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42 Kulturpolitische Mitteilungen • Nr. 131 • IV/2010 W ir leben in einer digitalen Gesellschaft, deren Rhythmus sich stetig zu beschleu- nigen scheint. Die zunehmend mobile di- gitale Kommunikation und ihre Infrastruktur revolu- tionieren die gesellschaftlichen Beziehungen und stellen überkommene kulturelle Traditionen, alltäg- liche Routinen, ökonomische Geschäftsmodelle so- wie gesellschaftliche Ordnungs- und Rechtsvorstel- lungen in Frage. Grundlegende Begriffe wie Frei- heit, Eigentum, Privatheit und Öffentlichkeit, in denen die kulturellen Wertvorstellungen der moder- nen Zivilisation kodiert wurden, stehen auf dem Prüfstand. Wir sind Zeugen und Akteure eines tief greifenden kulturellen Wandels, einer digitalen Re- volution, die große Ängste und große Hoffnungen auslöst. Während die Optimisten damit einen Zuge- winn an Freiheit und politischer Beteiligung ver- binden, warnen die Skeptiker vor dem »gläsernen Menschen«, vor »digitaler Überforderung« und der »Auswanderung ins Internet«. Die einen preisen Kooperation, Kollaboration, »Crowdsourcing« und Enthierarchisierung als neue Prinzipien der Partizi- pations- und Wissensgesellschaft an, während die anderen über die »Weisheit der Massen«, »Schwarm-Intelligenz« und den Amateurkult die Nase rümpfen und auf persönlicher Professionali- tät und Redaktionsverantwortung bestehen. Wäh- rend die einen die individuelle Urheberschaft und das geistige Eigentum in Frage stellen, sprechen die anderen schlicht von Diebstahl, wenn etwa raubkopierte Musikdateien aus dem Internet her- thema: 6. Kulturpolitischer Bundeskongress 2011 »Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikati- onsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsys- tem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen.« Bertolt Brecht, Radiotheorie, 1932 Kulturpolitik in der digitalen Gesellschaft Anmerkungen und Fragen zum Bundeskongress »netz.macht.kultur« aus der analogen Welt Norbert Sievers untergeladen werden. Inhalt, Rhetorik und Vehe- menz der Auseinandersetzung tragen die Züge eines Kulturkampfes. Kulturpolitik und Kulturinstitute sind Teil die- ses kulturellen Wandels. Auch die Künste stehen mitten in diesem Veränderungsprozess. Die Digita- lisierung schafft nicht nur andere Produktionsbe- dingungen im »Betriebssystem Kunst«, sondern eröffnet neue Formen der Vermittlung kultureller Werke und ihrer medialen Rezeption. Künstleri- sche Werke und historische Artefakte sind im Zeit- alter ihrer digitalen »Reproduzierbarkeit« oder Abbildungsmöglichkeit an jedem Ort und zu jeder Zeit im Prinzip beliebig oft zu sehen. Zugleich mehren sich die Möglichkeiten exponentiell, Wis- sen zu erzeugen, zu vermitteln und zu speichern. Digitale Rekonstruktionen geben anschauliche Ein- blicke in längst vergangene Zeiten. Niemals zuvor war es leichter, Zugang zu den Wissensspeichern dieser Welt zu bekommen und sich darüber auszu- tauschen, wenn sie denn digital aufbereitet und erschlossen sind. Die Vermittlung und Bewahrung des kulturellen Erbes in Bibliotheken, Museen und Archiven stehen damit vor neuen Herausforderun- gen und Chancen. Die Medien der analogen Welt: Bücher, Zeitschriften und Zeitungen verlieren da- gegen tendenziell an Bedeutung. Die Digitalisierung verändert jedoch nicht nur die Produktionsverhältnisse und Vermittlungsformen im Kulturbetrieb, sondern auch den sozialen, ökonomi- schen und programmatischen Zusammenhang, der Dr. Norbert Sievers ist Geschäftsführer der Kulturpoliti- schen Gesell- schaft e.V.

thema: 6. Kulturpolitischer Bundeskongress 2011 …Kulturbetrieb, sondern auch den sozialen, ökonomi-schen und programmatischen Zusammenhang, der Dr. Norbert Sievers ist Geschäftsführer

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42 Kulturpolitische Mitteilungen • Nr. 131 • IV/2010

THEMA: BUNDESKONGRESS 2011

Wir leben in einer digitalen Gesellschaft,deren Rhythmus sich stetig zu beschleu-nigen scheint. Die zunehmend mobile di-

gitale Kommunikation und ihre Infrastruktur revolu-tionieren die gesellschaftlichen Beziehungen undstellen überkommene kulturelle Traditionen, alltäg-liche Routinen, ökonomische Geschäftsmodelle so-wie gesellschaftliche Ordnungs- und Rechtsvorstel-lungen in Frage. Grundlegende Begriffe wie Frei-heit, Eigentum, Privatheit und Öffentlichkeit, indenen die kulturellen Wertvorstellungen der moder-nen Zivilisation kodiert wurden, stehen auf demPrüfstand. Wir sind Zeugen und Akteure eines tiefgreifenden kulturellen Wandels, einer digitalen Re-volution, die große Ängste und große Hoffnungenauslöst. Während die Optimisten damit einen Zuge-winn an Freiheit und politischer Beteiligung ver-binden, warnen die Skeptiker vor dem »gläsernenMenschen«, vor »digitaler Überforderung« und der»Auswanderung ins Internet«. Die einen preisenKooperation, Kollaboration, »Crowdsourcing« undEnthierarchisierung als neue Prinzipien der Partizi-pations- und Wissensgesellschaft an, während dieanderen über die »Weisheit der Massen«,»Schwarm-Intelligenz« und den Amateurkult dieNase rümpfen und auf persönlicher Professionali-tät und Redaktionsverantwortung bestehen. Wäh-rend die einen die individuelle Urheberschaft unddas geistige Eigentum in Frage stellen, sprechendie anderen schlicht von Diebstahl, wenn etwaraubkopierte Musikdateien aus dem Internet her-

thema:6. Kulturpolitischer Bundeskongress 2011

»Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikati-onsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsys-

tem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nurauszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörernicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn

nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen.«Bertolt Brecht, Radiotheorie, 1932

Kulturpolitik in der digitalen Gesellschaft

Anmerkungen und Fragen zum Bundeskongress »netz.macht.kultur« aus der analogen Welt

Norbert Sievers

untergeladen werden. Inhalt, Rhetorik und Vehe-menz der Auseinandersetzung tragen die Züge einesKulturkampfes.

Kulturpolitik und Kulturinstitute sind Teil die-ses kulturellen Wandels. Auch die Künste stehenmitten in diesem Veränderungsprozess. Die Digita-lisierung schafft nicht nur andere Produktionsbe-dingungen im »Betriebssystem Kunst«, sonderneröffnet neue Formen der Vermittlung kulturellerWerke und ihrer medialen Rezeption. Künstleri-sche Werke und historische Artefakte sind im Zeit-alter ihrer digitalen »Reproduzierbarkeit« oderAbbildungsmöglichkeit an jedem Ort und zu jederZeit im Prinzip beliebig oft zu sehen. Zugleichmehren sich die Möglichkeiten exponentiell, Wis-sen zu erzeugen, zu vermitteln und zu speichern.Digitale Rekonstruktionen geben anschauliche Ein-blicke in längst vergangene Zeiten. Niemals zuvorwar es leichter, Zugang zu den Wissensspeicherndieser Welt zu bekommen und sich darüber auszu-tauschen, wenn sie denn digital aufbereitet underschlossen sind. Die Vermittlung und Bewahrungdes kulturellen Erbes in Bibliotheken, Museen undArchiven stehen damit vor neuen Herausforderun-gen und Chancen. Die Medien der analogen Welt:Bücher, Zeitschriften und Zeitungen verlieren da-gegen tendenziell an Bedeutung.

Die Digitalisierung verändert jedoch nicht nur dieProduktionsverhältnisse und Vermittlungsformen imKulturbetrieb, sondern auch den sozialen, ökonomi-schen und programmatischen Zusammenhang, der

Dr. NorbertSievers ist

Geschäftsführerder Kulturpoliti-schen Gesell-

schaft e.V.

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THEMA: BUNDESKONGRESS 2011

ihn bisher prägte. Im Wechselspiel vonAngebot und Nachfrage gewinnt dasPublikum an Einfluss. Dabei wird derAmateur zusehends zum Akteur. Diekulturellen Präferenzen und Gewohn-heiten der jüngeren Generationen sindmedial geprägt und mit den Auffüh-rungsformen und Veranstaltungszei-ten eines stationär ausgerichteten kul-turellen Angebots immer weniger kom-patibel. Neue interaktive Medien unddas Internet verändern die Struktur der(kulturellen) Öffentlichkeit und derenprofessionelle Prinzipien. Die Logikdes Internets stellt die Wertschöpfungs-ketten vom Kunstproduzenten, überdie Verwerter bis zum Nutzer/Kundenin Frage und entzieht vielen damit ver-bundenen Geschäftsmodellen dieGrundlage. Die Erosion eingeführterBegriffe bringt die programmatischeStatik der Kulturpolitik ins Wanken: Was bedeutenAura, Original, Kunstautonomie, Kanon, Urheber-schaft, geistiges Eigentum, individuelle Autoren-schaft, Professionalität oder Genie im digitalen Zeit-alter noch?

Kulturpolitik und Kulturinstitute müssen auf denWandel von der analogen zur digitalen Wissens- undKommunikationsgesellschaft reagieren. Es gilt, diedurch die Digitalisierung bewirkten gesellschaftli-chen Veränderungen zu analysieren, Verluste undGewinne, soweit dies möglich ist, zu bilanzieren unddie Sinnhaftigkeit alter Strukturen und Vorstellun-gen zu prüfen und Ideen zu entwickeln, das Neue undseine Möglichkeiten für eine inklusive, die Teilhabefördernde Kulturpolitik mitzugestalten. WelchenModernisierungsbedarf gibt es für öffentliche Kul-turpolitik in der digitalen Gesellschaft? Dieser Fragesoll der 6. Kulturpolitische Bundeskongress nachge-hen, den die Kulturpolitische Gesellschaft und dieBundeszentrale für politische Bildung vom 9. bis 11.Juni 2011 veranstalten. Folgende Themen und Fra-gestellungen stehen dabei im Zentrum:

1. Digitale KulturDas Internet und die digitalen Techniken sind zueinem integralen Bestandteil des Lebens vieler Men-schen geworden und beeinflussen ihre Fähigkeit, eszu gestalten, unmittelbar. Raum-Zeit-Beziehungenund leiblich-sinnliche Erfahrungen bekommen eineandere Bedeutung, weil heute schon nahezu alles imNetz und digital und in Echtzeit »erlebbar« ist. Auchdie sozialen Beziehungen und Kommunikations-strukturen ändern sich durch das Web 2.0 und diedigitalen sozialen Netze. »Der Computer als Le-bensstil« (Negroponte) bedeutet für viele Menschenaber auch die weitere Verschmelzung von Berufs-

und Privatleben und geht mit neuen Formen derTätigkeit jenseits der Erwerbsarbeit einher, die zueiner Intensivierung der Arbeit und erhöhtem Stressführen. Was passiert mit den Menschen, wenn sieständig, zumindest digital erreichbar sind und Raumund Zeit dafür keine Barrieren mehr darstellen?Welche Auswirkungen haben die digitalen Medienauf unsere Aufmerksamkeit, unsere Konzentrati-ons- und Lesefähigkeit? Bedeuten sie eine Erweite-rung unseres Wollens und unserer Fähigkeiten, dieWelt zu verstehen, uns anzueignen und zu verändernoder führen sie die Menschen nicht eher in eine neue»Unmündigkeit«?

Immer häufiger werden solche kulturkritischenFragen gestellt. Sind die Künste, sind Kultureinrich-tungen die Orte, in denen das dafür notwendigetiefere Nachdenken möglich ist? Wäre es nicht not-wendig, ihnen diese Aufgabe noch stärker zu gebenund zu ermöglichen, statt ihren Auftrag auf Vermitt-lungsfragen und Unterhaltungsqualitäten zu fokus-sieren und zu reduzieren? Sollten sie nicht vielmehrdem Nachdenken über dauerhafte Werte und zu-künftige Lebensweisen und damit über die Art undWeise, wie wir leben wollen, Räume, Themen undGelegenheiten geben? Brauchen wir nicht auch kul-turelle Orte, Einrichtungen und Programme, die zurMuße, zu Entschleunigung und Kontemplation ineiner zunehmend durch Multitasking und Informati-onsüberflutung geprägten Welt befähigen? Wiewerden wir einspruchs- und gestaltungsfähig gegen-über einer technologischen Entwicklung, die sichvon Menschen gemachten Zukunftsentwürfen längstabgekoppelt zu haben scheint?

Andererseits sind die großartigen Chancen zurKenntnis zu nehmen. Das Internet und die sozialenNetzwerke haben die Teilhabemöglichkeiten der

Wim Delvoye,Cloaca New &

Improved, 2001,Installation imMusée d'Art

Contemporain inLyon, 2003.

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THEMA: BUNDESKONGRESS 2011

Menschen erheblich erweitert. Das Wissensreser-voir dieser Welt ist viel leichter und kostengünsti-ger zu erschließen. Die Möglichkeiten, sich selbstzu informieren und zu bilden, sind dadurch expo-nentiell gestiegen. Das Internet ermöglicht einebisher nicht gekannte egalitäre Kommunikationund Partizipation. Neue Formen der digital gestütz-ten Kreativität sind in Computerspielen und ande-ren Formaten möglich. Ist »Kultur für alle und vonallen« jetzt auf digitalem Weg erreicht? Kann jederMensch, wie Josef Beuys es formulierte, jetzt einKünstler sein? Lösen die interaktiven Mediennunmehr jene Utopie ein, die bereits Bert Brechtvor Augen hatte: dass die Nutzer gleichzeitig Emp-fänger und Sender sein können? Sind die emanzipa-torischen Visionen der utopischen Phase der Kultur-politik in den 1970er Jahren jetzt ein Stück realisti-scher geworden? Stehen wir an der Schwelle einerneuen digitalen Teilhabekultur, die der Amateurkul-tur neue Perspektiven eröffnet und die Grenzenzwischen U- und E-Kultur endgültig einreißt? Wennja, was wäre dadurch gewonnen? Kann die »Weis-heit der Massen« eine »ertragreiche« Ressource oderwirksamer Modus sein, wenn es um Kunst geht?

2. Aufklärung und TeilhabeDie Neue Kulturpolitik hatte stets einen emanzipato-rischen Kern. Es war ihr Anspruch, die Menschenzum kritischen Denken zu befähigen, chancenglei-che Teilhabe an den öffentlichen Kulturangebotenzu ermöglichen und den kreativen und künstleri-schen Ausdrucks- und Entfaltungsbedürfnissen derMenschen öffentliche Gelegenheiten und Räume zugeben. Ziel war die Demokratisierung der Gesell-schaft durch Kunst und Kultur und durch die Her-stellung kultureller Öffentlichkeit(en), in denen einkritischer Diskurs möglich sein sollte. Die Legitima-tion der öffentlichen Kulturförderung gründet bisheute nicht zuletzt darauf. So sehen sich auch dieTheater und Museen in der Rolle und in der Lage, einaufgeklärtes Bewusstsein zu schaffen und das»Selbstgespräch« der Gesellschaft respektive desKulturpublikums über soziale und politische Grund-satz- und Zukunftsfragen zu organisieren oder dochzumindest wichtige Anstöße dafür zu geben. DiesesSelbstverständnis gehört auch heute noch zum »Le-gitimationshaushalt« der Kulturpolitik und der Kul-turinstitute, ohne dass sie sich indes die Frage vorle-gen und Rechenschaft darüber ablegen würden, wemder Zugang zu dieser »kritischen« Öffentlichkeitoffen stand oder verwehrt blieb.

Die gesellschaftlichen Produktions- und Konsti-tutionsbedingungen der kulturellen Öffentlichkeitund die Ansprüche, daran mitzuwirken, haben sichjedoch nicht erst mit Beginn des 21. Jahrhundertverändert. Vor allem die internetbasierten Medieneröffnen ganz andere Möglichkeiten der Wissens-

Die Zukunft der Kultur ist digital. Einerseits – andererseitsEine kleine Zitatensammlung

»Hier taucht eine Massenkultur am Horizont auf, die mehr als frühere Kulturfor-men auf Partizipation und Kooperation beruht, sich um Suchen, Handeln,Teilen, Machen, Verändern dreht. Sie stimuliert, weil Menschen hier aktivTeilhabende und Erschaffer von Kultur werden statt bloß Empfänger.«Charles Leadbeater, Publizist, Trendforscher, Berater der britischenRegierung (2010)

»Durch den Amateurkult wird es immer schwieriger, den Unterschied zwischenLeser und Schriftsteller, Künstler und Medienmacher, Amateur und Fachmannzu erkennen. Das Ergebnis? Ein Verfall der Qualität und Verlässlichkeit unsererInformationen und eine Verzerrung, wenn nicht gar völlige Zerstörung derstaatsbürgerlichen Debatte in unserem Land.«Andrew Keen, Publizist (2007)

»… das Internet, einst als Medium radikaler Demokratie gefeiert, (könnte) langfris-tig in Aufmerksamkeitsinseln zerfallen und den Nährboden der Demokratie, denRaum geteilter Erfahrung, zerfressen. Die Personalisierung verpuppt in seinerSicht immer mehr Menschen in widerspruchslose Informationskokons, wo sie nurihnen genehme Bruchstücke der Realität wahrnehmen und Fremdes bald nichtmehr integrieren können. Nerds unterhalten sich mit Nerds, Sozialstaatskritikermit Sozialstaatskritikern, Hobbygärtner mit Hobbygärtnern – anderer Austauschfindet kaum statt.«Thomas Thiel, Cass Sunstein, Berater von US-Präsident Barack Obama,zitierend (2010)

»Der digitale Strukturwandel der Öffentlichkeit vollzieht eine zweite Aufklärung, erleistet das, was die erste Aufklärung mit ihrem publizistischen Imperativ (Imma-nuel Kant) für die Druckkultur geleistet hat: abermals transzendiert Medientechnikdie Bedingungen der Möglichkeit für Publizität.«Frank Hartmann, Kommunikationstheoretiker (2010)

»Wenn täglich Hunderte von Mails gelesen und beantwortet werden müssen, kannvon einer ‚Tyrannei der kleinen Entscheidungen‹ längst nicht mehr die Rede sein.Es ist viel schlimmer.«Geert Lovink, Medienwissenschaftler (2010)

»Wer für andere Netzwerkmitglieder attraktiv sein möchte, muss kontinuierlichinteressanten Input liefern, Das erfordert – selbst bei hoch entwickelten Fähigkei-ten zum Multitasking – doch einen erheblichen Teil der verfügbaren Freizeit, diedann für andere Aktivitäten nicht mehr zur Verfügung steht.«Gerhard Franz, Medienforscher (2010)

»Im Kern aller Kritik am Medienwandel lebt die Klage über den Verlust derKonzentration im unmittelbaren Leben: Ablenkung, Verführung, Verdummung.Doch was sich als Sorge um eigentlich Menschliche ausgibt, ist – zumindest auch– die Angst vor Macht- und Kontrollverlust.«Ludwig Hasler, Publizist und Philosoph (2010)

»Digitalisten, besonders wenn sie Computerspiele verteidigen (11 Milliarden EuroJahresumsatz weltweit), stellen sich gern als die Verfolgten eines Kultur-Estabis-hments dar, das ihnen immer dann mit Dünkel gegenübertrete, wenn der bil-dungsbürgerliche Kanon durch eine neue Kulturtechnik bedroht scheine.«Susanne Gaschke, Publizistin (2010)

»In der virtuellen Welt werden Ressourcen tendenziell unendlich – ein einzigerBefehl kann ganze Kathedralen, Paläste, Planeten, Spezies entstehen und verge-hen lassen, Knappheiten und Überflüsse verkehren sich in ihr Gegenteil. Wirkönnen unglaubliche Schlösser bewohnen, Planeten vernichten, Atomkriegeauslösen – und schauen, was passiert, in 3D und Farbe, Infernos, unlimited.«Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher (2010)

»Am Anfang des Internets stand die große Hoffnung auf eine neue, bessere Welt.Virtuelle Paradiese wurden ersonnen, eine noch nie da gewesene Freiheit und dieÜberwindung des Körpers erträumt. Statt der erhofften Freiheit haben wir heuteMöglichkeiten zur totalen Überwachung – und virtuell geführten Kriegen mit realenToten.«Florian Rötzer, Journalist (2010)

»Angesichts einer vernetzten Zukunft, die der Zerstreuung und nicht der Fokus-sierung, dem Automatischen statt dem Überlegten den Vorrang zu geben scheint,ist es an der Zeit, die Pause-Taste zu drücken und nach dem zu fragen, was diesalles für die Zukunft unserer Arbeit, unseres Lebens, ja gar unserer Speziesbedeutet.«Douglas Ruskoff, Medienwissenschaftler, New York, (2010)

(zusammengestellt von Norbert Sievers)

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vermittlung und der interaktiven Kom-munikation und begründen vor allembei jüngeren Menschen, die mit diesenMedien aufgewachsen sind, eine ande-re Erwartungshaltung mit Blick auf dieöffentliche Kommunikation und Mei-nungsbildung und ihrer Teilhabe dar-an. Den tendenziell exklusiven undhierarchisch organisierten Vermitt-lungs- und Diskursformen des traditio-nellen Kulturbetriebs für ein vorwie-gend konsumierendes und »räsonie-rendes« Publikum stehen neue Partizi-pationswünsche und der Anspruch ge-genüber, dem »user-generated content«auch im Kulturbereich mehr Beach-tung und mehr Möglichkeiten zu ver-schaffen. Dies zeigt an, dass die Stel-lung des Publikums – durch die zuneh-mende Konkurrenz der Kulturanbieter ohnehin ge-stärkt – als »Stakeholder« und Akteur im öffentli-chen Kulturgeschehen weiter an Bedeutung gewinntund die Hierarchisierungslogik des Kulturbetriebsund die Denkrichtung der Kulturpolitik verändert:von der Angebots- zur Nachfrageorientierung, vonder Push- zur Pull-Kultur.1

Damit werden die Funktionsprinzipien und dieDeutungshoheit des öffentlichen Kulturbetriebs stär-ker in Frage gestellt, als die Neue Kulturpolitik, dieebenfalls für Öffnung und mehr Teilhabe eingetre-ten ist, dies jemals intendiert hat. Sie hat sich zwarauch für Enthierarchisierung und Beteiligung starkgemacht, sich für die Erweiterung des Kulturbe-griffs eingesetzt und der Breiten- und Amateurkulturneue Wege eröffnet, aber sie hat die Strukturen desKulturbetriebs kaum verändert, weil sie es nichtwollte und weil es dafür auch keine Mehrheiten undkeine wirkliche Alternative gegeben hätte. Das ein-flussreiche »Kultur tragende« Bildungsbürgertumhätte es nicht hingenommen. Dies kann sich durchdie Digitalisierung und den damit einhergehendenEinstellungs- und gesellschaftlichen Strukturwan-del ändern. Dann stellen sich alte Fragen neu, etwa:Wie viel Öffnung und Partizipation verträgt dieProduktion und Rezeption der Kunst? Ist sie nichtgerade auf Exklusivität und Deutungshoheit vonExperten angewiesen, wenn sie qualitativ gut seinwill? Bedeutet ein Mehr an Distribution und Betei-ligung durch das World Wide Web tatsächlich auchmehr kulturelle Öffentlichkeit und Publizität im po-litisch anspruchsvollen Sinn des Begriffs, wie esviele Digitalisten vermuten? Wird Kunst zur Dienst-leistung, wenn sie sich an Nachfragen und Erwar-tungshaltungen orientiert und verliert sie nicht geradedadurch ihr kritisches Potenzial? Welche neuen Chan-cen und alten Risiken bestehen für die Kunst und diekulturelle Öffentlichkeit in der digitalen Gesellschaft?

SuzanneTreister,

Diagram / Hexen2039 Equipment,

aus der SerieHEXEN 2039:New military-

occult technolo-gies of psycholo-

gical warfare,2006

3. Zukunftsaufgabe DigitalisierungDie öffentliche Finanzierung und Bereitstellung derkulturellen Einrichtungen ist die zentrale Aufgabeder Kulturpolitik, insbesondere der kommunalenKulturpolitik. Theater, Museen, Bibliotheken sowieOpern- und Konzerthäuser bilden den Kern dieserInfrastruktur, die in ihrer Ausstattungsqualität, Viel-falt und Verteilungsbreite in Deutschland – vonwenigen Ausnahmen abgesehen – weltweit einma-lig sein dürfte. Sie stellt Frei- und Darstellungsräu-me für die Künste zur Verfügung, sorgt für dieAufarbeitung, Bewahrung und Vermittlung des kul-turellen Erbes und lädt kulturinteressierte Menschenzur aktiven Teilhabe ein. Um ihren Auftrag, kultu-relle Werke und Inhalte möglichst vielen Menschenzu vermitteln, wirksam erfüllen zu können, brauchtsie Zuschauer und Nutzer, die das Angebot aktivwahrnehmen. Kulturelle Bildung und Teilhabe bil-den deshalb einen wesentlichen Teil ihres Auftrags.Ändern sich die Voraussetzungen dafür, sind dieKultureinrichtungen aufgefordert, sich den neuenBedingungen zu stellen.

Dies scheint derzeit der Fall zu sein. Obwohl dieKonsequenzen der Digitalisierung mit Blick auf diekulturelle Produktion, Präsentation, Distribution undArchivierung noch gar nicht vollständig absehbarsind, stellen sich grundsätzliche Fragen, die auch dieKulturpolitik und das Kulturmanagement heraus-fordern. Die Digitalisierung ermöglicht nicht nurganz neue Formen der künstlerischen Produktionund kulturellen Teilhabe, sondern beinhaltet bishernoch ungeahnte Möglichkeiten der Archivierung,Rekonstruktion, Darstellung und Informationsver-mittlung. Hinzu kommt, dass Internet, Computer-spiele und die heute verfügbaren multifunktionalenEndgeräte die kulturellen Orientierungen und Teil-habepraktiken der nachfolgenden Generationen ver-ändern. Es wird erwartet, dass der Bildschirm zum

1Jürgen Gerhards(»Der Aufstand desPublikums. EinesystemtheoretischeInterpretation desKulturwandels inDeutschlandzwischen 1960 und1989«, in: Zeit-schrift für Soziolo-gie, 2001, H. 3, S.163–184) spricht indiesem Zusammen-hang aus systemthe-oretischer Sicht voneiner »Umcodie-rung« und einem»fundamentalenWandel« desVerhältnisses vonLeistungs- undPublikumsrollen inwestlich-industriali-sierten Gesellschaf-ten, die/der bereitsseit drei Jahrzehntenzu beobachten sei.Der von ihm sobezeichnete»Aufstand desPublikums« wirddurch die Digitali-sierung weiterdynamisiert.

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kulturellen Leitmedium wird, wenn er diese Funk-tion nicht schon längst innehat. Kulturelle Teilhabeist auf persönliche Präsenz immer weniger ange-wiesen. Eine Auswanderung ins Netz ist zwar nochnicht zu beobachten. Gerade junge Menschen, diesich intensiv im Internet bewegen, gehen häufigauch zu kulturellen Veranstaltungen und pflegenZusammenkünfte im »analogen« Leben. Allerdingsist dieser Zusammenhang stark bildungs- und da-mit schichtabhängig, wodurch die soziale Selekti-vität der kulturellen Teilhabe eher noch erhöhtwird.

Verlieren die Kultureinrichtungen durch die Di-gitalisierung ihre öffentliche Funktion oder gewin-nen sie nicht vielmehr neue Aufgaben hinzu? Wasbedeutet es für die stationäre kulturelle Infrastruk-tur, wenn ihre zentralen Qualitäten (Aura, Origina-lität, Einmaligkeit) durch eine zunehmende digita-le Reproduzierbarkeit und Verfügbarkeit der Ob-jekte und Veranstaltungen relativiert wird? Washeißt dies für Theater, Museen, Ausstellungen,Bibliotheken und das Konzertwesen, also für An-gebotsformate, die Präsenz voraussetzen? WelchenSinn haben Museen, deren Bestände einschließlichihrer Depots im Netz besucht werden können?Warum sollte man in Bibliotheken gehen, wennderen Medien digital abrufbar sind? Brauchen wirnoch öffentlich zugängliche kulturelle Orte undEinrichtungen, die Originale vorhalten und histori-sche Artefakte präsentieren, zumal in der derzeiti-gen Vielzahl?

Lohnt es sich, gegenüber den neuen Optionender Vervielfältigung und Vermittlung, welche dieDigitalisierung ermöglicht, nicht auch die altenBegriffe Authentizität, Original und Aura zu ver-teidigen und diskursiv in Wert zu setzen, weil sieeine besondere Qualität der ästhetischen Wahrneh-

mung, Konzentration und Aufmerk-samkeit ermöglichen, die wir geradejetzt benötigen? Wie stellen sich dieKultureinrichtungen auf diese Fragenund Entwicklungen ein? Wie nutzensie die Möglichkeiten der Digitalisie-rung, um ihren öffentlichen Aufträ-gen noch besser nachkommen zu kön-nen? Wie interpretieren sie diese neu?

4. Wissen, (Medien-)Bildung, Le-bensweltenDurch die Digitalisierung und das In-ternet ist die Wissensgesellschaft tech-nisch Realität geworden. Sowohl vomheimischen PC wie mit Hilfe der mo-bilen Endgeräte lassen sich heute In-formationen zu fast allen Themen zujeder Zeit und an jedem Ort abrufen.Algorithmisch gesteuerte Suchma-

schinen erleichtern den Zugriff. Soziale Netzwerkevermitteln Kontakte, Daten und Meinungen in ei-ner bis vor kurzer Zeit nicht für möglich gehaltenenGeschwindigkeit. Es steht zweifellos mehr Wissenzur Verfügung. Aber wird es auch genutzt undentsteht dadurch automatisch auch mehr Bildung?Viele beklagen, dass die Fülle des Wissens lediglichoperativ genutzt, aber nicht wirklich verarbeitetwird. Sie wenden ein, dass die weit überwiegendeAktivität im Internet eben nicht der Informations-beschaffung dient, sondern der alltäglichen Kom-munikation. Es wird darauf verwiesen, dass dieFähigkeit, längere Texte zu lesen oder gar zu schrei-ben, abnimmt und dass der PC-Besitz bei Jugend-lichen im Schnitt mit schlechten Schulleistungeneinhergehe. Kritisiert werden auch die »Leugnungvon Bedeutungs-Hierarchien« und der »program-matische Egalitarismus der Digitalisten«. Wichtigsei vielmehr ein Bildungsbegriff, »der eine Hierar-chie von Wissen unterstellt und sich bemüht, Wich-tiges von Unwichtigem, Allgemeingültiges vonRandständigem zu unterscheiden.«2

Wie auch immer dieser Streit ausgeht. Fest steht,dass Kinder und Jugendliche zunehmend wie selbst-verständlich in der digitalen Gesellschaft aufwach-sen. Dadurch verändern sich ihre Wahrnehmungs-und Kommunikationsformen. Kulturelle Bildungmüsste stärker auf die Ausbildung von Medien-kompetenz setzen, ohne die das Aufwachsen in derNetzwerkgesellschaft eigentlich nicht mehr vor-stellbar ist. Im Sinne einer »Kulturpolitik 2.0«müssten die Kulturpolitiken sehr viel stärker auchdie digitale Welt berücksichtigen und als Hand-lungsfeld akzeptieren, wenn sie sich nicht von derjüngeren Generation abkoppeln will. Dabei gingees um die Öffnung gegenüber den neuen digitalenFormen kultureller Praxis und Teilhabe und um

Kayle Brandon,Heath Bunting:

RED#NET(test01: Horizon-tal bridge, RiverFrome, Bristol,United King-

dom), seit 2003

2Susanne Gaschke:

Klick. Strategiengegen die digitale

Verdummung,Freiburg i.Br.:

Herder Verlag 2009,S. 55f. und 173.

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Strategien der Vermittlung zwischen der digitalenund analogen Welt. Herstellung von »Komplemen-tarität« dieser Welten, wo immer dies möglich ist,aber auch »Revalidierung« der kulturellen Rezep-tion und Produktion in der leiblich-sinnlichen Weltmüssten ihre Ziele sein, wie der MedienpädagogeWolfgang Zacharias dies seit langem fordert. Dabeigilt es, die sinnlich-materiellen und medial-digita-len Gestaltungsmöglichkeiten der anlogen und derdigitalen Welt in Beziehung zu setzen. Damit wäreauch das Potenzial der Künste und der ästhetischenPraxis mit im Spiel.

Zu fragen ist: Wie hat sich »kulturelles Auf-wachsen« in der digitalen Netzwerkgesellschaftnach 2000 verändert? Was bedeuten Internet, Web2.0, soziale Netzwerke, die Geschwindigkeit derInteraktionen und die Informations(über)fülle alsLern- und Erfahrungsmöglichkeit dabei? Wie ver-ändern sich »Leben lernen«, Spielen und (sich)bilden und die Persönlichkeitsentwicklung? Waskönnen die öffentlichen Kultur- und Bildungsein-richtungen dazu beitragen, in welche Richtungmüssten sie sich verändern? Brauchen wir eine Re-Institutionalisierung lebensweltlicher Kommuni-kationsorte als Gegengewicht zur Abwanderungins Internet? Welche Rolle können dabei Kultur-einrichtungen spielen? Welche neuen sozialen Spal-tungen (»digital divide«) generiert das Internet?Wie ist Teilhabegerechtigkeit zu realisieren? Wiesind Generationsprobleme im Umgang mit denneuen Medientechnologien und Medienkulturenzu lösen? Wie ist mit dem Problem der digitalenÜberforderung umzugehen? Welche professionel-len medienpädagogischen Kompetenzen sind dafürnotwendig?

5. netz.macht.kulturDie Begriffskombination im Titel der Kulturpoliti-schen Bundeskongresse hat Tradition und einenprogrammatischen Sinn, insofern »macht« immer inder Doppelbedeutung gemeint war: als Macht imSinne von Durchsetzungsmacht und als Möglichkeit(besser: etwas möglich machen). Wann wäre dieseDoppelbedeutung treffender gewesen als bei demThema »Digitalisierung«. Die gesellschaftlichen Ver-änderungen, die dadurch ausgelöst werden, generie-ren neue Macht und relativieren bisher Mächtige,das zeigt allein die aktuelle Diskussion um Wiki-leaks. Aber das Netz macht auch Kultur und vielesmöglich, wovon bislang nur geträumt werden konn-te. Kulturpolitik, die sich im verantwortlichen Sinneals Gesellschaftspolitik versteht, muss beides imBlick haben und über beides reden: über Macht undMachtveränderungen in der demokratischen Gesell-schaft und über das mögliche »Neue«, dem wir einegesellschaftliche Perspektive geben müssen. Nur sobleibt Kulturpolitik gestaltungsfähig.