1
Nummer 91 | Mittwoch, 4. April 2018 Tirol 6 Diese Aufnahme aus einem Augenzeugenvideo soll den Überfall auf einen Juwelier in Samnaun-Dorf (Schweiz) zeigen. Foto: Privat Samnaun, Spiss – Ein Raub- überfall auf einen Juwelier in Samnaun im Kanton Grau- bünden war gestern Auslöser einer groß angelegten Fahn- dung – auch über die Schwei- zer Landesgrenzen hinaus. Von den Tätern fehlt bisher noch jede Spur. An der Suche nach ihnen beteiligte sich auch die Tiroler Polizei samt Hubschrauber und die Sondereinsatzgrup- pe Cobra. Es wurde vermu- tet, dass die Räuber die nicht weit entfernte Grenze zu Ös- terreich überschritten haben könnten. Auch die Südtiro- ler Exekutive wurde ob der Grenznähe miteinbezogen. Das war passiert: Gegen Mittag betraten mehrere Mas- kierte das Schmuckgeschäft im Samnauner Ortszentrum. Laut Schweizer Polizei waren sie bewaffnet. Die Räuber hat- ten es insbesondere auf wert- volle Uhren abgesehen. Ver- letzt wurde niemand. Mit einem wenige Tage zu- vor vermutlich in Vorarlberg gestohlenen Auto traten die Unbekannten die Flucht an. Der Wagen wurde wenig spä- ter unweit des Grenzüber- gangs in Spiss im Bezirk Land- eck entdeckt. Die Polizei von Graubünden bittet Zeugen, sich unter 0041/81 257 66 00 zu melden. (bfk) Fahndung nach Raub in Samnaun Die Tiroler Volksmusikgrößen Florian Pedarnig und Andreas Feller feierten ihren 80. Geburtstag. Rotholz – Wenn Tiroler Volks- musikgrößen wie Florian Pe- darnig („Dem Land Tirol die Treue“) oder Andreas Feller ihren 80. Geburtstag bege- hen, dann muss das gefeiert werden. Der Tiroler Volksmu- sikverein lud die Hautevolee der Volksmusikszene aus al- len Teilen Tirols in den Fest- saal der Landwirtschaftlichen Lehranstalt nach Rotholz, um die beiden hochverdienten Jubilare mit viel Volksmusik und Gesang hochleben zu lassen. Unter den Gratulanten sah man jede Menge Freunde, Wegbegleiter und Musikan- tenkollegen wie Franz Posch, Peter Moser, die Stanglwirts- Schwoich Trotz der Os- terferien herrschte in der Volksschule Schwoich an diesem Abend Hochbetrieb. Allerdings drückten nicht die Kinder die Schulbank, son- dern es waren zahlreiche In- teressierte gekommen, um der Präsentation des neuen Werks von Rosi Lochmann zu lauschen und vielleicht auch um zu lernen. Im Buch mit dem Titel „Im Staub der jungen Jahre“ schreibt die Autorin über ihr Leben in einer Zeit, die für die heutige junge Generation schon sehr weit weg ist. Loch- mann porträtiert in diesem Band liebevoll Menschen und deren Lebensumstände. Sie erinnert sich an ihren eige- nen Lebensweg im Mikrokos- mos eines kleinen Weilers in Tirol, der aber stellvertretend für viele ländliche Gebiete in dieser Umbruchszeit stehen könnte. Dieses Buch ist somit wie ein letzter Nachhall einer Zeit zu verstehen, in der „alles seinen Platz hatte“. Für die musikalische Um- rahmung sorgten bei der ge- lungenen Buchpräsentation das Flötenduo Hanna & Jo- hanna sowie der Kolpingchor Kufstein. Spannend auch eine Fotoausstellung, bei der zahl- reiche alte Bilder aus der Ge- gend rund um Schwoich zu sehen waren. Da applaudierten unter an- derem Schwoichs Vizebür- germeister und Kulturrefe- rent Peter Payr sowie Verleger Martin Reiter. Verleger Martin Reiter mit Autorin Rosi Lochmann und der Schwoicher Kulturreferent VBM Peter Payr (r.) bei der Präsentation. Foto: Edition Tirol Gelungenes Fest und viele Gratulanten Christian Köll, Walter Seebacher (o.), Peter Kostner, Franz Posch (u., v. l.). Obmann TVM Peter Margreiter mit den beiden Jubilaren und Größen der Tiroler Volksmusik Florian Pedarnig (l.) und Andreas Feller (r.). Unter den Gratulanten sah man auch den Musikantenkollegen Prof. Peter Moser und die Stanglwirtsleut’ Magdalena und Balthasar Hauser (r.). leut’ Magdalena und Balthasar Hauser sowie die Außerfeld- ner Tanzlmusi aus Salzburg, die Mitterhögler, das Kitz- büheler Harfenduo und die Zillertaler Weisenbläser. „Ich freu’ mich für die Jubilare, dass so viele Freunde und Kol- legen gekommen sind, um die beiden hochleben zu lassen“, erklärte Peter Margreiter, Ob- mann des Tiroler Volksmusik- vereins (TVM). Gefeiert wurde bis spät in die Nacht und so manche bekannte Volksweise und viele gerngesungene Lie- der erklangen in den ehrwür- digen Mauern. Auch das Kitzbüheler Harfenduo spielte zu Ehren der Tiroler Volksmu- sikgrößen Florian Pedarnig und Andreas Feller auf. Fotos: TVM D A LIA dalia.foeger @tt.com dabei Buchpräsentation in Schwoich Berührende Lektüre über fast vergessene Zeiten „Im See des Vergessens nach Erinnerungen fischen“ Von Nikolaus Paumgartten Hall – Da gibt es die Groß- mutter, die ihre Kinder und Enkelkinder zeit ihres Lebens nie liebevoll umarmen konn- te. Und erst am Sterbebett findet die Familie heraus, dass sie in den Kriegsjahren mehrfach brutal vergewal- tigt wurde. Da ist die Mutter, die ihre fünf Kinder mit aller Strenge und Härte erzogen hat, weil ihr Mann nicht aus dem Krieg zurückgekehrt und sie der Auffassung war, nur so die Herausforderun- gen des Nachkriegs-Alltags bewältigen zu können. Und da ist der Vater, der nach den Kriegsjahren und dem Erleb- ten an der Front nie wieder derselbe wurde und dessen Leben von Alkoholsucht und Gewaltausbrüchen bestimmt war. Es sind Geschichten, wie es sie in vielen Tiroler Fami- lien gibt – oft unausgespro- chen, meist unverarbeitet. Persönliche, aber auch ge- sellschaftliche Traumata, die ihre Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen hatten und bis heute haben. Lange verborgen unter dem Mantel des Schweigens. „In diesem See des Verges- sens wollen wir fischen, um die bedeutsamen Erinnerun- gen herauszuholen“, sagte Christian Haring, Ärztlicher Direktor des Landeskran- kenhauses Hall. Auf seine und auf Initiative von Astrid Lampe, stv. Direktorin der Universitätsklinik für Medi- zinische Psychologie in Inns- bruck, hin findet diese Woche in Hall eine Tagung statt, die sich mit den Auswirkungen der Kriegs- und Nachkriegs- jahre auf das spätere Leben der Menschen und ihrer Fa- milien beschäftigt. „Vielfach öffnet sich erst jetzt ein Zeit- fenster, in dem unsere Pati- enten über eigene Erlebnisse oder die ihrer Eltern berich- ten und sie als Ursachen für ihre Angststörungen und Depressionen erkennen“, erklärt Lampe. Solange sich der Mensch erinnere, ergebe sich immer wieder die Gele- genheit, Einfluss zu nehmen. „Bleibt er im Schrecken der Vergangenheit verhaftet, wird die Erinnerung quälend sein. Gelingt es jedoch, den Kreis- lauf zu durchbrechen, kann er sein Trauma überwinden“, führt Astrid Lampe aus. Die Tagung mit dem Titel „Trauma und Erinnern“ fin- det am 6. und 7. April an der UMIT in Hall statt. Veranstal- ter sind das Landeskranken- haus Hall und die Universi- tätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychothe- rapie. Das Programm sowie Informationen zu den Work- shops und Teilnahmegebüh- ren gibt es im Internet unter www.trauma-erinnern.tirol Mit den langen Schatten der Kriegsjahre setzt sich eine Tagung in Hall auseinander. Im Mittelpunkt stehen Trauma und Erinnern in Tirol. Etwa 360 Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Hall wurden in der NS-Zeit nach Hartheim bei Linz gebracht und vergast. 228 Patienten wurden auf dem Anstaltsfriedhof in Hall begraben. Fotos: Böhm, Mühlanger In diesem See des Vergessens wol- len wir fischen, um die bedeutsamen Erinne- rungen herauszuholen.“ Christian Haring (Ärztl. Direktor LKH Hall)

Tirol „ImSeedesVergessens nachErinnerungenfischen“€¦ · Tirol, der aber stellvertretend für viele ländliche Gebiete in dieser Umbruchszeit stehen könnte. Dieses Buch ist

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Tirol „ImSeedesVergessens nachErinnerungenfischen“€¦ · Tirol, der aber stellvertretend für viele ländliche Gebiete in dieser Umbruchszeit stehen könnte. Dieses Buch ist

Nummer 91 | Mittwoch, 4. April 2018Tirol6

Diese Aufnahme aus einem Augenzeugenvideo soll den Überfall auf einenJuwelier in Samnaun-Dorf (Schweiz) zeigen. Foto: Privat

Samnaun, Spiss – Ein Raub­überfall auf einen Juwelier inSamnaun im Kanton Grau­bünden war gestern Auslösereiner groß angelegten Fahn­dung – auch über die Schwei­zer Landesgrenzen hinaus.Von den Tätern fehlt bishernoch jede Spur.

An der Suche nach ihnenbeteiligte sich auch die TirolerPolizei samt Hubschrauberund die Sondereinsatzgrup­pe Cobra. Es wurde vermu­tet, dass die Räuber die nichtweit entfernte Grenze zu Ös­terreich überschritten habenkönnten. Auch die Südtiro­ler Exekutive wurde ob derGrenznähe miteinbezogen.

Das war passiert: GegenMittag betraten mehrere Mas­kierte das Schmuckgeschäftim Samnauner Ortszentrum.Laut Schweizer Polizei warensie bewaffnet. Die Räuber hat­ten es insbesondere auf wert­volle Uhren abgesehen. Ver­letzt wurde niemand.

Mit einem wenige Tage zu­vor vermutlich in Vorarlberggestohlenen Auto traten dieUnbekannten die Flucht an.Der Wagen wurde wenig spä­ter unweit des Grenzüber­gangs in Spiss im Bezirk Land­eck entdeckt. Die Polizei vonGraubünden bittet Zeugen,sich unter 0041/81 257 66 00zu melden. (bfk)

Fahndung nachRaub in Samnaun

Die Tiroler Volksmusikgrößen Florian Pedarnig und Andreas Feller feierten ihren 80. Geburtstag.

Rotholz – Wenn Tiroler Volks­musikgrößen wie Florian Pe­darnig („Dem Land Tirol dieTreue“) oder Andreas Fellerihren 80. Geburtstag bege­hen, dann muss das gefeiertwerden. Der Tiroler Volksmu­sikverein lud die Hautevoleeder Volksmusikszene aus al­

len Teilen Tirols in den Fest­saal der LandwirtschaftlichenLehranstalt nach Rotholz, umdie beiden hochverdientenJubilare mit viel Volksmusikund Gesang hochleben zulassen. Unter den Gratulantensah man jede Menge Freunde,Wegbegleiter und Musikan­tenkollegen wie Franz Posch,Peter Moser, die Stanglwirts­

Schwoich – Trotz der Os­terferien herrschte in derVolksschule Schwoich andiesem Abend Hochbetrieb.Allerdings drückten nicht dieKinder die Schulbank, son­dern es waren zahlreiche In­teressierte gekommen, umder Präsentation des neuenWerks von Rosi Lochmann zulauschen und vielleicht auchum zu lernen.

Im Buch mit dem Titel„Im Staub der jungen Jahre“schreibt die Autorin über ihrLeben in einer Zeit, die fürdie heutige junge Generationschon sehr weit weg ist. Loch­mann porträtiert in diesemBand liebevoll Menschen undderen Lebensumstände. Sieerinnert sich an ihren eige­nen Lebensweg im Mikrokos­

mos eines kleinen Weilers inTirol, der aber stellvertretendfür viele ländliche Gebiete indieser Umbruchszeit stehenkönnte. Dieses Buch ist somitwie ein letzter Nachhall einerZeit zu verstehen, in der „allesseinen Platz hatte“.

Für die musikalische Um­rahmung sorgten bei der ge­lungenen Buchpräsentationdas Flötenduo Hanna & Jo­hanna sowie der KolpingchorKufstein. Spannend auch eineFotoausstellung, bei der zahl­reiche alte Bilder aus der Ge­gend rund um Schwoich zusehen waren.

Da applaudierten unter an­derem Schwoichs Vizebür­germeister und Kulturrefe­rent Peter Payr sowie VerlegerMartin Reiter.

Verleger Martin Reiter mit Autorin Rosi Lochmann und der SchwoicherKulturreferent VBM Peter Payr (r.) bei der Präsentation. Foto: Edition Tirol

Gelungenes Fest und viele Gratulanten

Christian Köll, Walter Seebacher (o.),Peter Kostner, Franz Posch (u., v. l.).

Obmann TVM Peter Margreiter mit den beiden Jubilaren und Größender Tiroler Volksmusik Florian Pedarnig (l.) und Andreas Feller (r.).

Unter den Gratulanten sah man auch den Musikantenkollegen Prof. PeterMoser und die Stanglwirtsleut’ Magdalena und Balthasar Hauser (r.).

leut’ Magdalena und BalthasarHauser sowie die Außerfeld­ner Tanzlmusi aus Salzburg,die Mitterhögler, das Kitz­büheler Harfenduo und dieZillertaler Weisenbläser. „Ich

freu’ mich für die Jubilare,dass so viele Freunde und Kol­legen gekommen sind, um diebeiden hochleben zu lassen“,erklärte Peter Margreiter, Ob­mann des Tiroler Volksmusik­

vereins (TVM). Gefeiert wurdebis spät in die Nacht und somanche bekannte Volksweiseund viele gerngesungene Lie­der erklangen in den ehrwür­digen Mauern.

Auch das Kitzbüheler Harfenduo spielte zu Ehren der Tiroler Volksmu-sikgrößen Florian Pedarnig und Andreas Feller auf. Fotos: TVM

DALIA

[email protected]

dabei

Buchpräsentation in Schwoich

Berührende Lektüre überfast vergessene Zeiten

„Im See des Vergessensnach Erinnerungen fischen“

Von Nikolaus Paumgartten

Hall – Da gibt es die Groß­mutter, die ihre Kinder undEnkelkinder zeit ihres Lebensnie liebevoll umarmen konn­te. Und erst am Sterbebettfindet die Familie heraus,dass sie in den Kriegsjahrenmehrfach brutal vergewal­tigt wurde. Da ist die Mutter,die ihre fünf Kinder mit aller

Strenge und Härte erzogenhat, weil ihr Mann nicht ausdem Krieg zurückgekehrtund sie der Auffassung war,nur so die Herausforderun­gen des Nachkriegs­Alltagsbewältigen zu können. Undda ist der Vater, der nach denKriegsjahren und dem Erleb­

ten an der Front nie wiederderselbe wurde und dessenLeben von Alkoholsucht undGewaltausbrüchen bestimmtwar. Es sind Geschichten, wiees sie in vielen Tiroler Fami­lien gibt – oft unausgespro­chen, meist unverarbeitet.Persönliche, aber auch ge­sellschaftliche Traumata, dieihre Auswirkungen auf dienachfolgenden Generationenhatten und bis heute haben.Lange verborgen unter demMantel des Schweigens.

„In diesem See des Verges­sens wollen wir fischen, umdie bedeutsamen Erinnerun­gen herauszuholen“, sagteChristian Haring, ÄrztlicherDirektor des Landeskran­kenhauses Hall. Auf seineund auf Initiative von AstridLampe, stv. Direktorin derUniversitätsklinik für Medi­zinische Psychologie in Inns­bruck, hin findet diese Wochein Hall eine Tagung statt, diesich mit den Auswirkungender Kriegs­ und Nachkriegs­jahre auf das spätere Lebender Menschen und ihrer Fa­milien beschäftigt. „Vielfachöffnet sich erst jetzt ein Zeit­fenster, in dem unsere Pati­enten über eigene Erlebnisseoder die ihrer Eltern berich­ten und sie als Ursachen für

ihre Angststörungen undDepressionen erkennen“,erklärt Lampe. Solange sichder Mensch erinnere, ergebesich immer wieder die Gele­genheit, Einfluss zu nehmen.„Bleibt er im Schrecken derVergangenheit verhaftet, wirddie Erinnerung quälend sein.Gelingt es jedoch, den Kreis­lauf zu durchbrechen, kanner sein Trauma überwinden“,führt Astrid Lampe aus.

Die Tagung mit dem Titel„Trauma und Erinnern“ fin­det am 6. und 7. April an derUMIT in Hall statt. Veranstal­ter sind das Landeskranken­haus Hall und die Universi­tätsklinik für MedizinischePsychologie und Psychothe­rapie. Das Programm sowieInformationen zu den Work­shops und Teilnahmegebüh­ren gibt es im Internet unterwww.trauma-erinnern.tirol

Mit den langen Schatten der Kriegsjahre setzt sich eine Tagung inHall auseinander. Im Mittelpunkt stehen Trauma und Erinnern in Tirol.

Etwa 360 Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Hall wurden in der NS-Zeitnach Hartheim bei Linz gebracht und vergast. 228 Patienten wurden aufdem Anstaltsfriedhof in Hall begraben. Fotos: Böhm, Mühlanger

„ In diesem See desVergessens wol-

len wir fischen, um diebedeutsamen Erinne-rungen herauszuholen.“

Christian Haring(Ärztl. Direktor LKH Hall)