1
VIP Vakuum in Forschung und Praxis 17 (2005) Nr. 4 219 Ó 2005 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Tagungsberichte Kalibrierung von Pirani-Vakuummetern Wa ¨rmeleitungsvakuummeter sind weit ver- breitet in der Vakuumtechnik, da diese Gera ¨te einerseits robust und kostengu ¨nstig sind und andererseits u ¨ber einen weiten Druckbereich mit guter Genauigkeit messen. Allerdings ko ¨n- nen durch falschen Einsatz oder falsche Be- dienung dieser Gera ¨te große Messfehler ent- stehen. Werden die Gera ¨te zur U ¨ berwachung kritischer Verfahrensgro ¨ßen eingesetzt, ist eine regelma ¨ßige Kalibrierung erforderlich. Kalibrierungen auf ho ¨chstem Niveau, die ge- ma ¨ß DIN EN 17025 die Ru ¨ckfu ¨hrung auf na- tionale Normale sicherstellen, erfolgen durch akkreditierte Laboratorien des Deutschen Kali- brierdienstes DKD (www.dkd.ptb.de). Um hochwertige und vergleichbare Kalibrierungen in verschiedenen Laboratorien zu erreichen, wurde in den letzten Jahren bereits eine Kali- brierrichtlinie fu ¨r Vakuum-Messgera ¨te erarbei- tet. Diese Richtlinie DKD-R 6-2 kann von der Homepage des DKD heruntergeladen werden (www.dkd.ptb.de Publikationen). In ihr sind die grundlegenden Anforderungen an die Ka- librierung festgelegt, Details bleiben gerade beim Wa ¨rmeleitungs-Vakuummeter (in der Bauform nach Pirani oder mit thermoelektri- schem Sensor) offen. Am 14. und 15. Ma ¨rz trafen sich an der FH in Gießen die Experten fu ¨r Vakuummeter-Kali- brierungen, um die Kalibrierung des Wa ¨rme- leitungs-Vakuummeters zu diskutieren und insbesondere ein umfassendes Messunsicher- heitsbudget fu ¨r dieses Gera ¨t zu erarbeiten. Im folgenden sind die Ergebnisse dieses Treffens aus Sicht des Autors zusammengefasst. Ablauf einer Kalibrierung – Erfassung des Kalibriergegenstandes (Her- steller, Typ, Seriennummer) – Vorbereitung der Kalibrierung (Einlaufzeit abwarten, Einbaulage notieren, Umgebungs- bedingungen erfassen) – Optional oder wenn vom Kunden ge- wu ¨nscht: Test des Kalibriergegenstandes an einigen Druckwerten oder (Teil-) Kalibrie- rung im Zustand der Anlieferung – Kontrolle, ggf. A ¨ nderung der Gera ¨teeinstel- lungen des Kalibriergegenstandes, z. B. Ein- heit (mbar, Torr, Pa) Filamentmaterial Gasart Anzeigeauflo ¨sung Kabella ¨nge – Abgleich bei hohem Druck (Atmospha ¨re) und bei kleinem Druck (Nullpunkt). Bei gro ¨ßeren A ¨ nderungen ist der Abgleichvor- gang zu wiederholen. Nach jeder großen Drucka ¨nderung ist ein Warten von einigen Minuten sinnvoll, damit der Druckaufnehmer den stationa ¨ren Zustand annehmen kann. – Kalibrierung von kleinem Druck stufenweise bis zu großem Druck. Innerhalb des Mess- bereiches des Kalibriergegenstandes sind mindestens 3 Kalibrierdru ¨cke pro Dekade (z. B. 1, 2, 5) zu erzeugen. Bei jedem Druckwert ist die Anzeige und/oder das Ausgangssignal (Strom / Spannung) des Ka- libriergegenstandes zu erfassen. Es ist emp- fehlenswert, jeweils auch die Auflo ¨sung (Sprungweite der Anzeige, Schwankungen von Anzeige oder Signal) zu erfassen. – Optional oder wenn fu ¨r den Gera ¨tetyp keine Information vorhanden ist: Bestimmung der Wiederholbarkeit bei kleinem Druck (Vaku- um), mittlerem Druck (oder mehrere Druckwerte) und bei hohem Druck (Atmo- spha ¨re) Messunsicherheitsbudget Das Messunsicherheitsbudget muss beru ¨ck- sichtigen: – Wiederholbarkeit (Kurzzeitstabilita ¨t) des Nullpunktes des Kalibriergegenstandes – Wiederholbarkeit der Kennlinie des Kali- briergegenstandes (hierfu ¨r kann ein Erfah- rungswert fu ¨r den Gera ¨tetyp genommen werden oder eine Wiederholungsmessung durchgefu ¨hrt werden) – Auflo ¨sung des Kalibriergegenstandes (Sprungweite der Anzeige, Schwankungen von Anzeige oder Signal) – Einfluss von A ¨ nderungen der Umgebungs- temperatur auf den Kalibriergegenstand – Unsicherheit von Normal und Verfahren Hinweise Die Erfahrungen der Kalibrierlaboratorien zei- gen, dass ein gutes Wa ¨rmeleitungs-Vakuum- meter eine Wiederholbarkeit (Genauigkeit) von etwa einem Prozent erreicht. Allerdings gelten diese guten Eigenschaften nur bei definierten Bedingungen. Im industriellen Einsatz sieht die Situation ha ¨ufig anders aus. Es ist daher sinn- voll, den Anwender auf die folgenden Punkte hinzuweisen: – Das Wa ¨rmeleitungs-Vakuummeter ist funkti- onsbedingt stark abha ¨ngig von der Art des zu messenden Gases. – Die Umgebungstemperatur kann die Mes- sung erheblich beeinflussen – Bei Verschmutzung des Sensorelements im Einsatz (z. B. durch Ablagerungen von O ¨ l- da ¨mpfen) kann sich die Kennlinie drastisch vera ¨ndern. Fu ¨r Anregungen zum Verfahren der Kalibrie- rung und zur Bestimmung der Messunsicher- heit des Wa ¨rmeleitungs-Vakuummeters ist die Arbeitsgruppe dankbar. Diese ko ¨nnen an Herrn R. Halter geschickt werden ([email protected]). Wolfgang Jitschin

Tagungsberichte – Vakuum in Forschung und Praxis 4/2005

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Tagungsberichte – Vakuum in Forschung und Praxis 4/2005

VIP

Vakuum in Forschung und Praxis 17 (2005) Nr. 4 219� 2005 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Tagungsberichte

Kalibrierung von Pirani-Vakuummetern

Warmeleitungsvakuummeter sind weit ver-

breitet in der Vakuumtechnik, da diese Gerate

einerseits robust und kostengunstig sind und

andererseits uber einen weiten Druckbereich

mit guter Genauigkeit messen. Allerdings kon-

nen durch falschen Einsatz oder falsche Be-

dienung dieser Gerate große Messfehler ent-

stehen. Werden die Gerate zur Uberwachung

kritischer Verfahrensgroßen eingesetzt, ist eine

regelmaßige Kalibrierung erforderlich.

Kalibrierungen auf hochstem Niveau, die ge-

maß DIN EN 17025 die Ruckfuhrung auf na-

tionale Normale sicherstellen, erfolgen durch

akkreditierte Laboratorien des Deutschen Kali-

brierdienstes DKD (www.dkd.ptb.de). Um

hochwertige und vergleichbare Kalibrierungen

in verschiedenen Laboratorien zu erreichen,

wurde in den letzten Jahren bereits eine Kali-

brierrichtlinie fur Vakuum-Messgerate erarbei-

tet. Diese Richtlinie DKD-R 6-2 kann von der

Homepage des DKD heruntergeladen werden

(www.dkd.ptb.de Publikationen). In ihr sind

die grundlegenden Anforderungen an die Ka-

librierung festgelegt, Details bleiben gerade

beim Warmeleitungs-Vakuummeter (in der

Bauform nach Pirani oder mit thermoelektri-

schem Sensor) offen.

Am 14. und 15. Marz trafen sich an der FH in

Gießen die Experten fur Vakuummeter-Kali-

brierungen, um die Kalibrierung des Warme-

leitungs-Vakuummeters zu diskutieren und

insbesondere ein umfassendes Messunsicher-

heitsbudget fur dieses Gerat zu erarbeiten. Im

folgenden sind die Ergebnisse dieses Treffens

aus Sicht des Autors zusammengefasst.

Ablauf einer Kalibrierung

– Erfassung des Kalibriergegenstandes (Her-

steller, Typ, Seriennummer)

– Vorbereitung der Kalibrierung (Einlaufzeit

abwarten, Einbaulage notieren, Umgebungs-

bedingungen erfassen)

– Optional oder wenn vom Kunden ge-

wunscht: Test des Kalibriergegenstandes an

einigen Druckwerten oder (Teil-) Kalibrie-

rung im Zustand der Anlieferung

– Kontrolle, ggf. Anderung der Gerateeinstel-

lungen des Kalibriergegenstandes, z.B. Ein-

heit (mbar, Torr, Pa)

Filamentmaterial

Gasart

Anzeigeauflosung

Kabellange

– Abgleich bei hohem Druck (Atmosphare)

und bei kleinem Druck (Nullpunkt). Bei

großeren Anderungen ist der Abgleichvor-

gang zu wiederholen. Nach jeder großen

Druckanderung ist ein Warten von einigen

Minuten sinnvoll, damit der Druckaufnehmer

den stationaren Zustand annehmen kann.

– Kalibrierung von kleinem Druck stufenweise

bis zu großem Druck. Innerhalb des Mess-

bereiches des Kalibriergegenstandes sind

mindestens 3 Kalibrierdrucke pro Dekade

(z.B. 1, 2, 5) zu erzeugen. Bei jedem

Druckwert ist die Anzeige und/oder das

Ausgangssignal (Strom / Spannung) des Ka-

libriergegenstandes zu erfassen. Es ist emp-

fehlenswert, jeweils auch die Auflosung

(Sprungweite der Anzeige, Schwankungen

von Anzeige oder Signal) zu erfassen.

– Optional oder wenn fur den Geratetyp keine

Information vorhanden ist: Bestimmung der

Wiederholbarkeit bei kleinem Druck (Vaku-

um), mittlerem Druck (oder mehrere

Druckwerte) und bei hohem Druck (Atmo-

sphare)

Messunsicherheitsbudget

Das Messunsicherheitsbudget muss beruck-

sichtigen:

– Wiederholbarkeit (Kurzzeitstabilitat) des

Nullpunktes des Kalibriergegenstandes

– Wiederholbarkeit der Kennlinie des Kali-

briergegenstandes (hierfur kann ein Erfah-

rungswert fur den Geratetyp genommen

werden oder eine Wiederholungsmessung

durchgefuhrt werden)

– Auflosung des Kalibriergegenstandes

(Sprungweite der Anzeige, Schwankungen

von Anzeige oder Signal)

– Einfluss von Anderungen der Umgebungs-

temperatur auf den Kalibriergegenstand

– Unsicherheit von Normal und Verfahren

Hinweise

Die Erfahrungen der Kalibrierlaboratorien zei-

gen, dass ein gutes Warmeleitungs-Vakuum-

meter eine Wiederholbarkeit (Genauigkeit) von

etwa einem Prozent erreicht. Allerdings gelten

diese guten Eigenschaften nur bei definierten

Bedingungen. Im industriellen Einsatz sieht die

Situation haufig anders aus. Es ist daher sinn-

voll, den Anwender auf die folgenden Punkte

hinzuweisen:

– Das Warmeleitungs-Vakuummeter ist funkti-

onsbedingt stark abhangig von der Art des zu

messenden Gases.

– Die Umgebungstemperatur kann die Mes-

sung erheblich beeinflussen

– Bei Verschmutzung des Sensorelements im

Einsatz (z.B. durch Ablagerungen von Ol-

dampfen) kann sich die Kennlinie drastisch

verandern.

Fur Anregungen zum Verfahren der Kalibrie-

rung und zur Bestimmung der Messunsicher-

heit des Warmeleitungs-Vakuummeters ist die

Arbeitsgruppe dankbar. Diese konnen an Herrn

R. Halter geschickt werden

([email protected]).

Wolfgang Jitschin