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396 1. Die Karikatur und die Kunstgeschichte Die Karikatur eignet sich aufs Erste hervorragend als Bei- spiel einer Gegenwelt der kunsthistorischen Territorien. Ist sie doch noch heute »no-man’s land« 1 in der Kunst- geschichte, einer Universitäts-Disziplin deutscher Pro- venienz. Die Kunstgeschichte hat diese Kunstform im Kanon der klassischen Bildgattungen ausgespart. In der Ästhetik wurde sie dem Bereich des Hässlichen zugeord- net. 2 Ein wenig später wurde sie – vom künstlerischen Ge- sichtspunkt aus – mit dem Komischen gleichgesetzt. 3 Der besondere Zeichenstil, den wir mit caricare meinen, und den wir als künstlerische Entdeckung der Neuzeit veror- ten können, erfuhr bis heute keine nähere Betrachtung. »Es scheint, als bestünden von kunsthistorischer Seite nach wie vor gewisse Vorbehalte gegen eine Beschäfti- gung mit einer derartigen Materie«. 4 Die Karikatur blieb bis heute das »enfant terrible« der Kunstgeschichte 5 und der »Gegenwurf des Ideal-Schönen«. 6 Auch Kunsthistoriker haben gleichwohl Spaß am Be- trachten von Karikaturen, so könnte man schon behaup- ten! Offenbar legt sich hier etwas Anderes über das rein ästhetische, sogenannte »interesselose Wohlgefallen«, das jedoch privat bleiben möchte. Sind es Gefühle in Zu- sammenhang mit dem Aussehen des lebensweltlich Be- drängenden, könnten etwa sogar maliziöse Gedanken mit ins Spiel kommen? Manchmal ärgern Karikaturen jedoch gehörig; vor allem, wenn wir selbst »dran« sind. Je un- barmherziger unsere Mängel – ob vorhandene, vermeint- liche oder zugeordnete, egal – auf die Schippe genom- men werden, umso größer die Verstimmung. Entlastung oder Befreiung bietet nur das Lachen. Nicht von ungefähr wurde das Lachen Gegenstand unterschiedlichster phi- losophischer und psychologischer Untersuchungen und Kommentare, sind doch gerade in dieser urmenschlichen Äußerung verschiedenste Einstellungen als Auslöser ver- borgen. 7 In den letzten Jahren waren Karikaturen wieder- holt sogar Gegenstand heftiger medialer Aufregung. Man sprach von Beleidigung, von Verletzung von Gefühlen und debattierte über die Pressefreiheit. 8 Ein kurzer Gang in die Geschichte der europäischen Kunsttheorie hilft Denktraditionen zu erinnern, die er- hellen, weshalb das Thema der Karikatur für die Kunst- wissenschaften ein prekäres bleibt. Von der Zeit, die wir mit Renaissance zu bezeichnen gelernt haben, bis ins späte 18. Jahrhundert, galt es als die Hauptaufgabe der Malerei, durch ihr Werk größtmögli- che Ähnlichkeit mit Etwas herzustellen. Dieses Etwas fand sich in der sichtbaren Welt, oder in der »Natur«, wie man sagte. Die klassischen Texte der Kunsttheorie cha- rakterisierten die Kunst des Malers als »Nachahmung der Natur«. Das Prinzip der Nachahmung ( = mimesis ), wie man es an europäischen Akademien verstand, verlangte eine selektive Betrachtungsweise dessen, was »Natur« ge- nannt wurde, denn es sollte ( nur ) wiedergegeben werden, was schön und bedeutsam war. Was schön und was bedeut- sam war, dies war durch Normen festgelegt, und durch Vorbilder bzw. Leitbilder tradiert, wie durch die großen Werke der Antike, oder durch Vorbilder gleichsam gött- lich verehrter Künstler, wie zum Beispiel Raffael. Das Nachahmen von Kunstwerken Raffaels oder Michelange- los sollte den jungen Maler vorbereiten, in der sichtbaren Welt ebensolche Schönheiten ausfindig zu machen, die idealen Formen auszuwählen und in neuen Zusammen- sybille moser-ernst /  DIE KARIKATUR ALS ›DIE SPRACHE DER DINGE‹ TAGUNG UNIVERSITäT INNSBRUCK

sybille moser-ernst Die KariK atur als ›Die sprache D er ... · rakterisierten die Kunst des Malers als »Nachahmung der Natur«. Das Prinzip der Nachahmung (= mimesis), wie

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1. DieKarikaturunddieKunstgeschichte

Die Karikatur eignet sich aufs Erste hervorragend als Bei-spiel einer Gegenwelt der kunsthistorischen Territorien. Ist sie doch noch heute »no-man’s land« 1 in der Kunst-geschichte, einer Universitäts-Disziplin deutscher Pro-venienz. Die Kunstgeschichte hat diese Kunstform im Kanon der klassischen Bildgattungen ausgespart. In der Ästhetik wurde sie dem Bereich des Hässlichen zugeord-net.2 Ein wenig später wurde sie – vom künstlerischen Ge-sichtspunkt aus – mit dem Komischen gleichgesetzt.3 Der besondere Zeichenstil, den wir mit caricare meinen, und den wir als künstlerische Entdeckung der Neuzeit veror-ten können, erfuhr bis heute keine nähere Betrachtung. »Es scheint, als bestünden von kunsthistorischer Seite nach wie vor gewisse Vorbehalte gegen eine Beschäfti-gung mit einer derartigen Materie«.4 Die Karikatur blieb bis heute das »enfant terrible« der Kunstgeschichte 5 und der »Gegenwurf des Ideal-Schönen«.6

Auch Kunsthistoriker haben gleichwohl Spaß am Be-trachten von Karikaturen, so könnte man schon behaup-ten! Offenbar legt sich hier etwas Anderes über das rein ästhetische, sogenannte »interesselose Wohlgefallen«, das jedoch privat bleiben möchte. Sind es Gefühle in Zu-sammenhang mit dem Aussehen des lebensweltlich Be-drängenden, könnten etwa sogar maliziöse Gedanken mit ins Spiel kommen? Manchmal ärgern Karikaturen jedoch gehörig; vor allem, wenn wir selbst »dran« sind. Je un-barmherziger unsere Mängel – ob vorhandene, vermeint-liche oder zugeordnete, egal – auf die Schippe genom-men werden, umso größer die Verstimmung. Entlastung oder Befreiung bietet nur das Lachen. Nicht von ungefähr

wurde das Lachen Gegenstand unterschiedlichster phi-losophischer und psychologischer Untersuchungen und Kommentare, sind doch gerade in dieser urmenschlichen Äußerung verschiedenste Einstellungen als Auslöser ver-borgen.7 In den letzten Jahren waren Karikaturen wieder-holt sogar Gegenstand heftiger medialer Aufregung. Man sprach von Beleidigung, von Verletzung von Gefühlen und debattierte über die Pressefreiheit.8

Ein kurzer Gang in die Geschichte der europäischen Kunsttheorie hilft Denktraditionen zu erinnern, die er-hellen, weshalb das Thema der Karikatur für die Kunst-wissenschaften ein prekäres bleibt.

Von der Zeit, die wir mit Renaissance zu bezeichnen gelernt haben, bis ins späte 18. Jahrhundert, galt es als die Hauptaufgabe der Malerei, durch ihr Werk größtmögli-che Ähnlichkeit mit Etwas herzustellen. Dieses Etwas fand sich in der sichtbaren Welt, oder in der »Natur«, wie man sagte. Die klassischen Texte der Kunsttheorie cha-rakterisierten die Kunst des Malers als »Nachahmung der Natur«. Das Prinzip der Nachahmung ( = mimesis ), wie man es an europäischen Akademien verstand, verlangte eine selektive Betrachtungsweise dessen, was »Natur« ge-nannt wurde, denn es sollte ( nur ) wiedergegeben werden, was schön und bedeutsam war. Was schön und was bedeut-sam war, dies war durch Normen festgelegt, und durch Vorbilder bzw. Leitbilder tradiert, wie durch die großen Werke der Antike, oder durch Vorbilder gleichsam gött-lich verehrter Künstler, wie zum Beispiel Raffael. Das Nachahmen von Kunstwerken Raffaels oder Michelange-los sollte den jungen Maler vorbereiten, in der sichtbaren Welt ebensolche Schönheiten ausfindig zu machen, die idealen Formen auszuwählen und in neuen Zusammen-

syb i lle mo s e r - e r n s t   /  D i e Kar i Kat u r a ls › D i e s p r ac h e D e r D i n g e ‹

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hängen ( Historien ) zu verwenden. Es war die Lehre von der »Idea«, die Künstler des 16. Jahrhunderts befähigte, unter ( 1.) Antrieb der urteilsfähigen, von Gott geleiteten Intelligenz, ( 2.) mittels der Linie, ( 3.) die ideale Form zu entdecken und die vollkommene Gestalt zu finden ( Form und Gestalt als die gängige Übersetzung von Idea ).

Im Erfüllen dieser geistigen Arbeit sei der Künstler dem Schriftsteller ebenbürtig, so argumentierte Giovanni Pietro Bellori in seinen Vite.9 Im Akt der Anschauung der Natur, einer Leistung des Verstandes, gewinne der Künst-ler die Idee des Schönen, und indem er auf diese Weise die Formen der sichtbaren Dingwelt den inneren vorgestell-ten Bildern anpasse, schaffe er das Kunstwerk.

2. DieerfindungderKarikaturund

ihrerechtfertigung

Annibale Carracci entsprach ganz und gar dieser Vorstel-lung, nicht umsonst nahm ihn Bellori in seine berühmte Abhandlung auf. Wir denken an Herkules am Scheideweg, um 1596 als zentrales Deckengemälde des Camerino im Palazzo Farnese in Rom entstanden [ abb. 1 ].10 Ganz im Sinne der Hierarchie der künstlerischen Genres mit der Historienmalerei als der höchstrangigen Gattung hatte er sein Sujet aus dem Reich der großen Taten und ihrer Heroen genommen, und die adäquaten idealen Formen gewählt.

Aus der Hand desselben Annibale Carracci kennen wir noch ein anderes Genre, das für diese Zeit und ihre Ideale ungekannt und neu war. Der Fisolenesser, der »Man-giafagioli« ist etwas ganz Anderes! Das kleine Format ei-nes Kabinettstückes 11 zeigt an, dass es ein Bewußtsein für die Rangniedrigkeit des noch nicht Etablierten gab. Car-racci beteiligte sich mit diesem Frühwerk an einer Verän-derung des Bildwürdigen; er beging einen Normverstoß! Denn er befand es für bildwürdig, über ein Grundnah-rungsmittel der Armen im Mittelalter und der frühen Neuzeit zu berichten: die Bohne. Kartoffel und Mais soll-ten erst aus der neuen Welt eingeführt werden. In den

theoretischen Erörterungen eines Giovanni Battista Agucchi und Carlo Cesare Malvasia wird die Verstörung über diesen Normverstoß artikuliert.12 Man betrachtete diese Dinge im Hinblick auf die Kunstlehre ganz allge-mein als Reich der »cose basse e vile«, das Ganze dieses Gebietes hatte etwas Komisches an sich. Die Wirkung auf die Zeitgenossen ist nicht gross genug einzuschätzen! 13

Annibale Carracci hat sich auf beide Stillagen, auf den sogenannt hohen als auch auf den niederen Stil ein-gelassen. Doch damit nicht genug um diesen Bologneser Maler Carracci, den Bewunderer des göttlichen Raffael. Wir lernen die Gebrüder Agostino und Annibale Car-racci 14 darüber hinaus noch im Kontext einer ganz ande-ren, revolutionären Kunstform kennen: der caricatura. Aus dem lateinischen Wort, das ursprünglich nichts anderes als »Belastung« bedeutete, wurde im Kreis der Bologneser Akademiker um die Carracci ein Wort der italienischen Künstlersprache, ein Terminus zum Ateliergebrauch. »Ritratti carichi« wurden Bildnisse genannt, die die Züge des Dargestellten in komischer Entstellung zeigten, ohne dass die Ähnlichkeit verloren ginge.

Damit sind wir bei unserem eigentlichen Thema – der Caricatura – angelangt. Jahrzehnte nach dem Tod der Künstler Carracci versuchten Kunstschriftsteller schlüs-sige Interpretationen der neuen Werke der Carracci, der »belasteten Bildnisse« [ abb. 2 ] anzustellen. Giovanni Pietro Bellori schrieb 1672 über Annibale Carracci und dessen Umkreis:

»Quindi hebbero origine li dilettevoli ritratti burle-schi, ovvero caricati; così chiamavano alcuni volti, e fi-gure alterate in disegno, secondo li naturali difetti di cia-scuno, con ridicolosa rassomiglianza, tantochè muovono a riso.« 15

1646 erschienen in Rom die »mestieri« ( Berufs-stände ) des Annibale Carracci, und zwar in Form von Stichen des Giulio Parigino nach Zeichnungen der Car-racci.16 Die Serie von Zeichnungen aus dem Bologneser Straßenleben, die »mestieri«, tragen den Untertitel »nell or di ricreazione fatte da Annibale Carracci«. Der Heraus-

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geber Monsignore Giovanni Antonio Massani, bekannt unter dem Pseudonym Giovanni Atanasio Mosini, stellte dieser Bilderfolge eine Einleitung voran, in der er die künstlerischen Anschauungen Annibale Carracci’s wie-dergab. Meine Ausführungen zitieren folgend eine Pas-sage aus dem nie veröffentlichten sogenannten Carica-ture-Manuskript von Ernst Kris und Ernst Gombrich, das vermutlich 1936 fertiggestellt war 17:

»In der Einleitung [ Einfg. d. Verfass.: der Abhand-lung von Massani ( Mosini ) ] taucht der neue Kunstaus-druck ›caricatura‹ zum ersten Mal auf 18 und gleichzeitig wird eine eingehende theoretische Betrachtung der neuen Kunstgattung vorgelegt. Wir lesen dort über die Gedanken des Meisters:

›… Wir sehen, dass Spielen und Scherzen ein nicht nur dem Menschen, sondern auch den Tieren höchst ei-gentümliches Verhalten ist, denn es gibt Tiere, die, kaum geboren, so pflegte Annibale Carracci zu sagen, zu spie-len beginnen und so zeigen sie, dass ihr Selbsterhal-tungstrieb nicht grösser ist als ihr Spieltreb. Wir sehen ferner, dass die Natur selbt dadurch, dass sie etwas ent-stellt, eine dicke Nase, einen breiten Mund oder einen Buckel schafft oder auf andere Weise ein Geschöpf de-formiert, uns auf die Art hinweist, in der sie selbst, die Natur, sich an jenem Geschöpf Spaß und Vergnügen ver-schafft; über eine solche Missgestalt ( deformità ) oder Un-proportioniertheit lacht sie auch selbst zu ihrer Erholung. So kann dann – fügte Annibale liebenswürdig hinzu – der Künstler, der solche Geschöpfe nachbildet, doch nicht an-ders, als sich auch an ihr erfreuen und dieses Vergnügen auch an andere weiterzugeben; denn die so von der Na-tur geschaffenen Dinge sind an und für sich lustig. Ahmt man sie nach, so werden sie unterhaltsam. Der, der sie be-trachtet, freut sich sehr an jener Eigenschaft, die das La-chen auslöst, aber er freut sich auch an der Nachahmung, die an und für sich schon sehr unterhaltsam ist. Wenn aber der Künstler diese Art Dinge nachbildet, und zwar nicht nur so, wie sie sind, sondern, ohne die Ähnlichkeit zu stören, sie noch entstellter und mit noch mehr Mängeln

darstellt, – solche Bilder wurden in der Schule der Car-racci »rittratti carichi« genannt – dann, sagte Annibale, kommt ein dritter Anlass des Genusses hinzu, die carica-tura, die, gut ausgeführt, den Beschauer noch mehr zum Lachen reizt.‹ 19 ( dt. Übersetzung von Ernst Gombrich ).

Mosini fügt noch eine zweite Überlegung hinzu; sie führt uns auf den Kern der gleichzeitigen Kunstlehre hin: ›Mit noch besserem Verständnis und Geschmack beleuch-tete er diese Art Arbeit folgendermassen: Wenn dem tüchtigen Maler ein »rittrattino carico« gelingt, dann ahmt er den Raffael nach und die anderen vorbildlichen Künstler. Sie sind mit der Schönheit des Natürlichen nicht zufrieden und suchen diese Schönheit aus vielen Gegenständen zusammen oder aber sie entlehnen sie, um ein in jeder Beziehung durchaus willkommendes Werk zu schaffen, von den vollkommensten Statuen. So bedeutet denn auch das Schaffen eines »rittrattino carico« nichts anderes, als ein noch besserer Kenner der Natur zu sein; sie hat hier eine dicke Nase, dort einen grossen Mund ge-schaffen, um an jenem Wesen eine schöne Missgestalt, una bella deformità ( kursiv v. d. Verfass.! ) zu erzielen. Aber da es ihr nicht gelungen ist, dort die Nase, hier den Mund oder andere Körperteile bis zu jenem Grad zu entstellen, den die Schönheit der Missgestalt ( kursiv v. d. Verfass.) er-fordern würde, stellt der tüchtige Künstler, der der Natur zu Hilfe kommen mag, jene Entstellung noch ausgespro-chener dar; so stellt er seinem Beschauer sein »rittrattino carico« vor, mit jenem Maß, das vollendeter Entstellung entspricht.‹

Hier steht keine Gelegenheitsschrift vor uns, son-dern eine streng gebaute Abhandlung, ein Traktat nach dem Vorbild der Kunstlehre, der sich schon in der Glie-derung an das Schema solcher Untersuchungen hält. Das Genre dürfte man »Rechtfertigung der Karikatur« über-schreiben. Dieser Absicht dienen zwei Argumentationen, die dem großen Akademiker und Schulhaupt Annibale Carracci in den Mund gelegt werden. Das erste Argument geht von der in der Kunstlehre immer wieder abgewan-delten Vorstellung von der Natur als formschaffender

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Künstlerin aus; aber während früher die Schöpferkraft der Natur an die Vorstellung von Gott als Weltenschöpfer grenzte, erscheint hier das Bild abgeschwächt als ein Spiel der Natur mit dem Geschöpf. Ihr Schaffen ist komische Kunst und der Künstler, der komische Formen schafft, strebt der Na-tur ebenso nach ( kursiv v. d. Verfass.! ) wie der »divina ar-tista« des 16. Jahrhunderts dem göttlichen Weltenschöp-fer, dem deus artifex nachstrebt.

Steht dieses erste Argument in seinem entscheiden-den Urteil im Zeichen der aristotelischen Lehre von der Nachahmung, so ist für das zweite Argument die plato-nische Kunstanschauung maßgebend. Ihr liegt ursprüng-lich die Auffassung zugrunde, dass die Natur in ihrem Schaffen nach ewigen Paradigmen blicke, den Ideen.«20

Wir entwerfen die These, nämlich: komplementär zum Idealen Bild, für das der Künstler den Dargestell-ten durch eine an seiner Natur gesuchten Schönheit und unter Entlehnung anerkannter Ideale zu einem vollkom-menen Werk veredelt, entstand eine Kunst, die die natür-lichen Absonderlichkeiten eines Menschen noch ausge-sprochener machte und auf diese Weise die Natur durch vollkommene Entstellung übertraf. Gleichwohl war das Ziel die größtmögliche Ähnlichkeit mit dem Darzustel-lenden! Doch spaßhafte Verzerrungen im Sinn von Über-treibungen dessen, was die Natur ohnedies schon gebil-det hatte, waren erlaubt, so, »dass das Ganze sprechend ähnlich sei, obwohl die einzelnen Teile verändert wur-den«. Es war gestattet, »zum Scherz oder auch zum Spott die Fehler der Züge, die sie abbilden, unverhältnismäßig zu vergrößern und zu betonen«.21 Die vollkommene Schön-heit des Ideals bekam die vollendete Schönheit der Missgestalt ( una bella deformità ) als komplementär an ihre Seite.

Es war Annibale Carracci gegeben, akademische Bil-der zu malen, welche die Idea hinter der vordergründigen Historia erscheinen machten, als auch in einem völlig an-deren Genre mit dem Zeichenstift durch gezielte Über-treibung die »eigentliche Natur«, das Gesicht der Welt zu enthüllen und darzustellen. Mit dem neuen Karikaturenstil nobilitierte Carracci die Darstellung der Welt des Gemeinen

oder des Gewohnheitsmäßigen zu einer »Gegenwelt« der klas-sizistischen Kunstauffassung. Die Rechtfertigung der Kari-katur hält sich jedoch an die Parameter der idealen Kunst-lehre, damit verbinden sich »Welt« und »Gegenwelt« in der Idea; in der Vorstellung von der zu erkennenden und darstellbaren Essenz.

Beide, Abbild und Karikatur, vollkommene Schön-heit und vollendete Entstellung, waren nur zwei Seiten ei-ner Medaille. Beide Sprachen strebten nach der Essenz, aber unter diametralen Vorzeichen.

Interessant, dass wir noch heute gemeinhin sagen, dass ein gelungenes Porträt realistischer und »ähnlicher« sei als der Dargestellte selbst in Person. Wir bewundern die Karikaturisten, weil sie das herausholen, was vorerst unsichtbar blieb, was jeder zu wissen meint, und sich doch niemand offenzulegen getraut hat. Wir meinen den eigentlichen Charakter. Wie so oft, finden wir uns mit dieser Meinung wieder beim alten Immanuel Kant, und wir ertappen uns, wie traditionell unser allgemeines Wis-sen geblieben ist. In der Tat, Kant sah im vollkommen regelmäßigen Gesicht die »Idee der Gattung«, während das, welches das Charakteristische enthält, »Karikatur heißt«.22

William Hogarth, ein Künstler der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ist die vielleicht interessanteste Er-scheinung auf dem Gebiet, das hier als Thema entwickelt wird. Aus seiner eigenen Feder kennen wir die Beschrei-bung dessen, was er bezweckte, nämlich die überzeu-gende Darstellung von Charakteren. Wir erfahren seinen Ärger darüber, dass man ihn gemeinhin als Karikaturis-ten bezeichnete, und doch lieferte er uns mit seinen er-klärenden, vergleichenden Erörterungen das wahrschein-lich Treffendste, was wir zum Wesen der Karikatur finden können. Berühmt wurde Hogarth mit seinen satirischen Bildgeschichten, den Serien, die er »Modern Moral Sub-jects« nannte 23, und für die niemand Geringerer als Georg Christoph Lichtenberg Ende des 18. Jahrhunderts die dem satirischen Geiste der Kupferstiche Hogarths entspre-chenden Kommentare schrieb. Im 19. Jahrhundert gab

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es eine Wiederentdeckung Hogarths. Dies hing auch mit dem Aufkommen einer regelrechten Britischen Schule des common-life painting unter der Leitung eines David Wilkie zusammen. Charles Lamb, einer der sogenannten Lake Poets, verteidigte Hogarth gegen Joshua Reynolds und James Barry, die von Hogarths »vulgarity« sprachen und behaupteten, er sei der »artist of an inferior and vul-gar class«. Lamb stellte in seiner Verteidigung sogar eine Verbindung zu Shakespeare her, und brachte damit Hog-arths Werk in den Zusammenhang mit einem unantast-baren Englischen Erbe, »mingling the ludicrous with the terrible«. Fern von der oberflächlichen Meinung, seine ans Komische rührende Kunst entfessele nur das Geläch-ter, schrieb Lamb, Hogarths Satiren »appeal first and fore-most to the very heart of man, its best and most serious fee-lings« 24. Mahnte Joshua Reynolds die »central form«, das »Wesentliche« im idealen platonischen Sinn ein, so argu-mentierte andererseits William Hazlitt, ein weiterer zeit-genössischer Kunstkritiker und Schriftsteller, Raffael sei der beste Beweis dafür, dass erhabene Inhalte nicht allein mittels einer gesuchten Idea hinter der Natur dargestellt werden könnten, sondern mindestens, besser, durch ge-nau beobachtete, betont herausgearbeitete Ausdrucksmo-mente der menschlichen Emotionen.

Wir wiedererkennen zwei verschiedene Kunstformen: 1.) die ideale Darstellung aufgrund einer Auswahl und Kombination von schönen Formen, und 2.) das Heraus-arbeiten und Betonen der Einzelnen, Augenblicklichen, Kleinen. Friedrich Theodor Vischer sollte es später »die Belauschung« und »vorherrschende Betonung« nennen, die »eben aus diesem Begriff des Allgemeinen fließen«. Der »bestimmende Standpunkt« sei der »epische«.25

Hogarth versuchte sich auch im Stil der traditionel-len religiösen Historienmalerei, und blieb dort erfolglos, und hier lag offensichtlich auch seine verwundbare Stelle. Zwei Jahre nach »A Rakes Progress« trat er mit einer Er-findung an die Öffentlichkeit, mit »The Line of Beauty«, seiner Meinung nach die ideale ästhetische Form. Er träumte sich in den Olymp der Besten, zu Michelangelo

und in die Antike. Vielleicht suchte er dort »die Sprache«, die in der Lage wäre, die »Wirklichkeit« abzubilden. Um seiner Idee von dem idealen Maß, der Serpentine Line, Nachdruck und Ernst zu verleihen, zitierte er anerkannte Größen wie Lomazzo oder Du Fresnoy. Genau hier, auf dem Gebiet seiner ehrgeizigen Forschungen zu The Analy-sis of Beauty ( 1753 ), bekam Hogarth von seinen Zeitgenos-sen ordentlich Spott eingeschenkt. Sie geisselten ihn mit seinen eigenen Waffen, mit einer nun ihn herabsetzen-den Karikatur [ abb. 4 ].26 Sie zeigten Hogarth als Ganzpor-trät, in der Figur eines Quacksalber, der in seiner Linken das Maßwerkzeug der »Line of Beauty« über den Buckel eines armen gebeugten Bauern oder Taglöhner hält, um mit einem kleinen Stock in seiner Rechten gleichsam den Ton dieser »Line of Beauty« anzuschlagen. Der »Arzt Ho-garth« empfiehlt sich – gemäß der Karikatur – selbst, in-dem er die Verkrüppeltheit als das am meisten Schöne »tönend macht«: Der Krüppel als Maß der Line of Beauty!! Bewußt griff der zeichnende Satiriker tief, ganz tief, in die Schicht der Krüppel und Bettler! Hogarth’s Kritik richtete sich ja gegen die bürgerliche Gesellschaft und ihre Perversitäten. Nun siedelte man ihn aber mit seinen Erkenntnissen von Schönheit und Proportion ganz un-ten, bei der Caricatura an. Dort »unten« habe er sich seine Anleitung / Vorstellung, seine idea geholt! Diese ver-höhnende Karikatur transportiert jedoch etwas, was wir schon weiter oben argumentiert haben: Hogarth strebte mit seiner Caricatura genau so nach der Idea, er sucht die adäquate Form und die bella deformità.

3. »DiesprachederDinge«erlernen

Hogarth wetterte gegen die herrschenden Lehrmetho-den, »die einzige Methode, gut zeichnen zu lernen, sei, überhaupt nicht zu zeichnen. All das Zeichnen nach dem Modell, das in den Akademien geübt werde, sei nichts als verlorene Zeit. Der Künstler müsse ›die Sprache der Dinge‹ erlernen und womöglich eine Grammatik erfin-den, die auf sie passe …« 27

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Die Radierung »Charaktertypen und Karikaturen« von 1743 [ abb. 3 ] bedeutete den Beginn der Arbeit Hogarths an dem Thema der Unterscheidung zwischen einer gelun-genen Charakterdarstellung und einer Karikatur. Er ließ durchblicken, dass die komische Kunst dem hohen Stil ei-nes Raffael ebenbürtig sei, der nicht mehr, aber auch nicht weniger vollbracht habe als das Erschaffen von Charak-teren. Dazu brachte er gleichsam in einem Bildstreifen am unteren Bildrand Reproduktionen von Klassikern der Karikatur – wie Annibale Carracci, Pier Leone Ghezzi und Leonardo da Vinci – in Kontrast, mit einer Auswahl von Raffael’schen Charakteren; über diesen Streifen setzte er etwa Hundert seiner eigenen Schöpfungen von Charak-terprofilen. Mit dem Vergleich von Charakterdarstellung und Karikatur meinte Hogarth zwei verwandte Aufgaben, die jedoch diametrale Einstellungen bedingten. Die Cha-rakterdarstellung bedeute das virtuose Beherrschen der physiognomischen Mannigfaltigkeit, die Karikatur hinge-gen sei die Technik der physiognomischen Übertreibung.

Gegen Ende seines Lebens erhob Hogarth noch ein-mal seine Stimme, um einer eventuellen Verwechslung vorzubeugen, die durch eine Vorliebe für das Italienische wieder einmal den Errungenschaften der guten Briti-schen Malerei gefährlich zu werden drohte. Dem Blatt The Bench, der graphischen Variante eines gleichnamigen Öl-gemäldes, gab er – auf einer eigenen Seite – einen Text bei, welcher den Unterschied zwischen einer Charakterdar-stellung und einer Karikatur nun ganz dezidiert heraus-arbeiten sollte. Die Erörterung hebt an mit:

»There are hardly any two things more essentially different than character and caricature, nevertheless they are usually confounded, and mistaken for each other, on which account this explanation is attempted.« 28

Für eine gelungene Charakterdarstellung »as an in-dex of the mind« bräuchte es die äußersten Anstrengun-gen eines großen Meisters. Die Karikatur beruhe hinge-gen letztlich auf einem komischen Vergleich, lesen wir. In ihrem Fall genüge die flüchtigste Andeutung, um das Er-kennen einer Ähnlichkeit sofort zu gewährleisten:

»for all the humorous effects of the fashionable manner of caricaturing chiefly depend on the surprise we are un-der, finding ourselves caught with any similitude in ob-jects absolutely remote in their kind. Let it be observed, the more remote in their nature the greater is the excel-lence of these pieces. As a prove of this, I remember a fa-mous caricature of a certain Italian singer, that struck at first sight, which consisted only of a straight perpendicu-lar line with a dot over it«.29

Diese quasi Definition der Karikatur, die aus diesen Worten zu entnehmen ist, ist zur Gänze in Übereinstim-mung mit jener von Baldinucci. Sie bedeutet das überra-schende Spiel mit einer Ähnlichkeit im Unähnlichen, was den Effekt einer guten Karikatur ausmacht. Und je weiter die zwei Pole auseinanderdriften, umso stärker ist der Ef-fekt, das Erkennen wechselt von einem Pol zum anderen. »While Hogarth’s conception of caricature appears sofar conservative and traditional he adds a new element to his characterisation which stands in apparent contradiction to the seventeenth century concept. ›Caricature‹ he says ›is ought to be totally divested of any stroke that has a ten-dency to good drawing‹. The revolutionary character of this remark becomes clear if we remember that ›good dra-wing‹ in Hogarth’s translation of the Italian technical term ›disegno‹. We recall how closely caricature in its origins was linked with this concept of the great artist-virtuoso who can seize the idea ( Hervorhebg. v. d. Verfass.) or essence of a face by means of his consumate draughtsmanship. To Hogarth caricature and great art move on different planes.«30

»Caricature [ … ] may be said to be a species of lines that are produced rather by the hand of chance than of skill; for the early scrawlings of a child which do but barely hint an idea of a human face, will always be found to be like some person or another, and will often form such a comical resemblance, as, in all probability, the most emi-nent caricatures of these times will not be able to equal with design, because their ideas of objects are so much the more perfect than children’s, that they will unavoid-ably introduce some kind of drawing«.31

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»It is easy to hear in these remarcs the undertones of re-sentiment against the success of a genre which requires so little technical skill. [ … ] But if there was some resenti-ment behind Hogarth’s note on character and caricature this resentiment had also sharpened his eyes. It had let him to the discovery of the regressive element in carica-ture and its contribution to the comic effect of the genre. The ›ideal‹ caricature, as described by Hogarth is a ›scrawl‹ or a ›doodle‹ ( Hervorhebg. v. d. Verfass.) – its style is that of the children’s drawing.«32

Im Prozess der Säkularisierung Ende des 18. Jh. geriet das ganze Ideengebäude der klassischen Theorie ins Wan-ken. Mittels anthropologischer Studien, wie durch das Üben bewußt zivilisierten Benehmens, suchte man Wis-sen über den humanen Menschen zu erlangen. »Diese Tau-tologie ist mehr als eine Devise«, so Claudia Schmölders33, »sie ist Anlass der physiognomischen Leidenschaft – denn ist der nichthumane Mensch ein Mensch oder ein Tier oder etwas Drittes? Lässt sich dem Bösewicht etwas Nichtmenschliches ansehen – und wenn ja, welches Wis-sen ist für die Fähigkeit zu einer Diagnose nötig?« Ver-suche, zu diesem Wissen zu kommen, setzten gleichsam eine Verwissenschaftlichung von schon gefassten Vorur-teilen in Gang. Eine große Renaissance dessen, was wir als die Lehre der Physiognomik bezeichnen, hob an.34 Hier bekam die Porträtkarikatur ein Geschwisterkind, das we-niger harmlose Wurzeln hatte als den bloßen intellektuel-len Zeitvertreib und Scherz.

Es gab schon diverse »wissenschaftliche Ansätze« in der Säfte- und Humorallehre der Renaissance. Gleichwohl blieb die Physiognomik in der Renaissance vorerst noch ein spekulativer Fremdkörper neben der zeitgenössischen Porträtkunst. Leonardo verwahrte sich ausdrücklich ge-gen die Physiognomik, »denn in ihnen steckt keine Wahr-heit«.35 Wir denken an Leonardos sogenannte »Groteske Köpfe« von Windsor, über die allenthalben diskutiert wird, ob sie Karikaturen sind oder nicht. Aus Leonardos eigenen Schriften erfahren wir, worum es ihm in seinen Experimenten, dem Variieren von Typen, ging: um Erkennt-

nis über die Gründe des soundso Aussehens dieser Welt und ihrer Phänomene, und um die Erweiterung seines Formenrepertoires. Im Suchen um das adäquate Gesicht entwickelte er im ernsten Spiel neue Formen. Dazu erfand er die Methode des Kritzelns, was im Englischen so tref-fend mit doodling wiederzugeben ist. Er benützte die Krit-zelei als macchia, in die er fortwährend seine Imaginatio-nen projizierte, und somit aus dem vorerst Unfertigen die neue Form entwickelte. Diese Art des Zeichnens war nicht Reduktion oder Abstraktion, sondern im Gegenteil Varia-tion und Vielfalt, » – in der Tat haben wir keinen Anhalts-punkt dafür, dass Leonardo das Spiel scherzhafter Verzer-rungen spielte, das wir ›karikieren‹ nennen.«36

»Caricature means freedom, but freedom to be prim-itive. This innermost primitiveness in style as well as in mechanism, in tendency as well as in form, is the secret of the caricature’s appeal«.37 Dies stellten Ernst Kris und Ernst Gombrich ihrer ersten gemeinsamen Publikation über die Grundlagen der Karikatur ( 1938 ) voran. Diese er-schien nicht von ungefähr in einem medizinischen Organ. Die Autoren beabsichtigten keineswegs eine Geschichte der Karikatur und der Karikaturisten im bis dahin ge-kannten Sinn. Vor dem Hintergrund der Geschichte der Kunsttheorie fragten sie nach den geschichtlichen Bedin-gungen der Karikatur und stellten sie »in den Rahmen einer Systematik, die der Psychologie angehört«. Damit positionierten sie »die Karikatur am Schnittpunkt meh-rerer geschichtlich gegebener Reihen«.38 Schon wenig später erkannten die beiden Autoren, dass die Beziehung der Karikatur zum magischen Erbe als zentralem Ansatz einer Erklärung zu kurz greift. Sie begannen ihre Ein-schätzungen zu überarbeiten. Aus diesen wiederholten Versuchen wurde eine Korrespondenz über ein delikates Thema, die bis zum frühen Tod Kris’ 1957 währte. Gom-brich hatte sich von den ursprünglichen gemeinsamen Thesen weit entfernt. Über das Primitive und den Primi-tivismus sind in Verbindung mit der Karikatur ebenso wenig wegzu denken, wie ihre Rolle als wichtigste Wegbe-reiterin der Moderne. Werner Hofmann 39, einer der sensi-

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belsten und genialsten Erforscher der Kunstgattung Ka-rikatur, war von der Entwicklungslinie zur Abstraktion und zur modernen Kunst überzeugt. Diese Auffassung teilte Gombrich nicht. Für Gombrich war Karikatur eine neue künstlerische Form, Inhalte, Aspekte darzustellen, die »damals, sei es aus intellektuellen oder sei es aus emo-tionalen Gründen, von unserem Geist in keiner andern Gestalt hätte erfasst werden können …« 40.

Honoré Daumier hat seine Bekanntheit mit seinen täglich immer wieder neu zugespitzten, humoristischen Lithographien, und mit seinen Holzschnitten für die Presse errungen. Erst posthum wurde seine Begabung als Maler gewürdigt und Daumier wurde – unter anderem wegen seines Gemäldes Le Drama – als Vorläufer der Mo-dernen Kunst gefeiert. Es war der Dichter der »Fleur du mal«, Charles Baudelaire, der ihn als Modernen einführte und in die Etage der Großen Meister zu heben versuchte.41

Daumiers Karikaturen als politische Agitateure misszuverstehen, hat die Forschung in Bahnen gelenkt, die nur mehr an ikonologischen Untersuchungen inter-essiert ist. Ähnlich verhält es sich in der Einschränkung seiner Evaluierung auf den fortschrittlichen Graphiker, worin er gemäß der Kritik vor der Konkurrenz seiner Tage nicht reussieren könne.42 Uns interessiert seine Stärke in der Charakteristik, dem Herauszeichnen von Charakter-bildern des gemeinen Lebens. Seine Menschenmenge war nie gesichtslos, es gelang ihm, unzählige Ausdrucksvari-anten des Gesichtes zu zeichnen [ abb. 6 ]. Wir erinnern uns, wie eng verwoben die Karikatur in ihrer Entstehung mit dem Konzept der Idea war, mit der Vorstellung vom virtu-osen Meister, der die Essenz eines Gesichtes mit den Mit-teln seiner verschwenderischen Zeichenkunst darstellen kann. Am Ende einer Buchbesprechung meinte Gombrich sogar, »what wonder that we find it so hard to place an artist who was perhaps the last legitimate heir of the true ›grand manner‹? «43

Schon Ernst Kris bezeichnete Daumier als Wegberei-ter des neuen Realismus.44 Wie ist das zu verstehen? Es wird berichtet, dass er nie vor der Natur gezeichnet habe.

Gombrich entwickelte in einer Studie über Daumier die Idee, dass es etwas in der Tradition der komischen Kunst gegeben haben muß, das ein Interesse am sinnlichen Charakter der sichtbaren Welt geradezu ausgeschlossen hat: »The extraordinary style of Daumier’s drawings, his strange noncommittal line, these clouds of scribbles out of which the figures appear to emerge as by accident has often been connected, in the literature, with the fact that Daumier was also a sculptor who loved to model in clay and who transferred these modelling habits to his draw-ing style«45 [ abb. 5 46 ]. Er ließ unter seinen Fingern Wesen entstehen, wie wir sie alle schon einmal gesehen zu ha-ben meinen. Die weiche Knetmasse erlaubte ein Heraus-bringen von Zügen, wie sie mimisch und gestisch vom Karikaturisten am darzustellenden »Opfer« ausgemacht werden, und »naturgetreu« herausgestellt werden. Die »Grate« der Oberflächen der Plastiken sind die adäquaten Anhaltspunkte für das Lesen einer Form, wie es die Zeich-nung durch die Linien entwickelt. Daumier hatte eine Zeichentechnik entwickelt, die gleichsam Wesen unter der zeichnenden Hand wachsen machte, deren Ausdruck der Künstler jederzeit variieren konnte, je nachdem ob er innehielt oder noch »nachlegte«. Seine Kreaturen waren aus seinen Beobachtungen an der Gesellschaft entstan-den. In diesem Sinne war Daumier ein Realist. Er hatte nebenbei absolut nichts mit der Bewegung eines Courbet zu tun, dessen Tun er gleich wie die Masse der Konventi-onalisten verhöhnte. Genau in dieser Masse fand er aber seine Themen, seine Charaktere.

»It was Daumier who prepared that breakthrough, the transition from humorous comment to a view of art, which turns away from academic form, the search of light and the enjoyment of surface, in order to probe into the darkest recesses of the human soul. The instrument which art used for this terrible adventure was forged in the safe prescinds of the humorous tradition.« 47 In den sicheren Abseiten oder Nischen einer humoristischen Tradition wurde das Handwerk der Karikatur entwickelt, die die Essenz des Realen auf ihre Weise entwickeln konnte, wie

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404

einst die Hochkunst die Essenz des Idealen in ihrer klassi-schen Kunsttheorie verankert hatte.

4. »DasKomischeistdasumgekehrteideal,und

umdieVerkehrungzuverstehen,

mußmanverstehen,wasinihrverkehrtist…«

Der Hang zur Trennung von Form und Inhalt ließ das Pendel von rein ästhetischer Betrachtung und Bewertung der Karikatur in das andere Extrem ihrer Erforschung des rein Inhaltlichen 48 schwingen. Dort blieb es auch in der neueren Forschung, die eher dem Politischen und Journa-listischen nachgeht, sodaß die Karikatur eher ein Thema der Kommunikationswissenschaften geworden ist.

Uns beschäftigt die Karikatur als neue Kunstform, ge-boren aus einem zutiefst menschlichen Begehren und Be-dürfnis. Das Bedürfnis traf auf ein latentes Gefallen am Regressiven; das Decorum wies in den Bereich des Ko-mischen als der statthaften Bühne. Die unhinterfragte Kunsttheorie der Idea stand aber auch für diese neue Kunstform Pate. Und dann bedurfte es nur der Lange-weile, des Humors und einer vorzüglichen Hand des Zeichnens. Das Feld der Beobachtung lag breit da. Näm-lich da, wo die »Belauschung und Betonung des Einzel-nen, Augenblicklichen« stattfinden konnte.49 In diesem Feld zündelte man, um Inhalte bildlich zu übermitteln, die im ausgesprochenen Wort noch immer als zu prekär erschienen. Inhalte, die man zwar ahnte, doch nicht im ernsten Gewand sehen wollte, ihnen ausweichen möchte, Inhalte, die wahrscheinlich an etwas rühren, was weiter-hin oder immer mehr unbewältigbar scheint.

Der Erste, der die Karikatur als eine der interessan-testen Äußerungen des Menschen und als eine der ur-sprünglichsten Formen des Bildlichen und dessen Prob-lematik erkannte, war Friedrich Theodor Vischer. Vischer war ein ungewöhnlicher Mann, der »wegen der Eigenart seiner Intellektualität, die mit den etablierten Wissen-schaftskategorien schwer zu begreifen ist, in Vergessen-heit geraten« 50 ist. Selbst ein Gelehrter mit einem un-

geheuren Wissensspektrum, Philosoph, habilitiert mit einer Arbeit über das Erhabene und das Komische, und darüber hinaus der Autor köstlicher Karikaturen, re-flektierte er über die verschiedenen Fähigkeiten, die ein künftiger Autor einer umfassenden Geschichte der Kari-katur haben müsste. Er kam zum Schluss, es werde an die »Grenze menschlicher Kraft« gehen, wollte ein einziger Mensch alle diese Eigenschaften in sich vereinen. Nicht der »Übermensch« war hier jedoch gemeint und gefragt, nicht jener Nietzscheanische Gigant, welcher mit Gelas-senheit die Dinge hinnimmt, die nicht zu ändern sind. Vischers weitere Überlegungen erweisen, welche kom-plexe Grundlage er für die Arbeit an der Karikatur meint. Diese ist nicht zu verwechseln mit einer »von allen nur denkbaren Disziplinen gemeinsam ausgerüstete[ n ] Ex-pedition in dieses nach wie vor weitgehend unbekannte ›no-man’s land‹.«51 Die Summe von disziplinären Infor-mationen kann niemals das Ganze oder Erkenntnis sein. »Gefordert wäre gründliche Vertrautheit mit der Kunst-geschichte und schon nach dieser Seite natürlich noch etwas anderes als bloßes Wissen: Kunstsinn, kunstgebil-detes Auge, Formengefühl. Aber das wäre eben nur die eine Seite. Die Karikatur steht in spezifisch engem Ver-hältnis zur Kulturgeschichte im weitesten Sinn [ … ], Reli-gion mitinbegriffen. Beides, Kunst und Leben müßte der Starke, der diese Arbeit wagen wollte, so tief verstehen, das er ebenso fähig wäre, eine Geschichte des Ideals – des ästhetischen wie des sittlich religiösen – zu schreiben, denn das Komische ist das umgekehrte Ideal ( kursiv v. d. Ver-fass.) …, und um die Verkehrung zu verstehen, muß man verstehen, was in ihr verkehrt ist.«52 Das sind unerhörte Worte! Positivismus wie Relativismus reichen dort nicht hin, eine berechtigte Idealismus-Schelte griffe ins Leere. Vischer spricht von einer notwendigen Verschränkung von Ästhetik und Ethik, als Bedingungen eines wissen-schaftlichen Ansatzes, wie wir ihn später bei Kierkegaard verstehen lernen.

Schluss: Die Karikatur könnte als »Gegenwelt« zur klassischen Historienmalerei begriffen werden, doch im

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405

Sinne einer Ergänzung in der gemeinsamen Suche nach einer Darstellung oder Visualisierung der »Essenz«. Zwei verschiedene Weisen, endlich hinter das Kreatürliche und dessen Treiben zu kommen, stehen vor uns: die Sehnsucht nach der Erlösung wies den Menschen zum Suchen des Schönen; doch dann schlug es in der Neuzeit zum Hässlichen um. Und im 19. Jahrhundert erlebte die Karikatur einen Aufschwung wie nie zuvor, als sich das Ästhetische vom Ethischen zu trennen begann. Sie wurde zum Refugium für die Kunst der Darstellung. Diese Ge-schichte ist noch einmal eine ganz andere …

Suchten wir eine wirkliche Gegenwelt zur Welt der Bilder, dann müssen wir uns einem der zwei Granden53 des

20. Jahrhunderts zuwenden, nämlich Duchamp. Marcel Duchamp hatte aus seinem Künstlerleben für sich die ra-dikalen Konsequenzen gezogen. Er spielte Schach ( oder Kunst als Schach? ), er wählte die absolute Gegenwelt, näm-lich, kein Bild mehr zu schaffen.

Über die Bedeutung des Schachspiels in Marcel Duchamp’s

Leben gibt es unterschiedliche Interpretationen. Einig ist man

sich möglicherweise in der Einschätzung, Schach sei eine Art

der Sinnstiftung gewesen … ( Duchamp-Kenner und Biographen:

Thomas Zaunschirm, Calvin Tomkins, Herbert Molderings,

Gabriele Woithe )

b e i T r a g s y b i l l e m o s e r - e r n s T

406

1 Christoph Studt: »no-man’s land«. Die Karikatur als Gegenstand

wissenschaftlicher Forschung, in: Historisch-Politische Mittei-

lungen 15, 2008, 63 – 80. Studt geht dem Begriff Karikatur in die Ver-

gangenheit nach und analysiert darauf seine Rezeption innerhalb

der Wissenschaft.

2 Karl Rosenkranz: Ästhetik des Hässlichen, Königsberg 1853; Thomas

Wright: A History of Caricature and Grotesque In Literature and Art,

London 1865.

3 Max Schasler: Kritische Geschichte der Aesthetik. Grundlegung für

die Aesthetik als Philosophie des Schönen und der Kunst ( Zweite Ab-

theilung. Von Fichte bis auf die Gegenwart ), Bd. 2, Berlin 1872, S. 34.

4 Werner Busch: Die englische Karikatur in der zweiten Hälfte des

18. Jahrhunderts. Ansätze zu einer Entwicklungsgeschichte, in:

Zeitschrift für Kunstgeschichte, 40 ( 1977 ) Heft 3 / 4, S. 227 – 244, hier

S. 227 ( Anm. 1 ).

5 Werner Hofmann: Bemerkungen zur Karikatur, in: Merkur 7 ( 1953 ),

S. 955.

6 Werner Hofmann: Die Karikatur. Von Leonardo bis Picasso, erg.

Neuauflage Hamburg 2007, S. 39.

7 Das vielleicht bekannteste Werk zu diesem Thema: Henri Bergson:

Le rire. Essai sur la signification du comique, Paris 1900, dt.: Das

Lachen. Ein Essai über die Bedeutung des Komischen. Übers. Roswitha

Plancherel-Walter, Hamburg 2011. Gemäß Baudelaire wären der

»satanische Charakter« des Lachens ein Grundzug des Menschlichen

und die Karikatur eine vorzügliche Gabe des abendländischen Men-

schen. J. Crépet ( Hg.): Claude Baudelaire, De l’Essence du Rire et

généralement du Comique dans les Arts plastiques, in: Oeuvres com-

plètes ( Curiosités esthétiques ( 1855 ) ), Paris 1923, S. 369 – 396.

Vgl. Ewald Hecker: Die Physiologie und Psychologie des Lachens und

des Komischen. Ein Beitrag zur experimentellen Psychologie für

Naturforscher, Philosophen und gebildete Laien, Berlin 1873; Helmuth

Plessner: Lachen und Weinen. Eine Untersuchung der Grenzen

menschlichen Verhaltens ( 1941 ), in: Gesammelte Schriften, Bd. vii;

Sigmund Freud, Briefe an Wilhelm Fließ 1887 – 1904, Frankfurt / M.

1985, S. 407; Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Un-

bewußten ( Gesammelte Werke ) vi, Berlin 1999, S. 3 – 269.

8 Die konservative dänische Zeitung Jyllands-Posten hatte zwölf

Karikaturen des Propheten Mohammed veröffentlicht. Was zunächst

nur Aufregung der Imame schien, weitete sich als »Karikaturen-

streit« zur weltweiten Krise. Das Buch »Bilderstreit 2006: Pressefrei-

heit? Blasphemie? Globale Politik?« ( Es ist die Niederschrift einer

Podiumsdiskussion der Reihe ›Wiener Vorlesungen‹ vom 1. März

2006, Autoren: Ursula Baatz, Hans Belting, Isolde Charim, Navid

Kermani, Andrea Saleh ) erfüllte in den Augen der Rezensenten nicht

die hochgesteckten Erwartungen einer Analyse und wissenschaft-

lichen Erklärung. Der einzige Kunsthistoriker, der sich zur prekären

Bilder-Frage äußerte, war Hans Belting.

9 Giovanni Pietro Bellori: Le vite de’ pittori, scultori et architetti

moderni. Success. al Mascardi, Rom 1672. Besonderes Augenmerk

bekamen bei Bellori Poussin, die Gebrüder Agostino und Annibale

Carracci, Rubens und Caravaggio.

10 Das Programm war von Orsini zum Ruhm des Kardinal Odoardo

Farnese erdacht: »Herkules zwischen Tugend und Wollust«. Das Qua-

dro riportato mit den Maßen 165 × 239 cm wurde 1662 nach Parma und

anschließend mit der dortigen Sammlung im Jahre 1734 nach Neapel

ins Museo Capodimonte verbracht. Wir sehen ein »stationäres Bild«,

die Inhalte evozieren die Attribute ewig, erhaben, schön und erotisch.

11 Mangiafagioli, 57 × 68 cm, in der Galleria Colonna in Rom.

12 Man mockierte sich unter anderem auch über Caravaggio und

dessen Wahl von Melonen als Sujet – »oggetti fermi« und nicht die

lebendigen Bewegungen, die aus dem Intellekt geboren werden!

Der Betrachter brauche dazu keinen »intelletto«. Vgl. z. B. Victoria

von Flemming: Arma amoris. Sprachbild und Bildsprache der Liebe.

Kardinal Scipione Borghese und die Gemäldezyklen des Francesco

Albani, Mainz 1996, S. 217 – 279, hier S. 257. Valeska von Rosen:

Caravaggio und die Grenzen des Darstellbaren. Ambiguität, Ironie

und Performativität in der Malerei um 1600, Berlin 2009.

13 Die Kunstgeschichte spricht von der Geburtsstunde des Genre-

bildes und des Stilllebens.

14 Das Scheiden der Hände im kennerschaftlichen Sinn ist nach

wie vor noch nicht vollzogen. Man neigt zur Ansicht, die erhaltenen

Karikaturen stammten in der Mehrheit aus der Hand Agostinos. Die

Idee der Karikatur aber sei von Annibale geboren worden.

15 Giovanni Pietro Bellori: Le vite de’ pittori, scultori et architetti

moderni, Rom 1672, S. 75.

16 Die Arti di Bologna wurden unter dem Titel: Diverse figure al

numero di ottanta, disegnate di pena nell’hore di ricreatione da Anni-

bale Carracci, intagliate in rame e cavate dagli originali da Simone

Guilino parigino pro utile di tutti li virtuosi et entendenti, della pro-

fessione della Pittura, e del disegno, a cura di Giovanni Antonio Mas-

sani ( Roma, nella stamperia di Ludovico Grignani, 1646 ) publiziert.

17 Ernst Kris, Ernst Gombrich: Die Karikatur ( Manuskript dt.) mit

Ergänzungen von Ernst Kris ( in englisch und deren Übersetzung ins

Deutsche ), 254 Seiten, vollendet vermutlich 1936. box Caricature iii,

ehg c/b/caricature/KSS/Ger/CO, Warburg Institute Archive London

( EH Gombrich Estate ).

18 Francesco Malaguzzi Valeri: »L’Arte Gaia«, Casa editrice Apollo,

1926. Malaguzzi Valeri war möglicherweise der Erste, der die

Carracci als »Erfinder« der Karikatur einführte. ( Er wird von Kris /

Gombrich in deren Caricature Manuskript nicht zitiert ).

19 Diese Stelle wurde von Malvasia als Zitat übernommen, in: Carlo

Cesare Malvasia, Felsina Pittrice, Bologna 1678, I, 379 f. Vergleiche

auch Bellori 1672 ( wie Anm. 15 ), 75.

20 Ernst Kris, Ernst Gombrich: 1936 ( Anm. 17 ), S. 4 – 8.

T a g u n g u n i v e r s i T ä T i n n s b r u c k

407

21 Filippo Baldinucci: Caricare, in: Vocabulario Toscàno dell ’arte

del disegno, Florenz 1681.

22 Karl Vorländer ( Hg.): Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft,

Leipzig 1948, 76 ( § 17 ).

23 z. B. A Rakes Progress in acht Bildern ( 1735 ) und Marriage A-la-

Mode in sechs Bildern ( 1745 ). Er prangerte die Moden, Sitten und

sozialen Missstände in England an. Die Kupferstich-Versionen dieser

Gemälde wurden in ganz Europa verbreitet.

24 David Bindman: Hogarth and His Times, Serious Comedy, Ber-

keley and Los Angeles 1997, S. 20, Bildman zitiert aus: Charles Lamb:

Essay on the Genius and Character of Hogarth’, in: The Reflector, iii,

1811 ( reprinted in Nichols and Steevens, iii ), S. 58 – 86, hier S. 58.

25 Friedrich Theodor Vischer: Ästhetik oder Wissenschaft des

Schönen. Zum Gebrauche für Vorlesungen ( 1854 ), hrsg. von. Robert

Vischer, 6 Bde, Stuttgart 1922 / 23, Bd. 4, § 702, S. 375 – 379.

26 Thomas Wright: A History of Caricature and Grotesque In

Literature and Art, London 1875, Abb. No. 209.

27 Ernst H. Gombrich: Kunst und Illusion. Zur Psychologie der bild-

lichen Darstellung, Stuttgart / Zürich 21986, S. 382. Gombrich faßt

zusammen aus: William Hogarth, Entwurf für The Analysis of Beauty,

hrsg. v. J. Burke, Oxford 1955, S. 185.

28 Text von Hogarth, abgebildet in: Thomas Clerk, The Works of

William Hogarth, 2, London 1812, S. 154.

29 Text von Hogarth, Clerk 1812 ( Anm. 28 ), S. 154.

30 Ernst H. Gombrich, aus der 4-seitigen unveröff. Synopsis »The

Caricature Style«, Box Caric.ii, Warburg Institute Archive London

( Gombrich Estate ), o.J.

31 Text von Hogarth, Clerk 1812 ( Anm. 28 ), S. 154.

32 Ernst H. Gombrich: o. J. ( Anm. 30 ).

33 Claudia Schmölders: Das Vorurteil im Leibe. Eine Einführung in

die Physiognomik, Berlin 2007, S. 20.

34 Charakteriologische Beobachtungen, Studien gab es schon

in der Antike. Pythagoras soll Schüler nach physiognomischen Er-

wägungen angenommen oder abgelehnt haben.

35 Leonardo’s Handschriften, Codex Urbinas 109 r.v. Biblioteca

Vaticana Rom, Auswahl v. F. Melzi, zitiert nach: André Chastel ( Hg.):

Leonardo da Vinci. Sämtliche Gemälde und die Schriften zur Malerei,

München 1990, Fragment Nr 248.

36 Ernst H. Gombrich: Leonardo da Vinci: Die grotesken Köpfe,

In: Ernst H. Gombrich, Die Entdeckung des Sichtbaren. Zur Kunst der

Renaissance iii, Stuttgart 1987, 77 – 99, hier S. 79 u. 83.

37 Ernst Kris, Ernst Gombrich: The Principles of Caricature, in:

The British Journal of Medical Psychology, Jg. 1938, Heft 17, S. 341.

38 Ernst Kris, Ernst Gombrich: Grundlagen der Karikatur ( Dis-

position ) Juli 1935, Vorbemerkung, Unpubl. Manus, Warburg Institute

Archive London ( Gombrich Estate ).

39 Werner Hofmann sprach offen darüber, dass er das Thema der

Karikatur E. H. Gombrich verdanke, der ihn in einem Gespräch 1947

darauf brachte ( Werner Hofmann zur Verfasserin dieses Aufsatzes,

in einem Gespräch 30. 3. 2009 in Greifswald ).

40 Ernst H. Gombrich: »Psychoanalyse und Kunstgeschichte«,

Ernest Jones Lecture, London 1953. Der Vortrag handelte über die

Karikatur. ( Corr. Kris Gombrich box Caric i, Warburg Institute

Archive London, EHGombrich Estate ).

41 Charles Baudelaire: Quelques caricaturistes francais ( 1857 ); dt.:

Einige Französische Karikaturisten, in: Friedhelm Kemp ( Hrsg.),

Charles Baudelaire. Sämtliche Werke, Bd. 1 ( Aufsätze zur Literatur

und Kunst 1857 – 1860 ), S. 306 ff.

42 Vgl. Alexander Roob: Wider Daumier. Eine Revision der frühen

französischen Karikaturbewegung und Sozialgrafik, zu finden unter:

Archive Print, am Melton Prior Institute for reportage drawing &

printing culture, 2010; meltonpriorinstitut.org/pages/textarchive.

php5?view=text&ID=74

43 Ernst H. Gombrich: Review of Wilhelm Wartmann, Honoré Dau-

mier. 240 lithographs, in: Burlington Magazine, 89 ( 1947 ), S. 231 – 232.

44 Ernst Kris, in: Kat. d. Ausstellung H. Daumier, Wien, Albertina,

21. 11.– 21. 12. 1936.

45 Ernst H. Gombrich: Ohne Titel, ( corr. typescript 19 pages ),

ehg C/b/Caricature Lec Uk/Dau, Warburg Institute Archive London

( EHG Estate ), Box Caricature iii, Folder: Daumier.

Alles weist darauf hin, dass dieses Typescript nie publiziert wurde.

Als Vortrag gehalten in: The Detroit Institute of Arts am 17. 4. 1956.

Zitat aus Seite 15 des Typescripts.

46 Um 1832 / 35 entstanden Les célebrités du Juste Milieu, etwa 15 bis

18 cm große Büsten aus ungebranntem, mit Ölfarbe bemaltem Ton,

von denen noch sechsunddreißig im Musée d’Orsay in Paris erhalten

sind. 1927 entstanden aus dem Motiv, diese kleinen Kostbarkeiten

für die Zukunft zu retten, Bronzeabgüsse, die sich heute in den

Sammlungen der Akademie der Schönen Künste in Berlin befinden.

47 Gombrich 1956 ( wie Anm. 45 ), S. 19.

48 Eduard Fuchs: Die Karikatur der europäischen Völker vom Alter-

tum bis zur Neuzeit, 2 Bde., Berlin 4 1921. Dieser ungemein ambitio-

nierten Arbeit legte er Bücher nach wie z. B. Das erotische Element in

der Karikatur, Berlin 1904; Die Frau in der Karikatur, München 1906;

Die Juden in der Karikatur, München 1921 u. a. Motivgruppen.

49 Vischer 1922 / 23 ( Anm. 25 ).

50 Friedrich Theodor Vischer ( 1807 – 1887 ) und die Kunst-und Denk-

formen seiner Zeit, Int. Kulturwiss. Tagung 11. 13. 6. 2009, Universität

Stuttgart, http://www.friedrich-theodor-vischer.de/

51 Studt 2008 ( Anm. 1 ), 78.

52 Friedrich Theodor Vischer: Ueber neuere deutsche Karikatur. Die

Fliegenden Blätter, in: Ders., Altes und Neues. Erstes Heft, Stuttgart

1881, S. 150 f.

53 Picasso und Duchamp.

b e i T r a g s y b i l l e m o s e r - e r n s T

abb.1 Annibale Carracci, Herkules am Scheideweg, um 1596, Öl auf

Leinwand, 167 × 273 cm,

Museo Nazionale di Capodimonte, Neapel

abb.2 Annibale Carracci, Blatt von Karikaturen, ca. 1595, Feder-

zeichnung, 201 × 139 mm, British Museum, London

abb.3 William Hogarth, Charaktertypen und Karikaturen, Vor-

bestellungskarte für die Serie »Marriage à la Mode«, 1743, Radierung,

National Gallery of Victoria, Melbourne

Abb. 3

Abb. 2

Abb. 1

abb.4 Spottkarikatur auf Hogarth »The Line of Beauty exemplified«

( aus: Thomas Wright: A History of Caricature and Grotesque In

Literature and Art, Chatto and Windus, Piccadilly 1875, Abb. No. 209 )

abb.5und6 nach Honoré Daumier, Die Berühmtheiten des Juste

Milieu (»Les célebrités du Juste Milieu«), Bronze, zw. 14 und 18 cm

hoch, abgegossen 1927, Kunstsammlungen der Akademie der Künste

Berlin. ( Abguss der Serie von 36 erhaltenen Prominentenportraits

in Terracotta, polychrom, entstanden zwischen 1832 – 35, Musée

d’Orsay, Paris )

abb.7 Honoré Daumier, Claqueure in der ersten Reihe eines

Theaters, 1864 ( aus der Serie: »Croquis pris au théâtre«, Blatt Nr. 2,

erschienen in »Le Charivari« am 13. 2. 1864 ), Lithographie,

227 × 240 mm, Brandeis University Libraries – Trustman Sammlung,

Waltham, MA ( usa )

Bildnachweis: Abb. 1, 2, 3: http://www.wikipaintings.org/en/anni-

bale-carracci/; Abb. 4: Thomas Wright, A History of Caricature and

Grotesque in Literature and Art, London 1875, Nr. 2 ; Abb. 5: Insel

Bücherei Nr. 643: Das Parlamant der Juli-Monarchie, v. Honoré

Daumier, 1959 ; Abb. 6: http://www.daumier-register.org/werkview.

php?key=3263

Abb. 5

Abb. 6

Abb. 7

Abb. 4