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Taylor 562ce Ein Kunstwerk für sich · Nachdem Taylors innovativer Master-Luthier Andy Powers zunächst sämtliche Sixstring-Serien erneuert hat, sind nun die Zwölfsai-ter an der

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Taylor 562ce

Ein Kunstwerk für sichNachdem Taylors innovativer Master-Luthier Andy Powers zunächst sämtliche Sixstring-Serien erneuert hat, sind nun die Zwölfsai-ter an der Reihe. Auch hier geht man völlig neue Wege, wie die 562ce eindrucksvoll belegt. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes ein „kleines Wunder“.

Wenn man an eine zwölfsaitige Acoustic denkt, kommen einem unwillkürlich intensive Kraftübungen für die Greifhand und ein Möbelstück in Jumbo-Dimensionen in den Sinn. Man denkt an einen silbrig luftigen, oft etwas bassarmen Klangteppich. Mit all diesen Klischees möchte Taylor nun aufräumen und hat daher bei der Konzeption seiner zwölfsaitigen 2016-Modelle an allen möglichen Stellschrauben gedreht, um Klang, Handhabung und Bespielbarkeit zu optimieren. Herausgekommen ist un-

ter anderem die 562ce. An der „2“ in der Modellbezeichnung lässt sich ablesen, dass es

sich um eine Grand Concert handelt. Wie bitte, eine Zwölfsaitige im Miniformat? Da kann doch nichts Wohlklingendes bei raus-kommen. Abwarten, so weit sind wir noch nicht – ihr werdet euch wundern.

Dezenter CharmeZunächst ist festzustellen, dass der kleine Body äu-ßerst bequem zu handhaben ist. Die 562ce trägt weder im Stehen vor dem Bauch noch im Sitzen auf dem Bein groß auf. Die geringe Korpustiefe erfordert vom rechten Arm keine unnatür-liche und damit ermüdende Stellung wie bei einer tiefen Jumbo. Man hat aber nicht nur die Korpusgröße minimiert, sondern auch die Mensur auf 63 Zentimeter verkürzt und den Korpus am 12. Bund angesetzt. Eine solche Architektur findet man nicht allzu häufig auf dem Markt.

Die kurze Mensur hat eine etwas geringere Saitenspannung zur Folge, wodurch man sowohl einen sono-reren Sound als auch eine bessere Bespielbarkeit erreichen will. Außer-dem werden hierdurch die Bundab-stände etwas geringer, was ebenfalls den Spielkomfort erhöht.

Die nächste Stellschraube zur Klangoptimierung ist die Holzaus-wahl. Man hat sich für einen Korpus komplett aus massivem Mahagoni entschieden. Dieser verleiht der Gitar-re nicht nur optisch, sondern auch

Ein Kunstwerk

Nachdem Taylors innovativer Master-Luthier Andy Powers zunächst sämtliche Sixstring-Serien erneuert hat, sind nun die Zwölfsai-ter an der Reihe. Auch hier geht man völlig neue Wege, wie die 562ce eindrucksvoll belegt. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes

enn man an eine zwölfsaitige Acoustic denkt, kommen einem unwillkürlich intensive Kraftübungen für die Greifhand und ein Möbelstück in Jumbo-Dimensionen in den Sinn. Man denkt an einen silbrig luftigen, oft etwas bassarmen Klangteppich. Mit all diesen Klischees möchte Taylor nun aufräumen und hat daher bei der Konzeption seiner zwölfsaitigen 2016-Modelle an allen möglichen Stellschrauben gedreht, um Klang, Handhabung und Bespielbarkeit zu optimieren. Herausgekommen ist un-

An der „2“ in der Modellbezeichnung lässt sich ablesen, dass es sich um eine Grand Concert handelt. Wie bitte, eine Zwölfsaitige im Miniformat? Da kann doch nichts Wohlklingendes bei raus-kommen. Abwarten, so weit sind wir noch nicht – ihr werdet

Zunächst ist festzustellen, dass der kleine Body äu-ßerst bequem zu handhaben ist. Die 562ce trägt weder im Stehen vor dem Bauch noch im Sitzen auf dem Bein groß auf. Die geringe Korpustiefe erfordert vom rechten Arm keine unnatür-liche und damit ermüdende Stellung wie bei einer tiefen Jumbo. Man hat aber nicht nur die Korpusgröße minimiert, sondern auch

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akustikgitarre GUITAR-DREAMS© PPVMEDIEN 2016

akustisch eine angenehm warme Note. Die Mahagonidecke präsentiert sich zudem in ei-ner dunklen Burst-Lackierung, die die Wärme optisch zusätzlich unterstreicht. Die schöne Maserung der Testgitarre belegt, dass man qualitativ hochwertige Hölzer verwendet. Hät-te ich von Taylor auch nicht anders erwartet. Der gesamte Body funkelt in Hochglanzlackie-

rung. Der Hals besteht ebenfalls aus Mahago-ni, allerdings ist er zur Optimierung der Be-spielbarkeit seidenmatt lackiert. Griffbrett, Steg und Halsstababdeckung sind aus nach-haltig angebautem, matt-schwarzem Ebenholz gefertigt. Traditionell ist die 5er-Serie eher zu-rückhaltend geschmückt. Ein Body-Binding aus Schildpatt mit dünnem Schwarzweiß-

Purfling, eine apart kontrastierende, schwarz-weiße Schalllochrosette und Diamond-Inlays auf dem Griffbrett verbreiten dezenten, edlen Charme.

Die chromfarbenen, geschlossenen Taylor-Mechaniken arbeiten vollkommen zuverlässig – gerade bei den aufwendig zu stimmenden 12-Strings ein wichtiges Kriterium. Sattel und Stegeinlage bestehen aus Micarta. Die in Kali-fornien gebaute 562ce ist perfekt verarbeitet.

Höchster SpielkomfortDer Spielkomfort des zwölfsaitigen Zwergs ist in der Tat genial! Der schlanke Taylor-Hals mit einer Sattelbreite von nur 47 Millimetern, die verblüffend niedrige Saitenlage sowie die kurze Mensur mit den verkürzten Bundab-ständen lassen fast vergessen, dass man es mit zwölf Saiten zu tun hat. Diese Gitarre kann sicherlich auch Sixstringer und E-Gitarreros von sich überzeugen. Da man bei Zwölfsaitern ohnehin selten in die obersten Lagen greift, ist es auch nicht weiter störend, dass bereits nach dem zwölften Bund der Korpus anfängt. Immerhin verschafft der Cutaway Zugriff auf ein paar Bünde mehr.

Von einer zwölfsaitigen Gitarre erwartet man einen höhenreichen, schwirrenden Klangteppich. Bei vielen Modellen sind die Höhen ein wenig beißend und das Bassfun-dament schwach. Um dies auszugleichen, wählt man für eine Zwölfsaitige häufig einen Jumbo- oder Auditorium-Korpus. Ein Con-cert-Body ist für diesen Gitarrentypus die

Die Herkunft erfährt man beim Blick durchs Schallloch

Verhältnismäßig unauffällig: das Expression System 2

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GUITAR-DREAMS akustikgitarre

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TAYLOR 562CE (2016)

FACTS

Herkunft USA

Korpus Mahagoni, massiv

Decke Mahagoni, massiv

Hals Mahagoni

Griffbrett Ebenholz

Steg Ebenholz

Halsbreite Sattel: 47 mm,12. Bund: 59 mm

Bünde 18 Standard

Mensur 25“/63,5 cm

Pickup Expression System 2

Regler Volume, Höhen, Bass

Schalter Phase

Hardware Chrom, geschlossen

Linkshänder ja

Internet www.taylorguitars.com

Empf. VK-Preis 3.569,- € inkl. Koffer

Preis-Leistung

Ausnahme, da er doch einen noch dünneren, höhenlastigen Klang erwarten lässt. Doch Taylor wäre nicht Taylor, wenn man es nicht mittels der erwähnten Stellschrauben ge-schafft hätte, auch dieser kleinen Korpusform einen großen Klang zu entlocken.

Und in der Tat: Der Klang ist erstaunlich warm und rund. Man hört angenehme Bässe, warme Mitten und keinerlei beißende Höhen. Dies ist das Ergebnis von Mahagonidecke, kurzer Mensur, einer nach hinten gerückten Brücke sowie optimierter Beleistung und De-ckenstärke.

Die 562ce ist nicht die Lauteste, aber sie produziert einen Sound, der in keinem Fre-quenzbereich aufdringlich wirkt. Mir gefällt die Gitarre vor allem beim Fingerpicking und Flat-Picking. Strumming hält sie aus – hier tritt aber der durch den kleinen Korpus und die Mahagonidecke bedingte, leicht kompri-mierte Klang und das etwas längere Attack in Erscheinung.

Der Zusatz „e“ in der Modellbezeichnung deutet darauf hin, dass ein Pickup-System an Bord ist. In diesem Fall handelt es sich um das aktuelle Expression System 2 (ES2). Es besteht aus drei Piezo-Elementen, die nicht wie wo-anders üblich unter der Stegeinlage, sondern dahinter angebracht sind, so dass die Decken-schwingungen besser erfasst werden können. Hinzu kommen die bekannten drei dezent in der vorderen Zarge angebrachten Regler für Lautstärke, Bass und Höhen. Das ES2 liefert einen authentischen Sound, der kaum nach Piezo klingt. Er ist präsent, knackig, voll und sehr natürlich.

Das bleibt hängenSieht gut aus, klingt toll und ist super bespiel-bar – die Taylor 562ce ist ein echter Kracher. Einen solch erwachsenen Zwölfsaiterklang

aus einem solch kleinen Body zu zaubern, ist eine Kunst für sich. Die kleine12-Fret-Concert produziert erfreulich viel Wärme und Fülle.

Ihre klanglichen Stärken liegen beim Fin-gerpicking und Flat-Picking. Auch wenn Tay-lor sie als Studiogitarre anpreist, ist klar, dass die 562ce aufgrund ihrer wunderbaren Optik und des rückkopplungsarmen Korpus auch auf

die Bühne gehört. An sich ist der Spielort aber zweitrangig, denn das Spiel auf ihr macht süchtig. Dieses hervorragende Instrument aus kalifornischer Fertigung wird zu einem ange-messenen Preis angeboten und kommt in einem schweren, stabilen Taylor-Luxuskoffer, der es optimal schützt.

Dr. Hans Joachim Schäfer

Ordentlich was los an der Kopfplatte

Batteriefach samt Inputbuchse

Dezente Inlays sauber eingelegt – so mögen wir das

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akustikgitarre GUITAR-DREAMS© PPVMEDIEN 2016