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Dezernat Bildung und Frauen w ortstark aktuell Informationsbrief 6 zum Projekt „wortstark – Sprachliche Bildung in Frankfurter Kitas“ für Träger, Fachkräfte und Eltern

TITEL WORDVORLAGE wortstarkaktuell · ist zudem die Bedeutung von Kleingruppen für die Sprachförderung angekommen, auch wenn diese Zeiten dem Alltag oft mühsam abgerungen werden

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Dezernat Bildung und Frauen

TITEL WORDVORLAGE

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wortstarkaktuell

Informationsbrief 6 zum Projekt „wortstark – Sprachliche Bildung in Frankfurter Kitas“ für Träger, Fachkräfte und Eltern

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wortstarkaktuell2

InhaltsverzeichnisEditorial 3

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

Mehr Arbeit in kleinen Gruppen und mehr kollegiale Beratung 3 Was wortstark bewirkt hat – eine Zwischenbilanz

„Sprachförderung gibt es nicht von der Stange“ 6 Jedes Team ist anders. Und jedes Konzept muss auf die Einrichtung zugeschnitten sein / Interview mit Mechthild Dörfler

Wertvolle Minuten Aufmerksamkeit 8 Wie Zuwendung das zurückhaltende Kind zum Sprechen anregt

wortstark zieht Kreise 10 Träger schätzen die Sensibilisierung für Sprachförderung in ihren Einrichtungen

„ELTERN FÜR ELTERN“

Auf Augenhöhe miteinander reden 12 Die Elternbegleiterinnen sind ein wesentlicher Baustein von wortstark

wortstark ist ein trägerübergreifendes Projekt des Stadtschulamtes der Stadt Frankfurt. Ziel ist es, das Angebot der sprachlichen Bildung und Sprachförderung in der Kita zu verbessern. Haupt-bestandteile des Projektes sind die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher und die Arbeit mit den Eltern. Im ersten Durchlauf von 2009 bis Mai 2011 waren daran 14 Frankfurter Kinder-tageseinrichtungen aus den westlichen Stadtteilen beteiligt. Im zweiten Durchlauf 2011 und 2012 nahmen erneut 14 Einrichtungen von neun Trägern teil – diesmal aus den Stadtteilen Gallus, Gutleut und Griesheim. Im Januar 2013 begann der dritte Durchlauf, an dem neun Einrichtun-gen aus dem Frankfurter Osten teilnehmen.

TitelbildErzieherin Sonja König aus der Kita „Zauberhut“ am Frankfurter Behörden-zentrum mit der fünfein-halbjährigen Imane. Foto: Privat

APRIL 2013

ImpressumStadt Frankfurt am Main / Stadtschulamt / 40.51.1 Trägerübergreifende Kita-AufgabenSeehofstraße 41 · 60594 Frankfurt am Main

Kontakt: Rita Spanier Telefon: +49 (0)69 212 744 14Telefax: +49 (0)69 212 310 61E-Mail: [email protected]

Kontakt: Mechthild Dörfler Telefon: +49 (0)69 212 403 43E-Mail: [email protected]: www.stadt-frankfurt.de/kinderbetreuung (hier unter Pädagogische Projekte; mit Link zum Projekt „wortstark“)

Redaktion: Mechthild Dörfler, Stadtschulamt,Elisabeth Ehrhorn und Carmen Sorgler, PFIFF - Pressefrauen in FrankfurtGestaltung: GAMB Cross-Media-DesignFotos: Kezibahan Karahan, Sonja König, Olga Wilewald

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3April 2013wortstarkaktuell

MEHR ARBEIT IN KLEINEN GRUPPEN UND MEHR KOLLEGIALE BERATUNGWas wortstark bewirkt hat – eine Zwischenbilanz

Seit das Projekt 2009 im Frankfurter Westen begann, haben rund zwei Dutzend Kindertages-einrichtungen an wortstark teilgenommen. Ziel war es, das Angebot an sprachlicher Bildung und Sprachförderung in Frankfurter Kitas zu verbessern. Erreicht werden sollte das durch die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher und die Arbeit mit den Eltern. Zeit für eine Bilanz.

Über 170 Sprachen werden in Frankfurt, der Stadt der „Super-Vielfalt“, gesprochen. Das spiegelt sich auch in wortstark-Einrichtungen: Acht von zehn Kindern wachsen hier mit Deutsch als zweiter Sprache auf und in einem Umfeld, in dem kaum Deutsch gesprochen wird. Für die Erzieherinnen und Erzieher stellte sich daher die Frage: „Wie können wir den Kindern helfen, un-ter diesen Bedingungen die deutsche Sprache zu erlernen – ohne dass sie ihre eigene Herkunfts-sprache verleugnen müssen?“

Über einen Mangel an Programmen, Konzepten und Initiativen zu Sprachförderung herrschte in den Frankfurter Kitas, als wortstark begann, kein Mangel. Doch gerade diese Vielfalt hatte bei Trägern und Leitungskräften zu Verunsiche-rung geführt: Welches der vielen Bildungsange-bote ließe sich am besten in ihren Alltag integrie-ren? Und welches der vielen Angebote förderte zuallererst die Freude am Erlernen der Sprache und würde alle Beteiligten begeistern können –

EDITORIALLiebe Leserinnen, liebe Leser,

Anfang des Jahres hat in Frankfurts östlichen Stadtteilen die dritte Runde von wortstark begonnen. Das nehmen wir zum Anlass für eine kleine Zwischenbilanz: Was haben die Fachkräfte in den vorherigen Runden jeweils gelernt? Wie haben sich die Einrichtungen auf die Sprachförderung eingestellt, was hat sich bei den Trägern getan? Und wie wird das Erlernte gesichert und weiterentwickelt? Kurz: Wie nachhaltig wirkt wortstark weiter?

Eines ist klar: Was so leicht scheint – sich über die Sprachentwicklung von Kindern schulen lassen und das Gelernte anschließend an-wenden –, das erfordert in der Praxis nicht nur eine Menge an Planung, Organisation und Begleitung. Von den Fachkräften erfordert wortstark auch Mut, etwa wenn sie sich im Zuge ihrer Qualifizierung bewusst der wohl-wollenden Kritik in einer kollegialen Beratung stellen; die Elternbegleiterinnen brauchen Offenheit, sich ehrenamtlich zum Wohle der anderen Eltern zu engagieren; und die Träger wiederum brauchen die Bereitschaft zur Unterstützung, die ermöglicht und organisiert

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

werden will. Mit anderen Worten: wortstark ist weit mehr als eine Qualifizierung für Erzie-herinnen und Erzieher.

Soll diese Sprachförderung in Kindertages-einrichtungen Bestand haben, dann müssen die Impulse, die das Projekt setzt, von den Kitas aufgegriffen werden. Die Eigeninitia-tive einer Erzieherin, in der zweiten Region einen Projekt-Arbeitskreis einzurichten, ist ein wunderbarer Beleg für die Tatsache, dass dies gelingen kann. Denn es ist bei wortstark ja gerade nicht so, dass mit dem Ende der zwei-jährigen Qualifizierungsphase der Fachkräfte die Entwicklung abgeschlossen wäre. Verän-derungen in Einrichtungen – im Verhalten der Fachkräfte, in den Abläufen – brauchen Zeit. Sie müssen ankommen, eingeübt werden, diskutiert, angepasst – und weiterentwickelt werden.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen – wie stets – eine anregende Lektüre! Mechthild Dörfler Projektleiterin

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wortstarkaktuell4

Kinder, Erzieherinnen, aber auch Eltern? Dass wortstark von Beginn an darauf gesetzt hatte, die Mütter und Väter stärker an der Sprachent-wicklung ihrer Kinder zu beteiligen, war in den Einrichtungen auf besonders großes Interesse gestoßen.

Haben sich die Wünsche der teilnehmenden Einrichtungen und die Ziele des Stadtschulamts erfüllt? Mechthild Dörfler, die wortstark leitet, zieht eine positive Bilanz – auch im Hinblick auf die Arbeit mit den pädagogischen Fachkräften. Deren Qualifizierung ist neben der Elternbe-gleitung in sogenannten Elterncafés eine der zentralen Säulen des Projekts.

„Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich die Erzieherinnen und Er-zieher untereinander bestärkt, wie sie gegen Widerstände durchge-halten haben und über sich selbst hinausgewachsen sind.“Mechthild Dörfler, Projektleitung wortstark

„Es ist gar nicht so leicht, so etwas Flüchtiges wie Sprache zu beobachten – aber es lohnt sich.“ So lautet eine typische Reaktion von Erzieherinnen und Erziehern, die sich zum ersten Mal mit der Sprachentwicklung von mehrsprachigen Kindern beschäftigen. Erst das Wissen über die Meilen-steine der Sprachentwicklung bringt sie in die Lage, die sprachlichen Kompetenzen der Kinder zu entdecken. Die Projektleiterin hat festgestellt, dass das ursprüngliche „Grummelgefühl bei den Fachkräften, ´Oh je, das können die noch nicht̀ , im Laufe der Qualifizierung immer mehr der Neugierde auf die sprachlichen Strategien der Kinder weicht.“

Was die pädagogischen Fachkräfte gelernt haben

Es kommt nicht darauf an, den Kindern mög-lichst viele Angebote zu machen, lautet eine Er-fahrung aus der Beschäftigung mit wortstark. Wichtiger ist es, einzelne Situationen im Alltag zu bedeutsamen Sprachmomenten für das Kind werden zu lassen. Solche Momente entstehen vor allem dann, wenn die Erzieherin gegenüber dem Kind die Rolle einer zugewandten Partnerin einnimmt. Wie das geht, zeigte sich vor allem in den Videoaufnahmen von Erzieherinnen und Er-ziehern in der alltäglichen Interaktion mit einem Kind. Denn bei wortstark hatte jede Fachkraft die Chance, sich ein solch persönliches Video-

feedback geben zu lassen. Und so konnte auch jede buchstäblich aus eigener Anschauung und aus heilsamer Distanz erleben, wie sehr es dem einzelnen Kind hilft, wenn sich die Erwachsenen zurückhalten und geduldig auf Äußerungen des Kindes warten. Zugleich wurde den Fachkräften noch bewusster, welch wesentliche Rolle sie als sprachliches Vorbild einnehmen und wie sie die Sprachförderstrategien, die sie gelernt haben, anwenden können.

Der Wert kollegialer Beratung

Was die Erzieherinnen gelernt haben, spiegel-te sich besonders gut in den Vorbereitungen einer Präsentation für den Fachtag am Ende des jeweils zweijährigen Projektverlaufs von wort-stark. Als besonders fruchtbar, so berichteten die Erzieherinnen, hätten sich gerade die Situ-ationen erwiesen, in denen sie mit ihrem Latein am Ende gewesen seien. Genau hier zeigte sich der Wert kollegialer Beratung: Oft stellte sich dann heraus, dass das Angebot einige Kinder überfordert hatte oder die Interessen der Kinder nicht genug berücksichtigt worden waren. Die gemeinsame Reflexion in Untergruppen, der kollegiale Rat untereinander und das Rückbesin-nen auf die gelernten Strategien haben aus der vermeintlichen Sackgasse herausgeführt.

Sprachförderung macht Spaß – und braucht kleine Gruppen

Niemand hätte vor Beginn gedacht, dass die Ar-beit am Wortschatz der Kinder allen Beteiligten so viel Freude macht. Der Schlüssel hierzu ist das Interesse des Kindes, von dem sich die Erziehe-

MEHR ARBEIT IN KLEINEN GRUPPEN...QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

Auf dem Fachtag im November 2012 im Haus am Dom: Die Moderatorin vom Hessischen Rundfunk befragt Erzieherinnen zu ihren Erfahrungen mit dem Sprachtest LiSeDaZ.

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5April 2013wortstarkaktuell

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE MEHR ARBEIT IN KLEINEN GRUPPEN...

rinnen leiten lassen. In allen wortstark-Kitas ist zudem die Bedeutung von Kleingruppen für die Sprachförderung angekommen, auch wenn diese Zeiten dem Alltag oft mühsam abgerungen werden müssen. „Fanden früher solche Übungen mit 20 Kindern statt“, so eine Leiterin, „geschieht dies heute in 5er-Gruppen. Das ist viel effekti-ver.“

Der Ausblick

wortstark setzt Impulse, die von den Kitas aufgegriffen und stetig fortentwickelt werden. In vielen Teams gehört heute die gemeinsame Re-flexion darüber, wie mit den Kindern gesprochen wird, zur Tagesordnung. Gruppenübergreifende Angebote nehmen zu und die Arbeit mit kleinen Gruppen hat einen höheren Stellenwert bekom-men. Auch die Vernetzung der Projektmitarbeite-rinnen in der Region sorgt dafür, dass die guten Vorsätze und das neue erworbene Wissen nicht allzu schnell in den Hintergrund treten. Nicht zuletzt hat sich auch der neu gebildete regionale Arbeitskreis im Frankfurter Westen bewährt, an dem ein Teil der ehemaligen Projektmitarbei-terinnen kontinuierlich teilnimmt. Hier steht die kollegiale Beratung im Mittelpunkt, werden Vide-oaufnahmen gemeinsam analysiert und Verbes-serungsvorschläge diskutiert. Den Aufbau eines Arbeitskreises für die zweite Region planen die

Fachkräfte dieser Region gegenwärtig in Eigen-regie. Das Stadtschulamt übernimmt hierbei nur noch die Rolle der Begleitung.

Effektive Sprachförderung mit ausreichend Personal

Die vergangenen vier Jahre haben auch gezeigt, dass effektive Sprachförderung gute Rahmen-bedingungen braucht. Unbesetzte Stellen, hohe Fehlzeiten im Team und die begrenzte Zeit für die Vorbereitung lassen alle Anstrengungen, die Sprachentwicklung der Kinder zu fördern, an ihre Grenzen stoßen.

Mechthild Dörfler warnt daher auch vor dem Wörtchen „alltagsintegriert“. „Natürlich entlastet es die Erzieherinnen zu wissen, dass Sprachför-derung keine Extra-Last sein muss“, meint sie. Aber für Kinder, die einen besonderen Förder-bedarf haben, reiche es nicht aus, im normalen Trubel darauf zu achten, dass man ihnen offene Fragen stellt und ausreichend lange auf eine Antwort wartet. „Diese Kinder brauchen eine gezielte und bewusste Zuwendung. Denn erst hier können sich auch Kinder, die zurückhaltend sind und in ihrer Sprachentwicklung noch deut-lich aufzuholen haben, entfalten und spürbare Fortschritte machen.“

Fachtag 2012: Die Fachkräfte der zweiten Runde von wortstark erhalten zum Abschluss ihrer Qualifizierung ein Zertifikat.

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„SPRACHFÖRDERUNG GIBT ES NICHT VON DER STANGE“

Jedes Team ist anders. Und jedes Konzept muss auf die Einrich-tung zugeschnitten sein / Interview mit Mechthild Dörfler

wortstark lebt u. a. davon, dass die Erzieherinnen ihre Erkenntnisse ins Team und in ihre Einrichtungen tragen. Wie hat das in den vergangenen vier Jahren funktioniert?

Zu Beginn haben wir sehr intensiv mit den ein-zelnen Erzieherinnen als den Multiplikatorinnen gearbeitet, in der Hoffnung, dass sie das, was sie im Zuge ihrer Weiterbildung gelernt haben, ins Team hineintragen werden. Dieser Transfer hat zum Teil auch stattgefunden, aber doch nicht in dem Maße, wie wir uns das gewünscht haben. Deshalb werden wir uns in den kommenden zwei Jahren auf diesen Transfer ins Team besonders konzentrieren. Wir wollen herausfinden, unter welchen Bedingungen das noch besser gelingen kann.

Wie wichtig ist die einzelne Erzieherin oder der einzelne Erzieher, damit sich Sprachförderung in der Einrichtung verankert?

Die einzelne Person ist sicher ein Schlüssel. Aber ebenso wichtig ist, wie sie in das Team einge-bunden ist. Wir wissen ja, was in einer unterstüt-zenden, wertschätzenden Gruppe möglich ist, und dass ein Team mehr ist als die Summe sei-ner Einzelmitglieder. Außerdem ist es nötig, dass die sprachliche Bildung und Sprachförderung in der Kita auf allen Schultern ruht. Das Thema ist viel zu wichtig, als dass man es delegieren könnte. Teilaufgaben hingegen können schon arbeitsteilig übernommen werden, etwa die Anwendung des Sprachtests LiSe-DaZ. Es reicht, wenn eine oder zwei Kolleginnen das überneh-men – vorausgesetzt, das Team hat die nötigen personellen Ressourcen.

Welche Rolle spielt beim Transfer ins Team die Leitung der Einrichtung?

Die Leitung hat bei wortstark – wie bei allen Veränderungsprozessen in der Einrichtung – na-türlich eine Schlüsselrolle inne, denn sie ist es, die für den konzeptionellen Rahmen sorgt. Wenn sie versteht, worauf es fachlich ankommt, kann sie die Kolleginnen ganz anders unterstützen. Sie muss dabei nicht über alle Details Bescheid wis-sen, aber den Kerngedanken muss sie verstehen, um der Kollegin, die etwas Neues ausprobiert,

den Rücken zu stärken. Mit Rückenwind läuft es sich leichter. Deshalb haben wir auch von An-fang an das Leitungsforum eingeführt, das dem Austausch unter den Leitungskräften diente, aber auch dem fachlichen Input. Und es hat gewirkt.

Woran merken Sie das?

Etwa, wenn eine Leiterin versteht und einsieht, wie wichtig und wie sprachfördernd eine Ein-zelbetreuung für das Kind ist, und dann einer Erzieherin den Rückzug mit einem einzelnen Kind ermöglicht. Oder wenn eine Leiterin den Wunsch einer wortstark-Kollegin nach einer kleineren Gruppe am Frühstückstisch nicht abblockt, sondern sagt, „O.k., das probieren wir jetzt einmal aus.“ Oder wenn Leiterinnen auch nach Ende des Projekts am Thema dranbleiben. Es gibt mitt-lerweile das eine oder andere Team, in dem alle Erzieherinnen ein Videofeedback im Anschluss an eine Fortbildung zum Hanen-Pro-gramm bekommen haben.

Worauf werden Sie sich, was den Transfer ins Team angeht, in den kom-menden zwei Jahren konzentrieren?

Wichtig sind mir besonders die interaktionsför-dernden Strategien. Sie sind gewissermaßen der Schlüssel zum Erfolg, das belegt die Praxis. Viele Mitarbeiterinnen geben zwar an, dass sie diese schon kennen. Aber die Erfahrung lehrt uns, dass sich zwischen dem Kennen und dem Können manchmal eine Kluft auftut. Es wäre wunderbar, wenn es in den Teams gelänge, die Kommunikation mit den Kindern immer wieder zu reflektieren. Ein besonders gutes Analysein-

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

Fachtag 2012: Die Fachkräfte bedanken sich bei den beiden Referentinnen Ute Limbarth (4. v. r.) und Guylène Colpron (3. v. rechts).

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7April 2013wortstarkaktuell

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE „SPRACHFÖRDERUNG GIBT ES NICHT VON DER STANGE“

strument ist die Videokamera. Vergessen wird dabei jedoch oft, dass die Technik allein nicht ausreicht. Mindestens so wichtig ist ein gemein-sam geteiltes Wissen im Team, denn wie schät-ze ich das ein, was ich in den Filmsequenzen sehen kann, und was mache ich anschließend mit diesem Wissen? So gesehen gibt es nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Aber – es gibt auch nichts Wirksameres als eine gute Praxis. Und damit Letzteres möglich ist, braucht es natürlich auch eine gute Arbeitsatmosphäre und viel Vertrauen im Team zueinander. Aber jede Einrichtung braucht ein auf sie zugeschnitte-nes Konzept der Sprachförderung. Mit unserem Blick von außen können wir die Leitungskräfte künftig noch gezielter unterstützen, solch ein maßgeschneidertes Konzept für die Einrichtung zu erstellen. Sprachförderung gibt es nun einmal nicht von der Stange.

Wie sieht diese Unterstützung aus?

Jede Einrichtung bekommt in Zukunft ein wort-stark-Paket: Wie bisher gibt es Schulungen zum Hanen-Programm für die Fachkräfte. Darüber hinaus bieten wir den Einrichtungsleiterinnen und -leitern und den Teams eine Beratung vor Ort an, bei der es um die passgenaue Umsetzung dessen geht, was die Kolleginnen in den Semina-ren lernen. Jedes Team startet an einem anderen Punkt und jedes Team ist anders. Daher ist es wichtig, die Beratung nah an der Praxis in den Kitas anzusiedeln. Aus diesem Grunde koope-rieren wir mit einer Fortbildungsakademie, über die wir erfahrene Referentinnen oder Referenten

finden können, die den Alltag in Kindertagesein-richtungen gut kennen. Wir müssen den Alltag selbst noch stärker als bisher einbeziehen in das Konzept der Qualifizierung.

Was heißt das konkret?

Konkret können wir die Leitungen dabei un-terstützen, ihre Konzeptionstage vorzubereiten oder ihnen auch selbst einen Input zum Thema Sprache liefern – zum Beispiel einen Vortrag, eine Schulung oder einen Workshop. Oder es gibt Planungs- und Reflexionsgespräche mit den Leitungen und dem Team, die den Prozess in der Einrichtung unter die Lupe nehmen.

wortstark entwickelt sich also weiter, das Programm ist noch offen?

Ja. Die ständige Reflexion und Weiterentwick-lung ist Teil unseres Konzepts, denn wir wollen wissen, was wirkt. Die Rückmeldungen der Referentinnen im Projekt, der Austausch mit den Fachkräften und Trägern, die Treffen mit den Leitungen der Einrichtungen und die Reflexion in der Gruppe der Elternbegleiterinnen – all das trägt mit dazu bei, den Fortschritt im Projekt zu ermitteln. Das Schöne an wortstark ist, dass man nicht alles vorhersehen kann, was sich noch entwickelt. wortstark ist ein Gemeinschafts-werk, an dem alle beteiligt sind: die Erzieherin-nen und die Leitungen, aber auch der Träger und die Eltern und Elternbegleiterinnen und sogar der Stadtteil. Und das ist es auch, was so viel Freude macht.

Fachtag 2012: Sarah Sorge, Dezernentin für Bildung und Frauen, und das Team des Stadtschulamts (v.l.n.r.): Rita Spanier, Mechthild Dörfler (Projektleitung) und Meryem Tasan Özbölük (Eltern für Eltern)

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WERTVOLLE MINUTEN AUFMERKSAMKEIT Wie Zuwendung das zurückhaltende Kind zum Sprechen anregt

Nicht alle Kinder kommunizieren gleich: Manche Kinder sind nur auf den ersten Blick offen und aktiv, greifen Anregungen aber kaum auf. Andere agieren und reagieren gleichermaßen, wieder andere verhalten sich völlig passiv. Welche Strategie der Sprachförderung für welches Kind passend ist, erschließt sich erst bei genauerem Hinschauen. Doch schon kleine, unschein-bare Angebote können große Wirkung entfalten – vorausgesetzt, die Gruppen bestehen aus nicht mehr als drei bis vier Kindern. Manchmal ist es auch nötig, ganz gezielt einem einzelnen Kind Aufmerksamkeit zu schenken.

Beispiel Imane, ein fünfeinhalbjähriges Kind mit Arabisch als Muttersprache, aus der Kita „Zau-berhut“ am Frankfurter Behördenzentrum. Wie regt man dieses zurückhaltende Mädchen, das leise und undeutlich redet und in großen Grup-pen nichts sagt, zum Sprechen an? Es in einer Kleingruppe zu versuchen, der erste Impuls ihrer Erzieherin Sonja König, funktionierte nicht. Also überlegte sie, wie sie bei verschiedenen Gele-genheiten im Alltag, zum Beispiel in der Turnhal-le, besser mit ihr in Kontakt und ins Gespräch kommen könne. Doch der Ort erwies sich als zu laut. „Deshalb habe ich mir den Luxus gegönnt, mich einmal eine ganze Stunde alleine mit ihr zurückzuziehen“. Imane konnte aussuchen, was sie in der Zeit tun wollte, und entschied sich für Domino. Nicht fünf, nicht zehn Minuten, sondern eine halbe Stunde brauchte das Mädchen, ehe es zu reden begann.

Um die fünfeinhalbjährige Imane im nächsten Schritt dazu zu ermuntern, auch mit anderen Kindern ins Gespräch zu kommen, kamen die Erzieherin und die wortstark -Referentin und Sprachtherapeutin Guylène Colpron gemein-sam auf eine Idee: Imane sollte in einer kleinen Gruppe die Rolle der Domino-Expertin über-nehmen. Angeregt von der Erzieherin lud Imane daraufhin drei – im Übrigen sehr lebhafte – Jun-gen zu diesem Spiel ein, und auch die Erzieherin spielte mit. Doch Imane hatte Schwierigkeiten zu Wort zu kommen und brauchte immer wieder Unterstützung von der Erzieherin, damit ihr die Jungen zuhörten.

Stütze im Hintergrund

Also überlegte Sonja König, mit wem das Mäd-chen ein weiteres Mal spielen könnte – diesmal ohne die Erzieherin, die sich im Hintergrund auf-halten und das Spiel lediglich beobachten wollte. Nun zeigte sich ein anderes Bild. Vorbereitet und unterstützt von der Erzieherin, konnte Imane den

Um zu zeigen, was in ihnen steckt, brauchen zurück-haltende Kinder vor allem Zeit und aufmerksame Zuhörerinnen.

Wie Zuwendung zum Sprechen anregt

w rtstarko

Im Fokus: Das zurückhaltende Kind

w rtstarkoSonja König, Isabelle Brestel

Gruppenmoderatorin: Guylène Colpron

Name: Imane Alter: 5,7 Jahre alt Familiensprache: arabisch

Vater:15 Jahre in Deutschland

Mutter: 6 Jahre in Deutschland

Geschwister: jüngerer Bruder

Kontaktmonate mit Deutsch: 2,2 Jahre(mit dreimonatiger Unterbrechung wegen Heimaturlaubs)

Kommunikationsstil: zurückhaltend, redet wenig und spielt lieber alleine

S. Gestern als der Kindergarten zu war, was hast du Zuhause gemacht?

I. Da, ich habe gemacht – ich war Nachhause – dann habe ich meine Muttergesagt die kauft mich Tasche – echte

S. Eine echte Tasche, hat die Mama die schon gekauft?

I. Nein, noch nicht.

Die Förderstrategie: ein Dreier-Schritt

1. Schritt:Nur wir beide!Die sonst so stille Imane wird plötzlich zur Plaudertasche.

Imane hört nicht auf zu erzählen: „Ich habe schon mit Sonja gespielt da – ich kann mit Karten – jeder darf neun. Wer keine Gleichen hat, da mussen wir eine Karten ziehn. Jetzt gehts los, warte – noch nicht.Erst so, da gucken wir welche?“

Imane spielt mit den anderen Kindern das Spiel, das sie gut kennt: Domino.Imane spielt mit einer Gruppe von vier Jungen.Mit meiner Unterstützung im Rücken redet sie mehr,aber sie ist noch zurückhaltend. Vielleicht liegt es an der Größe oder Zusammensetzung der Gruppe?

Gib zurückhaltenden Kindern Unterstützung in der Gruppe

Gib dem Kind eine Rolle, die es übernehmen kann.

Achte darauf, dass das Kind die Aufgabe versteht und nichtüberfordert ist.

Ziehe dich allmählich zurück, ohne jedoch ganz wegzugehen.

Rege an, dass das Kind mit kleinen Gruppen zusammen kommt

Kinder sollten ein gemeinsames Interesse teilen

Kinder sollten zueinander passen

Was wir gelernt haben

3.Schritt: Imane alleine mit zwei anderen Mädchen

2.Schritt: Wir zwei und andere Kinder

Imane fühlt sich sicher mit den beiden Mädchen,ein engerer Kontakt bahnt sich an. Und sie fühlt sich sicher, weil sie das kennt. Die Erzieherin braucht sie hier nicht mehr.

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

Wie Zuwendung zum Sprechen anregt

w rtstarko

Im Fokus: Das zurückhaltende Kind

w rtstarkoSonja König, Isabelle Brestel

Gruppenmoderatorin: Guylène Colpron

Name: Imane Alter: 5,7 Jahre alt Familiensprache: arabisch

Vater:15 Jahre in Deutschland

Mutter: 6 Jahre in Deutschland

Geschwister: jüngerer Bruder

Kontaktmonate mit Deutsch: 2,2 Jahre(mit dreimonatiger Unterbrechung wegen Heimaturlaubs)

Kommunikationsstil: zurückhaltend, redet wenig und spielt lieber alleine

S. Gestern als der Kindergarten zu war, was hast du Zuhause gemacht?

I. Da, ich habe gemacht – ich war Nachhause – dann habe ich meine Muttergesagt die kauft mich Tasche – echte

S. Eine echte Tasche, hat die Mama die schon gekauft?

I. Nein, noch nicht.

Die Förderstrategie: ein Dreier-Schritt

1. Schritt:Nur wir beide!Die sonst so stille Imane wird plötzlich zur Plaudertasche.

Imane hört nicht auf zu erzählen: „Ich habe schon mit Sonja gespielt da – ich kann mit Karten – jeder darf neun. Wer keine Gleichen hat, da mussen wir eine Karten ziehn. Jetzt gehts los, warte – noch nicht.Erst so, da gucken wir welche?“

Imane spielt mit den anderen Kindern das Spiel, das sie gut kennt: Domino.Imane spielt mit einer Gruppe von vier Jungen.Mit meiner Unterstützung im Rücken redet sie mehr,aber sie ist noch zurückhaltend. Vielleicht liegt es an der Größe oder Zusammensetzung der Gruppe?

Gib zurückhaltenden Kindern Unterstützung in der Gruppe

Gib dem Kind eine Rolle, die es übernehmen kann.

Achte darauf, dass das Kind die Aufgabe versteht und nichtüberfordert ist.

Ziehe dich allmählich zurück, ohne jedoch ganz wegzugehen.

Rege an, dass das Kind mit kleinen Gruppen zusammen kommt

Kinder sollten ein gemeinsames Interesse teilen

Kinder sollten zueinander passen

Was wir gelernt haben

3.Schritt: Imane alleine mit zwei anderen Mädchen

2.Schritt: Wir zwei und andere Kinder

Imane fühlt sich sicher mit den beiden Mädchen,ein engerer Kontakt bahnt sich an. Und sie fühlt sich sicher, weil sie das kennt. Die Erzieherin braucht sie hier nicht mehr.

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9April 2013wortstarkaktuell

Fachtag 2012: Sonja König und Isabelle Brestel (links) aus dem Kinderzentrum (KiZ) Schwalbacher Straße stellen vor, was sie im Umgang mit zurückhaltenden Kindern gelernt haben.

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE WERTVOLLE MINUTEN AUFMERKSAMKEIT

beiden Mädchen, die sie sich als Spielpartne-rinnen auserwählt hatte, mit Worten wunderbar klarmachen, wie das Spiel funktioniert. Als „Spezialistin für Domino-Spiele“ beherrschte sie immer besser den Wortschatz, den es braucht, um ein Spiel zu erklären. Durch das behutsame Heranführen an das gemeinsame Spiel mit an-deren konnte Imane zeigen, was in ihr steckt.

Ruhe und Zeit – Was zurückhaltende Kinder brauchen

Und auch wenn es dem Mädchen nach wie vor schwer fällt, vor einer großen Gruppe etwas zu sagen, haben Sonja König und ihre Kollegin-nen erkannt, was für eine große Entwicklung das Mädchen gemacht hat, wieviel offener sie geworden ist, wieviel mehr sie redet. Spätestens seitdem ist den Erzieherinnen und Erziehern im „Zauberhut“ klar, dass „Stress und Druck in der Sprachförderung nichts nutzen“, und wie viel hilf-reicher Zeit und Ruhe, Zuwendung und Aufmerk-samkeit sind – ganz besonders für Kinder, die

als zurückhaltend gelten. Jeweils zwei Stunden pro Woche haben Sonja König und eine weitere Kollegin für die Arbeit mit einzelnen Kindern oder in Kleingruppen gezielt reserviert. Zeit für Beobachtungen und genaues Zuhören, um die Kompetenzen der Kinder zu erkennen, Zeit für Redewendungen oder Wortschatzübungen auf der Schaukel oder beim Zähneputzen, Zeit für gemeinsame Spiele.

wortstark jedoch ist kein Sprachlernprogramm an zwei Stunden pro Woche, sondern geschieht im alltäglichen Dialog mit Kindern. Beim Spie-len, Essen, Anziehen, Vorlesen, Zähne putzen, Schaukeln – individuell angepasst an den Sprachstand und das Kommunikationsverhalten des Kindes. Um festgelegte Zeiteinheiten geht es dabei nicht. Aber jede dem Trubel abgerungene, ruhige Minute lohnt sich, wie der Kommentar einer Erzieherin belegt, die sich zwar nur kurz, aber bewusst einem Kind zugewandt hatte. „Die-se drei Minuten haben mehr gebracht als eine halbe Stunde Stuhlkreis.“

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wortstark ZIEHT KREISE Träger schätzen die Sensibilisierung für Sprachförderung in ihren Einrichtungen

Der katholische Caritasverband Frankfurt und der Sozialpädagogische Verein sind zwei der insgesamt neun Träger von Kindertageseinrichtungen in Frankfurt, die sich an wortstark beteiligen. Beide sind seit Beginn des Projekts 2009 mit im Boot. Welche Erfahrungen haben sie mit gemacht? Wir haben nachgefragt.

Schon wieder ein neues Programm, in das sich die Erzieherinnen und Erzieher mit viel Aufwand einarbeiten müssen – und für das sie dann we-gen der grassierenden Personalnot doch keine Zeit finden? Für Bettina Wiederspahn-Wolf, Referatsleiterin Kitas beim Caritasverband Frank-furt, gehört es zu den besonderen Stärken von wortstark, dass es eben „kein typisches Sprach-förderprogramm ist, das zu bestimmten Zeiten bestimmte Vokabeln trainiert. Stattdessen“, meint die Referatsleiterin, die selber jahrelang Kindertageseinrichtungen geleitet hat und den Berufsalltag kennt, „steht uns ein methodisches Instrument zur Verfügung, das die Sprachförde-rung in den Alltag integriert.“

Auch die Fachberaterin Jutta Jordan vom Sozial-pädagogischen Verein, Träger von insgesamt 70 Einrichtungen in Frankfurt von der Krabbelstube bis zum Schülerladen, ist davon überzeugt, dass wortstark vor allem Haltung und Bewusstheit der Fachkräfte verändert hat. „Unsere Kolle-ginnen haben nach eigener Aussage und nach dem, was ich beobachten kann, sehr stark vom Projekt profitiert: Sie schauen heute mit einem anderen Blick auf die Kinder und sind sehr sen-sibilisiert dafür, wo das einzelne Kind sprachlich steht und wie man die Kinder in kleinen Grup-pen individuell sprachlich fördern kann.“

Mehrtägige Fortbildung zum Hanen-Progamm

Damit sich dieses Wissen nicht verliert oder nur in den Einrichtungen zur Praxis wird, die in den vergangenen Jahren an wortstark teilgenommen haben, bieten beide Träger ihren übrigen Kin-dertageseinrichtungen mehrtägige Fortbildungen zum Hanen-Programm – eine der Grundlagen von wortstark. Als Träger können sie die Re-ferentinnen für ihre internen Fortbildungen anfra-gen – im vergangenen Jahr fanden sie erstmals sogar in Einrichtungen statt, die nicht am Projekt beteiligt waren.

„Als Träger wollen wir unseren Einrichtungen kein spezielles Sprachförderprogramm aufzwin-gen“, versichert Caritas-Referatsleiterin Wieder-spahn-Wolf. „Doch wir orientieren uns stark am Hanen-Programm, weil es an den Ressourcen der Kinder ansetzt.“ Um den Transfer in Sachen Sprachförderung à la wortstark noch weiter anzustoßen, nutzt sie auch die monatlich statt-findenden Treffen aller 30 Kita-Einrichtungen, für die der Caritasverband in Frankfurt verant-wortlich ist, um die interaktions- und sprachför-dernden Strategien vorzustellen und von den Projekterfahrungen zu berichten.

wortstark – ein Programm für Eltern, die deutsche Kultur besser kennen- zulernen

wortstark betont die bewusst gestaltete Bezie-hung zum Kind, stärkt aber auch die zu den El-tern. „Wie gut, dass mittlerweile klar ist, dass es für die sprachliche Entwicklung der Kinder kein Hemmnis ist, wenn sie mit mehreren Sprachen aufwachsen. Mehrsprachigkeit ist nämlich eine Ressource“, findet Wiederspahn-Wolf.

Eltern gezielt darin zu unterstützen, wie sie ihren Kindern beim Sprachelernen helfen können, hält die Caritas-Mitarbeiterin für eine wichtige Aufgabe in allen Kitas. Daher ist es für sie ein weiterer Pluspunkt des Projekts, dass spezielle Elternbegleiterinnen geschult werden, die selber

Fachtag 2012: „Die Lust am Schreiben beginnt im Kindergarten“: Erzieherinnen teilen ihre Erkenntnisse mit einem fachkundigen Publikum.

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

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11April 2013wortstarkaktuell

WORTSTARK ZIEHT KREISE

Mütter oder Väter sind und die ihr Wissen und ihre Erfahrungen dann an andere Eltern weiter-geben. „Wenn eine marokkanische Elternbeglei-terin einer marokkanischen Mutter etwas erklärt, dann ist das oftmals viel effektiver, näher und einfacher, als wenn dies eine deutsche Pädago-gin täte.“

Gleichzeitig können die Eltern bei diesen Eltern-cafés etwas über das deutsche Bildungssystem lernen. Sie erfahren, wie wichtig es ist, mit den Kindern Zeit zu verbringen beim gemeinsamen Erzählen oder Betrachten von Bilderbüchern. Und sie erhalten Hinweise, wo sie mehrsprachige Bilderbücher bekommen können. „Dabei lernen sie dann auch etwas über die deutsche Kultur und die Werte, die uns hier wichtig sind.“

Vernetzung bis in den Stadtteil hinein

wortstark deckt nach Ansicht der Fachberate-rin Jutta Jordan viele Aspekte ab und hat nicht zuletzt deshalb Kreise gezogen: in den Kollegen-

Strategien des kanadischen Hanen-Programms

Strategie 1: OWL = die GrundlageObserve – beobachten, wofür sich das Kind interessiert Wait – warten, bis das Kind die Initiative ergreift Listen – hören, was das Kind versucht zu sagen (Blickkontakt)

Strategie 2: Das Thema des Kindes aufgreifen durch imitieren | interpretieren | kommentieren | Teilnahme am Spiel

Strategie 3: SSCAN für die Kleingruppenarbeit = Alle im Blick habenSmall groups are best – Kleingruppen sind am besten. Set up an appropriate activity – Aktivität auf Kinder abstimmen. Carefully observe each child’s level of involvement – Sorgfältig beobachten, wie die Kinder beteiligt sind. Adapt your response to each child’s need – Reaktion an die Bedürfnisse der Kinder anpassen. Now keep it going – Aufmerksame Wahrnehmung beibehalten.

Strategie 4: SSSS + SSTaRS = Sprache leicht verständlich machena) SSSS für alltägliche Wörter (z.B. müde): Say less – Wenig sprechen. | Stress – Betonen. | Go Slow – Langsam sprechen. | Show – Zeigen.

b) SSTaRS für präzisere und komplexere Wörter (z.B. erschöpft): Stress the new word – Neues Wort betonen. | Show the child what the word means – Zeigen, was das Wort bedeutet. | Tell the child what the word means – Erklären, was das Wort bedeutet. | and | Relate the word to the childs experience, other situations – Das Wort mit den Erfahrungen des Kindes verbinden. | Say it again – Wiederholen.

Weitere SprachförderstrategienSprecherwechsel durch Rituale, Kommentare und Fragen | Verbesserte Wiederholung | Ergänzen, den Satz vervollständigen. | Erweitern, Neues hinzufügen.

kreis, die Elternschaft, die Einrichtungen, ja in den Stadtteil hinein. „Über wortstark entsteht langsam aber sicher die Situation, dass – egal bei welchem Träger man arbeitet – überall auf eine besondere Weise auf die Sprachförderung geachtet wird. Noch dazu wird das Bestehende nicht verworfen, sondern man schaut, was man vielleicht noch vertiefen kann. Das schätze ich sehr.“

Für Jutta Jordan hat die Sprachförderung sehr zur Qualitätsentwicklung in den Kindertages-einrichtungen beigetragen und den Kolleginnen vermittelt, dass sie in punkto Sprachförderung nicht bei Null angefangen haben. „Mit dem zu-sätzlichen Wissen können sie noch gezielter und bewusster darauf schauen, wie sie Angebote für Kleingruppen gestalten und was sie dem ein-zelnen Kind seiner Sprachentwicklung entspre-chend anbieten können. Das gibt Sicherheit und ein gutes Fundament, auch im Hinblick auf die Elternarbeit.“

QUALIFIZIERUNG FÜR FACHKRÄFTE

Page 12: TITEL WORDVORLAGE wortstarkaktuell · ist zudem die Bedeutung von Kleingruppen für die Sprachförderung angekommen, auch wenn diese Zeiten dem Alltag oft mühsam abgerungen werden

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„„EELLTTEERRNN FFÜÜRR EELLTTEERRNN““

AUF AUGENHÖHE MITEINANDER REDEN Die Elternbegleiterinnen sind ein wesentlicher Baustein in der Sprachförderung von wortstark

Ein wichtiger Baustein der Sprachförderung von wortstark sind die ehrenamtlichen Eltern-begleiterinnen. Das sind Mütter (in den zurückliegenden vier Jahren haben sich hierfür keine Väter gefunden) aus den Einrichtungen und den beteiligten Stadtteilen, die zunächst selbst geschult werden, wie Kinder Sprache erlernen. In den sogenannten Elterncafés geben sie dieses Wissen dann an andere Eltern der Einrichtung weiter und zeigen ihnen, wie sie ihre Kinder zu Hause konkret beim Spracherwerb unterstützen können.

Der Einsatz dieser Elternbegleiterinnen, die mit den Eltern zum Teil in ihrer Muttersprache Türkisch oder Arabisch auf Augenhöhe kommu-nizieren können, hat sich als besonders hilfreich erwiesen. Und er zeigt beispielhaft, wie ganz allmählich aus der Idee der Elterncafés maß-geschneiderte Konzepte für die Kitas entstehen. Und jede Kita bringt andere Voraussetzungen mit, wie sie die Sprachförderung in ihren Einrich-tungen umsetzen will und kann.

Das japanische Papiertheater

K a m i s h i b a iDas japanische Papiertheater Geschichten für Kinder

zwischen 2 und 6 Jahren

Ein Kamishibai enthält jeweils drei unterschied-liche Sets mit je drei Geschichten für Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Eine dieser drei Geschichten eignet sich besonders gut für Kinder unter Drei. Kindereinrichtungen kön-nen mit einem Institutionenausweis je ein Set für 4 Wochen ausleihen. Insgesamt stehen 15 Kamishibai zur Ausleihe zur Verfügung.

Ausleihe in der Kinder- und Kamishibai – das war und ist ein Renner. Jugendbibliothek (KiBi)Der Einsatz des japanischen Papiertheaters hat Kontakt:sich in der Praxis der wortstark Projekt-Kitas derart gut bewährt, dass es mittlerweile von Zentrale Stadtbücherei allen Kindertageseinrichtungen in Frankfurt Kinder- und Jugendbibliothekausgeliehen werden kann. Entstanden war die Arnsburger Straße 24Idee im wortstark-Projekt, das hierfür mit Frankfurt-Bornheimder Zentralen Kinder- und Jugendbibliothek Tel. 069 212 3 1631(KiBi) und dem Amt für multikulturelle Angele- Di – Fr 13 -19 Uhr, Sa 11-14 Uhrgenheiten kooperiert. [email protected]

Im Rahmen des Fachtags 2012 erhielten die Eltern-begleiterinnen ihre Zertifikate. Über ihre Erfahrungen mit dem Projekt befragte sie hr-Moderatorin Monika Martino (inks).