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TIERLIEBE

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„Ich hab mir einen Hund angeschafft, und ich glaube, ich bin dabei mich in ihn zu verlieben.“Andy Warhol

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Für

Petra

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„Ich hab mir einen Hund angeschafft,

und ich glaube, ich bin dabei mich in ihn zu verlieben.“

Andy Warhol

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s war im letzten Jahr, an einem dieser lauen

Frühsommerabende. Meine beste und nicht zu dünne

Freundin Viola saß luftig gekleidet und ganz entspannt auf

der roten Couch in meinem kleinen Wohnzimmer. Wir waren guter

Dinge und tranken bereits ein drittes Glas der zweiten Flasche vom

lieblichen Rotwein aus Kalifornien. Alle Vorzeichen waren positiv und

ein entspannter Abend mit kultivierten Gesprächen unter Freunden

war mein Ziel. Oder wie mein längst verstorbenen Großvater

mütterlicherseits und Weltkriegsteilnehmer (Westfront) immer zu

sagen pflegte: „Das wird eine Nacht um Helden zu zeugen.“

Dies vorausgeschickt und wie du vielleicht aus meinen

anderen Lebensbeichten noch weißt, ist Viola zwar nicht glücklich,

aber ökonomisch sehr lukrativ mit Werner, meinem besten und

langjährigen Freund verheiratet. Die offensichtliche Tatsache, dass

Werner trotz vehementem Leugnen ein überaus erfolgreicher und

darum gutverdienender Steuerberater ist, erlaubt seiner Ehefrau eine

gewisse Unabhängigkeit vom Joch des Mannes und den

üblicherweise von finanziellen Zwängen geprägten Kalamitäten einer

Durchschnittsfamilie.

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In meinen Augen ist Emanzipation eine gute Sache, die ich mit

reinem Herzen befürworte. Nach meiner Meinung wurden Frauen

viel zu lange von den Männern unterdrückt und mit Kindern in Küche

und Kirche eingesperrt. Viola ist eine sehr selbstbewusste Frau, und

darum sieht sie es beim Ertragen der biblischen Verpflichtungen der

Ehe auch so. Aber trotz aller Fortschritte im Miteinander ist der Bund

der Ehe immer noch ein banaler Kosten-Nutzen-Deal und schließlich

bin ich ja auch noch da.

An diesem Abend, es war einige Minuten nach 20 Uhr, war

meine Stimmung heiter und wir hatten uns noch nicht entschieden,

ob wir den restlichen Abend auf der Chaiselongue, oder aus Rücksicht

auf Violas luftiges Designerkleid, ganz relaxed auf der Auslegeware

verbringen sollten. Erfüllt von Vorfreude kamen mir Violas

Angewohnheiten in den Sinn. Eine davon spricht mich als Ästhet

besonders intensiv an. Sie weiß, dass ich einen hohen Schuh am

enthaarten und bestrumpften Frauenbein durchaus zu schätzen

weiß. Aber Viola hat auch eine lästige Angewohnheit. Bevor sie ins

Bett geht, zieht sie ihre Pumps mit einem eigentlich einleuchtenden

Argument aus: „Schuhe im Bett gehören sich nicht. Außerdem sehe

ich dann immer so aus, als ob man mich durch eine Hecke gejagt

hat.“ Daran musste ich denken und obwohl nicht ausgesprochen sah

ich das ein. Denn Violas Frisur, gestylt und gepflegt von einem

Böblinger Starfriseur, verschlingt im Monat ein Heidengeld, von dem

eine vielköpfige Familie vermutlich wochenlang auskömmlich leben

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könnte. Außerdem, zwar habe ich es ihr noch nicht so deutlich

gesagt, präferiere ich den Anblick von Violas „gestützter“

Bodenhaltung unter besonderer Berücksichtigung ihrer

unabhängigen Lebenseinstellung und eines frivol bis zur Taille

hochgeschobenen Kleides. Natürlich dachte ich nicht nur an das

Objekt, sondern auch an Viola als Menschin, die sich in dieser Doggy-

Stellung nicht zu sehr bewegen muss, wenn sie liebevoll aber doch

bestimmt von ihrem besten Freund gef* wird. Aber detaillierte

Ausführungen führen jetzt zu weit und ich möchte nicht zu sehr vom

Thema abschweifen.

Unter den vorstehend beschriebenen Voraussetzungen

bekam ich eine emotionale Erektion. Ich war ich in guter Hoffnung

und in unserer beschwingten Laune kamen wir über dies und das auf

die alltäglichen Eheprobleme und das unerschöpfliche Thema der

Liebe und seine Verwirrungen zu sprechen. Durch einen

Gedankensprung erinnerte sich Viola, dass sie verheiratet war, und

meine beste Freundin wurde spontan sauer wie die zwei Monate alte

Bio-Kuhmilch in meinem defekten Kühlschrank. Die von mir

insgeheim erwarteten Wohltaten, auf die ich als ältester und bester

Freund ein traditionelles ius primae noctis An- und Gewohnheitsrecht

habe, waren aus diesem Grund, aber nur an diesem Abend

gestrichen. Darüber war ich kurzfristig sehr, und sie nicht über mich

verärgert, sondern über Werner, ihrem Ehemann und von ihr im

kleinen Freundeskreis üblicherweise und vulgärpopulär als „das

militante Arschloch“ bezeichnet.

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Die Ursache für Violas emotionale Stressreaktion war ein

Familienzuwachs. Werner war „auf den Hund gekommen.“ Seine

ganze Liebe und Zuwendung galt nur noch seinem Schätzchen,

seinem zugegeben sehr hübschen und dazu adligen Schäferhund-

Rüden, an dessen Aufzucht, Ausbildung und Führung Werners ganzes

Herz und auch seine Freizeit hing. Werners plötzliche animalische

Neigung, die zeitgleich mit einer emotionalen Abwendung von seiner

Frau einherging, stank meiner besten Freundin gewaltig. Denn wenn

Viola etwas nicht leiden kann, dann sind es Zurückweisungen oder

Missachtungen.

Verärgert war Viola nicht nur über den Mistköter (Originalton

Viola, für den ich mich hier in aller Form entschuldigen möchte), der

die perfekt und teuer durchgestylte Villa (rosarot mit vier Säulen am

Eingang) durch sein ungestümes Verhalten, seine Dreckpfoten und

seine permanente Frühjahrs- und ansonsten ganzjährige Haarung

verwüstete, sondern auch über die polnische und erstaunlicherweise

robuste Haushälterin, die bei anhaltenden „polnischen“ Zuständen

mit Kündigung, oder ersatzweise sofortiger Vergütungserhöhung

gedroht hatte. Verständlicherweise war Werner aus Kosten-, aber

auch aus verständlichen disziplinarischen Gründen gezwungen, den

Antrag freundlich aber bestimmt abzulehnen. Die Folge war seine

freundliche und unmissverständliche, aber offensichtlich nicht in

letzter Konsequenz durchdachte Aus- und Ansage an Viola: „Du

kannst doch auch mal was tun.“

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Dieser prägnante Satz hatte zu erheblicher Verärgerung

geführt, denn nach Violas Meinung, verbarg Werners reaktionärer

Spruch einen vollkommen ungerechtfertigten Vorwurf über ihr

Engagement als familiäre Projektmanagerin nur unzulänglich. Mein

Einwand: „Dann koch ihm doch was Schönes. Liebe geht durch den

Magen …“, führte nur zu missbiligendem Stirnrunzeln und

Verständigungsproblemen.

„Soll ich dem Mistvieh auch noch was Besonderes kochen?

Reicht es nicht, dass der schon bestes Biofleisch von glücklichen

Kühen kriegt?“

„Nein Schätzchen, ich meinte doch, dass du Werner mal was

Schönes kochen sollst. Liebe geht durch den Magen, und vielleicht

liegen die Probleme darin, dass du so kühl zu Werner bist?“

„Der kriegt seine Pizza aus der Packung. Soll ich mich jetzt

auch noch an den Herd stellen?“

Darauf konnte ich eigentlich nicht viel antworten, denn Violas

Fähigkeiten liegen zwar im handwerklichen Bereich, aber erstrecken

sich nicht auf die Zubereitung von leckeren Speisen.

Violas Verärgerung wuchs, als das liebe Hundi („der will doch

nur spielen“) mit einem Biss seiner strahlend weißen und

kerngesunden Zähne eine tragende Strebe eines fragilen

Designerholztischchens durchbiss und die schwere Glastischplatte

mangels Stütze, zusammen mit der Schale aus seltenem Muranoglas,

ein Mitbringsel vom letzten Wochenendtrip nach Mailand, und dem

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konsequent nach Feng-Shui Richtlinien kunstvoll arrangierten, frugal-

floralen Inhalt auf dem Marmorboden aufschlug. Werner sah

großzügig über das jugendliche Rowdy-Verhalten seines Hundes und

auch über die Pfütze mit undefinierbarer Herkunft, die aber so

aussah wie alle dachten, dass es aussehen muss, wenn die Töle mal

muss, hinweg, und Viola musste die Sauerei aufräumen und

wegfeudeln, da sich die undankbare Putze trotz Zulage, aber wegen

einer plötzlichen Hundehaarallergie weigerte, das Haus jemals wieder

zu betreten, um sich einer besser und außerdem steuerneutral nach

BAT (Bar auf Tatze) bezahlten Stelle in einem haustierlosen Haushalt

zu widmen.

Auch die deutlich sichtbare Verhaltensänderung von Werner

gab zu ernsten Klagen Anlass. Der unübersehbare Aufkleber „I MY

DOG“ an seinem SUV war - obwohl schon sehr bezeichnend - nur ein

unbedeutendes Detail im Gesamtengagement. Der ansonsten

konservativ im dezenten Business-Look gekleidete Werner hatte sich

eine modische Barbour-Jacke im rustikalen Prince-Charles-Style und

dazu schwere Allwetter-Stiefel gekauft, um mit seinem neuen

Liebling ausgiebige Morgen-, Mittags- und Abendspaziergänge durch

Wald, regennasses Feld und feuchte Wiesen zu unternehmen. Die

zeitgeschichtlichen Parallelen waren unübersehbar. Viola, unsere

sensible Prinzessin kam nicht gegen den ollen Rottweiler an, der ein

junger Schäferhund von bestem, deutschem Adel war.

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Verdachtsheischend und erschwerend kam hinzu, dass

Werner für viel Geld ein kunstvolles Ölgemälde seines haarigen

Angebeteten in Auftrag gegeben hatte, das nun an würdigem Platz im

Haus (Treppenaufgang vor der ersten Linksbiege ins Obergeschoß),

hübsch in Gold gerahmt und intim beleuchtet hing.

Aber das stark belastete Emotionsfass endgültig zum

überlaufen brachte Werners neue, schwere silberne Gürtelschnalle

mit dem Konterfei (Seitenansicht mit leicht heraushängender Zunge)

seines neuen tierischen Lieblings.

Das neue Alphatier in der ehelichen Gemeinschaft, und das

war unübersehbar, war am ganzen Körper haarig und hatte vier

Pfoten. Viola war das degradierte Betaweibchen (am ganzen Körper

sorgfältig unbehaart und nach meiner Beurteilung mit zwei sehr

hübschen und sorgfältig glattrasierten Beinen) und nur noch

notwendiges Beiwerk in der häuslichen Organisation.

Nachdem Werner auch noch Violas Bild im Silberrahmen auf

seinem Schreibtisch durch ein Farbportrait seines vierbeinigen

Freundes (hechelnd in aufrecht-dominierender Pose) ersetzt hatte,

begann Viola am Verstand ihres geliebten Ehemanns zu zweifeln.

Violas, mir in vertraulichem Ton geäußerte Vermutung, dass

es „der Arsch mit seinem Köter treibt“, wollte ich in Ermangelung von

eindeutigen Fakten und unter Zurückweisung voreiliger

Verdächtigungen so nicht bestätigen. Aber ich begann spontan über

die Frage nachzudenken, mit der sich vor einigen Jahren die

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linksorientierte, aber ansonsten seriöse TAZ auch schon befasst

hatte. Die Frage war: „Ein Zungenkuss zwischen Herrchen und Hund,

erotisches Bettgeflüster zwischen Frauchen und Husky - wie weit darf

Tierliebe gehen?“

Verständlicherweise kann die übergroße Zuneigung des

Partners zum Haustier, wie man an meinen Erlebnissen mit Viola

sehen kann, durchaus zur Ursache menschlichen Misstrauens und

daraus resultierender Eifersucht sein. Aber Viola hatte eigentlich

keinen Grund sich zu beklagen, denn auch Viola frönt einem

tierischen Hobby. Meine beste Freundin besitzt seit vielen Jahren ein

Pferd. Die an meine leckere Freundin Viola gerichtete Frage, wie sie

denn zum Pferd gekommen sei, wurde nur zögernd und unter dem

Druck meiner suggestiv-bohrenden Ergänzungsfragen und des Inhalts

einer weiteren Literflasche Rotwein ausreichend beantwortet. Mit

vor sittlicher Verlegenheit leicht geröteten Wangen gestand mir Viola

nach dem letzten Schluck des Weines aus der vierten Flasche, dass

der Ritt auf einem Pferd schon in frühen Jungmädchenjahren einen

starken erotischen Reiz ausgelöst habe. Die rhythmischen

Bewegungen auf dem Sattel und das „mit den Bewegungen des

Pferdes mitgehen“ mit gleichzeitiger, permanenter Stimulierung des

weiblichen „Druckpunkts“ soll nach verschämter Aussage meiner

Freundin Viola zu einem frühreifen Gefühl der körperlichen Ekstase,

spontaner Hitze und einem den Körper durchdringenden Prickeln und

damit zu einer lebenslangen Liebe zum Pferd geführt haben.

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Meine Gedanken verstärkend war das eigentlich

Unausgesprochene in Violas Worten. Doch dann versicherte sie mir

mit neckischem Augenaufschlag: „Du weißt doch, ich liebe es oben zu

sitzen …“

Meine messerscharfe Analyse, dass Violas intime

Geständnisse die hingebungsvolle Aufopferung vieler Jungmädchen

zum eigenen Pferd erklären könnte, die sich den meisten

Jungmännern vollkommen entzieht, ist noch nicht wissenschaftlich

bestätigt. Aber nach diesen geballten Offenbarungen war ich sowohl

geschockt, wie auch begreiflicherweise moralisch äußerst entrüstet.

Was sollte ich nun tun? Schweigen und meine Erlebnisse mit meiner

Pferdeflüsterin vergessen, oder meinen treuen und wissbegierigen

Leserinnen und Lesern berichten?

Mein Forscherdrang war endgültig geweckt, als mir Viola am

Anfang der ersten Hälfte einer mangels Vorratshaltung ersatzweise

geöffneten Prosecco-Flasche, sozusagen als kostenlose Zugabe

gestand, dass sie auch gern mit der Nase am Fell des Pferdes

„herumschubbert“, und ihre umfangreiche, wollige

Stofftiersammlung im ehelichen Schlafzimmer nur ein bis dato zwar

häufig gebrauchter, aber sehr unzulänglicher, und von Werner („der

weiß das nicht“) ein nicht als solcher identifizier Rubbel-Ersatz sei.

Plötzlich war mir alles klar. Sodomie ist ein weitreichendes,

gesellschaftliches Problem und führt zu massiver Melancholie beim

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Anblick von Flauschigem.1 Nur darum und aus keinem anderen Grund

haben die meisten Männer keine Beziehung zu Wollwaschmitteln

und Weichspülern. Ein Denkansatz, der den werbenden

Waschmittelherstellern aus mir unverständlichen Gründen bis heute

verborgen geblieben ist, obwohl Woody Allen in dem Film „was Sie

schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen

wagten!“, auf den Genuss eines bestimmten Wollwaschmittels

(Woolite) nach enttäuschter Tierliebe explizit hinweist.

Nachdem mich eine nachdenkliche Viola an diesem

bemerkenswerten Abend etwas schwankend und mit dem

belehrenden Bibelzitat im Ohr: „Wenn jemand bei einem Tiere liegt,

der soll des Todes sterben, und auch das Tier soll man töten!“2,

verlassen hatte, gingen mir die kulturgeschichtlichen Aspekte dieses

Themas nicht mehr aus dem Kopf. Stand ich am Anfang einer neuen,

mir bis dahin unbekannten sexuellen Massenbewegung? War ich

durch Zufall auf bis dahin von mir unentdeckte Leidenschaften im

Zwischenmenschlichen gestoßen? Gab es Obszönitäten und

Perversionen, von denen ich in aller Bescheidenheit nichts, und bis zu

diesem Abend auch gar nichts geahnt hatte. Plötzlich wurde mir

bewusst, dass ein die geschlechtsreife Menschheit bewegendes

Thema darauf wartet, ausführlicher untersucht, analysiert und 1 Das Zitat: „Sodomie führt zu massiver Melancholie beim Anblick von Wollwaschmitteln“ ist sinngemäß

nach einem Zitat der TAZ von 1996.

2 3.Buch Moses, Kapitel 20, Strafbestimmungen für schwere Sünden

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literarisch aufbereitet zu werden. Im Geist sah ich meine zukünftigen

Forschungsergebnisse vor dem Nobelpreiskomitee und mich mit

Ehren, Auszeichnungen und Geld überhäuft.

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Im 12. Jahrhundert war der normannisch-walisische Adlige Giraldus

Cambrensis bei den Krönungsfeierlichkeiten eines Kleinkönigs von Nord-Ulster

Zeuge, wie sich der angehende König mit einer weißen Stute geschlechtlich

vereinte. Mit dem keltischen Ritus der Hierogamie, einer heiligen Hochzeit, wurde

die Herrschaft rechtmäßig. Ein angehender König musste sich unter anderem mit

einer weißen Stute, der Muttergöttin in Pferdegestalt geschlechtlich vereinen.

Die Stute war das Symbol des Territoriums und der Erde und obendrein

Verkörperung der Königsherrschaft. Mit der Vereinigung wurde seine Herrschaft

rechtmäßig und fruchtbar.

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nbestreitbar ist, dass in einer oberflächlichen und

gefühlskalten Welt, in der menschliche Beziehungen oft

nicht das erhoffte Mindesthaltbarkeitsdatum erreichen

und dicke Freundschaften häufig enttäuscht werden, immer mehr

Menschen das vierbeinige Haustier als idealen Partner für Körper,

Geist und Seele schätzen. In der renommierten ZEIT konnte man

schon im Jahr 1998 lesen, dass Tierliebe bei Erwachsenen die Suche

nach jemandem ist, von dem man bedingungslos geliebt wird.

Offensichtlich hat die Liebe zum Tier nicht nur bei einigen

Steuerberatern (Werner ist erfolgreicher Steuerberater),

enttäuschten Ehefrauen, angehenden Königen und verschrobenen

Einsiedlern in unzugänglichen Bergregionen eine lange Tradition. Das

hat nachvollziehbare Gründe. Nicht nur Hütehunde, sondern die

Nachkommen des Wolfes im Allgemeinen, verfügen über einen

natürlichen Beschützer-Instinkt - und sie sind gelehrig. Sie folgen

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nach kurzer Ausbildung gern dem von dem lebenserfahrenen William

Shakespeare in Trollius und Cresida geprägten Lockruf: „Hector, du

schläfst, erwache!“

Die vom berühmten Shakespeare literarisch hinzugefügte

Aufforderung: „Nun halt dich brav“ ist ein überdeutliche Hinweis auf

die nutzbaren Ressourcen innerhalb eines begrenzten Lebensraums.

Gehorsam wie ein gut erzogener Hector nun mal ist, kommt er seinen

Pflichten gern nach. Und wenn der Partner mit der rauen Zunge nicht

so recht will, oder weil mangels klarer Ansage schlecht erzogen nicht

weiß was zu tun ist, wird mit schleckigem Nutella als Lockmittel

nachgeholfen, wie mir Heide S. aus S. in einem streng vertraulichen

Interview verriet.

In unserer schnelllebigen Zeit werden viele Einzelschicksale

vom ahnungslosen Normalbürger oft nur zögerlich und mit

kopfschüttelnder Skepsis wahrgenommen. Das erschütternde

Geständnis der verheirateten Sachbearbeiterin Heide S. aus S. ist kein

Einzelfall - ganz im Gegenteil. Die weltweit bekannte Frauenrechtlerin

Nancy Friday beschrieb in ihrem schon 1978 erschienenen Welt-

Bestseller „Die sexuellen Phantasien der Frauen“ (Goldmann Verlag),

dass über die Hälfte der von ihr befragten Frauen (und das waren

nicht wenige) sexuelle Phantasien mit Hunden habe. Der

Werbeslogan eines bekannten Tiernahrungsherstellers: „Gemeinsam

sinnliche Momente erleben“ bekommt in dieser Variante eine ganz

neue Bedeutung.

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Auch der renommierte Wissenschaftler Alfred Charles Kinsey,

ein Pionier der Sexualforschung und Professor für Zoologie konnte

schon in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderst erfolgreich

recherchieren, dass sexuelle Kontakte von Menschen mit Tieren

nichts Ungewöhnliches seien. Sexueller Tierkontakt wurde zu allen

Zeiten, in allen Kulturkreisen und wird auch in unserer modernen Zeit

immer noch gern und oft praktiziert. Meine für den ahnungslosen

Laien ungeheure Behauptung wird durch den Bericht eines

bekannten Nachrichtenmagazins (Ausgabe 21/2006 Seite 149)

anschaulich untermauert. Danach gibt es konkrete Hinweise, dass

schon der frühgeschichtliche Mensch oft und gern mit haarigen Affen

kopuliert hat. Auch die in besagtem Magazin erwähnten Berichte des

M. de la Brosse, der vor 270 Jahren Angola bereiste, lassen an

Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Angeblich lauern lüsternde

Schimpansen unschuldigen, eingeborenen Frauen auf, halten sie

gefangen um sich mit denen dann ausgiebig und zwar geschlechtlich

zu amüsieren.

Aus dem vorgenannten Magazin stammt auch der Verweis auf

das Buch des niederländischen Biologen Midas Dekkers (inzwischen

vergriffen, eine Neuauflage ist in Vorbereitung), der in seinem Buch

„Geliebtes Tier“ eine Abbildung aus dem 19. Jahrhundert mit dem

Titel: „Frau paart sich mit Affen“ zeigt. Zu sehen ist ein gefangen

gehaltener Affe, der durch die Gitterstäbe seines Käfigs hindurch den

erigierten Penis in den Schoß einer Frau führt.3

3 Zitat und Quelle: DER SPIEGEL 21/2006 Seite 149.

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Bestätigt wird die Liebe zum Tier von Wissenschaftlern der

Uni München. Danach soll eine latent sexuelle Neigung zum Tier bei

etwa drei Prozent der deutschen Bevölkerung vorhanden sein, wobei

die Dunkelziffer, wen wundert es, in den zweistelligen Prozentbereich

gehen soll.

Wie der bekannte Knuddel-Eisbär Knut in Deutschland,

bewegte Anfang 2007 der elfjährige Menschenaffe Bokito die Herzen

und Hirne im Nachbarland Holland. Im Rotterdamer Zoo war Bokito

zum heimlichen Superstar aufgestiegen, bis er eines Tages die

sprichwörtliche Schnauze gestrichen voll hatte. Mit einem Riesensatz

sprang er von seinem Affenfelsen über einen vier Meter breiten

Wasserkanal und griff vier Menschen an. Anfangs herrschte große

Ratlosigkeit über die Motivation des mächtigen, aber ansonsten

friedlichen Tiers, dessen Verhalten bis dahin noch keinen Anlass zu

Klagen gegeben hatte. Wissenschaftler, Psychologen,

Kommentatoren und sogar Philosophen beschäftigten sich mit dem

aggressiven Verhalten des fast zwei Meter großen und 180 Kilo

schweren Riesen-Affen. Nach einer ausführlichen Überprüfung der

Tathintergründe wurde klar, dass die 57jährige Petronella Yvonne de

Horde, die von Bokito schwer verletzt wurde, die Ursache für das

ungewöhnliche Verhalten des haarigen Riesen war. Die über

hundertmal gebissene Frau hatte durch tägliche Besuche des Zoos

eine sehr emotionale, aber einseitige Beziehung zu dem

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Menschenaffen aufgebaut, die Bokito Anfangs zwar nett, aber in

Ermangelung von Rückzugsmöglichkeiten zunehmend als Bedrohung

für Affenleib und Leben empfand.

Noch nicht eingestanden, aber aufgrund ihres Verhaltens

anzunehmen ist, dass die 57jährige Niederländerin in Bokito

ernsthaft verliebt war. Nach Genesung von ihren schweren

Verletzungen wird Frau de Horde ihren Liebling nicht mehr besuchen

können. Die Leitung des Rotterdamer Zoos hat der verliebten Frau

den Zugang zum Zoo untersagt. Ihr weiteres Schicksal ist leider nicht

bekannt. Wir wissen also nicht, ob sie sich einem anderen Objekt der

Begierde zugewandt hat, oder ob sie immer noch unter den

Symptomen von Amor Hereos leidet, die von der Dichterin Sappho

schon in der Antike um 600 v. Chr. ausführlich beschrieben wurden.

Danach äußert sich die Verzweiflung über den Verlust des Geliebten

in Weinen und Kopfhaare ausreisen. Im darauf folgenden Wahnsinn

wird die Leidende zum Tier und vegetiert seitdem rastlos läufig im

dichten Wald vor sich hin.

Die Philosophin Stine Jensen, die über das Verhältnis von

Frauen und Affen in der Literatur, im Film und in der Wirklichkeit,

eine Doktorarbeit geschrieben hat, meint mit süffisanter Ironie: ,,Es

sind die großen Muskelpakete der Menschenaffen, die ihren Harem

aus unterdrückten Weibchen-Gorillas dominieren. Die breiten

Schultern, die großen Hände, das spricht bei manchen Frauen

Urgefühle an.“

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[Aus meiner Kurzgeschichtensammlung „Leben mit Viola“] ____________________

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Außerdem bemerkt die Philosophin hintersinnig: „Es ist doch

kein Zufall, dass alle bekannten Forscher, die sich mit Menschenaffen

beschäftigen, Frauen sind.“

Ich habe diese Behauptung überprüft und kann das nur

bestätigen. Beispielsweise haben sich Dian Fossey, Jane Goodall oder

Birute Galdikas intensiv mit Menschenaffen beschäftigt und teilweise

sogar im Menschenaffenrudel gelebt und es wäre kein Wunder, auch

geliebt. Fosseys Liebe zum muskulösen Chef des Rudels ging sogar so

weit, dass sie sich sogar neben ihrem Lieblingsgorilla Digit begraben

ließ. Offensichtlich sehen manche Frauen in einem Gorilla archaische

Tatkraft, brutale Dominanz und ursprüngliche Männlichkeit, die

(Tarzan und King-Kong lassen grüßen) in den modernen

Großraumbüros unter der abhängig arbeitenden Bevölkerung eher

selten anzutreffen ist.

Eine sehr symbolträchtige Szene ist die rituelle Öffnung des

Tors im Film „King-Kong (auf den riesigen Schiebebalken achten).

Dennoch spricht die Verbindung von kraftstrotzender Leistung und

Gehorsam nur bedingt für Gorillas als folgsames Haustier, denn eines

entdecken die ,,verliebten‘‘ Frauen in der Regel zu spät. Gorillas

haben von allen Affen das kleinste Geschlechtsteil.

Aber nicht nur Frauen, sondern auch Männer können in den

Bann von Gorillas geraten. Der niederländische Volkssänger Vater

Abraham (Das Lied der Schlümpfe) schickte vor einiger Zeit der

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[Aus meinem Kurzgeschichtensamlung „Leben mit Viola“] ____________________

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Zeitung ,,de Telegraaf‘‘ ein Foto. Darauf ist zu sehen, wie Vater

Abraham ein Gorilla-Weibchen küsst.

„Der Kuss übertraf alles, was ich je erlebt habe. Er war so

intensiv. Ich habe viele wichtige Leute kennengelernt,

Regierungschefs, Künstler. Aber der Kuss mit dem Gorilla war die

intensivste Erfahrung“, schwärmte der Sänger voller Hingabe in

einem Interview.

Auch die Heilwirkung anschmiegsamer Haustiere ist schon seit

vielen tausend Jahren bekannt und wird neuerdings von

avantgardistischen Therapeuten wieder als altes Hausmittel gegen

allerlei Seelen- und Körperkümmernisse empfohlen. Es ist überliefert,

dass im alten Persien die Meinung weit verbreitet war, dass die

geschlechtliche Vereinigung mit Haustieren eine

Geschlechtskrankheit nicht nur vermeiden, sondern zum Beispiel eine

Tripper-Erkrankung auch heilen könne. Dieses alternative Hausmittel

wurde bis in neuere Zeit sogar von orientalischen Hausärzten

verschrieben und entstand aus einfachen Überlegungen. Wegen der

weit verbreiteten Ansteckungsgefahr und in Ermangelung chemischer

Keulen war es sinnvoll, den menschlichen Sexualtrieb prophylaktisch

auf ungefährlichere Haus- und Hoftiere zu leiten.

Sex mit Tieren gab es schon immer, wobei die Gründe und

Grenzen der Intimitäten fließend sind. So sind zum Beispiel

Höhlenmalereien, die sexuelle Kontakte von Menschen mit Tieren

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[Aus meiner Kurzgeschichtensammlung „Leben mit Viola“] ____________________

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zeigen, bereits aus der Bronzezeit bekannt. Unbekannt ist, ob es sich

um religiös motivierte Bilder, steinzeitliche Phantastereien, oder

zeitgeschichtliche Illustrationen mit realem Bezug handelt.

Bei meinen Recherchen fand ich eine weitere Spur in uralten

Mythen und Religionen. Im griechischen Äskulapkult nutzten heilige

Frauen Schlangen zur geschlechtlichen Vereinigung, und die

Verehrung des Bocks von Mendes im Osiriskult des alten Ägypten

bestand in der sexuellen Paarung von gläubigen Frauen mit dem

heiligen Tier.

Bei den Griechen galten viele Zwitterwesen als Halbgötter.

Zeus näherte sich der Göttin Leda, der Frau von König Tyndareos, in

der Gestalt eines Schwans zum Zweck der geschlechtlichen

Verführung. In manchen Überlieferungen findet man Hinweise, dass

alle Kinder der Leda göttlicher Abstammung seien, was eindeutig auf

schwanische Wiederholungstaten schließen lässt.

Nun kann man vortrefflich darüber streiten, ob es die vielen

Götter wirklich gab, in einem gut versteckten Himmelswinkel sogar

noch gibt, oder ob die vorgeblichen Liebesspiele der Götter nur

einem tiefen, menschlichen Sehnen nach tierischen Freuden

entsprachen. Tatsache ist, dass es auch bei anderen Göttern munter

zur Sache ging. Ein schönes aber von bestimmten Kreisen als

unbehaglicher Fehltritt empfundenes Beispiel für erotische Träume

ist die in Biokreisen verehrte Göttin Demeter, die von ihrem Bruder

Poseidon inzestuös mit Liebesverlangen verfolgt wurde. Um in Ruhe

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[Aus meinem Kurzgeschichtensamlung „Leben mit Viola“] ____________________

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gelassen zu werden, verwandelte sie sich in eine Stute und mischte

sich unter die in Arkadien weidenden Rösser des Königs Onkios, eines

Enkels des Apollon, zum Zwecke der Besteigung. Der nicht dumme

Poseidon durchschaute die List und verwandelte sich in einen Hengst.

Unter Schnaupen vereinigte er sich nicht nur einmal mit der Göttin,

der es, wenn man den Überlieferungen glauben darf, auch gefallen,

aber mit ihrem Stillhalten der Idee vom Matriarchat einen schweren

Schaden zufügt hat.

Auch in der Traumdeutung spielt die Liebe zum Tier schon seit

der Antike eine wichtige Rolle, die unzähligen Psychologinnen eine

finanzielle Steilvorlage liefert. Der Fisch, die Schnecke, oder die

Schlange sind Genitalsymbole, die auf geheime Phantasien schließen

lassen. Und wer kennt sie nicht, die Geschichte der nackten Eva und

der (Hosen-) Schlange. Nach Freud das bedeutsamste Symbol des

männlichen Gliedes, und einer unschuldigen Eva, der nach der

Verführung durch eine Boa (Constructa?) die Tragweite der Tat

immer noch nicht bewusst war. Fazit: Nicht nur der Bauknecht muss

wissen was Frauen wünschen, sonst greifen die Frauen in der Not

nach jedem dahergelaufenen Geringel.

Nicht nur ein feuchter Traum, sondern überliefert ist, dass

auch die Gattin des kretischen Königs Minos, Pasiphaë, starke

Gefühle zu einem Tier verspürte. Ein Stier hatte es ihr besonders

angetan. Um ihn zu verführen, ließ sie sich eine hölzerne Kuh bauen,

um sich in dieser zu verstecken. Der Stier war von der Attrappe

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angetan und kam seinem natürlichen Trieb nach. Über die Haltbarkeit

der Attrappe und ob daraus eine dauerhafte Affäre wurde, ist nicht

bekannt.

Bei den römischen Kaisern sah es nicht anders aus. Marcus

Aurelius Antoninus (im März 222 ermordet) heiratete nicht nur

Frauen, sondern auch Männer und Pferde. Doch mit dem

Aufkommen des sauertöpfischen Christentums war es vorerst mit

den tierischen Freuden vorbei. Tierliebhaber wurden verfolgt,

nachdem der moralinsaure Moses dem verlotterten Volk mehrere

Male ordentlich, vermutlich nicht ohne Grund, die Leviten lesen

musste.

„Fluch über jeden, der mit einem Tier verkehrt!“4 war einer

seiner vielen zornigen Ausrufe.

Nun ist bekannt, dass jedem Gesetz ein konkreter Anlass

zugrunde liegt. Mose hätte seine Flüche nicht ausgesprochen, wenn

die Vorkommnisse nicht überhand genommen hätten. Das Volk war

jedoch nur mäßig beeindruckt und sagte: „Sei`s drum und Amen!“

Daraus kann man schließen, dass Tierliebe auch im Glauben

fest verwurzelt ist und noch nie ein Fehlverhalten Einzelner, sondern

schon immer eine Massenbewegung war. Da aber das mosaische

Verfluchen nur geringe Wirkung zeigte und die Menschen immer

noch ihren Spaß hatten, gab Moses noch eine ultimative Anweisung

drauf: „Wer mit einem Tier Verkehr hat, wird mit dem Tod bestraft."5

4 5.Buch Moses, Kapitel 27 5 3.Buch Moses, Kapitel 20, Strafbestimmungen für schwere Sünden Vers 15.

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Und weil er gerade so schön am verfluchen war, wurde auch

der Verkehr mit der Schwiegermutter und der Schwester verflucht.

Damit waren nicht nur die Tierliebe, sondern auch die

Schwiegermutter, die Schwippschwägerin und die Schwester tabu.

Ganz nebenbei waren für die nächsten zwei- bis dreitausend Jahre

die Stellenwerte festgeschrieben.

Doch was lernen wir daraus? Wo liegt die Wahrheit im

Spirituellen? Die religiöse Verflucherei lässt auf ein ziemlich

ausschweifendes Leben der vorchristlichen Menschen, und auf eine

frühkindlich geprägte Phobie des Fluchenden (Freud hätte seine

wahre Freude daran) schließen.

Bei meinen weiteren Nachforschungen stieß ich auch auf die

Nachkommen der Sodomiten. Die Sodomiten, die damals am Toten

Meer recht komfortabel wohnten, und die Einwohner der

Nachbarstadt Gomorra (die Gomorraner) mussten kollektiv für ihre

Ausschweifungen büßen. Sie trieben es, entgegen den göttlichen

Vorgaben gleichgeschlechtlich, was zu ersten Irritationen über die

korrekte Bezeichnung der Tierliebe führte. Nach 120 Tagen gutem

Zureden der himmlischen Obrigkeit war definitiv Schluss mit Lustig.

Der Herr sprach also: „Das Klagegeschrei über Sodom und Gomorra,

ja, das ist laut geworden, und ihre Sünde, ja, die ist schwer.“6

6 „Das Klagegeschrei über Sodom und Gomorra, ja, das ist laut geworden, und ihre Sünde, ja, die ist

schwer" ist aus 1. Mose Genesis 18, 20

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Die Folgen des göttlichen Wehklagens sind bekannt. Er (der

Herr) schickte weiße Zwitterwesen mit Flügeln los, und die

vernichteten von Grund auf jene Städte und die ganze Gegend, und

auch alle Einwohner der Städte mit Schwefel und Feuer.7

Bis zu dieser Stelle ist die Story bekannt und spirituell so

ausgelatscht, dass man damit nicht einmal mehr Kleinkinder in Angst

und Schrecken versetzen kann. Aber dem modernen und intellektuell

denkenden Menschen stellen sich viele Fragen. Engel sind die Söhne

Gottes und menschenähnliche Wesen mit Flügeln – das steht so

geschrieben und darum ist es auch so.

Die Fragen sind: Wie konnten solche Geschöpfe entstehen?

Hatte da die Evolution die Finger im Spiel, eventuell durch den

Verkehr mit Hühnern? Ist Gott womöglich ein großer Vögler …?

Mit allem Respekt, aber die Frage steht seit zweitausend

Jahren immer noch unbeantwortet im spirituellen Raum. Doch

kommen wir zurück zu Sodom und den bedauernswerten Sodomiten.

Nachdem alle Einwohner und dazu Kind und Kegel kollektiv

wegen schwerer sodomistischer (oder gomorranischer) Verfehlungen

vernichtet waren, hatten die übriggebliebenen Sodomiten (und auch

die Gomorraner) die Schnauze gestrichen voll und zogen fort.8 Engel

verboten den Wegziehenden sich umzusehen. Alle gehorchten brav

7 Aus der Bibel ist: „Er vernichtete von Grund auf jene Städte und die ganze Gegend, und auch alle

Einwohner der Städte ..."

8 Du musst mich nicht daran erinnern, ich habe den Widerspruch bemerkt.

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und sangen aus vollem Herzen: „Abends wenn ich schlafen geh,

vierzehn Engel bei mir stehn. Zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner

Linken.“9

Nur Frau Lot konnte sich mit dem griesgrämigen Gesang des

Geflügels nicht anfreunden. Sie hing zu sehr an ihrem

zurückgelassenen Lieblingsplüschtier und sah sich danach um. Wie

aus dem Religionsunterricht bekannt, erstarrte sie unverzüglich zur

Salzsäule. Der zurückgebliebene Vierbeiner wollte sein Frauchen Lot

retten und fing an, so wie die Viecher es auch heute noch gern

machen (und wie mir Susanne S. aus B. verriet), am Salzigen zu

lecken. Der Rest liegt im Dunkeln der Geschichte und im

Schlafzimmer von Susanne und ihrem Castor verborgen.

Was lernen wir daraus? Falls dir, liebe Leserin etwas Ähnliches

passiert, denk an Frau Lot und bleib ganz ruhig liegen oder stehen. Es

geschieht nichts schlimmes, dein vierbeiniger Freund will dich nur

retten, wenn er schleckt.

Trotz der bedauerlichen Ereignisse in Sodom und auch in

Gomorra fand im Laufe der Jahrhunderte die Liebe zum Tier nicht nur

unter dem einfachen Volk, sondern auch unter den Klerikern immer

mehr Anhänger. Bei meinen Forschungen in streng geheimen

Kirchenarchiven stieß ich nicht nur auf Gebote, sondern auch auf

zahlreiche Untersagungen. Wie bereits erwahnt, werden Verbote nur

9 „Abends wenn ich schlafen geh, vierzehn Engel bei mir stehen, Zwei zu meiner Rechten, zwei zu meiner

Linken“ ist ein Schlaflied aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“, von C. Brentano und A. v.

Arnim.

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erlassen, wenn konkrete Übertretungen die von der Obrigkeit

empfohlene Ordnung empfindlich stören. Darum gehe ich davon aus,

die Liebe zum Tier auch in klerikalen Kreisen ihre subversive

Anhängerschaft hatte und hat.

Der Trend zum Animalischen nahm offensichtlich so

überhand, dass das Konzil zu Neu-Cäsarea (314 n. Chr.) bestimmte,

dass ein Geistlicher bei Sodomiterei mit Tieren abgesetzt werden und

Buße tun solle. Doch die Beschlüsse halfen nichts. Beten und büßen

führte nicht zur Triebeliminierung. Etwa um das Jahr 750 n. Chr.

wurde vom Erzbischof Egbert von York eine Strafverordnung für

Bischöfe und Diakone erlassen, welche mit Mutter, Schwester, oder

mit vierfüßigen Tieren Unzucht treiben.

Ratherius von Verona, der zu Anfang des 10. Jahrhunderts

lebte, klagte: „Oh! wie verworfen ist die ganze Schar der

Kopfgeschorenen, da unter ihnen keiner ist, der nicht ein Ehebrecher

ist oder ein Sodomit.“

Offensichtlich war der klerikale Drang zum Tier so stark, dass

schon seit dem frühen Mittelalter keine weiblichen Tiere in

Mönchsklöstern und keine Schoßhündchen in Nonnenklöstern

geduldet wurden. Der weibliche, aber auch der männliche

Geschlechtstrieb sollte sich ausschließlich, und dafür trete ich auch

ein, auf die Anbetung eines blutig gepeitschten, fast nackten Mannes,

der nur mit einem Lendenschurz bekleidet, angenagelt und mit

angstochenem Gedärm an einem Holzkreuz hängt, konzentrieren.

Diese Tatsachen sind frühe Beweise, dass tierische Vergnügen nicht

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nur beim einfachen Volk, sondern auch bei der geistlichen Obrigkeit

eine liebgewordene Abwechslung vom harten Alltag war.

Etwa um das Jahr 900 n. Chr. wurde die Sehnsucht nach dem

Tier zu einer Massenbewegung in der christlichen Welt. Es kamen

Gerüchte auf, dass eine Menge Weiber nächtlicherweise auf

gewissen Tieren reiten10 und neun Monate nach dem Höllenritt

schreiende Bälger zur Welt gebären würden. Den als Hexen

diffamierten Frauen wurde vorgeworfen, sie hätten

Geschlechtsverkehr mit Ziegenböcken praktiziert, was nach der

herrschenden Kirchenlehre ein Frevel wider den göttlichen

Schöpfungsplan war. Da die Kirche mit Herrn Satan, der ja

bekanntlich einen großen Schwanz und Hufe hat, keinen Spaß

verstand und als Erfinder desselben verständlicherweise das alleinige

Vermarktungsrecht (Copyright) auf geflügelte Wesen beansprucht,

wurden außerkirchliche Flügelwesen und das Reiten auf, mit, unter

und denselben (oder mit erdgebundenen Tieren ohne Flügel) mit

drakonischen Strafen verfolgt.

Papst Sixtus Vl. (1471 bis 1484) war ein Meister in der

Beschaffung von Zusatzeinnahmen. So legte er in Rom nicht nur

öffentliche Bordelle an, sondern erlaubte für eine bedeutende

Abgabe auch einigen Kardinälen während der Monate Juni, Juli und

August die Sodomiterei. Doch erst Papst Leo X. begann das Geschäft

10 Das Zitat: „Eine Menge Weiber nächtlicherweile …“ ist aus „Malleus Maleficarum - der Hexenhammer“

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mit den menschlichen Leidenschaften in größerem Stil zu

kommerzialisieren. In einer von ihm persönlich verfassten,

päpstlichen Ablasstaxe waren penibel die Preise für

Sündenvergebungen festgesetzt. Eltern- und Geschwistermord,

Blutschande, Kindermord, Fruchtabtreibung, Ehebruch aller Art, alles

was man nur Sünde oder Verbrechen nennen kann, fand hier seine

Erwähnung. Wer nicht von seinen Hobbys lassen konnte, oder

seelischen Beistand, zum Beispiel bei übermäßiger Nutzung des

geliebten Tiers benötigte, konnte auf gnädige Hilfe hoffen. Für die

Bezahlung von zwölf Dukaten konnten Adlige, klerikal Engagierte und

wohlhabende Bürger Vergebung für die Sodomiterei mit Tieren

bekommen.

Bemerkenswert ist der Schlusssatz der päpstlichen Taxe. Er

lautet: „Dergleichen Gnaden können Arme nicht teilhaftig werden,

denn sie haben kein Geld, also müssen sie des Trostes entbehren."

Wer sich in flagranti mit einem Tier erwischt ließ, wurde der

weltlichen Gerichtsbarkeit übergeben und zur Mahnung, Erbauung

der Zuschauer und zur Läuterung der Seele verbrannt. Das bedeutet,

dass der Verkehr mit Tieren ein elitäres Vergnügen war und ist, an

welchem die arbeitende Bevölkerung tunlichst nicht teilhaben soll –

man will ja bis heute unter sich bleiben, klerikal-sodomitisch

gesehen.

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Bis weit ins 16. Jahrhundert des letzten Jahrtausends war der

Gebrauch von Ziegen keine Seltenheit. Ein Kardinal Bellarmino11 hielt

sich trotz seines Berufs als Jesuit, Kardinal und Großinquisitor, neben

einer größeren Anzahl von Mätressen, auch vier schöne Ziegen.

Nebenbei war er maßgeblich an der Verurteilung von Giordano Bruno

beteiligt, und wäre nach dessen Verbrennung am 17. Februar 1600

auf dem Campo de Fiori in Rom auch fast noch zum Papst gewählt

worden. Am 13. Mai 1923 wurde Kardinal Bellarmino von Papst Pius

XI. selig- und am 29. Juni 1930 heilig gesprochen. Eigentlich eine

schöne Karriere eines Ziegenliebhabers, wenn man von der

missglückten Bekehrung des Giordano Bruno einmal absah.

Eine andere Geschichte mit Ziegen wird von Alexander Selkirk,

der als Robinson Crusoe literarisch unsterblich geworden ist, erzählt.

Forscher haben jetzt rekonstruiert, wie Alexander Selkirk auf der

unbewohnten Insel gelebt hat. Der Gestrandete vertrieb sich die Zeit

mit einer wilden Ziegenherde. Wie DER SPIEGEL in der Ausgabe 6 /

2009 auf Seite 131 berichtet, lebte Alexander Selkirk sexuell gesehen

von und mit der eigenen Hand. Leider ist in Daniel Defoes Bucherfolg

„Robinson Crusoe“ kein diesbezüglicher Hinweis auf körperliche

Ziegenliebe zu finden. Allerdings brodelt der Expertenstreit wegen

der Frage, ob er sich wegen der großen Auswahl nicht auch den

Ziegen bemächtigt hatte. Bezeichnend ist jedoch die Tatsache, dass

Freitag (der männliche Eingeborene) als frei erfundener Protagonist

11 Geboren am 4. Oktober 1542 in Montepulciano und gestorben am 17. September 1621 in Rom.

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und Aufpasser nur darum hinzugefügt wurde, damit kein Verdacht

auf Ziegen oder schwarze Frauen fallen konnte. Die Geschichte wäre

dann vollkommen anders ausgegangen. Aber ich verplaudere mich

wieder und möchte darum zum Thema zurückkommen.

Nicht nur beim einfachen Volk und der Geistlichkeit fand man

Anhänger der Tierliebe. Auch ruhmreiche Feldherren huldigten

diesen exquisiten Genüssen. Im 16. Jahrhundert sagte man dem

überaus erfolgreichen General Giorgio Basta den Geschlechtsverkehr

mit Ziegen nach. Zu seinem extravaganten Lebensstil gehörte eine

besondere Ziege, die er Frauen vorzog. Er liebte sie so sehr, dass er

sie prunkvoll und wie eine Kurtisane mit Schmuck behängen ließ. Das

war kein Einzelfall. Auch der Herzog von Nemours und seine

italienischen Söldner übertrieben ihre Tierliebe. Nach Gerüchten

vergriffen sich die adligen Herren wahllos an Ziegen, so dass die

Bauern überall dort, wo sie durchzogen, gezwungen waren, alle

Ziegen zu verbrennen. Louis de Gonzague, Herzog von Nevers, soll

sogar auf seinen Feldzügen zweitausend Ziegen mitgeführt haben,

die mit Überwürfen aus grünem Samt und großen goldenen Borten

bekleidet waren. Glaubwürdig überliefert ist das Zitat: „Sie dienten

sowohl den Soldaten als auch ihm selbst als Mätressen."

Dieser Brauch ist aus vielen Armeen bekannt, auch wenn

heutzutage die „Regimentsstute“ zur Stärkung der Moral der

kämpfenden Truppe - vermutlich aus Kostengründen - kaum noch

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eingesetzt wird. Auch das „Kommandantenkamel“ bei der

Fremdenlegion, das ausschließlich den höheren Diensträngen

vorbehalten war, ist weitgehend in Vergessenheit geraten.

Bedauerlicherweise lag im Mittelalter der Tierschutz noch

sehr im Argen. Tiere waren zwar Rechtssubjekte und unterstanden

der weltlichen Gerichtsbarkeit, doch genützt hat es ihnen wenig. Sie

wurden, sofern sie beim Akt ertappt wurden, zuerst gevierteilt und

danach praktischerweise aufgegessen. Ob aus dieser bestialischen

Sitte der Begriff „Lieblingsspeise“ entstand, ist mir leider nicht

bekannt.

Mit wohligem Schauern erzählt man sich auch noch heute,

dass in abgelegenen Waldgegenden Wolfsmenschen (Lykanthropen)

ihr Unwesen treiben. Angeblich sollen sie beim Koitus mit Wölfinnen

größere Lust verspüren als ein Mann je mit einer Frau verspüren

kann, und entsprechend leidenschaftlich sein. Das hat sich in der

weiblichen Landbevölkerung schnell herumgesprochen. Die

Geschichten von Dracula und Konsorten haben einen realen

Hintergrund und es ist kein Wunder, dass auch heute noch in lauen

Vollmondnächten der Zulauf von läufigen Wölfinnen beträchtlich ist.

Im 18. Jahrhundert machte der Preußenkönig Friedrich II. mit

seinem pragmatisch geprägten Führungsstil von sich reden. Einen

Kavalleristen, der mit einer Stute sexuellen Kontakt hatte, bestrafte

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er mit den Worten: „Der Kerl ist ein Schwein und soll unter die

Infanterie gesteckt werden."12

Die Degradierung des Kavalleristen war vermutlich in der

Veranlagung des kleingewachsenen Preußenkönigs zu suchen, der ja

bekanntlich eine versteckte, homoerotische Vorliebe für „Lange

Kerls“ hatte.

Ein barbarisches Ereignis ist aus dem Jahr 1771 überliefert. In

Paris wurden auf Anordnung der Obrigkeit alle „Schoßhündchen“,

volkstümlich auch F**zenlecker genannt, kurzerhand beschlagnahmt

und am 25. Mai des Jahres auf dem Place de Grève verbrannt. Diese

unmenschlichen Sitten haben sich, dem Herrn sei es gedankt,

geändert. Doch danach war sozusagen vorerst Ruhe im Karton und

um den Haus- und Hofhund wurde es etwas ruhiger.

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts stand das Pferd

eindeutig an erster Stelle der sexuellen Begierden im animalischen

Bereich. Die Liebe zum Hund erlebte eine Renaissance im Paris des

beginnenden, zwanzigsten Jahrhunderts. Nach dem Besuch eines

einschlägigen Etablissements zu Studienzwecken, empörten sich der

angesehene Psychiater, Freiherr Richard von Krafft-Ebing, mit den

Worten: „Ein monströses Beispiel von sittlicher Depravation in

großen Städten ist der Fall einer Weibsperson in Paris, die sich in

geschlossenen Kreisen gegen ein Eintrittsgeld vor Wüstlingen damit

12 Das Zitat: „Der Kerl ist ein Schwein und soll unter die Infanterie gesteckt werden" ist von Friedrich

Borneman nach Freiherr Richard von Krafft-Ebing, Psychiater (1840-1902)

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produzierte, dass sie sich von einem abgerichteten Bulldog begatten

ließ.“

Ein Bericht im SPIEGEL in der Ausgabe 40 / 2008 (Seite 139

oben), den ich hier wörtlich wiedergebe, zeigt, wozu sogar

Volksschullehrer fähig sind, wenn sie ihre Triebe nicht so ausleben

dürfen wie sie wollen. Ich zitiere: „Im September 1913 zog der Lehrer

Ernst Wagner in Degerloch bei Stuttgart los und ermordete vierzehn

Menschen. Zuerst erstach der Pädagoge seine Frau und seine vier

Kinder im Schlaf. Anschließend wütete Wagner im Nachbarort

Mühlhausen und erschoss neun unbeteiligte Passanten. Hintergrund

des Verbrechens war ein paranoider Wahn, den der zur Tatzeit

Neununddreißigjährige über zehn Jahre hinweg entwickelt hatte.

Beim Verhör gab Wagner an, sich im Alter von 29 Jahren in einem

Kuhstall an den Tieren vergangen zu haben. Nun lebte der

Getriebene in der nur eingebildeten Gewissheit, sämtliche

Dorfbewohner wüssten von seinem sodomitischen Übergriff und

würden ihn hinter seinem Rücken verspotten.“

Nicht nur die Zeiten haben sich geändert, auch die

Geschmäcker haben sich gewandelt. Die Liebe zum Pferd und zum

Paarhufer etwas nachgelassen. Das hat nicht moralische, sondern

banal-praktische Gründe. Ein feuriger Hengst ist nur unter

erschwerten Bedingungen und nach Absprache mit dem oft

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[Aus meiner Kurzgeschichtensammlung „Leben mit Viola“] ____________________

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argwöhnischen Vermieter in modernen Zwei-Raum-Wohnungen zu

halten.

Aus dem SPIEGEL (die Ausgabe ist mir leider abhanden

gekommen) habe ich erfahren, dass vor einigen Jahren ein

evangelischer Geistlicher von sich reden machte, nachdem er einen

schwunghaften Handel mit Selbstgefilmten betrieben hatte.

Bemerkenswert war, dass sich nicht nur die Ehefrau und der

Hofhund, sondern auch einige weibliche Gemeindeschäfchen lustvoll

an den Spielen beteiligten hatten. Ob bei den Verrichtungen religiöse

Lieder abgesungen wurden, konnte ich leider nicht recherchieren.

Nach Aufdeckung des Handels wurde der Geistliche von seiner

vorgesetzten Behörde streng getadelt und zusammen mit seiner

Ehefrau und dem Hofhund in einen anderen Bezirk versetzt.

Trotz aller Vorlieben sind die Gefahren der Tierliebe nicht zu

unterschätzen. Im US-Bundesstaat Washington wurde im Jahr 2007

ein illegales Bordell für Sodomisten ausgehoben, die sich gegen ein

Salär mit Hühnern, Ziegen, Hunden, Eseln und Pferden vergnügen

konnten. Die Polizei begann zu ermitteln, nachdem ein Mann in

einem örtlichen Krankenhaus des King County an inneren

Verletzungen im Darmbereich verstorben war, die er sich beim Sex

mit einem Pferd zugezogen hatte. Jetzt wird wegen gegen die

Veranstalter wegen Hausfriedensbruch ermittelt, weil das

Sodomistenbordell auf der Farm eines ahnungslosen Nachbarn

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[Aus meinem Kurzgeschichtensamlung „Leben mit Viola“] ____________________

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betrieben wurde. Da das Pferd nicht vergewaltigt wurde und weder

Verletzungen noch seelische Schäden davon getragen hat, gab es

keine Ermittlungen wegen Tierquälerei.

Bei der Tierliebe spielt Geld offensichtlich keine Rolle. Wie ich

meiner seriösen Tageszeitung entnehmen konnte, hat eine

chinesische Millionärin für ihren Traumhund, einem Tibetmastiff,

umgerechnet mehr als 400 000 Euro bezahlt und ihm am Flughafen

von Xian einen Empfang mit 30 schwarzen Mercedes-Limousinen

bereiten lassen. Erwähnenswert ist, dass die Hunderasse über 66 cm

groß und um 60 kg schwer (Rüden) wird. Der Ausdruck des Hundes ist

ernst und würdevoll bis mürrisch, keinesfalls aber unfreundlich. Da

ich die Beschreibung des Tieres aus einer seriösen Quelle (Wikipedia)

habe, liegt die Vermutung nahe, dass von der Millionärin ein iedaler

Ehehund gesucht und erworben wurde.

In Deutschland und auch in den meisten europäischen

Ländern ist die Liebe zum Tier inzwischen Privatsache und nicht mehr

strafbar, sofern das Tier nicht genotzüchtigt wird. Doch die

Tierfreunde können Probleme wegen Verstößen gegen die §§ 17 und

18 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) bekommen. Wer einem Tier

Schmerzen zufügt, begeht eine schwere Straftat. Diese gesetzliche

Regelung ist sinnvoll und entspricht den Normen einer modernen

Gesellschaft. Eine eher bedenkliche Entwicklung ist, dass die

Vermittlung, der Verleih, Verkauf, oder das Abrichten, Dressieren und

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Gewöhnen an sexuelle Handlungen nicht durch den Gesetzgeber

geahndet wird. Hier wird der gewerbsmäßigen Unzucht Tür und Tor

geöffnet. Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeit, dass bei einer

weiteren Verbreitung der Tierliebe auch legale Tierbordelle

entstehen werden. Ob ein Straßenstrich mit Bordsteinschwalben,

oder ein Swingerclub mit gefälligen Vierbeinern behördlicherseits

genehmigt wird, bleibt abzuwarten.

Einen wichtigen Hinweis verdanke ich Andrea W. aus F. in

Oberbayern, der ich dafür und auch für Anderes herzlich danken

möchte. Unvorbereitete und sensible Tierbesitzer-innen möchte ich

eindringlich vor dem sogenannten Torbogenreflex warnen.

Männliche Hunde, aber auch Rinder und Pferde, versuchen dann

aufzuspringen, wenn die Silhouette in etwa einem Torbogen ähnelt.

Dieser Reflex kann ausreichen damit erklärt werden, dass der Umriss,

zum Beispiel von Kühen und von wohlgeformten Damen (von hinten

betrachtet) eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Torbogen aufweist.

Danach sollten Personen, die sich auf eine Weide verirrt haben,

geflissentlich darauf achten, sich nicht vor einem Bullen zu bücken.

Die Gefahr ist groß, dass der Torbogenreflex ausgelöst werden kann

und der Mensch beim unfreiwilligen Kontakt mit dem Tier Schäden

erleidet. Wie mir in einem ausführlichen Telefongespräch versichert

wurde, soll dieser Reflex auch im Stall, oder beim domestizierten

männlichen Hund durchaus vorhanden sein. Ein aufforderndes

Wackeln mit dem nur spärlich, oder unbekleideten Hinterteil kann

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[Aus meinem Kurzgeschichtensamlung „Leben mit Viola“] ____________________

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unvorhersehbare Reaktionen auslösen. Ergänzend möchte ich das

Zitat meiner guten Freundin Elke S. aus B. und Besitzerin eines Ehe-

und Dobermanns auf meine romantisch inspirierte Frage: „Siehst du

den schönen Mond?“ anfügen.

„Wenn ich meinen Rock hochziehe und ich mich bücke, dann

siehst du den wahren Mond.“

Aus diesem Grund sollen auch die emotionalen Vorteile in

meinem kritischen Bericht nicht unerwähnt bleiben. Das fellige

Haustier ergänzt Defizite, die ein menschlicher Partner nur selten

erfüllen kann. Es ist im Unterhalt unproblematisch weil domestiziert.

Im Gegensatz zu den Menschen ist der treue Rin-Tin-Tin lieb und

niemals undankbar, weil er weiß von wem er gefüttert wird. Das

Haustier ist Balsam für das Ego. Es sieht seinen menschlichen Partner

als eine Art unfehlbaren Übergott, der die sensible Technik der

rituellen Büchsenöffnungen perfekt beherrscht.

Hund oder Katze (Fische, Meerschweinchen und Hamster

lasse ich mal außen vor) sind bedingungslos anhänglich, was man von

den menschlichen Beziehungskatastrophen nicht immer behaupten

kann.

Auch die sinnlichen Empfindungen kommen nicht zu kurz. Das

Fell des Haustiers ist hautangenehm und auch mit fanatischen

Tierschützern, die Pelzmäntel mit Sprühdosen verunstalten gibt es

keine Probleme. Bei guter Pflege sehnt sich der vierbeinige Freund

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geradezu nach Streicheleinheiten, die er bei gutem Training auch

gern zurückgibt.

Seitensprünge und Enttäuschungen, wie sie beim

menschlichen Partner an der Tagesordnung sind, kommen kaum vor

und werden nur sehr selten zur Gewohnheit. Die Streun-Gefahr ist

mit einfachen Mitteln, zum Beispiel mit einem kräftigen Halsband

und einer rustikalen Leine leicht zu unterbinden, was bei der Ehefrau,

oder dem Ehemann nicht immer gelingt.

Eine Haustier-Mensch Beziehung hat außerdem den Vorteil,

dass der vierbeinige Freund nicht von sich aus die Liebe wegen

unüberbrückbarer Differenzen kündigt.

Auch auf seine Diskretion kann man (oder Frau) sich

verlassen. Der geliebte Dobermann wird, im Gegensatz zum

Ehemann, niemals bei der vertraulichen Mitternachtsbesprechung im

privaten Appartement der hübschen Arbeitskollegin, intime Details

aus der freudlosen Ehe erzählen. Beim Zubettgehen gibt es keine

blöden Witze, man kann sich so geben wie man ist und auch mal mit

Lockenwicklern und Gurkenmaske das Nachttischlämpchen

ausknipsen. Die lästigen Diskussionen über die lustlos abgeleisteten,

ehelichen Pflichten und Rechte entfallen. Im Gegenteil, die Anbetung

des geliebten und sinnlichen Frauchens lässt auch in intimer und

legerer Umgebung nicht nach. Der Austausch von selbstlosen

Zärtlichkeiten ist sozusagen das Grundbedürfnis des vierpfotigen

Genossen. Oder wie es die Ärzte im Jahr 1984 in einem Song treffend

formuliert haben: „Claudia hat 'nen Schäferhund, und den hat sie

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nicht ohne Grund, abends springt er in ihr Bett, und dann geht es

rund ...“

Doch die Entscheidung, ob das Hundi im Bett schlafen darf,

muss gewissenhaft durchdacht sein. Im Gegensatz zum menschlichen

Partner, ist es schwierig, den Hund, sollte er einmal lästig werden, an

einen anderen Schlafplatz zu gewöhnen. Dominante Hunde neigen

dazu, den erhöhten Schlafplatz anch den Motto „hier bin ich Chef,

hier darf ich`s sein“, als Aufwertung ihrer Position im Rudel zu

interpretieren. Probleme bei einer Neuorientierung sind

vorhersehbar, wenn ein neuer Partner, der die feinen

Gepflogenheiten in den Rangordnungen nicht kennt, das Bett und die

bisherige Beschläferin beliegen möchten. Doch das sind nur

Nebensächlichkeiten im Miteinander. Das Haustier macht niemals

Vorwürfe. Es widerspricht nicht und es ändert auch nicht ständig

seine Meinung. Selbst wenn es mal wegen kleineren

Verunreinigungen Anlass zu Tadel gibt, entsteht daraus kein

nachtragender Streit mit neuem Konfliktstoff. Das geliebte Haustier

ist im nächsten Augenblick wieder zum Körperkontakt mit Frauchen

oder Herrchen bereit.

Die Fülle der unübersehbaren Vorteile ist auch den Medien

nicht verborgen geblieben. Die Stuttgarter Zeitung hat im Jahr 1996

festgestellt, dass jede zehnte deutsche Hundebesitzerin lieber auf

den Partner verzichten würde, als auf den geliebten Vierbeiner. Ein

schönes Beispiel ist die derzeitige Neue von George Clooney (Stand

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August 2009). Die30-jährige Elisabetta Canalis wünscht sich einen

Mann, bei dem sie zur Ruhe kommen könne. Außerdem müsse ihr

Zukünftiger (George Clooney), den Dobermann im Bett dulden. Ob es

schon zu Missverständnissen gekommen ist, wenn Elisabetta mit dem

Dobi in Löffelchenstellung kuschelt, während George eifersüchtig

schmollend an sein verstorbenes Hängebauchschwein Max denkt, ist

mir nicht bekannt.

Zum Schluss meiner wissenschaftlichen Studie möchte ich

noch feststellen, dass die Liebe mit und zu Tieren keine

geschlechtsspezifische Angelegenheit elitärer Genießer-innen ist. Sie

kommt bei Männern und bei Frauen vor. Nach meinen jahrelangen

Befragungen repräsentativer Bevölkerungskreise gibt es

Schwerpunkte in der Liebe zum Tier. Vorwiegend Frauen und

männliche Hunde, oder Männer und Hündinnen finden sich

zusammen. Auch gleichgeschlechtliche Konstellationen, etwa

zwischen Frauen und Hündinnen sind nicht selten.

Eine sehr erstaunliche Entdeckung möchte ich dir nicht

vorenthalten. Tierliebhaber-innen sind treu. Der gesellschaftliche

Zwang zur Promiskuität entfällt. Die Tierfreundin, oder der

Tierliebhaber wechselt eher selten die Tierart. Der von mir geschätzte

Friedrich Nietzsche ging mit gutem Beispiel voran. Wie gewissenhaft

überliefert, hatte er eine starke, emotionale Vorliebe für Pferde,

obwohl er als junger Mann wegen einem Sturz von einem

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scheuenden Pferd verkrüppelt wurde. 1889 brach er in Tränen aus,

als er sah, wie ein Droschkenpferd geschlagen wurde. Er umarmte

das geschändete Tier und tröstete es.

Verehrter Leser, an diesen Text solltest du denken, wenn

deine Frau von einem süßen Knuddelhündchen schwärmt.

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Raoul Yannik

Geboren im Oktober 1950 in der damals beschaulichen,

schwäbischen Kleinstadt Sindelfingen. Nach Abitur und Ausbildung

schloss sich ein längeres, aus heutiger Sicht ziemlich nutzloses

Studium in Berlin an. Heute, nach einer kurzen Ehe und anderen

Missgeschicken lebe ich aus Lebens- und Liebesgründen in Essen. Ich

schreibe Essays, Kurzgeschichten und Romane über die Abgründe der

Seele, über die Irrwege der Liebe, über das was sein könnte und was

ist.

Meine Schreib-Werkstatt: www.raoulyannik.de

Meine Web-Tagebücher für Kommentare und Tipps:

http://raoulyannik.blogspot.com/ und http://raoulyannik.wordpress.com

Kontakt und Fragen an mich: [email protected]

Tweet mich: http://twitter.com/RaoulYannik

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Meine Bücher und Veröffentlichungen

HEXENMACHT

Roman 560 Seiten Schweitzerhaus Verlag

ISBN-10: 3939475211 ISBN-13: 978-3939475217

Im Buchhandel und bei Amazon erhältlich

Kurzgeschichten

Schweitzerhaus Verlag ISBN 978-3-939475-06-4

Meine Schreib-Werkstatt: www.raoulyannik.de

Meine Web-Tagebücher für Kommentare und Tipps:

http://raoulyannik.blogspot.com/ und http://raoulyannik.wordpress.com/

Kontakt und Fragen an mich: [email protected]

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