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Säurekapazität - Grundlagen Die Bedeutung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht
in der biologischen Abwasserreinigung
KRONOS ecochem – Carl Wassermann – 18.04.2007
Säurekapazität
• Einleitung
• Chemisch – physikalische Reaktionen des anorganischen Kohlenstoffs
– Dissoziation von gelöstem Kohlendioxid
– Säurekapazität
– Verteilung von CO2 zwischen gasförmiger und flüssiger Phase
• Produktion von Kohlensäure
– Aerober Abbau organischer Kohlenstoffverbindungen
– Nitrifikation
– Denitrifikation
– Gesamt-Bilanzierung der Säurekapazität
• Einfluss auf die Kalkaggressivität der Kohlensäure
– Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht bei Regenereignissen
– Betonkorrosion durch CO2
– Biofilme und Calcium
• Zusammenfassung
Chemisch – physikalische Reaktion des anorganischen Kohlenstoffs
Unter „Anorganischem Kohlenstoff“ fasst man alle Formen der Kohlensäure zusammen, also:
• Freie Kohlensäure (H2CO3 bzw CO2)
• Hydrogenkarbonat (HCO3-)
• Karbonat (CO32-)
An
org
an
isc
he
r K
oh
len
sto
ff
Dissoziation von gelöstem Kohlendioxid
(1) CO2 + H2O ∆∆∆∆ H2CO3
(99,9%) (0,1%)
(2) H2CO3 ∆∆∆∆ CO2 + 2 H2O ∆∆∆∆ H3O+ + HCO3
- (1. Stufe; pK1 = 6,35)
(3) HCO3- + 2 H2O ∆∆∆∆ H3O+ + CO3
2- (2. Stufe; pK2 = 10,33)
An
org
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len
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10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
4 5 6 7 8 9 10 11 12
CO32-CO2 + H2O
(H2CO3)
HCO3-
Abhängigkeit der Kohlensäure-Ionenkonzentration vom pH-Wert
pH-Wert
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teil
[%
]
An
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Säurekapazität KS4,3
Maß für das Pufferverhalten / pH-Stabilität eines Wassers gegenüber Säurezugabe
Entscheidend ist die Menge der gelösten Hydrogencarbonate: Ca(HCO3)2
Die Säurekapazität des Wassers gibt an, wieviel Säure - in der Praxis 0,1 mol/l
Salzsäure - durch eine definierte Wassermenge bis zum Einstellen des pH-Wertes
4,3 verbraucht wird.
An
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ff
Säurekapazität KS4,3
Weitere Begriffe, die der Säurekapazität entsprechen:
- Hydrogencarbonat-Konzentration
- Temporäre Wasserhärte
- Vorübergehende Wasserhärte
- Gebundene Kohlensäure
An
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sto
ff
Bestimmung der Säurekapazität KS 4,3
Probenahme
� Belebung (Nitrifikation) unfiltriert
� Belebung (Nitrifikation) filtriert mit Faltenfilter
Durchführung
� 100 ml Abwasserprobe werden mit 0,1-molarer Salzsäure (HCl) bis zu einem pH-Wert von 4,3 titriert. Dieser Wert muss länger als 2 Minuten bestehen.
� Der Verbrauch an HCl entspricht der Säurekapazität in mmol/l. A
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Verteilung von CO2 zwischen gasförmiger und flüssiger Phase
CO2 wird von den Bakterien in gelöster Form abgegeben und steht mit der Luft im Belebungsbecken im Gleichgewicht:
CO2 (gasförmig) ⇔ CO2 (gelöst)
Dieses Gleichgewicht wird durch das Gesetz von HENRY-DALTON beschrieben:
[CO2] = KH,CO2 *pCO2
[CO2] Konzentration an gelöstem undissoziierten Kohlendioxid (mmol/l)
KH,CO2 HENRY-Konstante für CO2 (mmol/l,bar)
pCO2 CO2-Partialdruck (= Produkt aus Gasdruck und CO2-Anteil in der Gasphase) (bar)
Die Angabe des Drucks unter dem das Gas steht, ist bei tiefen Becken relativ schwierig. Je tiefer das Becken ist je höher ist der hydrostatische Druck
Die HENRY-Konstante nimmt mit steigender Temperatur ab, wodurch die Löslichkeit des Gases geringer wird
An
org
an
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Temperaturabhängige Löslichkeit von CO2 in Wasser
1500
2000
2500
3000
3500
0 5 10 15 20
Temperatur [°C]
CO
2-L
ös
lic
hk
eit
[m
g/l
]
10 °C
17 °C
An
org
an
isc
he
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oh
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sto
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Produktion von Kohlensäure
Aerober Abbau organischer Kohlenstoffverbindungen
Beim biologischen Abbau der Kohlenstoffverbindungen wird nur ein Teil davon vollständig oxidiert, der Rest wird zum Biomassenaufbau (Überschuss-Schlamm) benötigt. Der Anteil des vollständig oxidierten CSB liegt beim Belebungsverfahren zwischen 50 und 70 Prozent. Die wesentlichen Einflussgrößen sind das Schlammalter und der Anteil des gelösten CSB.
Auf Grund der CSB-Bilanz lässt sich der Sauerstoffverbrauch, also die für den Abbau notwendige Sauerstoffmenge, sehr gut abschätzen. Die dabei produzierte Menge an CO2 lässt sich auf Grund des CSB zu TOC-Verhältnisses berechnen:
(1-Y)*CSB Zul. + Y * CSB Zul. = CSB Zul.
OVC + CSB ÜS = CSB Zul.
CO2 + Biomasse ⇒ org.C
Y ….scheinbarer Ausbeutekoeffizient
Pro
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Ko
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Nitrifikation
Die Nitrifikation benötigt keine organischen Kohlestoffverbindungen zum Aufbau von Biomasse. Es wird primär kein anorganischer Kohlestoff produziert, sondern im Gegenteil geringe Mengen zur Biomasseproduktion aufgenommen.
Allerdings wird bei der biologischen Stickstoffoxidation ein Kation
(NH4+) in ein Anion (NO3
-) umgewandelt, es wird aus einer basischen Substanz eine Säure. Das Nitrat als Säurerest einer starken Säure (Salpetersäure) verdrängt das Hydrogenkarbonat aus seinen Verbindungen wodurch daraus freie Kohlensäure bzw. CO2 entsteht.
Nitrifikation bewirkt also keine CO2-Produktion aufgrund der
Stoffwechselvorgänge, es wird jedoch das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht verändert, wodurch einerseits Hydrogenkarbonat- ausgedrückt als Säurekapazität- verschwindet, andererseits CO2 entsteht.
Pro
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Ko
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re
Denitrifikation
Bei der Denitrifikation wird im gleichen Maße CO2 aus Kohlenstoffverbindungen produziert wie beim Abbau mit Sauerstoff, gleichzeitig wird aber bei der Denitrifikation Nitrat verbraucht und Hydroxidionen produziert. Damit kann die äquivalente Menge an Kohlensäure dissoziieren und Hydrogencarbonat entstehen.
Das bei der Nitrifikation verbrauchte Hydrogenkarbonat kann durch die Denitrifikation zu ca 50 Prozent wieder gebildet werden.
Allerdings bleibt die in der Nitrifikation entstandene freie Kohlensäure bzw. CO2 übrig und reichert sich bis zur Löslichkeitsgrenze (HENRY Konstante) an.
Pro
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Ko
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Verbrauchte bzw. produzierte Mengen an O2, CO2 und N2 bei den einzelnen biologischen Prozessen
0,07 0,036 -0,07 0,089 1,0 -3,1 2,86 Denitrifikation
pro kg NDenit.
-0,14 - 0,14 -0,14 - 6,29 -4,57 Nitrifikation
pro kg NO3-N
- - 0,021 -0,021 - 0,92 -0,67 C-Abbau
pro kg CSB
Prozess
SK
mol
N2
mol
CO2
mol
O2
mol
N2
kg
CO2
kg
O2
kg
Quelle: TU Wien, Prof Karl Svardal: Die Bedeutung chemischer Gleichgewichte für den Betrieb von Abwasserreinigungsanlagen.
Pro
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Ko
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Einfluss der P- und N-Elimination auf die Säurekapazität
0,36
-0,29 -0,36 -0,35 -0,18
2,2
1,4
-4,29
-2,83
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
1 2 3 4 5 6 7 8 9
K S4,3 [m
mo
l/l]
1 NI von 20 mg NH4-N/l 2 NI von 30 mg NH4-N/l 3 DN von 20 mg NO3-N/l 4 DN von 30 mg NO3-N/l 5 Fe2+ für 5 mg P/l 6 Fe3+ für 5 mg P/l 7 Al3+ für 5 mg P/l 8 PAC für 5 mg P/l 9 NaAl(OH)4 für 5 mg P/l
Nr.
Pro
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Säurekapazität im Zulauf der Kläranlage
6 mmol KS4,3/l
Nitrifikation von 30 mg NH4-N/l Denitrifikation von 25 mg NO3-N/l Phosphatfällung von 5 mg Pges/l mit 10 g Fe/m³ als
FERRIFLOC Eisen-III-chloridsulfat-Lösung
oder KRONOFLOC Eisen-II-chlorid
- 4,29 mmol KS4,3/l + 1,79 mmol KS4,3/l - 0,35 mmol KS4,3/l - 0,18 mmol KS4,3/l
Säurekapazität im Ablauf der Kläranlage
3,15 mmol KS4,3/l 3,32 mmol KS4,3/l
Gesamt-Bilanzierung der Säurekapazität
Pro
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Ko
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Einfluss auf die Kalkaggressivität der Kohlensäure
Bei einer gängigen Sauerstoffausnutzung zeigt sich, dass sich im Belebungsbecken eine CO2-Konzentration von 1 – 2 mmol/l einstellen wird. Bei dieser CO2-Konzentration und einer Säurekapazität von 3 - 5 mmol/l herrschen kalklösliche / kalkaggressive Verhältnisse.
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Beeinflussung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichtes
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Beeinflussung des Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichtes
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Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichtskurve nach Tillmans
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Säurekapazität ~ gebundenes CO2
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s C
O2
Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht bei Regenereignissen
Ka
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KKG bei Regenereignissen
50
100
150
200
250
21.0
3.
10.0
4.
30.0
4.
20.0
5.
09.0
6.
29.0
6.
ISV
[m
l/g
]
0
15000
30000
45000
60000
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[m³/
d]
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Betonschaden an einem Nachklärbecken (7 Jahre in Betrieb)
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CO2 verursacht Carbonatisierung von Zementmörteln:
Betonkorrosion durch CO2
CO2 + Ca(OH)2 ∆∆∆∆ CaCO3 + H2O
pH 13 pH 9
Folgen:
- Stahlbewehrung wird durch sinkenden pH nicht mehr vor Korrosion geschützt - Rost vergrößert das Volumen ⇒ der Beton bricht auf - noch tieferes Eindringen von CO2 möglich
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Nachweis von Betonschäden: Versuchsanlage KA Viechtach
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Nachweis von Betonschäden: Versuchsanlage KA Viechtach
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Nachweis von Betonschäden: Versuchsanlage KA Viechtach
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Biofilme und Calcium
Mikroorganismen bilden bevorzugt eine "Lebensgemeinschaft":
den Biofilm (z. B. in Form einer Belebtschlammflocke)
Im schleim-ähnlichen Biofilm werden Mikroorganismen durch vernetzte Substanzen
zusammengehalten, die sie selbst produzieren:
EPS
extrazelluläre polymere Substanzen, größtenteils Polysaccharide und Proteine
Ka
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Biofilme und Calcium
Funktion der vernetzten EPS für die Biozönose:
- fester Zusammenhalt
- Matrix für bakterielle Enzyme
- Nährstofftransport / -speicher
- Abtransport von Stoffwechselprodukten
Zweiwertige Kationen, besonders Calcium, sind für die Vernetzung der EPS
notwendig.
Ka
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Quelle: Örmeci / Vesilind, Water Research Vol. 34, No. 4, 1069-1078 (2000)
Bedeutung von Calcium für den Belebtschlamm
Zweiwertige, positive Ionen sind für die vernetzte Struktur der EPS
erforderlich, dabei gilt Calcium als das wichtigste Element.
Die Flockenstruktur und -größe wird vom
Ca2+-Gehalt entscheidend beeinflusst.
Die Entwässerbarkeit wird deutlich verbessert.
Wird Ca2+ aus dem Belebtschlamm entfernt, bricht die Vernetzung der EPS
zusammen. Die Struktur des Schlamms wird geschwächt, die Flockengröße
nimmt ab und das Absetzverhalten verschlechtert sich.
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Kalkaggressivität
Kalkaggressivität
Zusammenfassung
• Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht (KKG) hat einen gravierenden Einfluss auf den biologischen Reinigungsprozess.
• Dieses wird gestört durch vermehrte Produktion und Anreicherung von CO2
(C-Abbau, Bio-P, Belüftung, niedrige Temperaturen, tiefe Becken).
• Die zusätzliche pH-Absenkung durch die Nitrifikation
verstärkt die Störung des KKG.
Pro
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Zusammenfassung
• Neutralisation der freien überschüssigen Kohlensäure (mit Kalkhydrat, Kreide, Dolomit o.ä.).
– z.B. Dosierung von 35 g Kalkhydrat / m³ als stark verdünnte Lösung (2 - 4 %) in den Zulauf der DeNi – oder von 3 g Ökodol (behandelter Dolomit) / m³ mit einem Dolomitreaktor Ablauf DeNi
• deutlich bessere Fest-Flüssig-Trennung durch
kompaktere Flockenstruktur • Biologie und Nachklärung frei von Schaum und Schwimmschlamm • bessere Sichttiefe in den Nachklärbecken • positive Auswirkungen auf die gesamte Schlammbehandlung • Stabilisierung des Systems
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Beispiel Maßnahme: Dolomitreaktor
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit