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Informationen zu Theologiestudium und Vikariat D D IE A A USBILDUNG ZUM P FARRER ZUR P FARRERIN

text handreichung lkv - landeskonvent-ekkw.de · 2 in seinem gleichnamigen Aufsatz von 1947, in: Gerhard Ebeling, Wort Gottes und Tradition, Göttingen 1964, S. 9-27 ... (Foto: Gerhard

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Informationen zu

Theologiestudium

und Vikariat

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• ZUM PFARRER

• ZUR PFARRERIN

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„Der Pfarrer/die Pfarrerin nimmt am Dienst der Kirche durch die öffentliche Verkündigung des Wortes Gottes, die Verwaltung der Sakramente, Unterweisung und Seelsorge teil". (Aus dem Protokoll des Ordinationsgesprächs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck) „Ohne den Beitrag der wissenschaftlichen Theologie an Universitäten und Kirchlichen Hochschulen zum Verständnis des evangelischen Glaubens und Lebens in Geschichte und Gegenwart können die Kirchen ihre heutigen Aufgaben nicht erfüllen. Die geschichtlich gewachsene Struktur und Arbeitsteilung in den Fakultäten hat sich grundsätzlich als sachgemäß erwiesen. Zur Lösung der kirchlichen und gesellschaftlichen Gesamtaufgabe der Theologie (einschl. der berufsbezogenen Theologenausbildung) wirken alle theologischen Disziplinen zusammen.“

(Auszug aus dem Beschluss der Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland am 17./18. Juni 1998 in Bonn) Herausgegeben von: Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Dezernat T2 Theologische Ausbildung Wilhelmshöher Allee 330 34131 Kassel Kassel, 1999 Zweite, aktualisierte Auflage 2006

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Die Ausbildung zur Pfarrerin / zum Pfarrer in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Informationen zu Theologiestudium und Vikariat 0 Vorwort 5 1 Studium der Evangelischen Theologie 1.1 Motivation 6 1.2 Theologie und Biographie 7 1.3 Studienvoraussetzungen 7 1.4 Fachbereiche und Fakultäten an den Hochschulen 7 1.5 Der Fächerkanon Evangelischer Theologie 9 1.6 Sprachanforderungen 9 1.7 Grundstudium und Zwischenprüfung 12 1.7.1 Biblicum 12 1.8 Hauptstudium 13 1.9 Auslandsstudium 13

2 Erste Theologische Prüfung 2.1 Leistungsnachweise aus dem Studium 14 2.2 Vorgezogene Examensprüfungen 14 2.2.1 Philosophicum 14 2.3 Schriftliche Prüfung 15 2.3.1 Wissenschaftliche Hausarbeit 15 2.3.2 Klausuren 15 2.4 Mündliche Prüfung 15 2.5 Grundwissen und Spezialwissen 16 3 Studienberatung und Begleitung durch die Landeskirche 3.1 Dezernat „Theologische Ausbildung“ 16 3.1.1 Liste der Theologiestudierenden 16 3.1.2 Abiturientenfreizeit 17 3.1.3 Tagungen 17 3.1.4 Besuch der Ortskonvente 17 3.1.5 Beratung 17 3.1.6 Rundbriefe des Ausbildungsdezernates 18 3.2 Begleitende Kommission für die theologische Ausbildung 18 3.3 Studienhaus Marburg 18 3.4 Studienbegleitung in Sprengeln und Kirchenkreisen 19 3.5 Hessische Stipendiatenanstalt 20 4 Landeskonvent der Studierenden 21 4.1 Gremien der Studierenden 21 4.1.1 Vollversammlung 21 4.1.2 Ortskonvente 21 4.1.3 Landeskonventsvorstand 21 4.1.4 Landeskonventsrat 21 4.1.5 Montagsbote 22

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5 Praktika 5.1 Gemeindepraktikum 22 5.2 Diakoniepraktikum 22 5.3 Industrie- und Handwerkspraktikum 23 5.4 Landpraktikum 23 5.5 Ökumenepraktikum 23 5.6 Medienpraktikum 23 6 Förderungsmöglichkeiten durch die Landeskirche 6.1 Büchergeld 23 6.2 Studienbeihilfen 24 7 Vikariat 7.1 Aufnahme in den Ausbildungsdienst 24 7.2 Verlauf 24 7.3 Predigerseminar 25 7.4 Mentorin oder Mentor 25 7.5 Zweite Theologische Prüfung 26 8 Aufnahme in den Hilfspfarrdienst 26 Anhang: 27 ff Anhang 1 Merkblatt zur Aufnahme in die Liste der Theologiestudierenden und Richtlinien Anhang 2 Personalfragebogen und Erklärung Anhang 3 Meldung zum Philosophicum Anhang 4 Zwischenprüfungsordnung Anhang 5 Verordnung über die Erste Theologische Prüfung Anhang 6 Übersicht über die Gegenstände des Studiums der Evangelischen Theologie

und die Voraussetzungen und Gegenstände der theologischen Prüfungen Anhang 7 Verordnung über die Rechtsstellung und Ausbildung der Vikare Anhang 8 Verordnung über die Zweite Theologische Prüfung Anhang 9 Protokoll des Ordinationsgesprächs Anhang 10 Ordinationsverpflichtung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Anhang 11 Die Ausbildung zum Pfarrer / zur Pfarrerin auf einem Blick Anhang 12 Satzung des Landeskonvents der Theologiestudierenden der Evangelischen

Kirche von Kurhessen-Waldeck Anhang 13 Das Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Anhang 14 Adressen wichtiger kirchlicher Einrichtungen:

1. Landeskirchenamt/Ausbildungsdezernat 2. Predigerseminar 3. Studienhaus Marburg 4. Vilmarhaus 5. Weitere Adressen:

Fachbereich Evangelische Theologie Marburg Pröpstinnen und Pröpste der EKKW Landeskonventsvorstand

Anhang 15 „Auf einen Blick“ – Struktur der Landeskirche nach der Grundordnung

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0 Vorwort Bereits 1996 wurde vom damaligen Ausbildungsreferat eine Handreichung zum Theologiestudium herausgegeben – als kleine Orientierungshilfe in Fragen, die Studienanfänger oder am Theologiestudium Interessierte haben:

Wie komme ich in das Theologiestudium hinein? Welche Verbindung habe ich eigentlich mit der Landeskirche während des Studiums? Wie geht es weiter in den Beruf, wenn das Studium abgeschlossen ist? - und manche mehr…

Diese Orientierungshilfe, auch kurz ‚Reader’ genannt, liegt nun in überarbeiteter Form vor. Der Reader wird es hoffentlich erleichtern, sich gerade am Anfang des Studiums zurechtzufinden. Er versucht, knapp in das Theologiestudium als Ganzes einzuführen und den Zusammenhang zwischen Studium und Kirche zu verdeutlichen; darüber hinaus bietet er im Anhang wichtige Basistexte zur Übersicht und zum Nachschlagen. Genaue Informationen über einzelne Hochschulen und deren Studienordnung, über Lebensbedingungen und die Infrastruktur einer Universitätsstadt wird man jedoch vergeblich suchen. Zur Klärung diesbezüglicher Fragen ist die Studienberatung vor Ort unersetzbar. Der Reader wird allen Studierenden unserer Landeskirche sowie Abiturientinnen und Abiturienten, die sich für das Studium der Evangelischen Theologie interessieren, in die Hand gegeben. Er kann sie bis zum Ende des Vikariats begleiten, das ebenfalls in knapper Form skizziert wird. Die Auseinandersetzung mit den folgenden Ausführungen soll stets dazu anregen, das Gespräch mit den für theologische Ausbildung in unserer Landeskirche Verantwortlichen zu suchen. Zur Benutzung des Readers wird empfohlen, die einzelnen Texte im Anhang, auf die in den Fußnoten verwiesen wird, ebenso intensiv zu lesen wie die zusammenhängende Einführung selbst. Dr. Frithard Scholz Dezernat T2 Theologische Ausbildung Kassel, im Herbst 2006

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1 Studium der Evangelischen Theologie

1.1 Motivation

„Gebet ohne Studium wäre leer, Studium ohne Gebet wäre blind", sagte Karl Barth in einer seiner letzten Vorlesungen1. Theologie zu studieren bedeutet, seinen Glauben auf wissenschaftlicher Ebene zu reflektieren.

Es heißt, sprachfähig zu werden und den eigenen Glauben in Bezug zu setzen zu dem, was andere Menschen in vergangener Zeit bis hin zu den Zeitgenossen geglaubt und gedacht haben.

Wer Theologie studiert, lernt, die Bibel als Quelle der Offenbarung in einem neuen Licht zu sehen. Die Tradition der Kirche von Paulus über Augustin zu Luther, oder von Calvin zu Karl Barth, wird entfaltet und mit der eigenen Existenz in einen Dialog gebracht. So wird erlebt, in welchem Sinne „Kirchengeschichte als Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift“ (Gerhard Ebeling2) verstanden werden kann: Auslegung in Gestalt von begrifflicher Erklärung, gottesdienstlicher Form, institutioneller Verkörperung.

Dem Geheimnis der Menschwerdung Jesu Christi nachzusinnen, ist eine Aufgabe, die zugleich deutlich macht, dass auch alles theologisch-reflektierte Reden von Gott immer verbunden bleiben muss mit dem Reden zu Gott. Insofern gehören Gebet und Studium untrennbar zusammen3. „Die christliche Praxis ist Voraussetzung und Ziel des Ausbildungs-prozesses."4

Reflexion des Glaubens geschieht in methodisch-wissenschaftlicher Form. Es gilt also, die Grundfertigkeiten zu erlernen, die als Handwerkszeug dienen: vor allem den Umgang mit Texten.

Natürlich gehört auch der Erwerb inhaltlichen Wissens hinzu, nämlich das Gerüst- und Basiswissen, das die Einordnung neuer Information erst ermöglicht. Kommunikative Fähigkeiten treten hinzu: Wie vermittle ich die Ergebnisse meines eigenen ‚Forschens’ den Gesprächspartnern? Wie artikuliere ich meine Fragen und Anliegen? Theologie zu betreiben heißt, die Fähigkeit zum Respekt vor fremdem Glauben und Denken mit der Bereitschaft zur Kritik und dem Mut zum Bekenntnis zu verbinden. Es ist ein lebenslanger Prozess, der nicht einfach mit den Examina abgeschlossen wird. Der Zusammenhang methodisch-formaler, inhaltlicher und kommunikativer Kompetenz zeigt, dass das scheinbar so theoriebeladene Studium einen tiefen Zusammenhang mit einer späteren beruflichen Praxis als Pfarrerin oder als Pfarrer hat.

Die theologische Kompetenz, die an den Hochschulen erworben wird, ermöglicht es, im Gemeindeleben Glaubensinhalte verantwortlich zu vermitteln, Spiritualität mit Denken zu verbinden und damit in der Lebenswelt der Moderne sprachfähig zu werden. „`Theologische Kompetenz´ ist der Inbegriff der Fähigkeiten, die für die auftragsgemäße und professionelle Führung des Pfarramtes erforderlich sind. Der Auftrag des Pfarramtes ist aus dem Gesamtauftrag der Kirche zu begreifen."5

1 Karl Barth, Einführung in die Evangelische Theologie, 15. Vorlesung: Studium; in: Klaus Haacker (Hg.), Lernen und Leben - Ansprachen an Theologiestudenten, 5. Auflage, Wuppertal 1985, S. 65. 2 in seinem gleichnamigen Aufsatz von 1947, in: Gerhard Ebeling, Wort Gottes und Tradition, Göttingen 1964, S.

9-27 3 Vgl. die Haltung des studierenden Beters in Psalm 1. 4 Kirchenkanzlei des Rates der EKD (Hg.), Theologiestudium, Vikariat, Fortbildung: Gesamtplan der Ausbildung für den Pfarrerberuf, Stuttgart-Berlin 1978, S. 11 (zitiert als: Gesamtplan). 5 Werner Hassiepen u. Eilert Herms (Hgg.), Grundlagen der theologischen Ausbildung und Fortbildung im Gespräch, Stuttgart 1993, S. 10 (zitiert als: Grundlagen).

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1.2 Theologie und Biographie

Wer sich ernsthaft auf einen solchen lebenslangen Prozess einlassen möchte, kann sich dem Studium der Evangelischen Theologie stellen6. Damit ist deutlich: Theologie und Biographie hängen eng zusammen.

Theologie wird in einer konkreten historischen Situation betrieben, in einem religiösen, kulturellen, politischen und wirtschaftlich geprägten Umfeld.

Meine eigene Stellung zu Glauben und Leben ist in unserer konkreten Lebenssituation zu befragen. Welche Bedeutung hat für mich die Kirche? Warum entscheide ich mich ausgerechnet, Theologie zu studieren? Welche persönlichen Fragen treibt mich um? Was erhoffe ich mir vom Studium? Stiftet Theologie Sinn, und kann sie Lebenshilfe darstellen?

Der Entschluss zum Theologiestudium mit dem Berufsziel Pfarrerin oder Pfarrer ist zwar sicher individuell unterschiedlich motiviert. Doch viele Studierende haben - bei aller inhaltlichen Kritik im Einzelnen - ein offenbar grundsätzlich positives Verständnis vom Leben der Kirche.

Der Wunsch, sich für andere einzusetzen, Gemeinschaft zu erfahren und erfahrbar zu machen, ist ein oft genannter Impuls, sich zum Theologiestudium zu entschließen.

Die Evangelischen Studentengemeinden in den Hochschulorten bieten die Gelegenheit, mit Kommilitoninnen und Kommilitonen – gerade auch anderer Fächer! - ins Gespräch zu kommen und eine andere Form von „Gemeinde" kennen zu lernen.

1.3 Studienvoraussetzungen

Die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) ist Voraussetzung für die Zulassung zum Theologiestudium. Besondere Zulassungsverfahren (Numerus clausus) finden nicht statt.

1.4 Fachbereiche und Fakultäten an den Hochschulen

An 19 staatlichen Hochschulen bestehen Evangelisch-theologische Fachbereiche (Fakultäten). Daneben gibt es zwei Kirchliche Hochschulen7. „Evangelisch-Theologische Fakultäten dienen nach den Staatskirchenverträgen der Ausbildung der Geistlichen, sind also bezogen auf ein bestimmtes Berufsfeld"8. Ihre Geschichte erklärt sich rechtlich aus der Tradition der Landesuniversitäten der früheren evangelischen Territorien9. Während jedoch die deutschen Bundesstaaten bis 1919 direkten Einfluss auf die Lehre der Professoren nehmen konnten, hat der Staat mit der Weimarer Verfassung und dem Grundgesetz sich für weltanschaulich neutral erklärt und auf diese Möglichkeit bewusst verzichtet.. Die Lehre bleibt aber auf den Konsens mit Lehrtradition und Bekenntnis der Kirche angewiesen.10

6 Vgl. den Beitrag Dietrich Bonhoeffers in Haacker, op. cit. S. 107-110. 7 Das Gesamtverzeichnis staatlicher und kirchlicher Hochschulen mit Adressen findet sich in: EKD-Texte 28, Studium der Evangelischen Theologie, Übersicht über die Studienmöglichkeiten im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland, herausgegeben vom Kirchenamt der EKD, Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover. Die Broschüre wird kontinuierlich aktualisiert. 8 Positionspapier des Evangelisch-theologischen Fakultätentages vom 8.10.1994, S. 1. 9 So war die Universität Marburg seit ihrer Gründung 1527 die Landesuniversität der Landgrafschaft Hessen, später der Landgrafschaft Hessen-Kassel bzw. des Kurfürstentums Hessen-Kassel. Die besonderen Beziehungen der Landeskirche zum Fachbereich Ev. Theologie in Marburg spiegelt der „Vertrag der Ev. Landeskirchen in Hessen mit dem Lande Hessen“ vom 18.2.1960. Art 13 (1): „Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleibt die Evangelisch-theologische Fakultät an der Philipps-Universität in Marburg bestehen.“ Die Verfassung des Landes Hessen vom 1.12.1946 hält in Art. 60 fest: „Die theologischen Fakultäten an den Universitäten bleiben bestehen. Vor der Berufung der Dozenten sind die Kirchen zu hören.“ 10 Vgl. dazu: Axel Freiherr von Campenhausen, Staat und Kirche unter dem Grundgesetz: eine Orientierung, Hannover 1994.

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Abb. 1: Fachbereich der Evangelischen Theologie der Philipps-Universität in Marburg Alte Universität

(Foto: Gerhard Jost)

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1.5 Der Fächerkanon Evangelischer Theologie

„Evangelische Theologie ist in den Strukturen der Fakultäten und Kirchlichen Hochschulen sowie in den Prüfungsordnungen strukturiert in fünf Hauptdisziplinen (Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie, Praktische Theologie), zu denen je nach speziellem Profil bestimmte darin enthaltene und darüber hinausgehende Schwerpunkte treten."11 Die einzelnen Disziplinen dieses Kanons bleiben aufeinander bezogen und sind auf den interdisziplinären Dialog angewiesen12. Wichtig für Studierende ist zu entdecken, wie einzelne Fragestellungen auf unterschiedliche Art und Weise in den jeweiligen Disziplinen verhandelt werden. Die Fähigkeit zu erlernen, Brücken zwischen den Disziplinen zu schlagen und das Ganze der Theologie in Sicht zu nehmen, ist ein Ziel des Studiums. Dies ist angesichts der Differenzierung der modernen Wissenschaft nicht immer leicht zu verwirklichen. Die an manchen Fakultäten und Fachbereichen begonnene „Modularisierung“ des Studiums im Zeichen des sog. „Bologna-Prozesses“ sucht das aber zu unterstützen13.

1.6 Sprachanforderungen

Seit den Tagen Martin Luthers und Philipp Melanchthons ist es ein Kennzeichen evangelischer Theologie, das Quellenstudium der biblischen Sprachen Hebräisch und Griechisch intensiv zu betreiben und vom Urtext zu Übersetzung und Exegese zu gelangen. Latein ist nach wie vor als Wissenschaftssprache unentbehrlich. Für die Erschließung der Kirchen- und Dogmengeschichte des Abendlandes sind Lateinkenntnisse unabdingbar. Die wissenschaftliche theologische Terminologie ist primär am Lateinischen, sekundär am Griechischen orientiert. Sprachstudien sind zur Entdeckung fremder Glaubens- und Denkwelten ein wichtiger methodischer Schritt. Etwa 60 Prozent der Studienanfänger haben Lateinkenntnisse14 in den Schulen erworben und müssen nach dem Abitur Sprachkurse in Hebräisch und Griechisch besuchen. Wer keine Lateinkenntnisse mitbringt, muss diese nachholen. Hebräisch wird in Ferienkursen (zehn Wochen), einsemestrigen Kursen und zweisemestrigen Kursen (Abschluss: Hebraicum, einschließlich Proseminar Altes Testament) angeboten; Griechisch (Abschluss: Graecum) und Latein in der Regel in zweisemestrigen Kursen.

11 Positionspapier, op. cit., S. 3. Sondergebiete wie Sozialethik, Religionsgeschichte, Ostkirchengeschichte, Christliche Archäologie, Diakonie und Ökumenewissenschaft u. a. 12 S. dazu besonders Gesamtplan, S. 31. 13 S. dazu Der Pfarramts-/Diplomstudiengang Evangelische Theologie im Rahmen des Bologna-Prozesses - Eine Positionsbestimmung, beschlossen vom Evangelisch-theologischen Fakultätentag am 8. Oktober 2005 sowie von Rat und Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland am 7./8. Oktober 2005 / 7./8. Dezember 2005, Nr. 3 14 Um anerkannt zu werden, müssen sie im Abiturzeugnis ausdrücklich dokumentiert werden (Abschluss: Latinum).

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Abb. 3: Beginn des 1. Buches Mose in hebräischer Sprache (Biblia Hebraica Stuttgartensia)

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Abb. 4: Beginn des Johannes-Evangeliums in griechischer Sprache (Novum Testamentum Graece, ed Nestle-Aland, 27. Auflage)

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1.7 Grundstudium und Zwischenprüfung

Während des ersten Semesters findet eine obligatorische Studienberatung durch die Fakultät bzw. den Fachbereich statt. Sie dient dem Kennenlernen der Bildungseinrichtung in ihrer Struktur. Ebenfalls verpflichtende Orientierungsprojekte oder -einheiten bieten den Anfängern die Chance, theologische Grundfragen mit Hochschullehrern und älteren Studierenden (Tutoren) zu erarbeiten und zu diskutieren. Sie sind Einführungskurse in wissenschaftliche Theologie, vermeiden jedoch eine Spezialisierung, die zu vieler Vorkenntnisse bedürfte. In der Regel werden neben den Sprachkursen (mit Tutoren und Arbeitsgruppen) noch einige einführende Vorlesungen und Proseminare15 besucht. Die Proseminare vermitteln die methodischen Grundkenntnisse, das Handwerkszeug.

Je nach persönlicher Leistungsfähigkeit liegen die Stundenpläne bei etwa 20 Semesterwochenstunden. Wichtig ist, dass Veranstaltungen gut vorbereitet und nachbereitet werden. Am Ende jedes Semesters sollte man mit Kommilitoninnen und Kommilitonen versuchen, eine Ertragssicherung vorzunehmen, damit das neu erarbeitete Wissen fassbar und wiederholbar wird.

Das Grundstudium wird mit einer Zwischenprüfung abgeschlossen. „Ziel der Zwischenprüfungsordnung: Die Zwischenprüfung schließt das Grundstudium im Pfarramtsstudiengang Evangelische Theologie ab. Durch sie soll nachgewiesen werden, dass das Ziel des Grundstudiums erreicht ist und insbesondere die inhaltlichen Grundlagen des Faches, ein methodisches Instrumentarium und eine systematische Orientierung erworben wurden, die für die erfolgreiche Fortsetzung des Studiums erforderlich sind.“16

Der Abschluss wird im Konsens von Landeskirchen und Fakultäten/Fachbereichen seit Wintersemester 1997/98 so geregelt, dass Zwischenprüfungen, die der EKD-Richtlinie entsprechen und bei kirchlichen Prüfungsämtern oder an den Universitäten abgelegt wurden, wechselseitig anerkannt werden, wobei die Anzahl der geforderten Leistungsnachweise weitgehend standardisiert ist: Einführungsveranstaltungen / Proseminare mit Arbeiten / Vorlesungen / Klausuren / mündliche Prüfung.

1.7.1 Biblicum

Das Biblicum dient dem Nachweis bibelkundlicher Kenntnisse im Alten und Neuen Testament. Es gehört zum Handwerkszeug theologischer Bildung. Erwartet werden: „Kenntnisse über den Aufbau und Inhalt der biblischen Bücher. Im Neuen Testament sollte weithin eine Kapitelübersicht (ohne versweise Untergliederung) gegeben werden können. Im Alten Testament ist im Allgemeinen die Kenntnis von Kapitelgruppen ausreichend. Die Prüfung kann sich an wichtigen theologischen Begriffen oder Themen orientieren. Wichtige Bibelstellen sollen in eigener Wahl (nach dem Luthertext) auswendig gelernt werden." Um exegetische Zusammenhänge zu begreifen, ist bibelkundliches Wissen unerlässlich. Am Fachbereich in Marburg werden in Zusammenarbeit mit der Landeskirche Bibelkunde-Kurse angeboten. Das Biblicum wird vor der Zwischenprüfung oder im Rahmen der Zwischenprüfung abgelegt.17

15 Zum Besuch des AT-Proseminars ist das Hebraicum, zum Besuch des NT-Proseminars das Graecum erforderlich. Für KG-Proseminare wird oft Latinum oder Graecum verlangt. 16 § 1 der Zwischenprüfungsordnung der EKKW, ganz abgedruckt im Anhang 3. 17 S. Zwischenprüfungsordnung § 14.

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1.8 Hauptstudium

In den fünf Hauptdisziplinen (und den Sonderdisziplinen) werden im Hauptstudium die methodischen Kenntnisse vertieft. Vor allem in (Haupt-)Seminaren werden grundsätzliche theologische Probleme anhand eines konkreten Beispiels erarbeitet. Studierende erwerben Spezialkenntnisse, die in einen größeren Wissenszusammenhang eingeordnet werden müssen. Eigene Fragestellungen werden in historischen Zusammenhängen neu entdeckt und umformuliert.

Am Ende des Hauptstudiums steht die Phase der Examensvorbereitung. In selbst organisierten Arbeitsgruppen wird eine Ergebnissicherung des Studiums vorgenommen. Während der Examensvorbereitung sollte man weiterhin Vorlesungen mit Überblickscharakter bzw. Repetitorien besuchen.

Ein Studium, das ohne Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden geführt wird, ist nicht Erfolg versprechend. Theologische Arbeit darf nicht nur in der Rezeption von Texten bestehen, sie lebt vom sachkundigen Gespräch mit anderen; deswegen ist ein Heimstudium, das auf das Selbstgespräch über die Lektüre fixiert, nicht zu empfehlen. Die Regelstudienzeit beträgt zwölf Semester (neun Semester zuzüglich zwei Sprachsemester und ein Examenssemester18).

1.9 Auslandsstudium

Es ist möglich, auch an außerdeutschen Fakultäten Evangelische Theologie zu studieren19. Ob Studienleistungen jedoch für die Examensmeldung anerkannt werden können, muss im Einzelfall mit dem Ausbildungsdezernat geklärt werden (Vergleichbarkeit mit deutschem Standard). Ein Auslandsstudium ist erst nach der Zwischenprüfung sinnvoll, wenn genügend Vorkenntnisse erworben worden sind. Zu bedenken ist, dass ein Auslandsstudium nur bei guter Beherrschung der jeweiligen Fremdsprache einen Gewinn darstellt - abgesehen von allgemeiner Horizonterweiterung. Auf Antrag kann die Landeskirche im Rahmen ihrer Möglichkeiten Studienbeihilfen gewähren.

18 Wichtig für die Dauer der Gewährung staatlicher Leistungen nach BAföG. Derzeit liegt die durchschnittliche Studiendauer jedoch bei knapp 14 Semestern (einschl. Sprach- und Examenssemestern). 19 Grundordnung der EKKW, Art 43 (2): „Der Bischof kann auf die Hochschulzeit ein Studium an einer ausländischen Universität anrechnen.“ Das Gesamtverzeichnis europäischer Studienorte findet sich in: Ergänzungsheft zu EKD-Texte 28, Studium der Theologie in Europa, Theologische Fakultäten und Kirchliche Hochschulen, herausgegeben vom Kirchenamt der EKD, Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover. Es gibt außerdem Studienorte in Übersee, über die man sich am besten an seiner eigenen Fakultät informiert, da partnerschaftliche Verbindungen und Kooperationen bestehen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) kann ebenfalls weiterhelfen. Adresse: Kennedyallee 50, 53175 Bonn. Wichtige Veröffentlichung: DAAD (Hg.), Studium, Forschung, Lehre. Förderungsmöglichkeiten im Ausland für Deutsche 1996/97, Bonn 1995.

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2 Erste Theologische Prüfung

Die Erste Theologische Prüfung20 schließt das Studium ab. Durch die Prüfung weisen die Kandidaten die Fähigkeit zum selbständigen theologischen Arbeiten und die hierzu notwendigen Kenntnisse in den einzelnen Prüfungsfächern nach. Sie wird vor dem kirchlichen Prüfungsamt abgelegt. Der Bischof hat den Vorsitz des Prüfungsamtes. Prüfer sind Professoren des Fachbereichs Evangelische Theologie in Marburg, anderer evangelischer Fachbereiche bzw. Fakultäten und Kirchlicher Hochschulen. Die Prüfung findet zweimal pro Jahr statt; Meldetermine sind jeweils der 15. Mai und der 15. November (Stand: 2006).

2.1 Leistungsnachweise aus dem Studium

Mindestens fünf Hauptseminare müssen nachgewiesen und jede der fünf Disziplinen abgedeckt werden. Es müssen drei Hauptseminararbeiten, und zwar je eine Seminararbeit aus drei der Fächer Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte und Systematische Theologie sowie eine Proseminararbeit aus dem vierten Fach eingereicht werden. Ihre Beurteilung muss mindestens ausreichend sein, eine ausgeführte Begründung des Dozenten ist beizufügen.

Eine Predigt (einschließlich biblisch-/systematisch-/praktisch-theologischer Vorarbeiten) sowie der Entwurf einer Unterrichtsstunde in evangelischer Religion (einschließlich theologischer und didaktischer Vorüberlegungen) sind zu erbringen.

Eine Seminararbeit oder ein Nachweis über eine Klausur, eine mündliche Prüfung oder ein Referat im Rahmen einer Lehrveranstaltung über eine lebende nicht-christliche Religion, wie z. B. Judentum, Islam, Buddhismus oder Hinduismus etc, ist bei Meldung zur Ersten Theologischen Prüfung ebenfalls vorzulegen.

2.2 Vorgezogene Examensprüfung

Das Philosophicum ist eine Prüfung, die integrale Bestandteile des Examens darstellt,

auch wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt während des Studiums vor dem kirchlichen Prüfungsamt abgelegt wird.

2.2.1 Philosophicum

Theologie stand und steht im Austausch mit philosophischen Fragestellungen. Philosophische „Begriffssprache und Methodik" ist seit der Antike für christliche Theologie sprachbildend geworden. Neben einem Überblick über die Philosophiegeschichte wird die exemplarische Auseinandersetzung mit einem philosophischen Denker und seinem Entwurf erwartet. Ein vom Fachgebiet Systematische Theologie des Fachbereichs in Marburg herausgegebenes Informationspapier ist über das Ausbildungsdezernat (Prüfungsamt) erhältlich. Meldetermine sind der 15. April, der 15. Juli sowie der 15. Dezember eines jeden Jahres. Die Prüfungstermine sind dann jeweils im Juni, September und Februar eines jeden Jahres. Die Meldung zum Philosophicum setzt die bestandene Zwischenprüfung voraus. Mit der Meldung muss der Nachweis über die Teilnahme an einer Vorlesung sowie an einem Seminar oder einer Übung in Philosophie erbracht werden. Hierfür ist auch das Veranstaltungsangebot der Philosophischen Fakultät wahrzunehmen.

Philosophie-Tutorien werden unter anderem im Rahmen des Studienhauses Marburg angeboten21.

20 S. u. im Anhang 5, Erste Theologische Prüfung. 21 S. u. 3.3 Studienhaus Marburg, S. 16.

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2.3 Schriftliche Prüfung

Die schriftliche Prüfung22 besteht aus einer wissenschaftlichen Hausarbeit und vier Klausuren. In der Disziplin, in der die Wissenschaftliche Hausarbeit angefertigt wurde, entfällt die Klausur, jedoch muss in den biblischen Disziplinen immer eine Übersetzung angefertigt werden.

2.3.1 Wissenschaftliche Hausarbeit

Bei der Wissenschaftlichen Hausarbeit stehen pro Fach zwei Themen zur Auswahl. Im Fach Systematische Theologie stehen zwei dogmatische sowie ein ethisches Thema zur Auswahl. Die wissenschaftliche Hausarbeit23 liefert im Rahmen einer ausgedehnten „Seminararbeit" (40 Seiten einschließlich Anmerkungen) den Nachweis, dass der Student / die Studentin sich anhand der im Studium erlernten Methoden und mit dem entsprechenden inhaltlichen Wissen mit einem Thema angemessen auseinandersetzen kann. Ein eigener neuer wissenschaftlicher Beitrag wird nicht erwartet. Es wird innerhalb von 10 Wochen bearbeitet.

2.3.2 Klausuren

Es werden vier Klausuren24 geschrieben. Das Fach, in welchem die wissenschaftliche Hausarbeit angefertigt wurde, wird nur im Rahmen der Übersetzung (bei Wahl von AT und NT) berücksichtigt (siehe 2.3). Wie bei der Hausarbeit stehen je Klausur zwei Themen zur Auswahl. Im Fach Systematische Theologie stehen zwei dogmatische und ein ethisches Thema zur Auswahl.

„Wenn in der Zwischenprüfung vor dem Prüfungsamt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck gemäß § 8 Absatz 3 der Verordnung über die Zwischenprüfung [...] eine Klausur in den Fächern Kirchengeschichte oder Systematische Theologie mit mindestens ausreichender Beurteilung geschrieben worden ist, entfällt die entsprechende Klausur nach Absatz 1. Die Note der Zwischenprüfungsklausur fließt in das Gesamtergebnis der Ersten Theologischen Prüfung ein (§ 16 Absatz 5).“25

In den Klausuren zeigt sich, ob die Kandidatin oder der Kandidat ein gutes Grundwissen haben, das sie systematisch in Form eines Essays zu entfalten haben. Dazu steht ein Zeitraum von vier Stunden, bei AT und NT von fünf Stunden (Übersetzung eine Stunde), zur Verfügung.

Viele Studierende sind mit der Aufsatzform des Essays nicht vertraut, da sie im Studium wenig gefordert wird. Umso wichtiger ist es, vor dem Examen in Übungsklausuren Grundlagen zu schaffen. Im Rahmen der Arbeit des Studienhauses Marburg werden regelmäßig Angebote zu Übungsklausuren gemacht26.

2.4 Mündliche Prüfung

Fünf mündliche Prüfungen27 schließen das Examen ab. Die Kandidatinnen und Kandidaten geben in jedem Fach ein Spezialgebiet an, auf das sich die Prüfung beziehen soll. Es wird jedoch auch im weiteren Gebiet der Disziplin geprüft, um Engführungen zu vermeiden. „Der Prüfungsdialog soll die drei Wissensdimensionen28 (...) zur Geltung kommen

22 Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung §§ 9-11. 23 Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung § 10. 24 Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung § 11. 25 Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung § 9 (2). 26 S. u. 3.3 Studienhaus Marburg, S. 16. 27 Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung § 12. 28 Grundwissen, Überblickswissen, Schwerpunktwissen.

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lassen. Er bietet sich vor allem an, um das Reflexionsniveau und den fachlichen Gesamthorizont des Prüflings zu erkennen."29 Die Prüfungen in den Fächern Kirchengeschichte und Praktische Theologie dauern 20 Minuten; bei AT und NT wegen der Übersetzungen 30 Minuten. Ebenso in Systematischer Theologie (zwei Teilbereiche Dogmatik und Ethik).

Es ist allen Studierenden dringend zu empfehlen, ihre Griechisch- und Hebräischkenntnisse ‚frisch zu halten’, und das Lesen der Texte in den Ursprachen zu üben.

2.5 Grundwissen und Spezialwissen

Immer wieder wird von Studierenden nach klaren Definitionen von Grundwissen und Spezialwissen gefragt. Die Prüfungsordnung macht nach den Vorschlägen der Gemischten Kommission für die Reform des Theologiestudiums vom 08.10.1994 weiterführende Angaben30. Die Auswahl der Examensthemen für Klausuren macht den zugrunde liegenden Konsens der Lehrenden deutlich. Dennoch müssen Studierende sich immer wieder über die Examensrelevanz von Themen vergewissern und im Gespräch mit Lehrenden, Ausbildungsdezernat und Kommilitoninnen und Kommilitonen diesen Konsens neu bedenken. Studierende sollten zur Studienberatung den Dialog mit ihren Hochschullehrerinnen und -lehrern suchen. Das Studium darf nicht nur in Hinblick auf das Examen strukturiert werden, andererseits muss das Examen im Blick bleiben.

3 Studienberatung und Begleitung durch die Landeskirche

3.1 Dezernat „Theologische Ausbildung“

Das Dezernat T2 Theologische Ausbildung31 ist eines von zehn (Stand 2006) Dezernaten des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Es koordiniert die Ausbildung und Fortbildung der Studierenden, Vikarinnen und Vikare sowie der Pfarrerinnen und Pfarrer in den ersten Amtsjahren. Es steht in engem Informationsaustausch mit den Bildungsinstitutionen, vor allem den Hochschulen und dem Evangelischen Predigerseminar. Das Ausbildungsdezernat arbeitet zudem im Rahmen der EKD in verschiedenen Gremien mit, z. B. der Ausbildungsreferentenkonferenz der EKD. Das Ausbildungsdezernat wird vom Ausbildungsdezernenten / der Ausbildungsdezernentin geleitet. Der Referent /die Referentin im Ausbildungsdezernat ist besonders für den Kontakt mit den Studierenden zuständig. Eine Verwaltungsangestellte bearbeitet die Fragen des Prüfungswesens. Die Liste der Theologiestudierenden wird vom Ausbildungsdezernat geführt.

3.1.1 Liste der Theologiestudierenden

In die Liste können in der Regel Studierende aufgenommen werden, die der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck angehören und zum Zeitpunkt des Abiturs ihren ersten Wohnsitz im Kirchengebiet hatten. Wer auf eine Verbindung mit der Landeskirche während des Studiums Wert legt und später in den Dienst aufgenommen werden möchte, bittet um Aufnahme in die Liste. Die Liste begründet keinen Rechtsanspruch auf Anstellung. Nachdem alle zur Aufnahme in die Liste erforderlichen Dokumente vorgelegt worden sind32, besuchen die Studierenden das Ausbildungsdezernat, um ein persönliches Gespräch zur Aufnahme zu führen. Danach können sie in die Liste aufgenommen werden. 29 Gesamtplan, op. cit., S. 69. 30 S. u. im Anhang 6, Prüfungsanforderungen in den Disziplinen. 31 S. o. im Vorwort Anm. 1 (Grundordnung der EKKW, Art 139 (1), S. 5. 32 S. u. im Anhang 1, Merkblatt, Absatz 3.

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Dekan oder Dekanin des Heimatkirchenkreises und Propst oder Pröpstin des Heimatsprengels werden über die Aufnahme informiert, außerdem der Landeskonventsvorstand der Studierenden.

3.1.2 Abiturientenfreizeit

Alle Schulen mit gymnasialer Oberstufe, an denen Religionsunterricht erteilt wird, sowie alle Pfarrämter im Bereich der Landeskirche erhalten – meist im Dezember - ein Informationsschreiben zur Abiturientenfreizeit (die in der Regel im Januar/Februar stattfindet). Sie werden gebeten, dieses Schreiben bekanntzumachen. Schülerinnen und Schüler der 12. und 13. Klasse, Zivildienstleistende sowie Teilnehmer des FSJ und FÖJ, die sich für das Theologiestudium interessieren, können an einer dreitägigen Veranstaltung in der Kirchlichen Fort- und Ausbildungsstätte in Kassel-Wilhelmshöhe teilnehmen. Das Ausbildungsdezernat lädt Studierende, Hochschullehrer, Pfarrerinnen und Pfarrer ein, um mit den Abiturientinnen und Abiturienten über die Ausbildung und Berufswirklichkeit zu sprechen. Wichtig ist auch der Austausch über die Motivation zum Studium zwischen den Schülerinnen und Schülern. Viele treffen sich später im ersten Semester wieder. Ziel der Abiturientenfreizeit ist es, zur Klärung bei der Berufswahl beizutragen.

3.1.3 Tagungen

Im Frühjahr und Herbst finden Tagungen für Theologiestudierende in der Evangelischen Akademie Hofgeismar statt. Die zweitägigen Veranstaltungen werden vom Ausbildungsdezernat geleitet und von einer studentischen Vorbereitungsgruppe vorbereitet und begleitet. Die Vollversammlung33 beschließt die Auswahl des Themas der Tagung.

Viele Tagungen setzen sich mit religiösen und ethischen Fragestellungen auseinander, die an den Hochschulen zwar behandelt werden - jedoch ohne die inhaltliche Verknüpfung mit der Situation in Kurhessen-Waldeck. Sie dienen also auch dem Kennenlernen der Heimatkirche. Tagungen sind zudem eine gute Gelegenheit, Kommilitoninnen und Kommilitonen zu treffen, die an ganz anderen Orten studieren.

3.1.4 Besuch der Ortskonvente

An einer ganzen Reihe von Hochschulorten haben sich kurhessische Ortskonvente gebildet. Sie dienen der Kontaktpflege zwischen den Studierenden. Die Ortskonvente sind außerdem Forum der Diskussion zur Auseinandersetzung mit Studienfragen. Das Ausbildungsdezernat besucht die größeren Ortskonvente, um Direktinformationen aus der Landeskirche geben zu können. Wichtig ist andererseits, dass sich die Studierenden mit dem Ausbildungsdezernat über ihre konkrete Lebenssituation vor Ort austauschen können.

3.1.5 Beratung

Studierende können jederzeit im Ausbildungsdezernat um einen Gesprächstermin nachsuchen. Um Terminabsprache wird gebeten! Studienplanung und -situation bzw. persönliche Anliegen können besprochen werden.

33 S. u. 4.1.1 Vollversammlung, S. 17.

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3.1.6 Rundbriefe des Ausbildungsdezernats

In Rundbriefen werden wichtige Informationen an alle Studierenden gesandt. Besonders

wichtig sind die Mitteilungen, aus denen Meldefristen zu Praktika und Prüfungen hervorgehen. Daneben enthalten Rundbriefe Einladungen zu Tagungen und anderen Veranstaltungen.

Abb. 6: Haus der Kirche in Kassel (Landeskirchenamt) (Foto: Gerhard Jost)

3.2 Begleitende Kommission für die theologische Ausbildung Die Begleitende Kommission ist ein Ausschuss des Rates der Landeskirche, die sich mit Ausbildungsfragen des Studiums und des Vikariats auseinandersetzt. Sie wird vom Ausbildungsdezernenten geleitet. Mitglieder sind ein Propst oder eine Pröpstin, der Direktor des Predigerseminars, Professoren des Fachbereichs Ev. Theologie in Marburg, Pfarrerinnen und Pfarrer, die im Ausbildungsbereich tätig sind sowie Vikarinnen, Vikare und Studierende, die in diesem Gremium grundsätzliche Fragen der Ausbildung gemeinsam besprechen und zu Regelungen Stellung nehmen können.

3.3 Studienhaus Marburg

“Das Studienhaus ist eine Einrichtung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zur Begleitung und Beratung der Studierenden der Evangelischen Theologie für das Pfarramt und das Lehramt. In Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg macht das Studienhaus Angebote zur Studienbegleitung und –beratung:34

� Beratung zu Aufbau und Organisation des Studiums

� Begleitende Angebote zu einzelnen Lehrveranstaltungen

� Begleitung von Arbeitsgemeinschaften zur Examensvorbereitung (Probeklausuren)

� Studientage

� Religionspädagogischer Studientag (mit auswärtigen Fachvertretern)

34 Adresse s. u. im Anhang 13.

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� Studientag im Rahmen der Examensvorbereitung und Repetitorien

� Studientage zu fachdidaktischen, liturgischen u. a. Themen

� Besondere Veranstaltungen zur KirchenRaumPädagogik u. a.

� Begleitung von Pfarrerinnen und Pfarrern im Studiensemester."35

Für die Arbeit ist eine Studienleiterin zuständig. Für die Mitarbeit im Studienhaus sind zwei Studienleiter (einschl. der Außenstelle in Göttingen) beauftragt. Im Beirat des Studienhauses sind der Bischof, der Fachbereich Ev. Theologie in Marburg, Verantwortliche im Bereich Religionsunterricht, das Predigerseminar, das Ausbildungsdezernat und Studierende des Ortskonvents Marburg vertreten. Die Studienleiterin ist bereit, auf Wunsch von Ortskonventen auch andere Universitäten zu besuchen und über die Möglichkeiten des Studienhauses zu informieren. Theologiestudierende anderer Landeskirchen bzw. Bundesländer können selbstverständlich das Angebot im Studienhaus Marburg nutzen.

Das Studienhaus liegt nur ein paar Minuten von der Alten

Universität entfernt am Lutherischen Kirchhof 3. Es ist in der Regel vormittags von 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr und zu den Veranstaltungen geöffnet. Die Bibliothek mit Standard-werken und Examensliteratur kann während der Öffnungs-zeiten genutzt werden. Die Räume stehen Studierenden für Arbeitsgruppen offen.

Das jeweilige Semesterprogramm erscheint im März bzw. September.36

Abb. 7: Das Studienhaus der EKKW (Foto: Studienhaus)

3.4 Studienbegleitung in den Sprengeln und Kirchenkreisen

Die Pröpstinnen und Pröpste laden gelegentlich die Studierenden ein, die aus ihrem Sprengel der Landeskirche stammen (Hanau, Hersfeld, Kassel, Waldeck und Marburg37). In Einzelgesprächen und Studientagen lernt man sich kennen und bearbeitet Themen, die im Spannungsfeld Ausbildung - Kirche liegen. Ähnliches geschieht in vielen Kirchenkreisen durch die Dekaninnen und Dekane.

35 § 1 der Satzung für das Studienhaus der EKKW vom 12.07.1994. 36 Das Programm liegt aus und ist auf der Homepage einzusehen. 37 S. o. 3.1.1 Liste der Theologiestudierenden, S. 13.

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3.5 Hessische Stipendiatenanstalt in Marburg

Eine fundierte Studienbegleitung bietet die Hessische Stipendiatenanstalt im Marburger Schloß. Sie existiert seit den Tagen der Reformation38 und steht neben Theologinnen und Theologen auch Studierenden anderer Disziplinen offen. Sie diente von ihren Ursprüngen her der Förderung des akademischen Nachwuchses der Landgrafschaft Hessen. Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck begleitet die Studierenden durch einen Repetenten39. Die Stipendiatenanstalt wird durch einen Professor der Universität geleitet (Amtsbezeichnung Ephorus)40. Sie ist dem Ideal der Lebens- und Wohngemeinschaft (vita communis) verpflichtet41.

Abb. 8: Hessische Stipendiatenanstalt (Foto: Gerhard Jost)

38 Durch Landgraf Philipp von Hessen am 31.8.1529 proklamiert. 39 In der Regel ein Pfarrer im Hilfsdienst, der für ein oder mehrere Jahre beauftragt wird, vgl. u. 8 Aufnahme in den Hilfspfarrdienst. 40 Zur genauen Struktur s. das „Regulativ für die Stipendiaten-Anstalt zu Marburg vom 11. Februar 1849“, das rechtlich noch immer in Kraft ist. 41 Prof. Dr. Walcher, 1954 Rektor der Philipps-Universität: „Wenn in den Jahren nach dem Kriege der Blick oft neidvoll auf die in England seit Jahrhunderten gepflegten und bewährten Formen der Universitätserziehung, das College-System, fiel und man darüber nachdachte, wie man mit solchen Formen unseren immer amorpher werdenden Universitätsbetrieb wieder organischer strukturieren könne [...], so hätte man nachdrücklicher, als es geschah, den Blick auf die wenigen bewährten und intakten Körperschaften einer studentischen Lebens- und Studiengemeinschaft richten sollen, deren wir in Marburg mit der Stipendiatenanstalt eine zu besitzen uns glücklich schätzen.“ Zitiert nach: Pastoralblatt für Kurhessen-Waldeck, Heft 1/1955, Sonderdruck. Natürlich haben sich in den letzten Jahrzehnten neue Formen des gemeinschaftlichen Lebens entwickelt, die den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen.

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4 Landeskonvent der Studierenden

„Der Landeskonvent42 ist der Interessenverband der Theologiestudierenden der EKKW und fördert deren Zusammenarbeit."43 Zur verantwortlichen Begleitung der Studierenden gehört der intensive Dialog mit dem Landeskonvent. Im Gespräch mit dem Ausbildungsdezernat können wichtige Einsichten vermittelt und Problemanzeigen gemacht werden. Mitglieder des Landeskonvents sind alle Angehörigen der Liste der Theologiestudierenden der EKKW sowie die cand. theol. (s.u. 7.1).

4.1 Gremien der Studierenden

4.1.1 Vollversammlung

Zweimal pro Jahr findet die Vollversammlung aller Theologiestudierenden der Landeskirche statt - üblicherweise in Hofgeismar in Verbindung mit der Frühjahrs- oder Herbsttagung44. Die Vollversammlung ist oberstes Beschlussorgan. Sie wählt den Vorstand und entlastet ihn. Die Vollversammlung wählt Vertreterinnen und Vertreter für verschiedene Ämter45.

4.1.2 Ortskonvente

Angehörige der Listen der verschiedenen Landeskirchen der EKD haben an den

Hochschulorten die Organisationsform der Ortskonvente. Wer also als Kurhesse in Göttingen studiert, gehört zum kurhessischen Ortskonvent in Göttingen. Mehrmals pro Semester treffen sich die Konventsmitglieder. Eine Sprecherin oder ein Sprecher vertritt den Ortskonvent nach außen hin. Thematische Arbeit und Gemeinschaftspflege stehen im Vordergrund.

4.1.3 Landeskonventsvorstand

„Der Vorstand ist das ausführende Organ der Vollversammlung. Er ist den Beschlüssen der Vollversammlung verpflichtet und vertritt den Landeskonvent nach innen und außen."46 Die drei Mitglieder des Vorstands nehmen eine Arbeitsteilung für die Bereiche Finanzen, Medien und Geschäftsführung (Postadresse) vor. Der Vorstand trifft sich regelmäßig mit dem Ausbildungsdezernat, um wesentliche Fragen der Ausbildung zu diskutieren.

4.1.4 Landeskonventsrat

Zwischen den Vollversammlungen ist der Konventsrat „das maßgebliche Beschlussorgan"47. Der Vorstand, Delegierte der Ortskonvente und die mit den verschiedenen Ämtern Beauftragten bilden den Konventsrat. Er dient dem Informationsaustausch und koordiniert die Arbeitsbereiche miteinander.

42 S. u. im Anhang 11, Satzung des Landeskonvents 43 Satzung des Landeskonvents, § 1, Absatz 1. 44 S. o. 3.1.3 Tagungen, S. 14. 45 Synodenbeobachtung, Begleitende Kommission, Vikarsbeauftragte, Studierendenrat Ev. Theol. u. a. 46 Satzung des Landeskonvents § 5, Absatz 1. 47 Satzung des Landeskonvents § 6, Absatz 1.

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4.1.5 Montagsbote

Der Montagsbote (MoBo) ist eine in der Regel zweimal jährlich erscheinende Zeitschrift des Landeskonvents für die kurhessischen Studierenden. Ein Redaktionsteam veröffentlicht Beiträge zu wichtigen Themen. Das Redaktionsteam arbeitet selbständig, ist jedoch dem Landeskonventsrat verantwortlich. Zu den Tagungen werden Sonderhefte des MoBo mit Themenschwerpunkten aufgelegt, die von einer studentischen Vorbereitungsgruppe erstellt werden.

5 Praktika

Praktika sind eine gute Möglichkeit, während des Studiums einen Bereich kirchlicher Arbeit intensiv wahrzunehmen. Ein Praktikum, das vom Prüfungsamt anerkannt wird, muss bei der Examensmeldung nachgewiesen werden. Die Prüfungsordnung für die Erste Theologische Prüfung legt hier das Gemeindepraktikum als Regelpraktikum fest. Ein weiteres landeskirchliches Praktikum (s. u.) kann gefördert werden. Praktika anderer Landeskirchen, die mit den kurhessischen vergleichbar sind, können im Einzelfall ebenfalls anerkannt werden; hierzu ist eine rechtzeitige Kontaktaufnahme mit dem Ausbildungsdezernat erforderlich. Praktika werden normalerweise nach der Zwischenprüfung im Hauptstudium absolviert.

5.1 Gemeindepraktikum

In der vorlesungsfreien Zeit zwischen Wintersemester und Sommersemester findet das Gemeindepraktikum statt. Im Gebiet eines oder mehrerer Kirchenkreise haben sich Pfarrerinnen und Pfarrer bereit erklärt, als Mentorinnen und Mentoren Studierende sechs Wochen zu begleiten. Studierende erhalten einen guten Einblick in die Realität der Berufspraxis und können in begrenztem Umfang am Arbeitsprozess teilnehmen. Das Praktikum dient auch der Selbstvergewisserung: Will und kann ich diesen Beruf später ausüben? Kann ich mir vorstellen, nach dem Vikariat in einem Pfarrhaus zu leben?

Für viele Studierende folgt aus dem Gemeindepraktikum, in der anschließenden Studienphase verstärkt das Fach Praktische Theologie wahrzunehmen (Homiletik/Liturgik, Seelsorge, Pädagogik u. a. m.). Das Praktikum wird von Predigerseminar und Ausbildungs-dezernat geleitet. Eine Anfangs- und eine Schlusstagung dienen der Vorbereitung und der Auswertung des Praktikums. Ein individuelles Nachgespräch findet statt. Nach Vorlage eines Praktikumsberichts gibt die Landeskirche eine Studienbeihilfe.

5.2 Diakoniepraktikum

Diakonie ist ein Hauptarbeitsfeld kirchlichen Handelns. Es ist ein sehr hoher Grad an Spezialisierung und Differenzierung von Arbeitsfeldern entstanden. Ein Praktikum kann daher nur einen partiellen Einblick in einen Bereich verschaffen. In zwei Einrichtungen für Altenarbeit (Ev. Altenhilfe Hofgeismar und Martin-Luther-Stiftung Hanau) werden in der vorlesungsfreien Zeit im Sommer Diakoniepraktika angeboten. Für sechs Wochen begleiten Studierende die Arbeit eines Seelsorgers / einer Seelsorgerin.

Wie beim Gemeindepraktikum kann nach Vorlage eines Berichts eine Studienbeihilfe gewährt.

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5.3 Industrie- und Handwerkspraktikum

Einblick in die Berufssituation in Industrie und Handwerk bietet ein Praktikum, das in den Sommersemesterferien stattfindet. Es wird vom Landeskirchenamt, Bereich Wirtschaft, Arbeit und Soziales, organisiert. Anfangs- und Auswertungsseminar umrahmen das sechswöchige Praktikum. Falls vom Arbeitgeber keine Löhne gezahlt werden, können die Praktikantinnen und Praktikanten nach Vorlage eines Praktikumsberichts eine Studienbeihilfe erhalten.

5.4 Landpraktikum

Ebenfalls in den Sommersemesterferien findet das sechswöchige Praktikum in

landwirtschaftlichen Betrieben des Marburger Landes statt. Der Einsatz besteht in landwirtschaftlicher Arbeit während der Erntezeit und ermöglicht die Wahrnehmung der Lebenssituation landwirtschaftlicher Familien. Seminartage vermitteln Grundkenntnisse über die Strukturen und Entwicklungen im ländlichen Raum, zu dem ja ein Großteil des Gebiets der Landeskirche gehört. Studienbeihilfe kann nach Vorlage eines Berichts gezahlt werden.

5.5 Ökumenepraktikum

Das Praktikum wird von der Ökumenischen Werkstatt Kassel geleitet und organisiert. Während der sechs Wochen lernen Praktikantinnen und Praktikanten die wichtige ökumenische Arbeit innerhalb unserer Landeskirche kennen. Ein Schwerpunkt liegt in der Wahrnehmung der sozialen Dimension christlichen Glaubens und der Förderung religiöser und interkultureller Sensibilität. Wie bei den anderen Praktika kann eine Studienbeihilfe gewährt werden, sobald ein Praktikumsbericht vorliegt.

5.6 Medienpraktikum

Das Medienpraktikum wird im Hörfunk- oder Internetbereich für Studierende angeboten, da Öffentlichkeitsarbeit zukünftig für die Kirche eine immer höhere Bedeutung einnehmen wird. Insgesamt zwei Plätze pro Jahr stehen in Frankfurt bzw. Kassel zur Verfügung.

6 Förderungsmöglichkeiten durch die Landeskirche

6.1 Büchergeld

Das Landeskirchenamt gewährt derzeit den in die Liste der Theologiestudierenden der EKKW aufgenommenen Studierenden durch das Ausbildungsdezernat während des Studiums 300,00 Euro Büchergeld, das nach Vorlage der Originalbücherrechnungen48 für theologische Literatur in zwei Raten zu etwa 150,00 Euro ausgezahlt wird. Das Büchergeld wird im „Aufnahmeschreiben" (Aufnahme in die Liste der Theologiestudierenden) zugesagt. Es empfiehlt sich eine Inanspruchnahme zu Beginn, in der Mitte oder am Ende des Theologiestudiums. Die erste Rate wird erst nach der Ablegung der ersten Sprachprüfung nach dem Abitur gewährt, die zweite, wenn der Nachweis über alle für das Theologiestudium erforderlichen Sprachprüfungen vorliegt. Erfolgt die Aufnahme in die Studierendenliste nach Ablegen der Zwischenprüfung, so wird Büchergeld in Höhe von 100,00 € gewährt.

48 Bitte Rechnungen mit lesbarer Titelangabe vorlegen.

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6.2 Studienbeihilfen

Angesichts knapper Finanzmittel kann die Landeskirche nur in sehr eingeschränktem Maß helfen. Es werden zwar auf Antrag Studienbeihilfen und Darlehen nach Maßgabe der verfügbaren Mittel gewährt. Jedoch sind Theologiestudierende wie alle anderen Studierenden zunächst an die Mittel der Eltern und der öffentlichen Hand (z. B. BAföG) gewiesen. In Notlagen versucht die Landeskirche, Studierenden durch Einzelbeihilfen und Darlehen zu helfen (besonders im Examenssemester). Anträge sind in der Regel bis zum Beginn des Semesters beim Ausbildungsdezernat einzureichen.

7 Vikariat

Im Rahmen dieser Informationsschrift zum Theologiestudium kann das Vikariat nur knapp

skizziert werden49. Einige Eckpunkte sind jedoch auch für Theologiestudierende sicher schon von Interesse:

Auf dem Weg in den Beruf als Pfarrerin oder Pfarrer stellt das Vikariat die zweite

Ausbildungsphase dar50. Sie wird im Gegensatz zum Studium primär von kirchlichen Ausbildungseinrichtungen gestaltet. Den Schwerpunkt des Vikariats stellt die Gemeindephase dar, während der die Vikarin oder der Vikar von einer Mentorin oder einem Mentor angeleitet wird, die pfarramtlichen Praxisfelder kennen zu lernen, und sich Wissen und Fertigkeiten anzueignen, die für die spätere Berufsausübung unerlässlich sind. Die Praxis wird während des Vikariats theoriegeleitet reflektiert, um den Ertrag theoretischer Kenntnisse des Studiums für die konkrete Gemeindesituation fruchtbar zu machen. Das Vikariat führt auf den Weg zu einer pastoralen Berufs-Identität und „kirchlicher Handlungskompetenz"51.

7.1 Aufnahme in den Ausbildungsdienst

Nach der erfolgreichen Ersten Theologischen Prüfung stellen die Kandidatinnen oder Kandidaten einen Antrag auf Aufnahme in den Ausbildungsdienst.

Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 hat das Landeskirchenamt beschlossen, pro Jahr nur noch einen Vikarskurs aufzunehmen. Beginn des Ausbildungsdienstes wird jährlich am 1. September sein.

Die Landeskirche bemüht sich, dass Studierende ihrer Landesliste, die die Voraussetzungen für den Ausbildungsdienst erfüllen, auch die Möglichkeit erhalten, ihre Ausbildung abzuschließen.

Kandidaten, die nicht direkt im Anschluss an die Erste Theologische Prüfung in den Ausbildungsdienst treten können oder wollen, werden auf einer Liste der „cand. theol.“ geführt. Sie sind gehalten, regelmäßig Kontakt zur Landeskirche zu pflegen.

7.2 Verlauf

Das Vikariat dauert 26 Monate. Normalerweise wohnen Vikarinnen und Vikare in ihrer

Ausbildungsgemeinde. Im Gespräch zwischen Ausbildungsdezernat, Dekanin oder Dekan, Pröpstin oder Propst wird überlegt, wo die Ausbildung stattfinden kann und welche

49 Zum Vikariat wichtig zu lesen: Grundlagen, op. cit., S. 57-75; Gesamtplan, op. cit., S. 77-100. Zur Einführung in die kurhessische Ausbildung: Frithard Scholz, Die Ausbildung der Vikarinnen und Vikare, in: Martin Hein (Hg.), Ein Jahrhundert Predigerseminar Hofgeismar, Kassel 1991, S. 173-187. 50 Zur Rechtsstellung der Vikare s. u. im Anhang 7. 51 Werner Hassiepen, Perspektiven der Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern. Aus der Arbeit der „Gemischten Kommission“, in: Martin Hein, op. cit., S. 259-268, S. 265.

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Mentorinnen und Mentoren dort zur Verfügung stehen. Wenn möglich, werden persönliche Wünsche der Kandidatinnen und Kandidaten mit einbezogen.

Ein Umzug vom Studienort in die Gemeinde steht jedenfalls am Anfang des Vikariats. Dies bedeutet einen deutlichen biographischen Einschnitt, den Abschied von einer alten und den Beginn einer neuen Lebensphase52.

Neben dem Kennenlernen der Gemeinde steht im ersten Dreivierteljahr des Vikariats die Religionspädagogik im Vordergrund. Eine Schulmentorin oder ein Schulmentor begleitet die Vikarin oder den Vikar während dieser Zeit. Studienleiter des Pädagogisch-Theologischen Instituts der Landeskirche vermitteln in Kursen im Predigerseminar (s.u. 7.3) methodische Kenntnisse und koordinieren diese Ausbildungsphase. In der Regel wird Religionsunterricht an Grundschulen oder Sekundarstufen I erteilt.

Während der etwa einjährigen Gemeindephase geht es um die Erarbeitung der klassischen Aufgabengebiete des Pfarramts: Gottesdienstgestaltung, Seelsorge, Diakonie, Konfirmandenunterricht, Bildungsarbeit, Gemeindeorganisation und -leitung53. Kurswochen im Evangelischen Predigerseminar durchziehen die praktische Ausbildung, geben neue Impulse und führen in Praxisfelder ein. Die Phase des Schlusssemesters im Evangelischen Predigerseminar reflektiert die gemachten Erfahrungen (Theorie kirchlichen Handelns) kritisch und führt zur Entwicklung eines verantwortbaren pastoraltheologischen Konzepts.

7.3 Evangelisches Predigerseminar

Das Evangelische Predigerseminar der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist die zentrale Bildungseinrichtung für die zweite Phase der Ausbildung (Vikariat) und die anschließende Fortbildung in den ersten Amtsjahren (FEA). Es wird vom Direktor des Evangelischen Predigerseminars geleitet. Die einzelnen Vikarskurse werden von Studienleiterinnen und -leitern begleitet. Die Kurse stellen konstante Lerngruppen dar. Während der Kurswochen und des Schlusssemesters wohnen die Vikarinnen und Vikare im Evangelischen Predigerseminar in Hofgeismar54.

Abb. 9: Evangelisches Predigerseminar in Hofgeismar (Foto: Gerhard Jost)

7.4 Mentorin oder Mentor

Erfahrene Pfarrerinnen und Pfarrer bilden im Gemeindevikariat aus. Sie führen in

Verantwortung gegenüber Kirchenvorstand und Gemeinde die Vikarinnen und Vikare in die konkrete Gemeindesituation ein und leiten zu verantwortlichem pfarramtlichen Handeln an. Während dieser Zeit sind sie Dienstvorgesetzte der Auszubildenden.

52 Auf die einzelnen Formalia zu Beginn des Vikariats soll hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden. 53 Zu den amtlichen Aufgaben s. u. im Anhang Text 8, Protokoll des Ordinationsgesprächs. 54 Zur Geschichte und zum Profil der Ausbildungsstätte s. die verschiedenen Beiträge in: Martin Hein, op. cit., S 27-268.

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7.5 Zweite Theologische Prüfung

Die Zweite Theologische Prüfung wird in der Schlussphase des Vikariats abgelegt. Sie umfasst Leistungsnachweise aus der Ausbildungszeit (Katechese, Erfahrungsbericht mit Schwerpunktthema, Predigt, Nachweis der Kenntnis in Hessischer Kirchengeschichte, Kirchen- und Verwaltungsrecht und Diakonie) sowie die mündliche Prüfung (Biblische Theologie, Systematische Theologie, Praktische Theologie).

8 Aufnahme in den Hilfspfarrdienst

Kriterien für die Aufnahme in den Hilfspfarrdienst sind die Ergebnisse der Ersten und Zweiten Theologischen Prüfung, der Mentorenbericht, der Bericht des Evangelischen Predigerseminars und ein Gespräch mit einem Beratungsausschuss zur Anstellung von Hilfspfarrern. Wird die Aufnahme in den Hilfspfarrdienst positiv entschieden, folgen Ordination und Beauftragung mit der Versehung einer Pfarrstelle falls nicht eine Beauftragung mit ehrenamtlichem Pfarrdienst erfolgt. Während der Probezeit besteht eine Verpflichtung zu jährlicher Fortbildung55. Das Recht, sich um eine Stelle zu bewerben, wird erst nach der Probezeit zuerkannt. „Theologen, die nach bestandener Zweiter Theologischer Prüfung als Hilfspfarrer in den Dienst der Landeskirche aufgenommen werden, leisten eine Probezeit ab. Diese dauert in der Regel zwei und sechs Monate und in Ausnahmefällen bis zu fünf Jahren. Die Probezeit soll in der Regel im Gemeindepfarrdienst abgeleistet werden."56 Natürlich fragen sich die Anfängerinnen und Anfänger, welche Stelle sie antreten werden: Wo und unter welchen Umständen werde ich mit dem Dienst beginnen? In einer Gemeindepfarrstelle oder einer landeskirchlichen57 Pfarrstelle? Die Antwort hängt ab von der Anzahl vakanter Pfarrstellen - und der Eignung für die jeweilige Aufgabe.

Abb. 10: Ordination im Frühjahr 2006 in der Kilianskirche in Korbach

55 S. dazu: Helmut Wöllenstein, Fortbildung in den ersten Amtsjahren - FEA, in: Martin Hein, op. cit., S 189-197. 56 Pfarrerdienstgesetz § 104 (1). 57 Pfarrerdienstgesetz § 108 (1): „Pfarrer der Landeskirche sind Pfarrer, die mit der Wahrnehmung übergreifender oder spezieller kirchlicher Aufgaben betraut werden.“