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Heiner Klocke Porta Hebraica - Präsentation, Interaktion und Navigation in einem Hebraica-Wissensraum Zusammenfassung. In dem interdisziplinären Pilotprojekt Porta Hebraica wurden 50 ausgewählte Bücher der Hebraica-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek digitalisiert, buchwissenschaftlich erschlossen und die Ergebnisse als Webanwendung präsentiert. Durch das Fachwissen beteiligter Buchwissenschaftler, Bibliothekare und Informatiker konnten spezielle Anforderungen und unterschiedliche Expertensichten auf die Besonderheiten der Digitalisierung und Tiefenerschließung alter und seltener hebräisch-schriftlicher Druckschriften von Anfang an analysiert und bei der Planung und Realisierung des Systems berücksichtigt werden. Im Arbeitsfokus der Informatik, über den hier berichtet wird, standen die Methoden und Techniken zur Erfassung, Darstellung und Sicherung von Informationen und Expertenwissen aus einem Arbeitsbereich, in dem hebräisch-schriftliche gedruckte Dokumente (Hebraica) unter buchwissenschaftlichen Gesichtspunkten erforscht werden. Alle erfassten Informationen sowie das gewonnene Wissen der Fachexperten werden in einem über das Internet zugänglichen "Hebraica-Wissensraum" gesichert und anderen Interessenten für weitere Forschungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Über das im Bibliothekswesen als Standard verwendete Z39.50-Protokoll können die bibliographischen Daten der erfassten Bücher abgerufen werden. 1. Retrospektive Digitalisierung von Dokumenten Neue Informations- und Kommunikationstechnologien sind heute gut in Forschungs- und Arbeitsgebiete aus Natur- und Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Medizin eingebunden. Anders sieht es jedoch in geisteswissenschaftlichen Forschungsdisziplinen aus. Viele Dokumente, auf die z.B. Historiker, Theologen, Philosophen, Buchwissenschaftler, Sprachwissenschaftler, etc. bei ihrer Arbeit angewiesen sind, befinden sich in gedruckter oder handgeschriebener Form weltweit verstreut in den Archiven und Magazinen der Bibliotheken.

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Heiner Klocke

Porta Hebraica - Präsentation, Interaktion und Navigation in einem Hebraica-Wissensraum

Zusammenfassung. In dem interdisziplinären Pilotprojekt Porta Hebraica wurden 50 ausgewählte Bücher der Hebraica-Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek digitalisiert, buchwissenschaftlich erschlossen und die Ergebnisse als Webanwendung präsentiert. Durch das Fachwissen beteiligter Buchwissenschaftler, Bibliothekare und Informatiker konnten spezielle Anforderungen und unterschiedliche Expertensichten auf die Besonderheiten der Digitalisierung und Tiefenerschließung alter und seltener hebräisch-schriftlicher Druckschriften von Anfang an analysiert und bei der Planung und Realisierung des Systems berücksichtigt werden. Im Arbeitsfokus der Informatik, über den hier berichtet wird, standen die Methoden und Techniken zur Erfassung, Darstellung und Sicherung von Informationen und Expertenwissen aus einem Arbeitsbereich, in dem hebräisch-schriftliche gedruckte Dokumente (Hebraica) unter buchwissenschaftlichen Gesichtspunkten erforscht werden. Alle erfassten Informationen sowie das gewonnene Wissen der Fachexperten werden in einem über das Internet zugänglichen "Hebraica-Wissensraum" gesichert und anderen Interessenten für weitere Forschungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Über das im Bibliothekswesen als Standard verwendete Z39.50-Protokoll können die bibliographischen Daten der erfassten Bücher abgerufen werden.

1. Retrospektive Digitalisierung von Dokumenten

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien sind heute gut in Forschungs- und Arbeitsgebiete aus Natur- und Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Medizin eingebunden. Anders sieht es jedoch in geisteswissenschaftlichen Forschungsdisziplinen aus. Viele Dokumente, auf die z.B. Historiker, Theologen, Philosophen, Buchwissenschaftler, Sprachwissenschaftler, etc. bei ihrer Arbeit angewiesen sind, befinden sich in gedruckter oder handgeschriebener Form weltweit verstreut in den Archiven und Magazinen der Bibliotheken.

Bild 1: Magazin in einer Bibliothek

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Die Beschaffung solcher Dokumente und somit der Zugriff auf die gesuchten Informationen sind für Wissenschaftler und Studierende oft mit großem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. Weiterhin müssen Barrieren wie Sprache, Standort, Ausleihbeschränkungen, usw. überwunden werden, bevor der Leser ein Dokument in den Händen hält und damit arbeiten kann. Später wird das Buch wieder an seinen Platz im Magazin der Bibliothek zurück gestellt und die gewonnenen Erkenntnisse sind für andere Interessierte nicht zugänglich. Um solche Barrieren und Probleme abzubauen, werden Lesern die Dokumente auch in digitaler Form zum Lesen meist über eine Webanwendung angeboten. Zuvor müssen jedoch die Bibliotheksbestände systematisch digitalisiert und die Digitalisate für im Internet verwendbare Zugriffs- und Präsentationsprogramme aufbereitet und gespeichert werden. Solche Digitalisierungsprojekte bringen aber auch neue Aufgaben und Probleme mit sich. Die Kosten für retrospektive Digitalisierungen von Büchern und Handschriften sind hoch. Alte und empfindliche Dokumente müssen eventuell vor dem Scannen restauriert und beim Scannen besonders schonend behandelt werden. Die für die Langzeitarchivierung von Digitalisaten verlangte hohe Scanauflösung von mindestens 400dpi erfordert große, sichere und langfristig beständige digitale Archive.

In vielen Bibliotheken finden heute durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte retrospektive Digitalisierungen ausgewählter Bestände statt /Thaller 2005/. Zur Qualitätssicherung hat die DFG Praxisregeln "Digitalisierung" erstellt /DFG-LIS 2009/, welche Designprofile für die Visualisierung von Digitalisaten definieren. Zum Zweck der überregionalen Erstrepräsentation mit dem sog. DFG-Viewer /DFG-Viewer 2010/ müssen die Bilder in einem vorgegebenen Format (METS/MODS) bereitgestellt werden.

Mit dem DFG-Viewer werden Grundfunktionen wie z.B. Blättern und Vergrößern von Digitalisaten über das Internet zur Verfügung gestellt. Als Leser hat man dadurch einen direkten Zugriff und eine standardisierte Sicht auf die kompletten Bildseiten eines Dokuments. Viele wissenschaftliche Arbeitsbereiche erfordern jedoch spezielle, an die Forschungsziele und Arbeitsmethoden angepasste Interaktions- und Darstellungsformen. Aus buchwissenschaftlicher und historischer Sicht sind zum Beispiel zusätzliche Informationen über ein Dokument wie der physikalische Zustand, Hinweise auf inhaltliche Aspekte und auf Herkunft und Druck, Typographie, usw. für die Forschung von großer Bedeutung. Spezielle themen- oder sprachorientierte Sammlungen, wie sie weltweit in Bibliotheken vorhanden sind, erfordern eine erweiterte und in die Tiefe gehende Erschließung, die gezielt auf Informationen und Wissen über die Besonderheiten der jeweiligen Sammlung ausgerichtet ist. Eine solche retrospektive, in die Tiefe gehende Erschließung solcher speziellen Sammlungen überschreitet die für die Ausleihe und Recherche in Bibliotheken erforderliche Formal- und Sacherschließung. Aus buchwissenschaftlicher und spezieller Forschungssicht müssen viele weitere Informationen über die Dokumente erfasst, gesichert und Forschern und Lernenden nachhaltig zur Verfügung gestellt werden. Für die buchwissenschaftliche Forschungsarbeit ist eine detaillierte Erschließung von Dokumenten unverzichtbar. Ohne eine solche so genannte Tiefenerschließung würden wertvolle Informationen über Dokumente nicht erfasst und könnten bei zukünftigen Forschung kaum noch berücksichtigt werden. Auf diese Erschließungsarbeit war das Pilotprojekt Porta Hebraica ausgerichtet.

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2. Das Projekt Porta Hebraica und seine Ziele

Gegenstand des Projekts ist eine der weltweit bedeutendsten Hebraica-Sammlungen in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Die Anzahl der Dokumente in diesem Bestand des Erscheinungszeitraumes 1501–1933 wird auf mindestens 2.700 Titel geschätzt.

Porta Hebraica war ein zweijähriges Pilotprojekt (2007-2009) interdisziplinärer Kooperation wissenschaftlicher Arbeitsgruppen aus den Bereichen Jüdische Geschichte und Kultur, Informatik und Bibliothekswesen. Neue Methoden und Techniken der Informatik wurden in diesem Projekt genutzt, um historische und bibliographische Informationen über diese Dokumente zu erschließen, zu strukturieren, zu katalogisieren, zu sichern und zu präsentieren.

Die zentrale Aufgabe der Informatik bestand darin, einen Softwareprototyp zu entwickeln, in dem der Benutzer mit Hilfe intelligenter Recherche-, Interaktions- und Visualisierungsfunktionen auf die digitalisierte Hebraica-Sammlung zugreifen kann. Insbesondere sollten verschiedene auf spezielle Forschungsziele und -aufgaben ausgerichtete web-basierte Funktionskomponenten als Arbeitsmittel in eine Webanwendung integriert werden. Weitere Detailziele:

    •    intelligente Recherche in verschiedenen Bibliothekskatalogen    •    Expertenschnittstelle für wissenschaftliches Arbeiten    •    Schnittstelle für fachlich Interessierte und Lernende, z.B. Studierende der

Geschichte    •    Strukturierung der erschlossenen Daten, z.B. durch Ontologien oder durch

semantische Netze    •    an die Rechercheziele dynamisch anpassbare Schnittstelle    •    visualisierte Navigation im Hebraica-Wissensraum    •    standardisierte Zugriffe auf Bibliotheken über das Z39.50-Protokoll mit dem

Datenaustauschformat MARC21                                                            •    geplant: automatische OCR-Transformation der Digitalisate in ein für die

Textsuche geeignetes Format, z.B. XML, PDF

3 Porta Hebraica als Wissensraum

Je tiefer wissenschaftliches Arbeiten in komplex vernetzte Strukturen vordringt, desto mehr bewegt sich der Fokus im Arbeitsumfeld von der Sicht auf die reinen Daten über deren Interpretation (Informationen), bis hin zu gewonnenen Erkenntnissen und erworbenem Wissen. Besonders schwierig ist es, menschliches Fachwissen in Computersystemen zu repräsentieren, es über Benutzungsschnittstellen zu präsentieren und nach Objekten und Strukturen von Wissen zu suchen.

Drei grundlegende Leitfragen haben das Projekt Porta Hebraica begleitet und die für den Prototyp entwickelten Lösungen geprägt.

1. Wie kann das bei Forschungsarbeiten erworbene Wissen durch geeignete Datenstrukturen und Algorithmen im Computer repräsentiert werden?

2. Welche Darstellungsformen eignen sich, um komplexe Informationen und Wissenselemente zu präsentieren und anderen Forschern und Lernenden zur Verfügung zu stellen?

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3. Wie kann in einem künstlichen System nach Elementen und Strukturen von Wissen gesucht werden? Welche Navigationsformen und Kommunikationsmittel eignen sich hierfür?

3.1 Historisches

Daten, Information und Wissen sind Begriffe, die nicht erst im Kommunikationszeitalter und mit dem Fortschritt der Informationstechnologie zu großer Bedeutung kamen. Schon Alsteds Enzyklopädie von 1630 repräsentiert Teile des damaligen Wissens zu verschiedenen Fachgebieten, die auf der Titelseite seines Werkes durch kleine Bilder mit Begriffen repräsentiert sind (Bild 2). Alsted gilt als früher Reformer und Verfechter moderner Lehr- und Lernmethoden. Sein enzyklopädischer wie ganzheitlicher Ansatz vermittelte eine Idee, mit geeigneter Didaktik und Methodik (mit dem „richtigen“ Weg des Lehrens und des Lernens) jedem Menschen alles Wissen beibringen /über Alsteds Enzyklopädie/.

Bild 2: Titelseite der von Johann-Heinrich Alsted im Jahre 1630 in Herborn veröffentlichten Encyclopaedia Cursus Philosophici. /Alsted 1630/

Aus dem 16. Jahrhundert stammt das so genannte Bücherrad von Agostini Ramelli, eine frühe Lesemaschine zum nicht-sequentiellen Lesen mehrer Bücher (Bild 3). Durch einen Drehmechanismus kann zwischen den Büchern gewechselt werden, so dass die Bücher nicht fallen, genau so liegen bleiben, wie sie hingelegt worden sind und immer im gleichen Zustand bleiben, wie und wann immer der Leser es wünscht. Es gilt als Vorläufer heutiger digitalisierter Hypertext-Strukturen, die Vannevar Bush 1945 als Idee veröffentlichte /Vannevar Bush 1945/. Bush stellte sich ein zukünftiges System Memex (Memory Extender) vor, welches das Wissen eines bestimmten Gebietes elektronisch aufbereitet und leicht zugänglich macht.

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Bild 3: Ramellis Bücherrad zum nicht-sequentiellen Lesen. /Agostino Ramelli 16. Jh./

3.2 Wissen und Wissensräume

Neuere Ideen und Vorschläge zum Umgang mit Wissen im Kommunikationszeitalter stammen von dem Schweizer Mathematiker und Musikwissenschaftler Guerino Mazzola. In einer Studie Humanities@EncycloSpace über enzyklopädische Wissensräume stellt er Konzepte und Methoden zur Orientierung und Navigation in enzyklopädischen Wissensräumen vor /Gerino Mazzola 1997/. Mazzola beschreibt Wissen wie folgt.

Wissen

ist kein passiver Zustand, kommt durch Aktivität zu sich selbst, ist geordneter Zugriff auf Informationen

Nach Platon ist Wissen wahre, gerechtfertigte Meinung. Eine Meinung ist jedoch nicht hinreichend für Wissen. So kann man etwa falsche Meinungen haben, jedoch kein falsches Wissen. Aber auch nicht jede wahre Meinung stellt Wissen dar. Ebenso, wie man die Church-Turing-These "Die Klasse der Turing-berechenbaren Funktionen ist genau die Klasse der intuitiv berechenbaren Funktionen." nicht beweisen kann, wird es auch wohl keine formale Definition für Wissen geben, wenn es nicht möglich ist, menschliches Wissen formal zu beschreiben. Trotzdem können und werden wir uns

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über Wissen unterhalten, es klassifizieren, beschreiben und überlegen, wie es sich auf Computern speichern lässt.

Besonders ist für wissenschaftliche Arbeitsbereiche ist die Unterscheidung von explizitem und implizitem Wissen, auch stilles Wissen genannt, interessant. Als explizit gelten Wissensinhalte, wenn eine Person bewusst über sie verfügt und sie gegebenenfalls auch sprachlich ausdrücken kann. Demgegenüber zeichnen sich implizite Inhalte dadurch aus, dass sie nicht auf eine solche Weise verfügbar sind. Stilles Wissen spielt in der Forschung eine wichtige Rolle, da viele zentrale Wissensinhalte nicht explizit vorhanden sind, sondern erst im Kontext der Nutzung aktiviert werden. So können etwa Ärzte häufig mit großer Zuverlässigkeit Diagnosen stellen oder Wissenschaftler Experimente analysieren, ohne explizit alle Regeln angeben zu können, nach denen sie bei Diagnose oder Analyse vorgehen.

Explizites Wissen wird seit Jahrhunderten in Form von Büchern und Handschriften, seit wenigen Jahrzehnten auch elektronisch für die Zukunft gesichert. Was aber geschieht mit dem stillen Wissen, dem Wissen, das sich Fachexperten durch jahrelange Forschung aneignen und das nicht explizit formulierbar und sprachlich repräsentierbar ist, auf das sie jedoch bei ihrer Arbeit permanent zugreifen und es nutzen?

3.3 Der Hebraica-Wissensraum

Informationen und Wissen über Hebraica stammen aus verschiedenen Arbeits- und Wissensbereichen, deren fachliche Besonderheiten bei der Planung und Strukturierung des Hebraica-Wissensraumes analysiert und bei der Entwicklung der Porta Hebraica Benutzungsoberfläche berücksichtigt wurden. (Bild 4).

Bild 4: Wissensbereiche im Hebraica Wissensraum

Wenn ein Buchwissenschaftler ein hebräisch-schriftliches Buch zum Beispiel aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek in den Händen hält, kann er dieses nach verschiedenen Aspekte untersuchen und beschreiben. Um die dabei erfassten Informationen für die Zukunft zu sichern, also gewonnenes Wissen und Erkenntnisse an andere Forscher weiterzugeben und es mit ihnen zu diskutieren, benötigt der Benutzer ein System, mit dem er all diese Informationen eingeben und danach suchen, sowie verschiedene und für seine Forschungszwecke geeignete Informationsdarstellungen erzeugen kann. Der im Projekt Porta Hebraica entwickelte Prototyp wurde unter dem

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Leitmotiv und der Vorstellung eines Wissensraumes gestaltet, dessen Inhalt sich dynamisch im Laufe der Zeit erweitern und verändern lässt. Die Verwendung des Begriffs Wissensraum im Zusammenhang mit Softwaresystemen führt zu Erwartungen, die wohl heute noch nicht alle erfüllbar sind, aber durch die Auseinandersetzung mit diesem Leitziel werden viele neue Ideen diskutiert, welche die Forschung auf dem Gebiet der Wissenssicherung voran bringen.

Ein zentraler Aspekt und bedeutender Vorteil bei der Entwicklung von Porta Hebraica war die Möglichkeit, eng mit einem Fachexperten der Buchwissenschaft zusammenzuarbeiten, der die Hebräische Sprache als Muttersprache beherrscht, sowie ein umfassendes Wissen über Jüdische Geschichte und Kultur besitzt. Informatisches und geisteswissenschaftliches Denken findet in sehr unterschiedlichen Strukturen statt, was sich u.a. besonders in der Fachsprache der beiden Denkbereiche zeigt.

Heute wissen wir nicht, ob in Zukunft ein digitales Medium mit dem Lesen eines gedruckten Buches, das man in den Händen hält, konkurrieren kann. Seit Jahrhunderten werden Bücher gedruckt. Bis heute ist jedes dieser Bücher ein bio-optisches, organisiertes künstliches Wissenszentrum, kabellos, ohne Batterie, kompakt, tragbar, überall einsetzbar und es stürzt niemals ab. Beim Lesen werden die Informationen direkt ins Gehirn übertragen. Mit einer einfachen Wischbewegung kommt man von einer zur nächsten oder zur vorherigen Seite. Im Index findet man den direkten Speicherort einer Information, und er ist sofort abrufbar. Mit einfachen Lesenzeichen lassen sich Stellen im Buch direkt öffnen. Auch persönliche Notizen sind mithilfe eines einfachen Programmierwerkzeugs, dem "Stift", möglich. /Kennen Sie BOOK? 2010/

So hoch die Maßstäbe folglich sind, die ein gedrucktes Buch bzgl. Flexibilität und Nutzungskomfort setzt, so komplex und aufwendig ist die Logistik, die für das Verwalten, Erhalten und Bereitstellen von Büchern als Wissenszentren notwendig ist. Das Lesen, Blättern und Suchen im Buchindex oder Inhaltsverzeichnis eines Buches beherrscht der Mensch perfekt. Dafür wird kein digitales System benötigt. Bei der Suche nach Büchern und dem darin gespeicherten Wissen sind wir heute jedoch auf elektronische Systeme angewiesen. Wie gut solche Systeme diese Aufgaben bewältigen, hängt letztendlich vor allem davon ab, wie tief und genau die Systementwickler die vielen Aspekte und die Bedeutung eines Buches für das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen verstehen und wie sie die gewonnenen Erkenntnisse durch adäquate Funktionen und Darstellungsformen in neuen Systemen abbilden.

4 Der Prototyp Porta Hebraica

Um Informationen und Wissen in einem Computersystem zu speichern, muss zunächst eine geeignete Wissensrepräsentationsform entworfen werden, mit der die semantische Reichhaltigkeit eines wissenschaftlichen Arbeitsgebietes modelliert werden kann. In der Informatik gibt es verschiedene formale Sprachen, mit denen das möglich ist, wie z.B. die Sprache OWL (Web Ontology Language), mit der Ontologien in einem Softwaresystem repräsentiert werden können (Bild 5).

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Bild 5: Modelle der Wissensrepräsentation

Um unterschiedliche Wissensbereiche unabhängig voneinander in einem System darzustellen und zu benutzen, werden in Porta Hebraica mehrere Ontologien verwendet. Die Anwendungsontologie ist speziell auf Hebraica-Objekte und -Beziehungen ausgerichtet. Sie benutzt Informationen aus Domänenontologien wie Buchwissenschaft und Bibliothekswesen sowie aus Aufgabenontologien wie z.B. Katalogisierung und Recherche (Bild 6).

Bild 6: Domänen-, Aufgaben- und Anwendungsontologien im Hebraica-Wissensraum. Weitere Ontologien können hinzugefügt werden, ohne dass bestehendes Wissen in anderen Ontologien davon betroffen ist.

Jede Domänenontologie wird weiter verfeinert und speichert somit Detailwissen aus dem jeweiligen Fachgebiet (Bild 7).

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Bild 7: Beispiel einer Domänenontologie für Bücher. Alle Objekte und deren Beziehungen untereinander werden dargestellt und beschrieben. Andere Ontologien, die, wie in diesem Fall mit der Sprache OWL implementiert sind, können auf das Wissen der Buch-Ontologie zugreifen und es in jedem beliebigen anderen Kontext verwenden.

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Bild 8: Die Porta Hebraica Werkstatt

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Bild 9: Das Porta Hebraica Studio

5 Zusammenfassung und Ausblick

schreibt Heiner

Teile können aus unserem DFG-Antrag herausgenommen und für diesen Punkt angepasst werden.

Literatur

Mazzola. Humanities EncycloSpace

/Thaller 2005/. "Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen" - Evaluierungsbericht über einen Förderschwerpunkt der DFG. Link vom 01.10.2010: http://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/pdf/retro_digitalisierung_eval_050406.pdf

/DFG-LIS 2009/ Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS): DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“. Link vom 01.10.2010: http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/praxisregeln_digitalisierung.pdf

/DFG-Viewer 2010/. Link vom 5.10.2010: http://dfg-viewer.de/

/Porta Hebraica 2009/. Link vom 5.10.2010: http://hebraica.fh-koeln.de/hebraica/

/über Alsteds Enzyklopädie/. Link vom 6.10.2010: http://de.wikipedia.org/wiki/Encyclopaedia_Cursus_Philosophici

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/Vannevar Bush 1945/.  As We May Think. Journal "The Atlantic Monthly". July 1945

/Gerino Mazzola 1997/. EnzycloSpace - Der Wissensraum im Informationszeitalter. Link vom 6.10.2010: http://www.ifi.uzh.ch/mml/musicmedia/documents/test/encyclospace-CD/html/menu.html 

/Kennen Sie BOOK? 2010/. Eine kleine satirische Geschichte zum Thema "Buch". Link vom 27.10.2010:  http://www.youtube.com/watch?v=01lKFuA__VM&feature=player_embedded

Danksagungen

Heidehof-Stiftung Bayerische Staatsbibliothek Institut für Jüdische Geschichte und Kultur Studierende und Mitarbeiter der Fachhochschule Köln ???? wer noch ???

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