10
Techniktrends auf der IAA 2009 Insgesamt 700 Aussteller – darunter über 60 Automobilhersteller aus aller Welt – präsentieren vom 17. bis 27. September 2009 auf der 63. IAA Pkw ihre Innovationen. Die ATZ zeigt einige der aktuellen Techniktrends auf – im Vordergrund stehen dabei die konsequente weitere Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO 2 -Emissionen durch optimierte Antriebe und Leichtbau sowie innovative Sicherheitssysteme. Mercedes-Benz „Concept BlueZero F-Cell“ TITELTHEMA ATZ 09I2009 Jahrgang 111 588 Techniktrends IAA

Techniktrends auf der IAA 2009

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Techniktrends auf der IAA 2009

Techniktrends auf der IAA 2009Insgesamt 700 Aussteller – darunter über 60 Automobilhersteller aus aller Welt – präsentieren vom 17. bis 27. September 2009 auf der 63. IAA Pkw ihre Innovationen. Die ATZ zeigt einige der aktuellen Techniktrends auf – im Vordergrund stehen dabei die konsequente weitere Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2-Emissionen durch optimierte Antriebe und Leichtbau sowie innovative Sicherheitssysteme.

Mercedes-Benz „Concept BlueZero F-Cell“

T ITELTHEMA

ATZ 09I2009 Jahrgang 111588

Techniktrends IAA

Page 2: Techniktrends auf der IAA 2009

1 Einleitung

Mit dem Motto „Erleben, was bewegt“ nimmt die IAA den bereits für die Messe 2007 gewählten Leitgedanken der nach-haltigen Mobilität wieder auf. So wer-den die weitere Optimierung der klas-sischen Antriebsarten – noch abgasärme-re Dieselmotoren und aufladende Otto-moto ren mit Direkteinspritzung – auf der IAA ebenso zu sehen sein wie die Fortschritte bei der Elektrifizierung des

Automobils, vom Mildhybrid bis zum reinen Elektroantrieb. Darüber hinaus-gehendes Potenzial, den Kraftstoffver-brauch zu verringern, sehen die Auto-mobilhersteller im Leichtbau: 100 kg we-niger Fahrzeuggewicht sparen bei einem Mittelklassefahrzeug rund 0,3 l Kraft-stoff auf 100 km ein.

Zudem bilden innovative Sicherheits- und Komfortsysteme wie in den vergan-genen Jahren einen Themenschwer-punkt der IAA.

2 Antriebstechnik

Bei allen Automobilherstellern weltweit hat sich in den vergangenen Jahren die weitere Absenkung des Kraftstoffver-brauchs und der Emissionen als Mega-thema etabliert, denn einerseits werden die weltweiten fossilen Energiereserven langfristig zu Neige gehen, andererseits müssen die Automobile weltweit immer strengere Umweltvorgaben erfüllen.

2.1 Dreizylinder in der Mittelklasse ist denkbarPünktlich zur IAA bringt Mercedes-Benz die bereits 2008 in den USA eingeführten Diesel-Baureihen der GL-, M- und R-Klasse mit dem Abgasreinigungssystem „Blue-Tec“ in Europa auf den Markt. Alle neuen BlueTec-Modelle erfüllten bereits heute die ab 2014 geltenden Emissionsgrenz-werte der avisierten Euro-6-Norm. Zu-dem sind bis Ende des laufenden Jahrs 58 und bis 2010 sogar 76 „BlueEfficiency“-Modelle geplant, die besonders umwelt-freundlich sein sollen. Wie viele andere Automobilhersteller hat auch Daimler als Fernziel das emissionsfreie Fahren mit Elektro antrieb. Dabei setzt das Unterneh-men jedoch statt eines Königswegs auf drei Schwerpunkte: die Optimierung des Verbrennungsmotors, die Effizienzsteige-rung durch maßgeschneiderte Hybridisie-rung und das lokal emissionsfreie Fahren mit Brennstoffzellen- und Batteriefahr-zeugen. Aus eigener Sicht kann das Unter-nehmen dabei auf umfangreiche Erfah-rungen bei alternativen Antrieben zurück-greifen: Allein die Brennstoffzellenflotte von Daimler hat 4,5 Millionen Testkilome-ter absolviert und seit 2007 sind in Lon-don hundert Elektro-Smarts im Einsatz. Noch in diesem Jahr 2009 startet die Klein-serienproduktion des Smart Fortwo Elec-tric Drive, Bild 1, und die B-Klasse F-Cell mit Brennstoffzelle. In 2010 kommt dann noch die A-Klasse als batteriebetriebenes Elektroauto hinzu.

Trends bei der Elektrifizierung des Antriebsstrangs soll das Konzeptfahr-zeug „Concept BlueZero“ setzen. Dafür hat Mer cedes-Benz einen modularen Hy-brid-Systembaukasten entwickelt, der in punkto Leistung und Einsatzspektrum vielfältige Ausbaumöglichkeiten bietet: Hybridmodule verschiedener Leistungs-

ATZ 09I2009 Jahrgang 111 589

Page 3: Techniktrends auf der IAA 2009

stufen und Batterien mit entsprechender Kapazität können mit unterschiedlichen Otto- und Dieselmotoren kombiniert werden. Alle Hybridmodule sind – wie die Vier- und Sechszylinder-Verbrennungs-motoren – mit dem Automatikgetriebe 7G-Tronic kompatibel. Auf dieser Basis können laut Mercedes-Benz alle Varian-ten des Hybridantriebs realisiert werden, vom Mildhybrid bis hin zum Vollhybrid. Eine weitere Option ist der Plug-in-Hy-brid, bei dem die Batterie zwecks Steige-rung der elektrischen Reichweite zusätz-lich an der Steckdose aufgeladen werden kann.

Ebenso wie fast alle anderen Herstel-ler treibt auch Mercedes-Benz bei den Verbrennungsmotoren Downsizing und Hochdruckaufladung weiter voran, beim Ottomotor zusammen mit Direktein-spritzung. Mit dem neuen, drehmoment-starken 2,15-l-Vierzylinder-Dieselmotor könne man sogar die S-Klasse souverän bewegen, so Mercedes-Benz, und pro-gnostiziert damit weniger als 4 l Ver-brauch in diesem Modell. In der C-Klasse hält das Unternehmen einen Dreizylin-der für durchaus möglich. Für die IAA hat das Unternehmen weitere Informatio-nen zu diesem Thema versprochen.

2.2 Auf dem Weg zu 95 g CO2-AusstoßAuch der weltweit größte Zulieferer Bosch zeigt sich optimistisch, künftige CO2-Zielmarken für Automobile zu errei-chen. Allein beim Verbrennungsmotor sieht er noch rund 30 % Optimierungs-potenzial. Mit Hybridisierung und fahr-zeugseitigen Maßnahmen kann der Die-selverbrauch eines Autos der Kompakt-kasse laut Bosch auf bis zu 2,6 l pro 100 km absinken.

Langfristig sieht auch Bosch eine stei-gende Bedeutung des Elektroantriebs, kurz- und mittelfristig allerdings sei die Optimierung des Verbrennungsmotors

Bild 1: Noch in diesem Jahr startet die Kleinserienproduktion des Smart Fortwo Electric Drive

Nicht auf der IAA, aber zukunftsweisend:

Thermomanagement von Behr für Elektroautos

Bis zu 50 % der Batteriekapazität könnten für das Kühlen und Heizen im Elektroauto notwendig werden, wenn man nicht auf Gewohntes verzichten möchte. Damit buhlt das Thermo-management mit dem Fahrantrieb um die kostbare elek-trische Energie. Um den Konflikt bei der Energieverteilung zwischen dem Radantrieb und dem Thermomanagement zu entschärfen, arbeitet Behr an einer Lösung, die Anforderungen an den Klimakomfort in bestimmten Fahrsituationen zu sen-ken. Das Unternehmen entwickelt dazu eine Betriebsstrategie für den Fall, dass ein Fahrtziel oder eine Ladestation nur durch eine Erhöhung der normalen Reichweite erreicht werden kann. Denkbar ist hier eine Wahlmöglichkeit bei der Klimaan-lage zwischen einem auf Komfort und einem auf Reichweite ausgelegten Betriebsmodus. Beim Reichweitenmodus könnte

die Klimatisierung zurückgefahren werden, etwa durch eine langsamere Abkühlung des Innenraums, eine höhere Innen-raumtemperatur oder eine schwächere Durchströmung der Kabine. Damit der Fahrer eine für seine Bedürfnisse und für die anderen Fahrzeuginsassen optimale Entscheidung zwi-schen den Moden treffen kann, muss das Batteriemanage-ment die Auswirkungen des gewählten Modus auf Reichweite und Fahrdauer berechnen können. Die dafür erforderliche Zieleingabe und Routenplanung könnte durch eine Kopplung mit dem Navigationsgerät abgefragt werden. Dann wäre auch eine Berücksichtigung von Staumeldungen möglich.

Das zukünftige Thermomanagement für Innenraum und Lithium-Ionen-Batterie erfordert aufgrund der hohen Komple-xität eine enge Zusammenarbeit zwischen OEM und System-lieferant. Die Themen Batteriekühlung und Elektrochemie müssen nach Auffassung von Behr daher interdisziplinär an-gegangen werden.

T ITELTHEMA

ATZ 09I2009 Jahrgang 111590

Techniktrends IAA

Page 4: Techniktrends auf der IAA 2009

Wie sieht die automobile Zukunft aus? Ist der Hybrid aus Elektro- und Ottomotor das richtige Konzept oder setzt sich die Brennstoffzelle durch? Welche Rolle

spielen Sicherheit und Fahrkomfort für den Individualverkehr von morgen? Als führender Automotive-Entwickler von Lufttechnik und BLDC-Antrieben haben

wir Hybrid- und Umwelttechnologie, Fahrdynamik und Komfortlösungen zu unseren wichtigsten Zukunftsthemen erklärt. Zahlreiche Ideen haben wir schon jetzt

in der Hand, doch um diese auf die Räder zu stellen, brauchen wir Sie! Sprechen Sie uns an und lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wo sich die Heraus-

forderungen Ihrer Ideen und Projekte mit unseren Lösungswegen treffen. www.ebmpapst.com

Die Wahl der Ingenieure

Ideen auf Rädern.

Page 5: Techniktrends auf der IAA 2009

die wichtigste Aufgabe, um die CO2-Emis-sionen in der Fahrzeugflotte schnell und effektiv zu reduzieren. Daher hat das Unternehmen verschiedene Technik-pakete geschnürt, die die Fahrzeugemis-sionen in unterschiedlichen Stufen redu-zieren.

Als Demonstrationsbeispiel dient ein fiktives, 1400 kg schweres Fahrzeug der unteren Mittelklasse. Die Basis ist dabei mit einem 2-l-Vierzylinder-Ottomotor ausgestattet, dessen Eckdaten 100 kW Leistung und 200 Nm Drehmoment lau-ten. Der durch den Normverbrauch be-dingte Emissionswert eines solchen Fahrzeugs wird mit 182 g CO2 pro km an-gegeben.

In einem ersten Schritt des Technik-pakets, Bild 2, wird der Motor auf einen Hubraum von 1,4 l verringert und mit Direkteinspritzung und Abgasturboauf-ladung ausgerüstet. Wird nun noch ein Start-Stopp-System appliziert, sind 22 % CO2-Einsparung möglich. Weitere sieben Prozentpunkte sind laut Bosch mit ei-

nem zweiten Technikpaket realistisch. Der Motor wird dabei auf drei Zylinder reduziert und der Hubraum auf 1,1 l ver-ringert. Damit er trotzdem mehr als 200 Nm Drehmoment entwickelt, steigt der Ladedruck von 1,8 auf 2,4 bar, zudem er-

hält der Motor einen variablen Ventil-trieb. Sollten diese Maßnahmen nicht reichen, empfiehlt Bosch die Hybridisie-rung mit einer 25-kW-Elektromaschine. Hierdurch sind zwar weitere 10 % CO2-Emissionen gegenüber der Basis einzu-

Dream marketing International Ltd (DMIL) will, in March 2010 be visiting the major Design, Development and Manufacturing Centres of Bentley, Ford, Aston Martin, Visteon, Johnson Controls, Daimler, BMW, Fiat, Nissan, Porsche, and others across the U.K, Germany and Italy.

Take your products directly to the premises of the major decision makers in the Industry and meet the Design/Development, Project, R&D Engineers along the way.

Your own dedicated stand on which to promoteyour products on our unique demonstration vehicle. Your own representatives on board targeting your customers.

DML is focused on generating strong leads,customer penetration and increased sales for all exhibitors.

Now in its 7th year an event that opens the door for Component, Software and Service Providers directly into OEM’s and Tier 1 Automotive customers across Europe.

Announcing the 2010 Automotive Technology European Roadshow

In association with

Contact John AldridgeTel: +44 (0) 1189 886823Email: [email protected]

Follow your dream and contact us today...

On the road again...

Bild 2: Technikpakete von Bosch für CO2-optimierte Ottomotoren

T ITELTHEMA

ATZ 09I2009 Jahrgang 111592

Techniktrends IAA

Page 6: Techniktrends auf der IAA 2009

sparen, während sich allerdings die Kos-ten für die ersten zwei Technikpakete bei nur 15.000 km Fahrleistung inner-halb von drei Jahren amortisieren sol-len, dauert dies beim Hybrid sehr viel länger.

Etwas anders sehen die idealen Schrit-ten bei einem Dieselmotor aus, Bild 3. Geht man davon aus, dass dieser ebenfalls 2 l Hubraum und damit 340 Nm Drehmo-ment hat, emittiert das Fahrzeug ohne-hin nur 144 g CO2. In einem ersten Schritt

ist, so Bosch, das Hubvolumen auf 1,6 l zu reduzieren. Der effektive Mitteldruck kann durch höhere Einspritz- und Lade-drücke mindestens gehalten werden. Dann kommt es darauf an, auf welchem Weg der Automobilhersteller die NOx-Grenzwerte nach Euro 6 einzuhalten ver-sucht. Arbeitet er mit höheren Rohemissio-nen und einer SCR-Abgasnachbehand-lung, dann sollen sich Verbrauchsvorteile von immerhin sechs Prozentpunkten er-geben. Radikaler dann der nächste Schritt: Auch der Diesel wird dann zum Dreizylin-deraggregat mit nur 1,2 l Hubraum.

Laut Bosch ist auch der Diesel hybridi-sierbar, wenngleich Kosten und Nutzen zu einander in noch ungünstigerem Ver-hältnis stehen: Es sind bei gleicher elektri-scher Ausstattung sieben Prozentpunkte Verbrauchsverbesserung machbar, ver-gleichsweise wenig. Das Unternehmen kommuniziert die Mehrkosten daher nicht nur über den Verbrauchsvorteil, sondern über weiteren Mehrwert wie ei-nen „virtuellen Vierradantrieb“.

Bild 3: Technikpakete von Bosch für CO2-optimierte Dieselmotoren

ATZ 09I2009 Jahrgang 111 593

Page 7: Techniktrends auf der IAA 2009

2.3 Elektrifizierung des AntriebsstrangsNicht nur die Beispiele von Daimler und Bosch zeigen, dass die Elektrifizierung des Antriebs immer mehr an Bedeutung gewinnt. In wenigen Jahren wird es kaum ein Neufahrzeug ohne einfaches Start-Stopp-System und Bremsenergie-Re-kuperation ins Bordnetz mehr geben. Der Hybridantrieb von „mild„ bis „voll“, mit und ohne „Plug-in“-Auflademöglich-keit über das Stromnetz, wird von Exper-ten als Zwischenschritt hin zum Elektro-fahrzeug gesehen. Alle Automobilherstel-ler und viele Zulieferer und Entwick-lungsdienstleister arbeiten mit Hoch-druck an technisch und wirtschaftlich sinnvollen Lösungen. Sie haben Fahr-zeuge präsentiert, die sukzessive auf den Markt eingeführt werden, wie BMW 750 Hybrid, Honda Insight, Mercedes-Benz S 400 Hybrid und ML 450 Hybrid, Porsche Cayenne, Toyota Prius III oder VW Toua-reg V6 TSI Hybrid, um nur einige Model-le und Hersteller zu nennen. Bosch sieht die Mehrkosten eines Mildhybrid-Sys-tems für den Autohersteller, einschließ-lich einer kleinen Lithium-Ionen-Batte-rie, künftig „auf dem Niveau eines hoch-effizienten Dieselantriebs“; dabei spart es im Vergleich mit einem Ottomotor mit Direkteinspritzung im NEFZ bis zu 15 % Kraftstoff ein. Die Kraftstoffeinspa-

rung eines Vollhybridsystems, das auch kurzzeitiges rein elektrisches Fahren zu-lässt, beträgt bis zu 25 % im NEFZ, die Zu-satzkosten für das System beziffert Bosch jedoch schon mit rund dem Anderthalb-fachen eines Mildhybrids.

Betrachtet man den Wirkungsgrad, ist der elektrische Antrieb ein sehr effizi-entes Konzept. Steckt man in einen her-kömmlichen Verbrennungsmotor 1 kWh Energie, lassen sich damit zwischen 1,5 und 2,5 km zurücklegen. Ein Diesel-Hy-brid schafft maximal 3,2 km. Ein Elek-tromotor setzt 1 kWh in mehr als 6,5 km um. Wie schnell sich Elektrofahrzeuge auf dem Markt durchsetzen werden, hängt vor allem von der kostenintensi-ven Batterietechnik ab. Antriebsseitig könnten Radnabenmotoren den nächs-ten Innovationsschritt beschreiben. Mi-chelin hat kürzlich einen marktreifen Radnabenmotor vorgestellt, der schon im Jahr 2010 in Serie gehen soll, Bild 4. Neben dem Elektroaggregat konnten die Michelin-Techniker auch Bremse und Fe-derung im Rad unterbringen.

In letzter Zeit ist verstärkt der Hybrid mit Range-Extender im Gespräch, also mit einem Verbrennungsmotor, der ei-nen Generator antreibt und damit bei längeren Fahrstrecken eine Batterie auf-lädt, die wiederum Energie für einen

elektrischen Antrieb liefert. Die Vorteile: Weniger Technik an Bord senkt im Ver-gleich mit dem parallelen Hybridantrieb die Kosten und das Gewicht. So entfällt etwa das Getriebe des Verbrennungsmo-tors oder der herkömmliche Generator. Die Batterie kann – verglichen mit einem reinen Elektrofahrzeug – zudem kleiner ausgelegt werden, was ebenfalls Kosten und Gewicht spart. Durch den Einsatz des Range-Extenders sind grundsätzlich Distanzen wie bei einem konventionell angetriebenen Fahrzeug möglich. Chevro-let wird mit dem Volt 2010 ein erstes Elektrofahrzeug mit Range-Extender in Serie bringen. Die 16 kWh seiner Lithi-um-Ionen-Batterie reichen rund 60 km Fahrtstrecke weit. Dann springt ein 1,4-l-Ottomotor mit 55 kW ein, der konstant auf 2000/min läuft und die Batterie nachlädt. Der Opel Ampera, Bild 5, ba-siert auf dem Volt. Andere Konzepte ge-hen eher von kleineren, schwächeren, aber auch sparsameren Range-Extender-Verbrennungsmotoren bis zu 28 kW Leis-tung aus. AVL arbeitet neben einfachen Viertaktmotoren auch an Zweitaktmo-toren und sogar – wie FEV – an Rotations-kolbenmotoren als Range-Extender. Mahle untersucht das Potenzial des Range-Ex-tender-Systems derzeit in einer eigens auf-gesetzten Studie.

Bild 4: Michelins marktreifer Radnabenmotor soll schon im Jahr 2010 in Serie gehen

Bild 5: Opel Ampera – die 16 kWh seiner Lithium-Ionen-Batterie reichen rund 60 km weit

T ITELTHEMA

ATZ 09I2009 Jahrgang 111594

Techniktrends IAA

Page 8: Techniktrends auf der IAA 2009
Page 9: Techniktrends auf der IAA 2009

3 Leichtbau: Kunststoff statt Metall spart Gewicht

Der Trend zum Leichtbau hält an. Die ZF Friedrichshafen AG arbeitet derzeit mit verschiedenen Projektpartnern aus For-schung und Industrie an einem aktiven Leichtbaufahrwerk, Bild 6, das aus Faser-verbundwerkstoffen aufgebaut ist. Es soll bei vergleichbaren Fahrdynamik-, Sicher-heits- und Komfortansprüchen deutlich weniger als ein herkömmliches Fahr-werk wiegen und wirtschaftlich in Groß-serie produziert werden können. Ein leichteres Fahrwerk hat nicht nur besse-re Fahrdynamik- und Komforteigenschaf-ten, sondern erlaubt auch eine geringere Motorisierung, ohne auf gewohnte Fahr-leistung verzichten zu müssen, so ZF.

Ein Projektschwerpunkt neben der Auslegung und der Adaptronik ist auch die Entwicklung eines wirtschaftlichen Fertigungskonzepts, denn Ansätze zur Integration von Faserverbundwerkstof-fen in das Fahrwerk scheitern nach Un-ternehmensinformationen oft an der fehlenden Serientauglichkeit. An dem bis Mitte 2011 terminierten Projekt wir-ken neben ZF weitere Partner aus Indus-trie und Wissenschaft mit: Dazu zählen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V., das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie, das Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttg-art, die DSM Composite Resins Deutsch-land GmbH sowie die 3B Fibreglass.

ContiTech Vibration Control hat nach eigenen Angaben als erster Automobil-zulieferer ein Buchsenlager aus beson-ders belastbarem Kunststoff für die Ge-triebelagerung in der Pkw-Oberklasse entwickelt. Damit hat das Unternehmen die Nutzung von lasttragenden Elemen-ten in Leichtbauweise in die Automobil-industrie eingeführt. Das Bauteil ist in den aktuellen Modellen des BMW 740i und BMW 750i im Einsatz und soll auch in anderen Fahrzeugtypen der Mittel- und Oberklasse von BMW Verwendung finden.

Das neuartige Buchsenlager wird im Baukastensystem gefertigt und lässt sich als konventionelles oder hydraulisches La-ger auslegen. Abhängig vom Anforderungs- profil lässt sich das Bauteil im Dämp-fungsverhalten und bei der Steifigkeit an verschiedene Motor- und Getriebekombi-nationen anpassen. Aufgrund der modu-laren Ausführung konnte die Teilevielfalt für unterschiedliche Varianten verringert werden. Sowohl beim konventionellen als auch beim hydraulischen Lager besteht das Kunststoffgehäuse aus glasfaserver-stärktem Polyamid PA 6.6. Es bietet eine hohe Energieaufnahme und kombiniert sehr gute Festigkeit mit Wärmeform- und Chemikalienbeständigkeit.

4 Sicherheit für alle

Die Automobilhersteller und Zulieferer arbeiten daran, moderne Sicherheitssyste-me in allen Fahrzeugklassen zu realisie-ren. Bedeutung gewinnt dieser Ansatz im Kontext der derzeitig schlechten wirt-schaftlichen Lage, die die weltweite Nach-frage nach Klein- und Kompaktfahrzeu-gen ansteigen lässt. Zudem werden die preissensitiven Märkte in Osteuropa und Asien in den nächsten Jahren die höchs-ten Zuwachsraten bei Neufahrzeugen ver-zeichnen. Bis zum Jahr 2015 wird die Nachfrage allein in den vier BRIC-Märkten Brasilien, Russland, Indien und China nach Expertenmeinung auf über 20 Millio-

Bild 6: Das Leichtbaufahrwerk von ZF soll aus Faserverbundwerkstoffen aufgebaut werden

Bild 7: Der zentrale „Chassis und Safety Controller“ von Continental

T ITELTHEMA

ATZ 09I2009 Jahrgang 111596

Techniktrends IAA

Page 10: Techniktrends auf der IAA 2009

Download des Beitrags unter

www.ATZonline.de

Read the English e-magazine.Order your test issue now: [email protected]

nen Pkw ansteigen und sich damit inner-halb von nur zehn Jahren mehr als ver-doppelt haben.

Der Schlüssel zu mehr Sicherheit auch in Low-cost-Fahrzeugen liegt in der Kom-bination aus Vernetzung von Komponen-ten und Funktionen, Skalierbarkeit von Sicherheitssystemen und geringeren Kos-ten. So können beispielsweise mithilfe des elektronischen Stabilitätsprogramms, das ab November 2011 ohnehin in allen neu-en Fahrzeugmodellen in Europa vorge-schrieben ist, bereits viele Fahrdynamik-Regelfunktionen realisiert werden. Durch die Vernetzung mit anderen Komponen-ten kann das System beispielsweise direkt in eine elektrisch unterstützte Lenkung eingreifen.

Um die Leistungsfähigkeit der zuneh-mend komplexeren Fahrzeugarchitektur zu erhalten oder gar zu steigern, setzen die Unternehmen auf die Zusammenfüh-rung von Steuergeräten. Beispielsweise hat Continental mit der zweiten Genera-tion des „Chassis und Safety Controller“ ein zentrales Steuergerät entwickelt, das die Datenarchitektur im Fahrzeug entlas-ten und Sicherheitstechniken durch Bün-delung und Auswertung aller Daten auf-einander abstimmen kann, Bild 7.

Er soll problemlos an die Modellgrö-ßen und die Anforderungen des Herstel-lers anzupassen sein. Ein weiteres Bei-spiel ist die Integration der Längsbeschleu-nigungs- und Gierratensensorik in das Airbag- oder ESP-Steuergerät. Das kompak-

tere System spart durch die geringere An-zahl an Gehäusen sowie an Kabel- und Steckerverbindungen. Als weiterer Vor-teil erhöht sich die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems.

Wie weit die Systemskalierbarkeit ge-hen kann, zeigt die neue elektronische Bremssystemgeneration MK100, die Con-tinental 2011 auf den Markt bringen will. Sie ist modular aufgebaut und lässt sich je nach Anforderungen beliebig auslegen: Laut Hersteller ermöglicht es sowohl Mo-torrad-ABS mit oder ohne Integralbrems-funktion als auch anspruchsvolle Fahrdy-namikregelungs-Lösungen sowie Sicher-heits- und Assistenzfunktionen. Dazu zäh-len Überschlagschutz, Stabilisierungssys-tem für Anhänger, Berganfahrassistent und der intelligente Abstandsregeltempo-mat (ACC).

Um Radarsensoren für vorausschau-ende Fahrerassistenzsysteme in allen Fahrzeugklassen verfügbar zu machen, haben BMW, Bosch, Continental, Daim-ler und Infineon die Technologiekoope-ration „Radar on Chip for Cars“ gegrün-det. Auf wissenschaftlicher Seite unter-stützen die Universitäten Bochum, Bre-men, Erlangen-Nürnberg, Stuttgart und Ulm, die Technische Universität Mün-chen sowie die Hochschule Ulm das Pro-jekt. Im Rahmen der Zusammenarbeit werden die fünf Unternehmen gemein-sam hochintegrierte, kostenoptimierte Radarsensorik im Frequenzbereich von 76 bis 81 GHz sowohl für den Fernbe-

reich (bis zu 250 m Reichweite) als auch für den Nahbereich (Reichweite von 5 cm bis 20 m) erarbeiten.

5 Die Krise als Chance

Vor zwei Jahren wies das Motto der IAA „Sehen, was morgen bewegt“ in die Zu-kunft. Da war die derzeitige ganz beson-ders schwierige Situation noch nicht ab-sehbar: Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise ist voll auf die Automobil-wirtschaft durchgeschlagen mit allen Auswirkungen auf Beschäftigung, Ab-satz, Umsatz und Gewinne der Unterneh-men. Auf der diesjährigen IAA präsentie-ren die Automobilhersteller und Zuliefe-rer ihre Innovationen in Zeiten großer Herausforderungen. Es wird spannend sein zu sehen, welche Unternehmen die Krise als Chance für die Zukunft nutzen und sich einen technologischen Vor-sprung vor dem Wettbewerb erarbeiten können.

Richard Backhaus, Michael Reichenbach,

Johannes Winterhagen

ATZ 09I2009 Jahrgang 111 597