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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. 1354 H. MAUSER. V. STARROCK UND H.-J. NIEMANN Zur Anwendung von Extinktionsdiagrammen bei der kinetischen Analyse von Photoreaktionen Teil II: Zur Photofolgereaktion des Anthrachinons in alkalischem Methanol 1 Kinetic Analysis of Photochemical Reactions Using Extinction Diagrams Part II : The Photochemical Consecutive Reaction of Anthraquinone in Alkaline Methanol HEINZ MAUSER, VOLKER STARROCK und HANS-JOACHIM NIEMANN Institut für Physikalische Chemie der Universität Tübingen (Z. Naturforsch. 27 b, 1354—1359 [1972] ; eingegangen am 3. August 1972) Kinetic, extinction diagram, quantum yield, anthraquinone The reaction of anthraquinone in alkaline methanol irradiated with 313 nm light is followed spectrophotometrically. The experimental results point to an irreversible consecutive reaction A -*• B — C . Since the concentration and extinction coefficient of the intermediate are unknown, the partial quantum yield cannot be calculated. A new method is described for calculation of the con- centration of the unknown intermediate using the extinction diagram. It is suitable for consecutive reactions, if the rate constant of the first reaction-step is very great as compared with that of the second. Now the partial quantum yields of the two reaction-steps can be calculated. 1. Einleitung Verfolgt man den Ablauf chemischer Reaktionen spektralphotometrisch, so lassen sich anhand der Ex- tinktions- und Extinktionsdifferenzenquotienten-Dia- gramme (E- und EDQ-Diagramme) Aussagen über die Komplexität der Reaktion machen. Ist das Ex- tinktionsdiagramm linear, so läuft nur eine linear unabhängige Teilreaktion ab, die Reaktion ist spek- troskopisch einheitlich. Lineare EDQ-Diagramme zeigen, daß zwei linear unabhängige Teilreaktionen ablaufen 2 . In der vorangegangenen Arbeit 3 wurde gezeigt, daß man aus E-Diagrammen in vielen Fällen auch die Konzentrationen der Reaktionspartner zu jedem Zeitpunkt der Reaktion in einfacher Weise bestim- men kann. Dabei wurde vorausgesetzt, daß die Ex- tinktionskoeffizienten bekannt sind. Daß man dieses Verfahren bei Folgereaktionen oft auch dann anwen- den kann, wenn der Extinktionskoeffizient des Zwi- schenproduktes nicht bekannt ist, wird im folgenden am Beispiel der Photoreduktion des Anthrachinons in alkalischem Methanol gezeigt. 2. Zur Photoreduktion des Anthrachinons Die Photoreduktion von Anthrachinon zu Anthra- hydrochinon in sauerstoffreien Alkoholen ist seit langem bekannt 4 und mehrfach untersucht wor- den 5-7 . BRIDGE und PORTER 8 ' 9 und andere 10,11 konnten dabei Semichinonradikale und in alkali- schem Medium auch Semichinon-Anionradikale blitz- spektroskopisch als Zwischenprodukte nachweisen. Durch gleichzeitige ESR-Messung während der Photolyse ist der Radikalcharakter gesichert 12-14 . Auch Untersuchungen des B e c q u e r e l - Effek- tes 15,16 in alkoholischen Anthrachinonlösungen be- stätigen das Auftreten einer radikalischen Zwischen- stufe. Bei der Bestrahlung einer sauerstoffreien Lösung von Anthrachinon in Methanol mit Licht der Wellen- länge 313nm bildet sich das charakteristisch gelb- grün fluoreszierende Anthrahydrochinon 17 . Wäh- rend diese Reaktion spektroskopisch einheitlich ab- läuft, ist sie unter den gleichen Bedingungen in alkalischem Methanol nicht mehr einheitlich, zeigt aber lineare EDQ-Diagramme. Es laufen also zwei linear unabhängige Teilreaktionen ab. Durch Messung der paramagnetischen Elektronenresonanz- absorption * konnte das Auftreten einer langlebigen, radikalischen Zwischenstufe beobachtet werden, und zwar erhält man das ESR-Spektrum des Anthrasemi- Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. HEINZ MAUSER. Physikalisch-Chemisches Institut, D-7400 Tübingen, Wil helmstr. 56. * Herrn Dr. PETER KRAUSS vom Lehrstuhl für Organische Chemie der Universität Tübingen danken wir für die Auf- nahme der Messungen.

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

1 3 5 4 H. MAUSER. V. STARROCK UND H.-J. NIEMANN

Zur Anwendung von Extinktionsdiagrammen bei der kinetischen Analyse von Photoreaktionen

Teil II: Zur Photofolgereaktion des Anthrachinons in alkalischem Methanol1

Kinetic Analysis of Photochemical Reactions Using Extinction Diagrams Part II: The Photochemical Consecutive Reaction of Anthraquinone

in Alkaline Methanol

H E I N Z M A U S E R , V O L K E R S T A R R O C K u n d H A N S - J O A C H I M N I E M A N N

Institut für Physikalische Chemie der Universität Tübingen

(Z. Naturforsch. 27 b , 1354—1359 [1972] ; eingegangen am 3. August 1972)

Kinetic, extinction diagram, quantum yield, anthraquinone The reaction of anthraquinone in alkaline methanol irradiated with 313 nm light is followed

spectrophotometrically. The experimental results point to an irreversible consecutive reaction A -*• B — C . Since the concentration and extinction coefficient of the intermediate are unknown, the partial quantum yield cannot be calculated. A new method is described for calculation of the con-centration of the unknown intermediate using the extinction diagram. It is suitable for consecutive reactions, if the rate constant of the first reaction-step is very great as compared with that of the second. Now the partial quantum yields of the two reaction-steps can be calculated.

1. Einleitung

Verfolgt man den Ablauf chemischer Reaktionen spektralphotometrisch, so lassen sich anhand der Ex-tinktions- und Extinktionsdifferenzenquotienten-Dia-gramme (E- und EDQ-Diagramme) Aussagen über die Komplexität der Reaktion machen. Ist das Ex-tinktionsdiagramm linear, so läuft nur eine linear unabhängige Teilreaktion ab, die Reaktion ist spek-troskopisch einheitlich. Lineare EDQ-Diagramme zeigen, daß zwei linear unabhängige Teilreaktionen ablaufen 2.

In der vorangegangenen Arbeit3 wurde gezeigt, daß man aus E-Diagrammen in vielen Fällen auch die Konzentrationen der Reaktionspartner zu jedem Zeitpunkt der Reaktion in einfacher Weise bestim-men kann. Dabei wurde vorausgesetzt, daß die Ex-tinktionskoeffizienten bekannt sind. Daß man dieses Verfahren bei Folgereaktionen oft auch dann anwen-den kann, wenn der Extinktionskoeffizient des Zwi-schenproduktes nicht bekannt ist, wird im folgenden am Beispiel der Photoreduktion des Anthrachinons in alkalischem Methanol gezeigt.

2. Zur Photoreduktion des Anthrachinons

Die Photoreduktion von Anthrachinon zu Anthra-hydrochinon in sauerstoffreien Alkoholen ist seit langem bekannt4 und mehrfach untersucht wor-

d e n 5 - 7 . B R I D G E und P O R T E R 8 ' 9 und andere10,11

konnten dabei Semichinonradikale und in alkali-schem Medium auch Semichinon-Anionradikale blitz-spektroskopisch als Zwischenprodukte nachweisen. Durch gleichzeitige ESR-Messung während der Photolyse ist der Radikalcharakter gesichert12-14. Auch Untersuchungen des B e c q u e r e l - Effek-tes 1 5 , 1 6 in alkoholischen Anthrachinonlösungen be-stätigen das Auftreten einer radikalischen Zwischen-stufe.

Bei der Bestrahlung einer sauerstoffreien Lösung von Anthrachinon in Methanol mit Licht der Wellen-länge 313nm bildet sich das charakteristisch gelb-grün fluoreszierende Anthrahydrochinon17. Wäh-rend diese Reaktion spektroskopisch einheitlich ab-läuft, ist sie unter den gleichen Bedingungen in a l k a l i s c h e m Methanol nicht mehr einheitlich, zeigt aber lineare EDQ-Diagramme. Es laufen also zwei linear unabhängige Teilreaktionen ab. Durch Messung der paramagnetischen Elektronenresonanz-absorption * konnte das Auftreten einer langlebigen, radikalischen Zwischenstufe beobachtet werden, und zwar erhält man das ESR-Spektrum des Anthrasemi-

Sonderdruckanforderungen an Prof . Dr. HEINZ MAUSER. Physikalisch-Chemisches Institut, D-7400 Tübingen, Wil helmstr. 56.

* Herrn Dr. PETER KRAUSS vom Lehrstuhl für Organische Chemie der Universität Tübingen danken wir für die Auf-nahme der Messungen.

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EXTINKTIONSDIAGRAMME IN DER PHOTOKINETIK, II 1 3 5 5

Abb. 1. Reaktionsspektrum der Photoreduktion des Anthrachinons in alkalischem Methanol. Die Kur-ven entsprechen verschiedenen Be-strahlungszeiten : 1) Beginn, 2) 40 Sek., 3) 1 Min. 20 Sek., 4) 2 Min. 40 Sek., 5) 5 Min., 6) 8 Min., 7) 12 Min., 8) 18 Min., 9) 8 Stdn., 10) 40 Stdn. Beim Punkt P ist die Extink-tion bei der Wellenlänge 324 nm auf die Hälfte des Anfangswertes zu-

rückgegangen.

chinon-Radikalanion 18, das schon mehrfach gemes-sen wurde 1 2 ' 1 3 ' 1 9 _ 2 1 . Die scharfe Bande im opti-schen Absorptionsspektrum (Abb. 1) bei 295 nm, die zu Beginn der Reaktion stark anwächst, am Ende jedoch wieder ganz verschwunden ist, ent-spricht diesem Anionradikal, wie schon H A R A D A

und M A T S U N A G A 22 zeigen konnten. Durch Vergleich des Endspektrums (Abb. 1) mit einem Spektrum der durch Reduktion mit alkalischer Dithionitlösung erhaltenen Anthrachinon-Kiipe ist gesichert, daß nach Ablauf der Reaktion das Dianion des Anthrahydro-chinons vorliegt. Eine merkliche Dunkelreaktion des Anthrasemichinon-Anionradikals ist bei Sauerstoff-ausschluß nicht festzustellen. Bestrahlt man nämlich eine sauerstoffreie Lösung von Anthrachinon in Me-thanol-Natriummethylat (0,1 M) nur ein bis zwei Min., so bleibt die Extinktion der Lösung im unter-suchten Wellenlängenbereich von 280 nm bis 600 nm über 24 Stdn. hinweg konstant.

Mit diesen Beobachtungen ist der Mechanismus einer irreversiblen Photofolgereaktion (1) verträg-lich:

A — B - C ( 1 )

mit A = Anthrachinon, B = Anthrasemichinon-Anionradikal, C = Anthrahydrochinon-Dianion.

3. Kinetische Auswertung

Falls dieser Medianismus (1) zutrifft, gelten fol-gende Geschwindigkeitsgleichungen:

di = - / o 1 - 1 Q - E » ,

~ Ea' <PBEAa' CA ,

dcß d* = /n

dec

dt

Ea>

= / «

( q ) b £ ß a ' CA — < ? c £ ß a ' CR) ,

I - I O - E . » Ea' <Pc£Ba' CR .

(2)

(3)

(4)

/ 0 ist die Intensität des erregenden Lichts. Ea> und ea' bezeichnen die Extinktionen, bzw. die Extink-tionskoeffizienten bei der Wellenlänge des einge-strahlten Lichts. 9?b und epf: sind die in 1. c. 23 defi-nierten partiellen Quantenausbeuten. Mit dem L a m -b e r t - B e e r s e h e n Gesetzt ergibt sich aus den Gin. (2 — 4) für die zeitliche Extinktionsänderung einer Photofolgereaktion (1)

d£a 1 1 —10 E (x1 + x2Eal + x3Ea2) , (5) df Ea-

worin a l und a2 zwei verschiedene Beobachtungs-wellenlängen sind. Die x̂ sind Konstanten, deren Größe in komplizierter Weise von den Extinktions-koeffizienten £„i, von der Lichtintensität / 0 und den partiellen Quantenausbeuten und <fc abhängt24.

Bei der Ableitung der Geschwindigkeitsgleichun-gen (2 — 5) wird vorausgesetzt, daß die partiellen Quantenausbeuten von der Intensität des erregen-den Lichts und den Konzentrationen der Reaktions-partner unabhängig sind. Das kann leicht geprüft werden, indem man die Werte AEal/c\0 gegen AEa2/cA<) aufträgt (AE = E{t) -E(t = 0 ) ) . Ist dieses „reduzierte Extinktionsdifferenzendiagramm" gegen Verdünnung (Variation von CA0) invariant, wie bei

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1 3 5 6 H. MAUSER. V. STARROCK UND H.-J. NIEMANN

der hier untersuchten Reaktion (Abb. 2 ) , so ist das ein Hinweis darauf, daß die partiellen Quantenaus-beuten konzentrationsunabhängig sind 2.

0.06

Co

0.04

0.02

0

Abb. 2. Reduziertes Extinktionsdifferenzen-Diagramm. Die Meßwerte der drei Versuchsreihen liegen auf den gleichen Kurven, die partiellen Quantenausbeuten der Reaktion sind

daher konzentrationsunabhängig.

Die Photoreaktion des Anthrachinons in alkali-schem Methanol wurde spektralphotometrisch ver-folgt (s. Abb. 3 ) . Mit einem speziellen kinetischen Auswertungsverfahren25 wurde geprüft, ob die

Stdn.

Abb. 3. Extinktions-Zeit-Werte der Photoreduktion des Anthrachinons in alkalisches Methanol. Der Übersichtlichkeit halber sind einige der Anfangswerte weggelassen. Die be-rechnete Kurve (durchgezogen) gibt den Verlauf der Meß-

werte (punktiert) befriedigend wieder.

Meßwerte mit der Gl. (5) verträglich sind. Die niedrigen Standardabweichungen der nach diesem Verfahren bestimmten Konstanten rr, (Tab. I) zei-gen, daß dies der Fall ist. Durch numerische Inte-gration der Extinktions-Zeit-Gln. (5) ( n a c h R u n g e -K u t t a mit den in in Gl. (5) eingesetzten Konstan-ten der Tab. I) erhält man Extinktions-Zeit-Kurven, deren Verlauf mit dem der experimentellen Werte weitgehend übereinstimmt (s. Abb. 3 ) . Der Mecha-nismus (1) steht mit den Meßwerten nicht im Wi-derspruch.

Tab. I. Konstanten der Gl. (5) in s e c - 1 für verschiedene Beobachtungswellenlängen at und a2 und ihre Standard-

abweichungen.

Beobachtungs-wellenlängen l O 4 * ! 104 104

ai <X2 [%] [%] [%] 313 480 - 0,71 ± 4 - 7,50 ± 6 2,26 ± 2 480 295 11,3 ± 1 - 22,2 ± 1 5.14 ± 1 295 480 15,9 ± 1 6,38 ± 1 - 30,5 ± 1

Aus den Konstanten X\ können die Extinktions-koeffizienten des Endproduktes C berechnet werden. Für t = oo werden die Steigungen der E — ^-Funktion Null. Mit der Bedingung dE/dt = 0 erhält man aus Gl. (5)

X1 ~t~ x2 Eloo +^3 E2oo = 0, (6) da der Faktor

1_10~Eaf Ea>

stets ungleich Null ist. Für die drei Beobachtungs-wellenlängen (s. Tab. I) erhält man drei Bestim-mungsgin. (6) für die E^-Werte bei den drei Wel-lenlängen. Die Extinktionskoeffizienten berechnen sich dann aus Gl. (7)

Dieses Verfahren ist sicherer, als wenn man in die Gl. (7) die gemessenen Endextinktionen einsetzt, die man erhält, wenn die Lösung über sehr lange Zeit bestrahlt wird. Dann ist nämlich wegen der langen Bestrahlungsdauer eine unkontrollierte Photolyse zu befürchten, die die .E^-Werte verfälscht.

Die partiellen Quantenausbeuten können aus den Konstanten x-{ zunächst nicht berechnet werden, weil das Radikalanion (B) nicht isoliert und somit seine Extinktionskoeffizienten nicht bestimmt werden konnten. Aus dem gleichen Grund können die Kon-

• c0;r 7,77 JO'4 Mol/l u c02 = 6.B010'5 Mol/l / A c03 -3,62-IO'5Mol/l /

/ r L / '

/ /

0.02 0.04 0.06 0.03

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EXTINKTIONSDIAGRAMME IN DER PHOTOKINETIK, II 1357

zentrations-Zeit-Gln. (2 — 4) nicht direkt überprüft werden, da die Konzentrationen der Reaktionsteil-nehmer nicht berechnet werden können.

4. Berechnung der Konzentration des Zwischenproduktes

In der vorangegangenen Arbeit3 wurde gezeigt, wie man die Konzentrationen aller drei Reaktions-partner einer Folgereaktion A — > B - > C aus dem E-Diagramm erhält, wenn ihre Extinktionskoeffi-zienten bekannt sind, d. h. wenn man im E-Dia-gramm die Punkte, die den reinen Substanzen A, B und C entsprechen (jeweils in der Konzentration CA„), kennt. Im Extinktions-Diagramm der Anthra-chinon-Reaktion (Abb. 4) sind jedoch nur der An-

mit

SJB

-1.2 A \E295 y^P / s/friMimin)/

-0.8

-0A

0.2 i 0.4 i

E480

0.6 0.8 i i

Abb. 4. Extinktionsdiagramm der Anthrachinon-Photoreduk-tion in alkalischem Methanol. Die Parallele zu AB durch P schneidet die Dreiecksseite AC im Punkt L. Der Punkt B ist der Schnittpunkt der Tangenten der Extinktionskurve in den

Punkten A und C.

fangspunkt A (CA = C\0, CB = C.C = 0) und der End-punkt C (cc = Ca, , Ca = cb = 0) der Reaktion be-kannt. Es soll nun gezeigt werden, daß der Punkt B (cb = ca0, Ca = cc = 0) der Schnittpunkt der in A und C an die Extinktionskurve gelegten Tangenten ist.

Aus den Geschwindigkeitsgin. (2 — 4) erhält man Gl. (8) dec _ ffc-£Bq--CB _ cb _ CA0 —CA — c c d/ ~~ <PbS.\a' CA _ CA ~~ CA

(8)

Die Lösung dieser Differentialgl. lautet für c c CAo

und für x = 1:

= 1 + -A 1 / CAp Y -Ao 1 — * V ca / (9)

<P%£Aa' (ID

Trägt man die normierten Konzentrationen von A und C für verschiedene x-Werte gegeneinander auf, so erhält man das bekannte Konzentrationsdiagramm einer Folgereaktion26 (Abb. 5 ) . Aus diesem Dia-gramm lassen sich zu jedem Zeitpunkt der Reaktion die relativen Konzentrationen CA/cA0 und (da 2 c i / c\0 = l ) auch CB/CA„ ablesen. Der Nullpunkt C\ = CQ

Abb. 5. Konzentrationsdiagramm einer Folgereaktion A - > B —>• C für verschiedene PC-Werte (0,01 bis oo) . Einer der ex-perimentellen Werte liegt mit Sicherheit innerhalb der schraf-fierten Fläche. Für die untersuchte Photo-Folgereaktion ist

folglich x 1.

= 0 entspricht der reinen Verbindung B. Dieser Punkt würde dann erreicht, wenn x so klein wäre, daß praktisch zunächst nur die Reaktion A — B ab-läuft und dann — sehr langsam — B—»-C. Auf der Geraden AC werden die Meßpunkte dagegen liegen, wenn x sehr groß ist, die Reaktion B — C also im Vergleich zu A-^-C sehr schnell ist.

Aus den Gin. (9, 10) erhält man die Steigung m der Konzentrationskurve im Anfangspunkt cA /cAo = 1 zu m = 0. Die Tangente in diesem Punkt läuft also unabhängig von x immer durch B (ca = CQ = 0 ) . Die Steigung der Kurve beim Punkt CC/CA„ = 1 hängt dagegen von x ab:

x 1-x für x > 1

und

c c c\ c\ , CA — = 1 _ — + — In -CAo cAo cAo CAo (10)

m = — oo für x 1 . B liegt also nur im Falle x 1 auf der Tangente im Punkt C, also wenn der zweite Reaktionsschritt B —> C nicht schneller ist als der erste.

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1358 H. MAUSER. V. STARROCK UND H.-J. NIEMANN

Extinktionsdiagramme sind affin verzerrte Ab-bildungen der Konzentrationsdiagramme 2. Geraden im Konzentrationsdiagramm werden audi im Ex-tinktionsdiagramm zu Geraden. Das bedeutet, daß im E-Diagramm der Folgereaktion der Punkt B immer auf der von A (Anfangspunkt der Reaktion) ausgehenden Tangente liegen muß. Legt man im Ex-tinktionsdiagramm in C (Endpunkt der Reaktion) die Tangente an die Extinktionskurve, so ist der Schnittpunkt mit der von A ausgehenden Tangente der gesuchte Punkt B, vorausgesetzt, daß x ^ 1 ist (s. Abb. 4 ) .

Es muß nun geprüft werden, ob bei der vorlie-genden Reaktion '/. < 1 ist. Das bedeutet nicht, daß man % schon v o r der kinetischen Auswertung ken-nen muß. Vielmehr genügt es, eine Schranke s zu finden mit x ^ s und s ^ 1. Im Reaktionsspektrum (Abb. 1) nimmt bei der Wellenlänge 324 nm die Extinktion monoton ab. Offenbar überwiegt hier das Verschwinden von A gegenüber dem Entstehen von B und C. Beim eingezeichneten Punkt P, bei dem die Extinktion auf die Hälfte des Anfangswer-tes zurückgegangen ist, ist die Reaktion soweit ab-gelaufen, daß der Stoff A mindestens zur Hälfte ver-braucht ist ( c \ ^ c \ j 2 ) . Dieser Punkt entspricht einer Bestrahlungsdauer von tp = 11 Min. und ist im Extinktionsdiagramm (Abb. 4) herausgehoben. Die zugehörige relative Konzentration an Stoff C läßt sich aus dem E-Diagramm entnehmen: Man zieht durch den Punkt P die Parallele zur Tangente in A und erhält c c / c A . = AL/AC « 0,06 (s. Abb. 4 ) . Der Punkt P muß demnach im Konzentrationsdiagramm (Abb. 5) innerhalb der schraffierten Fläche liegen. Somit kann x nicht größer als 0,4 sein. Aus dem E-Diagramm kann nun die Extinktion des reinen Stoffes B bei der Konzentration Cß = cAo abgelesen und damit seine Extinktionskoeffizienten bei den im Diagramm verwendeten Wellenlängen 295 und 480 nm bestimmt werden. Die Extinktionskoeffizien-ten bei anderen Wellenlängen erhält man aus den entsprechenden Extinktionsdiagrammen.

Weiterhin können nun, wie in der vorangegange-nen Arbeit3 beschrieben, die Konzentrationen der Reaktionsteilnehmer für jeden Meßpunkt t bestimmt werden. Sie sind in Abb. 6 dargestellt. Ihre Aus-wertung nach den Gin. (2 — 4) mit Hilfe des ge-nannten speziellen kinetischen Auswertungsverfah-rens 25 ergibt die partiellen Quantenausbeuten der Gin. ( 2 - 4 ) zu

cpl = 0,67 <pc=0,l6

Stdn.

Abb. 6. Konzentrations-Zeit-Werte der Anthrachinon-Photo-reaktion; aus dem Extinktionsdiagramm (Abb. 4) berechnet. Konzentrationen in 10—4 Mol/1. A = Anthrachinon, B = Anthrasemichinon-Radikalanion, C = Anthrahydrochinon-

Dianion.

5. Experimentelles

Die Bestrahlung und Extinktionsmessung wird in einer in I.e.2 7 beschriebenen Anlage durchgeführt. Wichtig ist, daß die Küvetten mit Dreiring-Stickstoff gespült und abgeschmolzen werden, da die Reaktions-produkte außerordentlich sauerstoff empfindlich sind. Die Intensität des erregenden Lichtes (Quecksilber-dampf-Hochdruckbrenner HPK 125, Philips, und Inter-ferenzfilter UV-PIL313nm, Schott & Gen.) wurde ak-tinometrisch nach der Ferrioxalatmethode von P A R K E R und H A T C H A R D 2 8 bestimmt: I0 = 3,98• 10 - 1 0 Einstein/ sec cm2. Anthrachinon (EGA, chromatographisch rein) wurde dreimal aus Äthanol umkristallisiert (Schmp. 285,5 °C, subl.). Die Anfangskonzentration an Anthra-chinon betrug CAO = L33 • 1 0 - 7 Mol/cm3. Als Lösungs-mittel wird ein speziell gereinigtes (vorbestrahltes) Methanol 29 verwendet, das mit Natriummethylat alka-lisch gemacht wird, so daß die Lösung 0,1 M ist.

Die gemessenen (Anthrachinon) und berechneten (Radikalanion und Dianion) Extinktionskoeffizienten der Reaktionsteilnehmer bei den verschiedenen Beob-achtungswellenlängen sind in Tab. II angegeben.

6. Zusammenfassung

Das beschriebene Verfahren erlaubt es, audi die Konzentrationen eines unbekannten Zwischenproduktes bei einer Folgereaktion zu jedem Zeitpunkt der Reak-tion zu berechnen, wofür das E-Diagramm der Reaktion verwendet wird. Außerdem erhält man den für die Berechnung der partiellen Quantenausbeuten wichtigen Extinktionskoeffizienten bei der Wellenlänge des er-regenden Lichts. Voraussetzung ist, daß der erste Teil-schritt der Reaktion schneller abläuft als der Folge-schritt und daß die Extinktionskoeffizienten des Aus-

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EXTINKTIONSDIAGRAMME IN DER PHOTOKINETIK, II 1 3 5 9

Tab. II. Extinktionskoeffizienten von Anthrachinon ( A ) , Anthrasemichinon-Radikalanion (B) und Anthrahydrochinon-Dianion (C) in alkalischem Methanol bei verschiedenen Wel-

lenlängen (in 107 cm 2 /Mol) .

Wellenlängen: 313 nm 480 nm 295 nm

£A 0,393 0,002 0,192 «b 0,137 0,642 1,101 ec 0,072 0,473 0,382

gangsstoffes A und des Endproduktes C ermittelt wer-den können.

Bei einer reinen Dunkelreaktion

A ^ B - C

muß

* = k Jkt £ 1

sein. Falls bei einer Photo-Folgereaktion x > 1 ist, kann man möglicherweise x dadurch verkleinern, daß

man bei einer anderen Wel lenlänge a einstrahlt, da die Extinktionskoeffizienten in Gl. (11 ) von a' abhän-gen. Bei einer Folgereaktion

A ^ B C ,

bei der die Extinktion Ea' während der Reaktion kon-stant bleibt, kann man versuchen

k X = _ 1 - 1 0 - ^ ' A

I0 jp <P&Aa'

durch Vergrößern der Lichtintensität /<, kleiner als Eins zu machen, so daß die Konzentration und der Extink-tionskoeffizient auch eines kurzlebigen Zwischenpro-duktes berechnet werden kann. Dabei wird vorausge-setzt, daß die bestrahlte Lösung so schnell gerührt wird, daß sie zu j e d e m Zeitpunkt praktisch homogen ist (vgl . I . e . 2 3 ) .

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Verband der Chemischen Industrie danken wir für die Unterstützung dieser Arbeit .

1 V. STARROCK, geplante Dissertation. 2 H . MAUSER, Z . N a t u r f o r s c h . 2 3 b , 1 0 2 1 [ 1 9 6 8 ] . 3 H . MAUSER, H . - J . NIEMANN U. R . KRETSCHMER, Z . p h y s i k .

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