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Wochenende! SAMSTAG, 13. OKTOBER 2018 Wie gedruckt Die Entstehung der US-Dollar-Noten IM LEBEN, SEITE 3 Foto: dpa Irland Wandern auf der Grünen Insel AUF REISEN, SEITE 4 Markus Heitz Der Autor über den Reiz von Fantasy-Welten IM GESPRÄCH, SEITE 8 orgens, 11 Uhr, in Oelde: Georg Lechner hat Durst. Mit einem lauten „Plopp“ öffnet er die gut gekühlte Bügel- verschlussflasche. Genüsslich führt er das Kellerbier zum Mund. Er gönnt sich zwei große Schlucke. „Ahhh – erst einmal die Kehle ein bisschen anfeuchten“, sagt er. Dann stellt er die Flasche weg – fürs Erste. Lechner macht gerade ein Päus- chen. In der Pott’s Brauerei gibt er Führungen durch den Betrieb und sein eigenes Museum, das Georg- Lechner-Biermuseum. Heute ent- führt er etwa 40 Personen eines Ge- sangvereins aus Iserlohn in die Welt des Bieres. Das Museum er- streckt sich auf drei Etagen und et- wa 350 Quadratmeter. Dort zeigt „Schorschi“, wie er liebevoll ge- nannt wird, all seine Schätze, die er in den vergangenen Jahrzehnten gesammelt hat. Dazu zählen meh- rere Tausend historische Brauerei- krüge, Relief-Bierflaschen und Glä- ser, Emaille-Schilder, einmalige Dokumente über die Brauereige- schichte in Westfalen und ein origi- nales Sudwerk aus dem Jahre 1900. Die kleine Bierpause ist vorbei. Lechner kehrt zur Gruppe zurück. Leidenschaftlich und wortgewandt unterhält er die Truppe mit Infor- mationen, Anekdoten und Erleb- nissen. Er ist gerade voll in seinem Element. Er zieht die staunenden Gäste förmlich in seinen Bann, macht die Geschichte des Brauwe- sens greifbar. Dann schaut er auf die Uhr, um festzustellen, dass er schon längst überzogen hat. „Oh, ich hoffe, Sie sind jetzt nicht zu sehr unterhopft.“ Lechners Teil der Füh- rung endet hier. In Ostwestfalen lebt Lechner seit 2001. Seitdem existiert auch das Biermuseum. Die Umstände des Umzugs nach Oelde sind einzigar- tig. Rainer Pott, der damalige Ge- schäftsführer der Brauerei, wollte einen Teil von Lechners Sammler- stücken haben. Weil der Bierenthu- siast, der zu dem Zeitpunkt noch in Ostfriesland lebte, sie nicht abge- ben wollte, blieb Pott nur eine ande- re Lösung. Er holte die komplette Sammlung ins Münsterland – Ge- org Lechner inklusive. Nach Lech- ners Vorstellungen wurde darauf- hin das Museum konzipiert. Doch Lechner ist nicht nur Mu- seumsbesitzer. Er ist gewisserma- ßen sein eigenes Exponat, denn: Er lebt auch im Museum. Sein Schlaf- platz? Ein umfunktioniertes Holz- fass. Seit 1989 nutzt er das 42-Hek- toliter-Lagerfass als Schlafzimmer. Seine damalige Frau sei ihm „weg- gelaufen“, sagt Lechner, „weil ich mich eben viel zu viel mit Bier be- schäftigt habe“. Kurze Zeit später habe er das Fass entdeckt und um- gebaut. Fünfmal sei das Fass mit ihm schon umgezogen, bis er jetzt in Oelde sesshaft geworden sei. Mitten im Museum hat das histori- sche Fass seinen Platz gefunden. Nach der Führung marschiert Lechner strammen Schrittes in sei- nen Ruheraum. Sein Weg führt ihn erneut zum Kühlschrank. Schwungvoll öffnet er erst die Tür, dann den Bügelverschluss des Kel- lerbiers. Den Rest seiner angebro- M chenen Flasche gießt er sich in ei- nen Tonkrug. Was dann folgt, ist pure Zelebration. „Schorschi“ ist Genießer und kein Trinker, die Fra- ge, wie viel Bier er am Tag trinke, hört er trotzdem nicht gerne. Lechner ist in Oberfranken groß geworden. Er stammt aus einer Brauerfamilie. Zwischen Flaschen und Krügen hat er sich schon im- mer am wohlsten gefühlt. „Ich kenne seit 65 Jahren nur Bier“, sagt Lechner. Dementsprechend früh kam er mit dem Getränk auch in Kontakt. „Mit fünf, sechs Jahren habe ich schon am Schaum geleckt und regelmäßig Bier getrunken.“ Er entwickelte eine innige Bezie- hung zum Hopfengetränk, die sei- nesgleichen sucht. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Lech- ner hat Bier im Blut – und zwar wortwörtlich. Der Freiberufler hat jetzt eine längere Pause. Er sitzt in einem Raum, der mehr oder weniger Bib- liothek, Büro und Wohnzimmer zugleich ist. Hier verbringt er den Großteil seines Lebens. Viel benö- tigt der genügsame Franke nicht. Toilette und Dusche sind in sei- nem Museum vorhanden. Seine Mahlzeiten nimmt er im zur Brau- erei dazugehörenden Restaurant ein. Ein Gegenstand ist jedoch von existenzieller Bedeutung für ihn: der Kühlschrank. „Weil da immer frisches Bier drin ist, ist doch klar.“ Wie gut, dass im besagten Raum einer steht. Die nächste Runde kann starten. Lechner greift wie- der zum Kellerbier. Prost. Lechners Wohnzimmer ist ein Paradies für Bierhistoriker. In den Regalen stapeln sich sämtliche Ausgaben der Fachzeitschrift „Brauwelt“ ab dem Jahre 1884. In mehreren Dutzend Ordnern hat er mehr als 200 000 Bierflascheneti- ketten abgeheftet. Dazu zieren den Raum noch etliche zum Teil uralte Bücher, aus denen Lechner sein Wissen zieht. Er hat sogar eine ei- gene historische Braudatenbank angelegt. Darin enthalten sind In- formationen zu 13 000 aktiven und ehemaligen Brauereien aus Deutschland. Auf Anfrage stellt er Brauereien oder Städten seine Da- ten zur Verfügung. Wie Lechners Alltag aussieht? „Am Tag 16 bis 18 Stunden Bier und sonst nix“, sagt er selbst. Ein Leben ohne Bier ist für ihn unvorstellbar. Auf Wunsch eines wissbegieri- gen Gastes greift Lechner zum Ordner über Osnabrücker Braue- reien. Bedächtig blättert er sich Seite für Seite durch die Doku- mente. „Da ist ja leider nicht mehr viel übrig geblieben“, sagt er ange- sichts der trostlosen Brauerei- Landschaft in der Region. Er schwelgt in Erinnerungen: „Frü- her haben sich die Menschen mehr für Bier interessiert. Man hat sich Gedanken darüber gemacht, woher das Bier kommt und wer es braut.“ Er steht der Entwicklung der Bierkultur skeptisch gegen- über. Die Leute ließen sich heute zu sehr von der Werbung und dem Preis lenken. „Sie wissen den In- halt des Bieres nicht mehr wertzu- schätzen.“ Im Gegensatz zu Lechner. Bei der Bierauswahl setzt der gelernte Braumeister auf Tradition. Im bes- ten Fall komme das Bier aus einer kleinen Privatbrauerei. „Frisch vom Füller abgefüllt. Das sind mei- ne Lieblingsbiere.“ Von den gängi- gen Bieren lässt er hingegen die Finger. „Industriebier geht bei mir gar nicht. Von den ganzen Fern- sehsuppen halte ich gar nichts. Das hat mit Bier für mich nichts zu tun.“ Dasselbe gelte für Craft- Bier. Lechner schlendert durch sein Museum. Er stützt sich an seinem riesigen Holzfass ab, klopft behut- sam auf die Dauben. Dann blickt er auf seine Exponate. Viele Leute würden auch auf ihn zukommen, um ihm Gegenstände anzubieten. „Das ist zwar nett gemeint, aber da ist fast immer nur Mist dabei.“ Um seinen Bestand zu vergrößern, ma- che er aber hin und wieder Deals mit Brauereien. Wenn er Ausarbei- tungen für die Bierproduzenten an- fertige oder sie berate, lasse er sich anstelle von Geld manchmal auch durch besondere Sammlerstücke entlohnen. Mit einer wertvollen Rarität zieht Lechner quer durch Deutschland von Fest zu Fest und Brauerei zu Brauerei. Er besitzt ei- ne historische Abfüllanlage. Nach eigenen Angaben ist es „die kleins- te historische Flaschenabfüllanla- ge der Welt, die noch in Betrieb ist“. Der Füller stammt aus dem Jahr 1910. Vor den Augen der Gäs- te füllt er in echter Handarbeit den Gerstensaft ab. Pro Stunde könne er damit etwa 200 bis 250 Fla- schen abzapfen. Mit auf Tour ist fast immer seine Frau Lucya. Seit einigen Jahren ist er nämlich wie- der glücklich verheiratet. Wäh- rend Lechner zapft, ist seine Gat- tin für Verkauf und die individuel- le Etikettierung der Flaschen ver- antwortlich. Der Biernostalgiker nimmt wie- der in seinem Büro Platz. Lechner durchforstet eine seiner Fachzeit- schriften. Darüber, wie lange er mit Bier noch Geld verdienen will, möchte er keine Aussage treffen. Auch der Frage, was mit seiner Sammlung irgendwann einmal passiert, weicht er aus. Er sagt nur so viel: „Es ist alles vertraglich ge- regelt.“ Ein Wechsel in eine andere Brauerei sei aber ausgeschlossen, stellt Lechner klar. Das „Plopp“- Geräusch der aufgehenden Bügel- flasche in „Schorschis“ Büro dürfte die Museumsgäste auch künftig noch erheitern. Von Yannick Richter Daheim in der Brauerei Georg Lechner – der Mann, der im Biermuseum lebt und im Fass schläft Ein Mann und sein Fass: Georg Lechner übernachtet gern im Biermuseum. Im Biermuse- um in der Pott’s Braue- rei in Oelde hat Lechner mehr als 200 000 Bierflaschen- etiketten ge- sammelt, dazu kommen wei- tere Raritäten: Eine histori- sche Abfüllan- lage etwa, die er von Zeit zu Zeit auch noch in Betrieb hat. Fotos: Tobias Saalschmidt Foto: imago/Manfred Segerer

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Wochenende!SAMSTAG, 13. OKTOBER 2018

Wie gedrucktDie Entstehung derUS-Dollar-NotenIM LEBEN, SEITE 3

Foto: dpa IrlandWandern auf derGrünen InselAUF REISEN, SEITE 4

Markus HeitzDer Autor über den Reizvon Fantasy-WeltenIM GESPRÄCH, SEITE 8

orgens, 11 Uhr, inOelde: GeorgLechner hatDurst. Mit einemlauten „Plopp“

öffnet er die gut gekühlte Bügel-verschlussflasche. Genüsslichführt er das Kellerbier zum Mund.Er gönnt sich zwei große Schlucke.„Ahhh – erst einmal die Kehle einbisschen anfeuchten“, sagt er.Dann stellt er die Flasche weg –fürs Erste.

Lechner macht gerade ein Päus-chen. In der Pott’s Brauerei gibt erFührungen durch den Betrieb undsein eigenes Museum, das Georg-Lechner-Biermuseum. Heute ent-führt er etwa 40 Personen eines Ge-sangvereins aus Iserlohn in dieWelt des Bieres. Das Museum er-streckt sich auf drei Etagen und et-wa 350 Quadratmeter. Dort zeigt„Schorschi“, wie er liebevoll ge-nannt wird, all seine Schätze, die erin den vergangenen Jahrzehntengesammelt hat. Dazu zählen meh-rere Tausend historische Brauerei-krüge, Relief-Bierflaschen und Glä-ser, Emaille-Schilder, einmaligeDokumente über die Brauereige-schichte in Westfalen und ein origi-nales Sudwerk aus dem Jahre 1900.

Die kleine Bierpause ist vorbei.Lechner kehrt zur Gruppe zurück.Leidenschaftlich und wortgewandtunterhält er die Truppe mit Infor-mationen, Anekdoten und Erleb-nissen. Er ist gerade voll in seinemElement. Er zieht die staunendenGäste förmlich in seinen Bann,macht die Geschichte des Brauwe-sens greifbar. Dann schaut er aufdie Uhr, um festzustellen, dass erschon längst überzogen hat. „Oh,ich hoffe, Sie sind jetzt nicht zu sehrunterhopft.“ Lechners Teil der Füh-rung endet hier.

In Ostwestfalen lebt Lechner seit2001. Seitdem existiert auch dasBiermuseum. Die Umstände desUmzugs nach Oelde sind einzigar-tig. Rainer Pott, der damalige Ge-schäftsführer der Brauerei, wollteeinen Teil von Lechners Sammler-stücken haben. Weil der Bierenthu-siast, der zu dem Zeitpunkt noch inOstfriesland lebte, sie nicht abge-ben wollte, blieb Pott nur eine ande-re Lösung. Er holte die kompletteSammlung ins Münsterland – Ge-org Lechner inklusive. Nach Lech-ners Vorstellungen wurde darauf-hin das Museum konzipiert.

Doch Lechner ist nicht nur Mu-seumsbesitzer. Er ist gewisserma-ßen sein eigenes Exponat, denn: Erlebt auch im Museum. Sein Schlaf-platz? Ein umfunktioniertes Holz-fass. Seit 1989 nutzt er das 42-Hek-toliter-Lagerfass als Schlafzimmer.Seine damalige Frau sei ihm „weg-gelaufen“, sagt Lechner, „weil ichmich eben viel zu viel mit Bier be-schäftigt habe“. Kurze Zeit späterhabe er das Fass entdeckt und um-gebaut. Fünfmal sei das Fass mitihm schon umgezogen, bis er jetztin Oelde sesshaft geworden sei.Mitten im Museum hat das histori-sche Fass seinen Platz gefunden.

Nach der Führung marschiertLechner strammen Schrittes in sei-nen Ruheraum. Sein Weg führt ihnerneut zum Kühlschrank.Schwungvoll öffnet er erst die Tür,dann den Bügelverschluss des Kel-lerbiers. Den Rest seiner angebro-

M

chenen Flasche gießt er sich in ei-nen Tonkrug. Was dann folgt, istpure Zelebration. „Schorschi“ istGenießer und kein Trinker, die Fra-ge, wie viel Bier er am Tag trinke,hört er trotzdem nicht gerne.

Lechner ist in Oberfranken großgeworden. Er stammt aus einerBrauerfamilie. Zwischen Flaschenund Krügen hat er sich schon im-mer am wohlsten gefühlt. „Ichkenne seit 65 Jahren nur Bier“,sagt Lechner. Dementsprechendfrüh kam er mit dem Getränk auch

in Kontakt. „Mit fünf, sechs Jahrenhabe ich schon am Schaum gelecktund regelmäßig Bier getrunken.“Er entwickelte eine innige Bezie-hung zum Hopfengetränk, die sei-nesgleichen sucht. Bis heute hatsich daran nichts geändert. Lech-ner hat Bier im Blut – und zwarwortwörtlich.

Der Freiberufler hat jetzt einelängere Pause. Er sitzt in einemRaum, der mehr oder weniger Bib-liothek, Büro und Wohnzimmerzugleich ist. Hier verbringt er den

Großteil seines Lebens. Viel benö-tigt der genügsame Franke nicht.Toilette und Dusche sind in sei-nem Museum vorhanden. SeineMahlzeiten nimmt er im zur Brau-erei dazugehörenden Restaurantein. Ein Gegenstand ist jedoch vonexistenzieller Bedeutung für ihn:der Kühlschrank. „Weil da immerfrisches Bier drin ist, ist doch klar.“Wie gut, dass im besagten Raumeiner steht. Die nächste Rundekann starten. Lechner greift wie-der zum Kellerbier. Prost.

Lechners Wohnzimmer ist einParadies für Bierhistoriker. In denRegalen stapeln sich sämtlicheAusgaben der Fachzeitschrift„Brauwelt“ ab dem Jahre 1884. Inmehreren Dutzend Ordnern hat ermehr als 200 000 Bierflascheneti-ketten abgeheftet. Dazu zieren denRaum noch etliche zum Teil uralteBücher, aus denen Lechner seinWissen zieht. Er hat sogar eine ei-gene historische Braudatenbankangelegt. Darin enthalten sind In-formationen zu 13 000 aktiven undehemaligen Brauereien ausDeutschland. Auf Anfrage stellt erBrauereien oder Städten seine Da-ten zur Verfügung. Wie LechnersAlltag aussieht? „Am Tag 16 bis 18Stunden Bier und sonst nix“, sagter selbst. Ein Leben ohne Bier istfür ihn unvorstellbar.

Auf Wunsch eines wissbegieri-gen Gastes greift Lechner zumOrdner über Osnabrücker Braue-reien. Bedächtig blättert er sichSeite für Seite durch die Doku-mente. „Da ist ja leider nicht mehr

viel übrig geblieben“, sagt er ange-sichts der trostlosen Brauerei-Landschaft in der Region. Erschwelgt in Erinnerungen: „Frü-her haben sich die Menschenmehr für Bier interessiert. Man hatsich Gedanken darüber gemacht,woher das Bier kommt und wer esbraut.“ Er steht der Entwicklungder Bierkultur skeptisch gegen-über. Die Leute ließen sich heutezu sehr von der Werbung und demPreis lenken. „Sie wissen den In-halt des Bieres nicht mehr wertzu-schätzen.“

Im Gegensatz zu Lechner. Beider Bierauswahl setzt der gelernteBraumeister auf Tradition. Im bes-ten Fall komme das Bier aus einerkleinen Privatbrauerei. „Frischvom Füller abgefüllt. Das sind mei-ne Lieblingsbiere.“ Von den gängi-gen Bieren lässt er hingegen dieFinger. „Industriebier geht bei mirgar nicht. Von den ganzen Fern-sehsuppen halte ich gar nichts.Das hat mit Bier für mich nichtszu tun.“ Dasselbe gelte für Craft-Bier.

Lechner schlendert durch seinMuseum. Er stützt sich an seinemriesigen Holzfass ab, klopft behut-sam auf die Dauben. Dann blickt erauf seine Exponate. Viele Leutewürden auch auf ihn zukommen,um ihm Gegenstände anzubieten.„Das ist zwar nett gemeint, aber daist fast immer nur Mist dabei.“ Umseinen Bestand zu vergrößern, ma-che er aber hin und wieder Dealsmit Brauereien. Wenn er Ausarbei-tungen für die Bierproduzenten an-

fertige oder sie berate, lasse er sichanstelle von Geld manchmal auchdurch besondere Sammlerstückeentlohnen.

Mit einer wertvollen Raritätzieht Lechner quer durchDeutschland von Fest zu Fest undBrauerei zu Brauerei. Er besitzt ei-ne historische Abfüllanlage. Nacheigenen Angaben ist es „die kleins-te historische Flaschenabfüllanla-ge der Welt, die noch in Betriebist“. Der Füller stammt aus demJahr 1910. Vor den Augen der Gäs-te füllt er in echter Handarbeit denGerstensaft ab. Pro Stunde könneer damit etwa 200 bis 250 Fla-schen abzapfen. Mit auf Tour istfast immer seine Frau Lucya. Seiteinigen Jahren ist er nämlich wie-der glücklich verheiratet. Wäh-rend Lechner zapft, ist seine Gat-tin für Verkauf und die individuel-le Etikettierung der Flaschen ver-antwortlich.

Der Biernostalgiker nimmt wie-der in seinem Büro Platz. Lechnerdurchforstet eine seiner Fachzeit-schriften. Darüber, wie lange ermit Bier noch Geld verdienen will,möchte er keine Aussage treffen.Auch der Frage, was mit seinerSammlung irgendwann einmalpassiert, weicht er aus. Er sagt nurso viel: „Es ist alles vertraglich ge-regelt.“ Ein Wechsel in eine andereBrauerei sei aber ausgeschlossen,stellt Lechner klar. Das „Plopp“-Geräusch der aufgehenden Bügel-flasche in „Schorschis“ Büro dürftedie Museumsgäste auch künftignoch erheitern.

Von Yannick Richter

Daheim in der BrauereiGeorg Lechner – der Mann, der im Biermuseum lebt und im Fass schläft

Ein Mann und sein Fass: Georg Lechnerübernachtet gern im Biermuseum.

Im Biermuse-um in derPott’s Braue-rei in Oelde hatLechner mehrals 200 000Bierflaschen-etiketten ge-sammelt, dazukommen wei-tere Raritäten:Eine histori-sche Abfüllan-lage etwa, dieer von Zeit zuZeit auch nochin Betrieb hat. Fotos: Tobias

Saalschmidt

Foto: imago/Manfred Segerer