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Qualität und Vergütung verknüpfen Kümmerer, die Verantwortung übernehmen TK-Dividende kommt mit der Post Stoppt Gewalt gegen Kinder EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, das neue Jahr 2014 hat uns alle sicher schon wieder fest im Griff. TK spezial greift mit der Situation in den Krankenhäusern und Hinweisen zu innovativen Versorgungskonzep- ten in der ersten Ausgabe Themen der Gesundheitspolitik auf. Damit möchten wir die Diskussionen in der Gesundheitspolitik befruchten, denn die Vorhaben der großen Koalition weisen mit dem Koalitionsvertrag in Richtung einer neuen Qualitäts- offensive in der medizinischen Ver- sorgung der Bevölkerung. Das ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen und wir wollen diese Zielrichtung mit Projekten und innovativen Ver- sorgungsverträgen in der Praxis in Mecklenburg-Vorpommern gern begleiten. Dem Thema Qualitäts- sicherung in der medizinischen Versorgung widmet sich auch der Jahresempfang der TK-Landesver- tretung am 7. Mai 2014. Wir erwar- ten dazu Dr. Christoph Veit vom BQS Institut für Qualität und Patien- tensicherheit in Düsseldorf sowie Prof. Attila Altiner von der Universi- tät Rostock. Bitte merken Sie sich diesen Termin schon einmal vor. Dann wünschen wir Ihnen viel Informatives im neuen TK spezial und scheuen Sie sich nicht, uns eine Rückmeldung zu den Beiträgen zu- kommen zu lassen. Dr. Volker Möws Leiter der TK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern Auf der Suche nach Orientierung Diskussion um Kostensteigerungen in Kliniken Um den sogenannten „Orientierungs- wert“ gab es lange Diskussionen. Er war eine der zentralen Forderungen der Deutschen Krankenhausgesell- schaft (DKG). Die Krankenhäuser erhofften sich Budgetsteigerungen jenseits der Lohnentwicklung der gesetzlich Versicherten. Der Orien- tierungswert sollte methodisch die tatsächlichen Kostensteigerungen im Bereich Personal- und Sachkosten abbilden. Er wird vom Statistischen Bundesamt festgelegt. Nun liegt dieser Orientierungswert schon zum zweiten Mal in Folge sogar unterhalb der Entwicklung der Grund- lohnrate. Die von der Krankenhaus- seite angegebene Höhe der Kosten- zuwächse ist also statistisch nicht nachzuweisen. Laut DKG liegt das an Messfehlern und falschen Messzeit- punkten des Statistischen Bundes- amts. Entsprechende Anpassungen und Korrekturen werden eingefordert. Auch wenn die Kritik der DKG an der einen oder anderen Stelle plausibel erscheint, so bleibt unterm Strich die Tatsache, dass die Finanzierungs- probleme einiger Kliniken nicht allein mit systembedingten Einnahmede- fiziten erklärbar sind. Zumindest die Betriebskosten sind in den letzten beiden Jahren offenbar auskömmlich finanziert worden. Deshalb ist es aus Sicht der TK nicht der richtige Ansatz, als Erstes stati- stische Berechnungsmethoden zu ver- ändern. Vielmehr sollte nun eine offene Ursachenanalyse darüber betrieben werden, weshalb zahlreiche Kliniken über Unterfinanzierung klagen. Dazu hat die TK mit Irmtraut Gürkan, der Kaufmännischen Direktorin der Uni- klinik Heidelberg, ein Interview geführt (siehe folgende Seite). spezial MECKLENBURG-VORPOMMERN Nr. 1 2014 Informationsdienst der Techniker Krankenkasse

"TK spezial" für Mecklenburg-Vorpommern 1-2014

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Page 1: "TK spezial" für Mecklenburg-Vorpommern 1-2014

Qualität und Vergütung verknüpfen • Kümmerer, die Verantwortung übernehmen TK-Dividende kommt mit der Post • Stoppt Gewalt gegen Kinder

Editorial

Liebe Leserin,lieber Leser,

das neue Jahr 2014 hat uns alle sicher schon wieder fest im Griff. TK spezial greift mit der Situation in den Krankenhäusern und Hinweisen zu innovativen Versorgungskonzep-ten in der ersten Ausgabe Themen der Gesundheitspolitik auf. Damit möchten wir die Diskussionen in der Gesundheitspolitik befruchten, denn die Vorhaben der großen Koalition weisen mit dem Koalitionsvertrag in Richtung einer neuen Qualitäts- offensive in der medizinischen Ver-sorgung der Bevölkerung. Das ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen und wir wollen diese Zielrichtung mit Projekten und innovativen Ver-sorgungsverträgen in der Praxis in Mecklenburg-Vorpommern gern begleiten. Dem Thema Qualitäts- sicherung in der medizinischen Versorgung widmet sich auch der Jahresempfang der TK-Landesver- tretung am 7. Mai 2014. Wir erwar-ten dazu Dr. Christoph Veit vom BQS Institut für Qualität und Patien-tensicherheit in Düsseldorf sowie Prof. Attila Altiner von der Universi-tät Rostock. Bitte merken Sie sich diesen Termin schon einmal vor.

Dann wünschen wir Ihnen viel Informatives im neuen TK spezial und scheuen Sie sich nicht, uns eine Rückmeldung zu den Beiträgen zu- kommen zu lassen.

Dr. Volker MöwsLeiter der TK-LandesvertretungMecklenburg-Vorpommern

auf der Suche nach orientierungDiskussion um Kostensteigerungen in Kliniken

Um den sogenannten „Orientierungs-wert“ gab es lange Diskussionen. Er war eine der zentralen Forderungen der Deutschen Krankenhausgesell-schaft (DKG). Die Krankenhäuser erhofften sich Budgetsteigerungen jenseits der Lohnentwicklung der gesetzlich Versicherten. Der Orien-tierungswert sollte methodisch die tatsächlichen Kostensteigerungen im Bereich Personal- und Sachkosten abbilden. Er wird vom Statistischen Bundesamt festgelegt.

Nun liegt dieser Orientierungswert schon zum zweiten Mal in Folge sogar unterhalb der Entwicklung der Grund-lohnrate. Die von der Krankenhaus- seite angegebene Höhe der Kosten-zuwächse ist also statistisch nicht nachzuweisen. Laut DKG liegt das an Messfehlern und falschen Messzeit-punkten des Statistischen Bundes-amts. Entsprechende Anpassungen und Korrekturen werden eingefordert.

Auch wenn die Kritik der DKG an der einen oder anderen Stelle plausibel erscheint, so bleibt unterm Strich die Tatsache, dass die Finanzierungs-probleme einiger Kliniken nicht allein mit systembedingten Einnahmede-fiziten erklärbar sind. Zumindest die Betriebskosten sind in den letzten beiden Jahren offenbar auskömmlich finanziert worden.

Deshalb ist es aus Sicht der TK nicht der richtige Ansatz, als Erstes stati-stische Berechnungsmethoden zu ver- ändern. Vielmehr sollte nun eine offene Ursachenanalyse darüber betrieben werden, weshalb zahlreiche Kliniken über Unterfinanzierung klagen. Dazu hat die TK mit Irmtraut Gürkan, der Kaufmännischen Direktorin der Uni- klinik Heidelberg, ein Interview geführt (siehe folgende Seite).

spezialM E C K L E N B U R G - VO R P O M M E R N

Nr. 1 2014Informationsdienst der Techniker Krankenkasse

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TK spezial Mecklenburg-Vorpommern · 1/2014 | 2

tK spezial | Laut Umfragen schreibt jede zweite Klinik in Deutschland rote Zahlen. Dagegen geht der speziell zur Messung der Krankenhauskosten eingeführte „Orientierungswert“ von eher geringen Kostensteigerungen aus. Sind die Personal- und Sachkosten doch nicht so stark gestiegen wie oft behauptet?

Gürkan | Die Berechnung des Orien- tierungswerts ist sehr in die Kritik ge- raten, da hier ausschließlich Ergebnis-se von bereits vorhandenen Statisti-ken einfließen. Nicht erfasst werden zum Beispiel die dramatischen Kosten- steigerungen der krankenhausspe-zifischen Haftpflichtversicherungs-prämien. Auch werden bei der eher vergangenheitsbezogenen Ermittlung der Personalkosten Tarifwirkungen un-zureichend erfasst. Aufgrund der vom Statistischen Bundesamt gewählten Methodik ist der Orientierungswert viel zu niedrig.

tK spezial | Ein Vorwurf an die Kran-kenhäuser lautet regelmäßig, dass zu-viel operiert wird. Diese Entwicklung scheint nun aber gestoppt zu sein.

Gürkan | In der Tat kam es in den letz-ten Jahren zu Fallzahlsteigerungen in den Krankenhäusern, die nicht immer und allein durch den medizinischen Fortschritt und die älter werdende Bevölkerung zu begründen waren. So zeigte auch die Begleitforschung zum DRG-System in den ersten DRG-Jahren eine etwa 3-prozentige stärkere Fall- zahlzunahme als medizinisch zu erwar-ten gewesen wäre. Bei aller Vorsicht bei der Interpretation dieser Daten: Die Kran- kenhäuser gehen insgesamt verant-wortungsvoll mit den Indikationen um.

tK spezial | Die Welt in der Uniklinik Heidelberg sieht anders aus als in einem kleinen Krankenhaus. Sollte die Existenz dieser Kliniken im Notfall in Form von sogenannten „Sicherstel-lungszuschlägen“ garantiert werden?

Gürkan | Die Existenzsicherung klei- nerer Krankenhäuser ist immer dann

ein Thema, wenn Häuser in regional dünn besiedelten Gebieten eine we- sentliche Versorgungsfunktion wahr-nehmen müssen, aber die Leistungs-zahlen für einen wirtschaftlichen Betrieb des Krankenhauses nicht ausreichend sind. Wenn Konsens über Standort und Leistungsumfang besteht, haben auch Sicherstellungszuschläge ihre Berechtigung.

tK spezial | Stichwort Behandlungs-qualität. Kann die aus Ihrer Sicht ver-nünftig gemessen werden und falls

ja: Sehen Sie eine Möglichkeit, dass die Höhe der Vergütung von der Be-handlungsqualität abhängig gemacht werden kann?

Gürkan | Die korrekte Messung von Behandlungsqualität ist eine unab- dingbare Voraussetzung für die Quali-tätssicherung.

Ich nenne Ihnen ein konkretes Bei-spiel: Bei der Entfernung der Gallen-blase darf es heute in Deutschland nicht mehr zu Todesfällen kommen. Am Universitätsklinikum Heidelberg müssen wir uns aber alljährlich im Strukturierten Dialog genau diesem Vorwurf stellen, dass bei uns einige dieser Eingriffe tödlich enden würden. Allerdings werden hier Fälle bewertet, welche aufgrund großer Tumore im Bauchraum umfangreich behandelt, teilweise wiederholt operiert und lange intensivmedizinisch betreut werden müssen. Solche Patienten mit so schweren Erkrankungen und Operati-onen können sterben und dürfen nicht mit Patienten verglichen werden, die eine einfache elektive Entfernung der Gallenblase wegen eines Steinleidens über sich ergehen lassen müssen. Hiermuss die Qualitätsmessung also noch besser werden.

Trotz dieser noch bestehenden Limi- tationen sehe ich große Chancen, in Zukunft die Themen Qualität und Ver-gütung zu verknüpfen. In Heidelberg sind wir hier bereits im guten Dialog mit den Kostenträgern.

Interview mit Irmtraut Gürkan, Kaufmännische Direktorin der Uniklinik Heidelberg

„ich sehe große Chancen, Qualität und Vergütung zu verknüpfen“

Irmtraut Gürkanist Kaufmännische Direktorin und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Heidelberg. Das Studium der Volkwirtschaftslehre in Göttingen hat sie 1976 als Diplom-Volkswirtin abgeschlossen. Sie ist seit 36 Jahren im Gesund-heitswesen tätig, ab 2003 am Universitätsklinikum Heidelberg, dem größten Universitätsklinikum in Baden-Württemberg und einem der drei größten Uniklinika in Deutschland. Zudem ist sie Mitglied im Hochschulrat der RWTH Aachen, im Verwaltungsrat des Universitätsspitals Kanton Basel, im Stiftungsrat der Deutschen Stiftung Organtransplantation sowie im Aufsichtsrat des DRK-Blutspendedienstes Baden- Württemberg – Hessen gemeinnützige GmbH.

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TK spezial Mecklenburg-Vorpommern · 1/2014 | 3

tK spezial | Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, dessen Vorsitzen-der Sie sind, hat in seinem Gutachten 2009 darauf hingewiesen, dass Ge-sundheitsleistungen zukünftig besser koordiniert und auf die Bedürfnisse der Generationen und regionale Beson- derheiten abgestimmt werden müssen. Wo liegen die größten Hemmnisse in den Strukturen unseres Gesundheits-systems, die Veränderungen verhindern?

Prof. dr. med. Gerlach | Als Folge einseitiger Anreizsysteme beobachten wir im internationalen Vergleich extrem hohe Arzt-Patient-Kontaktfrequenzen in deutschen Praxen sowie im stationären Sektor Angebotskapazitäten und Fall-zahlausweitungen auf Rekordniveau. Während strukturelle Fehlallokationen und falsche Anreize Mengenauswei-tungen provozieren, wird Qualität in der Regel nicht belohnt. Eine sehr inef- fiziente Konkurrenz zwischen Kliniken und Praxen verhindert zielgerichtete und gerade im Interesse chronisch Kranker notwendige sektorübergrei-fende Kooperationen.

tK spezial | Gibt es ein Erfolgsrezept für besonders erfolgreiche innovative Versorgungsmodelle?

Prof. dr. med. Gerlach | Es gibt dazu leider viel zu wenige Versorgungsfor-schungs-Studien. In unserem Projekt „Innovative Versorgungsmodelle“ (siehe Kasten) sammeln und analy-sieren wir erfolgreich implementierte neue Versorgungskonzepte. Wichtige Erfolgsfaktoren dieser Modelle liegen vor allem im organisatorischen und im zwischenmenschlichen Bereich. Gebraucht werden „Kümmerer“, die Verantwortung übernehmen und an-packen. Günstig sind darüber hinaus eine schon vorher bestehende gute Zusammenarbeit, Vertrauen, Respekt, Verbindlichkeit, personelle Kontinuität aller Akteure, aber auch hohe Moti-vation und Frustrationstoleranz.

tK spezial | Welche sind die häufigs-ten Gründe, wenn Modelle scheitern?

Prof. dr. med. Gerlach | Die Umset-zungsbarrieren liegen ebenfalls häufig im zwischenmenschlichen Bereich. Ein Scheitern wird wahrscheinlicher,

wenn Konkurrenzdenken und Neid vorherrschen, Probleme mit der Ab- gabe von Kompetenzen bestehen und mangelnde Risikobereitschaft sowie unterschiedliche Arbeitstempi verschiedener Akteure nicht überwunden werden. Auch ein Mangel an Personal, Räumlichkei-ten, finanziellen Mitteln sowie mangelnde Unter-stützung in Politik oder Bevölkerung stellen wichtige Barrieren dar und können gute Ansätze zum Scheitern bringen.

tK spezial | Welche Akteure zeigen im Moment die größte Innovations- und Risikobereitschaft, intelligente neue Versorgungskonzepte zu erar-beiten?

Prof. dr. med. Gerlach | Vor allem direkt Betroffene haben einen ent-

sprechenden Handlungsdruck: Haus- ärzte ohne Nachfolger, Kassenärztliche Vereinigungen, die den Sicherstellungs- auftrag bald nicht mehr erfüllen können, Gemeinden und Landkreise, die von

Ärztemangel bedroht sind.

tK spezial | Welche wich- tigen Akteure zögern noch und wie kann

man sie überzeugen mitzumachen?

Prof. dr. med. Gerlach | Neben den Akteuren vor Ort zögern auch die Kostenträger. Es ist für alle Beteiligten ein Ärgernis, dass das Bundesversi-cherungsamt durch rigide Prüfungen den Abschluss innovativer Verträge vielleicht ungewollt, auf jeden Fall aber systematisch behindert. Die aktuelle gesetzliche Regelung besagt, dass die Vertragspartner schon bei Vertragsabschluss nachweisen müs-sen, dass keine beitragssatzrelevante

Interview mit Professor Dr. med. Ferdinand M. Gerlach, Goethe-Universität Frankfurt am Main

„Gebraucht werden Kümmerer, die Verantwortung übernehmen und anpacken“

Wir haben heute das größte Angebot dort, wo wir es am wenigsten benötigen.“

Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlachwurde 1961 in Marsberg (Nordrhein-Westfalen) geboren. Er studierte Humanmedizin und Public Health an der Universität Göttingen und an der Medizinischen Hochschule Hannover. Von 1992 bis 1993 arbeitete er als wissenschaftlicher Geschäfts- führer des Norddeutschen Forschungsverbundes Public Health sowie von 1991 bis 2000 als Leiter des Arbeitsbereichs Qualitätsförderung an der Me- dizinischen Hochschule Hannover. Seit 1993 arbeitet Ferdinand Gerlach regelmäßig als Hausarzt in Ge-meinschaftspraxen mit, früher in Bremen und Kiel, heute in Frankfurt am Main.

Von 2001 bis 2004 war Prof. Gerlach Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Seit 2004 ist er Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der Johann-Wolfgang- Goethe-Universität Frankfurt am Main. Professor Gerlach engagiert sich als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienme-dizin (DEGAM). Seit 2007 ist er Mitglied im Sachver-ständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, 2011 wurde er stellvertretender Vorsitzender und im Juli 2012 übernahm er den Vorsitz. Seit 2013 ist Professor Gerlach zudem Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Techniker Krankenkasse.

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TK spezial Mecklenburg-Vorpommern · 1/2014 | 4

Kostensteigerung entsteht. Das ist natürlich ein Unding. Jede Innovation braucht Anfangsinvestitionen. Ein Pra- xisnetz beispielsweise benötigt eine EDV-Infrastruktur und Personal für eine professionelle Geschäftsführung. Der Sachverständigenrat hat dazu in Form eines Darlehensmodells bereits einen Vorschlag gemacht. Darüber hinaus raten wir dringend, die unsinnige Refinanzierungsklausel im Gesetz ersatzlos zu streichen.

tK spezial | Welche Versorgungs- strategien eignen sich für den länd- lichen Raum?

Prof. dr. med. Gerlach | Wir kennen inzwischen verschiedene Strategien, die auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen:

1. die Förderung von Landkreisen als Gesundheitsregionen (zum Beispiel in Niedersachsen),

2. der Zusammenschluss regionaler Akteure zu Gesundheitsnetzwer-ken (beispielsweise im Bereich Geriatrie),

3. die Gründung von Gesundheits- zentren (zum Beispiel das Schaaf-heimer Arzt- und Apothekenzent-rum in Hessen).

Falls bereits Ärzte fehlen, kommen Filialpraxen-Modelle, Delegations-modelle (zum Beispiel mit Gemeinde-schwestern) und Mobilitätskonzepte, die den Arzt zum Patienten oder den Patienten zum Arzt bringen, infrage.

tK spezial | Was muss sich in den Großstädten und den Ballungsräumen bewegen?

Prof. dr. med. Gerlach | Wir haben heute das größte Angebot dort, wo wir es am wenigsten benötigen: in den wohlhabenden Quartieren der Großstädte. Insbesondere in schwä-cher strukturierten Vierteln leben viele Menschen, die einen besonders hohen gesundheitlichen Versorgungs-bedarf haben. Zur Reduktion sozialer Ungleichheit muss hier eine Umsteu-erung erfolgen.

tK spezial | Wie reagieren die Pati-enten auf die neuen Versorgungsfor-men, insbesondere wenn sie anstelle des Arztes von medizinischem Fach-personal betreut werden?

Prof. dr. med. Gerlach | Nach unseren Erfahrungen in den meisten Fällen sehr positiv. Patienten sind nach anfäng-licher Skepsis zum Beispiel froh, dass größere Praxen erweiterte Öffnungs-zeiten haben und damit besser erreich- bar sind. Es geht auch nicht darum, dass medizinisches Fachpersonal Ärzte einfach ersetzt. Das wäre angesichts komplexer Anforderungen bei Multi-morbidität und Multimedikation auch gar nicht möglich. Es geht vielmehr darum, dass (Haus-)Ärzte und Medizi-nische Fachangestellte, ggf. mit einer Zusatzqualifikation als Versorgungsassis- tentin in der Hausarztpraxis (VERAH), oder Pflegekräfte in arbeitsteilig orga-nisierten Teams zusammenarbeiten. Das führt im Idealfall zu einer Entlas- tung der Hausärzte und gleichzeitig zu einer besseren Versorgung insbeson-dere chronisch Kranker.

Projekt InGe – Innovative Gesundheitsmodelle

Das Institut für Allgemeinmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe- Universität in Frankfurt am Main informiert seit Januar 2013 in einem Onlineverzeichnis über neue Versorgungsmodelle, die bundes-weit in Deutschland entstehen. Im Rahmen des Projekts „Innovative Gesundheitsmodelle“ (InGe) baut das Institut eine umfassende Daten- bank und ein Beratungsangebot für diejenigen auf, die neue Versorgungs- ideen in ihrer Region umsetzen wollen. Das Projekt wird von der Robert-Bosch-Stiftung gefördert.

Interessierte können auf den Inter-netseiten des „InGe“-Projekts zahl-reiche innovative Beispiele für neue Versorgungsmodelle abrufen, die sich unter anderem auf medizinische, pflegerische, geriatrische oder pallia-tive Versorgung, Wohnen, Mobilität und Prävention beziehen. Mit einer Suchfunktion kann gezielt nach Mo- dellen aus unterschiedlichen Regi-onen sowie nach verschiedenen Schwerpunkten und Organisations-formen gesucht werden.

Wer sich für ein besonderes Modell interessiert, kann mit den angege-benen Projektmitarbeitern Kontakt aufnehmen und eine ausführliche Beratung in Anspruch nehmen. Im Gespräch wird dann geklärt, ob das ausgesuchte Modell für die Bedin-gungen in der eigenen Region wirk-lich „passend“ ist. Die Datenbank und das Beratungsangebot werden laufend erweitert.

Weiterführende Informationen: www.innovative- gesundheitsmodelle.de

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impressum

Herausgeber | Techniker Krankenkasse, Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern

Verantwortlich | Prof. Dr. Volker Möws redaktion | Dr. Rolando Schadowski telefon | 03 85 - 76 09-574 telefax | 03 85 - 76 09-570E-mail | [email protected] twitter | www.twitter.com/TKinMV internet | www.tk.de/lv-mecklenburgvorpommern

Vieles spricht für die TK In Sachen Leistung und Service bietet die TK oft mehr als andere Krankenkassen. Zum Beispiel, wenn Sie schnell einen Arzt sprechen wollen.TK-ÄrzteZentrum | Hier erhalten Sie von Fachärzten jederzeit Antwort auf Ihre Fragen zur Gesundheit. Rund 100 Ärzte geben kompetent Auskunft. Webcode 5341TK-TerminService | Einen Termin beim Facharzt zu

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Mehr Informationen zur TK-Divi-dende finden Sie außerdem auf:www.tk-dividende.de

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TK-Leitfaden für Pädagogen in Mecklenburg-Vorpommern

TK-Leitfaden für Pädagogen in Mecklenburg-Vorpommern

Rund 123.000 Mitglieder der Techniker Krankenklasse (TK) in Mecklenburg- Vorpommern haben oder werden im Februar und März Post von ihrer Kran- kenkasse erhalten – mit einem Verrech- nungsscheck über bis zu 160 Euro Dividende. Die Auszahlung der TK-Divi- dende war der bisher größte Scheck-versand einer Krankenkasse.

Rund 19 Millionen Euro zahlt die TK allein im Nordosten an ihre Mitglieder aus. Bundesweit ist es eine Milliarde Euro.

Wer seit 1. Januar 2014 in der TK Mit-glied war und Beiträge zahlte, erhielt einmalig 80 Euro. Kunden, die zudem bereits im vergangenen Jahr Mitglied

Gewalt gegen Kinder hat viele Facet-ten. Ob Gewalt in der Häuslichkeit, Mobbing in der Schule oder als ganz neuer „Tatort“ im Internet über Face-book, Youtube oder per Mail – gleich ist bei allen, dass die Betroffenen unsere Hilfe benötigen.

Jeder sechste Schüler ist schon ein-mal Opfer von Mobbing im Internet geworden. Rein statistisch gibt es also das Problem des Mobbings und Cybermobbings in jeder Schulklasse. Folglich ist der Informations- und Hilfe- bedarf riesig. Das spiegelt sich auch in der Nutzung der Website der TK Mecklenburg-Vorpommern http://www.gewalt-gegen-kinder-mv.de, die seit Januar 2008 online ist. Seit-dem steigt die Zahl der Besucher kontinuierlich an. Waren es anfangs 3.000 Besucher pro Monat, nutzen sie jetzt durchschnittlich 7.000 pro Monat!

dividende kam bzw. kommt mit der Post

Stoppt Gewalt gegen Kinder

TK hat mit der Ausschüttung der Dividende begonnen

TK-Leitfaden steht kostenfrei zur Verfügung

waren, erhielten eine weitere Dividen-de von bis zu 80 Euro. Dabei wurde die Mitgliedschaftszeit vom 1. Mai 2013 bis 31. Dezember 2013 gestaffelt in Zehn-Euro-Schritten berücksichtigt.

In der Steuererklärung für das Jahr 2014 vermindern sich die Angaben zu den gezahlten Krankenversicherungs-beiträgen um die erhaltene TK-Divi- dende. Denn es handelt sich um zu-rückgezahlte Beiträge. Sie können sie daher nicht steuermindernd geltend machen.

Seit Ende 2013 bietet die TK in Meck-lenburg-Vorpommern ein Paket aus unterschiedlichen Hilfen zum Thema an. In einer Neuauflage liegt der Leit-faden „Stoppt Gewalt gegen Kinder“ insbesondere für Pädagogen in ge- druckter Form vor. Zudem wurden die Hilfen des TK-Mobbingkoffers für Schulen um das Material für Cyber-mobbing ergänzt. Seit 2013 können Schulklassen Webinare zum Thema Mobbing, Cybermobbing und Recht im Internet nutzen. Alle Materialien werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Interessenten sollten sich bei der TK melden.

mehr informationenunter www.tk.de, Webcode: 480064

mehr informationenunter www.tk.de, Webcode: 011968

Eine Initiative unter der Federführung der TK-Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern mit den Kooperationspartnern

Deutsche Kinderhilfe e.V.Tel. 030 - 24 34 29 40 oder 0151 - 17 48 92 89

Deutscher Kinderschutzbund, Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.Tel. 03 85 - 477 30 44

IQMV - Schul- und Unterrichtsentwicklung, Fortbildung und BeratungTel. 03 85 - 58 81 78 23

Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin RostockTel. 03 81 - 494 99 01 oder 0172 - 950 61 48

JustizministeriumTel. 03 85 - 588 33 81

Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V.Tel. 03 85 - 758 98 94

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und KulturTel. 03 85 - 58 81 78 23

Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und SozialesTel. 03 85 - 588 92 00

Ministerium für Inneres und Sport Tel. 03 85 - 588 24 60

Schabernack Güstrow e.V., staatlich anerkannte Einrichtung der Weiterbildung im Stadtteil Schabernack, GüstrowTel. 03 84 - 38 33 80

Techniker KrankenkasseLandesvertretung Mecklenburg-VorpommernTel. 03 85 - 76 09-0

Stoppt Gewalt gegen Kinder

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