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Frisch und appetitlich präsentiert wird das Essen an Theken aus hochwertigem Naturstein Nero und eingearbeiteten Fächern für das Geschirr. TECHNIK & Management 60 // KÜCHE 04/2017

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Frisch und appetitlich präsentiert wird das Essen an Theken aus hochwertigem Naturstein Nero und eingearbeiteten Fächern für das Geschirr.

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IT’S SHOWTIME IN BONN

Mensa war gestern: Die frisch sanierte Campo in Bonn erwartet ihre Gäste mit einem komplett neuen Gastrokonzept.

Von Claudia Dirschauer

Markthalle, Snack-Würfel, Green Corner, Themenrestaurant – der Blick in die neue Mensa ist überraschend: Das stylish-offe-ne Konzept könnte auch zu einem moder-nen Casino gehören, mit mehreren Stati-onen Frontcooking und viel Transparenz. Bemerkenswert auch das: Die neue Hoch-schulgastronomie des Studierendenwerks Bonn wirkt wie ein schicker Neubau, ist aber „nur“ ein Umbau, und das von einer der ersten Mensen Deutschlands, Baujahr 1969. „Die Campo ist derzeit wohl mit die modernste Mensa Deutschlands, sie setzt neue Akzente mit ihrem hochwertigen, wegweisenden und sehr transparenten Konzept“, so die Einschätzung von Kü-chenmeister Thomas B. Hertach, Leiter des Netzwerk Culinaria. „Deshalb ist sie hier für zwei Tage eine ideale Location für praxisnahe Fortbildung – wie plant man heute GV-Gastronomien für die Zukunft?“ Mehr als 30 GV-Manager aus bundeswei-ten Betrieben folgten der Einladung in die moderne Mensa mit Showroom-Charak-ter. Der Härtetest erfolgte bei der Küchen-party.

Konzept-MixDer Campus in Bonn Poppelsdorf wächst, in Kürze ziehen hier weitere Institute hin. Bis zu 6.000 Gäste täglich sind dann zu be-wirten – rund 2.000 mehr als zuvor, alles auf derselben Versorgungsfläche. Das er-forderte nicht nur eine Mensa mit mehr Kapazität, die Verantwortlichen wünsch-ten ein Gastrokonzept, das alle Trends bedient und zugleich auf lange Sicht hin trägt. „Studierende haben heute wech-selnde Wünsche, die Mensen abholen müssen, um im Wettbewerb zu bestehen: Mal möchten sie schnell, gut und günstig essen, vielleicht auch „to go“ oder einen Snack, und am nächsten Tag kommen sie mit mehr Zeit, wünschen Vielfalt, echte Frische, viel Abwechslung, Platz für Lern-gruppen oder den eigenen Nachwuchs,“ beschreibt Pia Katharina Grünberg, bis 2016 Leiterin der Hochschulgastronomie am Studierendenwerk Bonn und Gastre-ferentin des Workshops, die hohen An-forderungen. „Und wir wollten so planen, dass die neue Ausstattung auch noch in zehn Jahren alle Wünsche erfüllen kann.“

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Gute Küchen halten länger als EsstrendsDoch wie baut man heute Kantinen, die auch in vielen Jahren noch attraktiv für Gäste sind? „Gut geplante GV-Betriebe halten länger wirtschaftlich Kurs als Trendvorhersagen zum Essverhalten gültig sind,“ betont Peter Adam-Luketic, Geschäftsführer Vtechnik Planung. „Wir müssen Küchen und Theken so bauen, dass sie Vielfalt ermöglichen und flexibel zu betreiben sind, in jeder Hinsicht“, so der verantwortliche Planer.

Die Flexibilität zieht sich hier in der Campo durch alle Bereiche und Prozes-se, sie erfordert ihren eigenen Mix an Techniken. Um nur wenige Aspekte zu nennen, die dazu beitragen: Die neun

Ausgabe-Stationen plus Cafebar sind autark, mit allen notwendigen Techni-ken für einen eigenständigen Betrieb ausgestattet, ermöglichen wechselnde Angebote, auch Snacking oder to go, und lassen sich – je nach Gaststrom – in der schnelleren SB- oder der personalintensi-veren Bedienvariante führen. So auch an einer der Highlight-Stationen, der offe-nen Pastamanufaktur, wo im Sekunden-takt frische Tagliatelle oder Spirellis aus der Nudelmaschine ploppen. Die Coun-tertechnik bietet hier viele Optionen, ist nutzbar für frische Ein- oder Mehrkom-ponentengerichte, zur Selbstbedienung oder mit Service, mal mit weniger oder mehr Frontcooking-Elementen, etwa

„Studierende haben heute wechselnde Wünsche, die Men-sen abholen müssen, um im Wettbewerb zu bestehen. “Pia Katharina Grünberg

Nomen est omen: Am Green Corner wird aussschließlich vegeta-risch und veganes Essen angeboten.

Die Pizza kommt – auf Wunsch individuell belegt – frisch aus dem Pizzaofen (Bild rechts).

dem Anschwenken frischer Zutaten im Wok. Auch die Essbar, eine große, mit-tig platzierte und von Hupfer gebaute Showcooking-Station ist flexibel, bietet Platz für bis zu drei Köche, ist technisch mit allem ausgerüstet, was des Frontcoo-kers Herz erfreut: alle Lagertechniken, reichlich Fläche für ein perfektes Mise en Place, Techniken zum Regenerieren oder schnellen Brutzeln im Wok, auf dem In-duktionsherd oder dem dort gut passen-den 6er Kombidämpfer von MKN.

Während Frontcooking in anderen Großbetrieben oft durch nur einen Koch zelebriert wird, können hier im Themen-restaurant bis zu 10 Fachkräfte an den offenen Stationen vor dem Gast wirbeln – Schnitzel brutzeln, Teiglinge ausrollen und belegen, Nudelteig herstellen, Pas-tagemüse anschwitzen, Tellergerichte individuell zusammenstellen, plaudern. Dabei verantwortet jeweils ein Koch oder Systemgastronom einen Thekencounter: So auch bei der Pizzastation, wo der Piz-

zabäcker nach Länge der Warteschlan-ge entscheidet, wie viel Pizzen frisch zu schieben sind. „Für die Starklastzeiten ab etwa 12.30 Uhr bereiten wir natür-lich schon einiges vor, rund 10 liegen dann immer auf dem Warmhaltestein in der Auslage“, so Kai Jacques, Küchenchef der Campo. Das reicht, denn bei einer Ofen-Kapazität von 150 Pizzen je Stunde ist die Wartezeit nie lang.

Das flexible Konzept stützt sich hier auf eine dezentral organisierte Produkti-on: Eine große Produktionsküche liefert fertige und halbfertige Komponenten an die Stationen, eine zweite offene Restau-rationsküche kocht auch für umliegende Schulen und Kitas, und die autarken Sta-tionen der Speiseausgaben produzieren ganz nach Besucheranstrom ebenfalls selbst. „Wir setzen hier Elemente der Sys-temgastronomie ein und mischen Bau-steine einer hochwertigen Gastronomie mit Erlebnischarakter hinein“, erklärt Adam-Luketic das Konzept.

Der Flexichef von MKN – hier in der einsehbaren Restaurantküche – wird auch für das schnelle Nachproduzieren von warmen Gemüsesnacks genutzt.

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Einer der Bausteine: das augenfällige, hochwertige Ambiente, etwa durch den matt-dunklen Naturstein Nero Assoluto der Speisenausgabetheken, die architekto-nisch-interessanten Thekenelemente, auch die Snacktonne in rund oder der Snack-würfel in eckig, alles gestaltet von Hup-fer. Die in die Ausgabe integrierten, innen beleuchteten Geschirrfächer setzen Teller und Schüsseln nicht nur schick in Szene. Es ist komfortabel – benötigtes Geschirr lässt sich direkt an Ort und Stelle entnehmen.

Im Backstage sichern viele Multifunkti-onsgeräte sowohl die Flexibilität als auch eine deutlich höhere wirtschaftliche Aus-lastung, teilweise um bis zu 20 Prozent,

Die Teilnehmer des Workshops „Eat around the clock“ in der Mensa Campo in Bonn.

Steckbrief Campo

Bauherr: Studierendenwerk Bonn Bausumme: 21,3 Mio. Euro, davon 3,6 Mio. Euro KüchentechnikKonzeption und Küchenplanung: Vtechnik Planung GaggenauMaßnahmen: Umbau mit Komplettsanie-rung, auch energetisch, Lüftung, Neuor-ganisation von Flächen und Struktur für neues GastrokonzeptOffenes Themenrestaurant im EG: wechselnde Angebote, u.a. Pastamanu-faktur, Pizzastation, Essbar als Showcook-ing-Station, Grillstation. Im Obergeschoss u.a. Komponentenessen mit zwei Coun-tern, Green Corner (vegan und vegetarisch) und Free Flow-Insel mit Produktions- und Regenerationsbereich.

AusstatterThermik (Kombidämpfer, Braisièren, Flexi-chef): MKNSpeisenausgaben: HupferInduktionstechnik für Frontcooking: BohnerPastamanufaktur-Center: GastrofritPizzaofen: Sveba DahlenFrittierautomat: LohbergerSpeisenlogistik und Küchenmöbel: HupferTiefkühlzellen: PfeufferKühltechnik: Cool CompactSpülmaschinen, Fördertechnik und Nassmüllanlage: MeikoDosierungsanlagen: Ecolab

wie Adam-Luketic berichtet. So sind so-wohl in die Produktionsküche als auch in die Speiseausgabebereiche Kombidämp-fer verschiedener Größen und mehrere Flexichefs integriert, alle von MKN. „Wir haben hier den ehemaligen Küchenbe-reich stark verkleinert zu Gunsten der Speisenausgabe, der Vielfalt und einer höheren Bewegungsfreiheit für Gäste“, erklärt der Planer. „Dass wir trotzdem die Produktionskapazität um rund 50 Prozent, also um die 2.000 Essen steigern konnten, basiert mit auf der dezentralen Organisa-tion, den erweiterten Produktionsaufga-ben direkt in der Speisenausgabe und den multifunktionellen Gargeräten.“

Bei den in die Ausgabe integrierten, hoch-komfortablen Durchfahrkühlschränken, den Kühlgeräten und Schnellkühlern set-zen die Verantwortlichen nun auf Techni-ken von Cool Compact. Diese tragen durch ihre Energieeffizienzklasse B nicht nur zum wirtschaftlicheren Kühlen bei. Für den Cook & Chill-Prozess ist so das Her-abkühlen der heißen Speisen innerhalb 90 Minuten auf maximal 3 Grad Celsi-us gesichert. Ein Aspekt, der auch für die hygienisch höheren Anforderungen der künftigen EU-Zertifizierung der Campo relevant ist.

Genauso wichtig für die Zertifizierung ist die hier vorbildlich gelöste, hygieni-

sche Entsorgung des Bioabfalls: Die Speisereste aus Produk-tion und Rücklauf, rund 200 Milliliter je Portion, werden über ein geschlossenes Nassmüllsystem einer Biogasanla-ge zugeführt. Bei etwa 3.500 Essen täglich kommen in der Campo jährlich rund 175 Kubikmeter Substrat zusammen – daraus lassen sich immerhin 27.000 Liter Biodiesel her-stellen. Die Planer realisierten das in der Campo mit einem geschlossenen, vakuumbasierten Sammelsystem von Mei-ko. Die Küchenmitarbeiter geben die Bioabfälle an Ort und Stelle, wo sie anfallen, etwa in der Vorbereitung oder am Spülband, in hygienische Aufgabestationen. Von hier aus wandert der Nassmüll via Rohrleitungssystem eine Etage tiefer in die Sammeltanks im Keller, bereit zum Abpumpen in Wagen der Biogasanlagen-Unternehmen.

Sonnige AussichtenDas neue Gastrokonzept kommt an, so zeigen es die Verkaufs-zahlen der ersten Monate: Rund 3.000 Essen mehr gehen mo-natlich über den Tresen, der durchschnittliche Bon stieg um 30 Cent auf 2,98 Euro. „Wir zeigen hier echte Transparenz, mit freiem Blick auf die Nudelproduktion, auf Köche, auf Ge-räte, unsere Gäste sehen das Arbeiten mit frischen Zutaten am Pizzaofen, Kombidämpfer, an Braisièren“, so Jens-Mar-tin Birkenstein, Leiter Hochschulgastronomie in Bonn. „Und wir erfüllen Gästen, im Gegensatz zur Systemgastronomie, durchaus Sonderwünsche – ob bei Pizza, Pasta oder an der Showcooking-Station.“ Eine der nächsten Aufgaben bei den Bonnern steht mit den nun steigenden Temperaturen an – dann geht man erstmals an die Außengastronomie. Eine große Außenterrasse mit über 200 Sitzplätzen ist dafür vor-bereitet, und die Sonnenlage nach Osten und Süden dürfte das Mensa-Geschäft hier weiter ankurbeln.

Die Meiko-Bandtransportspülma schinen spülen hier bis zu 60 Gedecke pro Minute. Die Tabletts kommen über eine Vertikal- und Horizontalfördertechnik (auch Meiko) in das Obergeschoss.