Bedenken gegen die Echtheit gegenstandslos sind.

115) „dementia, que nullum magis quam principem decet"; vgl. Anm. 107. l le) St. 3949. " ' ) St. 3936. l l e) St. 3955. 119) Es genügt wohl, auf den Gleichklang in einem Satz hinzuweisen: St. 3936:

„Quanta enim fidelitate et probitate Pisana civitas α prima sui jundatione caput suum inter alias civitatis extulevit..." —-St. 3949: „Unde quia Ianuensem cmfatem α prima sui jundatione caput suum inter alias civitates maritimas altius extulisse..." und St. 3955: „ . . . ut sicut ipsa cm'tosRavenna inter alias urbes Italic caput suum ... extulit..."

12°) St. 3950. Das nach Stumpf, Nachträge 547 in Mailand liegende Original konnte noch nicht aufgefunden werden.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 16: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

38 Josef Riedmann

klänge zu einem 1164 von dieser Kanzleikraft mundierten Diplom121) deuten neben der Einleitung der Arenga, die bereits mehrmals zu erwähnen war122), auf diesen Notar als Verfasser der Urkunde, obwohl darin die für Rainald C charakteristische Corroboratio fehlt.

Nach fast genau einjähriger Pause ist im Juni 1162 auch der Notar Rainald Η wieder im Dienst Friedrichs I. nachweisbar. Er verfaßte und mundierte die Vereinbarungen zwischen dem Herrscher und Cremona123), dem Haupt der kaisertreuen Comunen in der Lombardei.

Als auch die Stadt Ravenna Ende Juni die Wahl der Konsuln gegen ge-wisse Bedingungen zugestanden erhielt, besorgte wiederum sehr wahrschein-lich Rainald C die Niederschrift der Urkunde124), wie eine Nachzeichnung aus dem Ende des 12. Jahrhunderts nahelegt. Der Wortlaut der kaiserlichen Verfügung beruht in seinem Kontext — wie vor allem die objektive Formu-lierung zeigt — auf dem Ergebnis von Verhandlungen und eignet sich in diesem Formularteil nicht für einen Diktatvergleich125). Die feierlich ausge-staltete Arenga erinnert hingegen stark an die Verträge Friedrichs mit den Seestädten Pisa und Genua aus demselben Jahr, mit denen in der Tat wört-liche Zusammenhänge in großem Umfang bestehen126). Im übrigen sollte derselbe Notar den ersten Teil der Arenga mit dem Senecazitat ein gutes Jahr später nahezu gleichlautend wiederholen127). Man wird jedoch für das Diktat der Urkunde in erster Linie keineswegs den Mundator verantwort-lich machen können, sondern wie bei einer Anzahl schon besprochener Diplome ist der Einfluß von Rainald G unverkennbar, der einzelne Wendun-gen, die sich hier finden, in Hinkunft noch gebrauchen sollte128).

Wäre das Original der kaiserlichen Verfügung zugunsten der Kirche von St. Viktor und Johannes in Bologna129) nicht auf uns gekommen, müßte man die Echtheit dieses Diploms von der Hand des Rainald C wohl stark

m ) Zu „ . . . suo non possunt desiderio fraudari . . . " in St. 3950 vgl. in St. 4006 (Original von der Hand des Rainald C; vgl. S. 50): „ . . . nec permittat... a suo deside-rio fraudari . . . " Auch stimmt der Aufbau der Zeugenreihe in St. 3950 in auffälliger Weise mit der in St. 3949 vorhandenen Gliederving überein.

1M) Vgl. Anm. 79. 123) St. 3952; vgl. Herkenrath, MIÖG 72,61. 1M) St. 3955. 125) Die objektive Fassung setzt unmittelbar nach der Publicatio ein: quod

Ravennates omnes.. . , qui non iuraverunt fidelitatem domno imperatori Friderico..." "·) Vgl. Anm. 119. 127) In St. 3992. Die Wendung „que ab ipso pietatis fonte manavit" geht nach

Fichtenau, Arenga 42 Anm. 62 und ebenda 49 auf Valerius Maximus zurück, doch sind auch die Parallelen zwischen der Einleitung der Arenga von St. 3955: „Dignitas et excellentia Bomani imperii, que ab ipso pietatis fonte manavit.. ." mit dem Satz aus der Süvesterlegende „Bomani imperii dignitas de fonte nascitur pietatis" (Boninus Mombri-tiue, Sanctuarium seu vitae Sanctorum 2, Paris 1910, 510) bemerkenswert; diesen Hin-weis verdanke ich Herrn Professor Appelt. Eine sehr ähnliche Formulierung wurde — worauf mich Dr. Herkenrath aufmerksam machte — bereits unter Konrad III. von Wibald von Stablo im DK. III. 211 ( = St. 3566) gebraucht.

128) Vgl. etwa „ . . . ex cara cariorem deinceps habere cupimus . . . " mit „ . . . et de carocarior habere tur . . . " in St. 3758, oder die Wendung „operurn exibitione", welche auch in St. 3910 und 3965 auftritt. "·) St. 3956.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 17: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 39

in Zweifel ziehen. Die Urkunde stellt nämlich — von ganz geringfügigen Ab-weichungen abgesehen — eine vollkommene Wiederholung eines Diploms Friedrichs für das Kloster S. Maria in Portu aus dem Jahre 1155 dar130). An-scheinend diente diese Verbriefung sieben Jahre später als unmittelbare Vor-lage für die Ausfertigung der Schutzbestätigung zugunsten des Stiftes in Bologna131).

Zu Beginn der zweiten Jahreshälfte von 1162 bestätigte der Kaiser dem Konrad von Prato die Überlassung eines Gutes bei Wien. Die darüber aus-gestellte Urkunde132) wurde vom Notar Rainald G geschrieben und bildet zusammen mit dem bereits besprochenen, jedoch nicht genau da tier baren Diplom für Bellefontaine133) nach längerer Zeit das erste gesicherte Zeugnis für die Tätigkeit dieses Mitglieds der Reichskanzlei. Die Arenga mit der für Rainald G charakteristischen Einleitung134) und dem in gleichzeitigen Urkun-den oftmals verwendeten Senecazitat135) sichert zusammen mit der Publica-tio und der Narratio auch das Diktat der Urkunde zugunsten des deutschen Adeligen für Rainald G13e). Dazu tritt noch als Eigentümlichkeit dieser Kanzleikraft die Wendung,,post destructum Medyolanum"inder Datierung, deren Vorhandensein in der nur kopial überlieferten Schutzbestätigung für die Kirche von Borgo San Donnino137) wohl als sicherer Beweis für die Ausfertigung dieser Urkunde durch den gleichen Notar gelten kann, zumal sich auch in Arenga, Publicatio und Strafformel Diktatparallelen zu Origi-nalen von der Hand des Rainald G ergeben138). Schließlich weist auch ein weiteres im Original erhaltenes Diplom dieser Zeit für das Kloster Brondo-lo139), das dieselbe Kanzleikraft ausfertigte, die erwähnte Formulierung in

ls0) St. 3713. m ) Der Wortlaut von St. 3956 gestattet sogar, den mit größter Wahrscheinlich-

keit verfälscht überlieferten Text von St. 3713 (vgl. Zeillinger, DA 20, 541 f. Anm. 39) zu rekonstruieren. Vor allem die von Zeillinger a. a. O. 548 in St. 3713 vermißte, für den Notar Arnold II . D charakteristische Salva-Formel findet sich in St. 3956 wieder. Sie dürfte in der vorliegenden Überlieferung der Urkunde des Jahres 1155 mit Absicht weggelassen worden sein (Hinweis von Dr. Herkenrath).

132) St. 3957. 1M) St. 3952 A; vgl. S. 36. 184) „Ratio auadet et iustitia ex ig i t . . . " ; s. MIÖG 75, 361 Anm. 61 und 62 sowie

oben Anm. 17. 135) Vgl. Anm. 107. 18e) Die Publicatio lautet in St. 3963 und 3997 (Schrift und Diktat: Rainald G;

s. S. 48 f.) wörtlich gleich. Auf die Parallelen zu St. 3876 wurde schon in MIÖG 75, 377 Anm. 47 hingewiesen. 13') St. 3960.

138) Zur Arenga vgl. Anm. 40; die Publicatio mit der bezeichnenden Wendung „fideles imperii per Italiam constituti" begegnet in St. 3960 Β (Schrift und Diktat von Rainald G; s. oben) und mehreren späteren Diplomen wieder. Die Strafformel weist noch einmal den für Rainald G durch lange Zeit hindurch charakteristischen Wortlaut auf; vgl. MIÖG 75,356. Für den Mittelteil von St. 3960 fehlen Diktatparallelen. Mögli-cherweise gehen die darin enthaltenen Italianismen „pro ficto et in redditu dando de omni grano de grosso et de minu to . . . " auf den Empfänger zurück.

1S») Fehlt bei Stumpf (1162 VII I6 = St. 3960 B); gedruckt von Wilhelm W a t t e n -b a c h , Urkunden und andere Aufzeichnungen, Neues Archiv 11 (1886) 390 f. sowie von Paul K e h r , Kaiser Friedrich I. und Venedig während des Schismas, Quellen und For-schungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 17 (1914—24) 230 ff., bes. 246 f. Nr. 2.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 18: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

40 Josef R iedmann

der Datumzeile auf. Im übrigen findet sich auch in dieser Urkunde von der Arenga bis zur Corroboratio eine große Zahl von Parallelen zu anderen gleich-zeitigen Diplomen sowohl von der Hand des Bainald G, aber auch der Notare Rainald C und Ulrich Β — unter anderem auch durch die Verwendung von päpstlichem Formulargut —, wodurch die Einheitlichkeit des Diktats der Reichskanzlei in dieser Zeit klar zum Ausdruck kommt140).

Schließlich fällt in den Juli 1162 auch die kaiserliche Entscheidung in einem Rechtsstreit, die von dem italienischen Pfalznotar Johannes Calan-dinus beurkundet wurde und somit mit der Reichskanzlei formal und dem Diktat nach in keinem Zusammenhang steht141).

Mitte August dieses Jahres verfaßte und mundierte Rainald G das ein-fache Diplom für das Domkapitel zu Padua142). Auch in dieser Urkunde wer-den Formulierungen verwendet, die schon früher dem Diktatgut des mun-dierenden Notars zugewiesen werden konnten und die in späteren Originalen von seiner Hand wiederkehren werden143).

Die nur kopial überlieferte Beurkundung über die Investitur des Bischofs von Apt mit den Regalien144) stellt formal ein Kompromiß zwischen einem einfachen Diplom und einem Mandat dar. Während die Adresse sowie der dispositive Satz eher der zweiten Urkundenart zuzurechnen sind, entsprechen Publicato, die Narratio über die Belehnung und die Strafformel sowie die Datierung dem Aufbau eines Diploms. Das Diktat des Stückes dürfte auf Rainald G zurückgehen, denn sowohl für die Narratio als auch für andere Formularteile lassen sich in von ihm verfaßten Urkunden weitreichende Be-rührungspunkte aufzeigen145).

Besondere Schwierigkeiten verbinden sich mit dem ebenfalls in Turin ausgestellten Diplom für den Grafen Raimund Berengar II. von der Pro-

140) Zur Arenga vgl. Anm. 79; für die Publicatio und Dispositio s. Anm. 101 und 138. 141) St. 3959. 142) St. 3961. 143) Die Wendung „Inolinari preeibus nostra semper consuevit benignitas . . . "

verwendete Rainald G bereits in St. 3917 und mehreren weiteren Urkunden; vgl. Anm. 83. Im dispositiven Teil des Diploms ist auf die Übernahmen päpstlichen Formular-gutes zu verweisen, wodurch sich Parallelen zu St. 3960 Β und anderen kaiserlichen Ver-fügungen ergeben. 144) St. 3962.

146) St. 3962: St. 3845 a: . . . quod venerabilis episcopus . . . . . . qualiter dilectus et fidelis noster...

noster fidelis et dilectus ad nostr&m curiam venerabilis ... episcopus ... in frequentia in nostra, presentia venit et facta, nobis et principum curie nostre ad nostre maiesta-imperio debita fidelitate cum hominio... tis presentiam venerunt et debitam fideli-

tatem nobis /acientes cum hominio... St. 3967 (Schrift und Diktat: Rainald G;

vgl. S. 43): ...cum plenitudine honoris et gratie universitati vestre cum plenitudine gra-universitati vestre remittimus mandantes tie nostre et honoris sui remittimus man-omnibus vobis et per gratia,m nostr&m... dantes omnibus vobis et sub optentu gratie firmiter precipientes, quatenus de cetero ei nostre firmiter precipientes, quatenus cum sicut episcopo vestro... debitum honorem sicut dominum et episcopum vestrum ... dignarn reverentiam... ei debita servitia ex- suscipiatis dignamqae reverentiam et debita hibeatis... servitia ei de cetero... exhibeie studeatis...

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 19: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 41

vence146), worin zum Teil ein von Rainald C mundiertes Vertragsinstru-ment14') als Vorurkunde benutzt ist. Auf Grund der kopialen Überlieferung läßt sich keine sichere Zuordnung der Niederschrift an eine bestimmte Kanz-leikraft vornehmen, vor allem scheint die Ausfertigung durch Rainald G sehr unwahrscheinlich148), obwohl gerade das Diktatgut dieses Notars an man-chen Stellen der Urkunde klar durchschimmert149). Daneben stellt das Diplom mit seiner langen Arenga, der doppelten Publicatio und der breit ausgebau-ten Narratio ein Musterbeispiel für das Auftreten jenes feierlichen und er-habenen Stiles mit seiner Häufung von rhetorischen Elementen dar, auf den schon mehrmals hinzuweisen war und auf den in einem größeren Zusam-menhang noch einmal zurückzukommen sein wird160).

Vermutlich erfolgte in diesen Tagen auch die kaiserliche Bestätigung der Vereinbarungen, die Rainald von Dassel im Namen des Herrschers mit der Stadt Lucca eingegangen war151). Das Eschatokoll des Diploms besteht in der kopialen Uberlieferung nur aus Signumzeile und Monogramm, während Re-kognition und Datierung fehlen. Doch gerade die Nachzeichnung des Mono-gramms gestattet die sichere Zuweisung der Urkunde an Rainald H, zu-

"») St. 3963. » ') St. 4537a; vgl. S. 83 f. 148) Die Namensform „Fridericus", der Aufbau der Datierung mit dem Epitheton

„gloriosissimo" und das Fehlen der Apprecatio sprechen gegen Rainald G als Schreiber der Urkunde. Der Wortlaut der Rekognition mit der Betonung der Kölner Kirche ( „ . . . sancte Coloniensis ecclesie archiepiscopus") könnte zwar auf eine Ausfertigung des Diploms durch Rainald Η hindeuten — in der kurz darauf von ihm geschriebenen Ur-kunde St. 3963 a lautet die Rekognition: „ . . .sancte Coloniensis ecclesie electus" —, doch finden sich keine weiteren Indizien für seine Beteiligung am Zustandekommen von St. 3963, und die Form des nachgezeichneten Monogramms, das bei Rainald Η nie mit dieser Anordnung der Buchstaben bezeugt ist, schließt diese Kanzleikraft als Mundator des Diploms mit größter Wahrscheinlichkeit aus. Endlich wäre auch eine Ausfertigung von St. 3963 durch den Notar Ulrich Β möglich, aber auch dafür fehlen durchschla-gende Beweise.

"*) So finden sich Parallelen zu der etwas ungewöhnlich formulierten ersten Publi-catio von St. 3963: , , . . .per presentes apices ad notitiam universorum imperii fidelium deduceie et dignum duximus palam omnibus declarare. . ." in den von Rainald G her-rührenden Diplomen St. 3861, 3892, 3892 Α und 4023 Α (vgl. auch S. 82 Anm. 42 und S. 55 Anm. 71); die zweite Publicatio lautet gleich wie in St. 3957, 3965, 3984 und 3997 (mundiert von Rainald G; vgl. S. 48 f.).

1δ0) Vgl. S. 71 f. 161) St. 3958. Die zeitlichen Angaben der Urkunde wurden im Druck: MGH Const.

I. 302 Nr. 214 falsch aufgelöst. Das im Diplom zuletzt genannte Datum (1162 VII 9) bezieht sich nicht auf die Ausstellung der Urkunde, sondern auf den Abschluß der con-cordia zwischen Rainald und den Lucchesen in Borgo San Genesio. Die von Weiland vorgenommene Emendation der beiden vorhergehenden zeitlichen Angaben des Diploms von „Iulii" in „Iunii" ist irrig, wie allein schon die Tatsache beweist, daß Rainald am selben Tag (13. Juni), an dem er nach Weiland die Eidesleistung der Bewohner Luccas entgegennahm, als Zeuge in der Urkunde St. 3952 genannt wird, die in Pavia ausge-stellt wurde. Der zeitliche Ablauf ist bei Stumpf, Reichskanzler 350 richtig dargelsgt, doch ebenda in den Nachträgen bereits mißverstanden. Knippings Regesten der Köl-ner Erzbischöfe Nr. 743/45 halten wiederum an der richtigen Abfolge der Ereignisse fest.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 20: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

42 Josef Riedmann

mal sich auch im Protokoll und in der Arenga Parallelen zu der von diesem Notar herrührenden Beurkundung der Vorrechte der Stadt Cremona er-geben und Rainald von Dassel mit der genauen Aufzählung seiner Titel im Diplom besonders hervorgehoben wird152). Die Wirksamkeit von Rainald Η als Verfasser und Schreiber von Urkunden Friedrich Barbarossas im August 1162 ist außerdem durch die von ihm herrührende, im Original erhaltene Ver-fügung zugunsten der Johanniter153) gesichert.

An der Saone erließ Friedrich I. anfangs September Bestimmungen, um dem königlichen Bann in der Diözese Lüttich wirksame Geltung zu verschaf-fen. Rainald G mundierte das einfache Diplom164), das nahezu einem Mandat gleichkommt und dessen Pönformel an die der Urkunde für Brondolo156) an-klingt. Wie in der Verfügung zugunsten des Bischofs von Grenoble ist auch hier keine Teilung der Straf summe vorgesehen156). Dagegen läßt sich über das Schreiben des Kaisers an den Oberhirten von Cambrai bezüglich der Be-stätigung von Reichsgut für den Abt von Mont St. Martin157) keine sichere Aussage treffen. Die Urkunde beginnt zwar mit einer Grußformel und den einleitenden Sätzen wie ein Brief, sie enthält aber auch dispositive Wendun-gen der Besitzbestätigung, Sanctio und Datierung; einige Parallelen zu gleichzeitigen Diplomen von der Hand des Rainald G reichen nicht aus, um mit einer gewissen Berechtigung diesen Notar als Autor der Verfügung zu vermuten158).

Mit großer Wahrscheinlichkeit verfaßte und schrieb dieselbe Kanzlei-kraft wenige Tage später den nur kopial überlieferten Schutzbrief für Lutry und Savigny169), wie Berührungspunkte zu anderen, von diesem Notar stammenden Urkunden Barbarossas in Arenga, Publicatio und Sanctio nahelegen160), zumal auch die Struktur des Eschatokolls der Gewohnheit von

15a) St. 3958: St. 3952 (Schrift und Diktat von Rainald H; vgl. MIÖG 72, 61):

.. .inter ceteras imperii nostri civi- .. .inter alias Ytalie civitatis in tates hactenus erganos excellenter enituistig, sacratissimi imperii nostri servitio ex-nos invitat ad, futurorum memoriam scrip· cellenter enituistis, placuit nostre sereni-ture ministerio deolarare... tati, confirmationem concordie . . . ad

posterorum notitiam presentis scripture transmittere...

Die in der Nachzeichnung überlieferte Stellung der Buchstaben im Monogramm von St. 3958 (vgl. Egger, Schreiber 46 Nr. 9 a und d) läßt sich ebenfalls nur bei Rainald Η nachweisen.

1M) St. 3963 a; vgl. Herkenrath, MIÖG 72,61. 1M) St. 3963 b. »») St. 3960 B. ls«) Vgl. S. 26. 16') St. 3964. m ) In der Strafformel von St. 3964 ergeben sich zwar Berührungspunkte zu St.

3960 Β und 3967 (Schrift und Diktat von Rainald G; s. S. 43), daneben sind aber auch Wendungen vorhanden, die sich bei dieser Kanzleikraft nicht nachweisen lassen.

l «) St. 3965. leo) Zur Arenga s. Anm. 83; zur Publicatio Anm. 149. Die Pönformel hängt auf

das engste mit St. 3960 Β und 3967 zusammen. Ob die in der kopialen Überlieferung an die Datierung anschließende Zeugenreihe auch im Original an dieser Stelle angefügt worden war, muß offenbleiben.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 21: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 43

Rainald G entspricht, der am selben Tag die kaiserliche Entscheidung in einem Rechtsstreit zugunsten des Bischofs von Genf mundierte161) und gewiß auch verfaßte, soweit der Wortlaut der Urkunde nicht direkt auf den Spruch des Hofgerichts zurückgeht. Das Diplom beginnt wie die Mehrzahl der zu dieser Zeit von Rainald G herrührenden Verfügungen mit einer Adresse, die Formu-lierung der Narratio kehrt ebenfalls in gleichzeitigen Urkunden einige Male wieder und dürfte dem Mundator des Diploms zuzuweisen sein, der auch die im Anschluß an die Niederschrift des Spruches des Hofgerichtes erlassenen dispositiven Bestimmungen und die Strafformel verfaßte162).

Von der in diesen zeitlichen Zusammenhang gehörigen Bestätigung einer Schenkung Konrads III . an das Kloster Steinfeld163) ist leider nur ein Regest erhalten, das keine näheren Aussagen ermöglicht. Dagegen dürfte, wie die Parallelen zu der eben besprochenen Urkunde für den Genfer Bischof und der Aufbau der Datierung beweisen, die Ausfertigung der vom Kaiser festgelegten Rechte und Pflichten des Vogtes von Baume-les-Dames164) durch Rainald G erfolgt sein165). Für längere Zeit zum letztenmal ist die Wirksamkeit dieses Notars in der Struktur der Datumzeile des Diploms für Hugshofen166) zu verspüren, das jedoch in seinem Kontext gewiß nicht auf Rainald G zurückgeht, sondern einem Fälscher seine Entstehung verdankt167). Eine echte Vorlage ist aber außer für die Datierung auch für die Arenga, Publicatio und Corroboratio anzunehmen, die nahezu wörtlich im Codex Udalrici enthalten sind168). Diese Beobachtung fügt sich ausgezeichnet in den Zusammenhang, denn nach fast fünfjähriger Unterbrechung finden, wie im weiteren dargelegt werden soll, in mehreren während des Aufenthalts des Kaisers in Deutschland im Jahre 1163 ausgestellten Urkunden Barba-rossas Vorlagen aus der Sammlung des Bamberger Domkustos Udalrich Ver-wendung.

Die Bestätigung eines Gütertausches zwischen dem Kloster Pforta und dem Markgrafen von Meißen169) könnte vielleicht vom Notar Ulrich Β mun-diert worden sein, wie der Wortlaut der Rekognition und der Aufbau der Datierung nahelegen170). Die Diktatparallelen zu von dieser Kanzleikraft geschriebenen Diplomen sind allerdings nicht sehr weitreichend, so daß eine sichere Entscheidung über den Verfasser nicht möglich ist.

le l) St. 3967. "2) Vgl. die in MIÖG 75, 389 Anm. 34 und oben Anm. 145 aufgezeigten Parallelen. "») St. 3969 a. 1M) St. 3970. "6) Die Zuweisung kann sich besonders auf die Berührungspunkte zu St. 3967 in

der Narratio und Strafformel stützen. "·) St. »3971. M7) Zu diesem Diplom vgl. die eingehendere Darstellung von Hans Hirsch, Ur-

kundenfälschungen der Klöster Hugshofen und Murbach, MIÖG Erg.-Bd. 11 (1929) 179 ff., bes. 184 ff.

1M) Siehe Hirsch a. a. O. 186 mit weiteren Angaben. "·) St. 3972. 17°) Sie entsprechen St. 3978 (geschrieben von Ulrich Β; s. S. 45).

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 22: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

44 Josef R i e d m a n n

Mit der im Februar 1163 in Würzburg ausgestellten Schutzbestätigung für das Kloster Speinshart171) beginnt eine Reihe im Original erhaltener Diplome, die zumeist von Rainald C geschrieben wurden. Das Diktat der Stücke setzt sich aus Elementen zusammen, die der Notar während des Ita-lienzuges 1162 von Rainald G übernommen hatte, und solchen, die schon in seiner ersten Tätigkeitsperiode 1157 in der Reichskanzlei zu finden waren. Mit dem Zurücktreten von Rainald G in den Monaten des Aufenthalts des Kaisers in Deutschland (bis in den Herbst 1163) werden auch die Diktateigen-heiten dieser Kanzleikraft in den Urkunden immer seltener, und mehr und mehr drängt sich dafür wie 1157 Formulargut aus dem Codex Udalrici in den Vordergrund. Im von Rainald C mundierten Diplom für Speinshart entspricht der Wortlaut der Publicatio der Gewohnheit von Rainald G172), doch die unter Verwendung eines Bibelzitates abgefaßte Narratio ist bei Rainald C nahezu wörtlich gleichlautend bereits sechs Jahre früher anzu-treffen173), und auch die Corroboratio zeigt den Wortlaut der ersten Tätig-keitsperiode dieses Notars174), während Ähnlichkeiten in der Dispositio mit Diktatgewohnheiten von Rainald G auf die Einwirkung von päpstlichem Formulargut als gemeinsames Vorbild zurückgehen.

Noch deutlicher wird die Wiederbelebung des Kanzleidiktats der Jahre 1156—58 durch Rainald C in der Ende Februar 1163 in Würzburg für das Thomasstift in Straßburg175) ausgestellten Urkunde spürbar. Erstmals seit 1158 wird für die Arenga eines unzweifelhaft echten Diploms wiederum eine Vorlage aus dem Codex Udalrici ausgeschrieben176) und ebenso weist die Publicatio einen in dieser Sammlung vorhandenen, 1156—58 sehr häufig

171) St. 3973. 172) Sie ist nahezu völlig identisch mit dem Wortlaut der Publicatio in St. 3957,

3963 und 3965. 175) In St. 3763; vgl. MIÖG 75, 332 Anm. 39. 174) Erben, Privilegium Formel IX. 1 a und 2 a; s. ebenda 28. m ) St. 3975. — Ein bemerkenswertes diplomatisches Problem verbindet sich mit

der Urkunde St. 3974 (kein Diplom Friedrichs I., sondern die Bestätigung einer Schen-kung durch Eberhard II . von Bamberg; nach Föhl, MÖIG 50, 81 geschrieben vom Bamberger Archipresbyter Gotebold). Im Druck der Urkunde, (Placidus Sprenger) , Diplomatische Geschichte der Benedictiner Abtey Banz in Franken von 1050 bis 1251 (1803) 332 ff. folgen nach der Datierung die Angaben: „Subjunctum est Monogramma, et adscriptum: Signum Domini Fiderici (!) Romanor. Imperat. invict." Die Unterferti-gung einer Privaturkunde durch das kaiserliche Monogramm und die Signumzeile als Zeichen der Zustimmung zur Rechtshandlung (die Übertragung einiger Personen an Bamberg geschieht „consensu et auctoritate domni Friderici Romanorum imperatoris invictissimi") verdient festgehalten zu werden. Das im Hauptstaatsarchiv München (Allg. StA., Bamberg HU 294) aufbewahrte Original der Urkunde weist jedoch den im Druck von 1803 angegebenen Zusatz nicht auf (vgl. jetzt auch Nürnberger Urkun-denbuch 47 f. Nr. 70), so daß offen bleiben muß, ob Sprenger, der das Stück „aus dem Archiv zu Bamberg" veröffentlichte, nicht möglicherweise eine andere Ausfertigung benutzte, da auch die Namensformen seiner Edition nicht mit denen im bekannten Original übereinstimmen. Laut freundlicher Mitteilung des Staatsarchivs Bamberg existiert im dortigen Archiv keine derartige Überlieferung.

176) Eccard (s. MIÖG 75, 334 Anm. 51) Nr. 77 = Hausmann Formel 10 (MIÖG 58, 75).

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 23: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 45

benutzten Wortlaut auf177). Schließlich verdient auch der schon betonte Ge-brauch von Wendungen aus päpstlichen Privilegien Beachtung — er ist ebenso kennzeichnend für den Kanzleistil von 1156—58 wie für Rainald G. Die Strafformel zeigt gegenüber der früheren Gewohnheit kleinere Abweichun-gen, die in der Folgezeit einige Male wiederkehren und die in ihrer Formulie-rung auf Rainald C selbst zurückgehen dürften178), während die Corroboratio mit der Zeugenankündigung wiederum völlig dem Kanzleidiktat der ersten Tätigkeitsperiode von Rainald C entspricht179). Im Aufbau der Datumzeile bleibt hingegen das Vorbild von Rainald G weiter wirksam: Die feierliche staufische Datierung wird in den Diplomen von der Hand des Rainald C durchwegs beibehalten.

Derselbe Notar schrieb auch die Urkunde, durch die Friedrich I. die Markgrafen von Romagnano180) seinen Schutz bestätigen ließ. Die ausge-dehnte Arenga wurde dabei der von derselben Kanzleikraft mundierten Urkunde für Pisa aus dem Vorjahr entnommen181), die Publicatio und Corroboratio entsprechen der Gewohnheit der Jahre 1156—58182) und in der Dispositio ergeben sich Parallelen zu gleichzeitigen Diplomen von der Hand desselben Mitglieds der Reichskanzlei183).

Das Diktat des Diploms über die Zollfreiheit der Bamberger und Am-berger Kaufleute184) konnte bereits Föhl dem Bamberger Oberhirten Eber-hard II. zuweisen185); für eine Beteiligung der Kanzlei an der Ausstellung der Urkunde fehlen überzeugende Anhaltspunkte. Ähnliches gilt auch für das zugunsten des Goslarer Stifts S. Simon und Judas ausgestellte, vom Notar Ulrich Β mundierte Diplom186), dessen Wortlaut kaum einen Einfluß von Rainald C verrät, obwohl von seiner Hand das vorausgefertigte Mono-gramm in der Urkunde stammt.

Hingegen kommen die Diktatgewohnheiten von Rainald C in der Be-stätigung des kaiserlichen Schutzes für das Kloster Rupertsberg bei Bingen187), deren Ausfertigung dieser Kanzleikraft anvertraut war, wieder voll zur Gel-tung. Für die Arenga benutzte der Notar eine nur wenig abgewandelte Vor-lage aus dem Codex Udalrici188) ;dort findet sich auch der Wortlaut derPubli-

177) Erben, Privilegium Formel IV. a; s. ebenda 28. 1,s) Dabei ist besonders aufmerksam zu machen auf die Wendung „pena multetur"

die in St. 3976 (Schrift und Diktat: Rainald C; vgl. oben) wiederkehrt, und auf „reli-quam partem predicte ecclesie inferendam", worauf bereits in St. 3928 hinzuweisen war. Dieselbe Phrase ist ebenso in St. 3982 und 3984 wieder anzutreffen.

17β) Erben, Privilegium Formel IX. 1 c und 2 a; s. ebenda 28. 18°) St. 3976. 181) St. 3936. 18a) Erben, Privilegium Formel IV. a, IX. 1 c und 2 a; s. ebenda 28. 183) So findet sich „recolentes et perhenni memorie commendantes" auch in St. 3979

(Schrift und Diktat: Rainald C, vgl. oben). 1M) St. 3977. 185) Walther F ö h l , Bischof Eberhard II. von Bamberg, ein Staatsmann Fried-

richs I., als Verfasser von Briefen und Urkunden, MÖIG 50 (1936) 73 ff., bes. 102 f. 186) St. 3978; auf Rainald C könnte darin vielleicht die Formulierung „pena . . .

multetur" in der Strafformel zurückgehen; vgl. Anm. 178. 187) St. 3979. 18S) Eccard Nr. 88 = Hausmann Formel 1 (MIÖG 58, 72).

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 24: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

46 Josef Riedmann

catio, und ebenso knüpft die Corroboratio an das Kanzleidiktat von 1156—58 an189). In den dispositiven Sätzen ergeben sich vor allem durch den ausgiebi-gen Gebrauch päpstlichen Formulargutes nicht wenige Parallelen zu gleich-zeitigen, vom selben Mitglied der Reichskanzlei herrührenden Verfügungen Barbarossas, so auch zu der nur kopial überlieferten Urkunde für Maurs-münster190), die den Wortlaut der Publicatio und Corroboratio mit dem Diplom für Rupertsberg gemeinsam hat und in der ebenfalls eine Vorlage aus dem Codex Udalrici191) — dieselbe, die in der im Februar des gleichen Jahres abgefaßten Schutzbestätigung für St. Thomas in Straßburg Verwen-dung gefunden hatte — für die Gestaltung der Arenga herangezogen wurde. Die Zuweisung an Rainald C dürfte damit gesichert sein.

Zwar widersprechen die äußeren Merkmale der vermutlich von einem Empfängerschreiber in einfacher Buchschrift mundierten Urkunde für St. Georgen im Schwarzwald192) ganz entschieden den Gewohnheiten der Kanz-lei Barbarossas, im Diktat des Diploms ist jedoch ein Einfluß von Rainald G unverkennbar. Der Beginn der Arenga, einzelne Wendungen in der Disposi-tio und die Strafformel193) sowie auch das Epitheton,,victoriosissimo"in der Datierung weisen auf diesen Notar hin, für dessen Tätigkeit allerdings — wie bereits betont — während des Aufenthalts des Kaisers in Deutschland im Jahre 1163 kein weiteres Zeugnis vorliegt.

Innerhalb weniger Monate erwirkte sich das Stift S. Simon und Judas in Goslar zur Sicherung seines Besitzes ein zweites Diplom Friedrich Barba-rossas194). Das Diktat der Urkunde, deren Urschrift verloren ist, klingt in der Arenga an den Nachsatz der wohl von Rainald G in die Kaiserurkunde eingeführten, aber dann auch in Originalen von der Hand des Rainald C ausgeschriebenen, vielgebrauchten Erzählung vom wahren Samariter an196). Ebenso läßt sich die Publicatio bei beiden Notaren, Rainald G und Rainald

1M) Erben, Privilegium Formel IV. a, IX. 1 c und 2 a; s. ebenda 28. St. 3982. — Die Urkunde St. 3980 für Tegernsee wurde vom Notar Ulrioh Β

vermutlich erst nach 1168 VT 28 mundiert und gehört also nicht in den zu behandeln-den Zeitraum. Vgl. Peter Acht , Die Tegernsee-Ebersberger Vogteifälschungen, Archi-valische Zeitschrift 47 (1951) 135 ff., bes. 136 f.; Peter Acht , Die Traditionen des Klosters Tegernsee (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte Ν. F. 9/1, 1952) 236 ff. Nr. 315; Egger, Schreiber 108 f.: „Das Diplom wurde wohl im Juni 1168 ausgestellt, als der Kaiser auf der Rückkehr von Italien über Augsburg nach Würzburg

[ l

zog. l n ) Eccard Nr. 77 = Hausmann Formel 10 (MIÖG 58, 75). Die Zuweisung dieser

Urkunde an den Notar Rainald C wurde schon von Hausmann a. a. O. 96 vorgenom-men.

m ) St. 3983. Vgl. Egger, Schreiber 237: „Einzigartig unter allen Diplomen Fried-richs I. ist schon die Anordnung der Schrift: da der Platz nicht ausreichte, wurde der Text auf der Rückseite des Pergaments fortgesetzt."

"·) Zur Arenga „Ratio suadet et iustitia exigit, u t . . . " vgl. Anm. 17; die Sanctio weist große Ähnlichkeit mit St. 3960 Β auf. Erwähnt sei auch die der kaiserlichen Vor-behaltsklausel nachgebildete Wendung „salva omni integritate iuris cenobii sancti Georgii".

m ) St. 3984. 1M) Vgl. MIÖG 75,366 und oben Anm. 106.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 25: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 47

C, nachweisen196), während die Strafformel und Corroboratio mit der Zeu-genankündigung fast vollkommen mit den entsprechenden Formularteilen der Verfügung zugunsten von Maursmünster, das offenbar von Rainald C verfaßt worden war, übereinstimmen197). Nur das ungewöhnliche Epitheton „invictissimo" in der Datierung steht dem Schluß etwas entgegen, daß dieser Notar auch die Reinschrift des Stückes besorgt habe.

Als letzte Urkunde vor dem abermaligen Aufbruch des Herrschers über die Alpen ist uns eine Abschrift der Entscheidungen des Kaisers bezüglich der Vogtei des Klosters Münsterdreisen198) überliefert. Die einzelnen kon-kreten Bestimmungen sind zwar für den Diktatvergleich unergiebig, der Wortlaut der Publicatio und besonders der Corroboratio199) macht zusam-men mit dem Aufbau des Eschatokolls Rainald C als Schreiber und zum Teil auch als Verfasser des Diploms sehr wahrscheinlich.

Die Diplome aus der Zeit des dritten Aufenthalts Barbarossas in Italien (1163/64).

Nur mit geringen Streitkräften unternahm Friedrich I. im Herbst 1163 seinen dritten Zug über die Alpen, obwohl im folgenden Jahr, gestützt auf die Seestädte Pisa und Genua, das geplante Unternehmen gegen Sizilien durchgeführt werden sollte. Ende Oktober traf der Kaiser in Lodi mit dem Erzkanzler für Italien, Rainald von Dassel, zusammen, der 1162/63 in der Lombardei und in Tuszien zur Wahrung der Reichsinteressen tätig gewesen war.

In Lodi wurde auch eine Reihe von Diplomenf ür verschiedene Empfänger ausgestellt, die die Anordnungen Rainalds als kaiserlichen Legaten bestäti-gen sollten, und die — mit einer einzigen Ausnahme — auch alle vom Notar Rainald Η verfaßt und mundiert wurden1). Allein die Schutzbestätigung für das Domkapitel von Arezzo2) stammt von der Hand des Rainald C, wo-

"·) In St. 3931, 3942, 3950, 3957, 3963, 3965, 3973, 3983 und 3997 wurde eine nahezu gleichlautende Publicatio gebraucht.

"') Die Strafformel ist fast völlig mit dem entsprechenden Urkundenteil von St. 3982 identisch, die Corroboratio nach dem Vorbild von Erben, Privilegium Formel IX. 1 c und 2 a aufgebaut, das auch in St. 3975, 3976, 3979, 3982 und 3985 benutzt wurde; s. Erben a. a. 0 .28.

1M) St. 3985. 19e) Die viel verwendete Publicatio ist wie in St. 3927 durch „indubitanter" erwei-

tert. Zur Corroboratio vgl. Anm. 197. >) Vgl. Herkenrath, MIÖG 72, 49 Anm. 89 und 61. — Es handelt sich um die Ur-

kunden St. 3987, 3987 a, 3988, 3988 a, 3989, 3990, 3991, 3993 und 3994. Auch der von Herkenrath in seiner Dissertation 250 und Haverkamp, Zeitschrift für bayerische Lan-desgeschichte 29, 35 (vgl. auch Knipping Reg. Nr. 762) auf Grund der Nachurkunde St. 5046 erschlossene Vertrag zwischen Rainald und Cittä di Castello dürfte damals durch ein Diplom seine Bestätigung erfahren haben. In der Urkunde Heinrichs VI. lassen sich noch einige Diktatparallelen zu Diplomen nachweisen, die 1162/63 von Rainald Η mun-diert wurden. — Über den Verfasser der wahrscheinlich ebenfalls zu dieser Zeit in Pavia ausgestellten Verfügung zugunsten von S. Donato de Pulpiano (St. 3995) ist keine Aus-sage möglich, da von der Urkunde nur eine Inhaltsangabe erhalten blieb.

ä) St. 3992.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 26: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

48 Josef R i e d m a n n

bei man die ausgedehnte Arenga völlig nach dem Vorbild des Diploms für Ravenna aus dem Jahre 1162 formulierte3), die Publicatio einen besonders von Rainald G oft verwendeten Wortlaut aufweist4) und die Corroboratio in einer schon im Jahr 1157 in Urkunden von der Hand des Rainald C ge-brauchten Form gebildet wurde5). Der Aufbau der Narratio und Dispositio zeigt zudem einige Ähnlichkeiten mit zwei anderen, 1162 vom selben Kanz-leinotar geschriebenen Kaiserurkunden6).

Rainald C besorgte wenig später auch die Niederschrift der Verfügung des Herrschers zugunsten des Klosters del Salvatore e S. Giulia in Brescia7) und nahm sich dabei für die Gestaltung der Arenga zum Teil eine nicht ge-rade seltene Papsturkunde zum Vorbild8). Auf eine Diktatparallele zu einem anderen Diplom von der Hand dieser Kanzleikraft wurde bereits hingewie-sen9), wie auch die Corroboratio der Gewohnheit des Rainald C völlig ent-spricht10), während die Publicatio einen zu dieser Zeit sonst nicht gebräuch-lichen Wortlaut aufweist1 1).

A m selben Tag begegnet auf dem dritten Italienzug auch der Notar Rainald G zum erstenmal im Dienste Barbarossas, als dieses Mitglied der Reichskanzlei die Urkunde über die Erwerbimg eines Dorfes von den Bam-berger Kanonikern durch den Kaiser12) mundierte und zum überwiegenden

3) Zu der nach dem Vorbild von St. 3955 gestalteten Arenga vgl. Fichtenau, Aren-ga 42 Nr. 38 und oben S. 38 Anm. 127.

4) „Eapropter cognoscant universi fideles imperü per Ytaliam constituti presentes et f u t u r i . . . " ; vgl. S. 35. Derselbe Wortlaut der Publicatio kehrt in St. 3998, 4000, 4003, 4003 A, 4006, 4030, 4031, 4032, 4034 und mit geringer Veränderung in St. 4007 wieder.

5) Sie entspricht Erben, Privilegium Formel IX. 1 c und 2 a. e) Ähnlichkeiten im Aufbau bestehen zu St. 3929 und 3931. ') St. 3996. 8) Vgl. zu dieser Arenga Hausmann, MIÖG 58, 81 Formel 27; Zeillinger, DA 22,

531 und unten S. 55 Anm. 71. 9) Siehe S. 32 Anm. 74.

10) Sie gleicht im Nachsatz Erben, Privilegium Formel IX. 2 a. u ) Diese Form der Publicatio und auch die Verwendung der oben genannten

päpstlichen Arenga sind als Diktateigenheiten des Notars Arnold II . C anzusprechen, der zu Beginn der Regierung Barbarossas im Dienste des Kaisers als Urkundenschrei-ber tätig gewesen war; vgl. Zeillinger, DA 22, 526 ff., 528 und bes. 531 f. Allerdings unterscheiden sich die von ihm diktierten Diplome St. 3637, 3643 und 3762, in denen dasselbe päpstliche Initium als Vorlage diente, doch etwas von St. 3996 in der Gestal-tung der Arenga. So fehlt in St. 3996 die Wendung „congrua protectione", die nach Helleiner, MÖIG 44,49 „für unseren Diktator ( = Arnold II . C) gerade charakteristisch ist". Da auch keine weiteren Indizien für eine Autorschaft des genannten Notars in anderen, zeitlich benachbarten Urkunden vorhanden sind, wird man ein Wiederauf-treten von Arnold II . C im Jahre 1163 wohl nicht folgern dürfen. Auch für die Annah-me eines von diesem Kanzleinotar herrührenden Deperditums, das als Vorurkunde für St. 3996 gedient haben könnte, findet sich keine Stütze. Vgl. dazu die ausführliche Abhandlung von Ferdinand G ü t e r b o c k , Piacenzas Beziehungen zu Barbarossa auf Grund des Rechtsstreites um den Besitz des Poüberganges, Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 24 (1932/33) 66 ff. Die von Güterbock a. a. O. 78 f. erschlossene Urkunde für das Kloster S. Giulia ist mit St. 3996 identisch.

") St. 3997.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 27: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 49

Teil gewiß auch verfaßte. Für die Arenga und Publicatio lassen sich in anderen Urkunden von der Hand dieser Kanzleikraft Parallelen aufzeigen13), und ebenso entspricht die bereits mehrmals erwähnte Struktur der Datierung vollkommen seiner Gewohnheit14).

Mit der nur kopial überlieferten Schutz- und Besitzbestätigung für die „milites de sancto Nazario"15) beginnt vermutlich die Tätigkeit eines weite-ren Notars der Reichskanzlei. Das Diktat der Urkunde stimmt zwar nahe-zu völlig mit dem zeitlich benachbarter Diplome von der Hand des Rainald G und des Rainald C überein — vor allem die Arenga, Publicatio sowie die Narratio sind dafür bezeichnend16) —, doch in der Corroboratio ist erst-mals eine Wendung anzutreffen, die sich bei den genannten Mitgliedern der Reichskanzlei nie findet, die vielmehr in der Folgezeit als charakteristisches Diktatmerkmal des Notars Christian Ε gelten muß17), von dessen Hand wir als frühestes Original das zwei Monate später, Ende Januar 1164, ausge-stellte Diplom für Camaldoli18) besitzen. Die Annahme, daß Christian Ε auch die Urkunde für die Sannazzaro geschrieben habe, liegt um so mehr nahe, wenn man bedenkt, daß ein bedeutsamer Diktateinfluß der vor ihm tätigen Mitglieder der Reichskanzlei auf die von dieser Kanzleikraft mun-dierten Verfügungen, wie er auch im Diplom für die italienischen Adeligen auftritt, bereits von Herkenrath19) und Zeillinger20) betont wurde. Diese vor allem am Beginn der Wirksamkeit des Notars besonders starke Abhängig-keit von den überkommenen Vorbildern mag auch dafür verantwortlich sein, daß Christian Ε in der Urkunde für die Sannazzaro noch nicht die für

13) Die Arenga kehrt mit nur geringfügigen Veränderungen in dem von Rainald G herrührenden Diplom St. 4017 a ( = 4023 Α) wieder; vgl. S. 55. Die Publicatio ent-spricht dem in Anm. 4 zitierten Wortlaut, jedoch ohne die Wendung „per Ytaliam con-stituti", da die Urkunde ja nicht für einen italienischen Empfänger bestimmt war. Im Kontext ergeben sich nur spärliche Parallelen zu anderen Diplomen; auch Bamberger Diktateinflüsse konnte Föhl, MÖIG 50, 103 f. nicht feststellen.

14) Die Datumzeile ist nach Art der feierlichen staufischen Datierung gegliedert, als Epitheton des Kaisers dient „victoriosissimo", und die Apprecatio steht vor der mit „Dat." eingeleiteten Ortsangabe; vgl. MIÖG 75, 355 und oben S. 25.

") St. 3998. le) Vgl. zur Arenga: St. 3998: St. 4006 (geschrieben von Rainald C;

vgl. S. 50): Iustitia exigit et ratio expostulat, ut Ratio suadet et iustitia exigit, quod

nostra imperialisbenignitasiustisprecibus dementia imperialis fidelium suorum et votis fidelium aures suas benigne: acco- iu-stis precibus aures benign&s accomodet modet, illoTum precipue, quorum... nec permittat, Mos precipue..., quorum... Zur Publicatio vgl. Anm. 4; zu „ . . . pre oculis habentes et magna, eorum servitia in memo-ria retinentes, que ipsi. . .nobis et imperio frequenter exhibuerunt..." s. in St. 4031 (ge-schrieben von Rainald G; vgl. S. 56): „ . . . magnilica, servitia in memoria retinentes et pre oculis habentes, que semper exhibuit fideliter nobis et imperio."

17) „ . . . presentem paginam scribi et sigilii nostri impressione iniunximus premu-niri." Dieser Wortlaut kehrt im Jahre 1164 nur in St. 4007, 4012 b, 4012 Α (vgl. S. 53), 4013, 4021, 4022, 4024,4025,4026 und 4028 wieder, die alle von Christian Ε herrühren; vgl. Herkenrath, MIÖG 73,258.

") St. 4004; vgl. S. 52 und MIÖG 73, 258. ») MIÖG 73,253 und 258. 20) DA 22,495 Anm. 55.

4 MIÖG., Bd. 76. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 28: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

5 0 Josef Riedmann

ihn typische Einleitung der Datierung mit „Actum quoque est"21) anwandte, sondern sich in der Gestaltung der Datumzeile ganz der Gewohnheit von Rainalde anschloß22).

Die Niederschrift des nur kopial überlieferten Diploms für San Zeno in Verona23) besorgte wiederum —- wie aus einer Nachzeichnung der ersten Zeile hervorgeht •— Rainald C. Der Stil dieser kaiserlichen Verfügung zeigt größte Verwandtschaft mit anderen gleichzeitigen Urkunden, die zum Teil vom gleichen Notar, zum Teil von Christian Ε mundiert wurden. Zu die-ser Gruppe von Besitz- und Schutzbestätigungen gehören die nur kopial überlieferten Diplome zugunsten von San Benedetto di Polirone24) und für den Bischof von Comacchio26) sowie die Originale für San Apollinare in Classe26) von der Hand des Rainald C und für San Severo bei Ravenna2 '), mundiert von Christian E. Alle diese Urkunden weisen in der Arenga Wen-dungen auf, die zur Zeit der alleinigen Tätigkeit von Rainald G von dieser Kanzleikraft ausgeschrieben worden waren, die später aber auch in von Rainald C herrührenden Originalen benutzt wurden28). Die Publicatio lautet in allen fünf genannten Urkunden ebenfalls gleich, wobei offensicht-lich wiederum das Vorbild von Rainald G zu verspüren ist29), und eben-so ergeben sich in der Narratio untereinander Berührungspunkte30). In der Dispositio bringt die ausgiebige Verwendung päpstlichen Formelgutes vielfache Parallelen mit sich. Der Versuch, den Anteil der einzelnen, zu dieser Zeit bezeugten Notare, Rainald G, Rainald C und — in weit geringerem Maße —• des Christian E, an der Abfassung der Diplome genauer zu be-stimmen, scheitert allerdings an der angeführten Vermengung aller Diktat-

21) Vgl. darüber schon Scheffer-Boichorst, Neues Archiv 24,168. 22) Rainald C verwendet die feierliche staufische Datierung mit dem kaiserlichen

Epitheton „gloriosissimo"; vgl. S. 25. aa) St. 4000. — Von der Urkunde St. 3999 liegt nur eine kurze Inhaltsangabe vor,

die keine weitere Aussage ermöglicht. Der Empfänger des Diploms, der „vexillifer" Alio, ist im Jahre 1164 in mehreren Urkunden Barbarossas (St. 4024 und 4027) und auch in der Umgebung Rainalds (Ficker, Forschungen 4177 f. Nr. 135) nachweisbar.

") St. 4003. Für die Besitzliste dieses Diploms wurden verschiedene Vorurkunden ausgeschrieben.

26) Fehlt bei Stumpf (116418, Faenza = St. 4003 A), gedruckt von Luigi Bellini, Due diplomi imperiali e la serie vescovile di Comacchio, Rivista di storia della chiesa in Italia 7 (1954) 256 ff.

M) St. 4006. Dieses Stück stellt das letzte im Original erhaltene Diplom Barba-rossas von der Hand des Rainald C dar, welches erhalten blieb.

") St. 4007; vgl. zu diesem Diplom ausführlicher S. 52 und Herkenrath, MIÖG 73,253.

28) Zur Wendung „Iustitia exigit et ratio. . ." in St. 3998 und 4006 (s. Anm. 16), die auch in St. 4003 Α gebraucht wurde, vgl. S. 26 Anm. 17 und die dort angegebenen Hinweise auf frühere Vorkommen. Zur Arenga von St. 4000, die am Beginn mit dem entsprechenden Urkundenteü von St. 4003 identisch ist, vgl. Fichtenau, Arenga 45 Anm. 87, 50 Nr. 63 und 59 Anm. 158. In St. 4003 begegnet auch die von Rainald G so oft verwendete Erzählung vom wahren Samariter; s. S. 36 bes. Anm. 106.

»>) Vgl. Anm. 4. ,0) Die in Anm. 16 gebrachten Parallelen in der Narratio zwischen St. 3998 und

4006 finden sich nahezu wörtlich gleich auch in St. 4000.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 29: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 51

merkmale. Vor allem die Frage der persönlichen Beteiligung von Rainald G an der Konzipierung der Urkunden — ob dieser Notar als Verfasser der von anderen Kanzleikräften besorgten Reinschriften zu gelten hat oder ob sich, auf seinen Diktateigenheiten aufbauend, innerhalb der Kanzlei, die damals aus nicht weniger als vier gleichzeitig tätigen Mitgliedern be-stand31), ein einheitlicher Stil ausgebildet hat — muß offen bleiben. Als Mundator der drei nur kopial überlieferten Diplome für San Zeno, San Benedetto di Polirone und den Bischof von Comacchio kann mit großer Wahrscheinlichkeit Rainald C gelten32).

Zu den schon genannten Mitgliedern der Reichskanzlei, die in den ersten Monaten des dritten Italienzuges im Dienste Barbarossa Urkunden ausfertig-ten, tritt schließlich auch der Notar Ulrich B, welcher im Dezember 1163 einen einfachen Schutzbrief zugunsten der Nonnen der Abtei S. Maria in Monza33) schrieb und wohl auch verfaßte, wie Parallelen zu späteren Diplomen von seiner Hand nahelegen34). Erst aus dem September des folgenden Jahres ist uns ein zweites von der Hand des Ulrich Β stammendes Original einer Verfügung Friedrichs I. erhalten, als der Kaiser dem Markgrafen von Mont-ferrat35) die Übereignung von zwei Burgen bestätigen ließ. Das Diktat dieses Diploms zeigt mit dem vorhin erwähnten für das Kloster in Monza einige Zusammenhänge38); daneben ist aber auch ein Einfluß von Rainald G unver-kennbar37), der sich zu dieser Zeit wohl ebenfalls im Gefolge des Herrschers aufhielt38).

Der Großteil der 1164 in Italien ausgestellten Urkunden Kaiser Fried-rich Barbarossas wurde jedoch nicht von Mitgliedern der Reichskanzlei mundiert, die schon früher im Dienste des Herrschers tätig gewesen waren, sondern der Notar Christian E, auf dessen vermutliche Anfänge als Schreiber von Kaiserurkunden oben schon kurz einzugehen war und dem Herkenrath eine ausführliche Studie widmete, besorgte die Ausfertigung der Mehrzahl der Diplome Barbarossas in den ersten neun Monaten dieses Jahres39).

al) Neben Rainald G, Rainald C und Christian Ε läßt sich zu dieser Zeit auch Ul-rich Β als Schreiber von Kaiserurkunden nachweisen; vgl. oben. Auch Rainald Η mun-dierte im Juni 1164 ein Diplom (St. 4018); s. Herkenrath, MIÖG 72, 62.

32) Für St. 4000 ist dies, wie schon erwähnt, auf Grund einer Nachzeichnung ge-sichert, die beiden anderen Urkunden weisen dieselbe formale Gestaltung des Eschato-kolls auf. sa) St. 4001.

M) Besonders hingewiesen sei auf die Publicatio, die von dem in Anm. 4 genannten Wortlaut abweicht und später in den von Ulrich Β geschriebenen Originalen St. 4040 und 4310 ( = 4040 A; vgl. S. 61) wiederkehrt. Auch der für diesen Kanzleinotar zeit-weise sehr charakteristische Satzschluß „ . . . inquietare audeat vel aliqua exactione presumat molestare" scheint in St. 4027 und ebenso in St. 4040 wieder auf.

35) St. 4027. 3«) Siehe Anm. 34. 37) So schon der Beginn der Arenga „Imperiali congruere videtur honori, ut fide-

lium suorum.. . " ; vgl. MIÖG 75, 361 Anm. 61 und oben S. 26 Anm. 17 sowie die Er-weiterung der Publicatio durch „per Ytaliam constituti"; vgl. S. 35

S8) Zehn Tage nach der Ausstellung von St. 4027 verfaßte Rainald G die Urkunden St. 4030, 4031 und 4032; s. S. 55 f.

*·) Vgl. die Zusammenstellung bei Herkenrath, MIÖG 73, 258 f.

4 « Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 30: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

52 Josef K i e d m a n n

Schon das erste erhaltene Original von seiner Hand, eine Schutzver-leihung an die Klöster der Kongregation von Camaldoli40), zeigt die für die von diesem Notar geschriebenen Urkunden bezeichnenden Eigentümlich-keiten. Der Wortlaut des Diploms stützt sich in weitreichendem Maße auf die Diktion von Rainald G; von ihm stammt der Großteil der Arenga41) und eine bezeichnende Wendung in der Publicatio42). Mit Sicherheit auf Christian Ε zurückzuführen sind jedoch eine weitere Formulierung in der Publicatio43), eine Phrase in der Narratio44) sowie die schon erwähnte charak-teristische Einleitung der Datierung, welche in der Forschung schon früh als Eigenart des Notars erkannt wurde45) und die die Zusammenstellung der zweifellos von ihm herrührenden Diplome bedeutend erleichterte.

Die im Diktat der Urkunden klar erkennbare Zusammenarbeit von Rainald G und Christian Ε findet bei der Entstehung des schon kurz er-wähnten Schutzbriefes für San Severo bei Ravenna46) ihren deutlichen Aus-druck. Wiederum benutzte man für die Einleitung des von Christian Ε mun-dierten Diploms die von Rainald G entwickelte Arenga, die in der Urkunde für Camaldoli Verwendung gefunden hatte. Der Wortlaut der Publicatio läßt ebenfalls Rainald G als Vorbild erkennen47), und im Kontext ergeben sich durch den ausgiebigen Gebrauch von pästlichem Formelgut weitreichen-de Parallelen zu der vorhin behandelten Urkundengruppe, die sehr wahr-scheinlich von Rainald C mundiert worden war48). In der Corroboratio ist zum erstenmal in einem Original der für Christian Ε so charakteristische Wortlaut der Siegelankündigung zu bemerken49). Der persönliche Anteil von Rainald G an der Entstehung des Diploms ist durch die Zeichnung des Mono-gramms in der Urkunde gesichert50). Damit dürfte wenigstens in diesem einen Falle auch die Frage beantwortet sein, ob Rainald G direkt an der Konzipierung der unverkennbar zu einem Großteil von seinem Diktat be-einflußten, jedoch von Christian Ε mundierten Urkunden beteiligt war. Bei der Abfassung des Diploms für das Ravennater Kloster kann man dies wohl mit Sicherheit bejahen, bei späteren Urkunden von der Hand des Christian E, die zweifellos auch auf den Diktateigenheiten von Rainald G aufbauen,

«) St. 4004. 41) In der Arenga fand die von Rainald G entwickelte Formulierung Verwendung,

die erstmals in St. 3830 benutzt worden war und die wenig später abermals ausgeschrie-ben werden sollte. Vgl. MIÖG 75, 364 Anm. 91.

42) „fideles per Ytaliam constituti"; vgl. Anm. 4. 43) „dignum duximus intimandum" begegnet wieder in St. 4011 und in der Vor-

lage von St. *4012, die beide auf Christian Ε zurückgehen; vgl. Herkenrath, MIÖG 73, 258.

") „quod nos ex benignitatis nostre gratia"; besonders die Verbindung „ e x . . . gratia" in der Narratio kann als für Christian Ε bezeichnend gelten; vgl. ihr Auftreten in St. 4004, 4007, 4011, *4012, 4012 A, 4012 a usw.

") Vgl. Scheffer-Boichorst (s. Anm. 21). *·) St. 4007. «) Vgl. Anm. 4. ") St. 3998, 4000,4003, 4003 Α und 4006; vgl. S. 47 ff. «) Siehe Anm. 17. 50) Vgl. auch Herkenrath, MIÖG 73,253.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 31: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrieh Barbarossa 53

ist darüber keine endgültige Entscheidung möglich, da sich die Hand des älteren Notars in Originalen von Mitte Februar bis Anfang Juni 1164 nicht findet5 1). Auch treten eigene Stilmerkmale desMundators in den von Chri-stian Ε geschriebenen Urkunden immer häufiger in Erscheinung52), und von Rainald Gr entwickelte Wendungen werden in charakteristischer Weise ver-ändert53).

Diese Beobachtungen treffen nicht nur für die von Herkenrath in seinem Aufsatz bereits dem Notar Christian Ε zugeordneten Diplomen zu54), sondern gelten auch für einige kaiserliche Verfügungen, die zwar nicht die für den Notar typische Datierung aufweisen, aber doch mit einer gewissen Sicherheit dieser Kanzleikraft zugeschrieben werden können.

So zeigt die zwar nur mangelhaft überlieferte Urkunde Barbarossas für den Veronesen Turisendus55) unverkennbare Diktateigenheiten von Chri-stian Ε in Publicatio, Narratio und Corroboratio56), so daß an der Autor-schaft dieses Notars keinZweifel bestehen kann. Ähnliches gilt für das Schrei-ben an die Stadt Asti57), dessen Eschatokoll in der kopialen Überlieferung

51) Aus der Zeit zwischen der Zeichnung des Monogramms in St. 4007 (1164 II 10) bis zur Niederschrift von St. 4020 (1164 VI 4 = St. 4017A; vgl. S. 55) fehlt eine eigen-händige Beteiligung von Rainald G an einem Originaldiplom Friedrich Barbarossas.

52) Vgl. Anm. 17, 43 und 44 sowie die von Herkenrath, MIÖG 73, 251 ff. gebotene Zusammenstellung von Eigentümlichkeiten des Christian Ε besonders in der formalen Gestaltung von Urkunden.

s3) So etwa die bereits in MIÖG 75, 356 Anm. 24 erwähnte Wendung „in gazo-phylatium dei", die bei Christian Ε an die Stelle des von Rainald G verwendeten „in tabernaculo dei" in der Erzählung vom wahren Samariter tritt. Auch ersetzt Christian Ε in St. 4011, in der echten Vorlage von St. »4012, in 4012 A, 4022, 4025 und 4567 a die vor ihm in der Kanzlei gebräuchliche Bezeichnung „per Ytaliam constituti" in der Publicatio durch „per Ytaliam existentes". '*) MIÖG 73,258 f.

«) Fehlt bei Stumpf (1164 IV 7, Pavia = St. 4012 A), gedruckt von Scheffer-Boichorst, Neues Archiv 200 f. — Die vom Editor vorgeschlagenen Ergänzungen der zahlreichen Lücken sind nicht immer zutreffend und können teilweise auf Grund einer besseren Überlieferung korrigiert werden.

δβ) In der Publicatio findet sich die Wendung „fidelibus per Ytaliam existentibus" (vgl. Anm. 53), in der Narratio „ex habundanti (Lesung nicht völlig gesichert) gratia nostra" (vgl. Anm. 44), und in der Corroboratio kehrt die für Christian Ε charakteristi-sche Siegelankündigung wieder (s. Anm. 17).

") St. 4541. Als Ausstellungszeit dieser Urkunde, die auf Grund der Nennung des Kanzlers Christian mit 1163 XI—1164 X einzureihen ist, kommen auch die Monate April bis Juli des Jahres 1164 nicht in Frage, da der in St. 4541 genannte Zeuge Obertus de Olevano (zu dessen Gunsten kurz vorher St. *4005 ausgefertigt worden sein soll; vgl. S. 85 f.) zu dieser Zeit im Auftrage Barbarossas als Gesandter nach Sardinien gereist war, um den künftigen König Bareso zum Kaiser zu geleiten; s. Annales Ianuenses Oberti cancellarii, ed. LuigiTommaso Be lg rano (Fonti per la storia d'Italia 11, 1890) 159 ff. Die bei Giesebrecht 6 432 vorgenommene Einordnung des Diploms zu August/Septem-ber 1164 besteht also gewiß zu Recht, zumal die drei weiteren in St. 4541 genannten Persönlichkeiten (Kanzler Christian, Gerhard von Leuchtenberg, Marquard vom Grum-bach) auch in Diplomen dieser Zeit angeführt werden (vgl. St. 4024, 4025, 4026 und 4027). — Die bei Giesebrecht a. a. O. erwähnte, ebenfalls tindatierte Urkunde St. 4571 für denselben Empfänger weist in ihrer Kürze keine näheren Anhaltspunkte auf, die eine sichere Bestimmung des Verfassers oder der Ausstellungszeit ermöglichen würden.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 32: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

54 Josef R i e d m a n n

offensichtlich überarbeitet wurde88). Auch für diese Urkunde ergeben sich ausreichende Parallelen zu anderen von Christian Ε herrührenden Diplomen vor allem in Publicatio, Narratio und in der Strafformel59).

Ebenso verrät eine andere undatierte Urkunde, die zugunsten der Abtei Chiaravalle bei Mailand60) ausgestellt wurde, Diktateinflüsse von Christian Ε in der Gestaltung der Arenga, in welcher die Erzählung vom wahren Sama riter Verwendung fand, wobei der ursprüngliche, von Rainald G entwickel-te Wortlaut in bezeichnender Weise umgeformt wurde, und auch die Publi-catioweist die für Christian Ε charakteristische Weiterentwicklung der von-Rainald G geprägten Wendung auf61), während im übrigen Kontext des Diploms für das Zisterzienserkloster das Diktatgut von Christian Ε gegen-über den Formulierungen kurialer Schriftstücke zurücktritt62).

Eine weitere nur kopial erhaltene Urkunde dieser Zeit für eine oberitalie-nische Comune, in deren Wortlaut sich die wachsenden Schwierigkeiten wi-derspiegeln, denen sich Friedrich I. seit dem Erstarken des Veroneser Bun-des gegenübersah, gestattet keine sichere Entscheidung über ihren Verfasser. Die zahlreichen Vergünstigungen, die Barbarossa der Stadt Mantua63) im Mai 1164 einräumen mußte, werden durch eine ausgedehnte Arenga einge-leitet, in der mehrere Wendungen an das Diktat von Rainald G und Rainald C geschriebener Diplome erinnern64), doch ist darüber hinaus keine Aussage möglich. Die auf die Arenga folgenden, formlos aneinandergereihten Sätze über die kaiserlichen Zugeständnisse, die wohl das Ergebnis von Verhand-lungen darstellen, wurden offenbar von der Kanzlei nicht mehr über-arbeitet.

58) Ebenso dürften die Datumsangaben bei der Eintragung in das Kopialbuoh der Stadt Asti unberücksichtigt geblieben sein.

'·) Die Publicatio zeigt enge Verwandtschaft mit dem entsprechenden Urkunden-teil von St. 4028 und 4028 b (Zuweisung an Christian Ε bei Herkenrath, MIÖG 73, 258), in der Narratio ist auf die Wendung „quod nos consueta nostre benevolentie gratia" hinzuweisen (vgl. Anm. 44) und im Vordersatz der Sanctio ergeben sich wieder Paralle-len zu St. 4028 b.

eo) St. 4567 a. Auf diese Urkunde und auf ihren Verfasser Christian Ε machte mich Dr. Herkenrath aufmerksam. Die zeitliche Einordnung des Diploms in das Jahr 1164 ergibt sich aus der Tätigkeit von Christian E.

el) Vgl. Anm. 53. e2) St. 4567 a ist als Abschrift aus dem 13. Jahrhundert überliefert, die als Kon-

zept für die Ausfertigung von Böhmer-Ficker Nr. 1643 diente; vgl. Ficker, Beiträge 1 287. Die Urkunde Friedrichs I. muß allerdings eine Überarbeitung erfahren haben, denn in einem Diplom des Jahres 1164 kann Barbarossa unmöglich die Befreiung von der „consuetudo.. .civitatis Mediolani" ausgesprochen haben, da ja Mailand seit der Zerstörung von 1162 als Stadt nicht mehr existierte (Hinweis von Professor Appelt). Auch andere Wendungen im Kontext, so „ex certa nostra scientia", legen den Ver-dacht nahe, daß der Wortlaut der Urkunde Friedrichs I. für die Vorlage zur Bestätigung durch seinen Enkel interpoliert wurde.

es) St. 4016. Das bei Stumpf, Nachträge 548 mit Hinweis auf Neues Archiv 1 (1876) 128 erwähnte Original im Archiv zu Mantua stellt eine Kopie des 12. Jahrhunderts dar; vgl. Const. I. 312, Einleitung zu Nr. 221.

M) Zur Wendung „multa et preclara servitia in memoria et pre oculis nostris haben-tes, que ipsi bona fide et alacri devotione semper imperio exhibuerunt" vgl. Anm. 16.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 33: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 55

In dem bald nach der Urkunde zugunsten von Mantua erlassenen, eben-falls nur abschriftlich erhaltenen, kurzen Diplom für die Brüder von Arco66) finden sich zwar manche Parallelen zu Diktatgewohnheiten von Ulrich Βββ), doch wegen der Beschränkung des Wortlautes auf den konkreten Rechts-inhalt reichen die Berührungspunkte nicht aus, die genannte Kanzleikraft mit Sicherheit als Verfasser namhaft zu machen. Möglicherweise besorgte Rainald G die Niederschrift des Diploms, denn dieses Mitglied der Reichs-kanzlei ist bald darauf, am 4. Juni, als Verfasser und Mundator der ebenfalls kurz gehaltenen kaiserlichen Entscheidung zugunsten des Bischofs von Par-ma67) nachweisbar. Das Diktat dieser Urkunde erinnert mehrfach an schon früher vom gleichen Notar verwendete Formulierungen68), die auch noch später wiederkehren werden.

Neben Christian E, dessen zahlenmäßig überragender Anteil an der Ausfertigung von Kaiserurkunden dieser Zeit schon hervorgehoben wurde, war offenbar also auch Rainald G am Hofe Barbarossas zugegen. Er nahm gegen Ende des Aufenthalts Friedrichs I. in Italien die Mundierung mehre-rer Diplome vor. So kann Rainald G auf Grund einer Nachzeichnung mit Sicherheit als Schreiber der kaiserlichen Bestätigung eines Gütertausches zwischen den Klöstern Hautmont und Nivelles69) gelten. Das Diplom wurde, soweit nicht seine Formulierung in der Dispositio auf dem Text von Privat-urkunden beruht70), auch von RainaldG verfaßt, wie der Beginn der Arenga, die Erzählung vom wahren Samariter in dem von dieser Kanzleikraft ent-wickelten Wortlaut und die Publicatio beweisen71).

Kurz vor seinem Aufbruch nach dem Norden ließ Barbarossa Anfang Oktober den Gemeinden im Val Camonica seinen Schutz verbriefen und ihre Freiheiten bestätigen72). Die Urkunde beginnt mit einer Arenga, die bei Rainald G schon öfters Verwendung gefunden hatte und innerhalb einer

"5) St. 4017. ,e) So besteht weitgehende Diktatverwandtschaft mit St. 4001 und 4027 in

der Publicatio und in der allerdings häufigen Zeugenankündigung „Huius rei testes sunt:".

e7) St. 4020. Das Original weist die Datierung 1164 VI 4 auf ( = St. 4017 A). e8) Vgl. zur Arenga „Divina iura et humana hoc exigunt et ratio ipsa persuadet, ut

ecclesiis de i . . ." die von Rainald G seit 1158 immer wieder gebrauchte Einleitung „Ratio suadet e t . . . " ; s. MIÖG 75, 361 Anm. 61 sowie oben S. 26 Anm. 17. Weitere Berührungspunkte in der Arenga ergeben sich zu St. 3963 b; die Wendung „zelo pietatis" begegnete bereits in St. 3861.

69) St. 4017 a. Eine Nachzeichnung aus dem Jahre 1773 bietet auch das Stumpf nicht bekannte genaue Datum 1164 VIII 5 ( = St. 4023 A).

70) Vgl. die Urkunde der Äbtissin Oda von Nivelles, gedruckt von E. Eoppens, Auberti Miraei opera diplomatica (Löwen und Brüssel 1723) 2 702.

71) Der erste Teil der Arenga stimmt mit dem entsprechenden Urkundenteil von St. 3997 überein; vgl. Anm. 13. Erwähnenswert ist außerdem die seltenere Form der Publicatio „ad notitiam tarn futurorum quam presentium deducere", die als Eigentüm-lichkeit von Rainald G bereits in MIÖG 75,379 Anm. 62 (vgl. auch oben S. 41 Anm. 149) hervorzuheben war.

") St. 4030.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 34: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

56 Josef R i e d m a n n

Woche noch zweimal nahezu wörtlich ausgeschrieben werden sollte73). Eben-so entsprechen die Publicatio und einzelne Wendungen der Dispositio74) so-wie die Gestaltung des Eschatokolls der Gewohnheit dieses Notars, der damit als Verfasser der Urkunde gelten kann. Von ihm stammen auch zwei am folgenden Tag für Wilhelm von Montferrat ausgestellte Diplome75), wovon die eine — die Beurkundung der Belehnung mit verschiedenen Besitzun-gen76) —• noch im Original vorliegt. Besonders in Publicatio, Narratio und der Dispositio bestehen zwischen den beiden am selben Tag für denselben Empfänger ausgestellten Diplomen überaus weitreichende Diktatberüh-rungen77). Die nur kopial erhaltene Verfügung beginnt zudem mit der schon oben mehrmals erwähnten, für Rainald G typischen Arenga78).

In Disentis erteilte der Kaiser den „domini et capitanei" von Locarno die Erlaubnis, an jedem dritten Tag eines Monats einen Markt abzuhalten. Das darüber ausgestellte einfache Diplom wurde von Rainald G verfaßt und geschrieben79), wobei auf die abermalige Verwendung der eben angeführten Arenga80) und auf den charakteristischen Wortlaut der Publicatio81) hinge-

") Sie kehrt fast wörtlich in St. 4031 und 4032 wieder. Vgl. zu dieser von Rainald G im Jahre 1161 entwickelten und oftmals gebrauchten Arenga MIÖG 75, 400 und unten 60, 70 und 97 Anm. 5.

74) Die Publicatio weist den in Anm. 4 angeführten Wortlaut auf, der in St. 4031, 4032 und 4034 wiederum begegnet. Zu erwähnen ist auch der für Rainald G zu dieser Zeit typische Satzschluß „ . . . inquietare molestare vel in aliquo gravare presumat" (Parallelen dazu finden sich in St. 4031 und 4032), welcher zwar inhaltlich der in Anm. 34 als für den Notar Ulrich Β charakteristisch genannten Ausdrucksweise gleichkommt, aber in der Formulierung doch für beide Kanzleikräfte bezeichnende Unterschiede auf-weist.

76) St. 4031 und 4032. Die zeitliche Einordnung der zweiten Urkunde bei Stumpf wird durch eine kopiale Überlieferung mit dem Datum 1164 VIII 5 gesichert.

">) St. 4031. " ) In beiden Diplomen lauten die Publicatio und Teile der Narratio vollkommen

gleich. Ebenso stimmen die dispositiven Sätze der Besitzbestätigung wörtlich überein. 7e) St. 4032. Zur Arenga vgl. Anm. 73. In der kopialen Überlieferung dürfte ein

Teil der feierlichen staufischen Datierung ausgefallen sein; so fehlt zum Beispiel die Wendung mit dem für Rainald G charakteristischen Epitheton „victoriosissimo" für den Kaiser. — Die von Stumpf in diesen zeitlichen Zusammenhang eingeordnete Ur-kunde für Como St. 4032 a = 4178 b (ausgestellt in Belforte am 25. Oktober — ohne Jahresangabe) dürfte vermutlich in das Jahr 1174 gehören, als Barbarossa von Basel aus (St. 4171) zum vierten Male über die Alpen zog. Die Einordnung zu 1164 scheitert an der einwandfreien Datierung von St. 4034 (1164 X 9, Disentis) und St. 4035 (1164 XI 1, Ulm); hingegen lassen sich von den sechs in St. 4032 a genannten Zeugen vier (Heinrich von Diez, Henricus Guercius, Wido de S. Nazario und der Pavese Paucus-pillus) im Dezember 1174 im Gefolge des Kaisers nachweisen (St. 4172, 4173 und 4173 a; Hinweis von Dr. Herkenrath). Dieses Jahr ist also der von Ficker, Forschungen 3 434 und Stumpf, Nachträge 492 vorgeschlagenen Einordnung zu 1175 vorzuziehen. Ebenso dürfte der von Giustino Renato Ors in i , La giurisdizione spirituale e temporale del vescovo di Como, Archivio storico lombardo 81/82 (1956) 150 vorgenommene zeitliche Ansatz in das Jahr 1167 nicht zutreffen.

" ) St. 4034. — Die von Böhmer, Acta imperii selecta 153 vorgebrachten Bedenk-ken sind damit hinfällig.

80) Vgl. Anm. 73. el) Vgl. Anm. 74.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 35: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 57

wiesen werden soll. Besondere Beachtung verdient in dieser Urkunde die Gestaltung der Datierungsangaben. Der Verzicht auf die sogenannte feier-liche staufische Datierung in einem einfachen Diplom entspricht zwar durch-aus der damaligen Kanzleigewohnheit, doch die hier angewandte fortlaufen-de Zählung der Monatstage (,,VIIIIna die mensis octubris") scheint das zeitlich erste, bisher noch nicht beachtete Beispiel für diese Übung in einem von Kanzleihand geschriebenen, unzweifelhaft echten Diplom eines deut-schen Herrschers darzustellen82). Das Auftreten dieser Art der Tagesbe-zeichnung geht gewiß auf den Einfluß italienischer Datierungsgewohnheiten zurück, die Rainald G während seines ausgedehnten Aufenthalts südlich der Alpen 1158/62 sowie 1163/64 kennengelernt hatte.

In Deutschland 1164—66 ausgestellte Diplome. Die Rückkehr Friedrichs I. aus Italien im Herbst 1164 stellt für die

Reichskanzlei in personeller Hinsicht einen Einschnitt dar. Der Notar Chri-stian E, vermutlich ein Italiener, welcher während des Aufenthalts des Herrschers südlich der Alpen die Hauptlast des Beurkundungsgeschäftes zu tragen gehabt hatte, blieb offenbar in Italien zurück und mundierte dort in der Folgezeit Urkunden des Kanzlers und kaiserlichen Legaten Christian von Buch1). Ebenso ist uns von der Hand des Notars Rainald C, der zu Be-ginn des Italienzuges noch einige Diplome mundiert hatte, nach dem Februar 1164 kein weiteres Original einer Kaiserurkunde erhalten2). Schließlich tri t t in den Jahren 1165—66 auch die Tätigkeit von Rainald Η als Verfasser und Schreiber von Diplomen Barbarossas noch mehr als bisher in den Hinter-grund3).

Von den Mitgliedern der Reichskanzlei, die bereits in den vorhergehenden Jahren die Ausfertigung von Urkunden Friedrichs I. besorgt hatten, sind nur die Notare Rainald G und Ulrich Β 1164—66 in Deutschland weiterhin mit Sicherheit im Dienste des Kaisers nachweisbar. Für Ulrich B, der bis dahin durch fast vier Jahre hindurch nur gelegentlich als Urkundenschreiber herangezogen worden war4), stellt die Rückkehr Barbarossas aus dem Süden anscheinend den Beginn einer kontinuierlichen Wirksamkeit in der Reichs-

82) Die Gesetze DL. III. 105 und St. 3700 (das nach dem Vorbild des ersteren ab-gefaßt wurde), welche beide ebenfalls eine fortlaufende Zählung der Monatstage bieten, können in diesem Zusammenhang auf Grund ihrer Sonderstellung unberücksichtigt bleiben. —• Übereinstimmend sprechen Breßlau, Urkundenlehre 2 399 und Erben, Kai-ser· und Königsurkunde 326 unter Berufung auf Scheffer-Boichorst , Neues Ar-chiv 24 (1899) 160 von einem ersten Auftreten dieser Datierungsgewohnheit in der Reichskanzlei unter Heinrich VI. im Dezember 1191.

!) Vgl. darüber ausführlicher Herkenrath, MIÖG 73, 247 ff., bes. 254 ff. 2) Das letzte Original einer von Rainald C geschriebenen Barbarossaurkunde stellt

St. 4006 (1164 II 9) dar; s. Egger, Schreiber 91 und oben S. 50. Über St. 4038 und das auf Grund der Nachzeichnung ebenfalls dieser Kanzleikraft zuzuweisende Diplom St. 4074 aus dem Jahre 1166 vgl. S. 60 und 75 f.

s) Nach Herkenrath, MIÖG 72, 62 stammt in diesem Zeitraum außer der bereits erwähnten Urkunde St. 4018 nur noch St. 4059 von diesem Notar.

*) Vgl. S. 24 ff. und Egger, Schreiber 103 f.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 36: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

58 Josef Riedmann

kanzlei dar. Die Zahl der vom Notar Rainald G geschriebenen Diplome in diesen Jahren ist zwar nicht allzu hoch, doch in einer nicht unerheblichen Reihe von Kaiserurkunden stammen das Monogramm oder weitere Teile des Eschatokolls von seiner Hand5), womit zugleich ein deutlicher Hinweis auf die besondere Stellung und Bedeutung dieses Notars in der Reichskanz-lei gegeben ist. Als neues Mitglied dieser Institution begegnet außerdem seit dem Herbst 1165 der spätere Protonotar Wortwin, der den Kaiser dann auch im folgenden Jahr auf dem Zuge nach Rom begleiten sollte6).

Im Diktat zahlreicher Urkunden der Jahre 1164—66 spiegelt sich klar der erwähnte dominierende Einfluß von Rainald G in der Reichskanzlei wider. Von ihm häufig benutzte Wendungen, ja ganze Arengen, die von ihm ent-wickelt worden waren, kehren auch in Diplomen wieder, die nicht von seiner Hand stammen. Die Frage nach einer direkten Beteiligung von Rainald G an der Entstehung solcher Urkunden, die sich abermals aufdrängt, wird bei den einzelnen Diplomen zu untersuchen sein. Auf ein weiteres Phänomen wurde von der Forschung bereits des öfteren hingewiesen: Seit dem Früh-jahr 1165 läßt sich einige Male — wie während des Aufenthalts des Kaisers in Deutschland vor dem zweiten und vor dem dritten Italienzug 1156—58 und 1162/63 — die Benutzung von Vorlagen aus dem Codex Udalrici für die Gestaltung von Arengen aufzeigen7). Auch darauf wird bei der Besprechung der einzelnen Urkunden einzugehen sein. Eine ausführlichere Würdigung und Analyse muß schließlich auch für das Diktat der Diplome versucht wer-den, welche in zeitlicher Nachbarschaft mit dem Schriftstück über die Heilig-sprechung Karls des Großen entstanden und die sich durch eine besonders feierliche und gewählte Sprache auszeichnen, aber gerade deshalb keine sicheren Anhaltspunkte zur Bestimmung ihres Verfassers bieten.

In der formalen Gestaltung der Urkunden Friedrichs I. bedeuten die personellen Änderungen in der Kanzlei kein Abgehen von den überkomme-nen Gewohnheiten, die ja zu einem nicht unwesentlichen Teil von Rainald G geprägt worden waren, der auch weiterhin als Mitglied der Reichskanzlei tätig ist. In einigen Diplomen von der Hand des Ulrich Β verzichtete man auf die Rekognitionszeile, doch wird diese Tatsache wohl nicht mit der Ab-wesenheit des Kanzlers Christian vom Kaiserhof zusammenhängen8). Aller-

6) Eine Zusammenstellung der Urkunden, die Rainald G mundierte oder an deren Niederschrift er beteiligt war, bietet Egger, Schreiber 85. Dazu kommen noch die Diplo-me St. 4040, 4040 a, 4041 und 4058, in denen dieser Notar das Monogramm zeichnete.

®) Mit dem Werdegang des späteren Protonotars Wortwin befaßt sich eingehend die Studie von Friedrich Hausmann , Wortwin, Protonotar Kaiser Friedrichs I., Stiftspropst zu Aschaffenburg, in: „1000 Jahre Stift und Stadt Aschaffenburg" Bd. 1 (Aschaffenburger Jahrbuch 4,1957) 323 ff.

') Vgl. darüber Hausmann, MIÖG 58, 96 und unten S. 97 ff. 8) Auf diese Weise erklärt Egger, Schreiber 107 f. das Fehlen der Rekognition in

den Diplomen St. 4040,4040 a und 4041, die im Februar/März 1165 ausgestellt wurden, als Christian in Italien weilte. Da aber Christian in der Folgezeit sehr wohl in zahlreichen Urkunden der Jahre 1165/66 als Rekognoszent aufscheint, obgleich der Kanzler in diesen Jahren nie nach Deutschland kam (vgl. Scheffer-Boichorst, Neues Archiv 24, 164 ff.) entbehrt diese Vermutung der Wahrscheinlichkeit.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 37: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 59

dings sind auch in allen Urkunden, in denen es an der Rekognition mangelt, Signumzeile und Monogramm vorhanden; das Fehlen der Unterfertigung durch den Kanzler entspricht also nicht der Kanzleigewohnheit, in einfachen Diplomen auf die einzelnen Teile des Eschatokolls mit Ausnahme einer kurzen Datierung zu verzichten9). Im übrigen variiert der Wortlaut der Re-kognition in den einzelnen Urkunden sehr stark, so daß sich darauf kaum Schlüsse über den Mundator eines Diploms aufbauen lassen10).

Die Datumsangaben weisen in den feierlichen Urkunden mit wenigen bezeichnenden Ausnahmen den Aufbau der feierlichen staufischen Datierung auf. Als kaiserliches Epitheton verwendet Rainald G ausschließlich „victorio-sissimo", Ulrich Β „gloriosissimo", während Wortwin anfänglich zwischen diesen beiden Adjektiven wechselt, dann aber doch öfter „gloriosissimo" gebraucht. Die Apprecatio „feliciter, amen" stellen Rainald G und — offen-bar nach dessen Vorbild — auch Ulrich Β vor die mit „Dat." eingeleitete Orts- und Tagesangabe. Wortwin folgt nur teilweise dieser Gewohnheit; er benutzt daneben besonders zu Beginn seiner Tätigkeit auch die Form „Ac-tum in Christo feliciter, amen" und reiht diese Apprecatio an das Ende der Datumzeile, wie dies auch bei drei nur kopial überlieferten Diplomen der Fall ist, die im September 1165 in Worms ausgestellt wurden11).

Die Niederschrift der Urkunde, durch welche Friedrich Barbarossa am 1. November 1164 in Ulm dem Kloster Weissenau seine Besitzungen be-stätigen ließ12), besorgte der Notar der Reichskanzlei Ulrich B, wobei ihm offenkundig Diktatgewohnheiten von Rainald G als Vorbild für die Gestal-tung der Arenga dienten. Sowohl der Wortlaut der Einleitung dieses Di-plomteiles wie auch die Erzählung vom wahren Samariter lassen sich erst-mals bei Rainald G nachweisen13). Ebenso entsprechen die Publicatio und einzelne Wendungen in der Dispositio dem Diktatgut dieses Notars14), dessen

») Vgl. MIÖG 75,372. 10) Nur Rainald G behält durchgehend die Bezeichnung Christians als „sacri

palacii (imperialis) cancellarius (archicancellarius)" bei; s. MIÖG 75, 366 Anm. 102. Daneben treten bei anderen Notaren auch die Formen „imperialis aule" und „imperia-lis curie cancellarius (archicancellarius)" auf. Über die wechselnde Benennung Chri-stians als Kanzler, Erzkanzler und schließlich wieder als Kanzler seit dem Herbst 1165, als Christian schon zum Erzbischof von Mainz erwählt war, vgl. Breßlau, Urkunden-lehre 1 493 f. Offenbar bewirkte nicht die Wahl zum Mainzer Oberhirten, sondern die Investitur mit den Regalien das Ende der Vakanz des Kanzleramtes, s. Breßlau a. a. 0 . 494. Nur besonders feierliche Diplome oder solche, deren Rechtsinhalt von allge-meiner Bedeutung war, wurden in dieser Zeit vom Protonotar Heinrich im Namen Chri-stians oder des Erzbischofs von Vienne rekognosziert (St. 4052, 4053, 4061, 4062, 4073 und 4074). " ) Vgl. S. 65 ff.

12) St. 4035. Stumpf hielt die Urkunde wegen der Erwähnung des gleichnamigen ältesten Sohnes des Kaisers in diesem Diplom für unecht oder doch interpoliert. Siehe dazu jedoch Ferdinand Güterbock, Barbarossas ältester Sohn und die Thronfolge des Zweitgeborenen, Historische Vierteljahrschrift 29 (1934) 509 ff., bes. 525.

13) „Iustitia exigit et ratio ipsa expostulat, u t . . . " vgl. S. 26 Anm. 17. Zur Erzäh-lung vom „verus Samaritanus" s. S. 36 bes. Anm. 106.

" ) Die Publicatio „Eapropter cognoscant universi fideles imperii presentes et

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 38: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

60 Josef R i e d m a n n

direkte Teilnahme an der Abfassung der Urkunde nicht ausgeschlossen werden kann. Ähnliches gilt von der Ende des Jahres 1164 ausgestellten Ur-kunde für den Erzbischof Heribert von Besanjon, der selbst ein Mitglied der Hof kapeile gewesen war16). Die Arenga bildete man in einer Form, wie sie Rainald G entwickelt und im Oktober desselben Jahres in drei Diplo-men zur Anwendung gebracht hatte16). Auch die Publicatio und einzelne Formulierungen in der Dispositio, die mit solchen in der Verfügung für Weissenau übereinstimmen, weisen auf Rainald G als Diktator der Urkunde17) hin, während die Reinschrift, wie die Gestaltung des Eschatokolls nahelegt, vielleicht durch Rainald C erfolgt sein dürfte18). Ein Diktateinfluß des Emp-fängers ist zwar in den dispositiven Sätzen nicht auszuschließen, doch lassen sich kaum Parallelen zu Diplomen von der Hand Heriberts aufzeigen; am ehesten scheint dies noch für die Corroboratio mit der Zeugenankündigung möglich19).

Im Februar 1165 bestätigte Barbarossa der Meißener Kirche in Alten-burg die Überlassung eines Gutes durch den Böhmenkönig Vladislav. Ulrich B, der die darüber ausgestellte Urkunde20) mundierte und wohl auch zum überwiegenden Teil verfaßte, nahm sich für die Arenga eine Vorlage aus dem Codex Udalrici zum Vorbild, die allerdings nur dieses eine Mal unter Fried-rich I. Verwendung fand21). Die Publicatio weist einen Wortlaut auf, wie er bereits in Originalen von der Hand des Ulrich Β anzutreffen war22), und

futuri" war bei Rainald G bereits in den Diplomen St. 3957, 3965 und in St. 3997 anzu-treffen; sie kehrt später in St. 4038, 4041, 4064 und 4067 wieder. Die Wendung „Ad augmentum quoque gratie nostra...", die in St. 4038 ebenfalls zu finden ist, benutzte Rainald G schon in St. 3832.

") St. 4038. Die Urkunde wurde am 30. Dezember 1164 ausgefertigt. Über Heri-bert vgl. Hausmann, Reichskanzlei 261 ff.

le) Zu der von Hausmann, MIÖG 58, 84 als Formel 32 bezeichneten Arenga vgl. MIÖG 75, 400 und oben S. 56 Anm. 73.

" ) Vgl. Anm. 14. 18) In der Datierung findet sich nicht das für Rainald G charakteristische Epitheton

„victoriosissimo". Die gleiche, vom überkommenen Aufbau abweichende Struktur der Datumzeile („anno ab incarnatione domini"), ohne jede Apprecatio, weisen in den Jah-ren 1163—66 nur die Diplome St. 4000 und 4006 auf, die beide von Rainald C herrühren. Möglicherweise hatte also diese Kanzleikraft den Kaiser noch über die Alpen nach Nor-den begleitet und war erst dann aus dem Dienst der Reichskanzlei ausgeschieden. Im Diktat von St. 4038 deutet allerdings nichts auf Rainald C als Verfasser des Diploms hin. — Ulrich Β verwendet zu dieser Zeit nie die Formulierung „anno ab inc." und gebraucht stets die Apprecatio „feliciter, amen", die er vor die mit „Dat." eingeleitete Orts- und Tagesangabe stellt; vgl. S. 59 und Egger, Schreiber 108 Anm. 209.

") Allerdings ist die Wendung „testes subternotari", die in St. 4038 und bei Heri-bert (ζ. B. in St. 3788 A) wiederkehrt, nicht gerade selten und daher von sehr geringem Aussagewert.

20) St. 4040. 21) Die Arenga, in der das Auftreten von Reimprosa zu beobachten ist, stimmt

zum überwiegenden Teil mit Eccard Nr. 70 = Hausmann Formel 3 b (MIÖG 58, 73) überein. Die gleiche Vorlage wurde nur unter Konrad III . zweimal ausgeschrieben; vgl. Hausmann a. a. O. und unten S. 98 Anm. 10.

ss) Vgl. S. 51 Anm. 34.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 39: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien üoor die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 61

auch für Teile der Dispositio und der Strafformel lassen sich Parallelen beim gleichen Notar aufzeigen23), während ein Einfluß von Rainald G, der in der Urkunde das Monogramm zeichnete, anscheinend nur in der Stellung der Apprecatio nachzuweisen ist24).

Vermutlich wurde die kurze, ebenfalls von Ulrich Β geschriebene, un-datierte, nur mit dem Ausstellort Altenburg versehene Urkunde zugunsten von Paulinzella ebenfalls in dieser Zeit ausgestellt25). Mit anderen gleichzeiti-gen Diplomen von der Hand des Ulrich Β ergeben sich manche Berührun-gen26), wenngleich eine sichere zeitliche Einordnung dieser kaiserlichen Ver-fügung auf Grund des Diktats nicht möglich ist.

Die Urkunde, durch welche der Kaiser einen Rechtsspruch über die Stellung der Leute des Georgenklosters in Naumburg verbriefen ließ27), wurde ebenfalls von Ulrich Β mundiert und von Rainald G mit dem Mono-gramm versehen. Im Diktat des Diploms ergeben sich kaum Parallelen zu anderen aus der Reichskanzlei stammenden kaiserlichen Entscheidungen, wohl aber zu der über denselben Rechtsakt ausgestellten Urkunde Bischof Udos II. von Naumburg28), so daß der Schluß naheliegt, auch die Formu-lierung der Kaiserurkunde der bischöflichen Kanzlei oder dem Empfänger des Diploms zuzuweisen.

Ende März nahm Barbarossa die Prämonstratenser in Breitungen in seinen Schutz und bestätigte ihnen ihre Besitzungen. Auch diese Urkunde29) wurde von Ulrich Β geschrieben, während Rainald G, dessen Diktateinfluß in diesem Diplom wieder deutlicher spürbar wird, das Monogramm zeichnete. Zwar diente in etwas modifizierter Form für die Arenga zum Teil eine Vor-lage aus der Sammlung des Udalrich als Vorbild30), doch der Wortlaut der Publicatio, Bestimmungen der Dispositio, in der Wendungen päpstlicher Privilegien ausgiebig benutzt wurden, und besonders die Sanctio lassen

23) Vgl. ebenfalls S. 51 Anm. 34 und die Formulierung „divine remunerationis intuitu", die bereits in St. 4001 anzutreffen war.

24) Siehe S. 59 und oben Anm. 18. ") St. 4310 ( = 4040 A). Nach Egger, Schreiber 109 ist der von Stumpf getroffene

zeitliche Ansatz zu 1180 (oder 1181) „mit der Schrift des Diploms nicht zu vereinbaren". Die Urkunde wurde nach Egger wahrscheinlich 1165, vielleicht erst 1172 (als Ulrich Β St. 4137 in Altenburg mundierte) ausgefertigt.

2e) Vgl. die Übereinstimmung in der Publicatio mit St. 4001 und 4040 sowie die Ähnlichkeiten in der Dispositio mit diesen beiden Diplomen.

2') St. 4040 a; doch ist das Diplom nicht mit der von Stumpf ebenda angeführten Urkunde des Bischofs von Naumburg identisch, sondern die darin erwähnte, erstmals von Johannes R a m a c k e r s , Unbekannte Urkunden zur Reichsgeschichte des 12. bis 14. Jahrhunderts, Neues Archiv 50 (1935) 619 ff. edierte Kaiserurkunde wird mit St. 4040 a bezeichnet.

2i) Urkundenbuch des Hochstifts Naumburg (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, IX. Reihe, Bd. 1, 1925), bearbeitet von Felix R o s e n f e l d 233 f. Nr. 252.

2») St. 4041. 30) Eccard Nr. 64 = Hausmann Formel 13 (MIÖG 58, 76). Die letzte und außer St.

4041 einzige Benutzung dieser Vorlage in St. 3768 liegt acht Jahre zurück; vgl. S. 98.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 40: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

62 Josef Riedmann

Rainald G als maßgeblich an der Entstehung dieser Urkunde beteiligt vermuten31).

Über die Belehnung der Vertreter der Stadt Pisa mit der Insel Sardinien ließ Friedrich I. Mitte Apiil 1165 in Frankfurt eine Urkunde ausstellen32), deren mit einer echten Goldbulle Barbarossas versehenes angebliches Ori-ginal allerdings aus dem 14. Jahrhundert stammt. Auch die Rekognition, die den Kanzler Ulrich in Vertretung des italienischen Erzkanzlers Rainald nennt, obwohl die Urkunde in Deutschland ausgefertigt wurde, stellt einen Anachronismus dar und widerspricht entschieden den damaligen Gebräuchen der Reichskanzlei33). Scheint aus diesen Gründen die Tatsache einer Fäl-schung als erwiesen, so stehen doch einer Verurteilung das Diktat des Diploms und die formale Gestaltung einzelner Teile der Urkunde entgegen. So deutet der Aufbau der Datierung mit dem Epitheton „victoriosissi-mo" sowie der Stellung der Apprecatio auf Rainald G als Schreiber der echten Vorlage M), und mit Urkunden von seiner Hand aus den Jahren 1164—66 beste-hen weitgehende Zusammenhänge in der ausführlichen Arenga35), die auch einzelne Berührungen mit den feierlichen Diplomen über die 1162 abge-schlossenen Verträge des Kaisers mit Ravenna, Genua und Pisa auf weist36). Auch die Publicatio zeugt für eine Beteiligung von Rainald G am Wortlaut der Urkunde37). Hingegen ergeben sich zu den Formulierungen der Disposi-tio, die sich mit der stereotypen Wiederholung der Verba „damus, concedi-mus et confirmamus" deutlich von der gewählten Ausdrucksweise des ersten Teiles des Diploms abhebt und dadurch wieder an die Konstruktion der Ver-briefung des Vertrages mit der Stadt aus dem Jahre 1162 erinnert38), wört-

81) Zur Publicatio vgl. Anm. 14. Die Strafformel kommt besonders dem ent-sprechenden Urkundenteil von St. 4049 (von einem unbekannten Schreiber nach dem Diktat von Rainald G mundiert; vgl. S. 64) nahe. 32) St. »4042.

за) Seit den letzten Jahren Heinrichs V. und besonders seit Lothar III. werden die Diplome im Namen des Erzkanzlers rekognosziert, in dessen „Amtsgebiet" die Urkunde ausgestellt wurde; vgl. Breßlau, Urkundenlehre 1 486 f.

34) Vgl. MIÖG 75, 355 und oben S. 25. Die von Rainald G durchgehend benutzte Apprecatio „feliciter, amen" findet sich in St. *4042 als „amen, feliciter"; die Form des Monogramms in St. *4042 entspricht in der Anordnung der Buchstaben dem gerade zur Zeit der angeblichen Ausstellung der Urkunde gebräuchlichen Aufbau (vgl. Egger, Schreiber 45 Nr. 5) des Handmals.

зб) St. *4042: „Dignitas et excellentia, Romani imperii tenia bonitate et pietate usque ad hec nostra tempora semper exuberavit, quod..." — St. 4031 (ähnlich auch St. 3955): „Excellentiasima, imperii Romani dignitas habundantia tante pietatia atque bonitaüs ita semper exuberavit, quod . . . " Zu „suorum merits, fidelium oculo clementiori respicere" vgl. in St. 4058 (geschrieben von Wortwin, Diktateinfluß von Rainald G; vgl. S. 69 f.): „illos merito clementiori oculo respicere".

3e) Vgl. zur Formulierung in St. *4042: „Pisanam erntetem, que inter alias civi-tatis per prineipatum dignitatis caput extulit" die S. 37 Anm. 119 gebrachten Parallelen zwischen St. 3936, 3949 und 3955.

" ) Sie bietet die Wendung „universi fideles per Ytaliam constituti", auf die im Zusammenhang mit Rainald G schon mehrmals hinzuweisen war; vgl. S. 35.

3e) Man vgl. etwa die Formulierungen des zweiten Abschnittes von St. 3936 (MGH Const. I. 283), der auf Verhandlungen zurückgeht und in dem sich mehrmals die Verba „et concedimus et damus vobis in feudum" wiederholen.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 41: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 63

liehe Parallelen zu den Pisaner Annalen, die über diese Vorgänge ausführ-lich berichten39). Die abschließenden formelhaften Wendungen, die Sanctio und Corroboratio stimmen in manchem mit Urkunden aus der Reichskanz-lei überein40). Nach all dem Gesagten wird man eine echte Grundlage für das Diplom wohl als gesichert annehmen können, zumal die Erwähnung der in der Urkunde genannten Zeugen dieser Auffassung nicht widerspricht41) und die zeitgenössischen Annalen der Stadt die Ausstellung eines „preeep-tum imperiale" und dessen Rechtsinhalt eingehend wiedergeben42). Mögli-cherweise beruht die vorliegende Urschrift, wie Scheffer-Boichorst vermute-te, auf einem schadhaften Original43).

An der Entstehung der nicht genau datierten kaiserlichen Bestätigung des Marktes Staffelstein für die Bamberger Kanoniker44) war die Reichskanz-lei nur durch die Mundierung der Signum- und Rekognitionszeile sowie durch die Zeichnung des Monogramms in der Urkunde, die Rainald G vornahm, be-teiligt. Schrift und Diktat stammen im übrigen, wie Föhl gezeigt hat, von Bischof Eberhard II. von Bamberg45).

Auch im Diplom zugunsten des Klosters Bronnbach46), das nach Egger vermutlich von einem Würzburger Gelegenheitsschreiber herrührt47) und für welches zum Teil ein Privileg Hadrians IV. für denselben Empfänger als Vorlage diente48), läßt sich eine Beteiligung der Notare der Reichskanzlei nicht nachweisen.

se) Gli Annales Pisani di Bernardo Maragone, a cura di Michele Lupo Gen t i l e (Rerum Italicarum Scriptores VI/2, Bologna 1936) 34: „(imperator) . . . Uguicioni Consuli, pro Comuni Pisane civitatis reeipienti, tribuit, et regali scripto de ipso feudo ipsum invest ivi t . . ." — St. *4042: „ . . .tradimus tibi Uguicoioni Pisane civitatis con-suli -pro comuni Pisane civitatis reeipienti..."

40) Besonders hervorzuheben ist die Bezeichnung „maiestatis sigillo", die sich 1165/66 nur noch in St. 4064 und 4066 findet, welche beide von Rainald G herrühren.

" ) Vgl. Giesebrecht 6 449. 42) Annales Pisani a. a. O. 34 f. l s) Paul S c h e f f e r - B o i c h o r s t , Die ältere Annalistik der Pisaner, Gesammelte

Schriften von Paul Scheffer-Boichorst 2 (Historische Studien 43,1905) 126 ff., bes. 138 f. Anm. 16. — Vielleicht erfolgte die Herstellung des „Originals", um es 1311 Heinrich VII. zur Bestätigung vorzulegen, der dann die Pisaner „de iustis et antiquis feudis, que tenent et tenere debent ab imperio" investierte; vgl. MGH Const. IV/1, 562 Nr. 599.

") St. 4043. Bezüglich der genauen zeitlichen Einordnung dieser kaiserlichen Ver-fügung ergeben sich einige Schwierigkeiten. Im Diplom werden nur das Jahr 1165 und der Ausstellort Würzburg angegeben. Da der in der Urkunde genannte Bischof Hein-rich I I . von Würzburg bereits am 23. (24. oder 25.) Februar 1165 gestorben ist, muß man entweder einen sonst nicht bezeugten Aufenthalt des Kaisers in der fränkischen Stadt in den ersten beiden Monaten des Jahres 1165 annehmen, oder mit Ficker, Bei-träge 1 132 eine spätere Beurkundung (wohl auf dem bekannten Reichstag in Würz-burg zu Pfingsten des Jahres 1165) einer früher erfolgten Handlung in Erwägung ziehen. Vgl. dazu Wendehorst, Bistum Würzburg 1 165 Anm. 1.

" ) Föhl, MÖIG 50,105 ff. Auf Föhl beruhen die Angaben über dieses Diplom von Höing, Archiv für Diplomatik 2, 168 ff. und Egger, Schreiber 187 f.

" ) St. 4048. ") Egger, Schreiber 282 f. " ) Jaffe, Reg. Nr. 10582.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 42: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

64 Josef Riedmann

Ebenfalls ein Empfänger- oder Gelegenheitsschreiber besorgte die Nie-derschrift der Schutz- und Besitzbestätigung für Kastl49), wobei Rainald G Signumzeile, Rekognition, Monogramm und Datierung hinzufügte. Auch im Diktat der Verfügung ist der Einfluß dieser Kanzleikraft unverkennbar. Offensichtlich benutzte der in den Kanzleigewohnheiten ungeübte Mundator des Diploms ein Konzept, als dessen Verfasser der genannte Notar anzu-sprechen ist. Der Beginn der Arenga50), die Erzählung vom wahren Samari-ter51), der Wortlaut der Publicatio — allerdings mit einer bemerkenswerten Änderung52) —, die aus der Papsturkunde übernommenen Formulierungen in der Dispositio und auch die Sanctio53) weisen deutlich auf Rainald G als Diktator der Urkunde hin.

Im Diplom über die Erneuerung des Klosters Kitzingen, das von Ulrich Β mundiert wurde54), finden sich zwar einige Anklänge an das Diktat von Ur-kunden, welche von Rainald G oder Ulrich Β herrühren55), es fehlen jedoch die weitreichenden Parallelen, wie sie in den zeitlich vorhergehenden Ver-fügungen Barbarossas aufgezeigt werden konnten. Vielleicht nahm auch der im Diplom genannte Bischof Eberhard von Bamberg Einfluß auf die Formu-lierungen56), doch ist dies weniger wahrscheinlich, da gerade seine Übergriffe

" ) St. 4049. 50) Zu „Ratio suadet et iustitia exigit, u t . . . " vgl. S. 26 Anm. 17. 61) Vgl. S. 36 Anm. 106. Besonders enge Diktatberührungen ergeben sich zu St.

4035. St. 4049: St. 4035:

Ratio suadet et iustitia exigit, ut ad Iustitia exigit et ratio ipsa expostu-protectionem et defensionem eccZmarum lat, ut ecclesiis dei longe lateque in imperio dei, que per imperium nostrum longe nostro constitutes vigorem consilü et dex-lateque constitute sunt, gratie nostre sola- teram auxilii impendamus, Ulis maxime, in tium extendamus, maxime quidem ad ill&s, quibus omni tempore, omni hora sancta-a quibus orationum suffragia die ac nocte rum orationum percipimus suffragia, et si percipimus, et si in tabernaculo dei offeren- nos in tabernaculo dei ojjerentes aliquid tes aliquid supererogaverimus, ab illo vero supererogaverimus, ab illo vero Samari-Samaritano, cum, redierit, nobis in centu- tano, cum redierit, nobis in centuplum esse plum esse reddendum speramus et credimus. reddendum speramus et credimus.

52) Der in Anm. 14 angeführte Wortlaut wurde mit der Erweiterung „fideles per Theutonicum imperium constituti" versehen, die offensichtlich der vor allem bei Rai-nald G beliebten Wendung „per Ytaliam constituti" entspricht (vgl. auch Erben, Privi-legium 19 Anm. 1). Für das Vorkommen des Begriffes „Theutonicum imperium" bietet Fritz Vigener, Bezeichnungen für Volk und Land der Deutschen vom 10. bis zum 13. Jahrhunderts (1901) einige Belege (freundlicher Hinweis von Herrn Doz. Wolfram), so bei Gottfried von Viterbo (a. a. O. 199) und bei Autoren, die nicht aus dem Bereich des Imperiums stammen (a. a. O. 211 f. und 214). Auf ähnliche Wendungen ζ. B. „Teu-tonicorum imperium" in St. 3862 (= 4091 A; Druck: Const. I. 325 f. Nr. 230) oder „imperator Teutonicorum (Teutonicus)" in italienischen Annalen (MGH SS 19 286, 311, 421 und 436) machte mich Dr. Herkenrath aufmerksam.

5a) Sie lautet nahezu wörtlich gleich wie in St. 3983,4023 Α und 4041. " ) St. 4050. δ5) Man vgl. etwa zu „ut in imperio nostro longe lateque" die Parallelen in St. 4035

und 4049 (s. Anm. 51), oder zu „tum per incuriam tum per neglegentiam" in St. 4038 „per incuriam et per neglegentiam".

5e) Die in St. 4050 enthaltene Wendung „et novellas plantationes ad honorem et

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 43: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 65

gegenüber dem Kloster durch die kaiserliche Entscheidung eingestellt wer-den sollten. Vom Inhalt her wäre eher eine Beteiligung des Empfängers oder des Würzburger Oberhirten an der Abfassung der Urkunde zu erwägen.

Im September 1165 ließ Friedrich I.in Worms drei Diplome ausstellen57), die — nur abschriftlich überliefert — auf Grund ihrer formalen Gestaltung mit Sicherheit von einem gemeinsamen Ingrossator mundiert wurden. Der von der überkommenen Kanzleigewohnheit abweichende Aufbau der Datie-rung und die Apprecatio „Actum in Christo feliciter, amen" entsprechen vollkommen der Struktur dieses Urkundenteiles, wie sie 1157 in Diplomen von der Hand des Rainald C anzutreffen war58). Seit dieser Zeit kehrt diese Gliederung der Datumzeile bei keiner aus der Kanzlei stammenden, im Ori-ginal erhaltenen Verfügung Barbarossas wieder; erst die in Worms erlasse-nen, schon erwähnten drei Urkunden und die drei Monate später zu Beginn des Jahres 1166 vom Notar Wortwin geschriebenen Diplome über die Heilig-sprechung Karls des Großen und zugunsten der Stadt Aachen59) weisen die-selbe Gliederung und denselben Wortlaut der Datierung auf. Mit gebotener Vorsicht kann man daher Wortwin wohl auch als Mundator der drei ge-nannten Kaiserurkunden vermuten, zumal sich diese Annahme ausgezeich-net in das von Hausmann rekonstruierte Itinerar des in die Kanzlei neu ein-getretenen Notars fügt60).

Erlaubt also die formale Gestaltung der Diplome einigermaßen begrün-dete Schlüsse auf den Mundator der Urkunden, so ergeben sich bei der Frage nach dem Verfasser weit größere Unsicherheiten. Zwar kann auch an einem gemeinsamen Diktator für die drei Diplome auf Grund der Benutzung gleicher Vorlagen und wegen der wörtlichen Berührungen untereinander kaum ein Zweifel bestehen, doch bereitet die Bestimmung des Verhältnisses dieser unbekannten Persönlichkeit zu den damals tätigen Mitgliedern der Reichskanzlei Rainald G und Ulrich Β erhebliche Schwierigkeiten.

Für die Arenga der Schutzbestätigung zugunsten des Klosters Chäteau-Chälon61) wurden zwei Vorlagen aus dem Codex Udalrici ausgeschrieben62), die kaum eine Veränderung erfuhren. Auch die Publicatio der Urkunde für die burgundische Abtei ist im gleichen Wortlaut in der Sammlung des Bam-

eervitium divinum quandoque instituamus" weist nach Höing, Archiv für Diplomatik 2, 173 Anm. 530 nach Bamberg, „weil wir sie in dortigen Bischofsurkunden oft an-treffen".

") St. 4051,4052 und 4053. 68) In St. 3766 und 3774 gestaltete Rainald C die Datumzeile nach dem gleichen

Schema, wie es auch St. 4051, 4052 und 4053 aufweisen. 59) St. 4061 und 4062; vgl. S. 70 ff. Einen ähnlichen Aufbau der Datierung—jedoch

ohne Angabe der Indiktion und ohne Apprecatio — bietet auch St. *4055, dessen echte Vorlage wahrscheinlich von Wortwin geschrieben wurde; vgl. S. 68.

,0) Nach Hausmann, Wortwin 338 trat der Würzburger Kanoniker nach der Aus-stellung der Urkunde St. 4050 (1165 VIII 18), in der er als Zeuge aufscheint, in den Dienst des Herrschers als Schreiber von Diplomen.

el) St. 4051. •2) Eccard Nr. 77 und 88 = Hausmann Formel 10 und 1 (MIÖG 58, 75 und 72);

vgl. auch S. 97 ff. 5 MIÖG., Bd. 76.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 44: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

66 Josef Riedmann

berger Domkustos enthalten63). In der Narratio ergeben sich Diktatparallelen zu Verfügungen, die der Kaiser im Jahre 1157 erlassen hatte, welche dem damaligen Kanzleistil entsprechen und auch die gleiche Vorlage aus dem Codex Udalrici verwenden, die im ersten Teil des Diploms für Chäteau-Chälon benutzt wurde64). Auch der Einfluß von Formulierungen päpstlicher Privi-legien, wie er in der Urkunde von 1165 zu bemerken ist, war als Eigenart des erwähnten Kanzleidiktats der Jahre 1156—58 hervorzuheben, während der Wortlaut der Corroboratio mit der Ankündigung des Monogramms und die Sanctio doch in nicht unwesentlichem Umfang von den Gewohnheiten der Jahre 1156—58 abweichen65).

Auch in der zweiten im September 1165 zu Worms ausgestellten Ur-kunde, die für die Wormser Münzergenossenschaft bestimmt war66), diente die-selbe Vorlage aus dem Codex Udalrici wie im vorher besprochenen Diplom als Vorbild für die Formulierung der Arenga6'). Die Publicatio stimmt mit denen in den beiden anderen am selben Ort erlassenen Verfügungen über-ein; eine geringe Übernahme aus einer weiteren im Codex Udalrici enthalte-nen Arenga hat diese Urkunde mit einem aus dem Jahre 1157 stammenden Diplom von der Hand des Bainald D gemeinsam68). Der Nachsatz der Cor-roboratio entspricht bis auf ein Wort genau der 1156—58 am häufigsten verwendeten Form69), während sich zu den einzelnen konkreten Be-stimmungen über die Gerechtsame der Münzer kaum inhaltliche und damit auch nicht wörtliche Parallelen in anderen Barbarossadiplomen aufzeigen lassen.

Schließlich beruht auch die Arenga der kaiserlichen Entscheidung über die Testierfähigkeit von Geistlichen70) auf einem in der Bamberger Formu-larsammlung enthaltenen Vorbild71), das auch schon einmal in einer Urkun-de Friedrichs I. im Jahre 1157 ausgeschrieben worden war, in welcher sich ebenso eine nahezu gleichlautende Publicatio wie im Diplom von 1165 fin-

es) Der Wortlaut gleicht nahezu vollkommen Erben, Privilegium Formel IV. a. M) Auch in St. 3797 wird Eccard Nr. 77 für die Gestaltung der Arenga benutzt,

und die Narratio mit dem Wortlaut „qualiter ... maiestatem nostram adiit suppliciter exorane, ut . . . susciperemus" in St. 4051 zeigt nahe Verwandtschaft mit dem entspre-chenden Teil des Diploms von 1158; vgl. MIÖG 75,336 Anm. 78.

·*) Besonders durch die Bildung und Ausschmückung der Strafformel, die 1157/58 bei den Notaren Rainald C und Rainald D nicht sehr häufig anzutreffen war (vgl. MIÖG 75, 328 und 341), unterscheidet sich das Diktat der beiden Urkundengruppen.

··) St. 4052. Der bisher unbekannte lateinische Text dieser Urkunde wurde von Prof. Appelt in den Reichsregistern Sigismunds wieder aufgefunden (vgl. Altmann Nr. 10440) und soll demnächst veröffentlicht werden.

" ) Eccard Nr. 77 = Hausmann Formel 10 (MIÖG 58, 75). e8) Die Formulierung „refragatione convelli", die in Eccard Nr. 80 = Hausmann,

Formel 11 (MIÖG 58, 75) enthalten ist, findet sich auch im dispositiven Teil von St. 3790; vgl. MIÖG 75, 348 Anm. 68.

··) Erben, Privilegium Formel IX . 2 a. Das Wort „pagina" wurde durch „carta" ersetzt.

'») St. 4053. n ) Eccard Nr. 111 = Hausmann Formel 15 (MIÖG 58, 76).

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 45: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 67

det72). Der zweite Teil der Corroboratio mit der Zeugenankündigung stimmt vollkommen mit dem 1156—58 benutzten Wortlaut überein73).

Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Verfassers der drei Urkunden verdient besondere Erwähnung. Nicht nur die ausgedehnten Zitate aus dem Codex Iustinianus im Diplom über die Testierfähigkeit dokumentieren die Kenntnisse des unbekannten Diktators im Römischen Recht, auch Wendun-gen wie „unicuique iustitiam suam conservamus"74) und andere Termini der römisch-spätantiken Behördensprache76) beweisen seine Vertrautheit mit den überlieferten juristischen Denkmälern. In Diplomen des Jahres 1157 war ebenfalls auf einzelne Anklänge an Formulierungen des Gesetzeswerkes Justinians hinzuweisen76), so daß sich deshalb und auf Grund der oben her-vorgehobenen formalen und wörtlichen Zusammenhänge die Frage auf-drängt, ob nicht für die Diplome des Jahres 1157 und für die drei im Septem-ber 1165 zu Worms ausgestellten Urkunden Barbarossas ein gemeinsamer Verfasser angenommen werden muß. Gegen diese Annahme spricht jedoch die Tatsache, daß im Herbst 1165 keiner der 1156—58 tätigen Notare als Mun-dator eines Diploms nachweisbar ist, und daß besonders in der Gestaltung des Vordersatzes der Corroboratio und der Strafformel zwischen den beiden zeitlich auseinanderliegenden Urkundengruppen größere Unterschiede be-stehen. Möglicherweise wird man sich mit der Feststellung einer offensicht-lichen engen Schulverwandtschaft zwischen dem Kanzleidiktat der Jahre 1156—58 und dem Wortlaut der im September 1165 in Worms erlassenen, von einem unbekannten Verfasser diktierten Diplome begnügen müssen, da

") In St. 3788; vgl. MIÖG 75, 347 und Hausmann, MIÖG 58, 76. 7S) Erben, Privilegium Formel IX. 2 a. Der Wortlaut ist allerdings durch die ein-

geschobene Strafformel erweitert. Eine andere Ähnlichkeit mit dem Diktat von 1157 ergibt sich in der Dispositio durch die Formulierung: „vestigiis inherentes et sacras leges eorum tamquam divin& oracula venerantes", die in St. 3793 vorgebildet ist: „tamquam divinum oraculum... nos eius vestigiis inherentes . . . " Zur Bezeichnung von früheren Kaiserurkunden als „oracula" vgl. Fichtenau, Arenga 50.

74) Vgl. Inst. I , 1, 1 und I, 1, 3 und die entsprechenden Parallelstellen. Über das Vorkommen dieses Gedankens in hochmittelalterlichen Arengen s. wiederum Fichtenau, Arenga 53 ff.

" ) Etwa „pragmatica sanctio" (St. 4051 und 4052), „diva constitutio", „lex pri-vata" (St. 4052), „sacra lex", „sacratissimas leges", „divina oracula" (St. 4053). Diese und ähnliche Wendungen finden sich zwar auch manchmal in anderen Diplomen Barba-rossas, vgl. Herkenrath, MIÖG 72, 42 f. oder Otto O p p e r m a n n , Rheinische Urkun-denstudien 1 (Bijdragen van het instituut voor mitteleeuwsche geschiedenis der Rijks-Universiteit te Utrecht 7, 1922) 343 ff. (Oppermann bietet ein allerdings nicht voll-ständiges Verzeichnis des Auftretens von „pragmatica sanctio" in Diplomen dieser Jahre), jedoch nicht in dieser Häufung.

,e) Siehe MIÖG 75, 328. — Zur Beurteilung des Auftretens von Wendungen des Römischen Rechts in Urkunden Friedrich Barbarossas vgl. jetzt auch die beachtens-werten Ausführungen von Aritsune K a t s u t a , Friedrich Barbarossa und die soge-nannte „Theoretische Rezeption des römischen Rechts", Hitotsubashi journal of law and politics 5 (April 1967) 20 ff., die eine zusammenfassende Übersetzung einer gleich-namigen Abhandlung desselben Autors in Hitotsubashi Högaku-Kenkyü (Jahrbuch der juristischen Fakultät der Hitotsubashi Universität) 6 225 ff. darstellen. — Auf diese Arbeit machte mich Prof. Appelt aufmerksam.

6 · Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 46: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

68 Josef Riedmann

auch die Hypothese von der Wirksamkeit einer in der Reichskanzlei über den mundierenden Notaren stehenden Persönlichkeit, die als zweiter Er-klärungsversuch herangezogen werden könnte " ) , auf überaus schwerwiegen-de Hindernisse stößt.

Als im Oktober 1165 der Herrscher in Köln einen Rechtsspruch zugun-sten des Bischofs von Cambrai bestätigen und niederschreiben ließ78), be-sorgte nach Egger78) vermutlich ein Notar des Bischofs die Ausfertigung der im Original erhaltenen Urkunde. Die Annahme Fickers, der zwar ebenfalls feststellte, das Diplom erwecke den Eindruck, es „sei nicht aus der Kanzlei hervorgegangen", dann aber doch glaubt, ein Akt über den Rechtsspruch sei von einem Hofnotar „ganz oberflächlich in die Form einer kaiserlichen Urkunde gebracht"80) worden, dürfte nicht zutreffen. Der Schreiber der Verfügung läßt sich in Urkunden Barbarossas kein zweites Mal nachweisen, und auch das Diktat des Diploms weist keine Parallelen zu anderen kaiser-lichen Entscheidungen auf.

Nicht völlig gelöste Schwierigkeiten verbinden sich auch mit der Schutz-und Besitzbestätigung für das Kloster Oostbroek81), welche Ende Novem-ber 1165 in Utrecht ausgestellt worden sein soll, die aber von Stumpf auf Grund der für diese Zeit unzutreffenden Rekognition für gefälscht erklärt wurde, doch geht die Erwähnung des Kanzlers Philipp in diesem Urkunden-teil möglicherweise auf eine spätere Beurkundung zurück82). Das Diktat des Diploms beweist durch die Verwendung einer Vorlage aus dem Codex Udal-rici für die Bildung der Arenga83), durch den offenkundigen Einfluß weiterer in dieser Sammlung enthaltener Formulierungen in der Dispositio84), sowie durch die wörtlichen Parallelen mit anderen Kaiserurkunden aus den Jahren 1165/66, besonders mit solchen, die im Vormonat in Worms erlassenen wur-den86), die Existenz einer echten Grundlage aus dem Jahre 1165. Ebenso bieten Zeugen und Ausstellort keinen Anlaß für einen Verdacht86). Sehr wahrscheinlich besorgte der Notar Wortwin die Niederschrift dieser echten Vorlage, wie die abschließende Wendung in der Zeugenreihe nahelegt87).

" ) So Hirsch, Urkundenfälschungen 93 Anm. 1 und etwas zurückhaltender eben-da 168, Cramer-Vial, Karlsfälschung 114 ff. und Folz, Le Moyen Age 19 (1954) 28 ff.; vgl. dazu aber unten S. 95. '») St. 4054.

' · ) Egger, Schreiber 241. 80) Ficker, Beiträge 1 353. 81) St. *4055. 82) Vgl. Ficker, Beiträge 1 162 und Giesebrecht 6 446. 83) Sie wurde nach dem Vorbild von Eccard Nr. 109 = Hausmann Formel 2 (MIÖG

58, 73) gestaltet, die vorher im Jahre 1123 und 1144 ausgeschrieben worden war; vgl. S. 98 Anm. 10.

84) „ . . .equale meritum dantis et corroborantis est..." findet sich in Eccard Nr. 88 = Hausmann Formel 1 (MIÖG 58, 72).

85) So entspricht auch die Publicatio dem in St. 4051, 4052 und 4053 vorhandenen Wortlaut, und in der Corroboratio ergeben sich Parallelen vor allem zu St. 4051 und 4052. 8e) Vgl. dazu Giesebrecht 6 446.

8') Die Zeugenreihe in St. *4055 endet mit „ . . . et ceteri quam plures, clerici et laid"; im Diplom St. 4056, das wohl gleichzeitig entstand und von Wortwin herrührt, lautet sie „ . . . et alii quam plures, clerici et laid".

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 47: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 69

Gewiß auch in den gleichen zeitlichen Zusammenhang gehört die von Wortwin mundierte Verfügung Friedrichs I. über die Regulierung des Rheins88). Auch das Diktat der Urkunde stammt nach Hausmann89) vom selben Mitglied der Reichskanzlei, doch ist ein Einfluß des Notars Rainald G besonders auf den Wortlaut der Publicatio sowie auf die Gestaltung des Eschatokolls, ja vielleicht auch auf die Formulierung der Arenga unverkenn-bar90).

Die Beurkundung eines undatierten Schiedsspruches zwischen dem Bischof von Utrecht und dem Grafen von Holland durch den Kaiser liegt nur in kopialer Überlieferung vor91). Ihr Wortlaut gestattet sowohl in der Arenga wie auch in der Narratio und in den einzelnen dispositiven Bestim-mungen des Abkommens, die zum Teil sicher auf Verhandlungen zurückge-hen und auch bei der Aufnahme in die Kaiserurkunde ihre objektive Fassung beibehalten haben92), keine Aussage über Schreiber und Verfasser des Di-ploms, da ausreichende inhaltliche und wörtliche Parallelen fehlen. In der kurz gehaltenen Besitzbestätigung für die Abtei Oudwijk93) widerspricht allein schon der teilweise Verzicht auf den Pluralis maiestaticus einer Ent-stehung in der Reichskanzlei94).

Die Bürger von Duisburg erhielten Ende des Jahres 1165 in Aachen die Befreiung von allen ungerechtfertigten Zöllen in Utrecht durch einen Spruch des Hofgerichts zuerkannt und vom Kaiser durch eine Urkunde bestätigtβδ). Der Notar Wortwin benutzte zur Ausfertigung des Diploms ein Pergament-blatt, auf dem Rainald G bereits das kaiserliche Monogramm vorausgefertigt hatte. Auf die Teilnahme dieses Notars an der Entstehung der Urkunde dürf-ten vielleicht auch einzelne Formulierungen in der Arenga und mit Sicherheit die Struktur der Datierung im Diplom zurückgehen98), welche die für dieses

") St. 4056. 8») Hausmann, Wortwin 338. 90) Die Publicatio weist den in Anm. 14 angeführten Wortlaut auf, wie er bereits

seit 1162 von Rainald G verwendet worden war; die Struktur der Datumzeile nach Art der feierlichen staufischen Datierung mit dem Epitheton „victoriosissimo" für den Kaiser sowie mit der Apprecatio „feliciter, amen" entspricht der Gewohnheit desselben Notars, und in der Narratio erinnert die Formulierung „pre oculis et manibus habemus" an „pre oculis et manibus memoriter habe&mus" in St. 3896.

91) St. 4057. Das Diplom weist kein Eschatokoll auf. ·•) So heißt es zuerst „ . . . (comes) qui presentatus ab eis domno imperatori bannum

et potestatem iudicandi a manu domni imperatoris accipiet", während später die objek-tive Fassung vorherrscht: „ . . . nos comitem qui bannum a nobis habet . . ." Hingewie-sen sei schließlich auch auf die Formulierung „salva uniuscuiusque iustitia", welche an die in Diplomen mehrmals aufscheinende kaiserliche Vorbehaltsklausel (vgl. dazu Appelt, MIÖG 68, 81 ff.) anklingt.

»3) Fehlt bei Stumpf (1165 , — = St. 4057 A), gedruckt von S. Muller, Oorkondenboek van het sticht Utrecht 1 (Utrecht 1925) 404 f. Nr. 450.

84) Die Urkunde beginnt nach der Intitulatio mit einer Publicatio und fährt dann fort „quod ego Fredericus . . . pro remediis anime mee . . . sub nostra imperiali tuitione suscepimus . . . " .

"•) St. 4058. ") Vgl. Anm. 35. Die Datierung bietet genau den S. 25 erwähnten, für Rainald

G typischen Aufbau.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 48: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

70 Josef R i e d m a n n

Mitglied der Reichskanzlei typische Gliederung aufweist, obwohl die Ver-fügung mit Ausnahme des Monogramms von Wortwin geschrieben und zum überwiegenden Teil wohl auch verfaßt wurde97).

Die am folgenden Tag ausgestellte Urkunde für das Prämonstratenser-kloster Bonne-Esperance diktierte der Notar Rainald H98), während eine Woche später Rainald G ein Diplom zugunsten des Aachener Marienstiftes mundierte"). In der Arenga dieser kaiserlichen Verfügung kehrt von diesem Notar oftmals verwendetes Diktatgut wieder100), doch in der Narratio und besonders in der Dispositio fehlen Berührungspunkte zu anderen Urkunden von der Hand dieser Kanzleikraft, was wohl darauf zurückzuführen sein dürfte, daß für diesen Teil schriftliche Vorlagen Verwendung gefunden haben könnten.

Nicht weniger als vier Persönlichkeiten, deren Beteiligung an der Ent-stehung der Barbarossaurkunde über die Heiligsprechung Karls des Großen als wahrscheinlich oder möglich gelten darf, konnte auf Grund der bisherigen Forschung Erich Meuthen in der jüngsten, zu dem berühmten am 8. Januar 1166 ausgestellten Diplom erschienenen Studie anführen101). Allein diese Tatsache zeigt deutlich, daß eine wohlbegründete, gesicherte Zuweisung des Diktats der Urkunde, die mit größter Wahrscheinlichkeit von Wortwin mun-diert wurde102) und deren Echtheit als gesichert angesehen werden kann103), an einen einzelnen Verfasser wohl unmöglich sein dürfte. Zwar fehlt es nicht an Diktatparallelen zu anderen Diplomen Barbarossas, doch da es sich da-bei zumeist nur um kurze Wendungen handelt, reichen sie nicht aus, einen bestimmten Notar der Reichskanzlei, von dessen Hand die Urkunde her-rührt, welche einzelne Ähnlichkeiten mit dem Aachener Diplom aufweist,

,7) Hausmann, Wortwin 338 nennt St. 4058 „zur Gänze Wortwins Werk". •8) St. 4059; vgl. Herkenrath, MIÖG 72,50 und 62. ··) St. 4060.

10°) Zum Beginn der Arenga „Imperialis dementia bene de se merentibus bene facere semper consuevit . . . " vgl. MIÖG 75, 400 bes. Anm. 28 und oben S. 56 Anm. 73.

101) St. 4061. Erich M e u t h e n , Karl der Große — Barbarossa — Aachen. Zur Interpretation des Karlsprivilegs für Aachen, in: Karl der Große. Bd. 4. Das Nachleben (1967) 54 ff. Meuthen erwähnt a. a. O. 59 f. den Protonotar Heinrich (im Anschluß an Cramer-Vial), den Notar Wortwin (nach Hausmann), Rainald G (vgl. Peyer, DA 8) und Erzbischof Rainald von Dassel als vermutlich oder wahrscheinlich an der Entstehung der Barbarossaurkunde beteiligt. — Der Wortlaut der auf den Namen Karls des Großen gefälschten, in St. 4061 inserierten Urkunde (D. Kar. 259), kann im Zusammenhang mit den Diktatuntersuchungen dieser Zeit unberücksichtigt bleiben, da die Fälschung ent-weder auf das Jahr 1159 (Cramer-Vial, Karlsfälschung 34 ff. und Meuthen a. a. O. 58 f.) zurückgeht oder sogar spätestens 1158 entstanden sein muß, falls der Wortlaut des Privilegs Hadrians IV. für Aachen aus diesem Jahr (Jaffö, Reg. Nr. 10424) Glaubwürdig-keit verdient; vgl. dazu den Bericht über einen Vortrag von Erich Meuthen in den Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 168/169 (1967) 413.

102) Zu der von Hausmann, Wortwin 339 konstantierten Nachzeichnung des Mono-gramms von St. 4061 in der für Wortwin charakteristischen Form tritt noch die mit St. 4062 identische Gestaltung des Eschatokolls, die für die Ausfertigung beider Ur-kunden durch denselben Mundator spricht.

loa) Vgl. z u letzt Meuthen a. a. O. 55. Die Tatsache der Ausfertigung durch einen Kanzleinotar sowie einzelne Parallelen im Wortlaut zu anderen Urkunden Friedrich Barbarossas bezeugen zumindest die Echtheit dieser Teile des Diploms.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 49: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 71

auch als Diktator der Heiligsprechungsurkunde zu bezeichnen, zumal sich Berührungen stilistischer Art zu im Original überlieferten Verfügungen Barbarossas ergeben, die von einem halben Dutzend verschiedener Notare und aus einem Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt stammen1 0 4). Der Inhalt und Zweck der Urkunde bewirkten außerdem eine besonders kunst-volle und gehobene Ausdrucksweise und Wortwahl mit rhetorischen Figuren und Entlehnungen aus Bibel und Liturgie, wie sie sich in dieser Häufung kaum in gleichzeitigen Urkunden finden und die ebenfalls die Ausnahme-stellung dieses Diploms hervorheben105).

Als besonders auffällig verdient der Umstand erwähnt zu werden, daß Ähnlichkeiten des Diktats mit Diplomen aus der Zeit des Zuges Barbarossas nach Burgund im Herbst 1157 bestehen106); darin gleicht die Proklamation über die Heiligsprechung also offensichtlich den im Herbst des Vorjahres in Worms erlassenen Diplomen, mit denen auch sonst einige Überein-stimmungen existieren107). Weitere schon mehrmals betonte Parallelen er-geben sich zu Urkunden, die im Jahre 1158/59 von Rainald G in Italien ausgefertigt wurden108), sowie zu Verträgen, die Friedrich I. 1162 mit italie-

1M) Der Überbewertung dieser einzelnen Zusammenhänge erlag Kneer in seiner Arbeit über die Heiligsprechungsurkunde, in welcher er auf Grund einiger Diktatähn-lichkeiten und ohne jede Rücksicht auf die Mundatoren der Urkunden vom Verfasser von St. 4061 herrührende Diplome zusammenstellte. Die Liste der von Kneer diesem Diktator zugewiesenen Verfügungen Barbarossas umfaßt eine große Zahl der Diplome aus den Jahren 1155—86, die sich bei konsequenter Verfolgung der von Kneer auf-gezeigten Kriterien noch wesentlich erweitern ließe.

10δ) Hingewiesen sei auf das Zitat „in hymnis et canticis spiritualibus" (Kol. 3,16), das sich auch in St. 3837 findet und auf die Wendung „ad laudem et gloriam nominis Chri-sti" (vgl. dazu MIÖG 75, 390 Anm. 43) sowie auf den an das österliche Exsultet anklin-genden feierlichen Lobpreis der Stadt Aachen: „Letetur igitur et exsultet ineffabili gaudio Aquisgranum caput civitatum . . . " Als Beispiel für den rhetorischen Aufbau mag die Wendung „ . . . et inter sanctos confessores sanctum confessorem et verum con-fessorem credimus coronatum in celis" dienen (Alliteration, doppelte Adnominatio, Cursus planus). Über die feierliche Vortrageart und das Auftreten rhetorischer Figuren in Prosatexten, wie sie in St. 4061 in ungemein weitreichendem Maße vorhanden sind, vgl. die Ausführungen von Heinrich F i c h t e n a u , Bemerkungen zur rezitativen Prosa des Hochmittelalters, in der Festschrift für Karl Pivec (Innsbrucker Beiträge zur Kul-turwissenschaft 12, 1966) 21 ff. und derselbe, Rhetorische Elemente in der ottonisch-salischen Herrscherurkunde, MIÖG 68 (1960) 39 ff.

loe) Neben der Übereinstimmimg in manchen kurzen Wendungen — so findet sich auch in St. 3788 „divina ordinante dementia", oder in St. 3783 „pietatis vestigiis inherentes" (weitere Parallelen zu St. 3787 vgl. Cramer-Vial, Karlsfälschung 119) sind vor allem die Berührungen im nicht sehr häufigen Wortlaut der Corroboratio signifi-kant. St. 4061: „Ceterum ut ... perhennitatis robur obtineant, presenterη inde paginam conscribi et aurea bulla signique nostri karactere sign&ri iussimus" — St. 3787 (und sehr ähnlich St. 3792): „Ut . . . firmitatis robur obtineat, presentem inde paginam conscribi et bulla aurea iussimus insigniri annotato signi nostri karactere ..."

107) Außer der schon betonten Identität im Aufbau der Datierung verdient das Auftreten von Bezeichnungen wie „de institutionibus legum humanarum et civilis iuris" im Diplom St. 4061 Beachtung, das in manchem an die Betonung der Gedanken des Römischen Rechtes in St. 4051, 4052 und 4053 erinnert.

10B) Auf die Zusammenhänge zwischen dem Diplom für Monza von 1158 (St.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 50: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

72 Josef R i e d m a n n

nischen Städten abgeschlossen hatte109). Geringfügige Anklänge lassen sich endlich auch zu anderen gleichzeitigen, von Wortwin mundierten Diplomen nachweisen110).

An der Abfassung der Heiligsprechungsurkunde waren also offenbar mehrere Mitglieder der Reichskanzlei beteiligt, wobei einerseits besonders auf Rainald G, der am selben Tag ein Diplom mundierte111), und auf den Notar Wortwin, der als Schreiber der Urkunde gelten kann, hinzuweisen ist. Dazu tritt jedoch weitgehend Diktatgut, welches mit dem Kanzleistil von 1156—58 und vor allem mit dem Diktat der Burgunderdiplome des Herbstes 1157 sehr nahe Schulverwandtschaft zeigt. Welche Persönlichkeit für diese Formulierungen verantwortlich gemacht werden kann, muß allerdings offen bleiben. Der ehemalige Notar Heribert, der Protonotar Heinrich und Rai-nald von Dassel können jedoch anscheinend damit in keinen zwingenden Zu-sammenhang gebracht werden112).

Wortwin schrieb am folgenden Tag auch ein Diplom über die Vorrechte der Stadt Aachen113), doch weist die Urkunde nur äußerst geringfügige Parallelen zu anderen Entscheidungen Barbarossas auf. Im Wortlaut der Strafformel und in der Corroboratio ist möglicherweise ein Einfluß des mun-dierenden Notars zu verspüren114). Ende des Monats besorgte Rainald G in Frankfurt die Abfassung und Niederschrift der Schutzbestätigung für die Abtei Ilbenstadt118). Der zweite Teil der Arenga, die Publicatio und Corro-boratio bezeugen diesen Notar auch als Diktator des Diploms116).

3838 A) und der Heiligsprechungsurkunde hat besonders Peyer, DA 8, 451 ff. hingewie-sen. Dort finden sich auch die Parallelen verzeichnet.

10·) Vgl. etwa St. 4061: „voluntatis nostre atque propositi summum desiderium fuit" oder „non solum in cismarinis sed etiam in traxmmarinis partibus" mit den Formu-lierungen in St. 3949 für Genua: „iuxta illud nostre voluntatis propositam" und „quas in citr&marinis vel ultramarin»« partibus tenent".

n o ) So ist etwa auch in der Arenga von St. 4077 (geschrieben von Wortwin) vom „fastigium imperii" die Rede, auf das der Herrscher gelangt war. l u ) St. 4060.

112) Gegen eine Beteiligung Heriberts an der Entstehung des Barbarossadiploms spricht das Fehlen von Diktatzusammenhängen mit von dieser Kanzleikraft diktierten Urkunden. Zudem wird Heribert, obwohl als Erzbischof von Besangon und ehemaliger Stiftspropst von Aachen einer der bedeutendsten Kirchenfürsten des Reiches, in keiner Quelle als Teilnehmer an den Feierlichkeiten um die Jahreswende 1165/66 in Aachen genannt. Über den Protonotar Heinrich vgl. S. 94 ff. Obgleich Rai-nald von Dassel zweifellos als treibende Kraft bei der Heiligsprechung zu gelten hat (s. darüber die von Dr. Herkenrath vorbereitete Biographie Rainalds), lassen sich Diktat-einflüsse des Notars Rainald H, von dem sämtliche Barbarossaurkunden herrühren, in denen Rainald besonders hervortritt, nicht nachweisen. 113) St. 4062.

114) In der Gestaltung dieser Diplomteile bestehen Ähnlichkeiten mit der Urkunde St. *4055, die sehr wahrscheinlich in ihrer echten Fassung von Wortwin herrührt. In der Arenga von St. 4062 sei die an die Liturgie anklingende Wendung „congruum et rationabile" genannt, die auch in St. 3936, 3949 und 3976 benutzt worden war; vgl. Kneer, Heiligsprechung 8. Die einzelnen Bestimmungen über die Freiheiten der Stadt Aachen beruhen wohl auf älteren Rechtsgewohnheiten. 115) St. 4064.

l le) Der zweite Teil der Arenga wiederholt Formulierungen aus St. 4023 A, die Publicatio bietet den in Anm. 14 angeführten Wortlaut, und in der Corroboratio ist auf die Bezeichnung „nostre maiestatis sigillo" hinzuweisen, vgl. Anm. 40.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 51: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 73

Drei Urkunden aus dem März 1166 stehen im Zusammenhang mit der Übertragung des Klosters Nienburg an den Magdeburger Oberhirten. Da-von wurde die eine117) von einem Nienburger Schreiber wahrscheinlich erst um 1173 mundiert und muß möglicherweise in der vorliegenden Form als Fälschung gelten118). Ein Anteil der Reichskanzlei des Jahres 1166 am Dik-tat des Diploms läßt sich nicht mit Sicherheit nachweisen119). Rainald G schrieb die zweite Urkunde, eine Bestätigung des Tausches zwischen dem Kaiser und Magdeburg120). In der Arenga kehren eine von Rainald G schon benutzte Wendung sowie ein Anklang an eine häufig ausgeschriebene For-mulierung aus dem Codex Udalrici wieder121), die Publicatio und der Nach-satz der Corroboratio entsprechen der Gewohnheit von Rainald G122), von dem wahrscheinlich auch die am gleichen Tag ausgestellte, nur in deutscher Übersetzung erhaltene Urkunde über die Rechte der für das Reich einge-tauschten Burg Schönburg herrühren dürfte123), wie die dem vorhergehenden Diplom entsprechende Struktur des Eschatokolls und die gleichlautende Publicatio nahelegen.

Föhl machte sehr wahrscheinlich, daß die kaiserliche Bekräftigung eines Übereinkommens zwischen dem Bamberger und dem Würzburger Bischof nach Bamberger Diktat ausgefertigt wurde124). Für eine Beteiligung der Reichskanzlei finden sich keine Anhaltspunkte. Der Notar Ulrich Β mun-dierte das Diplom über die Zustimmung Barbarossas zu einer Schenkung eines Reichsministerialen an das Kloster Indersdorf12S). Auch die Formulie-rung der Urkunde dürfte Ulrich Β besorgt haben, wobei von Rainald G ent-

" ' ) St. 4065. us) Vgl. Egger, Schreiber 241 f. und Ficker, Beiträge 1 165 f. Die Zuweisung an

einen Nienburger Schreiber nahm Arthur B i e r b a c h , Das Urkunden wesen der älteren Magdeburger Erzbischöfe 1 (1913) 61 ff. und 95 vor. Über den Umfang einer eventuel-len Interpolation ist allerdings keine sichere Aussage möglich; vgl. die Vorbemerkungen zum Druck im Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg 1 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und dea Freistaates Anhalt, Neue Reihe 18, 1937), bearbeitet von Friedrich I s r a e l unter Mitwirkung von Walter Möl lenberg 406 Nr. 316.

119) Doch begegnet unter anderen das in der Publicatio von St. 4065 enthaltene Begriffspaar „tarn presens etas quam successura posteritas" auch in St. 4051, 4052, 4053 sowie in St. 4073.

120) St. 4066. Es ist dies die letzte von Rainald G geschriebene Originalurkunde Friedrichs I., die erhalten blieb.

m ) Der Beginn der Arenga „Quicquid in legitimis contractibus . . . statuitur" war bereits in St. 4023 Α anzutreffen. In sehr geringem Umfang finden sich in St. 4066 auch Wendungen aus Eccard Nr. 77 = Hausmann Formel 10 (MIÖG 58, 75) verwertet. In den dispositiven Bestimmungen der Urkunde sind kaum weitere Parallelen nachweis-bar; sie dürften vom Empfänger formuliert worden sein.

122) Beide stimmen nahezu wörtlich mit St. 4064 überein. 123) St. 4067. 124) St. 4068; vgl. Föhl, MÖIG 50, 104. Auf Eberhard II . von Bamberg als Ver-

fasser der Urkunde weist vielleicht das erweiterte Digestenzitat „qui auctore possessore pretore possidet iuste possidet" (Dig. 42,2, 11), da Eberhards Kenntnisse im Römi-schen Recht bekannt sind; vgl. Appelt, Kaiseridee 11.

125) St. 4069.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 52: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

74 Josef Riedmann

wickelte Wendungen, die auch in anderen Diplomen von der Hand des Ul-rich Β nachweisbar sind, Verwendung fanden129).

Ende Mai ließ der Kaiser angeblich eine Verfügung für Ravengiers-burg127) ausstellen, deren Wortlaut sich sehr stark auf eine Privaturkunde stützt, welche in der maßgeblichen Edition als von G. F. Schott gefälscht angesprochen wird128). Auf Grund der Überlieferung ist es höchst wahr-scheinlich, daß auch die Kaiserurkunde von Schott verfertigt wurde129), da, vom Aufbau des Eschatokolls abgesehen130), keine Gemeinsamkeiten mit der Gewohnheit der Reichskanzlei nachweisbar sind. Drei Tage später mundierte Ulrich Β die feierliche Urkunde für Rainald von Dassel131). Neben sehr geringfügigen wörtlichen Parallelen zu anderen Diplomen verdient in die-ser Verfügung das Auftreten der als „Lichtmetaphysik" bezeichneten Gedan-ken in der Arenga Beachtung, die in ähnlichem Wortlaut in mehreren Bar-barossaurkunden wiederkehren, jedoch keinen sicheren Schluß auf den Ver-fasser des Diploms erlauben132). Die einzelnen rechtlichen Bestimmungen dürften vielleicht von den als Zeugen genannten Kölner Geistlichen in ihrer Formulierung beeinflußt sein; hingegen fällt auf, daß sich Diktatgut des Notars Rainald H, dessen engste Verbundenheit mit dem Erzkanzler ge-sichert ist, im Diplom offenbar nicht findet.

Vermutlich erfolgte in Frankfurt auch die Bestätigung des Spitals in Fulda, wie die mit der in der Urkunde für Rainald von Köln größtenteils identische Zeugenreihe des nur kopial und ohne Eschatokoll überlieferten Diploms133) nahelegt, dessen Wortlaut mit dem Diktatgut von Originalen von der Hand des Notars Ulrich Β weitreichende Parallelen aufweist, so daß dieses Mitglied der Reichskanzlei sehr wahrscheinlich auch als Verfasser der Urkunde gelten kann134).

12e) Die Arenga „Iustum et rationabile nobis videtur..." erinnert an die Formu-lierung im Diplom St. 4035, mit dem auch die Publicatio wörtlich übereinstimmt. Aller-dings ist auch eine direkte Beteiligung von Rainald G an der Abfassung der Urkunde nicht auszuschließen. 127) St. 4071.

128) Mainzer Urkundenbuch l,bearb. von Manfred S t i m m i η g, (1932) 522 Nr. 603. 129) Die Urkunde ist nur in einer Abschrift Schotts „ex libro quodam copiali"

erhalten. Zur Tätigkeit Schotts vgl. Hans W i b e l , Die Urkundenfälschungen Georg Friedrich Schotts, Neues Archiv 29 (1904). Wibel behandelt nur die von Schott her-rührenden Diplome bis auf Heinrich V.; vgl. auch D. K. III. 281 (=St . 3407a).

130) Der Wortlaut der Rekognition sowie der Aufbau der Datierung stimmen mit St. 4072 von der Hand des Notars Ulrich Β überein. 131) St. 4072.

132) Vgl. dazu Fichtenau, Arenga 36 f. und Zeillinger, DA 22, 495 f. Mit der Wen-dung „et digna dignis respondeant premia meriforum" berühren sich in St. 4032 (und 4034): „et dum digne meritia premia digna retribuit" sowie in St. 3942: „et digni digna re-tributionum premia.. .recipiunt"; auf die Formulierung „fide oculata perspeximus" und die entsprechenden Parallelen in St. 3963 verwiesen bereits Kneer, Heiligsprechung 4 und Zeillinger, DA 22, 496. Doch läßt sich auf Grund dieser Gemeinsamkeiten eine Beteiligung von Rainald G an der Entstehung von St. 4072 nicht mit Sicherheit er-schließen.

lS3) St. 4544. Auch der Empfänger, Abt Hermann von Fulda, wird in St. 4072 als Zeuge angeführt.

1M) Der Beginn der Arenga entspricht dem in St. 4069, der weitere Text dieses

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 53: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 75

Hirsch138) und Brumm1 3 8) stimmen darin überein, daß der erste Ab-schnitt des im Juli 1166 in Besangon ausgefertigten Diploms für den Erz-bischof von Vienne137) zum Teil auf Formulierungen aus dem Jahr 1157 zu-rückgeht, die aber 1166 durch einen anderen Notar eine Überarbeitung er-fuhren, während der zweite Abschnitt wörtlich der erhaltenen Urkunde vom Herbst 1157 zugunsten des Erzbischofs von Vienne138) entspricht. An der Überarbeitung des ursprünglichen Wortlautes war offenbar derselbe Ver-fasser beteiligt, dessen Einfluß auch im Diplom für Rainald von Köln zu ver-spüren ist und der ebenso bei der Abfassung weiterer Barbarossaurkunden tätig gewesen sein dürfte139), ohne daß diese Persönlichkeit näher bestimmt werden kann.

Eine Nachzeichnung des Diploms über die zwischen Friedrich I. zu-sammen mit seiner Gemahlin und Odo von der Champagne getroffenen Ver-einbarungen140) weist sichere Merkmale für die Ausfertigung dieser Urkunde durch den Notar Rainald C auf, von dessen Hand seit Beginn des Jahres 1164 kein Original einer kaiserlichen Verfügung existiert und für dessen Wirksam-keit im Dienste des Herrschers seit dieser Zeit auch sonst kein Zeugnis vor-liegt141). Das Diktat der offensichtlich von ihm geschriebenen Urkunde des Jahres 1166 bietet — mit Ausnahme von Ähnlichkeiten in der Corrobora-tio142) — keine Parallelen zu früheren Diplomen von seiner Hand. Wie es zu

Formularteiles mit der Erzählung vom wahren Samariter sowie Publicatio und Straf-formel stimmen in vielem wörtlich mit St. 4035 und 4049 (vgl. Anm. 51) überein. Diese ungemein weitreichenden Parallelen von St. 4544 mit zwei Urkunden Barbarossas aus den Jahren 1164/65 gewinnen im Zusammenhang an Bedeutung. In einer Urkunde des Abtes Marquard von Fulda aus dem Jahre 1165 (Druck: Joannis Friderici S c h a n n a t Historia Fuldensis, Bd. 2: Codex probationum historiae Fuldensis, Frankfurt 1729, 186 f. Nr. 72) wird ein Diplom Friedrichs I. über die Bestätigung des Fuldaer Spitals zitiert, wobei die Zitate zum Teil wörtlich im Text von St. 4544 wiederkehren. Da St. 4544 für den Abt Hermann von Fulda ausgestellt wurde und darin der Abt Marquard als „beate memorie" erwähnt wird, liegt es nahe, eine verlorene Urkunde Friedrich Barbarossas für Fulda aus den Jahren 1164/65 anzunehmen (Hermann tritt seit IX1165 als Abt von Fulda auf; vgl. St. 4052), die in St. 4544 im nächsten Jahr zum Teil wörtlich wiederholt wurde. Möglicherweise ist das Deperditum in die letzten Tage des März 1165 zu setzen, als Barbarossa in Fulda St. 4041 ausfertigen ließ.

136) Hirsch, Urkundenfälschungen 91 ff., 94 ff., 164 ff. und 167 f. 136) Brumm, MIÖG 57,312 ff., bes. 317 f. 18') St. 4073. l8e) St. 3780. 13') Die Herkunft der Narratio von St. 4073 aus einem Diplom des Jahres 1157

kann nahezu als gesichert gelten (vgl. Hirsch a. a. 0.92); für die Publicatio ist dies nicht unwahrscheinlich, ebenda 91. In der Arenga stehen neben Gedanken der „Lichtmeta-physik", die auch in St. 4061 und 4072 begegnen (vgl. Zeillinger, DA 22, 495) — also als Diktatgut von 1166 anzusprechen sind —, und anderen geringfügigen Parallelen zu gleichzeitigen Diplomen („sedes regni" in St. 4061, „honor et gloria" in St. 4075) For-mulierungen, die in sehr ähnlichem Wortlaut bereits in St. 3787 anzutreffen waren (Hirsch a. a. O. 94).

"") St. 4074. 141) Vgl. S. 50 und 60 bes. Anm. 18. 142) Sie entspricht dem von Rainald C oftmals verwendeten Wortlaut von Erben,

Privilegium Formel IX. 1 c und 2 a mit Ausnahme der Wendung „ab omnibus diligen-tiue", die durch „in processu temporis inviolabiliter" ersetzt wurde, und der etwas ver-

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 54: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

76 Josef R i e d m a n n

diesem ganz vereinzelten Wiederauftreten von Rainald C im Jahre 1166 als Schreiber von Kaiserurkunden kam, muß offenbleiben.

Ulrich Β mundierte im August in Boyneburg eine weitere kaiserliche Bestätigung des Gütertausches zwischen dem Herrscher und dem Erzbischof Wichmann143), die sowohl inhaltlich als auch in ihrem Wortlaut mit der fünf Monate vorher erlassenen Urkunde zusammenhängt144). Diktatparalle-len zu anderen vom gleichen Notar geschriebenen Diplomen sind kaum fest-stellbar145).

Mit der Ausfertigung der Urkunde zugunsten des Bischofs von Metz146) Ende September in Hagenau beginnt wiederum eine Tätigkeitsperiode des Notars Wortwin. Das Diplom ist nach Hausmann „von ihm verfaßt und wahrscheinlich auch geschrieben worden"147). Auch das Diktat der Urkunde über die Bestätigung des neugegründeten Spitals am Semmering148) wurde von Hausmann demselben Mitglied der Reichskanzlei zugewiesen149), und das inzwischen wiederaufgefundene Original von der Hand dieses Notars bestätigt die Richtigkeit dieser Annahme. Dabei läßt sich jedoch ein unver-kennbarer Diktateinfluß von Wendungen aufzeigen, welche Rainald G mit besonderer Vorliebe gebraucht hatte und die mit bezeichnenden Änderungen von Wortwin übernommen wurden150). Es wird sich wohl nicht mit Sicher-heit entscheiden lassen, ob für diese Stilkontinuität zwischen Rainald G und Wortwin, welche keineswegs für alle von Wortwin herrührenden Diplome zutrifft, die aber in der Folgezeit noch deutlicher zum Ausdruck kommt161),

änderten Zeugenankündigung. Bemerkenswert ist in der Publicatio die territoriale Be-zogenheit. Die Urkunde richtet sich an die „fideles in Burgundia". Sie bildet damit ein Gegenstück zu den „fideles per Ytaliam constituti" in vielen in Italien ausgestellten Urkunden; vgl. etwa auf dem dritten Italienzug St. 3992, 3998, 4000, 4003, 4003 A, 4004, 4006 usw. und zu St. 4049 für Deutschland (vgl. Anm. 52).

145) St. 4075. 144) St. 4066. 146) Zum Begriffspaar „honor et gloria" vgl. Anm. 139; zur Verwendung des Titels

„aacrum imperium" in diesem Diplom s. Herkenrath, MIÖG 72, 58 f. 14e) Fehlt bei Stumpf (1166 IX 25, Hagenau = St. 4075 A), gedruckt: Ph. Ma-

r i c h a l , Cartulaire de l'öveche de Metz 1 (1903—05) 480 Nr. 213. 147) Hausmann, Wortwin 339. Auffällig die Übereinstimmung mit der Urkunde

St. 4052, die sehr wahrscheinlich auch von Wortwin mundiert wurde (vgl. S. 65) in der Wendung „suam cuique iustitiam conservare" (s. Anm. 74). Sollte Wortwin auch Ein-fluß auf die Formulierung der in Worms ausgestellten Diplome St. 4051, 4052 und 4053 genommen haben ?

148) St. 4076. Zu dieser Urkunde vgl. den Aufsatz von Heinrich A p p e l t , Die An-fänge des Spitals am Semmering, Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 43 (1952) 3 ff.

149) Hausmann, Wortwin 339. 160) Das Vorbild von Formulierungen, die Rainald G in St. 4017 a ( = 4023 A)

benutzte, wird von Hausmann a. a. O. betont. Die Erzählung vom „verus Samaritanus" wurde dabei von Wortwin etwas abgewandelt (vgl. MIÖG 75, 356 Anm. 24). Ebenso entspricht die Publicatio von St. 4076 fast vollkommen dem in Anm. 14 angeführten Wortlaut, den Rainald G ungemein häufig verwendete.

isi) Vgl. etwa die Ausführungen von Zeillinger, DA 22, 489 ff. Als besonders ein-drucksvolles Beispiel der Übernahme früherer Diktatgewohnheiten von vor ihm in der

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 55: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrieh Barbarossa 77

die Benutzung von Konzepten des älteren Notars oder persönliche Kontakte, die zwischen beiden Mitgliedern der Reichskanzlei offensichtlich bestanden, verantwortlich gemacht werden können.

Wortwin schrieb auch das Diplom für die Propstei Öhningen1S2), dessen Diktat nach Hausmann jedoch nicht von ihm herrührt153).

Bereits auf dem vierten Italienzug besorgte Ulrich Β in Trient die Ausferti-gung einer Urkunde für die Augustiner in Au (Gries) bei Bozen154). Auch das Diktat dieses Diploms weist kaum Parallelen zu anderen gleichzeitigen Ver-fügungen des Kaisers auf, so daß der Annahme Huters, die Urkunde beruhe auf Empfängerdiktat, wobei möglicherweise die Gründungsaufzeichnung be-nutzt wurde155), große Wahrscheinlichkeit zukommt.

Mandate und Briefe Friedrichs I. aus den Jahren 1161—66 und ihr Zusammenhang mit gleichzeitigen Diplomen.

Wie im ersten Teil der Arbeit soll im folgenden versucht werden, einen Überblick über Diktatzusammenhänge zwischen Diplomen der Reichskanz-lei einerseits und Mandaten, Rundschreiben und Briefen Barbarossas in den Jahren 1161—66 andrerseits zu bieten, ohne dabei einen Anspruch auf Voll-ständigkeit anzustreben, da vor allem die überaus schwierige Frage der persönlichen Beteiligung des Bamberger Oberhirten Eberhards II . an der Entstehung einzelner Schriftstücke noch offenbleiben muß1). Die folgenden kurzen Ausführungen werden sich also im wesentlichen auf die Wiedergabe der bisherigen Forschungsergebnisse beschränken, zu denen noch einige er-gänzende Beobachtungen gebracht werden sollen.

Reichskanzlei tätigen Notaren durch Wortwin sei noch die Einleitung der Urkunde St. 4551 erwähnt, die nach Hausmann, Wortwin 343 im Jahre 1171 von Wortwin diktiert wurde.

St. 4551: St. 3955 (und nahezu wörtlich gleich auch St. 3992):

Dignitas et excellentia Romani im- Dignitas et excdlentia Romani im-perii, que ab ipso pietatis fonte manavit, pie perii, que ab ipso pietatis fonte manavit, pie semper agereconsuevit el quia nvXhmxmagis semper agere consuevit et imperatorem vel quam imperatorem vel principem dementia principem michil magis quam dementia decet, eius consilia et opera in omnibus et decet, cuius consilia cuius opera in omnibus per omnia ex dementie dulcedine semper de- et per omnia ex dementie dulcedine semper bent exuberare. debent exuberare.

162) St. 4077. Zu dem in dieser Urkunde verwerteten Bibelzitat Prov. 8, 15 vgl. MIÖG75,390 Anm. 43.

1δ3) Hausmann, Wortwin 339. •— Eine ältere Herrscherurkunde für den gleichen Empfänger scheint als Vorlage nicht in Frage zu kommen, denn St. 4077 bildet selbst zum Teil die Grundlage für die Fälschung DO. I. 445; vgl. ausführlicher die zutreffen-den Ausführungen von Paul Z i n s m a i e r , Die gefälschte Urkunde Kaiser Ottos I. für die Propstei öhningen, und — in der Wertung des Inhalts des Spuriums etwas davon abweichend — Karl S c h m i d , Probleme um den „Grafen Kuno von Öhningen", in: Dorf und Stift öhningen, hrsg. von Herbert Berner (1966) 95 ff., bzw. 43 ff.

154) St. 4078. l56) Tiroler Urkundenbuch 1/1 (1937) bearbeitet von Franz H u t e r 152 f. Nr. 311.

l) Vgl. MIÖG 75,387.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 56: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

78 Josef R i e d m a n n

Im Gegensatz zu der vorhergehenden Epoche sind uns aus dem Zeit-raum von 1161—1166 einige Mandate und Briefe Friedrichs I. im Original erhalten. Sie stammen zum Teil von gleichzeitig als Urkundenschreibern tätigen Kanzleinotaren2), zum Teil rühren sie von unbekannten Mundatoren her, die möglicherweise mit dem Empfänger oder mit den durch das Mandat begünstigten Persönlichkeiten in Verbindung stehen3). Für die Ausfertigung kaiserlicher Schreiben über die politisch hochbedeutsamen Geschehnisse auf den verschiedenen Reichstagen und Synoden, die offenbar in nicht geringer Anzahl an die geistlichen und weltlichen Großen des Imperiums versandt wurden, dürften auch Gelegenheitsschreiber herangezogen worden sein4).

Wie Otto5) und — diesen in manchem korrigierend — Höing6) gezeigt haben, schließen sich die Rundschreiben Barbarossas, in denen er zum Be-such der Kirchenversammlung bei S. Jean-de-Losne auffordert7), im Diktat an eine Gruppe höchst wichtiger Schriftstücke der vorhergehenden Jahre an, als deren Verfasser Otto Rainald von Dassel namhaft machen zu können glaubte, die jedoch von Höing dem Kanzler abgesprochen wurden und von denen Zeillinger annimmt, daß sie unter dem maßgeblichen Einfluß Bischof Eberhards II. von Bamberg entstanden seien8). Damit im Zusammenhang dürfte auch die Aufforderung des Kaisers an den Salzburger Kirchenfürsten zur Teilnahme an dem später in Lodi abgehaltenen Konzil stehen9), die wie-derum geringfügige Diktatparallelen zu einem Brief Barbarossas an den Bi-schof von Cambrai aus dem Herbst 116510) aufweist. Mit diesem Schrift-

s) St. 3909 und 3937 ( = St. 3922 A). 3) St. 3969 und 4063; vgl. Egger, Schreiber 235 f. und 286. Auf einen späteren Fall

der Ausfertigung eines kaiserlichen Mandates durch einen Empfängerschreiber machte Peter R ü c k , Die Urkunden der Bischöfe von Basel bis 1213 (Quellen und Forschungen zur Baaler Geschichte 1, Basel 1966) 128 f. aufmerksam. Ein Mandat Barbarossas aus dem Jahre 1180 zugunsten des Basler Bischofs (St. 4302) stammt von der Hand eines auch sonst im Dienste des Kirchenfürsten bezeugten Mannes.

4) Auf diese Weise mag das im Archivio capitolare zu Imola aufbewahrte Einladungs-schreiben zum geplanten Konzil zu S. Jean-de-Losne 1162 an den Bischof von Avignon (vgl. St. 3945 und 3948) entstanden sein, das auf einem kleinen Pergamentstück von einer sehr ungeübten Hand in Buchschrift mundiert wurde; vgl. Henry S imons fe ld in den Münchner Sitzungsberichten (1907) 541 Nr. 2.

') Otto, DA 5, 72 ff., bes. 90 ff. «) Höing, Archiv für Diplomatik 2, 125 ff., bes. 129 ff. und 140 ff. ') St. 3945, 3946 und 3948 (Const. I. Nr. 208 und 209). — Das Schreiben an den

Erzbischof von Lyon über dieselbe Angelegenheit (St. 3947; Const. I. Nr. 210) deckt sich zwar inhaltlich weitgehend mit den vorhergehenden Stücken, verwendet jedoch andere Formulierungen und dürfte daher auch von einem anderen Verfasser herrühren.

«) Vgl. MIÖG 75, 387 ff. ') St. 3906 (Const. I. Nr. 197). Vgl. St. 3906: „ . . . pressuria, in quibus aancta dei

ecclesia fluctuans laborabat" — St. 3945: „ . . . inter pressures diversas, quibus sancta dei ecclesia frequenter . . . tribulata est"; St. 3906: „ . . . opemque necessariam negotio tamarduo . . . " — St. 3945: „ . . . negotium tarn arduum . . . et tarn neeessarixnn" (eine sehr ähnliche Formulierung begegnet auch in St. 3870 und 3894 A, die zur gleichen Dik-tatgruppe gehören; vgl. Otto, DA 5, 90 Anm. 2).

l0) St. 4542 (Const. I. Nr. 226). Als Parallelen seien erwähnt: St. 4542: „Super quo plurimum ammiramur, mirantur et universi, qui vident et audiunt"; bzw. „Manda-

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 57: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 79

stück hat ein weiteres Mandat an den Salzburger Oberhirten aus dem Jahre 1164 einige Wendungen gemeinsam11).

Auf Grund der Berührungspunkte in der Einleitung mit den genannten Einladungsschreiben wird man auch die Antwort des Kaisers auf einen Brief Eberhards I. von Salzburg in diesen Zusammenhang einordnen dürfen12), während bei zwei anderen im Herbst 1161 erlassenen Mandaten an den Salzburger Erzbischof und dessen Suffragan Roman von Gurk13), welche in ihrem Wortlaut Übereinstimmungen zeigen — also von einem gemeinsamen Verfasser herrühren — und die Otto ebenfalls der behandelten Diktatgruppe zuwies14), einigermaßen beweiskräftige Gleichklänge mit den schon ange-führten Urkunden offenbar fehlen.

Bischof Eberhard II . von Bamberg verfaßte und mundierte im April 1166 ein Mandat an den Herzog von Kärnten15), und nach Zeillinger kann der einflußreiche Kirchenfürst unzweifelhaft auch als Diktator des Schrei-bens Barbarossas an den Salzburger Erzbischof aus der ersten Hälfte des Jahres 1164 bezüglich der Beilegung des Streits zwischen den beiden baben-bergischen Brüdern, dem Bischof von Passau unddem Herzog von Österreich, gelten16).

Der Anteil Rainalds von Dassel an der Entstehung kaiserlicher Briefe und Manifeste, den Otto aufgedeckt zu haben glaubte, erwies sich im Zuge der weiteren Beschäftigung mit dieser Frage als nicht in allem überzeugend, doch nimmt auch Herkenrath Rainald als gesicherten Verfasser des Briefes Friedrichs I. an Ludwig VII. von Frankreich17) an. In den Manifesten des Würzburger Reichstages von 116418) vermutet Höing — aufbauend auf einem Hinweis von Giesebrecht19) und damit ebenfalls im Gegensatz zu

mus itaque tue fidelitati et monendo precipue rogamas, quatenus . . . omni occasione et dilaticme remota . . . " — St. 3906: „ . . . miramur nos primitus, mirantur et universi prin-cipes.. . , qui..."; „Mandamus itaque tue discretion! monentee et...rogantes, ut remota omni occasione et dilatione ..."

") St. 4002 (Const. I. Nr. 220). Vgl. St. 4002: „Tua igitur ope opus habentes tuam fidelitatem . . . summopere commoreemus . . . rogantes, quatenus . . . " — St. 4542: „... monentes summopere et rogantes, quatenus ... ubicunque tua ope opus Aa&uerit..."

") St. 3924 (Const. I. Nr. 202): „inter anxias et innumeras tribulationes, quibus exigentibus peccatis hominum iam diu universalis laborat ecclesia . . . " — St. 3945: „inter innumeras et tumescentes tempestatum procellas, quibus iam diu navicula beati Petri quassata . . . " ; vgl. dazu auch die Parallelen zu St. 3906 in Anm. 9.

la) St. 3920 und 3921 (Const. I. Nr. 199 und 200). 14) Otto, DA 5, 77 f., 82 und 89 f. Otto arbeitet ebenda die unzweifelhaft vorhan-

denen Berührungspunkte zwischen beiden gleichzeitigen Stücken heraus, bleibt jedoch den entscheidenden Beweis für die Verbindung mit den anderen Urkunden schuldig. Herkenrath, MIÖG 72, 57 hält auf Grund des Vorkommens des Reichstitels „sacrum imperium" die Mitarbeit Rainalds bei beiden Mandaten für gesichert.

") St. 4070; vgl. Egger, Schreiber 188 f. und Zeillinger, DA 22, 517. ") St. 3863 ( = St. 4009 B; Const. I. Nr. 219); s. Zeülinger, DA 22,517. ") St. 3944 (Const. I. Nr. 207); vgl. Otto, DA 5, 92 f. und Herkenrath, MIÖG 72,

56 f. ") St. 4045, 4046 und 4047 (Const. I. Nr. 223, 224 und 225). ") Giesebrecht 6 444.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 58: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

80 Josef R i e d m a n n

Otto — eine Betei l igung Rainalds2 0) , und auch nach Herkenrath hat der Erzkanzler „zumindest an der Abfassung der Würzburger Rundschreiben maßgeblich mitgewirkt"2 1) . Eine neue Grundlage in dieser umstrit tenen Frage ergab sich durch den v o n Herkenrath aufgezeigten Zusammenhang zwischen Rainald und dem Notar Barbarossas Rainald H. Von der H a n d die-ser Kanzleikraft s tammt offenbar ein zeitlich schwer einzuordnendes Mandat zugunsten der Hildesheimer Kirche2 2); und auch die drei Schreiben an die Konsuln v o n Siena, die Leute v o n S. Ant imo und die Bevölkerung v o n Pistoia2 3) (wahrscheinlich aus dem Spätherbst 1163) dürften v o n diesem Mitglied der Reichskanzlei verfaßt worden sein24).

E s ist das Verdienst v o n Scheffer-Boichorst2 5), den Kapel lan Bur-chard auf Grund v o n Parallelen zwischen dessen Privatbriefen und den im N a m e n des Kaisers erlassenen Schreiben als Verfasser der Manifeste über den Fall Mailands 11622 e) aufgedeckt zu haben. Güterbock, der sich ausführ-licher mi t dieser Persönlichkeit beschäftigte2 7) , scheint auch geneigt, Burchard als Diktator des Briefes an den französischen Kanzler Hugo v o n Soissons2 8) anzusehen.

2°) Höing, Archiv für Diplomatik 2,139 f. 21) Herkenrath, MIÖG 72,57. 22) St. 4539. 2S) Fehlen bei Stumpf; gedruckt von Fedor S c h n e i d e r in den Quellen und For-

schungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 11 (1908) 64 (Siena) und von Ulrich S c h m i d in der Römischen Quartalschrift 19 (1905) 119 f. (Pistoia und S. Anti-mo).

24) Mit den vier zuletzt genannten Urkunden wird sich Herkenrath in seiner Bio-graphie Rainalds von Dassel ausführlicher beschäftigen.

25) Paul S c h e f f e r - B o i c h o r s t , Der kaiserliche Notar und der Straßburger Vitztum Burchard, ihre wirklichen und angeblichen Schriften, Gesammelte Schriften von Paul Scheffer-Boichorst 2 (Historische Studien 43, 1905) 225 ff., bes. 232 ff.

2e) St. 3933, 3933 a, 3934 und 3938 (Const. I . Nr. 203 und 204). Es verdient Be-achtung, daß in diesen Schriftstücken Anklänge an das Zitat Prov. 8, 15 (St. 3933: „ . . . in virtute dei, per quem reges regnant et potentes faciunt iustitiam") und an Sene-ca, De clem. I 3, 3 (St. 3933 a : „ . . . dementia, quam nullum magis quam principem decet") auftreten, welche bereits in Mandaten und Briefen der Jahre 1156—60 anzutref-fen waren (vgl. MIÖG 75, 390 Anm. 43 und 45). Neben dem Senecazitat, das sich auch in mehreren Diplomen von 1161—63 findet (vgl. MIÖG 75,390 Anm. 45 und oben S. 36 Anm. 107), sei noch auf die Parallelen zwischen St. 3933 : , , . . . qui .. . personarum servitio et rerwm dispendio hactenus fideliter communicaverunt" und St. 3950 (und gleichlau-tend in St. 3976 A ) : , , . . . qui in personarum periculo . . . ei in rerwm dispendio pro imperii honore fideliter decertaverunt" hingewiesen.

27) Ferdinand G ü t e r b o c k , Le lettere del notaio imperiale Burcardo intorno alia politica del Barbarossa nello scisma ed alla distruzione di Milano, Bullettino dell'Isti-tuto storico italiano per il medio evo 61 (1949) 1 ff. — Die von Güterbock durchgeführ-te Gleichsetzung dieses kaiserlichen Kapellans, der zu Beginn der sechziger Jahre als Diplomat Friedrichs I . mehrfach Verwendung fand, mit dem gleichnamigen, 1176 bis 1179 als Schreiber von Diplomen tätigen Notar der Reichskanzlei, bedarf noch einer gründlichen Überprüfung; vgl. auch S. 90 Anm. 1.

2a) Fehlt bei Stumpf; gedruckt im Recueil des Historiens des Gaules et de la France 16 (Paris 1878) 202 Nr. 10. Die Zuweisung an Burchard findet sich bei Güterbock a. a . O. 33 f. (ebenda Anm. 1 auch Hinweise auf die Datierung und weitere Literaturangaben

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 59: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 81

Von den im Original überlieferten Mandaten dieser Zeit sind neben der v o n Eberhard II . von Bamberg herrührenden Verfügung zugunsten seiner Kirche zwei Schreiben v o n der H a n d des Kanzleinotars Rainald C zu erwäh-nen. D a s Mandat an die Konsuln und die Bevölkerung v o n Avignon 2 9) zeigt Parallelen zu einem weiteren, wohl gleichzeitigen Schriftstück für den-selben Empfänger 3 0 ) sowie kleinere Anklänge an das Diktat v o n Diplomen der Jahre 1160—623 1) . Wahrscheinlich im Oktober 1161 dürfte dieselbe Kanz-leikraft die Niederschrift der kaiserlichen Zusicherungen an die Pisaner32) besorgt haben. Der Wortlaut der Urkunde geht vermutl ich auf Verhandlun-gen zurück und ist für einen Diktatvergleich unergiebig33).

Zahlreich sind die Parallelen, die sich zwischen dem Diplom zugunsten des Bischofs von Genf und dem in diesem Zusammenhang erlassenen Man-dat3 4) ergeben, das nach Egger v o n einem Empfängerschreiber mundiert wur-de35). Von einem gemeinsamen Verfasser s tammen auch die zwei Schreiben

zu dem wichtigen Schreiben). — Auch Walther F ö h l kam 1931 in seiner ungedruckten Wiener Dissertation, Bischof Eberhard I I . von Bamberg und die Reichskanzlei unter Friedrich I . (1152—63) mehrmals kurz auf den Anteil des Notars Burchard an der Formulierung von Briefen und Mandaten zu sprechen (ζ. B. a. a. 0 . 154 Anm. 3). Seine Feststellungen, die im einzelnen wohl noch kontrolliert werden müssen, werden bei einer ausführlicheren Beschäftigung mit diesen Fragen zu berücksichtigen sein.

2e) St. 3909. 30) St. 3910. 31) Man vgl. etwa St. 3909: „ . . . dominio ... subistßere, nisi raobis tantum nostrisque

«ttccessoribus imperatoribus et rejibus Romanorum" — St. 3910: „ . . .dominio, nisi tan-tum, Kostro nostrorumque successorum regum vel imperatorum ea sti&iecimus" und St. 3941: „ . . . nisi nos et nostri successores reges et imperatores Romanorum..."

32) St. 3937 ( = St. 3922 A). Ficker, Forschungen 4 185 und Stumpf, Reichskanzler 493 setzen diese Urkunde in das Jahr 1167; erst Günter R a u c h , Die Bündnisse deut-scher Herrscher mit Reichsangehörigen (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, N. F. 5,1966) 11 Anm. 19 erkannte, daß sie vor St. 3936 einzuordnen sei. Die Angaben der Annales Pisani (ed. Gentile 23) über die pisanische Gesandtschaft an den Kaiserhof im Oktober 1161 berühren sich etwas mit den Bestimmungen dieses Schriftstückes, so daß man wohl die Entstehung in diesem zeitlichen Rahmen folgern darf.

33) Nur allgemeine Anklänge an das Diktat zeitlich benachbarter Diplome, etwa „circa honorem imperii et nostrum" (St. 3929: „circa honorem nostrum et imperii''''), „vos tanquam fidelissimos diligere semper et amplecti" (St. 3949: „fideles confovere et tueri, diligere et amplecti") oder „cum omni plenitudine honoris" (St. 3967: „cum plenitudine gratie nostre et honoris"), lassen sich nachweisen.

34) Wohl gleichzeitig mit dem von Rainald G verfaßten und geschriebenen Diplom St. 3967 wurde das Mandat St. 3969 ausgefertigt.

St. 3969: St. 3967: Vestre igitur universitati dilectum epi- ... dilectum et honorabilem princi-

scopum A. cum plenitudine gratie nostre pem nostrum A. venerabilem episcopum remittimus monentes et qua debemus acto- vestrum . . . universitati vestre cum plenitu-ritate (!) precipientes, u t ei tamquam domi- dine gratie nostre ... remittimus mandantes no et patri vestro per omnia obediatis. ... et ... precipientes, quatenus eum sicut

dominum et episcopum vestrum ... susci-

Vgl. auch die Parallelen S. 40 Anm. 145. 35) Vgl. Anm. 3.

6 MIÖG., Bd. 76.

pia t i s . . .

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 60: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

82 Josef R i e d m a n n

an Eberhard I. von Salzburg und an den Markgrafen von Steier36), mit denen der Kaiser im Jahre 1164 den beiden Reichsfürsten seinen Protonotar Heinrich und den gleichnamigen Grafen von Diez empfahl, die im Namen des Herrschers mit dem steirischen Markgrafen über die Ereignisse in Ungarn beraten sollten.

Als 1163 im Reichskloster Farfa ein neuer Abt erwählt worden war, sandte Friedrich I. an den Elekten seinen Kapellan Heribert mit einem wohlwollenden Schreiben37), dessen Wortlaut allerdings keine Schlüsse auf seinen Verfasser gestattet. Die Wirren im Salzburger Hochstift nach dem Tode Eberhards I. im Sommer 1164 veranlaßten in der Folgezeit den Kaiser zum direkten Eingreifen in die Angelegenheiten des Erzbistums38). Zwei Mandate an den Klerus und die Ministerialen von Salzburg39) sowie ein Schreiben an die Grafen von Piain40) aus den Jahren 1164—66 zeugen von den Bemühungen des Herrschers, den Einfluß seines alexandrinisch gesinnten Onkels, des Erzbischofs Konrad II., zu brechen; für den Diktatvergleich sind die knappen konkreten Formulierungen der Schreiben kaum geeignet.

Ähnlich verhält es sich mit der Beurkundung zweier Entscheidungen des Hofgerichts, zugunsten des Erwählten Christian von Mainz und für den Bischof von Halberstadt, welche durch die Ausfertigung zweier Mandate41) bekräftigt wurde. Der offensichtlich von der Formulierung der Sentenz be-einflußte Wortlaut weist nur sehr geringe Gemeinsamkeiten mit anderen Urkunden Friedrichs I. auf42).

8e) Fehlen bei Stumpf (St. 4002 Α und 4002 B); gedruckt bei Sudendorf, Registrum 1 61 f. Nr. 21 und 22. Zu Inhalt und Datierung vgl. Hausmann, Reichskanzlei 159 f. Auf Grund der weitreichenden wörtlichen Ähnlichkeiten in beiden Mandaten kann an einem gemeinsamen Diktator kein Zweifel bestehen.

"') Fehlt bei Stumpf (St. 4001 A); gedruckt von Paul K e h r in den Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 9 (1906) 181 f. Nr. 5.

,e) Vgl. dazu die ungedruckte Wiener Dissertation von Susanne W a c h , Erzbischof Konrad I I . von Salzburg. Ein Beitrag zu seiner Biographie (1965) bes. 84 ff.

3e) St. 4036 (Const. I. Nr. 222). Das zweite Mandat fehlt bei Stumpf; gedruckt im Codex diplomaticus et epistolaris regni Bohemiae, ed. Gustavus F r i e d r i c h Bd. 1 (Prag 1904/7) 236 Nr. 266 (mit der irrigen zeitlichen Einordnung zu 1173). Zur Datie-rung vgl. Wilhelm S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salz-burg zu Kirche und Reich unter Kaiser Friedrich I. bis zum Frieden von Venedig, Archiv für österreichische Geschichte 34 (1865) 138 und die Vorbemerkungen zu Const. I . Nr. 222. Unter dem im Schreiben genannten „patruus" des Kaisers als Salzburger Elekten kann nur Erzbischof Konrad II . verstanden werden (so auch in Const. I. Nr. 222), nicht dessen Nachfolger Adalbert von Böhmen, den der Kaiser als seinen „nepos" bezeichnet (vgl. Cod. dipl. Bohemiae Nr. 261). Der im Mandat angekündigte Hoftag zu Worms dürfte mit dem Aufenthalt des Kaisers im September 1165 in dieser Stadt gleichzusetzen sein, womit sich also die Monate zwischen Mai und August 1165 als mög-liche Ausstellungszeit des Schreibens ergeben.

40) Fehlt bei Stumpf (St. 4070 A); gedruckt bei Sudendorf, Registrum 179 f. Nr. 34. " ) St. 4063, geschrieben von einem weiter nicht nachweisbaren Mundator (vgl.

Egger, Schreiber 286) und St. 4558 (Const. I. Nr. 194). 42) Vgl. etwa zur Publicatio von St. 4558: „Per presentee nostre auctoritatis

apices ad vestram notitiam hoc deducimue . . . " — St. 3963: „ . . .per presentes apices ad notitiam universorum fidelium deduce re . . . " S. auch S. 41 Anm. 149.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 61: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 83

Im Schreiben Barbarossas an die Bewohner von Treviso, das diesen im Mai 1164, als sich der Veroneser Bund zu bilden begann, eine lange Reihe von Vergünstigungen einbrachte43), erinnert nur eine Wendung in der Arenga an das Diktat gleichzeitiger Diplome44). Die auch formal kaum den Gepflo-genheiten der Reichskanzlei entsprechende Urkunde über die Zuerkennung der Burg Rappoltstein an den Basler Bischof45) und ebenso die Verfügung des Kaisers zugunsten von Baume-les-Moines, welche sich an den Erzbischof von Besangon und andere richtet46), dürften nicht in der Reichskanzlei ent-standen sein.

Endlich seien noch ein Brief Friedrichs I. an Viktor IV. über die Kämpfe am 7. August 1161 vor Mailand47) sowie das Schreiben an die heilige Hilde-gard von Bingen48) erwähnt. An der Echtheit dieser Schriftstücke kann wohl kaum ein Zweifel bestehen, obgleich sich wörtliche Parallelen zu anderen Urkunden nicht ergeben, was doch in der Sonderstellung der Empfänger und der behandelten Themen hinlänglich begründet sein mag.

Zwei urkundliche Zeugnisse, welche als Quellen für die Politik Barbaros-sas einen nicht zu unterschätzenden Aussagewert besitzen und in ihrem for-malen Aufbau von aus der Reichskanzlei herrührenden Diplomen vollkom-men verschieden sind, obwohl beide noch in ihrer Urschrift von der Hand des kaiserlichen Notars Rainald C vorliegen, verdienen abschließend eine kurze Erwähnung. Wahrscheinlich im Herbst 1161 mundierte diese Kanzlei-kraft das Schriftstück über den Vertrag zwischen Friedrich I. und Raimund Berengar IV. von Barcelona sowie dessen gleichnamigen Neffen, den Grafen von der Provence49), und im Mai des folgenden Jahres besorgte dasselbe

*s) St. 4540; zur zeitlichen Einordnimg und zum Inhalt vgl. Giesebrecht 5 402 und 6 429 sowie Rauch, Bündnisse 24 Aran. 46.

" ) Zu „ . . . congruis honoribus et beneficiis sttMimaverint" vgl. in St. 4027: „ . . . congruis beneficiis et honoribus.. .swfeZiraentur".

" ) St. 3953. Der Aufbau des Schriftstückes erinnert in etwa an das alte Formular der Gerichtsurkunde, wenn es nach einer längeren Narratio heißt: „Residentibus ergo nobis Papie in palatio nostro habitoque super eadem causa iudicio. . ."

46) Fehlt bei Stumpf; gedruckt im Anhang des Aufsatzes von Jean-Yves Mar io t -t e , Une Lettre de Fr6d6ric Barberousse au sujet de l'abbaye de Baume-les-Messieurs en Franche-Con^, Archiv für Diplomatik7 (1961) 204ff.,bes.211 f. Zur Datierung (1156 bis 1162) vgl. die Vorbemerkungen ebenda 211. Eigenartig berührt die dem kurialen Brauch folgende Anrede des Erzbischofs als „frater archiepiscope". Sollte es sich um eine Stilübung oder Fälschung handeln ?

4') Fehlt bei Stumpf; anscheinend ungedruckt. Überliefert in einem Lektionar des Klosters Luxeuil aus dem 12. Jahrhundert in der Stadtbibliothek von Vesoul. Die Schilderung des Zusammenstoßes einiger Ritter mit den Mailändern und den sich dar-aus entwickelnden Kämpfen ergänzen auf das beste die bereits bekannten, von Giese-brecht 5 293 f. und 6 404 f. verwerteten Quellen.

48) Fehlt bei Stumpf; gedruckt von Marianne S c h r ä d e r und Adelgundis F ü h r -k ö t t e r , Die Echtheit des Schrifttums der heiligen Hildegard von Bingen. Quellen-kritische Untersuchungen (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 6, 1956) 127 f. Die beiden Herausgeberinnen schließen mit Recht auf Grund der Kanzleimäßigkeit der formelhaften Teile des Briefes auf seine Echtheit.

«) St. 4537 a (Druck: Const. I. Nr. 215). Zu Inhalt und Datierung vgl. Paul K e h r , Das Papsttum und der katalanische Prinzipat bis zur Vereinigung mit Aragon, Abhand-

β· Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 62: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

84 Josef Riedmann

Mitglied der Reichskanzlei die Niederschrift der Kapitulationsbedingungen von Piacenza50). Beide urkundlichen Aufzeichnungen weisen eine sehr ähn-liche diplomatische Gestalt auf. Man verzichtete auf alle bekannten For-mularteile eines Diploms, beide Vertragspartner treten uns in der dritten Person entgegen, und auch sonst ergeben sich die größten Verschiedenheiten zu der gewohnten Form der Kaiserurkünden. Obwohl einige Sätze der Ver-einbarungen mit den beiden Grafen später in einem Diplom Aufnahme fan-den51), wird man beiden „formlosen" Urkunden eigene Rechtskraft zubilli-gen müssen, zumal beide offenbar mit dem kaiserlichen Siegel versehen waren62).

Fälschungen. Die angebliche Bestätigung des Besitzes und der Gerechtsame der

Abtei Lambach vom 26. Februar 1162 in Lodi1) stammt von der Hand eines mehrfach bezeugten Würzburger Schreibers, der wahrscheinlich dem Stift Oberzell angehörte2), und ist mit einem gefälschten Siegel des Kaisers ver-sehen. Der Wortlaut stellt eine Wiederholung einer interpolierten Urkunde Heinrichs IV. von 1061 für Lambach dar3) und zeigt auch darüber hinaus keinerlei Beziehungen mit der Reichskanzlei zur Zeit Barbarossas. Auf der im April des Jahres 1162 ausgestellten Verbriefung des kaiserlichen Schutzes für die Reichersberger Chorherren4) beruhen zwei ungedruckte interpolierte Verfügungen Friedrichs I. für dieses Stift, wovon die eine noch in ihrer Ur-schrift vorliegt. Die gegenseitige Abhängigkeit und der Umfang des echten Wortlautes wurden von Hausmann eingehend dargestellt5).

Im achten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts verfertigte man auf Grund der echten Urkunde Friedrichs für die Gurker Kirche®) eine erweiterte Be-stätigung durch den Kaiser7), welche die ebenfalls in diesem Zusammen-hang entstandenen Spurien auf den Namen Heinrichs IV., Lothars III. und Konrads III.8) bekräftigen sollte. Der Rechtsinhalt der angeblichen Verfü-gung entspricht weitestgehend dem der Vorlage; das echte Siegel des ,,Ori-

lungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1926, phil-hist. Klasse Nr. 1 (1926) 64 f.

60) St. 3943 (Druck: Const. I. Nr. 206). ") In St. 3963; vgl. S. 41. 62) Eine eingehendere Würdigung der formalen Gestaltung der Vertragsinstrumente

St. 4537 a und 3943 findet sich in meiner ungedruckten Dissertation über die diploma-tische Form der Verträge Friedrich Barbarossas 47 ff. und 144 ff.

St. *3930. 2) Vgl. Zatschek, MÖIG 41, 104 und die Vorbemerkungen von Hausmann zu DK.

III. 158 ( = St. 3523), das vom gleichen Schreiber herrührt. 3) DH. IV. 70; s. auch ebenda die Vorbemerkungen. 4) St. 3935. ή Hausmann, MIÖG 68,100 f. und 104 ff. «) St. 3939. ') St. »3940. ») DH. IV. f 251, DL. III. 29 und DK. III. 45 ( = St. 3411); vgl. auch die Vorbe-

merkungen zu den Editionen dieser Urkunden.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 63: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 85

ginals" dürfte von der Urkunde Barbarossas für Gurk aus dem Jahre 1170 herrühren 9).

Ohne Kenntnis der Kanzleigewohnheiten und des Itinerars Friedrichs I. fälschte man in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine Bestätigung der Rechte des Grafen Otto von Lomello mit dem Ausstellungsdatum 1162 V 15 in Rom10). Offensichtlich ebenfalls als gefälscht muß die anscheinend in ihrem vollen Wortlaut noch ungedruckte Urkunde zugunsten des Ansel-mus de Quadraginta11) gelten, die mit Ausnahme der Eigennamen nahezu vollkommen mit dem am gleichen Tag für Henricus Guercius, Markgrafen von Savona, erlassenen Diplom12) übereinstimmt. Damit sind die Gemein-samkeiten zwischen beiden Urkunden jedoch nicht erschöpft. Beide fast wörtlich identischen Verfügungen Barbarossas wurden am selben Tag wie-derum mit nahezu denselben Worten von dessen Enkel bestätigt13), wobei in beiden inserierten Diplomen das Eschatokoll in gleicher Weise in Unord-nung geriet. Die angebliche Bestätigung Friedrichs II . für den Sohn des An-selmus wurde dann in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch Maxi-milian II . und Rudolf II . erneuert14), womit auch ein zeitlicher Anhalts-punkt für die Entstehung des Machwerks gegeben ist15).

Zwei gleichzeitige Urkunden16) dienten als Vorlagen für das angeblich am 7. September 1162 zugunsten des Bischofs von Genf ausgestellte Diplom17), das dem Kirchenfürsten verschiedene umkämpfte Hoheitsrechte sichern sollte. Mit den Gründen für die Herstellung des Spuriums für Tegernsee und den dafür benutzten Vorurkunden beschäftigte sich eingehend Peter Acht18); das „Original" stammt aus den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts. Die nur als Regest überlieferte Besitzbestätigung für Oberto Olevano kann auf

9) S. auch die Ausführungen zu dieser Fälschungsgruppe von August von Jaksch in der Einleitung zu den Gurker Geschichtsquellen (Monumenta ducatus Carinthiae historica 1, 1896) 16 ff. und die Vorbemerkungen ebenda 174 f. Nr. 226. Für die Besie-gelung verwendete man offenbar die Siegelplatte von St. 4111, welche in eine neue Sie-gelschale eingefügt und dann auf das Pergament aufgedrückt wurde.

10) St. *3943 a; vgl. Henry Simonsfe ld in den Münchner Sitzungsberichten (1906) 393 Nr. 7 und Ficker, Forschungen 3 427.

") St. 3950 a. 12) St. 3950. ls) Böhmer-Ficker Nr. 1650 und 1651. ») Maximilian II. 1564 XII9 und Rudolf II. 1577 X 4. u ) Daß nicht Böhmer-Ficker Nr. 1651 auf Grund von Böhmer-Ficker Nr. 1650

gefälscht wurde, geht auch daraus hervor, daß es sieh bei Henricus Guercius um eine in der Umgebung Friedrichs I. oftmals nachweisbare Persönlichkeit handelt, während offenbar weder ein Anselmus de Quadraginta zur Zeit Barbarossas noch sein Sohn Boni-facius unter Friedrich II. ein weiteres Mal begegnet.

le) St. 3967 und 3969. ") St. *3968. Die beiden Vorlagen weisen keine Rekognition auf, weshalb man

diesen Urkundenteil in St. *3968 aus dem Diplom St. 3680 übernahm; sie entspricht da-her in keiner Weise den Kanzleigepflogenheiten des angeblichen Ausstellungsjahres 1162. Die älteste Überlieferung des Spuriums stammt aus dem Jahr 1483.

1S) St. *3981. Vgl. Acht in der Archivalischen Zeitschrift 46, 135 ff., bes. 137 ff. und 179 ff.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 64: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

86 Josef R i e d m a n n

Grund des Ausstellortes19) keinen Anspruch auf Echtheit erheben, wenn auch der Empfänger und zwei der im Regest genannten Zeugen 1163/64 in der Umgebung des Herrschers mehrmals begegnen20).

Keine absolute Sicherheit läßt sich über den Umfang der Verfälschung der Besitzbestätigung zugunstender Grafen von Canavese-Valpergaerreichen, die Barbarossa diesen am 6. März 1163 in Nürnberg gewährt hatte21). Ein-zelne Wendungen im Mittelteil der Urkunde schließen die Entstehung dieser Bestimmungen im 12. Jahrhundert aus22). In der Arenga und der Publicatio wiederholt sich fast vollkommen der Wortlaut der Verfügung zugunsten des Markgrafen von Savona23) aus dem Vorjahre, in der Strafformel begeg-nen sehr starke Ähnlichkeiten mit dem am selben Tag in Nürnberg ausge-stellten, von Rainald C geschriebenen Diplom für die Markgrafen von Romagnano24), mit dem auch die Namen der Zeugen sowie die Gestaltung des Eschatokolls mit Ausnahme der Apprecatio „feliciter, amen", die in der im Original erhaltenen Verfügung fehlt, übereinstimmen. Gerade das Vorhan-densein dieser Apprecatio, welche in ihrem Wortlaut und in ihrer Stellung der Gewohnheit des Notars Rainald C entspricht25) und die nicht aus der gleichzeitigen Urkunde übernommen sein kann, bildet ein starkes Indiz für die Echtheit des überwiegenden Teiles der Besitzbestätigung zugunsten der Canavese, die aber in ihren einzelnen Bestimmungen gewiß Verunechtungen erfuhr26).

u ) St. *4005; 1164130, Rom. Barbarossa befand sich zu dieser Zeit in der Roma-gna (vgl. die Ausstellorte von St. 4003,4004,4006 und 4007).

20) Vgl. S. 53 Anm. 57. Die beiden Zeugen „Ottone Maggiore Conte Palatino" und „Conte Sabardo Castellano Mandebergense" ( = Burggraf Burchard von Magdeburg) werden auch als Zeugen in St. 3990, 3992, 3996 und 3998 genannt, die Rekognition „essendo Cristiano Cancelliere in iscambio di Rainaldo Coloniese Arcivescovo et Arci-cancelliere in Italia" ist nur für 1164/65 zutreffend, und ebenso kommt das von Giuseppe R o b o l i n i , Notizie appartenentialia storia della sua patria 3 (Pavia 1828) 141 gebotene Zitat der Urkunde „pro suo preclaxo et honesta servitio, quod sibi et imperio contulit" (vgl. St. 4000 „et preclara. merita atque honesta, servitia...., quod ipsi nobis et imperio ... exhibuerunt") dem Diktat gleichzeitiger Urkunden nahe. Die in der Historia di Anto-nio Maria S p e l t a , Delle vite di tutti i vescovi . . . (Pavia 1597) 298 gebotene Inhalts-angabe über die Verleihung von „mero et misto imperio giurisditione" in St. *4005 be-weist aber auch die Verfälschung des Kontextes der Urkunde.

21) Fehlt bei Stumpf ( = St. 3976 A); anscheinend ungedruckt. — Ein Zusammen-hang mit den von Robert H o l t z m a n n , Die Urkunden König Arduins, Neues Archiv 25 (1900) 455 ff., bes. 470 ff., genauer untersuchten gefälschten Diplomen Arduins, die sich im Kodex „Diplomata comitum Valpergie" der Nationalbibliothek Turin ge-druckt finden, liegt offenbar nicht vor.

22) Zum Beispiel „sacrum Romanum Imperium" und ebenso „merum et mixtum Imperium cum omnimoda iurisdictione gladii potestate.. ." .

*3) St. 3950. M) St. 3976. 25) Vgl. S. 25. 2e) Die Möglichkeit, daß das Diplom für die Canavese als Ganzes auf Grund von

St. 3950 und 3976 gefälscht worden sei, kann man wohl mit Sicherheit ausschließen, denn man müßte dafür die Kenntnis der Beurkundungsgewohnheiten des Notars Rai-nald C beim Fälscher voraussetzen. Die Überlieferung trägt zur Klärung dieser Frage nichts bei, da nur eine Abschrift des 18. Jahrhunderts vorliegt, die allerdings auf das „originale esistente in caratteri antichi" zurückgehen soll.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 65: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 87

Die „Originale" der Verfügungen Friedrich Barbarossas zugunsten der Herren von Cavriago und des Bischofs von Lucca27), die auf dem Reichstag zu Parma im März 1164 ausgestellt sein wollen, stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert, doch lassen sich graphische Eigenheiten des Notars Chri-stian Ε als Vorbilder noch deutlich erkennen28). Der Wortlaut der ersten Urkunde verrät in einigen Teilen die Benutzung einer echten Vorlage von der Hand der genannten Kanzleikraft29), während die übrigen Bestimmungen einer späteren Zeit angehören dürften. Im umfangreichen Diplom für die Kirche von Lucca30) mit seiner eingehenden Aufzählung der Güter könnte nur eine genaueste Kenntnis des bischöflichen Besitzstandes den Umfang einer Interpolation mit einiger Sicherheit zu bestimmen ermöglichen31). Größere Teile der Urkunde weisen auch in der vorliegenden Form noch charakteristische Diktatmerkmale von Christian Ε auf32). Eine kurze In-haltsangabe einer Verfügung für die Familie der dalla Porta, die angeblich ebenfalls im Jahre 1164 erlassen wurde, bezeichnet bereits Simonsfeld als wohl gefälscht33), während Hans Hirsch die Hintergründe für eine Interpola-tion einer Schutzurkunde für den Bischof von Cremona im 14. Jahrhundert darlegte34).

Ebensowenig verdient die Bestätigung der Vorrechte für die „generosi viri", die Herren von Biffignandi, im überlieferten Wortlaut Vertrauen, wel-che Barbarossa am 24. Mai 1164 in Pavia „ad perpetuam rei memoriam" er-lassen haben soll36). Eine echte Vorlage aus der Zeit Friedrichs I. ist höchstens

") St. 4009 und 4010. 2e) Vgl. Herkenrath, MIÖG 73,258. 29) Vor allem die Formulierung der Corroboratio mit der Siegelankündigung

„sigillo nostro iniunximus premuniri" muß auf eine von Christian Ε herrührende Vor-lage zurückgehen (vgl. S. 49 Anm. 17). Möglicherweise bildete die kaiserliche Schutzbe-stätigung für die Propstei S. Iacopo del Columbaro bei Modena, welche wie St. 4009 am 13. März 1164 erlassen wurde (fehlt bei Stumpf; ungedruckt) und von der nur ein kurzer Auszug in der Bestätigung Rudolfs II. aus dem Jahre 1608 vorliegt (Haus-, Hof-und Staatsarchiv Wien, Reichsregister Rudolfs I I . Bd. 29 fol. 372 ff.) die echte Grund-lage für das Spurium. 30) St. 4010.

s l) Dieter von der N a h m e r , Die Reichsverwaltung in Toscana unter Fried-rich I. und Heinrich VI. (1965) 48 Anm. 145,105 Anm. 51,107 Anm. 61,108 Anm. 66 usw. hegt offenbar keine Vorbehalte gegen die Echtheit der Bestimmungen der Urkunde.

32) Besonders die Arenga „Inclinari iustis precibus nostra novit benignitas et impe-rialis dementia . . . semper bene facere consuevit . . . " (vgl. S. 33 Anm. 83), die Wendung „Ad augmentum quoque gratie nostre statuentes firmiter iubemus . . . " (vgl. S. 60 Anm. 14) und die Strafformel sowie die Corroboratio mit dem in Anm- 29 erwähnten Wortlaut der Siegelankündigung entsprechen den Diktatgewohnheiten der Reichs-kanzlei.

33) Fehlt bei Stumpf (1164 , —). Gedruckt bei Simonsfeld in den Münchner Sitzungsberichten (1907) 533.

34) St. 4012. Hans H i r s c h , Ein gefälschtes Diplom Friedrichs I. für das Bistum Cremona im Lichte der italienischen Politik König Johanns von Böhmen, in: Epitym-bion, Heinrich Swoboda dargebracht (1927) 352 ff., vgl. auch Herkenrath, MIÖG 73,258.

35) Fehlt bei Stumpf ( = St. 4015 A); gedruckt von Alessandro Colombo, Le origini del comune di Vigevano e i suoi diplomi imperiali, Archivio storico lombardo, ser. V, 41 (1914) 597 ff., bes. 667 f. Nr. 2 und derselbe, Cartario di Vigevano e del suo comitato (Biblioteca della societä storica subalpina 128, 1933) 134 ff. Nr. 57.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 66: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

88 Josef R i e d m a n n

für die Gestaltung des Eschatokolls anzunehmen36); die Formulierung des Rechtsinhaltes stützt sich hingegen sehr stark auf mehrere Verbrief ungen der Freiheiten der Comune von Vigevano durch verschiedene spätere Herr-scher37).

Die Verleihung weitreichender Gerechtsame an den Grafen Bonifacius von Verona durch den Kaiser weist das Datum 1165 II 7, Pavia, auf3 8); doch Barbarossa befand sich zu dieser Zeit in Deutschland39). Zu den formalen Bedenken gegen die Echtheit der Urkunde treten auch Anachronismen in den einzelnen Bestimmungen4 0), so daß kein Zweifel an der Tatsache einer Fälschung bestehen kann, der anscheinend eine echte Vorlage aus den späte-ren Jahren der Regierung des Kaisers zugrunde liegt41).

Von den neuzeitlichen Spurien auf den Namen Kaiser Friedrich Bar-barossas, die angeblich in der Zeit vom Sommer 1161 bis zum Antritt des vierten Italienzuges im Herbst 1166 ausgestellt wurden, verdanken die Diplo-me für Sinolfo de Lotheriis42), Giovanni Pallavicini43), Giulio de Maronibus44) und für Alessandro de Comitibus45) ihre Existenz dem Erfindungsgeist und Einfallsreichtum des als Fälscher vielseitig tätigen Alfonso Ceccarelli46). Da-

3e) Die Zeugenankündigung, die Namen der Zeugen — mit Ausnahme des „Petrus de Laumello" — sowie der Wortlaut des Eschatokolls, jedoch ohne die in St. 4015 A vorhandene Apprecatio „feliciter, amen", begegnen auch in dem am selben Tag ausge-stellten Diplom St. 4015 für die Stadt Ferrara, das aber darüber hinaus eine Reihe weite-rer Zeugen aufweist, die in St. 4015 Α nicht genannt werden.

37) Ein nicht geringer Teil der Urkunde scheint nach dem Muster des Diploms Ludwigs IV. für Vigevano von 1329 (gedruckt von Colombo im Archivio storico lom-bardo 41, 671 f. Nr. 6) abgefaßt; als weitere Vorbilder dienten die Urkunden Heinrichs VII. von 1311 (ebenda 670 f. Nr. 5) und Friedrichs II . von 1220 (ebenda 669 Nr. 4) so-wie vielleicht auch DH. IV. 170, alle für Vigevano. Diese Vorlagen wurden von einem geschickten Fälscher wohl schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts (vgl. Colombo, Cartario 134 — die Abhängigkeit des Textes von St. 4015 Α von den angeführten Diplo-men wurde von C. jedoch nicht erkannt) in der Fälschung auf den Namen Barbarossas verwertet. 38) St. *4039.

39) St. 4040 (1165 I I 26) wurde in Altenburg ausgestellt. 40) Vgl. darüber Ficker, Forschungen 2 80 f., bes. Anm. 4. 41) Mit St. *4039 in engstem Zusammenhang steht das Diplom St. *4246 für den

Grafen Sauro von Verona (gedruckt von Carlo Cipol la im Nuovo Archivio Veneto 10, 1895, 500 ff.). Beide Urkunden stimmen weitgehend im Wortlaut überein und gehen wahrscheinlich auf Verfügungen zurück, die im Sommer 1177 in Venedig ausgefertigt worden waren. In St. 4217 und 4217 a kehren von den zehn in St. *4246 genannten Zeu-gen sechs wieder — weitere Namen scheinen in zeitlich benachbarten Diplomen auf. Auch von den acht Zeugen in St. *4039 lassen sich sechs in den Urkunden dieser Zeit nachweisen (St. 4222 und 4218 usw.), und ebenso ist die Rekognition durch den Kanzler Gottfried im Namen Philipps von Köln für 1177 kanzleigemäß.

") Fehlt bei Stumpf (1162 I I I 23); ungedruckt, vgl. Riegl, MIÖG 15, 230 Nr. 77. 43) Fehlt bei Stumpf (1162 „quando prese [sc. imperator] Milano"); vgl. Riegl,

MIÖG 15,230 Nr. 81. 44) St. *3939 a; Riegl, MIÖG 15,230 Nr. 78. Das „Original" befindet sich im Haus-,

Hof- und Staatsarchiv Wien. «) Fehlt bei Stumpf (1162 IV 10); Riegl, MIÖG 15, 230 Nr. 79. 4e) Vgl. darüber die schon genannten Ausführungen von Riegl, MIÖG 15, 193 ff.

Der Aufsatz von L. F u m i , L'opera di falsificazione di Alfonso Ceccaralli, Bollettino

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 67: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 89

mit in engstem Zusammenhang stehen die gefälschten Verfügungen zugun-sten des Markgrafen Uguccio de Colle47), Rainerio de Baschio48) und des Herzogs von Schwaben, Ludwig Balio49).

Der Konventuale der Abtei Pfäfers P. Karl Widmer verfertigte auf Grund einer Urkunde Konrads III.5 0) und der lateinischen Übersetzung eines Diploms König Rupprechts51) eine Barbarossaurkunde für sein Kloster, welche sich auch in keiner Weise in das Itinerar des Herrschers einfügt52). Wohl erst im vorigen Jahrhundert entstand die Fälschung für Peter Beren-gar von Rode53), die vollkommen auf dem Diplom Friedrichs für Raimund Berengar von der Provence54) beruht, und sehr wahrscheinlich stellt auch die Urkunde Barbarossas für Kreuzlingen, die Ende November 1162 in Konstanz ausgefertigt worden sein soll55) und von welcher nur die Namen der Zeugen sowie die Datierung überliefert sind, eine Fälschung dar56).

Zu Herkunft und Wirksamkeit kaiserlicher Notare und Kapellane.

Zwei verschiedene Wege können zur Identifizierung eines namentlich un-bekannten Notars der Reichskanzlei führen und so dazu beitragen, den ge-naueren Anteil der Mitglieder einer bestimmten Dom-, Kloster- oder Stifts -schule an der personellen Zusammensetzung der Kanzlei zu klären und deren Einfluß auf die Entstehung von Kaiserurkunden zu würdigen. In erster

della r. deputazione di storia patria per l'Umbria 8 (1902) 213 ff. führt bezüglich der von C. gefälschten Urkunden in keiner Weise über Riegl hinaus.

" ) St. *3932; Riegl, MIÖG 15, 230 Nr. 76. — Von dieser Urkunde vermutet Paul Scheffer-Boichorst im Neuen Archiv 20, 194 ff., daß sie nicht von Ceccarelli stamme, sondern schon früher auf Grund eines ebenfalls gefälschten Diploms Heinrichs VI. ver-fertigt worden sei, dann aber von Ceccarelli als Vorbild für seine Erzeugnisse benutzt wurde.

" ) Fehlt bei Stumpf (1162 I I I 13, vor Mailand); gedruckt von Armando Ricc i , Un falso diploma di Federico Barbarossa, Studi storici 21 (1913) 349 ff., bes. 350 ff. Ohne die Tätigkeit von Ceccarelli zu kennen, setzte Ricci die Entstehungszeit des Spu-riums gegen Ende des 16. Jahrhunderts an, was ausgezeichnet zur Wirksamkeit Cecca-rellis um 1580 passen würde. Als Grundlage der Fälschung machte Ricci das ebenfalls gefälschte Diplom St. *3932 namhaft.

*') St. *3966; Riegl, MIÖG 15, 230 Nr. 80. — Alle die zuletzt erwähnten Diplome haben einen Teü ihres Wortlauts und auch einige der frei erfundenen Zeugen gemein-sam, so daß man wohl Ceccarelli als Fälscher aller Verfügungen annehmen kann.

so) DK. I I I . 89 ( = St. 3456) für Einsiedeln. 61) Vgl. Mendelsohn (s. nächste Anmerkung) 199. 62) St. *3925; vgl. Heinz Mende l sohn , Die Urkundenfälschungen des Pfäferser

Konventualen P. Karl Widmer, Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 14 (1934) 129 ff., bes. 198 ff. und allgemeiner Edmund E. S t enge l , Karl Widmers Pfäverser Fälschungen, in der Festschrift für Albert Brackmann (1931) 591 ff.

S3) Fehlt bei Stumpf (1162 VIII 18, Turin); gedruckt von Heinrich Ko l l e r , Eine bis jetzt verschollene Fälschung auf den Namen Friedrich I., Anzeiger der österreichi-schen Akademie der Wissenschaften 90 (1953) 355 ff., bes. 358 ff.

" ) St. 3963. 65) Fehlt bei Stumpf (1162IX 24, Konstanz = St. 3971 A); gedruckt im Thurgau-

ischen Urkundenbuch 2 (1917) 182 Nr. 47. ··) Die genannten, zum Teil unmöglichen Zeugen stimmen vollkommen mit denen

in St. 3689 überein. Zu dem wohl von Schott gefälschten Diplom St. 4071 vgl. S. 74.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 68: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

90 Josef Riedmann

Linie wird die Nennung eines Notars in Diplomen, sei es als Schreiber der Urkunde1) oder als Zeuge in mehreren von der gleichen Hand herrührenden Schriftstücken2), den Schluß auf die Ausfertigung der kaiserlichen Ver-fügung durch die genannte Kanzleikraft ermöglichen. Ein zweiter Weg führt über den Nachweis eines Schreibers von Diplomen als Mundator von sogenannten Privaturkunden, da es unter Umständen gelingen kann, den Notar auf Grund der Zeugnisse der von ihm im Dienste eines geistlichen oder weltlichen Großen geschriebenen Urkunden zu identifizieren3).

Dem Vorhaben, einen Notar der Reichskanzlei Friedrich Barbarossas im Jahrzehnt 1156—66 auf Grund von „Schreibervermerken" oder mit Hilfe der in den Diplomen genannten Notare namentlich zu erfassen, steht das nahezu völlige Fehlen von Erwähnungen der „notarii" als Zeugen oder Intervenienten in den in Frage kommenden Urkunden entgegen. Nur in einer 1158 außerhalb der Kanzlei entstandenen kaiserlichen Verfügung findet sich ein „Henricus archicapellanus et notarius"4) erwähnt — offenbar wird der Protonotar Heinrich mit diesem anachronistischen Titel bezeich-net5) —, und in zwei anderen Diplomen aus dem gleichen Jahr tritt uns als Zeuge ein ,,H. notarius"6) entgegen. Auch damit dürfte die gleiche Persön-lichkeit gemeint sein7) und kaum ein anderer Notar der Reichskanzlei8). Der 1166 in einer Verfügung Friedrichs I. für Wichmann von Magdeburg ge-nannte „Fridericus notarius"9) ist gewiß mit dem in Urkunden des Empfän-gers öfters bezeugten gleichnamigen „notarius curie Magdeburgensis"10) identisch. Das Auftreten eines „Stephanus scriptor" in einer ebenfalls nicht von einem Mitglied der Reichskanzlei mundierten Diplom des Jahres 116111) trägt in gleicher Weise nicht zur Klärung der Frage bei. Die Tatsache, daß uns in einem Zeitraum von einem Jahrzehnt in den über 300 Urkunden

Vgl. etwa die Zeugenreihe von St. 4191 (1177 III 22): „ . . . notarü Rodolfus, Henricus, Wiricus, Burcardus, qui scripsit Privilegium". Zu der von Scheffer-Boichorst und Güterbock (vgl. S. 80 Anm. 25 und 27) als gesichert angenommene Identität dieses 1176—79 als Urkundenschreiber tätigen Notars und Kapellans (s. Egger, Schreiber 129 ff.) mit dem zu Beginn der sechziger Jahre genannten gleichnamigen Kapellan; (vgl. oben S. 80, bes. Anm. 27. Diktatzusammenhänge zwischen den Urkunden von 1162 (s. S. 31 ff.) und den Diplomen von 1176—79 bestehen offenbar nicht.

2) So bewog das oftmalige „Nebeneinander von Arnold Η und Kapellan Albert" Hausmann, Reichskanzlei 282 zu der Annahme, beide Persönlichkeiten gleichzusetzen.

3) Auf diese Weise gelang Herkenrath, MIÖG 73, 259 ff. die Identifizierung des Notars der Reichskanzlei Gottfried Η (Schreiber 17) als Robert, Notar des Mainzer Erzbischofs und Erzkanzlers Christian.

4) St. 3796; vgl. MIÖG 75,351. 5) Hausmann, Reichskanzlei 156 und Appelt, MIÖG 68, 93 f. ·) St. 3806 und 3807. 7) Hausmann, Reichskanzlei 156. e) Nach Johann Martin Lappenberg, Hamburgisches Urkundenbuch 1 (1842)

830 (Register) handelt es sich um den Notar Heinrichs des Löwen, Hartwig (vgl. über diesen: Die Urkunden Heinrichs des Löwen, bearb. von Karl Jordan, 1941—49, XXVIII ff.; St. 3806 und 3807 werden dabei jedoch nicht berücksichtigt); s. auch Breßlau, Urkundenlehre 1 509 Anm. 3.

·) St. 4075. 10) Vgl. Magdeburger Urkundenbuch 622. u ) St. 3902; vgl. MIÖG 75,384.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 69: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 91

Barbarossas offenbar kein gewöhnliches Mitglied der Reichskanzlei nament-lich als „notarius" entgegentritt, verdient festgehalten zu werden.

Dieses Bild ändert sich jedoch etwas, wenn man die Diplome nach der Erwähnung von kaiserlichen „capellani" durchforscht. Außer dem Proto-notar Heinrich sowie dem Magister Heribert, die gelegentlich auch als kaiser-liche Kapellane bezeichnet werden12), finden sich 1162 in einer nur sehr man-gelhaft überlieferten Urkunde für Guido von Biandrate die „capellani curie Vricus (!) cancellarius, Henricus, Tidericus, Iacobus, Cubero"13). Im gleichen Jahre werden in anderen Diplomen die Kapellane Stephan14) und Eberhard15) genannt. Zu diesen treten später der Propst von St. Thomas in Straßburg, Rudolf16), der „magister Paganus capellanus"17) und der Burgunder Aimo18). Mit dem 1165 erwähnten Würzburger Kanoniker „Albertus ca-pellanus de Monte" hat sich bereits Fichtenau eingehend beschäftigt19), wie auch über den mehrfach bezeugten Kapellan Burchard Untersuchungen von Scheffer-Boichorst und Güterbock vorliegen20). An Hand der historiographi-schen Überlieferung kann diese Zusammenstellung von „capellani" nicht wesentlich ergänzt werden. Neben einem Kapellan Konrad, dessen die Genueser Annalen gedenken21), sei auch auf den „capellanus Stephanus" in den Gesta Friderici22) hingewiesen23).

12) Die entsprechenden Belege s. bei Hausmann, Reichskanzlei 141 ff., bzw. 261 ff. ls) St. 3926; vgl. S. 31. Den hier genannten „Henricus" setzt Hausmann, Reichs-

kanzlei 158 mit dem Protonotar gleich; statt der Lesung „Tidericus" ist auch „Fideri-cus" möglich (vgl. Stumpf, Acta imperii 506 Nr. 356).

») In St. 3936 und später in St. 4028. ") St. 3952 A; vgl. S. 36. Der „dilectus capellanus noster, magister Everhardus

archidiaconus et thesaurarius Bysuntinus" ist in der Umgebung Barbarossas öfters bezeugt; vgl. St. 4051,4073 und 4074. Eberhard entstammt dem Geschlecht der Herren von St. Quentin in Besanjon und wurde als Erzbischof seiner Heimatstadt Nachfolger des ehemaligen Kapellans Friedrichs I., Heribert. Gewiß verdankte er seine Würde dem Wohlwollen des Kaisers. Trotz seiner zeitweiligen Hinwendung zur alexandrini-schen Partei verlor Eberhard nie das Vertrauen des Herrschers und wurde so im Jahre 1177 ein gegebener Vermittler zwischen Kaiser und Papst; vgl. Marianne Niewisch , Beiträge zur Geschichte der Erzbischöfe von Besan90n im Mittelalter (Dissertation Breslau 1937) 69 und die Ausführungen von Güterbock in der Zeitschrift für Schweize-rische Geschichte 17,194 ff.

") In St. 3975. Bereits ein halbes Jahr später erlangte Rudolf die Würde eines Bischofs von Straßburg; vgl. St. 3982. Die von Paul W e n t z c k e , Regesten der Bischöfe von Straßburg 1/2 (1908) 342 Nr. 577 vermutete Gleichsetzung des Propstes Rudolf mit dem späteren Bischof ist zutreffend. ") St. 4028.

le) St. 4074. Ein „Haymo capellanus imperatoris" wird auch als Zeuge in einer Urkunde Erzbischof Heriberts von Besan90n von 1165 erwähnt (Druck: C. J . Per re -c io t , Preuves de l'etat civil des personnes et de la condition des terres dans les Gaules 3, Paris 1845,29 Nr. 18); vgl. Mariotte, Le Comt4 de Bourgogne (s. MIÖG 75,350 Anm. 80) 126 Anm. 50.

w) St. 4050; s. Fichtenau, MÖIG 53,261 ff. 20) Vgl. S. 80 Anm. 25 und 27. 21) Oberti cancellarii Annales (ed. Belgrano) 170 ff. 22) Gesta Friderici I I 55 (ed. Schmale 388). 23) Auf die Erwähnung von „magistri" in der Zeugenreihe (vgl. etwa St. 3970,

4003 A, 4051) soll hier nicht näher eingegangen werden, da keine Hinweise für ihre Zu-gehörigkeit zur Reichskanzlei vorliegen.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 70: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

92 Josef Riedmann

Die chronikalischen Quellen bieten jedoch einen wichtigen Hinweis auf eine maßgebliche Funktion der Kapellane: So sollte der genannte Konrad als Vermittler Barbarossas zwischen Genua und Pisa Frieden stiften, Stephan wurde als Gesandter nach Byzanz geschickt, und nach Otto Morena24) sandte Friedrich I. 1154 einen Kapellan nach Lodi, um den Fidelitätseid der Be-wohner entgegenzunehmen. Damit stimmt bestens überein, daß Burchard im Auftrage des Herrschers nach Halberstadt und zum Salzburger Erzbi-bischof reiste25), der Magister Heribert mehrfach als Gesandter tätig war26) und ein Magister Paganus — wohl identisch mit dem oben genannten Kapel-lan — von Friedrich I. 1162 als Podestä in Como eingesetzt wurde27). Diese Beobachtungen legen die Vermutung nahe, daß man die Angehörigen der Hofkapelle vor allem mit verschiedenen politisch hochbedeutsamen Gesandt-schaften und' Verwaltungsaufgaben betraute. Inwieweit sie daneben als No-tare der Reichskanzlei mit der Niederschrift vonDiplomen beschäftigt waren, geht aus den angeführten Zeugnissen nicht hervor, doch sei daran erinnert, daß sich die Bezeichnung „capellanus et notarius" in den Jahren 1156—66 in der Reichskanzlei offenbar nicht findet28).

Die zweite Möglichkeit einer Identifizierung eines kaiserlichen Notars auf Grund seiner Wirksamkeit als Schreiber von Privaturkunden würde ein systematisches Studium der Originale in den Archiven erfordern und konnte daher nicht weiter verfolgt werden. Wenn die bisherige Forschung bereits diesbezügliche Hinweise bietet, werden sie am gegebenen Ort zu be-rücksichtigen sein.

So konnte Peter Acht den Notar Rainald C als Schreiber der beiden Aus-fertigungen einer Urkunde Bischof Gunthers von Speyer aus dem Jahre 1159 nachweisen29). Da nach Acht auch eine große Ähnlichkeit der Schrift dieses Notars mit der anderer Speyerer Urkunden besteht, lag die Vermutung nahe,

24) Otto Morena (ed. Güterbock) 13. 26) Vgl. St. 3894 A (s. MIÖG 75, 388 Anm. 23) und St. 3920/21. 2e) Hausmann, Reichskanzlei 261 ff., bes. 266 ff. 2') Acerbus Morena (ed. Güterbock) 162 und 177. Vgl. zu Paganus auch Ficker,

Forschungen 2 185 und 189 f., sowie Haverkamp in der Zeitschrift für bayerische Lan-desgeschichte 29,113.

S8) Hingegen tritt diese Bezeichnung in den späteren Jahren der Regierung Bar-barossas auf (ζ. B. St. 4222, 4454), wie auch die Nennungen von Notaren etwa seit dem fünften Italienzug zunehmen; vgl. dazu auch Güterbock im Bullettino dell'Istituto storico italiano per il medio evo 61,41 f., der auf das Vorbüd der Beurkundungsgewohn-heiten der italienischen Notare hinweist. — Die wenigen angeführten Beobachtungen in einem beschränkten Abschnitt der Regierung Friedrich Barbarossas gestatten natür-lich keine allgemeinen Folgerungen über das Verhältnis von Kanzlei und Hofkapelle in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Ob auch unter Friedrich I., so wie Klewitz von der Zeit Konrads III. annahm, die Kanzlei „nur als ein Zweig der Hofkapelle" zu gelten hat (Hans Walter Klewitz , Cancellaria. Ein Beitrag zur Geschichte des geist-lichen Hofdienstes, DA 1,1937, 44 ff., bes. 64 f.), bedarf einer Untersuchung der Quellen eines umfangreicheren Zeitraumes.

29) Peter Acht, Studien zum Urkundenwesen der Speyerer Bischöfe im 12. und im Anfang des 13. Jahrhunderts (Speyer in seinem Verhältnis zur Reichskanzlei), Ar-chiv für Urkundenforschung 14 (1936) 262 ff., bes. 297 ff.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 71: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 93

die Herkunft von Rainald C aus Speyer, wahrscheinlich aus der Domschule, anzunehmen30). Weitere Beobachtungen können als Stützen dieser Auf-fassung dienen. Sowohl im ersten 1156 von Bainald C mundierten Diplom31) als auch fünf Jahre später, als für den Notar die zweite Periode seiner Tätig-keit im Dienste der Reichskanzlei begann32), trit t der nicht gerade häufig am Kaiserhof nachweisbare Bischof Gunther von Speyer als Zeuge auf. Der Kirchenfürst war offensichtlich 1161 zur Synode von Lodi nach Italien ge-reist33), wo er am 16. August desselben Jahres starb. In seiner Begleitung dürfte sich Rainald C befunden haben, der dann nach dem Tode seines Ober-hirten wiederum dem Kaiser als Verfasser und Mundator von Urkunden zur Verfügung stand.

Der Notar des Burgunderzuges im Herbst 1157 und der anschließenden Monate, Rainald D, ist nach Egger „der erste Schreiber der Kanzlei Barba-rossas, von dem mit einiger Sicherheit burgundische Herkunft angenommen werden kann"34). Doch wie der Annahme Eggers, daß „die Kanzlei auf den Zügen des Kaisers ihr Personal nach Bedarf ergänzte", so stehen auch dieser Vermutung einige Gründe entgegen35). Die Schreibung der Eigennamen36) und die ausgedehnte Benutzung von Formulargut zugunsten Bambergs ausgestellter Diplome in von Rainald D mundierten Urkunden37) deuten auf einen mit den burgundischen Verhältnissen nicht näher vertrauten Notar deutscher Herkunft hin, welcher offenbar in näherer Beziehung zu Bamberg stand und möglicherweise an der Domschule dieses Hochstifts seine Aus-bildung genossen hatte.

Die Gleichsetzung von Rainald G mit dem Kanzler und späteren Erz-bischof von Mainz, Christian, die Egger für möglich hielt38), wurde von Her-

30) A. a. O. 301. Ob Rainald C, wie Acht annimmt, durch den Kanzler Zeizolf, den Propst des Speyerer Domkapitels, in die Reichskanzlei gekommen war, muß offenblei-ben.

al) St. 3736; vgl. MIÖG 75, 330 f. — Der Kaiser hatte sich im Januar dieses Jahres in Speyer aufgehalten (s. St. 3734); möglicherweise erfolgten bei dieser Gelegenheit die ersten Kontakte von Rainald C mit der Reichskanzlei. Desgleichen läßt sich Barbarossa zu Weihnachten 1156, vor dem Beginn der kontinuierlichen Tätigkeit des neuen Notars im Dienste des Herrschers seit Anfang des Jahres Ü57 (St. 3761 ff., vgl. MIÖG 75, 331 ff.), in Speyer nachweisen (s. Simonsfeld, Jahrbücher 481; Hinweis von Dr. Her-kenrath).

32) Im Juni 1161 (St. 3909 und 3913); vgl. S. 27 und 81. 33) Zeuge in St. 3907 und 3913. Nach Franz Xaver Remling, Geschichte der

Bischöfe von Speyer 1 (1852) 396 wäre Gunther bereits 1159 nach Italien gezogen. In den Zeugenreihen der dort ausgestellten Diplome ist er jedoch nicht nachweisbar, wohl aber ζ. B. 1160 VII1 in Speyer (Wirtembergisches Urkundenbuch 2 132 ff.).

'*) Egger, Schreiber 97. 35) Ebenda. — Vielmehr scheinen die Notare schon eine gewisse Zeit vor dem Be-

ginn eines größeren Unternehmens in die Reichskanzlei aufgenommen und geschult worden zu sein; vgl. MIÖG 75,329 f. und 342.

36) So bezeichnet Rainald D in St. 3779 und 3780 den Erzbischof von Vienne als „Vigenensis archiepiscopus" (statt „Viennensis"; „Vigenna" = Vienne, Nebenfluß der Loire). Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Professor Appelt.

3') Vgl. MIÖG 75, 341 und 348. 3e) Egger, Schreiber 86.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 72: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

94 Josef Riedmann

kenrath39) mit guten Gründen abgelehnt. Daß jedoch Verbindungen des Notars zum Mainzer Erzstuhl, besonders aber zu Erzbischof Arnold bestan-den, kann man auf Grund des Wortlautes der Rekognition annehmen. Nur Arnold erhält als Erzkanzler bei Rainald G immer die Bezeichung „domnus", und zwar nicht nur in den zu Beginn der Tätigkeit des Notars ausgestellten Verfügungen von 115840), sondern auch in einer wahrscheinlich erst 1165 niedergeschriebenen Urkunde41). Bei der unvergleichlich höheren Zahl von Diplomen von der Hand des Rainald G, in denen der Kanzler an Stelle eines anderen Erzkanzlers rekognosziert, wird das Wort „domnus" nur zweimal für Rainald von Dassel verwendet42).

Die Ähnlichkeit der Schrift des Notars Ulrich Β mit der des Bamberger Archipresbyters Gotebold43) reicht nicht aus, um auf die Zugehörigkeit dieses Mitglieds der Reichskanzlei zu dem fränkischen Hochstift zu schließen, zu-mal ein weiterer, von Föhl44) vorgebrachter Beweis für diese Vermutung offenbar nicht zutreffend ist: Die nach Föhl von dieser Kanzleikraft mun-dierte Urkunde Bischof Eberhards II . von Bamberg aus dem Jahre 1154 stammt nicht von der Hand dieses Notars45).

Über Rainald Η und seine ungemein enge Verbindung mit Rainald von Dassel sowie über den höchstwahrscheinlich in Italien beheimateten Chri-stian Ε hat Herkenrath ausführliche Studien veröffentlicht46). Der Kapellan Burchard bezeichnet sich selbst als Kölner47), und aus demselben Gebiet kam auch der Magister und Kapellan Heribert48).

Die Frage nach der Herkunft, dem Werdegang und der Bedeutung des Protonotars Heinrich schien durch die abschließende Arbeit Hausmanns, der die Gleichsetzung mit dem Kanoniker des Würzburger Neumünster-stiftes, Heinrich von Wiesenbach, durchführte49), endgültig geklärt, und der weitreichende Einfluß dieses Mannes auf die Formulierung von höchst wichtigen kaiserlichen Urkunden erfuhr durch Folz eine zusammenfassende Würdigung50). Doch jüngst stellte Zeillinger51) eine Reihe von Unstimmig-

B") MIÖG 72, 46. Allerdings tritt Schum nicht, wie Herkenrath a. a. 0 . angibt, für die Identität von Rainald G und Christian ein.

40) St. 3808,3809,3812 und 3813. «) St. 3758; vgl. MIÖG 75,397 ff. «) St. 3957 und 4031. ") Föhl, MÖIG 50, 81 Anm. 21 und Egger, Schreiber 105. ") Föhl, MÖIG 50,104. ") Laut freundlicher Mitteilung von Herrn Professor Hausmann. — Gegen die

von Krallert, MÖIG Erg.-Bd. 14,263 vorgebrachte Auffassung, Ulrich Β sei romanischer Herkunft, wendet sich Egger, Schreiber 105 f. mit Recht, da die im Diplom St. 3901 (geschrieben von Ulrich B) zu beobachtenden Formen der Eigennamen („Fredericus", „Borcardus" usw.) keineswegs eine verläßliche Grundlage für die Vermutung Krallerts darstellten. ") MIÖG 72,34 ff. und MIÖG 73,247 ff.

") In seinem von Güterbock a. a. O. 51 veröffentlichten Brief an den Abt Niko-laus von Siegburg („B. Coloniensis"); vgl. auch St. 3894 A: „nostro nuntio, fideli B. Coloniensi". *8) S. die Belege bei Hausmann, Reichskanzlei 261 f.

") Hausmanna, a. 0 .138 ff. 60) Folz in Le Moyen Age, 4. serie, 19 (1964) 5 ff., bes. 28 ff. ") Im DA 22,484 ff.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 73: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 95

keiten zusammen, welche sowohl gegen die von Hausmann vollzogene Identi-fizierung als auch gegen die Teilnahme Heinrichs an der Abfassung der ihm von Folz im Anschluß an Cramer-Vial52) zugeschriebenen Diplome sprechen. Zeillingers Gründe sollen hier nicht noch einmal wiederholt werden; es sei nur auf einen weiteren Gesichtspunkt aufmerksam gemacht, der entschieden gegen den Protonotar Heinrich als Verfasser der durch ihre prunkvolle rhetorische Ausdrucksweise gekennzeichneten Diplome für burgundische Hochstifte des Herbstes 115753), der Verträge Barbarossas mit italienischen Städten von 116254) sowie verschiedener kaiserlicher Verfügungen der Jahre 1165/6655) zeugt. Nicht nur die in Würzburg von Heinrich von Wiesenbach mundierten Privaturkunden56) zeigen keinerlei Diktatzusammenhänge mit dem Wortlaut der Diplome, die ihm zugeschrieben wurden57),auch die fünf vom Notar und späteren Protonotar Heimich 1149—52 an Wibald von Stablo ge-richteten Briefe58) zeichnen sich nicht durch die Feierlichkeit derWendungen, sondern durch eine geradezu lakonische Kürze des Ausdrucks aus, was dem Notar sogar den Tadel des Abtes eintrug59). Der Gegensatz zu der erhabenen und gewählten Sprache der genannten Kaiserurkunden ist offenkundig. Man wird daher für die nicht zu leugnenden Diktatparallelen zwischen den drei Gruppen von Diplomen der Jahre 1157,1162 und 1165/66 einerseits vielleicht das Wirksamwerden von nicht genauer erfaßbaren Schulzusammenhängen unter den einzelnen Notaren, andrerseits den Einfluß von Rainald Geo), der seit 1158 immer mehr eine führende Position in der Reichskanzlei ein-nahm, verantwortlich machen müssen. Eine endgültige Klärung dieses über-aus schwierigen Fragenkomplexes scheint jedoch einstweilen nicht möglich.

Lag das Haupttätigkeitsgebiet des Protonotars also offenbar nicht bei der Abfassung von Urkunden, sondern vermutlich ebenso wie bei den kaiser-lichen Kapellanen in der Beratung des Herrschers und in der Verwendung als seine Gesandten61), so drängt sich eine ähnliche Annahme auch bei der

62) In ihrer ungedruckten Marburger Dissertation, Die Aachener Karlsfälschung und die Heiligsprechungsurkunde Friedrichs I. in ihren Beziehungen zu Kaiserhof und Reichskanzlei (1944) bes. 114 ff. *») Vgl. MIÖG 75,342 und 347.

") Siehe S. 33 ff. ·») Vgl. S. 65 ff. und 70 ff. 5e) Die zum überwiegenden Teil ungedruckten Würzburger Schriftstücke finden

sich bei Hausmann, Reichskanzlei 140 f. verzeichnet. «') Vgl. Zeillinger, DA 22,488. ") Jaffe, Monumenta Corbeiensia Nr. 182, 203, 277, 376 und 391 (vgl. Hausmann

a. a. 0 . 141). — Auf diese Vergleichsmöglichkeit machte mich Herr Professor Appelt aufmerksam.

") Dies geht aus einem Brief Heinrichs an Wibald (Jaffe Nr. 277) hervor: „Arguit me prudentia vestra, quod breviter vobis scribere consueverim". Daß der Notar kein Freund rhetorischer Stilmittel war, wie sie Wibald zu gebrauchen wußte, zeigt auch die Bemerkung: „Quem enim indeficiens eloquentiae vestrae torrens non deterreat?" im selben Schreiben, und ebenso bringt diese Tatsache der Satz klar zum Ausdruck: „Certe si nobis tanta esset copia bullarum aurearum, quanta verborum, legatio domni regis ex omni parte promota et maturata iam dudum processerit" (Jaff6 Nr. 376 = ein späterer Brief Heinrichs, als der Notar auf die Übersendung der bestellten Siegel und Goldbullen für den neugewählten König Friedrich I. drängte). ,0) Vgl. DA 22, 497.

") So weilte der Protonotar bei wichtigen Ereignissen der sechziger Jahre häufig

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 74: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

96 Josef R i e d m a n n

Beurteilung des Einflusses der Kanzler auf die Entstehung von Diplomen auf. Zwar fehlen genauere Zeugnisse über das Itinerar der Kanzleivor-stände62) — es ist daher nicht möglich, den Auswirkungen des Fernbleibens eines Kanzlers von den Beurkundungsgeschäften nachzugehen —, doch allein der Umstand, daß sowohl 1159 bei der Ablösung Rainalds von Dassel durch Ulrich als auch 1162, als dieser durch Christian ersetzt wurde, keine Änderung der personellen Zusammensetzung der Notare und in den Gewohn-heiten der Urkundenausfertigung eintrat63), zeugt gegen eine generelle direk-te Einflußnahme der Kanzler auf das Zustandekommen kaiserlicher Verfügun-gen. Bereits von Breßlau wurde vermerkt, daß anscheinend in einzelnen Fällen, besonders in Italien, der Erzkanzler offenbar selbst „in das Beur-kundungsgeschäft eingegriffen hat"64). Doch dies stellt gewiß eine Ausnahme dar, denn die hohen geistlichen Würdenträger blieben oft längere Zeit dem Kaiserhofe fern65) und waren somit gar nicht in der Lage, in größerem Um-fang auf die Entstehung von Diplomen einzuwirken66).

Die Frage der Verwendung eines Formularbehelfs. Zu den oftmals behandelten Problemen der Reichskanzlei des 12. Jahr-

hunderts gehört die Frage nach der Verwendung von Formularbehelfen für die Abfassung von Diplomen. Nach verschiedenen Vorarbeiten bot Haus-mann eine zusammenfassende Untersuchung über die Benutzung von Vorla-

an der Seite des Kaisers (vgl. Hausmann, Reichskanzlei 156 ff.); er war aber auch Mit-glied einer Gesandtschaft, die 1160 nach Byzanz ging (Hausmann a. a. 0.157), und reiste Anfang des Jahres 1164 im Auftrage des Herrschers nach Ungarn (Hausmann a. a. 0 . 160).

β2) Nur von Rainald ist uns seine mehrmalige Tätigkeit als Gesandter während der Zeit seines Kanzleramtes bezeugt; vgl. sein Aufenthalt bei Heinrich dem Löwen in Braunschweig im Sommer 1156 (Zeuge in der Urkunde Heinrichs des Löwen, ed. Jordan Nr. 34), die Gesandtschaftsreise nach Italien in der ersten Jahreshälfte von 1158 und sein Auftreten in Mailand im Januar 1159 (Vincentii Pragensis Annales, ed. Wil-helm W a t t e n b a c h MGH SS 17,1861, 675).

®3) Der Übergang des Kanzleramtes von Rainald auf Ulrich fällt in die Zeit des kontinuierlichen Wirkens des Notars Rainald G; vgl. MIÖG 75, 371. Das Ausscheiden Ulrichs aus der Reichskanzlei, das etwa mit dem Ende des zweiten Italienzuges zu-sammenfällt, entspricht zwar dem vorübergehenden Zurücktreten von Rainald G, da in Deutschland 1162/63 der Notar Rainald C nahezu ausschließlich die Ausfertigung von Urkunden besorgt, doch war auch diese Kanzleikraft schon vorher oftmals im Dienste Barbarossas tätig gewesen und bedeutet daher keine Neuerung. Auffällig bleibt nur das Wiederauftreten der Benutzung von Vorlagen aus dem Codex Udalrici von diesem Zeit-punkt an; vgl. S. 43 ff. und 98.

M) Breßlau, Urkundenlehre 1 495 und Herkenrath, MIÖG 72, 34. " ) Vgl. die bei Böhmer-Will bzw. Knipping gebotenen Itinerare der Erzbischöfe

von Mainz bzw. Köln. ββ) Es sei nur am Rande erwähnt, daß hingegen Zeugnisse für das direkte Eingrei-

fen des Herrschers in das Beurkundungsgeschäft vorliegen. Neben der bekannten Stelle in den Gesta Friderici IV 21 (ed. Schmale 556), in der Barbarossa dem Notar Anweisun-gen über die Gestaltung des Schriftverkehrs mit der Kurie gibt, bieten auch die Genue-ser Annalen entsprechende Angaben (Oberti cancellarii Annales, ed. Belgrano 162): „stat im imperator mandavit notario et iussit continuo Privilegium scribi et sigillari".

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 75: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 97

gen bei der Formulierung von Arengen der Herrscherurkunden in der frühen Stauferzeit1). Er kam zu dem Ergebnis2), daß ein von Philippus B, dem letz-ten Kanzleivorstand Heinrichs V., zusammengestellter Behelf in der Staufer-kanzlei weiterverwendet und ergänzt worden sei. Auch unter Friedrich I., besonders seit 1156, benutzte man nach Hausmann3) ausgiebigst diese Vor-lagen; bis in das Jahr 1170 finden sich entsprechende Hinweise.

Diese Feststellungen Hausmanns und auch darauf fußende Darlegungen im ersten Abschnitt dieser Arbeit bedürfen an Hand der neu gewonnen Er-kenntnisse über die Reichskanzlei in den Jahren 1156—66 zum Teil einiger Modifizierungen. Von den 33 Arengenformeln, deren Existenz im Formular-behelf Hausmann verzeichnet, wurden sechs unter Friedrich Barbarossa nie verwendet4), mehrere lassen sich als Diktatgut eines einzelnen Notars nach-weisen5), und für das mehrmalige Auftreten anderer gleichlautender Aren-gen bieten sich andere Erklärungsmöglichkeiten als ihr Vorhandensein in einem Formularbehelf der Reichskanzlei6).

Auffällig bleibt allerdings die Tatsache, daß zu einem bestimmten Zeit-punkt für die Gestaltung der Arenga — und darüber hinaus auch für die anderer Diplomteile7) — Vorlagen ausgeschrieben werden, die im Codex Udalrici überliefert sind8). Doch da von den 17 bei Hausmann verzeichneten

*) Hausmann, MIÖG 58, 68 ff., wo sich in der Einleitung auch die entsprechenden Literaturangaben finden.

η MIÖG 58,86 ff. 3) A. a. O. 90. 4) Hausmann Formel 5,18 a, b, c, 19, 20,22 und 30. 5) Formel 21 (in St. 3619, 3640, 3756 und 3869) wird nur von Heribert (vgl. Haus-

mann, Reichskanzlei 260), Formel 27 (St. 3637, 3643, 3762 und 3996) nur von Arnold II . C (vgl. Zeillinger, DA 22, 526 f. und 530 ff.; s. auch MIÖG 75,331 Anm. 33 und oben S. 48 Anm. 11), Formel 28 (St. 3731, 3730, 3755) von Arnold Η (vgl. Zeillinger, DA 22, 499; zur Verwertung in St. 3800 s. MIÖG 75, 353 Anm. 111), Formel 29 a (St. 3660, 3693; die Anklänge in St. 3901 sind überaus gering) von Arnold II . D (vgl. Zeillinger, DA 22, 532 f.) und Formel 31 a und b (St. 3674, 3675, 3676, 3722; die Spuren in St. 3918 und 3927 sind minimal; s. S. 29 Anm. 50) nur von Wibald (s. Zeillinger, DA 22, 481 und 543 Anm. 45) benutzt. Formel 32 und 33 konzipierte und gebrauchte Rainald G (vgl. MIÖG 75, 364 f. Anm. 91 und ebenda 400).

e) Die Arenga von Formel 23, die innerhalb von fast zwei Jahrzehnten nur von drei kanzleifremden Schreibern verwertet wurde (St. 3623, 3860 und 4114), findet sich im Breviarium de dictamine des Alberich von Montecassino (s. DD. Η. IV. Anhang Nr. XXIV); Formel 24 geht auf ein unter Zisterzienserklöstern ausgetauschtes Empfän-gerkonzept zurück (vgl. MIÖG 75, 349 f., bes. Anm. 77 und 353 Anm. 111); Formel 25 (St. 3734, geringe Teilbenützung in St. 3901 und 3903) beruht auf einer ungemein be-kannten päpstlichen Arenga (vgl. MIÖG 75, 383 Anm. 94). Von Formel 26 findet sich unter Friedrich I. selbständig nur die Wendung „effectu debet prosequente compleri" in St. 3755 und ähnlich in St. 3882, wie auch Formel 29 b (teilweise verwendet in St. 3644, 3763 und 3783; die Formulierung „Antecessorum nostrorum regum et imperato-rum devotionem limitem prosequentes" tritt auch in St. 3788 Α auf) wohl aus dem Diktatgut von Arnold Η (vgl. Zeillinger, DA 22, 523) in die Diplome von der Hand der von ihm auf das stärkste beeinflußten Notare Rainald C und Rainald D Eingang gefun-den haben dürfte.

') Vgl. etwa für die Publicatio Erben, Privilegium 22. 8) Hausmann a. a. O. Formel 1—17.

7 MIÖG., Bd. 76. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 76: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

98 Josef Riedmann

Arengen, welche auf die Bamberger Sammlung zurückgehen, unter Friedrich I. eine nie9), acht nur einmal10) und zwei je zweimal11) Verwendung fanden — die Annahme eines Formularbehelfs der Reichskanzlei in all den genannten Fällen scheint somit nicht zwingend —, bleibt nur etwa ein halbes Dutzend von Arengen übrig, deren Vorlagen im Codex Udalrici enthalten sind und die auch in Diplomen Barbarossas von verschiedenen Händen und über längere Zeiträume hinweg ausführlicher benutzt wurden12), wobei sich bereits bekann-te zeitliche Schwerpunkte in der Verwertung klar abzeichnen13). Weitaus am häufigsten wurden diese Vorlagen aus der Sammlung des Domkustos in den Jahren des einheitlichen „Kanzleidiktats" von 1156—5814) ausge-schrieben. Nach der Rückkehr vom zweiten Italienzug 1162/63 gelangten sie in drei überlieferten Diplomen16) zur Anwendung, vereinzelte Benutzun-gen sind 1165/66nachweisbar16), während in der Folge nur noch ganz wenige Spuren ihres Auftretens zu beobachten sind17).

Die hier kurz skizzierten Zusammenhänge lassen die Frage berechtigt erscheinen, ob für die Zeit Friedrich Barbarossas die Verwendung eines For-mularbehelfs als gesichert angenommen werden muß. Da offenbar nur weni-ge Urkunden, die zudem alle im Codex Udalrici überliefert sind, als Vorlagen für die Bildung von Arengen in Frage kommen, liegt es nahe, diese Sammlung, die nach Carl Erdmann „ein Lesebuch für Schulzwecke war"18) — sei es in der auf uns gelangten oder, was auf Grund der Benutzung so weniger Stücke wahrscheinlicher ist, in einer abgewandelten Form —, auch bei der Ausbil-dung mancher Mitglieder der Reichskanzlei in Rechnung zu stellen. Diese

·) Formel 5. 10) Es sind dies die Arengen von Formel 7, 8, 12, 16 und 17. Die Arenga von For-

mel 6 fand unter Friedrich I. einmal Verwendung (St. 3771), nachdem sie 10 Jahre vor-her von einem Empfängerschreiber teilweise ausgeschrieben worden war (DK. III. 176 = St. 3538). Die zeitliche nächste Benutzung von Formel 2, die zur Zeit Barbarossas nur in der echten Vorlage von St. *4055 nachweisbar ist, liegt über zwei Jahrzehnte zurück. Ahnlich verhält es sich mit der Arenga der Formel 3, die vor ihrem Auftreten in St. 4040 nur unter Konrad III. in DK. III. 255 und 266 ( = St. 3582 und 3595) verwendet wor-den war.

") Formel 13 und 15. 12) Formel 1, 4,9,10,11 und 14. la) Vgl. die Zusammenstellung bei Hausmann, MIÖG 58, 93 ff. ») Siehe MIÖG 75, 327 ff. und 341 ff. 15) St. 3975, 3979, 3982. Mit gewissem Vorbehalt kann auch die Verwertung von

Formel 17 in der echten Grundlage von St. *3971 in diesem Zusammenhang erwähnt werden.

") In St. 4051,4052, 4053 und *4055. Die Anklänge von Formel 10 in St. 4066 sind höchst spärlich.

") St. 4080,4095 und 4117. — Wie bei jedem isolierten Auftreten von Arengen, die einer Formel entsprechen, ist auch bei diesen Beispielen die Möglichkeit von verlorenen Vorurkunden oder anderen unbekannten Zwischengliedern zu beachten.

18) Carl Erdmann in Wilhelm Wattenbach-Robert Holtzmann, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter II/3 (Neudruck 1967) 441. S. auch Karl P ivec , Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici III., MÖIG 48 (1934) 322 ff., bes. 370: „Daß der CU. auch . . . schulmäßigen Zwecken dienen sollte, ist durchaus wahrscheinlich."

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 77: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 99

Einführung der Notare in die Gewohnheiten der Urkundenausfertigung muß keineswegs in Bamberg erfolgt sein, auch andere Dom- oder Klosterschulen können über eine Handschrift dieses Teils des Codex Udalrici verfügt haben19).

Eine an dieser Vorlage geschulte Kanzleikraft — mit größter Wahr-scheinlichkeit der Notar Arnold H20) — dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, daß sich seit etwa 1156 für die Formulierung von Arengen in Diplo-men Barbarossas Vorbilder in der Sammlung des Domkustos aufzeigen las-sen. In Urkunden von der Hand anderer Mitglieder der Kanzlei (Rainald C und Rainald D), welche in ihren Diktatgewohnheiten auf das stärkste von der zuerst erwähnten Kanzleikraft beeinflußt sind, unter denen also engste Schulverwandtschaft besteht21), setzt sich diese Entwicklung fort22). Dabei muß auch das gewiß hervorragend geschulte Gedächtnis der Notare beachtet werden, das es ermöglichte, sogar ausgedehntere Formulierungen mit nur geringfügigen Abwandlungen nach längerer Zeit aufs neue zu gebrauchen. Auf diese Art findet ebenso die Übernahme einzelner Wendungen durch gleich-zeitig tätige Kanzleikräfte eine Erklärung, während bei Benutzung von schriftlich fixierten Formularbehelfen eine weitestgehende wörtliche Über-einstimmung mit der Vorlage zu erwarten wäre, wie sie in Urkunden Fried-richs I. äußerst selten auftritt23). Der Codex Udalrici als „Schulbuch" eines Kanzleinotars bietet auch für die einmalige Anwendung einer darin ent-haltenen Arenga eine glaubwürdigere Deutung als ihre Existenz in einem Formularbehelf, der in der Reichskanzlei auflag und dennoch so selten be-nutzt worden wäre.

Zusammenfassung. Seit den Tagen der Synode von Lodi im Juni 1161 besorgt neben dem

Notar Rainald G, welcher vom Beginn des zweiten Italienzuges an nahezu als einziges Mitglied der Reichskanzlei Diplome des Herrschers verfaßt und geschrieben hatte, der sehr wahrscheinlich an der Speyerer Domschule aus-gebildete und bereits 1156/57 im Dienste Friedrichs I. tätige Notar Rainald C die Ausfertigung von Urkunden des Kaisers. Von der Hand dieser beiden

18) Die zwei wichtigsten Überlieferungen des Codex Udalrici, welche den Urkunden-teil enthalten, stammen nicht aus Bamberg, sondern werden in Zwettl und Wien (Cvp. 398, wahrscheinlich aus Heiligenkreuz; vgl. Hermann Julius Hermann, Beschreiben-des Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich VIII/2, 1926, 211 Nr. 128) aufbewahrt. Ein weiterer Wiener Codex (Cvp. 611) bietet nur eine Auswahl der Urkunden (vgl. Wilhelm Wattenbach, Reise nach Österreich in den Jahren 1847, 1848,1849, Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 10,1851,426 ff., bes. 491).

20) Vgl. den Hinweis von Zeillinger, DA 22, 525 Anm. 101. 21) Siehe MIÖG 75, 327 ff. und 341 ff. 22) Eine übersichtliche Zusammenstellung der Benutzung von Arengen aus dem

Codex Udalrici (Formel 1—17) findet sich bei Hausmann, MIÖG 58, 93 ff. 23) Auch bei den nach Vorbildern im Codex Udalrici gestalteten Arengen wird der

ursprüngliche Wortlaut meist etwas verändert und überarbeitet. Ebenso können zwei oder mehrere Vorlagen zu einer neuen Arenga verschmolzen werden; vgl. die Liste bei Hausmann, MIÖG 58, 93 ff. und ebenda 89 f.

7 * Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library

AuthenticatedDownload Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 78: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

100 Josef Riedmann

Kanzleikräfte stammen fast sämtliche in der Folgezeit in Italien ausgestell-ten kaiserlichen Verfügungen. Der Anteil der Notare Rainald Η und des seit Anfang des Jahres 1161 gelegentlich als Mundator nachweisbaren Ulrich Β am Beurkundungsgeschäft hält sich demgegenüber in einem sehr beschei-denen Rahmen, und auch Diplome, die von Personen außerhalb der Reichs-kanzlei herrühren, finden sich nicht allzu häufig.

Das Diktat und die Gestaltung der von Rainald G und Rainald C 1161/ 62 in Italien mundierten Schriftstücke schließen sich an die von Rainald G zur Zeit seiner alleinigen Tätigkeit entwickelten Gewohnheiten an. Auch die Verfügungen von der Hand des Rainald C ordnen sich fast in allem in diese Tradition ein; erst sehr allmählich treten bei ihm wieder Wendungen auf, welche an die von dieser Kanzleikraft vier Jahre vorher mundierten Diplo-me anknüpfen. Die während der ersten Tätigkeitsperiode dieses Mitglieds der Reichskanzlei so häufig zu verzeichnende Benutzung von Vorlagen aus dem Codex Udalrici für die Formulierung der Arenga läßt sich in Italien nicht nachweisen, sie setzt jedoch 1162/63 mit der Rückkehr des Kaisers nach Deutschland wieder ein.

Aus der Zeit des Aufenthalts Barbarossas nördlich der Alpen bis zum Antritt des dritten Italienzuges im Herbst 1163 ist uns kein Originaldiplom von der Hand des Rainald G erhalten; Rainald C besorgt offenbar allein die Ausfertigung der Schriftstücke des Herrschers, deren Stil sich nun wiederum durch die bereits erwähnte Verwendung von Vorbildern, welche in der Bam-berger Sammlung enthalten sind, und auf Grund des Wortlauts der anderen Diplomteile sehr stark an das 1156—58 gebräuchliche „Kanzleidiktat" annähert.

In den ersten Monaten des dritten Italienzuges Friedrichs I. sind nicht weniger als fünf Kanzleinotare im Dienste des Herrschers als Urkunden-schreiber tätig. Neben Rainald H, der die Diplome, welche mit dem Wirken Rainalds von Dassel im Zusammenhang stehen, mundiert, nehmen Rainald C sowie in geringerem Maße auch Rainald G und Ulrich Β die Niederschrift kaiserlicher Verfügungen vor. Unter der Anleitung von Rainald G beginnt schließlich damals auch der neu in die Kanzlei eingetretene Notar Christian Ε sein Wirken am Hofe Barbarossas; der Großteil der im weiteren Verlauf des Aufenthalts südlich der Alpen 1164 ausgestellten Kaiserurkünden stammt von seiner Hand. Für das Diktat der von Christian Ε herrührenden Diplome bleiben die von Rainald G entwickelten Stilgewohnheiten in vielem bestimmend, wenn sie auch durch manche für den mundierenden Notar charakteristische Eigenheiten variiert werden.

Rainald G übt offenbar auch nach der Rückkehr des Kaisers aus Italien im Herbst 1164 den maßgeblichen Einfluß in der Reichskanzlei aus. Er ver-faßt und mundiert selbst im Lauf der nächsten beiden Jahre, während Barba-rossa in Deutschland weilt, einige Diplome und zeichnet in mehreren von anderen Mitgliedern der Reichskanzlei geschriebenen Kaiserurkunden das Monogramm, wie sich auch in von kanzleifremden Personen herrührenden Verfügungen Barbarossas seine Beteiligung nachweisen läßt. Neben Rainald

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 79: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 101

G ist in der ersten Hälfte des Jahres 1165 vornehmlich der Notar Ulrich Β mit der Ausfertigung kaiserlicher Schriftstücke beschäftigt; wahrscheinlich nimmt im September dieses Jahres der Würzburger Wortwin seine Tätigkeit im Dienste der Reichskanzlei auf. Auch in den von ihm mundierten Diplo-men treten neben persönlichen Stilgewohnheiten des Notars Diktateigen-arten von Rainald G klar zutage. Auf die drei Kanzleikräfte Rainald G, Ul-rich Β und vor allem Wortwin geht der Großteil der Verfügungen zurück, die bis zum Antritt des vierten Italienzuges im Oktober 1166 ausgestellt wurden. Die Nachzeichnung einer Urkunde läßt zudem auf eine vereinzelte Tätigkeit von Rainald C im Jahre 1166 schließen.

Das Diktat mehrerer Diplome, die in zeitlicher Nähe zur Urkunde Fried-rich Barbarossas über die Heiligsprechung Karls des Großen stehen, zeich-net sich durch eine besondere Feierlichkeit der Formulierungen aus, wie sie ähnlich in einigen Burgunderdiplomen im Herbst 1157, in Verträgen des Kaisers mit italienischen Städten des Jahres 1162 und in einigen anderen Schriftstücken festzustellen sind. Für diese Diktatzusammenhänge wird man aber nicht den Protonotar Heinrich verantwortlich machen können, wie dies bisher geschah, sondern andere, im einzelnen nicht weiter durchschaubare personelle Verbindungen — vor allem aber die Wirksamkeit des Notars Rainald G — dürften zu dieser Entwicklung beigetragen haben.

Ähnlich wie in den Jahren 1156—61 ergeben sich auch im anschließen-den halben Jahrzehnt nur geringe Anhaltspunkte für eine Beteiligung der mit der Abfassung von Diplomen betrauten Notare am Zustandekommen von kaiserlichen Mandaten, Briefen und Manifesten. Einige Hinweise lassen es als wahrscheinlich erscheinen, daß die Konzipierung dieser Schriftstücke eher die in verschiedenen diplomatischen Missionen mehrfach namentlich bezeugten Hofkapellane Barbarossas vornahmen.

V e r z e i c h n i s der b e s p r o c h e n e n U r k u n d e n F r i e d r i c h s I. aus den J a h r e n 1 1 5 6 — 1 1 6 6 .

Die erste Ziffer bezeichnet die Regestennummer bei Stumpf, Reichskanzler. Die Seitenangaben 322—402 beziehen sich auf den ersten Teil dieser Arbeit in MIÖG 75 (1967); Seiten 23—101 sind im vorliegenden Band enthalten. Die wichtigste Erwähnung einer Urkunde wird durch Kursivdruck hervorgehoben; ein Asteriskus bezeichnet die gefälschten oder sehr wahrscheinlich interpolierten Stücke, wobei die endgültige Ent-scheidung über die Echtheit einiger Diplome der Edition im Rahmen der Monumenta Germaniae vorbehalten bleiben soll.

Bei den nach Erscheinen des Regestenwerkes von Stumpf neu bekanntgeworde-nen Urkunden, die mit der zeitlich vorhergehenden Stumpfnummer und einem Groß-buchstaben versehen wurden, schien es zweckmäßig, die einmal gewählten Bezeich-nungen, welche zum Teil bereits in der Literatur Verwendung gefunden haben, bei-zubehalten, auch wenn sich auf Grund der neueren Forschung die früher vorgenom-menen zeitlichen Ansätze als nicht zutreffend erwiesen. Überdies wurde bei diesen Diplomen der Empfänger hinzugefügt, um eine bessere Übersicht zu erreichen.

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 80: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

102 Josef R i e d m a n n

3736 327, 328, 93 3747 328, 336, 338 3753 328, 329, 334, 350, 351; 29

•3754 328 3755 339, 346; 97 3757 389, 390 3758 354, 356, 397-402-, 28, 38, 94

»3759 391 *3760 393, 394

3760 a 386 3760 A (Wibald) 386 3761 329, 331, 358; 93 3762 328, 331, 332; 48, 97 3763 328, 332, 333, 335, 336, 340,

347; 31, 44, 97 3764 328, 332, 333, 336, 347 3765 333, 368 3765 a 386 3765 b ( = 3748) 390 3766 333, 334, 345, 347; 29, 65 3767 328, 331, 332, 334, 335, 336,

338, 390, 397, 398, 402; 29 3767 A (Juden v. Worms) 335 3768 335, 336; 29, 61 3768 a 385 3768 b 385 3769 385; 35 3770 329, 335, 336, 337 3771 329, 336, 337, 338, 340, 390; 98 3772 337, 340 3773 337, 339 3774 327, 334, 335, 338, 339; 29, 65 3774 b 385

•3774 A (Tuchscherer) 393 3775 340, 392

»3776 392 3777 340 3778 340 3778 A (Wibald) 386 3778 Β (Gf. Heinrich) 385 3778 C (Wibald) 386 3778 a ( = 3811) 340 3779 341, 343; 93 3780 343, 344, 346; 75, 93

•3781 343, 344 3782 386, 390 3782 a 388 3782 b 388 3783 340, 345, 351; 71, 97 3784 340, 345

»3785 393 3786 340, 343, 345, 346, 351, 353,

393 3787 343, 346, 347, 348, 349, 351;

71, 75

3788 333, 334, 343, 347, 348, 351, 390; 67, 71

3788 A (Balerne) 341, 342, 343, 348, 359, 370; 60, 97

3789 341, 343, 347, 348, 349 3790 335, 341, 343, 345, 347, 348,

351; 66 3790 A (Ludwig VII.) 388, 390; 35 3790 a 341, 343, 349, 351, 353 3791 343, 349, 350, 356 3792 348, 350, 351, 353, 354; 71 3793 343, 346, 348, 350, 351, 353; 67 3795 345, 347, 351, 353, 354 3796 351; 90 3797 336, 348, 351, 352, 353; 66 3798 352 3799 352 3800 349, 350, 352, 353; 97 3800 A (Sindeisberg) 341, 352, 353, 354 3805 329, 354 3806 344, 358; 90 3807 358; 90 3808 331, 355, 358, 359, 399; 94 3809 355, 358; 94 3810 359 3811 s. 3778 a 3812 355, 359, 360, 399; 94 3813 355, 359, 360, 399; 32, 94 3814 356, 360, 361; 28 3815 360, 361, 362 3817 361 3817 a ( = 3833) 355, 358, 359, 361,

366, 381, 383; 34 3818 362 3818 a 362 3818 A (Mazaperlinus) 362

»3818 Β (Cavriana) 392 3819 362 3820 362 3821 362, 363 3821 a 363 3822 363 3823 363 3824 356, 361, 362, 363, 364 3824 A (St. Thomas) 364 3830 356, 357, 360, 362, 364, 365,

371, 379; 52 3831 362, 364, 365 3832 357, 364, 365, 371; 28, 60 3833 s. 3817 a 3835 355, 356, 362, 363, 364, 365,

366, 378 3835 a 355, 356, 357, 362, 363, 365,

366, 367, 368; 28 3836 366, 367, 368, 380

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 81: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 103

3837 355, 357, 363, 366, 367, 368; 71 3838 355,357,359,367,368, 369,380 3838 A (Monza) 368; 71, 72 3839 370 3840 357, 368, 369 3841 368 3842 370

•3843 367, 370, 392 3844 357, 368 3845 a 368, 369, 371; 40 3846 369, 371, 378 3846 a 370 3848 370 3849 361, 362, 369; 34 3850 368, 369

*3851 393 3852 A (Fruttuaria) 370 3853 A (St. Walburg) 357, 366, 369 3854 367, 370 3855 369 3856 370, 382

*3857 393 3857 a 370, 371, 378 3858 365, 368, 370, 371 3858 A (St. Peter) 370, 378 3859 368, 369, 370, 371 3860 356, 371, 394; 97 3861 355, 357, 366, 371, 372, 379,

390; 26, 41, 55 3862 ( = 4091 A) 64 3863 s. 4009 Β 3864 368, 372, 377 3866 373, 374, 375 3867 373, 376, 377, 381 3868 386, 390 3869 359, 360, 386, 387, 388, 389,

390; 97 3870 386; 78 3871 373, 375 3872 373, 374, 377 3873 355, 357, 373 3874 389 3876 364, 365, 373, 377, 378; 39 3876 A (Clairvaux) 373, 376 3876 Β (S. Ruf) 384 3876 C (Eb. v. Salzburg) 388 3877 A (St. Adalbert) 373 3878 366, 373, 377, 378, 379; 26, 31 3879 388, 390 3880 388

»3881 392 3881 A (Metz) 373, 375, 376 3882 367, 373, 380; 97 3883 373, 375 3884 373, 376

3885 373, 379 3886 373, 376 3887 373, 375 3888 373, 375, 394 3889 373, 375 3890 374, 377, 381, 394 3891 388, 389 3892 365, 378, 379, 382; 28, 31, 41 3892 A ( = 4543) 389, 394; 29, 35, 41 3893 378, 379

*3893a 380 3894 377, 380, 381 3894 A (Halberstadt) 388, 389; 78, 92,

94 3895 377, 381, 382, 400 3896 356, 362, 377,381, 383, 394; 31,

69 3897 388 3898 388

*3899 392 3900 377, 381, 382; 26, 31 3900 a 382, 383 3901 354, 362, 382, 383, 384, 385;

24, 26, 29, 30, 94, 97 3902 384; 90 3903 354, 384; 24, 97 3904 378, 381, 382, 383,384, 394; 26,

35 3905 356, 385; 26, 29 3906 78, 79 3907 25, 26, 93 3908 25 3909 27, 78, 81, 93 3910 38, 81 3911 384; 26, 31 3912 24, 27 3913 27, 93 3914 27, 28 3914 A (Viktor IV.) 83 3915 28 3916 356, 400; 24, 28, 29 3917 389; 26, 29, 30, 33, 40 3918 382, 393; 29, 30, 31, 97 3919 383; 26, 29, 30, 33 3920 79, 92 3921 79, 92 3922 25, 30 3922 A ( = 3937) 78, 81 3923 31 3924 79

*3925 89 3925 A (Hugo v. Soissons) 80, 81 3926 31, 91 3927 29, 31, 35, 47, 97 3928 32, 45

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 82: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

104 Josef Riedmann

3929 30, 32, 33, 35, 48, 81 •3930 84 3931 28, 29, 30, 32, 33, 47, 48

•3932 89 3932 a s. 3856

»3932 A (de Lotheriis) 88 •3932 Β (Baschio) 89 •3932 C (Pallavicini) 88 3933 80 3933 a 390; 80 3934 80 3935 33, 84 3936 33, 34, 35, 37, 45, 62, 72, 91 3937 s. 3922 A 3938 80 3939 24, 31, 32, 34, 35, 84

*3939a 88 •3939 A (de Comitibus) 88 •3940 84 3941 400; 35, 81 3942 390; 32, 35, 36, 47, 74 3943 84

•3943 a 85 3944 79 3945 78, 79 3946 78 3947 78 3948 78 3949 34, 37, 38, 62, 72, 81 3950 32, 37, 38, 47, 80, 85, 86

•3950 a 85 3951 390; 37 3952 38, 41, 42 3952 A (Bellefontaine) 349, 350, 356;

24, 25, 36, 39, 91 3953 83 3955 390; 34, 35, 37, 38, 48, 62, 77 3956 25, 38, 39 3957 377, 390,394; 26, 39,41, 44,47,

60, 94 3958 23, 41, 42 3959 40 3960 400; 24, 28, 39 3960 Β (Brondolo) 32, 35,39,40,42, 46 3961 33, 40 3962 40 3963 35, 39, 40,41, 44, 47, 74, 82, 84,

89 3963 a 41, 42 3963 b 26, 42, 55

•3963 A (Rode) 89 3964 42 3965 394; 33, 38, 41, 42, 44, 47, 60

*3966 89 3967 389; 40, 42, 43, 81, 85

•3968 85 3969 78, 81, 85 3969 a 43 3970 43, 91

•3971 43, 98 •3971 A (Rreuzlingen) 89 3972 43 3972 A (Eb. v. Besanijon) 83 3973 332; 25, 44, 47 3974 375; 44 3975 44, 45, 47, 91, 98 3976 34, 45, 47, 72, 86

•3976 A (Canavese) 32, 80, 86 3977 45 3978 35, 43, 45 3978 A (Hl. Hildegard) 83 3979 45, 46, 47, 98 3980 46

•3981 85 3982 45, 46, 47, 91, 98 3983 26, 46, 47, 64 3984 41, 45, 46, 47 3985 47 3987 47 3987 a 47 3988 47 3988 a 47 3989 47 3990 47, 86 3991 47 3992 390; 38, 47, 48, 76, 77, 86 3993 386; 47 3994 47 3995 47 3995 A (Siena) 80 3995 Β (Pistoia) 80 3995 C (S. Antimo) 80 3996 32, 48, 86, 97 3997 39, 41, 47, 48, 49, 55, 60 3998 26, 48, 49, 50, 52, 76, 86 3999 50 4000 48, 50, 51, 52, 60, 76, 86 4001 51, 55, 61 4001 A (Farfa) 82 4002 79 4002 A (Eb. v. Salzburg) 82 4002 Β (Mgf. Otakar) 82 4003 36, 48, 50, 51, 52, 76, 86 4003 A (Comacchio) 26, 48, 50, 51, 52,

76, 91 4004 364, 365; 49, 52, 76, 86

•4005 53, 86 4006 26, 38, 48,49,50, 52, 57, 60, 76,

Qß 4007

oD 364, 365; 48, 49, 50, 52, 53, 86

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM

Page 83: Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa in den Jahren 1156-1166

Studien über die Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa 105

»4009 87 4009 A (S. Iacopo) 87 4009 Β ( = 3863) 79

•4009 C (dalla Porta) 87 »4010 33, 87 4011 52, 53

•4012 52, 53, 87 4012 A (Turisendus) 49, 52, 53 4012 a 52 4012 b 49 4013 49 4015 88

*4015A (Biffignandi) 87, 88 4016 54 4017 55 4017 a s. 4023 A 4017 A ( = 4020) 26, 53, 55 4018 51, 57 4020 s. 4017 A 4021 49 4022 49, 53 4023 A ( = 4017 a) 26, 36, 41, 49, 55,

64, 72, 73, 76 4024 49, 50, 53 4025 49, 53 4026 49, 53 4027 26, 50, 51, 53, 55, 83 4028 49, 54, 91 4028 b 54 4030 400; 28, 48, 51, 55, 56 4031 48, 49, 51, 56, 62, 94 4032 400; 28, 48, 51, 56, 74 4032 a ( = 4178 b) 56 4034 400; 28, 48, 56, 57, 74 4035 26, 36, 56, 59, 60, 64, 74, 75 4036 82 4038 400; 28, 57, 60, 64

•4039 88 4040 400; 51, 58, 60, 61, 88, 98 4040 a 400; 58, 61 4040 A ( = 4 3 1 0 ) 51, 61 4041 58, 60, 61, 64, 75

•4042 62, 63 4043 366, 400, 401; 63 4045 401; 79 4046 401; 79 4047 79 4048 63

4049 366,399,400; 26, 36, 62,64, 75, 76

4049 A (Salzbg. Ministerialen) 82 4050 366; 64, 65, 91 4051 65, 66, 67, 68, 71, 73, 76, 91, 98 4052 59, 65, 66, 67, 68, 71, 73, 75, 76,

98 4053 59, 65, 66, 67, 68, 71, 73, 76, 98 4054 68

»4055 65, 68, 72, 98 4056 68, 69 4057 69 4057 A (Oudwijk) 69 4058 400; 58, 62, 69, 70 4059 366; 57, 70 4060 400; 28, 70, 72 4061 59, 65, 70, 71, 72, 75 4062 59, 65, 70, 72 4063 78, 82 4064 400; 60, 63, 72, 73 4065 73 4066 355, 390, 400; 63, 73, 76, 98 4067 60, 73 4068 73 4069 26, 73, 74 4070 79 4070 A (Gf. v. Plain) 82

»4071 74 4072 74, 75 4073 344; 59, 73, 75, 91 4074 57, 59, 75, 91 4075 76,90 4075 Α (Metz) 76 4076 357; 76 4077 390; 72, 77 4078 77 4310 s. 4040 A 4537 a 41, 83, 84 4539 80 4540 83 4541 53, 54 4542 78, 79 4543 s. 3892 A 4544 26, 36, 74, 75 4558 82 4567 a 357; 53, 54 4571 53

Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst LibraryAuthenticated

Download Date | 10/22/14 5:25 AM