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Bei der Harnsteinerkrankung (Urolithiasis) handelt es sich mittlerweile wegen ihrer stetig steigenden Prävalenz (4,7%) und Inzidenz (1,47%; [1]) wie beim Diabetes mellitus und der essenziellen Hypertonie um eine Volkskrankheit. Ursächlich hierfür werden einerseits Veränderungen in den Lebensgewohnheiten der Bevölkerung und im Ernährungsverhalten und andererseits die Verbesserung der medizinischen Grundversorgung diskutiert. Bei der Hälfte der Steinpatienten muss im Lauf des Lebens mit einem und bei immerhin 10–20% der Patienten mit mindestens 3 Steinrezidiven gerechnet werden. Liegen genetisch determinierte Stoffwechselstörungen als Ursache für eine Nephrokalzinose oder Urolithiasis vor, werden diese nicht selten erst bei der Abklärung einer terminalen Niereninsuffizienz erkannt.
Eine suffiziente Diagnostik ist Grundvoraussetzung für ein sinnvolles Behandlungskonzept; darüber hinaus können unnötige Therapiekaskaden vermieden werden. Für die Behandlung der Urolithiasis stehen neben der konservativen Therapie operative Verfahren zur Verfügung. Zu den konservativen Optionen zählen das Begleiten des Spontanabgangs mit oder ohne expulsive Therapie (MET), das beobachtende Abwarten und die Chemolitholyse. Bei den operativen Optionen stehen die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL), die Ureterorenoskopie (URS) mit ihren Hilfsmitteln, die perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL) und in sehr seltenen Fällen die laparoskopische oder offene Steinentfernung zur Verfügung. Welches Therapieverfahren angewendet werden sollte, ist heute nicht nur von den in . Tab. 1 aufgeführten medizi
nischen Faktoren abhängig. Der Wunsch nach möglichst schneller Steinfreiheit und einer kurzen Krankenhausverweildauer sowie die schnelle Rückkehr in den Alltag fließen nicht selten in die Therapieentscheidung mit ein. Auch spielen natürlich die Verfügbarkeit der Therapieverfahren und die Expertise des behandelnden Arztes eine wichtige Rolle.
In diesem Leitthemenbeitrag wird die Therapie von Harnleiter und von Nierensteinen diskutiert. Ziel ist es, den Stellenwert der einzelnen Behandlungsoptionen zu beleuchten und eine evidenzbasierte Empfehlung zum jeweiligen Einsatz zu geben.
Therapieverfahren im Vergleich
Patienten mit einer Urolithiasis stellen sich in den meisten Fällen mit ausgesprochen starken kolikartigen Schmerzen, verursacht durch im Harnleiter „wandernde“ Steine, in der Klinik vor. Da es sich bei diesen Personen allein schon wegen der Schmerzsymptomatik um Notfallpatienten handelt, muss nach einer zielgerichteten und zügigen Diagnostik umgehend die richtige Therapiestrategie festgelegt werden. Demgegenüber bleiben Nierensteine häufig asymptomatisch und werden nicht selten im Rahmen einer anderen Diagnostik erkannt. Nicht in jedem Fall ist jedoch gleich eine operative Intervention erforderlich. Abhängig von der Steinsituation kann entweder ein Begleiten des Spontanabgangs mit oder ohne expulsive Therapie („medical expulsive therapy“, MET), die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie („extracorporeal shock wave lithotripsy“, ESWL), eine endoskopische Steinentfernung („ureteroscopic stone removal“, URS) oder nur eine DoppelJKatheterEinlage indiziert sein.
Spontanabgang begleiten
Nach den aktuellen Leitlinienempfehlungen müssen bei der Entscheidung für ein konservatives Vorgehen die Symptomatik, die Nierenfunktion, die Gefahr einer drohenden Sepsis, die Komorbidität sowie auch die persönliche und berufliche Situation des Patienten ebenso wie die Erreichbarkeit der medizinischen Versorgung berücksichtigt werden [2]. Anhand zahlreicher Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Harnleitersteine mit einer Größe von bis zu 4 mm in etwa 95% der Fälle innerhalb von 40 Tagen spontan ausgeschieden werden können [3]. Faktoren wie die Größe, die Form, die Oberfläche und vor allem die Lokalisation (proximaler/distaler Harnleiter) des Steins spielen beim spontanen Abgang eine entscheidende Rolle. So kann davon ausgegangen werden, dass die Harnleiterpassage signifikant verlängert wird, je höher der Stein z. B. im Harnleiter lokalisiert und je größer er ist [4, 5].
» Faktoren wie Größe, Form, Oberfläche und Lokalisation des Steins spielen beim spontanen Abgang eine entscheidende Rolle
Entscheidet man sich für ein Begleiten des Spontanabgangs, sind in jedem Fall die regelmäßige Kontrolle der Niere mit Hilfe der Sonographie, Urin und Laborkontrollen und ggf. eine Röntgenuntersuchung wichtig. Auch sollte der Urin zur Sicherung des Spontanabgangs zum Auffangen von ausgeschiedenen Konkrementen gesiebt werden. Wie eingangs erwähnt, darf bei der Therapieentscheidung auch die Lebenssituation (Allgemeingesundheit, Beruf, berufliche Mobilität) nicht außer Acht gelassen werden. Nach etwa 2 Wo
Nephrologe 2014 · 9:213–221DOI 10.1007/s11560-013-0849-6Online publiziert: 11. April 2014© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
F. Strittmatter · C.G. StiefUrologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der LMU München-Großhadern, München
Therapie des Steinleidens
Leitthema
RedaktionH. Haller, HannoverD. E. Müller-Wiefel, Hamburg
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chen ohne spontanen Steinabgang kann die Notwendigkeit einer weiteren operativen Intervention überdacht und mit dem Patienten diskutiert werden. Ob Maßnahmen wie körperliche Bewegung, forcierte Diurese durch vermehrte Flüssigkeitszufuhr oder auch Phytotherapeutika einen positiven Einfluss auf den Spontanabgang haben, kann aufgrund der mangelnden Datenlage nicht beurteilt werden [2, 6].
Medikamentöse expulsive Therapie
Primäres Ziel der MET ist es, im Rahmen des konservativen Therapieversuchs einerseits die Wahrscheinlichkeit für einen Spontanabgang von Harnleitersteinen zu erhöhen und zu beschleunigen und andererseits die Schmerzsymptome zu lindern. Durch das Vorhandensein von Kalziumkanälen in glatten Muskelzellen im gesamten Harnleiter und α1Adrenozeptoren in glatten Muskelzellen, vor allem im distalen Anteil des Harnleiters, konnte anhand von InvivoVersuchen gezeigt werden, dass die Steinpassage durch den Harnleiter durch die pharmakologische Blockade eben dieser Muskelzellen beschleunigt werden kann. So lässt sich dieser Effekt durch die Relaxation von glatten Muskelzellen im Harnleiter und durch die Erhöhung des hydrostatischen Drucks proximal des Harnleitersteins erklären [7].
In der aktuellen Literatur finden sich zahlreiche Studien, welche die Wirksam
keit von α1AdrenozeptorBlockern und Kalziumkanalblockern im Hinblick auf die Spontanabgangsrate und die Linderung der Schmerzsymptome bei vor allem distalen Harnleitersteinen untersucht haben. So berichteten Hollingsworth et al. anhand einer Metaanalyse von insgesamt 9 publizierten Studien, dass Patienten, welche entweder mit α1AdrenozeptorBlockern oder Kalziumkanalblockern behandelt wurden, eine signifikant höhere Steinpassage durch den Harnleiter hatten als Patienten ohne supportive Therapie. Zusätzlich wurden, wenn auch nicht in allen Studien genannt, eine schnellere Spontanabgangsrate und eine reduzierte Schmerzwahrnehmung beobachtet. Eine zusätzliche Komedikation mit Steroiden, um die reaktive Anschwellung des Harnleiters durch Ödeme zu senken, erbrachte nur einen geringfügigen Vorteil [8]. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch in anderen Studien, wobei in manchen der α1AdrenozeptorBlocker Tamsulosin im Vergleich zum Kalziumkanalblocker Nifedipin signifikant bessere Ergebnisse in Bezug auf eine Reduktion von Koliken und eine Erhöhung der Steinpassage und der Spontanabgangsrate aufwies [9, 10].
Hermanns et al. zeigten anhand einer prospektiven, doppelverblindeten und placebokontrollierten Studie, dass Tamsulosin hinsichtlich der Spontanabgangsrate im Vergleich zu den Patienten im Placeboarm keine signifikant besseren Ergebnisse erzielte. Dagegen profitierten die Patienten unter Tamsulosingabe jedoch besonders in den ersten 3 Tagen nach Therapiebeginn durch eine signifikante Verbesserung der Schmerzsymptome.
Wie bereits erwähnt, beziehen sich die meisten Studien in der aktuellen Literatur auf distal gelegene Harnleitersteine mit einer Größe von unter 10 mm. Yencilek et al. untersuchten Patienten mit Harnleitersteinen im proximalen Anteil und einer Steingröße von bis zu 10 mm. Von insgesamt 92 randomisierten Patienten erhielten 50 kein und 42 Patienten Tamsulosin 0,4 mg/Tag über einen Zeitraum von 4 Wochen. In der Gruppe mit Tamsulosingabe konnte bei Steinen von bis zu 5 mm u. a. eine signifikant höhere Spontanabgangsrate und bei Steinen von bis zu 5–10 mm eine signifikant bessere Stein
passage in distaleren Anteilen des Harnleiters beobachtet werden.
Neben den oben genannten Studien gibt es auch solche, welche die MET bei Patienten nach ESWL untersucht haben [11]. Auch hier konnten eine signifikante Verbesserung der Steinpassage und eine reduzierte Schmerzwahrnehmung bei den Patienten mit Tamsulosin im Vergleich zur Gruppe ohne Tamsulosin eruiert werden. Große Studien, die verschiedene Dosierungen, unterschiedliche Steinlokalisationen und ggf. Reeingriffe oder die Notwendigkeit anderer Steintherapien berücksichtigen, finden sich in der aktuellen Literatur bisher nicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass, sollte man sich gemeinsam mit dem Patienten für eine konservative Therapie mit zusätzlicher MET entscheiden, einige grundlegende Dinge berücksichtigt werden müssen. Die Studien haben gezeigt, dass α1AdrenozeptorBlocker und Kalziumkanalblocker prinzipiell gut vertragen werden. Dennoch muss auf das Risiko von systemischen Nebenwirkungen hingewiesen werden. Insbesondere ist eine genaue Medikamentenanamnese wichtig, da bei z. B. zeitgleicher Medikation zur Behandlung der arteriellen Hypertonie die Gefahr einer orthostatischen Dysregulation erhöht wird. Weiterhin erfordert die konservative Therapie mit oder auch ohne MET eine gewisse Zeit, die das Auftreten wiederholter Beschwerden wie kolikartige Schmerzen nicht ausschließt und zusätzlich eine regelmäßige Kontrolle mit Sonographie, Messen der Retentionsparameter usw. erforderlich macht. Obwohl es sich beim Einsatz der MET um einen „Offlabel“Gebrauch handelt, kann der Spontanabgang von Harnleitersteinen erleichtert und beschleunigt werden und zusätzlich zu einer Symptomlinderung beitragen. Deshalb wird die MET auch in den aktuellen Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Urologie [5] berücksichtigt.
Beobachtendes Abwarten („watchful waiting“)
Beim beobachtenden Abwarten stehen die Symptome und Charakteristika im Vordergrund. Dabei muss davon ausgegangen werden, dass der Stein einerseits
Tab. 1 Faktoren, die bei der Wahl der Steintherapie berücksichtigt werden sollten. (Nach [2])
Steincharakteristika- Größe- Wachstumstendenz- Lokalisation- chemische Zusammensetzung
Symptome- Schmerzen- Nierenfunktionsstörung- Harnwegsinfektion- drohende Sepsis
Abflussstörung des Harns
Patientensituation- Alter- Komorbidität- Kontraindikation durch z. B. Narkose
fähigkeit, anatomische Besonderheiten
Verfügbarkeit der Therapieoptionen
Expertise des Operateurs
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Leitthema
asymptomatisch ist und sich andererseits in der Größe nicht verändert. Dieses Therapiekonzept kann gewählt werden, wenn entweder eine Kontraindikation für eine augenblickliche Steintherapie vorliegt oder keine ausreichende Indikation besteht. Divertikelsteine oder Parenchymsteine stellen z. B. in der Regel kein großes Gesundheitsrisiko dar, müssen aber in regelmäßigen Abständen durch klinische, bildgebende (zumindest durch die Sonographie) und laborchemische Verfahren kontrolliert werden. Dies dient dazu, frühzeitig Schäden des Harntrakts oder auch chronische Entzündungen mit konsekutiver Niereninsuffizienz zu erkennen und diesen rechtzeitig entgegenzuwirken.
Chemolitholyse
Das Prinzip der Chemolitholyse besteht darin, entweder durch orale oder lokale (über Katheter) Applikation einer spezifischen Substanz Steine aufzulösen. Der Therapieerfolg ist dabei primär von der chemischen Steinzusammensetzung abhängig. Es ist unumstritten, dass Harnsäuresteine die einzigen Steine sind, welche durch eine orale Chemolitholyse aufgelöst werden können. Ziel ist es, den pHWert des Urins auf kontinuierlich 7,0–7,2 zu alkalisieren. Im klinischen Alltag werden Alkalizitrate (kontraindiziert bei Niereninsuffizienz) oder Natriumbikarbonat zur Alkalisierung des pHWerts eingesetzt. Eine gleichzeitige Hyperurikosurie und/oder Hyperurikämie sollte zur Senkung des Harnsäurespiegels mit Allopurinol ausgeglichen werden [2, 5, 6]. Während eine ausreichende Diurese Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Chemolitholyse ist, stellt ein unbehandelter Harnwegsinfekt eine Kontraindikation für die Chemolitholyse dar. . Abb. 1 zeigt das DualEnergyCT eines Patienten vor (Bild a) und nach 4 Wochen (Bild b) Chemolitholyse. Die im CT dargestellten roten Steine als Hinweis für Harnsäuresteine lösen sich nach kontinuierlicher Alkalisierung des Urins komplett auf. Bei der DualEnergyCTUntersuchung handelt es sich um ein bildgebendes Verfahren, mit dem man die Steinzusammensetzung mit einer hohen diagnostischen Sensitivität beurteilen und mit dem somit eine Therapie ohne opera
tive Intervention eingeleitet werden kann. Dieses Verfahren wird mittlerweile als Routineverfahren an der LMU München zur Steindiagnostik eingesetzt [12].
Bei der Irrigationschemolitholyse werden durch transurethrale oder perkutane Katheter spezifische Substanzen zur Litho lyse eingebracht. Prinzipiell kann dies bei Cystin, Harnsäure und Infektsteinen durchgeführt werden. Bei Kalziumsteinen ist eine suffiziente Chemolitholyse nicht gegeben. Limitiert wird dieses Behandlungskonzept durch den langen Behandlungszeitraum von Tagen bis Wochen, welcher primär von der zu lysierenden Steinmasse abhängt [13]. Die erhebliche Zeitdauer, die Schädigung von umliegendem Gewebe durch die Irriga
tionslösung bei Katheterdislokation und die deutliche Reduktion des Therapieerfolgs bei z. B. kalziumhaltigen Mischsteinen lassen dieses Therapiekonzept eher in den Hintergrund treten.
Extrakorporale Stoßwellen-lithotripsie (ESWL)
Bei der ESWL handelt es sich um ein Verfahren, dessen erste klinische Daten bei der Therapie der Urolithiasis in den frühen 80erJahren publiziert wurden [14] und das infolgedessen weltweit therapeutisch eingesetzt wird. Das Prinzip besteht in einer Erzeugung von akustischen Wellen durch entweder elektrohydraulische, elektromagnetische oder piezoelektrische
Zusammenfassung · Abstract
Nephrologe 2014 · 9:213–221 DOI 10.1007/s11560-013-0849-6© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
F. Strittmatter · C.G. Stief
Therapie des Steinleidens
ZusammenfassungHintergrund. Die Steinerkrankung ist we-gen ihrer steigenden Prävalenz und Inzidenz mittlerweile als Volkskrankheit zu werten. Das Ziel der Therapie ist die Steinfreiheit, die u. a. durch die Steinlokalisation, die Steinzu-sammensetzung und die Steingröße beein-flusst wird.Fragestellung. Beleuchtung der zur Verfü-gung stehenden konservativen und operati-ven Therapiemöglichkeiten.Ergebnisse. Neben der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie, der Ureterorenoskopie und der perkutanen Nephrolitholapaxie als operativen Verfahren stehen das Begleiten des Spontanabgangs mit oder ohne expul-sive Therapie, das beobachtende Abwarten
und die Chemolitholyse als konservative The-rapiestrategien zur Verfügung. Das Einordnen des Steinpatienten in eine Risikogruppe mit spezifischer Diagnostik und Metaphylaxe soll das Rezidivrisiko senken.Schlussfolgerung. Die Entscheidung für eine richtige Therapie ist abhängig von der Patientensituation und muss individuell ge-troffen werden.
SchlüsselwörterNephrolithiasis · Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie · Ureterorenoskopie · Perkutane Nephrolitholapaxie · Medikamentöse expulsive Therapie
Therapy of urinary stones
AbstractBackground. Urinary stones are now a wide-spread disease because of their increasing prevalence and incidence. The aim of the treatment is stone clearance which is influ-enced by the localization, the composition and the size of the stones.Objectives. To evaluate the conservative and operative therapy options.Results. Beside operative treatment, extra-corporeal shock wave lithotripsy, ureterore-noscopy and percutaneous nephrolitho tomy, the observation with or without medical ex-pulsive therapy, watchful waiting and che-molysis are the conservative treatment op-
tions. Classification of patients in a specific risk group and further specific metabolic evaluation can decrease the risk of recur-rence.Conclusion. The correct treatment option depends on the situation of the patient and needs to be chosen individually.
KeywordsNephrolithiasis · Extracorporeal shockwave lithotripsy · Ureteroscopy · Percutaneous nephrolithotomy · Medicinal expulsive therapy
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Generatoren. Durch eine Fokussierung werden daraus Stoßwellen, die durch das Gewebe hindurchdringen und durch Zug und Scherkräfte den Stein in einzelne Fragmente zerteilen. Prinzipiell lässt sich die ESWL bei Harnleitersteinen und bei Nierensteinen unabhängig von Größe und Lokalisation der Steine anwenden. Dennoch gibt es einige Kontraindikationen, welche die Erfolgsrate negativ beeinflussen können. Bei Harnleitersteinen im oberen (proximalen) Anteil des Harnleiters sprechen impaktierte Steine, große Steine (>1 cm),
Steine, die wegen ihrer chemischen Zusammensetzung schwer desintegrierbar sind (Kalziumoxalatmonohydrat, Brushit und Cystinsteine) und Harnleiterverengungen gegen einen primären Therapieerfolg. Auch spielt die Lokalisierbarkeit der Steine eine wichtige Rolle, da diese während des Eingriffs im Fokus der Stoßwellen richtig positioniert werden müssen. Die Fokussierung erfolgt entweder mit Hilfe von Röntgen oder Sonographie. Bei Nierensteinen werden auch ein enger, langer und steiler Kelchhals, ein Kelchdiverti
kel oder auch anatomische Fehlbildungen wie Hufeisennieren oder auch pyeloureterale Abgangsengen eher als Kontraindikation für eine ESWL angesehen, da sie die Abgangswahrscheinlichkeit der Fragmente deutlich negativ beeinflussen. Weiterhin können die nach einer ESWLBehandlung entstandenen Fragmente zum einen kolikartige Schmerzen und zum anderen eine Obstruktion im Harntrakt verursachen.
Kontraindikationen für eine ESWLBehandlung sind:F Schwangerschaft,F akute Blutungsneigung,F Antikoagulation,F unbehandelter Harnwegsinfekt,F Tumoren im Stoßwellenbereich,F unbehandelte Hypertonie.
Komplikationen treten bei der ESWL selten und wenn, dann bevorzugt bei der Behandlung von Nierensteinen und weniger bei der Behandlung von Harnleitersteinen auf. . Tab. 2 gibt einen Überblick über die im Rahmen einer ESWL hervorgerufenen Komplikationen. Das Nierenhämatom, wie in . Abb. 2 zu sehen, stellt mit weniger als 1% eine sehr seltene, aber dennoch schwerwiegende Komplikation dar [15]. Diese kann bis zum Nierenverlust führen und wird ggf. begünstigt durchF Antikoagulation,F angeborene oder erworbene
Koagulopathien,F unbehandelten arteriellen Hyper
tonus,F Arteriosklerose,F Diabetes mellitus,F Adipositas.
Abb. 1 9 a Dual-Energy-CT eines Patienten vor Einlei-tung einer Chemolitholyse-therapie: Die Harnsäure-steine stellen sich in der lin-ken Niere rot dar. b Thera-pieerfolg nach 4 Wochen Chemolitholyse: Die Harn-säuresteine konnten mit Hilfe der Chemolitholyse-therapie komplett aufge-löst werden
Abb. 2 9 Nierenhäma-tom der linken Niere, eine zwar nur sehr selten nach ESWL-The-rapie auftretende, je-doch schwerwiegende Komplikation, die bis hin zu einer Nierenent-fernung führen kann
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Ureterorenoskopie (URS) mit ihren Hilfsmitteln
Die semirigide und flexible Ureterorenoskopie ermöglicht die Behandlung von Steinen im Bereich des gesamten oberen Harntrakts. Semirigide Instrumente werden meist bei Harnleitersteinen und falls möglich in der oberen Kelchgruppe verwendet. Durch die flexiblen Instrumente können auch Steine in der mittleren und unteren Kelchgruppe in der Regel gut behandelt werden. Durch Hilfsmittel wie spezielle Körbchen (vgl. . Abb. 3), Zangen, Einführhilfen und intrakorporale Litho tripsieverfahren (pneumatische, ultraschallbasierte und lasergenerierende Sonden) konnte die Effektivität der endourologischen Steintherapie erheblich gesteigert werden, wodurch die ESWLBehandlung in den letzten Jahren immer mehr in den Hintergrund gerückt ist. Vor allem mit der Entwicklung des Holmium
Lasers [Ho:YAG (Holmium:YttriumAluminiumGarnet)Laser] wurde es möglich, prinzipiell auch die „harten“ Steine zu lithotripsieren und dennoch bei richtiger Verwendung nur geringe Gewebsschäden zu verursachen. Im Falle von signifikanten Restfragmenten, Harnleitertraumatisierung und dilatation, langer Operationszeit und ödematösem Steinbrett sollte ein Harnleiterstent (DJKatheter) eingelegt werden [16]. Dieser wird in der Regel 5 bis 14 Tage in situ belassen und kann dann problemlos ohne Narkose entfernt werden. Eine generelle Schienenanlage nach URS ist nicht indiziert, da diese nicht selten zu irritativen Beschwerden führen kann. Die Komplikationsrate bei der URS ist gering (. Tab. 3).
Perkutane Nephrolitholapaxie (PCNL)
Bei der PCNL handelt es sich zwar wie auch bei der URS um ein endourologisches und somit minimalinvasives Verfahren, welches aber im Vergleich zur ESWL und zur URS als das am meisten invasive Verfahren einzuordnen ist. Nach perkutaner Punktion der Niere und Einlegen eines AmplatzSchafts (16–30 Charr.) können über das Nephroskop alle intrakorporalen Lithotripsiesysteme angewendet werden. Durch flexible URSGeräte ist eine antegrade Steinbehandlung von Harnleitersteinen möglich. Prinzipiell lassen sich bei der Nierenpunktion alle Kelchgruppen punktieren, wobei bei der Punktion der unteren das Blutungsrisiko am geringsten ist. Die Kontrolle der Punktion erfolgt durch Röntgen und Sonographie. Um das Nierentrauma möglichst gering zu halten, wird der Nephrostomietrakt häufig nur auf 14–21 Charr. dilatiert (MiniPCNL). In der Regel erfolgt zur Sicherung des kontinuierlichen Urinabflusses über den Harnleiter eine antegrade DJAnlage. Nicht selten wird auf die Anlage einer Nierenfistel (sog. „tubeless“ PCNL) verzichtet. Die Häufigkeit der Komplikationen bei der PCNL sind abhängig von der Steingröße, der Lokalisation, der Anzahl der benötigten Nephrostomietrakte und von Voroperationen. Sie treten in der Regel sehr selten auf, doch sind sie z. B. im Vergleich zur ESWL schwerwiegender. Typische Komplikationen sind [2, 6]:
F Fieber und Sepsis,F transfusionspflichtige Blutung,F Einschwemmung,F Perforation des Darms,F Läsionen der Pleura,F subpelvine Stenosen,F Verlust der Niere und offene Revisio
nen.
Laparoskopische und offene Steinoperationen
Durch die Verfügbarkeit und die Effektivität der oben beschriebenen Therapieverfahren wird die laparoskopische oder offene Steinsanierung nur in Einzelfällen empfohlen. Kommt es zu einem Scheitern der Erst und Zweitlinientherapie oder besteht die Notwendigkeit einer operativen Korrektur des Harntrakts (z. B. bei Nierenbeckenabgangsenge und zeitgleichem Nierenbeckenstein), kann dieses Therapieverfahren sinnvoll sein [5].
ESWL versus URS bei Harnleitersteinen
Betrachtet man die Effektivität der ESWL in der Behandlung von Harnleitersteinen anhand der Daten aus der aktuellen Literatur, kann man von einer Steinfreiheitsrate insgesamt von 70–89% ausgehen. Anhand von gepoolten Daten [4, 1720] liegt die Steinfreiheitsrate bei der URS (81–97%) bis auf Harnleitersteine von unter 10 mm im proximalen Harnleiter tendenziell eher höher als bei der ESWL. Besonders im mittleren und distalen Harnleiter zeigt sich die URS der ESWL überlegen, was sicherlich auch der Grund dafür ist, dass die URS die ESWLTherapie mehr und mehr in den Schatten stellt. Gemäß der Daten vor allem bei proximalen Steinen unter 10 mm ist die ESWL dennoch nach wie vor ein schonendes und berechtigtes Verfahren. Nicht selten muss vor erfolgreicher URSTherapie wegen z. B. einer Harnleiterenge erst eine DJSchiene angelegt werden, was wiederum einen zweiten Eingriff erforderlich macht. Dies spricht sicherlich besonders bei nicht zu großen proximalen Steinen für die ESWLTherapie [21]. In seltenen Fällen kann die URS bei antegradem Zugang nach Nierenpunktion (entsprechend der PCNL) eingesetzt werden. Dies erfolgt z. B. bei
Tab. 2 Komplikationen, die bei der ESWL auftreten können, und deren Häufigkeit
Steinstraße (4–7%)
Steinwachstum bei Residualsteinen (21–59%)
Nierenkolik (2–4%)
Bakteriurie bei Nichtinfektsteinen (7,7–23%)
Sepsis (1–2,7%)
Symptomatisches Hämatom (<1%)
Asymptomatisches Hämatom (4–19%)
Herzrhythmusstörung (11–59%)
Herztod → Fallberichte
Darmperforation → Fallberichte
Milz- und Leberhämatome → Fallberichte
Tab. 3 Komplikationen, die bei der URS auftreten können, und deren Häufigkeit (Adaptiert nach [28])
Intraoperative Komplikationen (3,6%)
- Mukosaverletzungen (1,5%)
- Harnleiterperforation (1,7%)
- signifikante Blutung (0,1%)
- Harnleiterabriss (0,1%)
Früh postoperative Komplikationen (6,0%)
- Fieber und Urosepsis (1,1%)
- persistierende Hämaturie (2,0%)
- Nierenkoliken (2,2%)
Spät postoperative Komplikationen (0,2%)
- Harnleiterstriktur (0,1%)
- persistierender vesikoureterorenaler Reflux (0,1%)
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Leitthema
impaktierten und über retrograd schwer zugänglichen Steinen im proximalen Harnleiter.
ESWL versus URS versus PCNL bei Nierensteinen
Betrachtet man die aktuellen Leitlinienempfehlungen, ist das zu wählende Verfahren nicht nur von der Steingröße, sondern auch von der Steinlokalisation abhängig [5]. Prinzipiell wird im Hinblick auf die Steinlokalisation zwischen Steinen in der oberen und mittleren Kelchgruppe oder im Nierenbecken und solchen in der unteren Kelchgruppe unterschieden. Bezogen auf die Steingröße unterscheidet man zwischen Steinen mit einer Größe von mehr als 2 cm (inkl. Ausgusssteine), von 1–2 cm und von weiniger als 1 cm. Für die ESWL wird bei Steinen unter 2 cm von einer Steinfreiheitsrate bei der Behandlung von Nierenbeckensteinen von 56–94% und bei Kelchsteinen in der oberen und mittleren Kelchgruppe von 79–85% ausgegangen [2]. Bei Steinen über 2 cm erzielt die PCNL die größte Steinfreiheitsrate und wird deswegen als erstes Therapieverfahren empfohlen [2]. Hinzu kommt, dass durch die Fragmentierung großer Steine durch die ESWL die Gefahr von z. B. Obstruktion, Koliken und einer Steinstraße deutlich erhöht und nicht selten eine Reintervention erforderlich wird. Die URS spielt bei großen Steinen im Nierenbecken eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie in ausgewählten Zentren mit der nötigen Expertise angewendet wird [22].
Bei Nierensteinen in der unteren Kelchgruppe wird für die ESWL von Steinfreiheitsraten zwischen 25 und 85% berichtet [23]. Die bereits erwähnten anatomischen Gegebenheiten wie z. B. ein enger Kelchhals scheinen die Abgangswahrscheinlichkeit der Fragmente bei der ESWL zu senken. Aus diesem Grund kann auch bei Steinen ab 1 cm eine PCNL erwogen werden [24, 25]. Die URS ist hinsichtlich ihrer Steinfreiheitsrate bei Steinen unter 1 cm mit der ESWL vergleichbar, stellt aber natürlich das invasivere Verfahren dar [26].
Therapie von speziellen Steinsituationen
Spezielle Steinsituationen umfassen entsprechend den aktuellen Leitlinien z. B. Infektsteine, Harnsäuresteine (siehe „Chemolitholyse“), Steine in der Schwangerschaft, Harnsteine bei Kindern, Steine bei Spendern und Empfängern von Transplantatnieren, Nephrokalzinose und Steine bei angeborenen und erworbenen Harntraktanomalien. Die Empfehlungen zur richtigen Therapie finden sich in den aktuellen Leitlinien [2, 5].
Wie geht es weiter?
Aufgrund der hohen Rezidivrate von Steinen im Harntrakt ist die Zuordnung des Patienten in eine spezifische Risikogruppe mit weiterführender Diagnostik und evtl. einer metabolischen Abklärung mit entsprechender diätischer und medikamentöser Metaphylaxe unverzichtbar. Neben einer sorgfältigen Anamnese (stattgehabte Steingeschehen, Ernährungs und Trinkverhalten, Erkrankungen, Medikamente etc.) ist eine Steinanalyse obligat. Die Patienten können somit einer Risikogruppe zugeordnet werden. Fallen sie in die Niedrigrisikogruppe, sind eine metabolische Basisdiagnostik und eine allgemeine Metaphylaxe ausreichend. In der Hochrisikogruppe muss eine (steinart)spezifische Diagnostik erfolgen. Hierzu sei im Detail auf die Empfehlungen des Arbeitskreises „Harnstein“ der Akademie der Deutschen Urologen und des Arbeitskreises „Endourologie und Steinerkrankung“ der Österreichischen Gesellschaft für Urologie verwiesen [27].
Fazit für die Praxis
F Bei der Harnsteinerkrankung handelt es sich um eine Erkrankung mit stetig steigender Prävalenz und Inzidenz, die mittlerweile als Volkskrankheit angesehen werden muss.
F Die richtige Therapiewahl ist abhän-gig von Faktoren wie Steinzusam-mensetzung, Steinlokalisation, Stein-größe und anatomischen Gegeben-heiten.
F Der Wunsch nach möglichst schnel-ler Steinfreiheit, kurzer Krankenhaus-verweildauer und rascher Rückkehr in den Alltag fließt immer mehr in die Therapieentscheidung mit ein.
F Nach erfolgreicher Steinsanierung sind eine Steinanalyse und die Zu-ordnung des Patienten in eine Risiko-gruppe obligat.
F In Abhängigkeit des Risikoprofils soll-ten allgemeine oder spezifische Dia-gnostik und Metaphylaxe sorgfältig durchgeführt werden, um das Rezi-divrisiko zu senken.
Korrespondenzadresse
Dr. F. StrittmatterUrologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der LMU München-GroßhadernMarchioninistr. 15, 81377 MünchenFrank.Strittmatter@ med.uni-muenchen.de
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. F. Strittmatter und C.G. Stief ge-ben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.
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Abb. 3 8 Entfernung eines Steins mit Hilfe eines Steinfangkörbchens aus dem Nierenbecken
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Leitthema
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CMEFortbildung zu Arteriosklerose
Hierzulande ist Arteriosklerose eine der
häufigsten Gefäßerkrankungen; 18% der
Frauen und 28% der Männer in der Alters-
gruppe über 65 Jahre sind betroffen.
Im Zuge der ACTION (Arteriosklerose –
Circulation und Training InformatiOns
Netzwerk)-Kampagne der Deutschen
Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäß-
medizin (DGG) wurde nun auch ganz ak-
tuell ein CME-Artikel zum Thema Arterio-
sklerose publiziert.
Lesen Sie in CME
Premium-Fort-
bildung für die
medizinische Praxis
2/2014 den Artikel
„Verstopften Leitungen vorbeu-gen – Epidemio-logie und Präven-
tion der Arteriosklerose“ und sammeln
Sie im Anschluss drei CME-Punkte in der
Springer Medizin e.Akademie
(www.springermedizin.de/eAkademie/).
Mit der ACTION –Kampagne trägt die
Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie
und Gefäßmedizin (DGG) zur Aufklärung,
Information und Prävention über Arterio-
sklerose bei.
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DossierInfektiologieVon MRSA bis Tuberkulose breitet sich in dieser ständig aktualisierten Themensammlung die Infektio-logie aus.
7www.springermedizin.de/innere-infektiologie
221Der Nephrologe 3 · 2014 |