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Studien Ober Pflanzenkolloide XXXV. L6sungszustand der Iso-Hexosane. Von M. Samec und L. Knop. [Aus dem Chemischen Institut der K~Snig-Alexander-Universit~.t in Laibach (Ljubljana) - - Jugoslawien.] (Mit 1 Figur.) (Eingegangeu am 9. Oktober 1933.) Erhitzt man St~rke mit einer sehr kleinen Menge Glyzerin auf 220 bzw. 2400 C, so erhRlt man nach A. Pictet 1) nicdrigmolekularc Spal- tungsstficke, welche sich mit Jod f~rben. Bestimmt man nach versehic- denen Methoden die Teilchengrt~Be dieser Produkte, so findct man ~ui3erst divergente Resultate. Die Kryoskopie zeigt ffir das sogenannte Isotrihexosan die Molekulargr6fle tines Trisaeeharids, ftir das Isodihexo- san die eines Disaecharids an. Ahnlich niedrige Werte gibt die isotherme Destillation, w~hrend die Diffusion und die Osmose zu Molektilwerten um 3000 ffihren2). I)iese Divergenz hat das Vertrauen zu den anfangs an- genommenen niedrigen Mo]eku]gr6flcn dieser Substanzen erschfittert und braucht cine AufkI~rung. Am nRchstliegendsten war es, die wXhrend der Diffusion und der Osmose eintretenden Alterungen ftir die ab- weichenden Resultate verantwort]ich zu maehen. In dieser Riehtung angestellte Versuehe haben jed0ch die Annahme als unhaltbar gezeigt. Eine 1,8prozentige L6sung des Isotrihexosans zeigte kryoskopisch nach 10monatliehem Altern die Molekulgr6fle M = 455 und das Isodihexosan die Molekulgrt~t3e M : 361, also die gleieh nicdrigen Werte wit frisch bereitet. I. Einen unmittelbaren Hinweis auf die wirklich herrschenden Ver- h~]tnisse gab die Tatsache, daft die beiden Isohexosane, trotzdem sic im Vakuum tiber SchwefclsRure bis zur Gewichtskonstanz gchaken wordcn sind, beim Aufbewahren in Geffiflen mit einem gew6hnlichen Verschlusse t) A. Pictet u. H. Vogel, Helv. chim. Aeta 12, 700 (1929). 3) M. Samec, Kolloid-Beih. 37, 91 (1932).

Studien über Pflanzenkolloide XXXV

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Page 1: Studien über Pflanzenkolloide XXXV

Studien Ober Pflanzenkolloide XXXV. L6sungszustand der Iso-Hexosane.

Von M. S a m e c und L. K n o p . [Aus dem Chemischen Institut der K~Snig-Alexander-Universit~.t in Laibach

(Ljubljana) - - Jugoslawien.] (Mit 1 Figur.)

(Eingegangeu am 9. Oktober 1933.)

Erhitzt man St~rke mit einer sehr kleinen Menge Glyzerin auf 220 bzw. 2400 C, so erhRlt man nach A. P i c t e t 1) nicdrigmolekularc Spal-

tungsstficke, welche sich mit Jod f~rben. Bestimmt man nach versehic- denen Methoden die Teilchengrt~Be dieser Produkte, so findct man ~ui3erst divergente Resultate. Die Kryoskopie zeigt ffir das sogenannte Isotrihexosan die Molekulargr6fle tines Trisaeeharids, ftir das Isodihexo- san die eines Disaecharids an. Ahnlich niedrige Werte gibt die isotherme Destillation, w~hrend die Diffusion und die Osmose zu Molektilwerten um 3000 ffihren2). I)iese Divergenz hat das Vertrauen zu den anfangs an- genommenen niedrigen Mo]eku]gr6flcn dieser Substanzen erschfittert und braucht cine AufkI~rung. Am nRchstliegendsten war es, die wXhrend der Diffusion und der Osmose eintretenden Alterungen ftir die ab- weichenden Resultate verantwort]ich zu maehen. In dieser Riehtung angestellte Versuehe haben jed0ch die Annahme als unhaltbar gezeigt. Eine 1,8prozentige L6sung des Isotrihexosans zeigte kryoskopisch nach 10monatliehem Altern die Molekulgr6fle M = 455 und das Isodihexosan die Molekulgrt~t3e M : 361, also die gleieh nicdrigen Werte wit frisch

bereitet. I.

Einen unmittelbaren Hinweis auf die wirklich herrschenden Ver- h~]tnisse gab die Tatsache, daft die beiden Isohexosane, trotzdem sic im Vakuum tiber SchwefclsRure bis zur Gewichtskonstanz gchaken wordcn sind, beim Aufbewahren in Geffiflen mit einem gew6hnlichen Verschlusse

t) A. Pictet u. H. Vogel , Helv. chim. Aeta 12, 700 (1929). 3) M. Samec, Kolloid-Beih. 37, 91 (1932).

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2 6 0 K O L L O I D - B E I H E F T E B A N D 3 9 , H E F T 5 - 7

mit der Zeit immer wieder nach Alkoho! rochen. Man konnte daraus folgern, daft sie Alkohol so energisch zurtickhalten, dag er weder beim Waschen mit Ather, noch be im Trocknen im V a k u u m abgegeben wird, wohl aber unter Einflut3 der Luft feucht igkei t bzw. des LSsungswassers abge tausch t wird. Dieser Alkohol (und vielleicht noch anhaftendes Glyzerin) wtirde die Molekulargewichtsbes t immung st6ren.

DaB eine Beziehung zwischen den Isohexosanen und dem Alkohol besteht , deutet schon folgende Beobachtung an. Beim Abdampfen yon Alkohol aus einer wltsserig alkoholischen Suspension der Hexosane bleiben die FItissigkeiten trtib, wenn auch der die Hexosane fMlende Alkohol prakt isch vSllig entfernt wurde. Bei Zugabe einer kleinen AI- koholmenge klgrt sich die ausgebildete Suspension v611ig. Man braucht nun einen groBen AlkoholtibersehuB, um einen Teil der gel6sten Substanz

wieder zur Abscheidung zu bringen. Die Molekulargr6t3e eines friseh gefMlten Hexosanpr~tparats erweist

sich kryoskopiseh als relat iv wenig konzentrationsabhS.ngig (T.abelle I ) ; 1 Jah r in einem Gef~tt3 mit Korks toppe l versehlossen aufbewahr t (also nicht v611ig vor Luf tzu t r i t t gesehtitzt) zeigt es aber nicht nur h6here Mole- kulargewichtswerte, sondern aueh eine ausgepr/~gtere Konzentra t ions- abhgtngigkeit; ein dutch wiederholtes W~issern und scharfes Trocknen yon Alkohol befreites Isohexosan gibt auch kryoskopiseh die gleich hohen Molekulargewichte wie diffusiometrisch, und seine yon der Kryo- skopie angezeigte Molekulargr6ge steigt mit steigender Konzent ra t ion rap id an.

T a b e l l e I. K r y o s k o p i e v o n T r i h e x o s a n .

Konzentration in Prozenten . . . .

Frisch gef~illt . . . - -

10 Monate are LSsung . . . . . - -

0,35 0,4/ 1,07 i 1,31 ! 1,5 2,8~3,9 6,8111,55

1 Jahr alt . . . . . 64--7 Frisch gefiillt, ge- feuchtet und ge- trocknet . . . . . 1

- I - ! - ~ -

i i

: - - 785 441f :

- - i 1 9 9 3 i - -

1,8 2,2 2,5

455 - - i - -

- - ~843 - - 816

! ,22991 - - ,,2980 !j - -

441 - - 1

551 i 572 L i ! - -

- - L - -

Diese Erscheinung l~t13t sich aus der Annahme, daft die Isohexosane Alkohol hartn~ickig festhalten, befriedigend erklaren. Nehmen wir die MolekulgrSfie des Isotr ihexosans mit etwa 2500 an (wie sie aus dem

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SAMEC u. KNOP, STUDIEN OBER PFLANZENKOLLOIDE XXXV 261

Diffusionskoeffizienten folgt), so ware die durch Alkohol bedingte Ge- frierpunktserniedrigung fast 50mal so grotl wie die des Isotrihexosans. 2 Proz. Alkohol im Isotrihexosan wtirden daher die MolekulgrSBe auf

etwa 1250, 4 Proz. auf M ~ 600 drticken. Eine durch Konzentrations- stcigerung bedingte Assoziation kommt daher, solange das Produkt Alkohol enth/~lt, kryoskopisch kaum zum Ausdruck (vgl. Kurve I in

Fig. 1). Je mehr man den Alkohol entfernt, desto steiler werden die M/C Kurven.

Die Annahme einer Alkoholbindung durch die Isohexosane konnte durch folgenden Versuch weiter gesttitzt werden. Wit bereiteten

3000 t J.~o'~r,/~exo.san - Kpgo.sl.cop,e.

S c h ae~,~&~et" . 2"00 t / uncl gc~m~ne~

lgO0 L-'"

"/206 2eNuchtet und ge~ro&ne~ fOOL 806 . . ~ o 12/%no~e o/~

qOL ._.. . . . . . . . . . . . . . . . . ~ . . . . . . . ~,~cD s ~ 2O6

Honzen~r ,o '~ ion ,b %

Fig. 1.

etwa 30prozentige L6sungen der beiden durch abwechselndes Wgssern und Trocknen yon Alkohol befreiter tsohexosane, liegen die LSsungen 24 Stunden stehen, f/~llten die Substanzen mit Alkohol, wuschen sie dreimal mit absolutem Ather und trockneten im Vakuum, wie dies von P i c t e t f0r die Isolierung der Pr/~parate angegeben worden ist. Nach 21/2 Tagen war die Gewichtskonstanz erreicht. Die Substanzen waren geruchlos, das Isodihexosan lOste sich in kaltem Wasser v611ig auf, vom Isotrihexosan blieben 10,5 Proz. ungel6st; um diesem Prozentsatz wurde die Konzentration bei der Kryoskopie korrigiert. Die Resultate der kryoskopischen Messungen zeigten die Tabellen I I und I I I und Fig. 1.

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262 KOLLOID- BEIHEFTE B A N D 39, HEFT 5--7

T a b e l l e II. I s o d i h e x o s a n .

Wasser Substanz Konzentration Depression Molekul- in g in g in Proz. A ~ gewicht

16,26 16,26 16,26 16,26

0,0716 0,1704 0,3177 0,4838

0,440 1,048 1,954 2,975

0,011 0,021 0,030 0,041

745 929

1212 1351

T a b e l l e III. I s o t r i h e x o s a n .

Wasser Substanz Konzentration Depression Molekul- in g in g in Proz. A~ gewicht

16,76 16,76 16,76 16,76

/

0,0465 0,1209 0,1863 0,2709

0,277 0,738 1,112 1,616

0,006 0,013 0,019 0,024

860 1533 1089 1129

Wir sehen, dab die Kryoskopie nun wieder um 50 Proz. kleinere Molektil- gr6fien anzeigt als beim Ausgangsprodukt und dab die Konzentrations- empfindlichkeit wesentlich gefallen ist. Die beim frisch bereiteten und gefS;llten Produkt beobachteten Molekularwerte von M ~,o 500 haben wir bei diesem Versuche zwar nicht errei@t, doeh ist dies welter nieht verwunderlieh. Wir konnten schon in einer frtiheren Arbeit viskosi- metrisch zeigen, dat3 die beiden lsohexosane in der L6sung stark asso- ziiert sindl). Wird der Alkohol, welcher die Teilehenoberflaehe teilweise besetzt hat, entfernt, so kommt es zur Ausbildung grOflerer Sekund~r- teilchen, welche durch das Aufl6sen im Wasser nicht mehr bis zum ur- sprtinglichen Dispersit~tsgrade peptisiert werden und an ihrer relativ kleineren Oberfl~tehe nicht mehr jene Alkoholmenge festhalten wie das frisehe Glyzerinpeptisat.

II.

Die tibermolekularen KrS.fte, welche sieh nach dieser Darlegung den Nachbarteilchen sowie Alkohol gegentiber bet~ttigen, finden auch in einer deutlichen Hydratat ion ihren Ausdruek. Wir mat3en in tiblieher Weise die relative Reibung yon Isodihexosan und Isotrihexosan in Wasser-AIkohoI-Mischungen und geben in Tabelle IV die erhaltenen

Resultate wieder.

1) M; Samec, Kolloid-Beih. 87, 114 (1932).

Page 5: Studien über Pflanzenkolloide XXXV

SAMEC u. K N O P , S T U D I E N f.JBER P F L A N Z E N K O L L O I D E X X X V 263

T a b e l l e IV1). D i e V i s k o s i t ~ t der H e x o s a n e bei Z u g a b e v o n A l k o h o l .

T = 2 5 ~ K o n z e n t r a t i o n 0,34 Proz .

Alkohol- Ausflul3zeit gehalt der Wasser-

in Alkohol- Vol.-Proz. Mischung

t w Sek. ~T

0,00 75,7 14,49 116,0 28,98 166,7 48,30 207,7 62,80 207,3 77,29 186,0

Isodihexosan

77,1 118,2 170,0 209,3 210,0 193,0

t S t s

t w

77,0 1,017 118,0 1,017 169,1 1,014 209,0 1,006 208,0 1,003 187,2 1,007

Isotrihexosan

t s

t w

1,018 1,016 1,018 1,007 1,013 1,037

Mit steigender Alkoholkonzentration nimmt demnach die relative Rei- bung bis zu einem Minimum ab und steigt dann wieder. Das Minimum liegt ungef~hr in jener Alkohol-Wasser-Mischung, in welcher dauernde Eintrtibung erfolgt2). Ein solcher Abfall der relativen Reibung nach Alkoholzusatz wird bekanntlich durch die Annahme einer Dehydrata- tion der Teilchen durch Alkohol gedeutet.

III.

Die Kartoffelst~trke, aus welcher die Isohexosane bereitet werden, besteht bekanntlieh aus einem jodbl~tuenden und einem jodr6tenden Anteil. Von diesen beiden ist der erstere durch eine geringe L6sungs- stabilit~tt ausgezeichnet. Bei der Darstellung der Isohexosane ist gerade die Jodfarbe ein Kriterium far den Verlauf der Glyzerinspaltung, indem das Auftreten einer violetten Jodfarbe den Zeitpunkt ffir die Absehei- dung des Isotrihexosans und das Auftreten der rotbraunen Jodfarbe das Ende der zum Isodihexosan ffihrenden Reaktion anzeigt.

Die erwS.hnte an der St~rke beobachtete Heterogenit~it linden wir nun auch bei den Isohexosanen, namentlich beim Isotrihexosan noch vor. DaB beide Isohexosane in ihren L6sungen polydispers sind und durch passend angeordnete Alkoholf~tllung in Anteile verschiedener Teilchengr6t3e ausfraktioniert werden k6nnen, haben wir an anderer Stelle dargetan3). Es gelingt aber aueh eine Fraktionierung nach ver- sehiedener Jodfarbe. Die durch Trocknen und W~issern von Alkohol be- freiten PrS.parate sind weniger 1Osungsstabil als die alkoholhaltigen; die

1) Ostwaldsches Viskosimeter. 3) Isotrihexosan 54 Vol.-Proz., Isodihexosan 61 Proz. Alkohol. a) M. Samec, Kolloid-Beih. 87, 110 (1932).

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c~ 4 KOLLOID-BEIHEFTE BAND 39, HEFT 5-7

L6sung des Isotrihexosans scheidet einen Niederschlag aus, welcher sich

erst im Wasser von 1000 C glatt 16st. Die Jodfarbe der einzelnen Pro- dukte ist versehieden, und zwar:

Produkte wenig Jod Jodiiberschul3

Ausgangsprodukt . . . . . . Isotrihexosan, ausgefallener Anteil Isotrihexosan, in L6sung gebliebe-

net Anteil . . . . . . . Isodihexosan . . . . . . .

ultramarin blau

rosarot orangerosa

rosa - orange lila - braun

rotbraun gelb

Die in L6sung gebliebene Isotrihexosanfraktion hat sich also in

ihren Eigenschaften dem Isodihexosan gen~hert und namentlich liegt,

wie Tabelle II und I I I zeigen, die Teilchengr6fie in derselben Gr6Ben-

ordnung. Als weniger 16sungsstabil erwies sich auch hier die jodblguende Komponente.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Die beiden nach A. P i c t e t dargestellten Isohexosane sind - - falls

sie keiner besonderen Reinigung unterworfen worden sind - - keine ein- heitlichen Substanzen; sowohl das Isotrihexosan als auch das Iso-

dihexosan sind in der L6sung polydispers.

Namentlich in den LOsungen von Isotrihexosan finden wir jod-

blguende und jodr6tende Anteile vor.

Beide Produkte assoziieren und solvatisieren und der bei der Be-

reitung verwendete Alkohol ist ein wesentliches stabilisierendes Moment; eine ghnliehe Wirkung hat das Glyzerin.

Die kryoskopisch angezeigten, einem Di- bzw. einem Trisaccharid

entsprechenden Molekulgr6fien seheinen durch den in den Prgparaten

festgehaltenen Alkohol vorget/iuscht. Die kryoskopischen Werte werden durch Entfernen des Alkohols auf die aus der Diffusion abgeleiteten

Molekularwerte gehoben und durch erneuerte Alkoholfgllung wieder

wesentlich gesenkt. Bei dieser Reinigung geht die Hygroskopizitgt der Isohexosane verloren.

Ftir unsere TrihexosanprS.parate folgt aus den bisherigen Messungen

als wahrscheinliehste mittlere Molatgr6fle M ~-~ ~300, und f~r unsere

Isodihexosane M ~-~ 1700 (2prozentige L6sung); sicher sind die Molai- werte stark konzentrationsvariabel.