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ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes Thema: !§§ 805,767 ZPO! Die Rechtsbehelfe im Zwangsvollstreckungsrecht Vorbemerkung: Zeitliche Möglichkeit der Geltendmachung der Rechtsbehelfe |-------------------------------------------------------------------------------------------------------| Beginn der ZV Ende der ZV !Erinnerung!: Während der Zwangsvollstreckung sind die Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung abschließend Was wird angegriffen? Titel Klausel Verfahren Vermögen §767ZPO §§731,732 ZPO §766 ZPO §§771,805 ZPO

Thema §§ 805,767 ZPO - repetitorium-hemmer.de · ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes 3 a) Klage auf vorzugsweise Befriedigung, § 805 ZPO prozessuale Gestaltungsklage Kann

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ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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Thema: !§§ 805,767 ZPO!

Die Rechtsbehelfe im Zwangsvollstreckungsrecht Vorbemerkung: Zeitliche Möglichkeit der Geltendmachung der Rechtsbehelfe

|-------------------------------------------------------------------------------------------------------| Beginn der ZV Ende der ZV

!Erinnerung!: Während der Zwangsvollstreckung sind

die Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung abschließend

Was wird

angegriffen?

Titel

Klausel

Verfahren

Vermögen

§767ZPO

§§731,732

ZPO

§766 ZPO

§§771,805

ZPO

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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Skript ZPO II Band 1 S. 76 ff (KLASSIKER!!!!)

1. Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung

Pfändung eines Gegenstandes

zB wertvoller Computer

Mietvertrag/

HIER: VermieterpfR

KLAGE AUF VORZUGSWEISE

BEFRIEDIGUNG

V.Gläubiger V.Schuldner

Dritter/Kläger

zB: Vermieter

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a) Klage auf vorzugsweise Befriedigung, § 805 ZPO

prozessuale Gestaltungsklage

Kann zwar Vollstreckung nicht verhindern, dem Kläger

aber eine Befriedigung vor den die Zwangsvollstreckung

betreibenden Gläubigern sichern

Zwangsvollstreckung bleibt zulässig, § 805 Abs. 1, 1.

Hs. ZPO.

I. Zulässigkeit

Die Klage aus § 805 ZPO bedarf zunächst der

allgemeinen Klagevoraussetzungen. Sie ist auf die

vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös einer

bestimmten gepfändeten Sache zu richten.

1. Statthaft ist die Klage nur im Falle der

Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in

bewegliche Sachen (wegen was? in was?)

Ein Dritter muss behaupten, ein vorrangiges besitzloses

Pfandrecht oder Vorzugsrecht zu haben

Beispiele: Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB, §§50,51

InsO

PROBLEM :Auslegung, §§133, 157 BGB analog, zB

„Freigabe“, „Auslösung“ ,„Duldung und Befriedigung“

UU Kurze Abgrenzung zu §§ 771 und 767 ZPO

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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hM auch bei besitzenden Pfandrechten § 805 ZPO

möglich, da Minus zu § 771 ZPO, aber selten vom

Mandaten /Kläger gewollt. Beispiele hierzu: §§ 647 BGB,

1204 ff BGB

Wenn „schnelles Geld“ § 805 ZPO

Wenn Sache gewollt § 771 ZPO

„Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung ist

insbesondere auch der statthafte Rechtsbehelf. Die Klage

ist nämlich dann statthaft, wenn der Kläger bei einer

Geldforderung in einen Gegenstand ein Pfand-oder

Vorzugsrecht geltend macht und er nicht im Besitz des

Gegenstandes ist. Dies ist vorliegend der Fall, da…“

2. Zuständigkeit

Zuständig nach § 764 II ZPO das AG, wo die

Vollstreckung stattfindet. Aber wenn SG nach §§ 23 Nr.

1, 71 I GVG, § 6 ZPO nicht das AG zuständig ist, ist

gemäß § 805 II ZPO das LG zuständig.

örtlich und sachlich ausschließliche Zuständigkeit

Kniff nach § 6 ZPO:

Höhe der Forderung, Wert der Sache, Wert des

Pfandrechts, der sich nach Wert der gesicherten Forderung

bemisstimmer der geringste Wert!!!

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3. Rechtsschutzbedürfnis

Zwischen Beginn und Ende der ZV

II. Begründetheit

Die Klage aus § 805 ZPO ist begründet, wenn dem Dritten

ein Pfand- oder Vorzugsrecht zusteht, das im Rang dem

Pfändungspfandrecht des Beklagten vorangeht oder

gleichkommt.

1.Entstehung des Pfandrechts

Am Beispiel des § 562 BGB

a) Mietvertrag zw. Drittem und Schuldner

b) Gepfändete Mietsache während Mietzeit eingebracht

c) Nicht nur vorübergehend

d) Sache des Mieters (kein gutgl. Erwerb!!!)

2.Vorrang des Pfandrechts ggü Pfändungspfandrecht

Prioritätsprinzip

3.Kein Erlöschen des Pfandrechts

insbesondere §§ 562 a, 936 BGB

4. Keine Einwendungen

§ 242, wenn Kläger für Forderung mithaftet (zB

Bürgschaft)

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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cc) Entscheidung: Das Gericht entscheidet durch Urteil.

Ist die Klage begründet, so lautet der Tenor: „Der

Kläger ist aus dem Reinerlös der (genaue

Bezeichnung der gepfändeten Sache) in Höhe von €

... (durch Pfandrecht gesicherter Betrag) vor dem

Beklagten zu befriedigen.“

Unzulässige oder unbegründete Klage:

„Die Klage wird abgewiesen.“

Entsprechend §§ 769, 770 ZPO kann das Gericht

daneben anordnen, dass der Erlös aus der Verwertung

zu hinterlegen ist, § 805 Abs. 4 ZPO.

Kosten: §§ 91 ff ZPO

Vollstreckbarkeit :

Nicht-Geldforderung (= Unzulässigkeitserklärung der

ZV)konkreter Geldbetrag, Kosten§709 S.2 ZPO

„Das Urteil ist in der HS gegen Sileistung in Höhe von

…€, im Übrigen gegen Sileistung in Höhe von 110 % des

jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig

vollstreckbar.

Rechtmittel: Berufung und Revision.

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Skript ZPO II Band 2 S. 48 ff, Th/P § 767 Rn. 1 ff, vgl.

Klausur2 aus dem ASS-Kurs!

2. Vollstreckungsabwehrklage § 767 ZPO

Materiell-rechtlicher

Einwand gg Anspruch

Vollstreckungsabwehrklage

(auch: Vollstreckungsgegenklage) :

nachträglichen Einwendungen des Schuldners gegen

die Zwangsvollstreckung aus einem Titel

sog. prozessuale Gestaltungsklage

Kein Angriff gegen Titel als solchen (sonst

Titelabwehrklage, siehe dazu später; vgl ZPO II Band 2,

Rn. 459 ff.), ihm kann aber rechtsgestaltend aufgrund

materieller Einwendungen die Vollstreckbarkeit

genommen werden!

Ist die Klage begründet, muss bereits laufende

Gläubiger Schuldner

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Vollstreckung gem. § 775 Nr. 1 ZPO in Bezug auf die

Sache eingestellt, bestehende Vollstreckungsmaßnahmen

gem. § 776 ZPO aufgehoben werden.

a) Zulässigkeit

Die Vollstreckungsabwehrklage bedarf zunächst der

allgemeinen Klagevoraussetzungen. Sie ist auf die

(teilweise) Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung

aus einem bestimmten Titel zu richten.

aa) Statthaftigkeit

=wenn Schuldner behauptet materielle Einwendungen gg

titulierten Anspruch selbst zu haben, die nicht präkludiert

sind (NUR BEHAUPTUNG)

Problem: Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfe

-771 ZPO (Dritte)<-> 767 ZPO (Schuldner)

-766 ZPO (formelle Mängel) <-> 767 ZPO (materielle Mängel)

-§§ 579,580 bzw. 323 ZPO (Durchbrechung der Rechtskraft

<->

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767 ZPO (später entstandene rechtsvernichtende oder

rechtshemmende Einwendungen)

- Einwand der Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs

(Titel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) nur eingeschränkt!

Denn Unwirksamkeit eines Prozessvergleichs führt dazu,

dass ursprünglicher Prozess nur vermeintlich beendet

wurde und deshalb fortzuführen ist. Auf Unwirksamkeit

eines Prozessvergleichs kann § 767 ZPO daher nur

gestützt werden, wenn

o es um die Auslegung des Inhalts des Vergleichs

geht,

o der Vergleich nicht allein Gegenstände des mit

ihm beendeten - sondern auch noch eines anderen

- Prozesses beinhaltete oder

o der Prozessvergleich mit nachträglichen

Einwendungen angegriffen wird.

-§ 767 ZPO ist nicht zulässig gegen Arrest und gegen

einstweilige Verfügung, weil hier Widerspruch (§§ 924,

936 ZPO) bzw. Aufhebung des Titels wegen veränderter

Umstände (§§ 927, 936 ZPO) Vorrang haben!!!

Problem: Auslegung, §§133,157 BGB analog

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Beispiele: „Freigabe/Herausgabe des vollstreckten

Gegenstandes“, „Einwilligung in die Beendigung des ZV“

oder „Unterlassen der ZV“

Beachte: Erweiterung über § 795 ZPO

bb)Zuständig ist das Prozessgericht der 1. Instanz

sachlich wie örtlich ausschließliche Zuständigkeit (§802

ZPO)

Besonderheit :

* für Vollstreckungsbescheide, § 796 III ZPO (Klage

Gläubiger gg Schuldner= Wohnort Schuldner §§ 12,13

ZPO)

* für vollstreckbare Urkunden, § 797 V, VI ZPO

(Wohnsitz des Schuldners, §§ 12,13 ZPO, ABER nur

örtliche ausschließliche Zuständigkeit, sachliche

Zuständigkeit nach §§ 23,71 GVGin dem Umfang in

dem Titel angegriffen wird)

* Prozessvergleich: Das Gericht zuständig, vor dem PV

vereinbart wurde bzw. die erste Instanz hierzu

cc)Rechtsschutzbedürfnis

sobald ein Titel vorliegt, der zur Zwangsvollstreckung

berechtigt

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(NICHT ERST MIT BEGINN, WIE SONST ÜBLICH,

da konkrete Vollstreckungsmaßnahme bevorsteht!!!!!);

dies gilt auch dann wenn noch keine Klausel erteilt wurde

oder nicht umgeschrieben ist.

Auf materielle Vollstreckungsfähigkeit des Titels

kommt es nie an, denn eine inhaltliche Prüfung des Titels

findet im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht statt

Endet mit Befriedigung des Gläubigers (Erlösauskehr),

aber solange Titel noch nicht herausgegeben ist (§757

ZPO), existiert noch RSB!

bei vorläufig vollstreckbaren Titeln hat der Schuldner

die Wahl zwischen Berufung u Vollstreckungsgegenklage

beachte: bei Einlegung der Berufung fehlt RSB für § 767

(dann §§ 719, 707 ZPO)

Arg: größerer Prüfungsumfang (ohne Einschränkung

des § 767 II ZPO)

Achtung: Nach Beendigung der ZV kommt nur noch

eine verlängerte Vollstreckungsabwehrklage in

Betracht (normale LK, die sich auf §§ 812 ff BGB

bzw. SE-Ansprüche aus dem BGB stützt, vergl. Skript

ZPO II Band 2, Rn. 290 ff).

dd)Sonstige Prozessvoraussetzungen

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-zB Prozessführungsbefugnis eines einzelnen Miterben

gem. § 2039 BGB oder Probleme der §§ 172 ff ZPO

b) Begründetheit

Die Vollstreckungsabwehrklage ist begründet, wenn dem

titulierten Anspruch gem. § 767 Abs. 1 ZPO eine

materiell-rechtliche Einwendung entgegensteht, die nicht

gem. § 767 Abs. 2 oder Abs. 3 ZPO präkludiert ist.

aa)Sachbefugnis

Kläger: Schuldner

Beklagter: Gläubiger

(ggf. §§ 727 ff ZPO überprüfen!)

bb) Bestehen des Anspruchs (nicht zwingend eigener

Punkt, eher gedanklich oder falls angesprochen)

AS steht mit Rechtskraft fest und ist daher nicht zu

prüfen (daher ist bei Titeln ohne Rechtskraft, wie PV oder

vollstr. Urkunden der Anspruch hier zu prüfen)

cc) Materiell-rechtliche Einwendungen

In Betracht kommen wegen § 767 Abs. 2 ZPO nur

rechtsvernichtende oder rechtshemmende

Einwendungen (zB §§ 362, 389, 142 I, 346,768 BGB,

vgl. auch Th/Putzo § 767 Rn. 20 a)

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Rechtshindernde Einwendungen hätte jedenfalls bereits in

der letzten mündlichen Verhandlung geltend gemacht

werden können (siehe sogleich)

bb) Einwendungsausschluss gem. § 767 Abs. 2 ZPO

Zum Schutz der Rechtskraft: Keine rechtshindernden

Einwendungen, da präkludiert, weil vor dem Schluss der

letzten mündlichen Verhandlung entstanden

ACHTUNG:

----Notarielle Urkunden= § 797 IV ZPO

----Prozessvergleich= § 794 I Nr. 1 ZPO

----Richtet sich die Vollstreckungsabwehrklage gegen

einen Vollstreckungsbescheid, kommt es für den nach §

767 Abs. 2 ZPO maßgeblichen Zeitpunkt statt auf den

Schluss der mündlichen Verhandlung auf die Zustellung

des Vollstreckungsbescheides an, § 796 Abs. 2 ZPO und

die Präklusion tritt mit Ablauf der Einspruchsfrist ein.

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§ 767 II ZPO findet keine bzw. eingeschränkte

Anwendung für

PROBLEM: Gestaltungsrechte (z. B. Aufrechnung,

Anfechtung)Wann ist die Einwendung entstanden ist.

Möglichkeit 1: Erstmalige Möglichkeit der Ausübung

Möglichkeit 2: Tatsächliche, spätere Ausübung

nach h. M. (BGH) entsteht die Einwendung mit dem

Vorliegen des Gestaltungsgrundes, z. B. der

Aufrechnungslage. Wird Gestaltungsrecht dennoch

erst nach dem gem. § 767 Abs. 2 ZPO maßgebenden

vollstreckbare Urk.,

Kostenfestsetzungsbe-

schlüsse und

Prozessvergleiche

§ 797 IV ZPO (analog)

keine Präklusion

Arg: keine Aushöhlung

der Rechtskraft möglich

Versäumnisurteile

§ 767 II aE

mit Ablauf der

Einspruchs-

frist

Vollstreckungsbe-

scheide

§796 II ZPO

->mit Ablauf der

Einspruchsfrist

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Zeitpunkt ausgeübt (z. B. die Aufrechnung erklärt) =

§ 767 ZPO (-) !!!!

Argumente:

-§ 767 Abs. 2 ZPO erwartet rechtzeitige Geltendmachung

aller Verteidigungsmittel, die Schuldner zur Verfügung

stehen!

-Rechtssicherheit

-Rechtskraft des Urteils

[in krassen Fällen ggf. § 826 BGB]

nach a. A.(hL) entsteht die Einwendung erst mit der

Ausübung des Gestaltungsrechts (z. B. der

Aufrechnungserklärung).

Argumente:

-Materielle Einwendungen entstehen erst mit

Ausübung!

und

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-Ansonsten faktische Verkürzung materieller Fristen

(z.B. § 124 BGB)

[ABER: bei grober Nachlässigkeit wird die spätere

Geltendmachung nicht zugelassen, § 242 BGB]

PROBLEM: Gilt etwas anderes bei Widerrufs-

/Verbraucherrechten?

Warum? Weil es hier nicht auf Gründe ankommt!

(Wortlaut, § 767 II ZPO)

Daher hier eher auf Erklärung des Gestaltungsrechts

abstellen, europarechtskonforme Anwendung

cc) Bündelungsgebot gem. § 767 Abs. 3 ZPO

§ 767 Abs. 3 ZPO besagt, dass alle Einwendungen nach §

767 I ZPO geltend gemacht werden müssen, zu denen der

Schuldner in der Lage ist!!!

Unstreitig gilt § 767 Abs. 3 ZPO für alle

Vollstreckungstitel, auch wenn keine Urteile oder

Vollstreckungsbescheide handelt.

Die h. M. versteht § 767 Abs. 3 ZPO als Regelung, die

eine wiederholte Vollstreckungsabwehrklage ausschließt

wegen Einwendungen, die bereits in der ersten

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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Vollstreckungsabwehrklage hätten geltend gemacht

werden können (Präklusion bei wiederholter

Vollstreckungsabwehrklage).

c) Entscheidung

Die Entscheidung ergeht durch Urteil.

Ist die Klage begründet, wird die

Zwangsvollstreckung aus dem genau zu

bezeichnenden Titel für unzulässig erklärt.

Ist die Klage teilweise begründet, wird die

Zwangsvollstreckung aus dem genau zu

bezeichnenden Titel für unzulässig erklärt, soweit sie

wegen mehr als € ... erfolgt.

Das Gericht kann in dem Urteil gem. § 770 ZPO

Anordnungen treffen. Die wichtigste lautet, dass

aufgrund der vorläufigen Vollstreckbarkeit nur eine

Einstellung der Zwangsvollstreckung, nicht aber eine

Aufhebung bereits vorgenommener

Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen soll.

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Fälle zur Übung:

Fall 1:

K kauft von V einen Sportwagen. Beide vereinbaren, dass

K diesen in Raten bezahlen soll. Als K die Raten schuldig

bleibt, erwirkt V gegen K einen Mahnbescheid und, da K

keinen Widerspruch erhebt, später auch einen

Vollstreckungsbescheid. Nachdem die Einspruchsfrist

abgelaufen ist, betreibt V die Zwangsvollstreckung. K

möchte mit einer Schadensersatzforderung aus einem

früheren Autokauf aufrechnen, die schon bei Ergehen des

Mahnbescheides bestand.

Was kann K tun?

Abwandlung:

Wie wäre es, wenn K die Anfechtung wegen eines ihm

erst jetzt bekannt gewordenen Irrtums

nach § 119 I BGB erklären wollte?

Lösungshinweise Fall 1:

K sollte eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)

erheben, wenn diese zulässig und begründet

wäre.

I. Zulässigkeit der Klage

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1. Statthaftigkeit

Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 I ZPO ist

statthaft zur Geltendmachung von

materiellrechtlichen „Einwendungen, die den durch das

Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen“. Hier

wendet sich K gegen die Vollstreckung aus einer

titulierten Forderung, die durch Aufrechnung erloschen

sein könnte. (Abgrenzung kurz).

2.Zuständigkeit (+)

3. Rechtsschutzbedürfnis

Die Klage ist zulässig, solange aus dem Titel die

Zwangsvollstreckung droht, d.h. ab Vorliegen

des Titels bis zu seiner Aushändigung an den Schuldner

oder Ergehen einer Entscheidung, die die

Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig erklärt.

4. Die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen

liegen vor.

II. Begründetheit

1. Sachbefugnis und Einwendungen (+)

Problematisch ist hier lediglich, ob K mit seiner

Aufrechnungserklärung nach § 767 II, 795, 796

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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II ZPO präkludiert ist, da die Aufrechnungslage schon vor

Zustellung des Vollstreckungsbescheides

bestand.

2. Präklusion nach §§ 767 II, 796 II ZPO

Ob ein Beklagter, der schon während des Prozesses hätte

aufrechnen können, die Aufrechnung nach Titulierung

nachholen und sodann die Vollstreckungsabwehrklage

erheben kann oder ob er damit nach § 767 II ZPO (und

dementsprechend als Schuldner eines

Vollstreckungsbescheides nach § 796 II ZPO) präkludiert

ist, ist seit jeher umstritten.

Die Rechtsprechung stellt auf die objektive

Aufrechnungslage ab (vgl. BGHZ 34, 274 =

NJW 1961, 1067; zum Ganzen Heiderhoff/Skamel,

Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 225 ff.).

Soweit diese schon im Zeitpunkt der maßgeblichen

mündlichen Verhandlung (bzw. hier der Zustellung des

Vollstreckungsbescheids, § 796 II ZPO) bestand, lässt sie

Präklusion eintreten.

Dabei verkennt sie nicht, dass die Aufrechnung als solche

ein Gestaltungsrecht ist und damit keine Einwendung im

Rechtssinne darstellt.

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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Indem sie gleichwohl schon die bloße Möglichkeit der

Aufrechnung wie eine Einwendung im Sinne des § 767

ZPO behandelt, argumentiert sie letztlich wertend.

Allerdings lässt auch der Wortlaut des § 767 II ZPO für

diese Deutung durchaus Raum. Der erste Satzteil stellt

nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Einwendung

ab, sondern den der Entstehung der Gründe, auf denen sie

beruht.

Die überwiegende Literaturansicht

(Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 767 Rn.

32 ff., 37 f.; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard,

Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl. 2010, § 40

Rn. 56 ff.) stellt auf die Aufrechnungserklärung ab. Sie

argumentiert dogmatisch.

Es lasse nun einmal erst die Aufrechnungserklärung als

die Ausübung eines Gestaltungsrechts den gemäß § 767

ZPO relevanten Erfüllungseinwand entstehen. Das bloße

Bestehen der Aufrechnungslage lasse den festgestellten

Anspruch zunächst noch unberührt und eröffne lediglich

die Möglichkeit, ihn durch Aufrechnung zum Erlöschen

zu bringen und damit einen Einwand im Sinne des § 767

ZPO zu begründen.

Lösungshinweise Abwandlung:

ASS-Kompakt Teil 3 RA e Dr. Issa / Clobes

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Wie bei der Aufrechnung lässt die Rechtsprechung auch

bei der Anfechtung die Präklusion nach § 767 II ZPO

bereits dann eintreten, wenn die objektive

Anfechtungslage schon bei Schluss der letzten

mündlichen Tatsachenverhandlung (bzw. Zustellung des

Vollstreckungsbescheids) vorlag (BGHZ 157, 47, 52 =

NJW 2004, 1252, 1253). Auf die Kenntnis des Beklagten

vom Anfechtungsgrund komme es nicht an.

Die Rechtsprechung nimmt also in Kauf, dass dem

Anfechtungsberechtigten die kenntnisabhängig zu laufen

beginnenden Anfechtungsfristen ganz genommen oder

auch nur verkürzt werden. Darin kommt die

Fragwürdigkeit der Ansicht der Rechtsprechung

besonders deutlich zum Ausdruck: Sie ignoriert

Gestaltungsmöglichkeiten, die das materielle Recht gibt,

auf der prozessualen Ebene.

Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung bislang lediglich

bei einem vertraglich eingeräumten Optionsrecht gemacht

(BGHZ 94, 29 = NJW 1985, 2481), während sie bei

verbraucherschützenden Widerrufsrechten, die bereits

während des Prozesses hätten ausgeübt werden

können, im Ergebnis Präklusion eintreten ließ (BGHZ

131, 82 = NJW 1996, 57).

Letzteres ist jedenfalls dort überaus problematisch, wo das

Widerrufsrecht (wie regelmäßig) auf europäischen

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Richtlinienvorgaben beruht. Der EuGH hat mehrfach

entschieden, dass das autonome Recht der Mitgliedstaaten

keine Fristen verkürzen darf, die in Richtlinien

vorgesehen sind (vgl. zur Klauselrichtlinie 93/13/EWG,

EuGH Slg. 2006, 10875; Slg. 2006, 10421).

Richtigerweise wird man in Fällen

verbraucherschützender Gestaltungsrechte § 767 II ZPO

richtlinienkonform dahin auslegen müssen, dass auch die

spätere Ausübung des Verbraucherrechts nicht präkludiert

ist.