21
Folgen unwirksamer Befristung 1 Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum verein- barten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die or- dentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. 2 Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden. Literatur: Greiner, Nachträgliche Schriftformwahrung in befristeten Arbeitsverhältnissen zwischen Privatautonomie, Positivismus und Rechtsfortbildung, RdA 2009, 82; Kania, Be- fristete Arbeitsverträge, 2. Aufl., Köln 2001; Kleinsorge, Teilzeitarbeit und befristete Arbeits- verträge – ein Überblick über die Neuregelung, MDR 2001, 181; Link/Fink, Pflichten beach- ten, Rechte nutzen, AuA 2001, 252; Preis/Gotthardt, Das Teilzeit- und Befristungsgesetz, DB 2001, 145; Richardi/Annuß, Gesetzliche Neuregelung von Teilzeitarbeit und Befristung, BB 2000, 2201; Sittard/Ulbrich, Die Prozessbeschäftigung und das TzBfG, RdA 2006, 218; von Koppenfels, Rechtsfolgen formunwirksamer Befristungsabreden – Probleme der Neuregelung der §§ 14 ff. TzBfG, ArbuR 2001, 201 Allgemeines Die Bestimmung in § 16 TzBfG regelt die Folgen, die sich aus einer Befristung ergeben, die rechtsunwirksam ist. Damit stellt sie eine lex specialis zu der allge- meinen Bestimmung des § 139 BGB dar: Soweit dort geregelt ist, dass im Zweifel die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts zur Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts führt, ordnet § 16 TzBfG hiervon abweichend eine Fiktion an. Für den Fall, dass eine von den Parteien vorgenommene Befristungsabrede un- wirksam ist – aus welchen Gründen auch immer –, wird statt der Gesamtnich- tigkeit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis fingiert. Hinter dieser Fiktion steht die Überlegung, dass man nur auf diese Weise, durch die Trennung der einzelnen, unwirksamen Befristungsabrede auf der einen und der ganzen vertraglichen Ver- einbarung auf der anderen Seite, die erhalten bleiben soll, dem eigentlichen Schutzgedanken des Gesetzes, so wie er schon aus § 1 TzBfG deutlich wird, ge- recht werden kann. Wenn der Arbeitnehmer durch die gesetzlichen Bestimmun- gen insgesamt einen gewissen Schutz (auch vor Benachteiligungen, aber darüber hinaus generell) genießen soll, sofern er „nur” befristet (oder teilzeit-)beschäftigt ist, so würde man ihm „Steine statt Brot” geben, ließe man hier die Zweifelsregel des § 139 BGB zur Anwendung kommen. Ließe man nämlich aus dem Umstand, dass die Befristungsabrede unwirksam ist, die Gesamtnichtigkeit des Vertrages folgen, hätte der Arbeitnehmer nicht nur nichts gewonnen, sondern im Gegenteil alles verloren: Er hätte aufgrund der Nichtigkeit einer Vertragsbestimmung, die ohnehin zu seinem Schutz unter besonderer gesetzlicher Aufsicht steht, über- haupt keinen Vertrag mehr in den Händen. Diese Folge umgeht die Anordnung der Fiktion in § 16 Satz 1 TzBfG; und dies in ähnlicher Weise, wie dies auch aus anderen gesetzlichen Zusammenhängen bekannt ist, etwa aus der Bestimmung in § 306 Abs. 2 BGB, dem zufolge ebenfalls der gesamte Vertrag bestehen bleibt und sich nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, wenn eine allgemeine Ge- schäftsbedingung unwirksam ist. Im Ergebnis kodifiziert § 16 Satz 1 TzBfG dabei keine neue Idee des Gesetzge- bers, sondern greift ein schon lange entwickeltes und beständig wiederholtes Richterrecht auf, welches bereits seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Ansicht vertrat, dass die Folge der Unwirksamkeit einer Befristungsabrede § 16 I. § 16 Dritter Abschnitt Befristete Arbeitsverträge 394 Joussen 1 2

ten, Rechte nutzen, AuA 2001, 252; verträge – ein ... · Befristung ist die Anordnung einer Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhält-nisses. Folgt man dieser Vorstellung, so

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Folgen unwirksamer Befristung1Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als aufunbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum verein-barten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die or-dentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. 2Ist die Befristungnur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertragauch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

Literatur: Greiner, Nachträgliche Schriftformwahrung in befristeten Arbeitsverhältnissenzwischen Privatautonomie, Positivismus und Rechtsfortbildung, RdA 2009, 82; Kania, Be-fristete Arbeitsverträge, 2. Aufl., Köln 2001; Kleinsorge, Teilzeitarbeit und befristete Arbeits-verträge – ein Überblick über die Neuregelung, MDR 2001, 181; Link/Fink, Pflichten beach-ten, Rechte nutzen, AuA 2001, 252; Preis/Gotthardt, Das Teilzeit- und Befristungsgesetz, DB2001, 145; Richardi/Annuß, Gesetzliche Neuregelung von Teilzeitarbeit und Befristung, BB2000, 2201; Sittard/Ulbrich, Die Prozessbeschäftigung und das TzBfG, RdA 2006, 218; vonKoppenfels, Rechtsfolgen formunwirksamer Befristungsabreden – Probleme der Neuregelungder §§ 14 ff. TzBfG, ArbuR 2001, 201

AllgemeinesDie Bestimmung in § 16 TzBfG regelt die Folgen, die sich aus einer Befristungergeben, die rechtsunwirksam ist. Damit stellt sie eine lex specialis zu der allge-meinen Bestimmung des § 139 BGB dar: Soweit dort geregelt ist, dass im Zweifeldie Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts zur Nichtigkeit des ganzenRechtsgeschäfts führt, ordnet § 16 TzBfG hiervon abweichend eine Fiktion an.Für den Fall, dass eine von den Parteien vorgenommene Befristungsabrede un-wirksam ist – aus welchen Gründen auch immer –, wird statt der Gesamtnich-tigkeit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis fingiert. Hinter dieser Fiktion steht dieÜberlegung, dass man nur auf diese Weise, durch die Trennung der einzelnen,unwirksamen Befristungsabrede auf der einen und der ganzen vertraglichen Ver-einbarung auf der anderen Seite, die erhalten bleiben soll, dem eigentlichenSchutzgedanken des Gesetzes, so wie er schon aus § 1 TzBfG deutlich wird, ge-recht werden kann. Wenn der Arbeitnehmer durch die gesetzlichen Bestimmun-gen insgesamt einen gewissen Schutz (auch vor Benachteiligungen, aber darüberhinaus generell) genießen soll, sofern er „nur” befristet (oder teilzeit-)beschäftigtist, so würde man ihm „Steine statt Brot” geben, ließe man hier die Zweifelsregeldes § 139 BGB zur Anwendung kommen. Ließe man nämlich aus dem Umstand,dass die Befristungsabrede unwirksam ist, die Gesamtnichtigkeit des Vertragesfolgen, hätte der Arbeitnehmer nicht nur nichts gewonnen, sondern im Gegenteilalles verloren: Er hätte aufgrund der Nichtigkeit einer Vertragsbestimmung, dieohnehin zu seinem Schutz unter besonderer gesetzlicher Aufsicht steht, über-haupt keinen Vertrag mehr in den Händen. Diese Folge umgeht die Anordnungder Fiktion in § 16 Satz 1 TzBfG; und dies in ähnlicher Weise, wie dies auch ausanderen gesetzlichen Zusammenhängen bekannt ist, etwa aus der Bestimmungin § 306 Abs. 2 BGB, dem zufolge ebenfalls der gesamte Vertrag bestehen bleibtund sich nach den gesetzlichen Vorschriften richtet, wenn eine allgemeine Ge-schäftsbedingung unwirksam ist.

Im Ergebnis kodifiziert § 16 Satz 1 TzBfG dabei keine neue Idee des Gesetzge-bers, sondern greift ein schon lange entwickeltes und beständig wiederholtesRichterrecht auf, welches bereits seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhundertsdie Ansicht vertrat, dass die Folge der Unwirksamkeit einer Befristungsabrede

§ 16

I.

§ 16 Dritter Abschnitt Befristete Arbeitsverträge

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nicht die Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrags nach sich zieht,1 sondernallein die Unwirksamkeit der Befristungsabrede.2 Die Fiktionsregelung in § 16TzBfG stellt sich somit als eine Schutzregelung zugunsten des Arbeitnehmersdar.3 Aus dieser Blickrichtung ist sie dann im Zweifelsfalle auch auszulegen.

Die Regel und die Fiktion des § 16 Satz 1 1. Hs TzBfG werden ergänzt um Be-stimmungen zur Kündigungsmöglichkeit. Wenn nämlich auch eine Fiktion einesunbefristeten Arbeitsverhältnisses vorgesehen ist, so bedeutet dies nicht, dass derArbeitgeber sich von diesem nicht lösen könnte. Doch enthält § 16 Satz 1 2.Hs TzBfG hierzu eine besondere, den Arbeitnehmer noch weiter schützende Re-gelung. Ihr zufolge kann sich der Arbeitgeber zwar lösen – zu der Frage, inwie-weit eine Lösung seitens des Arbeitnehmers möglich ist bzw unter welchen Vo-raussetzungen, dazu s. § 16 Rn 18 –, doch wird die Kündigungsmöglichkeit inzeitlicher Hinsicht eingeschränkt: Erstmals möglich ist sie erst zu dem Zeitpunkt,zu dem der Arbeitsvertrag infolge seiner Befristung geendet hätte, wäre nicht dieFiktion des 1. Hs zum Tragen gekommen. Der Arbeitgeber wird hierdurch also,wenn nicht eine besondere Kündigungsmöglichkeit nach § 15 Abs. 3 TzBfG ver-einbart wurde, an eine Mindestdauer gebunden: Der Arbeitsvertrag, der nun-mehr unbefristet wirksam ist, kann regelmäßig frühestens zum Zeitpunkt derursprünglich vorgesehenen Befristung gekündigt werden. Weil es sich auch hier-bei um eine Regelung zugunsten des Arbeitnehmers handelt, der wiederum durchdie Fiktion nicht schlechter stehen soll als er bei Geltung der Befristung gestandenhätte, wird allgemein und mit Recht geschlossen, der Arbeitnehmer selbst könnezu jedem Zeitpunkt kündigen; die Gesetzesformulierung, die allein auf den Ar-beitgeber verweist, deutet dies schon an, und auch der Zweck des Gesetzesspricht für diese Ansicht.4

Von dieser besonderen Regelung zur Kündigungsfrist, genauer: zum Zeitpunkt,zu dem eine Kündigung durch den Arbeitgeber möglich sein soll, weicht § 16Satz 2 TzBfG nochmals ab: Danach soll in dem Fall, dass sich die Rechtsun-wirksamkeit allein aus einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis für dieBefristungsabrede ergibt, auch der Arbeitgeber vor dem vereinbarten Ende or-dentlich kündigen können.

Die Fiktionsregelung in § 16 Satz 1 1. HsDie Regelung in § 16 Satz 1 1. Hs TzBfG beinhaltet die Kernaussage der Vor-schrift und zugleich eine der wichtigsten Schutzmechanismen des Gesetzes über-haupt: Ihr zufolge gilt ein Arbeitsverhältnis, dessen Befristung rechtsunwirksamerfolgt ist, als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Auf diese Weise soll der Ar-beitnehmer, der schon „nur” einen befristeten Arbeitsvertrag erhält, zumindestinsoweit geschützt werden, als ihm gegenüber nicht auch noch eine rechtsun-wirksame Befristung erfolgt. Die wirksamste Sanktion gegen eine unwirksame

II.

1 BAG 12.10.1960 – Großer Senat 1/59 – 3 AZR 65/56 – AP Nr. 16 zu § 620 BGB BefristeterArbeitsvertrag; seitdem stRspr, s. nur BAG 12.9.1996 – 7 AZR 790/95 – AP Nr. 182 zu§ 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.

2 HWK/Schmalenberg, § 16 TzBfG Rn 1.3 KSchR/Däubler, § 16 TzBfG Rn 1; s.a. Kleinsorge, MDR 2001, 181.4 So auch APS/Backhaus, § 16 Rn 9; KR/Lipke, § 16 Rn 2; Rolfs, § 16 Rn 13; Laux/Schlach-

ter/Schlachter, § 16 Rn 11; krit. zu dieser Beschränkung, jedoch aufgrund des eindeutigenWortlauts zust. MHH/Meinel, § 16 Rn 6.

Folgen unwirksamer Befristung § 16

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Befristung ist die Anordnung einer Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhält-nisses.

Folgt man dieser Vorstellung, so ist es dann auch nur konsequent, diese Fiktionin allen Fällen eintreten zu lassen, in denen die Befristung rechtsunwirksam war.Eine Verengung des Anwendungsbereichs auf die Fälle der Rechtsunwirksamkeitnach § 14 TzBfG vorzunehmen, überzeugt demgegenüber nicht. Gleichwohlwird dies vertreten, insbesondere mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte derNorm.5 Doch kann eine solche Einschränkung schon vom Wortlaut her nichtüberzeugen, der explizit allgemein von einer „rechtsunwirksamen Befristung”spricht, also keinerlei Ausnahmen erkennen lässt. Zudem ist systematisch zu be-rücksichtigen, dass das Gesetz selbst in § 23 TzBfG deutlich macht, dass die all-gemeinen Normen des TzBfG, zu denen § 16 zu zählen ist, auch für spezialge-setzliche Regelungstatbestände zur Anwendung kommen.6 Dafür sprichtschließlich auch der Zweck der Vorschrift, denn im Interesse eines effektivenArbeitnehmerschutzes kann auch in den spezialgesetzlichen Befristungsfällen,sofern dort keine spezielleren Vorschriften gegeben sind, dem Arbeitnehmernicht einfach die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zugemutet werden.7

Demzufolge kommen nicht nur Verstöße gegen § 14 TzBfG in Betracht, also einfehlender sachlicher Grund für die Befristung, ein Fehlen der Voraussetzungenfür eine sachgrundlose Befristung oder der Mangel der Schriftform, sondern auchVerstöße gegen eine unwirksame Befristungsformulierung („Befristung auf ca. 4Wochen”), sowie eine Zweckbefristung, bei der der Zweck nicht eindeutig er-kennbar ist. In gleicher Weise unwirksam können Befristungsabreden wegen ei-nes Verstoßes gegen ein Mitbestimmungsrecht sein. Dies ist dann möglich, wennsich ein solches Mitbestimmungsrecht auch auf die Befristung des Arbeitsver-hältnisses erstreckt, wie dies in manchen Personalvertretungsgesetzen der Ländervorgesehen ist.8

Die ordentliche Kündigung des fingierten unbefristetenArbeitsverhältnisses gem. § 16 Satz 1 2. Hs

Die Anordnung der Fiktion eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses wird imHs 2 des § 16 Satz 1 TzBfG flankiert von der Regelung, die dem Arbeitgeber dieMöglichkeit der ordentlichen Kündigung eröffnet. Die Möglichkeit selbst ist da-bei lediglich als unmittelbare Konsequenz aus der Fiktion des unbefristeten Ar-beitsverhältnisses anzusehen, einer solchen Regelung bedürfte es daher nicht,wenn sie nicht noch einen zusätzlichen Regelungsgehalt hätte: Dieser ist in derAnordnung eines besonderen Kündigungstermins zu sehen: § 16 Satz 1 2.Hs TzBfG ordnet für den Arbeitgeber9 eine Mindestdauer, eine Mindestbin-dung an. Anders also noch zu Zeiten vor der Geltung des TzBfG, als die Rspr

III.

5 Etwa von APS/Backhaus, § 16 TzBfG Rn 1; ErfK/Müller-Glöge, § 16 Rn 1, dort allerdingsmit dem Verweis auf eine mögliche entsprechende Anwendung für andere Unwirksam-keitsgründe.

6 BT-Drucks. 14/4373, 22.7 Wie hier auch Arnold/Gräfl/Spinner, § 16 Rn 4; MünchKommBGB/Hesse, § 16 TzBfG

Rn 2; KR/Lipke, § 16 TzBfG Rn 1; ArbRBGB/Dörner, § 620 BGB Rn 296; Annuß/Thüs-ing/Maschmann, § 16 Rn 2; Laux/Schlachter/Schlachter, § 16 Rn 1; MHH/Meinel, § 16Rn 3; unscharf BeckOKArbR/Bayreuther, § 16 Rn 3.

8 S. etwa § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NRW; s.a. Holwe/Kossens, § 16 Rn 5.9 Nicht für den Arbeitnehmer!, s. bereits Rn 3.

§ 16 Dritter Abschnitt Befristete Arbeitsverträge

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für beide Seiten eine zeitliche Mindestbindung vorsah,10 ist nunmehr nur nochder Arbeitgeber zeitlich in der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung einge-schränkt: Sofern nichts anderes gem. § 15 Abs. 3 TzBfG vereinbart ist bzw dieSonderregelung des § 16 Satz 2 TzBfG eingreift, also die Unwirksamkeit der Be-fristung aus der mangelnden Schriftform resultiert, kann der Arbeitgeber dasaufgrund der Unwirksamkeit der Befristungsabrede nunmehr fingierte unbefris-tete Arbeitsverhältnis frühestens zum vereinbarten (obsolet gewordenen) Befris-tungsende ordentlich kündigen.

Die Kündigungsmöglichkeit, die sich hier für den Arbeitgeber ergibt, stellt dieMöglichkeit zur ordentlichen Kündigung in ihrer „üblichen” Gestalt dar; ledig-lich die Fristen werden gesondert geregelt (dazu sogleich). Das bedeutet insbe-sondere, dass sämtliche Bestimmungen über die Wirksamkeit der Kündigung zurAnwendung kommen. Dies gilt vor allem für die Regelungen des Kündigungs-schutzgesetzes. Will also der Arbeitgeber ordentlich kündigen, muss diese Kün-digung insbesondere sozial gerechtfertigt iSv § 1 KSchG sein. Auch muss aus derKündigungserklärung hinreichend deutlich werden, dass es sich um eine Kündi-gung des fingierten, unbefristeten Arbeitverhältnisses handelt. Insofern findetder Bestimmtheitsgrundsatz vollumfänglich Anwendung, der gerade bei Gestal-tungserklärungen von Bedeutung ist, damit sich der Erklärungsempfänger bzw-gegner entsprechend auf die neu gestaltete Rechtslage einstellen kann.

In diesem Zusammenhang ist umstritten, inwieweit bei der Zweckbefristung dieMitteilung des Arbeitgebers nach § 15 Abs. 2 TzBfG zugleich auch als eine or-dentliche Kündigung angesehen werden kann. Die Frage lautet, ob in einer Mit-teilung über den Zeitablauf, die für die Beendigung des befristeten Arbeitsver-hältnisses erforderlich ist, zugleich auch eine Kündigungserklärung liegt. Dieskann jedoch schon aufgrund des angesprochenen Bestimmtheitsgrundsatzesnicht angenommen werden: Im Regelfall wird nämlich die bloße Mitteilung überdie Zweckerreichung nicht so deutlich formuliert sein, dass sie zugleich auch alsKündigung verstanden werden kann. Zudem ist zu beachten, dass es sich bei derMitteilung lediglich um eine Wissens-, bei der Kündigung hingegen um eine Wil-lenserklärung handelt,11 so dass schon die unterschiedliche Rechtsnatur dieserbeiden Erklärungen einem entsprechenden Verständnis widerspricht. Teilt alsoder Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das bevorstehende Ende der Befristung mit,so wird darin idR keine (auch keine vorsorgliche) Kündigung des wegen einerunwirksamen Befristung als unbefristet geltenden Arbeitsvertrags zu sehensein.12 Nur ausnahmsweise soll hier möglicherweise eine Umdeutung bzw eineAuslegung nach §§ 133, 157 BGB dazu führen können, dass eine solche, eigent-lich als Wissenserklärung angelegte Äußerung des Arbeitgebers auch als Kündi-gung aufzufassen ist und dies vom Arbeitnehmer auch so verstanden werdenmusste.13 Doch erscheint dies angesichts der fundamental unterschiedlichenRechtsnatur der beiden Erklärungen mehr als fraglich. Allenfalls in der wohl sehr

10 S. nur BAG 14.1.1982 – 2 AZR 245/80 – AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeits-vertrag; Preis/Gotthardt, DB 2001, 151.

11 S. Kommentierung zu § 15 Rn 31.12 So die einhellige Auff., s. etwa BAG 28.10.1986 – 1 ABR 16/85 – AP Nr. 32 zu § 118

BetrVG 1972; KR/Lipke, § 16 TzBfG Rn 13; Annuß/Thüsing/Maschmann, § 16 Rn 22;BeckOKArbR/Bayreuther, § 16 TzBfG Rn 10; Sievers, § 16 Rn 10.

13 So zumindest BAG 5.3.1970 – 2 AZR 175/69 – AP Nr. 34 zu § 620 BGB BefristeterArbeitsvertrag.

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seltenen Ausnahmesituation, in der dem Arbeitgeber bereits bewusst war, dassdie Situation Anlass zum Streit geben würde und er somit nicht nur ein Wissenerklären, sondern eben auch eine Willenserklärung in Form einer Kündigungabgeben wollte, kann man hier zu einem anderen Ergebnis kommen. Doch dannliegt eben in der Erklärung auch nicht bloß eine Wissensmitteilung, sondern(auch) ein Rechtsgestaltungswille.14

In Bezug auf die Kündigungsfrist ergibt sich im Regelfall des § 16 Satz 1 2.Hs TzBfG für den Arbeitgeber nach dem zuvor Gesagten die Möglichkeit, dasArbeitsverhältnis – unabhängig von der unverändert und immer bestehendenMöglichkeit zur außerordentlichen Kündigung15 – zu demjenigen Zeitpunkt or-dentlich zu kündigen, zu dem es ausgelaufen wäre, wäre die Befristungsabredenicht rechtsunwirksam gewesen. Die Kündigung ist dann zwar schon auch be-reits vorher möglich, sie kann also auch bereits zuvor ausgesprochen werden,doch ist das Arbeitsverhältnis dann jedenfalls so lange fortzusetzen, wie es ge-dauert hätte, wäre die Befristung wirksam gewesen.16 Ist bspw ein Arbeitsver-hältnis kalendermäßig befristet für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 30.4. undfehlt für diese Befristung ein erforderlicher sachlicher Grund, darf die Kündigungfrühestens zum 30.4. erklärt werden. Ist das ursprünglich vorgesehene Befris-tungsende erreicht bzw überschritten, besteht für den Arbeitgeber dann keineEinschränkung hinsichtlich der ordentlichen Kündbarkeit mehr.17

Eine Einschränkung der zuvor genannten Art besteht für den Arbeitgeber darü-ber hinaus auch dann nicht, wenn zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisseszwar eine (unwirksame) Befristung vereinbart war, zugleich jedoch auch gem.§ 15 Abs. 3 TzBfG verabredet wurde, dass eine ordentliche Kündigung auchwährend der Befristung möglich sein solle. Diese Regelung ist konsequent: Indiesen Fällen ist der Arbeitnehmer nämlich nicht in gleichem Maße schutzbe-dürftig wie in den Fällen, in denen ausschließlich eine Befristung, dh keine or-dentliche Kündbarkeit vereinbart wurde. Bestand nämlich eine solche Kündi-gungsvereinbarung, musste er ohnehin damit rechnen, dass sein befristetes Ar-beitsverhältnis frühzeitig enden würde. Daher ist er auch dann, wenn die Befris-tungsabrede unwirksam ist, nicht in zusätzlicher Weise davor zu bewahren, dasseine vorzeitige ordentliche Kündigung erfolgt: Der Arbeitnehmer soll insofernauch nicht besser gestellt werden als er stünde, wäre die Befristungsabrede wirk-sam. Daraus folgt, dass in den Fällen, in denen eine (unwirksame) Befristungvorliegt, diese aber begleitet ist von einer vereinbarten ordentlichen Kündbarkeit,der Arbeitgeber nicht das ursprüngliche Vertragsende abwarten muss, will erordentlich kündigen. Vielmehr muss er lediglich die einschlägige Kündigungsfristeinhalten.

Kündigungsfrist nach § 16 Satz 2Beruht die Unwirksamkeit der Befristung allein auf der Formunwirksamkeit, al-so auf einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG,ordnet § 16 Satz 2 TzBfG eine Sonderregelung im Hinblick auf die Kündigungs-frist an. In diesen Fällen sieht diese Vorschrift als einheitliche Rechtsfolge für

IV.

14 Ähnlich streng wie hier auch Boewer, § 16 Rn 19.15 S. Dörner, Arbeitsvertrag Rn 978.16 HaKo-KSchR/Mestwerdt,§ 16 TzBfG Rn 7.17 KSchR/Däubler, § 16 TzBfG Rn 3.

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Arbeitnehmer wie Arbeitgeber vor, dass das Arbeitsverhältnis vor dem ursprüng-lich vorgesehenen Beschäftigungsende ordentlich gekündigt werden kann. Allei-nige Voraussetzung ist dabei, dass die Befristungsabrede ausschließlich wegeneines Mangels der Schriftform unwirksam ist.18 Im Ergebnis handelt es sich hier-bei um eine Folge daraus, dass bei einem Schriftformverstoß von Beginn an einunbefristetes Arbeitsverhältnis fingiert wird; dieses ist dann auch von Beginn anordentlich kündbar, wobei allein die allgemeinen Bestimmungen des Kündi-gungsschutzes zu berücksichtigen sind.19 Eine gesonderte Verabredung der Mög-lichkeit zur ordentlichen Kündigung, etwa iSv § 15 Abs. 3 TzBfG, bedarf es indiesem Falle nicht. Letztlich stellt diese Kündigungsmöglichkeit, die nicht an dieFrist des § 16 Satz 1 TzBfG gebunden ist, eine erhebliche Abmilderung der Sank-tion dar, die § 14 Abs. 4 TzBfG eigentlich vorsieht, nämlich die Anordnung einesunbefristeten Arbeitsverhältnisses für den Fall, dass der Arbeitgeber die Schrift-form in Bezug auf die Befristungsabrede missachtet.20 Nachvollziehbar ist diesebesondere Begünstigung nicht, insbesondere bleibt unverständlich, wieso derSchriftformmangel nicht zu einer Mindestbindung führt, denn für den Arbeit-nehmer ist es letztlich unerheblich, auf welchem Mangel die Befristungsabredeberuht, die tatsächlichen Folgen sind für ihn nämlich gleich: Er stellt sich auf daseigentlich vorgesehene, nunmehr unwirksame Befristungsende ein. Warum derArbeitgeber bei einem Schriftformmangel dann aber vorzeitig kündigen könnensoll, ist nicht nachvollziehbar, auch die Gesetzesbegründung gibt hierüber keinenAufschluss.21

ProblemfälleIm Zusammenhang mit der Frage der Kündigung(smöglichkeit) bei einem fin-gierten unbefristeten Arbeitsverhältnis ergeben sich gelegentlich auf Grund un-terschiedlicher Aspekte Streitfälle bzw Probleme. Dies betrifft zunächst die Si-tuation, in der materielle wie formelle Unwirksamkeitsgründe aufeinander tref-fen, dh die Fälle, in denen sich die Unwirksamkeit der Befristungsabrede nichtnur etwa aus einem fehlenden Sachgrund ergibt, sondern auch noch wegen einesVerstoßes gegen das Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG. In diesenbesonderen Fällen der Kumulation verschiedener Unwirksamkeitsgründe kann§ 16 Satz 2 TzBfG nicht zur Anwendung kommen. Denn dieser ist – schon aus-weislich seines Wortlauts – eindeutig auf die Fälle beschränkt, die „nur” wegendes Mangels der Schriftform unwirksam sind. Deutlicher kann ein Gesetzestextnicht werden. Eine Unwirksamkeit, die nicht „nur” auf einem formellen Mangelberuht, bleibt also allein unter Rückgriff auf die Bestimmung des § 16 Satz 1TzBfG ordentlich kündbar, dh frühestens zum vereinbarten Ende des Beschäfti-gungsverhältnisses.22

Da § 16 Satz 1 TzBfG die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung an den Zeit-punkt des ursprünglichen Befristungsendes bindet, ergeben sich ggf Schwierig-keiten, diesen Zeitpunkt zu benennen, wenn das Befristungsende selbst unklar

V.

18 Zu den Sonderfällen sogleich noch Rn 13.19 Vgl bereits Rn 8.20 So auch Link/Fink, AuA 2001, 252; Arnold/Gräfl/Spinner, § 16 Rn 9.21 Vgl insgesamt krit. hierzu auch Boewer, § 16 Rn 18; von Koppenfels, AuA 2001, 201;

Richardi/Annuß, DB 2000, 2205.22 So die einhellige Auff., s. nur Sievers, § 16 Rn 7; MHH/Meinel, § 16 Rn 9; Laux/Schlach-

ter/Schlachter, § 16 Rn 14; MünchKommBGB/Hesse, § 16 Rn 8.

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ist. Dies ist in aller Regel unproblematisch, vor allem im häufigsten Fall der Un-wirksamkeit infolge eines fehlenden Sachgrundes. Doch im Fall der unklarenkalendermäßigen Befristung, also bspw dann, wenn eine Befristung „für ca. 4Wochen” vereinbart wurde, ist nicht nur die Bestimmung des Befristungsendesschwierig, sondern in deren Folge dann auch die Bestimmung des Zeitpunkts, zudem erstmalig eine ordentliche Kündigung möglich sein soll. Greift man auf denSchutzzweck des § 16 TzBfG zurück, so liegt es nahe, dass bei einer mehrdeuti-gen kalendermäßigen Befristung auf das späteste denkbare Befristungsende zu-rückzugreifen ist,23 so dass der Arbeitgeber bis zu diesem zeitlich spätesten Ter-min an das Arbeitsverhältnis (mindestens) gebunden ist.24

Ist eine Zweckbefristung bzw eine auflösende Bedingung vereinbart, so ist eben-falls unklar, zu welchem Zeitpunkt bei einer unzureichenden Bestimmtheit derZweckerreichung eine Kündigung möglich sein soll (Beispiel: „Befristet durchdas Projektende” und das Projektende selbst ist völlig offen). In einem solchenFall wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass eine arbeitgeberseitige Kün-digung jederzeit möglich ist. Eine Befristungsabrede ist wirksam nicht gegeben,infolgedessen besteht zwischen den Vertragsparteien ein unbefristetes Arbeits-verhältnis. Daraus folgt, dass eine ordentliche Kündbarkeit zu bejahen ist. DieFristbindung an § 16 Satz 1 2. Hs TzBfG kann jedoch schon deshalb nicht grei-fen, weil das früheste vereinbarte Ende nicht gegeben ist. Daher wird zT sogarexplizit die Anwendbarkeit des § 16 TzBfG als solchem verneint.25 ZT wird übereine analoge Anwendung von § 16 Satz 2 TzBfG das gleiche Ergebnis erzielt, sodass der Arbeitgeber ohne Beachtung eines bestimmten Endtermins (unter Be-achtung der allgemeinen Vorschriften!) kündigen kann.26 Entscheidend bleibtaber, dass das Befristungsende wirklich unbestimmbar ist, eine vorschnelle Un-bestimmbarkeit anzunehmen, ist aus den Schutzgründen des § 16 TzBfG zu ver-meiden, denn der Arbeitnehmer verliert in diesen Fällen ja die Mindestbin-dung.27

Kann bei einer Zweckbefristung bzw auflösenden Bedingung die Bedingungnicht mehr eintreten bzw der Zweck nicht mehr erreicht werden, liegt also eineSituation der Fallgruppe „Unmöglichkeit der Zweckerreichung” vor, ergibt sichebenfalls die Frage nach der Rechtsfolge. Sofern bereits umstritten war, inwie-weit in diesen Fällen überhaupt noch eine Zweckbefristung angenommen wer-den kann oder ob nicht vielmehr darauf abzustellen ist, dass dann – im Wege derVertragsauslegung – doch von keiner Befristung auszugehen ist, ist dies eineFrage des § 15 Abs. 2 TzBfG28. Sollte also mit der Zweckbefristung im Rahmeneines bestehenden Arbeitskräftebedarfs ein nur vorübergehender Vertretungs-bedarf befriedigt werden, ging es, mit anderen Worten, um die Abdeckung imRahmen des dauerhaften Arbeitsbedarfs im Rahmen der Normalauslastung,wenn also bspw der vertretene, erkrankte Arbeitnehmer nicht zurückkehrt,29 hatder Zweckfortfall (der vertretene Arbeitnehmer kehrt nicht zurück) keine Aus-

23 So auch HaKo-KSchR/Mestwerdt, § 16 TzBfG Rn 7.24 So auch KR/Lipke, § 16 TzBfG Rn 10.25 So etwa von MHH/Meinel, § 16 Rn 10.26 So etwa von KR/Lipke, § 16 TzBfG Rn 11; Boewer, § 16 Rn 10.27 Mit dieser vorsichtigen Einschätzung auch Arnold/Gräfl/Spinner, § 16 Rn 13.28 Vgl daher die Kommentierung dort, v.a. § 15 Rn 25 ff.29 BAG 26.6.1996 – 7 AZR 67495 – AP Nr. 23 zu § 620 BGB Bedingung; ähnlich BAG

24.9.1997 – 7 AZR 669/96 – AP Nr. 192 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.

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wirkung iSv § 15 Abs. 2 TzBfG: Der Beschäftigungsbedarf besteht weiter, unddas Gleiche gilt für das Arbeitsverhältnis.30 Denn hier wird es den Parteien (ins-besondere dem Arbeitgeber) vor allem darum gegangen sein, den Normalbedarfan Arbeitskräften konstant zu halten – und dies kann er durchaus auch mit demzunächst zweckbefristet eingestellten Vertreter. Hier den Zweckfortfall hinsicht-lich der Rechtsfolgen mit der Zweckerreichung gem. § 15 Abs. 2 TzBfG gleich-zusetzen, ist daher nicht anzunehmen. Infolgedessen kommt es zu einem unbe-fristeten Arbeitsverhältnis, der Arbeitgeber kann dann jedoch ggf kündigen.Fraglich ist dann allerdings, zu welchem Zeitpunkt eine ordentliche Kündigungmöglich ist. ZT wird vertreten, der Arbeitgeber könne bei einer derartigen Nicht-erreichbarkeit des Zwecks unter Einhaltung einer „angemessenen Frist” kündi-gen, die zwischen anderthalb und zwei Jahren liege.31 Woher diese Zeitspanneabgeleitet wird, bleibt indes unklar, sie ist auch nicht nachvollziehbar. Vielmehrwird man dann, wenn und sobald feststeht, dass der Zweck nicht mehr erreichtwerden kann, davon auszugehen haben, dass das Arbeitsverhältnis mangelswirksamer Befristung als unbefristetes gilt. Und als solches ist es dann ordentlichkündbar, wie jedes andere unbefristete Arbeitsverhältnis auch; Besonderheiten,etwa aus § 16 Satz 1 TzBfG, kommen dann nicht zum Tragen.32 Unproblema-tisch ist die Situation ohnehin dann, wenn gem. § 15 Abs. 3 TzBfG eine ordent-liche Kündigungsmöglichkeit vereinbart war.

Ist infolge der Fiktionsregelung in § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeits-verhältnis entstanden, vor allem etwa, weil die Befristungsregelung nur mündlichvereinbart wurde, führt die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nurmündlich vereinbarten Befristung nicht dazu, dass die zunächst formnichtigeBefristung rückwirkend wirksam wird. Diese ststRspr des BAG33 hat der SiebteSenat mittlerweile dahingehend präzisiert, dass in diesen Fällen allenfalls das beiVertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsver-hältnis nachträglich befristet werden kann.34 Dies aber ist wiederum nur zuläs-sig, wenn ein sachlicher, die Befristung rechtfertigender Grund vorliegt.35 Ent-scheidend ist, dass das BAG zu Recht darauf verweist, dass in einem solchen Falldie auf die Herbeiführung einer solchen Rechtsfolge gerichteten Willenserklä-rungen der Parteien vorliegen müssen – solche werden jedoch kaum dann gege-ben sein, wenn die Parteien lediglich nach Vertragsbeginn eine zuvor mündlichvereinbarte Befristung in einem schriftlichen Arbeitsvertrag niederlegen. In ei-nem solchen Fall werden sie vielmehr lediglich das ursprünglich Vereinbarte be-stätigen wollen, nicht etwas Neues vereinbaren. Anders kann dies allenfalls dannzu bewerten sein, wenn etwa ein anderer Befristungszeitraum gewählt wird alsursprünglich mündlich vereinbart oder mündlich zuvor überhaupt keine Befris-tung vereinbart worden ist.

30 So auch Annuß/Thüsing/Maschmann, § 15 Rn 2; MHH/Meinel, § 15 Rn 8 f.31 KSchR/Däubler, § 21 TzBfG Rn 26.32 Im Ergebnis so auch Arnold/Gräfl/Spinner, § 16 Rn 18.33 BAG 16.3.2005 – 7 AZR 289/04 – NZA 2005, 923; BAG 1.12.2004 – 7 AZR 198/04 –

NZA 2005, 575.34 BAG 16.4.2008 – 7 AZR 1048/06 – NZA 2008, 1184; dazu auch Greiner, RdA 2009,

86.35 IdS auch BAG 13.6.2007 – 7 AZR 700/06 – NZA 2008, 108.

Folgen unwirksamer Befristung § 16

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17a

Kündigungsmöglichkeit durch den ArbeitnehmerDie Rechtsfolge des § 16 TzBfG, nämlich die Fiktion sowie die besonderen Re-gelungen zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt gekündigt werden kann, ist vonGesetzes wegen, zumindest in Satz 1, einseitig angeordnet: Ist das Arbeitsver-hältnis unwirksam befristet, gilt es als unbefristet, der Arbeitgeber kann jedocheine ordentliche Kündigung mit der Besonderheit des § 16 Satz 1 TzBfG erklä-ren. Fraglich ist, ob sich auch der Arbeitnehmer auf das Befristungsende berufenkann, wenn die Befristung selbst unwirksam vereinbart worden ist. Eine solcheMöglichkeit ergibt sich jedoch schon bereits aus § 17 TzBfG, wonach die un-wirksame Befristung als von Anfang an wirksam gilt, wenn es der Arbeitnehmerunterlässt, gegen diese rechtzeitig gerichtlich vorzugehen. Das bedeutet, dass esgenügt, dass der Arbeitnehmer die Klagefrist des § 17 TzBfG verstreichen lässt;gesondert kündigen muss er nicht.36 Dafür spricht insbesondere auch der Zweckder Vorschrift, die dem Arbeitnehmerschutz dienen soll. Mit diesem wäre esnicht vereinbar, würde man dem Arbeitnehmer die Möglichkeit nehmen, sichauf die (unwirksame) Befristung zu berufen. Das bedeutet, der Arbeitnehmermuss auch das Recht haben, sich auf die bei Wirksamkeit der Befristung eintre-tenden Rechtsfolgen zu berufen.37

Anrufung des Arbeitsgerichts1Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsver-trages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach demvereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht aufFeststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nichtbeendet ist. 2Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend.3Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginntdie Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitge-bers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.

Literatur: Backhaus, Das neue Befristungsrecht, Sonderbeilage NZA 24/2001, 8; Bader, DasGesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt: Neues im Kündigungsschutzgesetz und im Befristungs-recht, NZA 2004, 65; Bader, Klagefrist bei formunwirksamen Befristungen in Arbeitsverträ-gen?, NZA 2000, 635; Bauer, Befristete Arbeitsverhältnisse unter neuen Vorzeichen, BB 2001,2473; Däubler, Das geplante Teilzeit- und Befristungsgesetz, ZIP 2000, 1961; Dörner, DieBefristung von Arbeitsverhältnissen nach § 620 BGB und § 1 BeschFG 1996 – Rückblick undAusblick, ZTR 2001, 485; Hanau, Probleme der Neuregelung der Betriebsverfassung, ZIP2001, 1981; Hoß/Lohr, Befristete Arbeitsverhältnisse, MR 1998, 313; Kania, Die Befristungvon Arbeitsverhältnissen nach dem neuen Beschäftigungsförderungsgesetz, DStR 1997, 373;Kliemt, Das neue Befristungsrecht, NZA 2001, 296; Künzl, Die Befristungsschutzklage nach§ 1 Abs. 5 BeschFG, ZTR 2000, 392; Lakies, Das Teilzeit- und Befristungsgesetz, DZWIR2001, 1; Löwisch, Änderungen der Betriebsverfassung durch das Betriebsverfassungs-Re-formgesetz, BB 2001, 1734; Nehls, Die Fortsetzung des beendeten Dienst- oder Arbeitsver-hältnisses nach § 625 BGB/§ 15 Absatz 5 TzBfG, DB 2001, 2718; Preis, Das arbeitsrechtliche

VI.

§ 17

36 ErfK/Müller-Glöge, § 16 TzBfG Rn 3; MHH/Meinel, § 16 Rn 13; KSchR/Däubler, § 16Rn 7.

37 So auch Boewer, § 16 Rn 14; APS/Backhaus, § 16 TzBfG Rn 19 f; Kania/Gilberg, Ar-beitsverträge Rn 54; Laux/Schlachter/Schlachter, § 16 Rn 6; aA KR/Lipke, § 16 Rn 5, derdem Arbeitnehmer die Berufung auf das unwirksame Befristungsende verwehrt und eineKündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer für erforderlich hält, soauch RGRK/Dörner, § 620 BGB Rn 158.

§ 17 Dritter Abschnitt Befristete Arbeitsverträge

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18

Beschäftigungsförderungsgesetz, NJW 1996, 3369; Preis/Gotthardt, Das Teilzeit- und Befris-tungsgesetz, DB 2001, 145; Preis/Lindemann, Mitbestimmung bei der Teilzeitarbeit und be-fristeter Beschäftigung, NZA-Sonderheft 2001, 33; Richardi/Annuß, Der neue § 623 BGB –Eine Falle im Arbeitsrecht?, NJW 2000, 1231; Rolfs, Erweiterte Zulässigkeit befristeter Ar-beitsverträge durch das arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz, NZA 1996, 1134;Rolfs, Schriftform der Kündigungen und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens,NJW 2000, 1227; Trenkle, Die Vorbehaltserklärung im Arbeitsrecht, NZA 2000, 1089; Vos-sen, Die Befristungsklage nach § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG, NZA 2000, 704; Vossen, Die Ent-fristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG, in: Bauer (Hrsg.), Festschrift für Peter Schwerdtnerzum 65. Geburtstag, München 2003, 693; Vossen, Die Befristungsklage nach § 1 V 1 BeschFG1996, NZA 2000, 704; Wisskirchen, Erleichterte Zulassung befristeter Arbeitsverträge nachdem Beschäftigungsförderungsgesetz, DB 1998, 722

Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .I. 1Der Anwendungsbereich . . . . . . . .II. 5Die Klage nach § 17 Satz 1 . . . . .III. 15

Der Klageantrag . . . . . . . . . . . .1. 16Die Klagefrist im Regelfall(§ 17 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . .

2.26

Die Klagefrist im Fall des§ 17 Satz 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3.35

Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .IV. 38

Fiktionswirkung nach§§ 17 Satz 2 TzBfG, 71. Hs KSchG . . . . . . . . . . . . . . . .

1.

39Die entsprechende Anwen-dung der §§ 5 und 6 KSchGgem. § 17 Satz 2 . . . . . . . . . . . .

2.

41§ 5 KSchG . . . . . . . . . . . . . . .a) 42§ 6 KSchG . . . . . . . . . . . . . . .b) 45

Darlegungs- und Beweislast . . . .V. 46

Allgemeines§ 17 TzBfG enthält die zentrale prozessuale Bestimmung des Gesetzes, die un-mittelbar an ihre Vorgängerregelung in § 1 Abs. 5 BeschFG anknüpft. Diese wirddurch § 17 TzBfG ersetzt.1 Satz 3 der Vorschrift stellt demgegenüber eine Er-gänzung gegenüber der alten Rechtslage dar. Galt bis zur Vorgängerregelung in§ 1 Abs. 5 BeschFG noch der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer, der die Un-wirksamkeit einer Befristungsabrede geltend machen wollte, überhaupt keineKlagefrist einhalten müsse, enthält nunmehr § 17 TzBfG vor allem eine Präklu-sionsfrist; auf diesem Wege war schon von § 1 Abs. 5 BeschFG 1985 die bislangeinzige Möglichkeit, sein Klagerecht „zu verlieren”, nämlich die sehr umständ-lich begründbare Verwirkung,2 abgelöst worden. In Unterschied zu der Vorgän-gerregelung gilt die Präklusionsfrist des § 17 TzBfG jedoch nunmehr sowohl fürden befristeten als auch – über die Verweisung in § 21 TzBfG – für den auflösendbedingten Arbeitsvertrag. Ausgeschlossen werden kann das Klagerecht nicht:Eine vertragliche Vereinbarung, durch die das Recht des Arbeitnehmers, die Un-wirksamkeit einer Befristung nach den §§ 14, 17 TzBfG geltend zu machen, vonvornherein ausgeschlossen wird, ist insofern unwirksam, wie letztlich aus § 22Abs. 1 TzbfG folgt.3

Nach § 17 TzBfG muss daher die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede inner-halb von drei Wochen durch Klage beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden.Wird die Klage nicht innerhalb der Dreiwochenfrist erhoben, ist die Befristung(bzw entsprechend: ist die auflösende Bedingung) wirksam, wie sich aus demVerweis auf § 7 KSchG ergibt. Dabei ist zu beachten, dass § 17 TzBfG, wie schondie Vorgängernorm, eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist enthält, wie dies

I.

1 So dass aufgrund der wörtlichen Übereinstimmung auch auf ältere Rspr (mit Vorsicht)zurückgegriffen werden kann, so auch Vossen, FS Schwerdtner, 694.

2 Dazu noch BAG 7.3.1980 – 7 AZR 177/78 – AP Nr. 54 zu §620 Befristeter Arbeitsvertrag.3 BAG 13.6.2007 – 7 AZR 287/06 – AP Nr. 7 zu § 17 TzBfG.

Anrufung des Arbeitsgerichts § 17

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1

2

auch bei § 7 KSchG der Fall ist.4 Dh, auf ihre Einhaltung muss das Arbeitsgerichtachten, ohne dass der Arbeitgeber auf die Versäumung seitens des klagendenArbeitnehmers hinweisen bzw sich auf diese berufen muss. Die Folge der Ver-säumung der Frist ist daher auch hier, dass die Klage nicht als unzulässig, son-dern als unbegründet abzuweisen ist.5 Weitgehend ist, wie schon hier deutlichwird, das Klageverfahren im Befristungsrecht an dasjenige im Kündigungs-schutzrecht angeglichen; die Anwendbarkeit der §§ 5 bis 7 KSchG, die von § 17Satz 2 TzBfG angeordnet ist, ist daher folgerichtig.

Eine besondere Regelung zur Fristberechnung bzw zum Fristbeginn enthält § 17Satz 3 TzBfG, der für den Fall gilt, dass der Arbeitnehmer nach der Beendigungdes Arbeitsverhältnisses weiterarbeitet und der Arbeitgeber dieser Weiterarbeitunverzüglich gem. § 15 Abs. 5 TzBfG widerspricht. Denn dann beginnt die Kla-gefrist erst mit dem Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen Widerspruchser-klärung zu laufen.

Der Normzweck der Präklusionsvorschrift des § 17 TzBfG liegt, wie stets beieiner Anordnung einer derartigen Frist, vor allem in der beabsichtigten Rechts-sicherheit und Rechtsklarheit: Es soll, nach Ablauf einer verhältnismäßig kurzenZeitdauer, für alle Beteiligten klar sein und klar werden, was gilt und was Rechtist. Daher ist, sobald die drei Wochen abgelaufen sind, die Rechtslage eindeutiggeklärt: Ist die Frist nicht zur Klageerhebung genutzt worden, ist die Befristungals wirksam anzusehen. Es besteht dann abschließende Klarheit über den Rechts-zustand zwischen den beiden Parteien.6

Der Anwendungsbereich§ 17 TzBfG enthält eine Regelung, die auf sämtliche Befristungsabreden An-wendung findet.7 Sie gilt somit unterschiedslos für die kalendermäßige Befris-tung, die Zweckbefristung, die Befristung mit und diejenige ohne Sachgrund. DiePräklusionsfrist gilt darüber hinaus, als allgemeine Vorschrift, auch für Befris-tungen, die auf Sondergesetzen beruhen, also etwa für solche nach § 57 a HRGoder den Nachfolgeregelungen im WissZeitVG oder nach § 21 BEEG; Gleichesgilt für Befristungen, die ihre Grundlage in tarifvertraglichen Normen haben.Infolge der Regelung in § 21 TzBfG gilt die Frist auch für auflösende Bedingun-gen; der Streit, der in diesem Zusammenhang noch im Rahmen der Vorgänger-regelung bestand, ist damit überholt.8

Ist somit die Vorschrift des § 17 TzBfG auf alle Befristungsabreden anwendbar,ist umstritten, ob sie auch für die Befristung – oder auflösende Bedingung – nureinzelner Vertrags-bzw Arbeitsbedingungen Anwendung findet. ZT wird diesausdrücklich bejaht;9 begründet wird die Anwendung der Klagefrist auf dieseFälle vor allem mit einem (vermeintlichen) Wertungswiderspruch, der bestünde,

II.

4 So die aM, s. nur ErfK/Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn 11; Annuß/Thüsing/Maschmann,§ 17 Rn 1; Dörner, Arbeitsvertrag Rn 981; Rolfs, NZA 1996, 1136; Vossen, NZA 2000,707; Künzl, ZTR 2000, 392.

5 APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 17; Laux/Schlachter/Schlachter, § 17 Rn 11.6 Zu diesem Regelungszweck s.a. BT-Drucks. 13/4612, 13; näher auch BAG 23.1.2002 – 7

AZR 563/00 – AP Nr. 12 zu § 1 BeschFG 1996; Sievers, § 17 Rn 1.7 Vgl umfassend zu dem Anwendungsbereich der Vorschrift Vossen, FS Schwerdtner, 694.8 S. dazu etwa BAG 23.2.2000 – 7 AZR 906/98 – AP Nr. 25 zu § 1 BeschFG 1996.9 Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 2.

§ 17 Dritter Abschnitt Befristete Arbeitsverträge

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4

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müsse der Arbeitnehmer den Verlust des gesamten Arbeitsvertrags innerhalb vondrei Wochen nach dem vereinbarten Laufzeitende vor dem Arbeitsgericht an-greifen, wohingegen er den Verlust einzelner Bedingungen zeitlich unbegrenztangehen dürfe. Die Parallelwertung zu § 4 KSchG sowie der Verweis in § 17Satz 2 TzBfG auf § 7 KSchG sprächen zudem ebenfalls dafür, die Klagefrist des§ 17 TzBfG auch auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen anzuwen-den.10 Diese weite Auslegung der Vorschrift ist jedoch nicht überzeugend. Manwird vielmehr davon auszugehen haben, dass die Befristung einzelner Arbeits-bedingungen nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt.11 Für dieseAnsicht, dass § 17 TzBfG auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen nichtanwendbar ist, lässt sich zunächst der Wortlaut der Vorschrift anführen, der vonder „Befristung des Arbeitsvertrags” spricht. Damit liegt nahe, dass nur solcheAbreden von der Dreiwochenfrist des § 17 TzBfG erfasst sind und entsprechendbeanstandet werden müssen, die zu einer Beendigung des gesamten Arbeitsver-trags führen. Ergänzend spricht systematisch für eine enge Auslegung der Vor-schrift, dass in ihr eine dem § 4 KSchG entsprechende Unterscheidung zwischenVoll- und Teilbefristung fehlt. Schließlich führt auch die teleologische Auslegungzu diesem Schluss: Die Vorschrift verfolgt in erster Linie das Ziel der Rechtssi-cherheit und Rechtsklarheit; insbesondere der Arbeitnehmer – der im Zentrumder Schutzintention des gesamten Gesetzes steht – soll durch die kurze Klagefristschnell Gewissheit über den Fortbestand des ganzen Arbeitsverhältnisses haben.Weil nämlich für den Arbeitnehmer der (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnissesbzw dessen Nichtfortbestand fundamental ist, soll die kurze Frist zu einer ra-schen Klärung führen. Dies ist jedoch bei der Befristung nur einzelner Vertrags-bedingungen nicht in gleichem Maße erforderlich. Daher ist es hier auch nichtgeboten, die Klagefrist derart zu verkürzen, was an sich ja immer auch einenEingriff darstellt, der einer Rechtfertigung bedarf. Eine solche ist bei Befristun-gen, die den Bestand des gesamten Arbeitsverhältnisses betreffen, zu bejahen, beinur einzelnen Vertragsbedingungen hingegen nicht. Infolgedessen handelt es sichbei einer Klage zur Überprüfung einzelner Vertragsbedingungen um eine allge-meine Feststellungsklage nach § 256 ZPO.12

§ 17 TzBfG erfasst nicht nur sämtliche Befristungen, sondern erfasst sind zudemsämtliche Gründe, die zur Unwirksamkeit der Befristung führen können, alsosowohl solche, die sich aus dem TzBfG selbst ergeben als auch solche, die au-ßerhalb des Gesetzes begründet sind.13 Das bedeutet, dass insbesondere auch dieUnwirksamkeit der Befristung aufgrund eines Verstoßes gegen das Schriftform-erfordernis innerhalb der kurzen Klagefrist zu rügen ist; damit hebt sich § 17TzBfG in seinem Anwendungsbereich in diesem Punkt deutlich von § 4 KSchG

10 Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 2.11 So auch die ganz überw. Ansicht, s. etwa BAG 14.1.2004 – 7 AZR 213/03 – AP Nr. 10

zu § 14 TzBfG; ErfK/Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn 4; HaKoKSchR/Mestwerdt, § 17 Tz-BfG Rn 19; KR/Bader, § 17 TzBfG Rn 10; Boewer, § 17 Rn 6; MHH/Meinel, § 17 Rn 2;Dörner, Arbeitsvertrag Rn 996; APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 6; Laux/Schlachter/Schlachter, § 17 Rn 9.

12 So auch BAG 23.1.2002 – 7 AZR 563/00 – AP Nr. 12 zu § 1 BeschFG 1996; MHH/Meinel, § 17 Rn 2.

13 S.a. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 14/4374, 21, zur Ausnahme der Unwirksamkeitinfolge mangelnder Bestimmtheit s. Rn 9.

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ab.14 Sofern gelegentlich vertreten wird, hinsichtlich des Anwendungsbereichsmüsse insofern eine Einschränkung vorgenommen werden, als eine Unwirksam-keit, die sich aus einem besonders schwerwiegenden Rechtsverstoß ergebe, auchnoch nach Ablauf der Dreiwochenfrist gerügt werden könne, ist dies nicht über-zeugend.15 Hier ist dem Ziel der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit der Vorzugzu geben, die nicht mehr gewährleistet wären, würde man beginnen, Ausnahmeum Ausnahme zuzulassen, die ihrerseits (Was ist ein „besonders schwerwiegen-der Rechtsverstoß”?) unklar sind. Daher verbleibt es bei der ausnahmslosenGeltung der Frist für alle Unwirksamkeitsgründe.

Sind somit sämtliche Unwirksamkeitsgründe erfasst, kann die Vorschrift abernicht so weit ausgelegt werden, dass die Präklusionsfrist auch noch für Klagengilt, ob überhaupt eine Befristungsabrede getroffen wurde. Die Dreiwochenfristgilt somit für Klagen mit einem derartigen Streitgegenstand nicht.16 Zwar wirddiesbezüglich auch vertreten, die Dreiwochenfrist gelte auch dann, wenn derArbeitgeber bestreitet, einen unbefristeten Arbeitsvertrag geschlossen zu haben,also für die Fälle, in denen es um eine fehlende Befristungsabrede als solchegeht.17 Doch spricht schon der Wortlaut dagegen, auch diesen Streit der Frist des§ 17 TzBfG zu unterwerfen: Denn dieser verpflichtet den Arbeitnehmer nur dannzur Einhaltung der Klagefrist, wenn er die Unwirksamkeit der Befristung geltendmachen möchte – dies setzt aber gerade eine Befristungsabrede voraus. § 17 Tz-BfG ist demzufolge bei einem Streit darüber, ob überhaupt eine Befristung vor-liegt, unanwendbar, da es nicht um die Wirksamkeit einer Befristung, sondernum deren Existenz geht. Folglich muss der Arbeitnehmer dann, wenn er festge-stellt wissen möchte, dass mangels einer Befristung ein unbefristetes Arbeitsver-hältnis zustande gekommen ist, eine allgemeine Feststellungsklage gem. § 256Abs. 1 ZPO iVm § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG erheben.18 Rein vor-sorglich ist ihm zusätzlich zu raten, diese Feststellungsklage im Wege der objek-tiven Klagehäufung mit einem Feststellungsantrag nach § 17 Satz TzBfG zu ver-binden; dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn sich im Rahmen der allge-meinen Feststellungsklage herausstellt, dass doch eine Befristungsabrede vor-handen ist, deren Unwirksamkeit dann (hilfsweise bzw zusätzlich) geltend ge-macht werden soll.19

Vergleichbar kommt die Frist des § 17 TzBfG auch dann nicht zur Anwendung,wenn der Arbeitnehmer geltend machen will, die Befristungsabrede bzw die Ver-einbarung einer auflösenden Bedingung seien nicht hinreichend bestimmt.20

Zwar ist der Gegenauffassung zuzugeben, dass auch eine nicht ausreichend be-

14 LAG Düsseldorf 26.9.2002 – 5 Sa 748/02 – NZA-RR 2003, 175; HaKo-KSchR/Mest-werdt, § 17 TzBfG Rn 18; Arnold/Gräfl/Spinner § 17 Rn 4; APS/Backhaus, § 17 TzBfGRn 11; Laux/Schlachter/Schlachter, § 17 Rn 5.

15 So aber KSchR/Däubler, § 17 TzBfG Rn 3 a; ders., ZIP 2000, 1968 mit Verweis auf einenVerstoß gegen das Diskriminierungsverbot bzw die guten Sitten.

16 BAG 20.2.2002 – 7 AZR 662/00 – ZTR 2002, 439; APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 15;Boewer, § 17 Rn 10; Dörner, Arbeitsvertrag Rn 995; KR/Bader, § 17 TzBfG Rn 5; MHH/Meinel, § 17 Rn 6; Sievers, § 17 Rn 4; Laux/Schlachter/Schlachter, § 17 Rn 5.

17 So von Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 3; KR/Spilger, § 623 BGB Rn 221.18 So auch Vossen, FS Schwerdtner, 2003, 696.19 Vgl Sievers, § 17 Rn 13.20 Wie hier auch APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 14; Boewer, § 17 Rn 8; Sievers, § 17 Rn 5;

ErfK/Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn 3; Vossen, FS Schwerdtner, 2003, 697; aA Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 3; KR/Bader, § 17 TzBfG Rn 5.

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stimmte Befristung eine unwirksame Befristung darstellt,21 so dass prinzipiell§ 17 TzBfG eingreifen müsste.22 Doch kann dies für die besondere Situation, inder die Unwirksamkeit sich aus der mangelnden Bestimmtheit ergibt, regelmäßignicht gelten, da die Verkürzung der Klagefrist und damit die Präklusion hierschon tatbestandlich nicht eingreifen können: Diese knüpfen nämlich an dasvereinbarte Ende des befristeten Arbeitsvertrags an, doch gerade dies ist in die-sem Fall nicht auszumachen. Folglich kann schon die Frist als solche nicht zulaufen beginnen, so dass die Präklusion in diesem Zusammenhang nicht zurGeltung kommen kann, mithin auch die Regelung in § 17 Satz 1 TzBfG leerläuft.23 Auch passen das Klageziel sowie der punktuelle Streitgegenstand nicht:§ 7 1. Hs KSchG, der gem. § 17 Satz 2 TzBfG zur Anwendung kommt, fingiertnämlich nur, dass der Arbeitsvertrag wirksam befristet wurde, nicht aber, dassdas Arbeitsverhältnis aufgrund der wirksamen Befristung beendet wordenist.24 Der Arbeitnehmer kann dann jedoch im Wege der allgemeinen Feststel-lungsklage gem. § 256 ZPO vorgehen und vom Gericht feststellen lassen, dasszwischen ihm und dem Arbeitgeber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.Die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG kann bei einer unbestimmten Fassung al-lenfalls dann zur Anwendung kommen, wenn der Arbeitgeber gem. § 15 Abs. 2TzBfG eine Mitteilung an den Arbeitnehmer macht, dass das Befristungsendebevorstehe. Damit würde die bislang noch unklare Befristung insoweit konkre-tisiert, dass dann auch der Fristbeginn feststellbar ist – in diesen Fällen wärenvom Arbeitnehmer also die drei Wochen zu beachten.25

Ebenso wenig findet die Klagefrist Anwendung, wenn nicht über die Rechts-wirksamkeit einer Befristung Streit besteht, sondern darüber, ob die auflösendeBedingung, für die § 17 TzBfG ja ebenfalls gilt,26 auch tatsächlich eingetretenbzw ob der Zweck, dessen Erreichung das Fristende bewirken sollte, auch tat-sächlich erreicht ist. Denn in diesen Fällen geht es allein um eine tatsächlicheFrage, nicht darum, ob die Regelung rechtswirksam ist, also etwa ein entspre-chender Sachgrund für sie vorliegt.27 Auch hier steht dem Arbeitnehmer alleindie allgemeine Feststellungsklage offen, ohne Rücksicht auf (die Frist des) § 17TzBfG.28 Allenfalls kann in diesen Fällen dann noch der Grundsatz der Verwir-kung zur Anwendung kommen.29 Schließlich greift die Präklusionsfrist auchdann nicht ein, wenn der Arbeitnehmer festgestellt haben möchte, dass alleinaufgrund einer widerspruchslosen Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhält-nisses ein unbefristetes entstanden ist, wenn es also um die Rechtsfolge gem.§ 15 Abs. 5 ZPO geht. Auch hier geht es nämlich um eine allgemeine Feststel-lungsklage nach § 256 ZPO, die zum Ziel hat, das Bestehen eines unbefristeten

21 Vgl auch Kommentierung zu § 3 Rn 9.22 Vgl Rn 7, wonach sämtliche Unwirksamkeitsgründe erfasst sind.23 So auch Boewer, § 17 Rn 9; APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 11.24 BAG 16.4.2003 – 7 AZR 119/02 – AP Nr. 2 zu § 17 TzBfG.25 Ähnlich auch MHH/Meinel, § 17 Rn 6 a.26 Vgl Rn 1.27 BAG 21.1.2009 – 7 AZR 843/07 – juris; BeckOKArbR/Bayreuther, § 17 Rn 3;

MünchKommBGB/Hesse, § 17 TzBfG Rn 3.28 So auch BAG 23.6.2004 – 7 AZR 440/03 – AP Nr. 5 zu § 17 TzBfG.29 BeckOKArbR/Bayreuther, § 17 Rn 9.

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Arbeitsvertrages, nicht darum, die Unwirksamkeit einer Befristungsklausel fest-zustellen.30

Besondere Beachtung verdienen im Zusammenhang mit § 17 Satz 1 TzBfGschließlich noch die sog., in der Rspr und Lit. schon seit langem umstrittenenund diskutierten „Kettenarbeitsverhältnisse”. Schließen die Parteien mehrfachbefristete Arbeitsverhältnisse hintereinander ab, ist nach stRspr (seit 1985) fürdie Frage, ob ein Sachgrund für eine Befristung vorliegt, allein noch der letztebefristete Arbeitsvertrag auf seine Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen.31 DieParteien bringen nämlich, so die rechtstechnische Vorstellung, mit der erneutenBefristung zum Ausdruck, dass sie ihre Vertragsbeziehung gleichsam auf neueBeine stellen wollen, dass also allein der jüngste, neue Vertrag für das zwischenihnen Geltende maßgeblich sein soll. Zugleich heben die beiden Vertragsparteienregelmäßig ein etwaiges unbefristetes Arbeitsverhältnis auf, das entstanden wä-re, sollte die vorherige Befristung unwirksam gewesen sein.32 Etwas anderes giltnur, wenn die Parteien etwas anderes vereinbaren: Ihnen steht es insofern frei,dem Arbeitnehmer in einem nachfolgenden befristeten Arbeitsvertrag ausdrück-lich oder konkludent das Recht vorzubehalten, die Wirksamkeit der vorange-gangenen Befristung überprüfen zu lassen. In diesem Fall ist dann die arbeitsge-richtliche Kontrolle auch für den davor liegenden Vertrag eröffnet.33 Nicht aus-reichend ist hierzu allerdings ein vom Arbeitnehmer einseitig erklärter Vorbe-halt; er muss vielmehr – ausdrücklich oder konkludent – vertraglich vereinbartsein.34

Letztlich wird diese Rspr auch durch die Bestimmung des § 17 Satz 1 TzBfGgestützt und bestätigt: Wenn nämlich nach drei Wochen vorherige Arbeitsver-hältnisse wegen des Fristablaufs nicht mehr angreifbar sind, so ist dies im Er-gebnis identisch mit der Vorstellung, dass die Parteien ihre Vertragsbeziehungdurch einen neuen befristeten Vertrag neu ordnen wollen.35 Fraglich ist jedoch,wie in Zweifelsfällen zu entscheiden ist. Gemeint ist hier die Situation, dass derArbeitnehmer zwar einen befristeten Folgevertrag unterschreibt bzw eingeht,aber gleichwohl die vorherige Befristung überprüfen lassen will. Abdingbar ist§ 17 Satz 1 TzBfG jedenfalls nicht.36 Doch heißt dies nicht, dass der Arbeitneh-mer eine gerichtliche Überprüfung beantragen muss. Er kann sicherlich freiwilligauf die Klage nach §17 TzBfG verzichten. Doch darf ein solcher Verzicht wie-derum nicht vorschnell allein in der Unterschrift unter einen neuen Arbeitsver-trag gesehen werden. Denn hier wird es dem Arbeitnehmer zumeist allein darumgehen, weiterhin (zumindest befristet) beschäftigt zu sein, nicht darum, konklu-dent auf seine Klagemöglichkeit zu verzichten. Das bedeutet, allein der Abschlusseines Folgevertrags verwehrt es dem Arbeitnehmer nicht, sich innerhalb der drei

30 So auch Boewer, § 17 Rn 27; MHH/Meinel, § 17 Rn 6 b; APS/Backhaus, § 17 TzBfGRn 34; KR/Bader, § 17 TzBfG Rn 27; aA KSchR/Däubler, § 17 TzBfG Rn 6.

31 BAG 11.12.1985 – 7 AZR 329/84 – AP Nr. 100 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag;BAG 13.10.2004 – 7 AZR 218/04 – NZA 2005, 401; BAG 10.3.2004 – 7 AZR 402/03– AP Nr. 11 zu § 14 TzBfG; BAG 14.2.2007 – 7 AZR 95/06 – NZA 2007, 803.

32 BAG 10.3.2004 – 7 AZR 402/03 – AP Nr. 11 zu § 14 TzBfG.33 So zuletzt noch BAG 14.2.2007 – 7 AZR 95/06 – NZA 2007, 803.34 BAG 14.2.2007 – 7 AZR 95/06 – NZA 2007, 803; BAG 4.6.2003 – 7 AZR 523/02 – AP

NR. 242 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.35 Ähnlich ErfK/Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn 8.36 So zu Recht Rolfs, § 17 Rn 6.

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Wochen für die Überprüfung des alten Arbeitsvertrags zu entscheiden. Hier wirdman die stRspr im Licht der Bestimmung des § 17 TzBfG auszulegen haben.

Wenn auch die Parteien also ihre Vertragsbeziehung nur noch auf die neue Ver-einbarung stützen und das Alte hinter sich lassen wollen, so kann, muss aberdarin nicht notwendigerweise ein Verzicht des Arbeitnehmers auf die Möglich-keit der Klageerhebung liegen. Verzichtet er nicht, etwa indem er ausdrücklichoder auch konkludent einen Vorbehalt erhebt,37 dem zufolge er eine Überprü-fung des vorherigen trotz des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages beab-sichtigt, steht ihm diese Klagemöglichkeit nach dem unabdingbaren § 17 Satz 1TzBfG innerhalb der Dreiwochenfrist nach Ablauf des alten Vertrags offen. Einsolcher konkludenter Vorbehalt, den auch die Rspr trotz ihres Ansatzes stetsanerkannt hat,38 ist insbesondere darin zu sehen, dass die Klage zur Überprüfungder Rechtswirksamkeit der vorherigen Befristung bereits anhängig, also demArbeitgeber bereits zugestellt war.39 Ist die Klage noch nicht zugestellt, genügtein bloßer Vorbehalt aufgrund der Regelung des § 17 TzBfG nun nicht mehr –vielmehr muss der Arbeitnehmer, zusätzlich zu dem Vorbehalt, der ja allein dazudient, dem Arbeitgeber zu signalisieren, dass eine Überprüfung des vorherigenVertrages trotz des vereinbarten „Auf-neue-Beine-Stellens” noch erfolgen soll,dann auch noch innerhalb der Dreiwochenfrist die Klage nach § 17 TzBfG er-heben. Der Vorbehalt allein genügt hier nicht. Er ist mithin letztlich eher dekla-ratorischer Natur.

Jedenfalls überprüfbar ist, auch bei Kettenarbeitsverträgen, der vorherige Ver-trag dann, wenn es sich bei dem neuen Vertrag lediglich um einen sog. „Annex-Vertrag” handelt, also nicht einen eigentlichen Neuabschluss, sondern nur umeinen unselbstständigen Annex, eine nachlaufende Fortsetzung des bisherigenVertrages. Hier hat die Rspr schon seit jeher eine Überprüfung des vorherigenVertrages zugelassen.40 Dies ist etwa der Fall, wenn noch Restarbeiten erledigtwerden sollen, zu dessen Ausführung noch einmal eine (Zweck-)Befristung ver-einbart wird. In diesen Fällen, die inhaltlich eine geringfügige Anpassung derursprünglich vereinbarten Vertragszeitdauer an veränderte Umstände darstellen,der Sachgrund für die Befristung aber derselbe bleibt,41 endet das befristete Ar-beitsverhältnis mit Auslaufen der ursprünglichen Frist bzw mit Erreichen desursprünglich vereinbarten Zwecks, so dass für dessen mögliche Überprüfung –hier haben die Parteien nicht ihre Vertragsbeziehungen auf neue Beine stellenund das vorherige Rechtsverhältnis endgültig abhaken wollen – die Klagefristdes § 17 Satz 1 TzBfG gilt, beginnend mit der ursprünglichen Zweckerrei-chung.42 Diese ist dann jedoch jedenfalls einzuhalten; wird sie versäumt, ist dieBefristung des vorherigen befristeten Arbeitsvertrags rechtswirksam.

37 Zu den möglichen Vorbehalten s. Trenkle, NZA 2000, 1091.38 S. nur BAG 13.10.2004 – 7 AZR 218/04 – NZA 2005, 401; BAG 10.3.2004 – 7 AZR

402/03 – AP Nr. 11 zu § 14 TzBfG; insgesamt kritisch zur Rspr BeckOKArbR/Bayreu-ther, § 17 TzBfG Rn 7.

39 BAG 10.3.2004 – 7 AZR 402/03 – AP Nr. 11 zu § 14 TzBfG.40 BAG 31.1.1990 – 7 AZR 125/89 – AP Nr. 1 zu § 57 b HRG.41 BAG 15.2.1995 – 7 AZR 680/94 – AP Nr. 166 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.42 Dazu auch BAG 25.8.2004 – 7 AZR 7/04 – NZA 2005, 357.

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Die Klage nach § 17 Satz 1Möchte der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit einer Befristung gerichtlichüberprüfen lassen, muss er eine Klage nach § 17 TzBfG erheben. Dabei ist zu-nächst abhängig von dem angestrebten Ziel des Arbeitnehmers darauf zu achten,welchen Klageantrag er stellt;43 darüber hinaus ist entscheidend, wie die drei-wöchige Klagefrist im Einzelnen zu handhaben ist. Dies gilt für den „Normal-bzw Regelfall” nach § 17 Satz 1 TzBfG44 in gleicher Weise wie für die besondereSituation, in der das Arbeitsverhältnis nach Fristablauf fortgesetzt wird, wasGegenstand der Regelung in § 17 Satz 3 TzBfG ist.45 Schließlich hat das Gesetznoch die Regelungen der §§ 5 bis 7 KSchG für anwendbar erklärt, § 17 Satz 2TzBfG.46

Der KlageantragDer Klageantrag, der vom Arbeitnehmer zu stellen ist, wird durch die Bestim-mung in § 17 Satz 1 TzBfG schon im Wesentlichen vorgegeben. Nach dieserVorschrift richtet sich die Entfristungsklage auf die Feststellung, „dass das Ar-beitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist”. Mit dieser Formulie-rung, die eng an diejenige des § 4 KSchG angelehnt ist, macht das Gesetz – wieauch dort – deutlich, dass ihm ein punktueller Streitgegenstand vorschwebt. Dasbedeutet, dass Streitgegenstand der Entfristungsklage allein eine einzelne, ganzbestimmte Befristungsabrede ist, deren Unwirksamkeit festgestellt werdensoll.47 Es geht somit in der Klage – und daher auch im Antrag bzw in der Ur-teilsformel – ausschließlich um den Streit(gegenstand), ob das Arbeitsverhältnisdurch die zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarte Befristung und somit zudem in dieser Vereinbarung genannten Termin ausgelaufen ist.48

Je nach Befristungsart und je nach Fallgestaltung lassen sich infolgedessen un-terschiedliche Klageanträge formulieren: Soll die Unwirksamkeit einer kalen-dermäßigen Befristung festgestellt werden, empfiehlt sich für den Klageantrageine Formulierung wie: „Es wird beantragt festzustellen, dass das Arbeitsver-hältnis zwischen der Arbeitnehmerin X und dem Arbeitgeber Y nicht aufgrundder kalendermäßigen Befristung gemäß dem Vertrag v. 24. Mai 2005 zum30. November 2005 beendet wurde”.49 Aufgrund der engen gesetzlichen Vor-gaben und der Strahlkraft der punktuellen Streitgegenstandstheorie muss in demKlageantrag jedenfalls eindeutig erkennbar sein, gegen welche konkrete Befris-tungsbestimmung sich die Klage richtet; sind mehrere Befristungsabreden inStreit, sind alle einzeln anzugeben.

Bei einer Zweckbefristung wiederum kann der Klageantrag darauf gerichtet seinfestzustellen, „dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer X unddem Arbeitgeber Y nicht aufgrund der vereinbarten Zweckbefristung ‘Erstellung

III.

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43 Dazu Rn 16.44 Vgl Rn 26.45 Dazu Rn 35.46 Dazu Rn 39.47 KR/Bader, § 17 TzBfG Rn 11; Arnold/Gräfl/Spinner, § 17 Rn 10; HaKo-KSchR/Mest-

werdt, § 17 TzBfG Rn 5; HWK/Schmalenberg, § 17 TzBfG Rn 9; BeckOKArbR/Bayreu-ther, § 17 TzBfG Rn 20; Laux/Schlachter /Schlachter, § 17 Rn 10.

48 BAG 16.4.2003 – 7 AZR 119/02 – AP Nr. 2 zu § 17 TzBfG; BAG 22.3.2000 – 7 AZR581/98 – AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1996.

49 S. etwa BAG 28.6.2000 – 7 AZR 920/98 – AP Nr. 2 zu § 1 BeschFG 1996.

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eines Werbetrailers für die Z-AG’ gemäß dem Vertrag v. 24. Mai 2005 zum30. November 2005 beendet wurde”. Vergleichbar würde es sich als Klagean-trag bei einer für unwirksam gehaltenen auflösenden Bedingung lesen, dem zu-folge festzustellen ist, „dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem ArbeitnehmerX und dem Arbeitgeber Y nicht durch den Eintritt der auflösenden Bedin-gung ‘Abschluss der Arbeiten zum Werbetrailer für die Z-AG’ gemäß dem Ver-trag v. 24. Mai 2005 zum 30. November 2005 beendet wurde.”

Bis zum Inkrafttreten des § 17 TzBfG (bzw seiner Vorgängernorm im BeschFG)war regelmäßig noch im Klageantrag ein zweiter Streitgegenstand formuliert,nämlich – um bei den vorangehenden Beispielen zu bleiben – die Formulierung„sondern dass das Arbeitsverhältnis über den 30. November 2005 hinaus alsunbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht”. Eine derartige Erweiterung des Kla-geantrages ist heute infolge der Regelung des § 17 TzBfG nicht mehr erforderlich,will der Kläger allein festgestellt wissen, dass die Befristung unwirksam ist. Denndiese Feststellung führt dann ohnehin unwillkürlich zu der erwünschten Folge,dass stattdessen ein unbefristetes Rechtsverhältnis besteht. Dies folgt aus dempunktuellen Streitgegenstand der Klage, infolgedessen bei einem stattgebendenUrteil zugleich darüber entschieden wird, dass jedenfalls zum streitigen Auflö-sungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat – wel-ches dann infolge der Bestimmung des § 16 TzBfG unbefristet ist.50 Es handeltsich in diesem Fall insofern allein um die Klarstellung der aus der festzustellendenUnwirksamkeit ohnehin sich ergebenden Rechtsfolge.51

Wie bereits zu Geltungszeiten der vorherigen Rechtslage ist jedoch auch unterGeltung des §17 TzBfG eine solche Erweiterung des Klageantrags möglich, so-fern die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung gegeben sind. Dann istjedoch zu unterscheiden bzw durch Auslegung des Klageantrags (iVm seiner Be-gründung) zu ermitteln, was der Kläger genau beantragen wollte. Denkbar istzum einen, dass er, wie soeben dargestellt, noch – sozusagen in altem Denkenverhaftet – wie früher routinemäßig den Zusatz „sondern fortbesteht” angefügthat und damit allerdings nur die Rechtsfolge deutlich machen möchte, die bei(festgestellter) Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Befristung ohnehineintritt.52 Denkbar ist zum anderen aber auch, dass der Kläger mit diesem derartformulierten Antrag zugleich auch einen eigenständigen, zweiten Klageantragstellen möchte, der eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO darstellt.Eine solche Verbindung ist – als objektive Klagehäufung gem. § 260 ZPO –grundsätzlich zulässig,53 sie müsste sich jedoch durch Auslegung des Klagean-trags aber auch als solche ergeben. So spricht etwa für einen zweiten (Feststel-lungs-)Antrag, dass zwischen den Parteien auch noch Streit darüber herrscht, obdas Arbeitsverhältnis aufgrund eines anderen Befristungstatbestandes als derzwischen den Parteien streitigen Befristungsabrede sein Ende gefunden hat, ähn-

50 S.a. Boewer, § 17 Rn 35; Vossen, FS Schwerdtner, 2003, 701; ErfK/Müller-Glöge, § 17TzBfG Rn 15.

51 BAG 22.6.2005 – 7 AZR 363/04 – EzBAT Nr. 17 zu SR 2 y BAT TzBfG; BAG 20.4.2004– 7 AZR 293/ 04 – NZA 2005, 933.

52 Vgl soeben Rn 19; s.a. APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 71; Sievers, § 17 Rn 1; zu der par-allelen Situation im § 4 KSchG aus der Rspr etwa BAG 16.3.1994 – 8 AZR 97/93 – APNr. 29 zu § 4 KSchG 1969.

53 AM, s. nur BAG 10.10.2002 – 2 AZR 622/01 – AP Nr. 49 zu § 4 KSchG; Vossen, NZA2000, 707; Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 14.

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lich, wenn auch noch streitig zwischen ihnen ist, zu welchem Zeitpunkt das Ar-beitsverhältnis beendet worden sein soll.54 Ist also außer der Befristung noch einweiterer Beendigungstatbestand in Streit oder droht ein Streit hierüber und kanndies auch der Klageschrift bzw Klagebegründung entnommen werden, wird diesregelmäßig dafür sprechen, dass der Kläger zusätzlich zu dem Antrag nach § 17TzBfG auch noch einen weiteren Antrag im Rahmen einer allgemeinen Feststel-lungsklage gem. § 256 ZPO stellen wollte.55 Dh, ein derartiger zusätzlicher An-trag empfiehlt sich insbesondere dann, wenn der klagende Arbeitnehmer zu be-fürchten hat, dass der Beklagte überraschend weitere Beendigungstatbestände inden Prozess einführt, wie eine zwischenzeitlich ausgesprochene (und auch mög-liche, vgl § 15 Abs. 3 TzBfG) Kündigung.56

Dann ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass der Kläger für diese allge-meine Feststellungsklage noch ein besonderes Feststellungsinteresse deutlichwerden lassen muss. Liegt dieses nämlich bei einer Klage nach § 17 TzBfG schonaufgrund des Umstandes vor, dass der Kläger nur durch die rechtzeitige Klagedie Unbefristetheit des Arbeitsvertrages feststellen lassen kann bzw die Befris-tung bei nicht rechtzeitiger Klageerhebung als von Anfang rechtswirksamgilt,57 und das Feststellungsinteresse somit stets zu bejahen ist, wenn der Arbeit-geber zu erkennen gibt, an der vereinbarten, angegriffenen Befristung festhaltenzu wollen, müsste dieses Interesse für die allgemeine Feststellungsklage gesondertbegründet werden können. Während also bei der Klage allein nach § 17 TzBfGdas Feststellungsinteresse nicht gesondert erforderlich ist,58 muss dies, für denFall, dass die Auslegung einen separaten Klageantrag ergibt, für den allgemeinenFeststellungsantrag gesondert begründet werden, etwa dadurch, dass der Ar-beitnehmer Umstände vorbringt, aus denen sich die Befürchtung ergibt, der Ar-beitgeber werde sich auf weitere Beendigungstatbestände berufen.59 Gelingt demKläger diese Darlegung des Feststellungsinteresses nicht, ist dieser Antrag hin-sichtlich der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO unzulässig und mitder entsprechenden Kostenfolge abzuweisen. Insbesondere die bloß floskelhafteVerwendung des Zusatzes „sondern fortbesteht” kann ein Feststellungsinteressenicht begründen und ist daher – um jedenfalls die Kostenfolge infolge einer Ab-weisung als „unzulässig” zu vermeiden – nicht zu verwenden.

Erhebt der Kläger allein den Antrag festzustellen, „dass zwischen den Parteienein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht”, so handelt es sich auf den erstenBlick um eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO; zu Geltungszeitendes § 1 BeschFG hatte das BAG eine derart weite Formulierung für zulässig er-achtet und einen solchen Antrag für bestimmt genug gehalten.60 Ob dies unterGeltung des § 17 TzBfG immer noch in dem Maße möglich ist, erscheint zwei-

54 S. etwa BAG 24.10.2001 – 7 AZR 542/00 – AP Nr. 229 zu § 620 BGB Befristeter Ar-beitsvertrag; BAG 4.12.2002 – 7 AZR 545/01 – AP Nr. 17 zu § 1 BeschFG 1996; DörnerZTR 2001, 489; Vossen, FS Schwerdtner, 2003, 702.

55 Annuß/Thüsing/Maschmann, § 17 Rn 14; Bauer, BB 2001, 2477.56 Vgl dazu BAG 13.5.2004 – 2 AZR 426/03 – EzBAT Nr. 10 zu SR 2 y BAT TzBfG.57 S. § 17 Satz 2 TzBfG iVm § 7 KSchG; insofern liegt hier eine Parallele zu der Situation

des § 4 KSchG vor, bei dem sich das Feststellungsinteresse stets aus § 7 KSchG ergibt, soauch ErfK/Müller-Glöge, § 17 TzBfG Rn 15.

58 So auch BAG 26.7.2000 – 7 AZR 43/99 – AP Nr. 26 zu § 1 BeschFG 1996.59 Dazu schon soeben Rn 20; s.a.HaKo-KSchR/Mestwerdt, § 17 TzBfG Rn 7.60 S. BAG 12.10.1979 – 7 AZR 960/77 – AP Nr. 48 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag.

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felhaft. Mit Recht ist das BAG vielmehr, da jetzt eine spezielle Klageregelung in§ 17 TzBfG an der Hand ist, der Ansicht, dass ein solcher Klageantrag unzurei-chend ist; dies gilt selbst dann, wenn der Kläger den unbefristeten Fortbestanddes Arbeitsverhältnisses über ein bestimmtes Datum hinaus festgestellt wissenmöchte, und zwar unabhängig davon, dass es sich dabei exakt um das Datumgehandelt hat, das in der zwischen den Parteien getroffenen Befristungsabredeals Endzeitpunkt für den Arbeitsvertrag angegeben war.61 Hier kommt allenfallsnoch eine Umstellung des Klageantrags nach § 17 Satz 2 TzBfG, § 6 KSchG inBetracht, was jedoch spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung inder ersten Instanz erfolgt sein muss.

Anders stellt es sich hingegen dar, wenn der Klageantrag nicht so allgemein wievorangehend beschrieben gefasst ist, sondern so, dass er einer Auslegung zu-gänglich ist, die den Streitgegenstand des § 17 TzBfG hinreichend erkennen lässt.Dh, stellt der Kläger hinsichtlich einer streitigen auflösenden Bedingung den An-trag festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 27. Juni2006 hinaus fortbesteht”, kann das Klagebegehren ausgelegt werden: und zwardahingehend, dass festgestellt werden soll, dass die auflösende Bedingung, diezum 27. Juni eingetreten ist, unwirksam ist.62 Im Wesentlichen lässt sich zwardie Tendenz des BAG feststellen, Klageanträge wohlwollend und großzügig aus-zulegen,63 gleichwohl sollte angesichts der drohenden Konsequenz (Abweisungals unzulässig mit Kostenfolge) großer Wert auf die Antragsfassung gelegt wer-den. Denn verlassen kann man sich auf eine derart weite Auslegung nicht.64 Dieszeigt sich auch daran, dass eine bloße Leistungsklage des Arbeitnehmers, mit derer sein Arbeitsentgelt oder die Weiterbeschäftigung für die Zeit nach Ablauf derBefristung begehrt, den Anforderungen des § 17 Satz 1 TzBfG regelmäßig nichtgenügt.65 Erhebt der Kläger zugleich mit dem Antrag einen solchen auf vorläufigeWeiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, wirddieser Antrag, so zumindest die Auslegung der Rspr, regelmäßig als ein unei-gentlicher Eventualantrag zu sehen sein, der nur für den Fall gestellt ist, dass mitdem Feststellungsantrag obsiegt wird.66

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Klagerhebung gelten füreine Klage nach § 17 TzBfG keine Besonderheiten. Dies gilt für die Form derKlageerhebung, die den Anforderungen des § 253 ZPO genügen muss, ebensowie für die Frage, welches Gericht zuständig und wer aktiv- bzw passivlegitimiertist. Die Verweisung des § 46 Abs. 2 ArbGG auf die Regelungen der ZPO kommthier vollumfänglich zur Anwendung.67 Zu der Verteilung der jeweiligen Darle-

61 BAG 16.4.2004 – 7 AZR 119/02 – AP Nr. 2 zu § 17 TzBFG; kritisch hierzu BeckOKArbR/Bayreuther, § 17 TzBfG Rn 21.

62 So auch BAG 1.12.2004 – 7 AZR 135/04 – AP Nr. 13 zu § 59 BAT.63 Mit dieser Einschätzung auch APS/Backhaus, § 17 TzBfG Rn 55, mit Verweis auf die in

der Tat großzügige Auslegung in BAT 28.6.2000 – 7 AZR 920/98 – AP Nr. 2 zu § 1BeschFG 1996.

64 S. nur BAG 3.11.1999 – 7 AZR 683/98 – RzK I 9 a Nr. 167.65 BAG 16.4.2003 – 7 AZR 119/02 – AP Nr. 2 zu § 17 TzBfG; ErfK/Müller-Glöge, § 17

TzBfG Rn 15; MünchKommBGB/Hesse, § 17 TzBfG Rn 27.66 So BAG 24. BAG 24.10.2001 – 7 AZR 542/00 – AP Nr. 229 zu § 620 BGB Befristeter

Arbeitsvertrag.67 Vgl die ausführliche Darstellung in Arnold/Gräfl/Spinner, § 17 Rn 19 ff.

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gungs- (und dann auch:) Beweislast sind die Ausführungen zu § 14 TzBfG hiermaßgeblich.68

Wenn auch § 17 Satz 1 bzw § 17 Satz 3 TzBfG vorgeben, innerhalb welcher Fristdie Klage spätestens anhängig gemacht sein muss, um die Fiktionswirkung zuverhindern,69 so bedeutet dies nicht, dass die Klage nicht auch bereits vor Ablaufder Befristung erhoben werden kann: Es spricht insofern nichts dagegen, bereitsvor Ablauf der Befristung selbst im Wege der Feststellungsklage geltend zu ma-chen, dass die Befristung unwirksam ist und somit das Arbeitsverhältnis durchdas Erreichen des Befristungsendes nicht auslaufen, sondern als unbefristetesArbeitsverhältnis fortbestehen wird. Der Arbeitnehmer muss also nicht die Be-endigung des Arbeitsverhältnisses abwarten. Wenn auch der Gesetzeswortlautinsofern etwas anderes nahe legt, insofern § 17 Satz 1 TzBfG etwa davon spricht,der Arbeitnehmer müsse die Unwirksamkeit einer Befristungsabrede innerhalbvon drei Wochen „nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertragesgeltend machen”, so darf dieses „nach” nicht exklusiv verstanden werden. Zumeinen ermöglicht schon der Wortlaut auch ein Verständnis, dem zufolge eigent-lich „spätestens nach” gemeint ist. Auch wäre der Sinn und Zweck der Vor-schrift, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, verfehlt, würde manden Arbeitnehmer (und den Arbeitgeber!) länger als nötig im Unklaren darüberlassen, ob die Befristung wirksam oder unwirksam ist. Daher steht es dem Ar-beitnehmer offen, für die Klage nicht erst das Befristungsende abzuwarten, son-dern die Befristungsabrede auch schon vor Ablauf des Vertrags überprüfen zulassen. Dies unterscheidet iÜ die Klage nach § 17 TzBfG von derjenigen nach§ 4 KSchG: Ist bei jener nämlich, wie dargelegt, eine vorherige Klageerhebungmöglich, ist dies bei dieser ausgeschlossen, da eine Kündigung als Gestaltungs-recht überhaupt erst dann in der Welt und damit überprüfbar ist, wenn sie aus-gesprochen ist, demgegenüber besteht die vertragliche Befristungsabrede – wennauch möglicherweise unwirksam – schon seit Vertragsschluss, ist also der Über-prüfung auch schon zu diesem Zeitpunkt zugänglich.70

Die Klagefrist im Regelfall (§ 17 Satz 1)Neben den Fragestellungen um die richtige Antragsstellung71 ist es die Klage-frist, die für die Rechtsfolgen des § 17 TzBfG zentrale Bedeutung hat. Möchteder Arbeitnehmer nämlich die Rechtsunwirksamkeit einer Befristung (oder auf-lösenden Bedingung) gerichtlich geltend machen und somit das Ziel eines unbe-fristeten Arbeitsverhältnisses gem. § 16 TzBfG erreichen, muss er seine Klageinnerhalb eines bestimmten, vom Gesetz vorgegebenen Zeitraums erheben. Da-bei unterscheidet § 17 TzBfG zwei Situationen: Während Satz 1 auf den Regelfallzugeschnitten ist, enthält Satz 3 eine Regelung für den besonderen Fall, dass dasArbeitsverhältnis nach Ablauf der Befristung fortgesetzt worden ist.

2.

68 Vgl näher dort.69 Dazu s. Rn 35.70 S. hierzu BAG 13.10.2004 –7 AZR 654/03 – NZA 2005, 469; BAG 1.12.1999 – 7 AZR

236/98 – AP Nr. 21 zu § 57 b HRG; BAG 28.6.2000 – 7 AZR 920/98 – AP Nr. 2 zu § 1BeschFG 1996; Laux/Schlachter/Schlachter, § 17 Rn 16; APS/Backhaus, § 17 TzBfGRn 53; Holwe/Kossens, § 17 Rn 32; MünchKommBGB/Hesse, § 17 TzBfG Rn 29;MünchArbR/Wank, § 95 Rn 181; Kliemt, NZA 2001, 302; Hoß/Lohr, MDR 1998, 323;Kania, DStR 1997, 377; Preis, NJW 1997, 3373; Wisskirchen, DB 1998, 725.

71 Dazu zuvor Rn 16.

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