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AS TR ON OM I SCH E NACHRICH TEN. .X -1461. TODCS- ANZEIGE. Es wird mir die traurige Pflicht zn Theil, das Ablebeo des Directors der Sternwarte von Capodimoote, Ernest0 Capoeci, anzuzeigen. Am 6. d. 111. Mnrgens 9 Uhr wurde dieser treffliche Mann der Faniilie ond den Freundeo, den1 Staat ond der Wissenschaft entrissen, als ein inneres Uebel, das seit einigen Monaten sich entwickelt hatte, auf die Herzader sich werfentl. seinem letzten schtnerzvollen Leideo ein plotzliches Entle machte. Geboren am 28. Marz 1798 zii Piciriisco in der Provinz Terra di Lavoro, kam Cnpocci friih nach Neapel zu seinein Oheini niutterlicher Seite Zuccari, daiiialigeiti Vorsteher der Sterrtwarte voii S. Gaudioso. Dieser sorgte fur die Aiisbilclung in den exacten Wissenschaften, so wie der Unterricht des Abate, spater Cardinals, Capncrini den Geschniack fiir die Hiiniaoiora erweckte. Diese Eniehung in doppelter Richtung findet sich deutlich aus- geprapt in dem ganzen sp8teren Wirkeri C~pocci's; man erkennt darin bestandig den Ernst des Wissens, gepaart niit der Anniuth der Phantasie. Mit Leichtigkeit irgend ein neiies Factam auffassend, schnell eine neue Ent- deckung durchschaiiend, wusste er derselhen alsogleirh eine interessante Beziehung abziigewinoeo, melehe er in klarer, allgemein fasslicher Sprache darstcllte. Nicht ininier freilich schutzte tlieser Weg vor allzu schueller Geoeralisirung, wohingegen dadurch die Ol~jccteder Wissenschaft aiiziehend fiur Vide wurden. Cupocci's sfreng wissenschaftliche Thltigkeit f3llt melir in seine Jugendzeit. Bereits in seinem 18'- Jahre veriiffentlichte er astrononiische Beoliachtungen in dem Giornale enciclopedico di Napnli, sowie spater irianche in Zach's Corregp. astron., und er versaiimte nicht. die heobachteten Coiiieten auch durch fleissige Rechuungen zu verlolgen. Mit kritischeni Blick heschll'tigte er aich niit den Sonnenflecken, und einige seiner Wahinehniuiipen hieriiber sind von der grassten Wichtigkeit Die Bearbeitung der Hora 18 der Berliner Sternkarten, welche durch die Fiille der Sterne eine der schwieriasteit war, hat ihm verdientes Lob zugezogen, da er, zur Erreichung der miiglichsten Geoaoigkeit , die Miihq nicht scheiite, dafir viele Tauaend Bcobacbtungen am Sleritliankreise sowohl als am Aequatoreal anzustellen, ausserdeni die Grosseuuchatzungen durch nocbmalige Vergleicliiing niit dem Himmel niit Pracision in seine Karte einzuzeicbnen. Seine Dialoghi sulle Comete, zu denen die ninf Cometen des Jahres 1825 Anlass gaben, beantworten iri schlagender Weise alle die Fragen, niit deneii die Astrottomen hei jeder nelaen Erscheinung eiues Conieten itrimer wieder helastigt werdeo , und sind zugleicb eiii Beispiel classiseben Styls. Es kann hier nicht der Zwerk sein, der vielen Arfikel eiozeln Erwahoung zu thun, die yon Capocci in den Abh. der Akad. von Nespel, den Annali Civili und anderen periodischen Zeitschril'ten nieder- gelegt sind, und die von desgen vielseitiger Bildung und Ideenfille Zeogniss geben. Ueberall erblickt man den Forscber, der in oft alltaglich scheinenden Naturereignissen Stoff Zuni Nachdenkeo fand. Als durch Piazti's Bemiihungen die neoe Sternwarte auf Capodinionte zu Stande kam, ward Caporci zweiter Astrnnoin an derselhert 1819, und nach Brioschi's Tocle 1833 Director. In den Jahren 1836-38 uiiternahm er eioe langere Reise nach Frankreich, England und Belgien. - Ee konnte nicbt fehlen, dass Capocci den Uni- scbwung seines Vaterlandes im Jahre 1848 mit Warme begriisste; mit Freuden sah er seine vier altesten Siihrte in clie Gefahren des Krieges sich hegelten: er selhet sass im Parlameut unter Rerdinund II. Seine durt geausserten liberalen Ansichten niuzste er aber hei Aufhebung der Constitution mit der Eotfernung vnn seinem Amte biissen, in dass er erst 1860 wieder eingesetzt ward. Wahrend jener Jahre der Noth uad der Priifung verfasste er uoter Anderem seinen Cornmentar Iiher die Cosmographie der Divina Comedia dee Dunte in anziehender dialogischer Form ; nicht leicbt kiinnte Jemand zu einer solchen Arbeit niebr gescbickt gefundcii sein, gleicb bewandert in schiiner Literatur iind Astronomie, wie Cnyorci e s war. Bei Errichtuog des Kiinigreichs ltalien ward ~%POCC~ zum Senator des Reicbs ernaoot , uod clie Regierung zeicbnete ihn aus niit deiii Coiumandeurkreuz des St. blauritius- und Lazarus-Ordens. Von Cbarakter ebrenhaft und liebenswiirdig in jeder Beziehung. von Gemiith sanft und in hohem Grade zartfihlend, anspriichslos und einfach in seinen Sitten, inimer bescheiden im Urtheil, wie gemlssigt in1 Gesprach, nachsichtig, theinehniend und beiter im Umgang, - miieste eiii Jeder sich angezogen fiiblen, der ihni nahe kam. Jener die Giite des Herzens ausdruckende, lachelude zug, der bestandig seinen Mund unigab, verliess ihn auch ini Tode nicht. - Der Unterzeichnete beklagt in ihni einen seiner werthesten und erprobtesten Freunde. NeapeI, 1864 Januar 16. C H. I? Peters.

TODES-ANZEIGE

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A S T R O N O M I S C H E N A C H R I C H T E N . .X -1461.

T O D C S - A N Z E I G E . Es wird mir die traurige Pflicht zn Theil, d a s Ablebeo des Directors der Sternwarte von Capodimoote, Ernest0 Capoeci, anzuzeigen. Am 6. d. 111. Mnrgens 9 Uhr wurde dieser treffliche Mann der Faniilie ond den Freundeo, den1 Staat ond der Wissenschaft entrissen, a l s ein inneres Uebel, d a s seit einigen Monaten sich entwickelt hatte, auf die Herzader s ich werfentl. seinem letzten schtnerzvollen Leideo ein plotzliches Entle machte.

Geboren am 28. Marz 1798 zii Piciriisco in der Provinz Terra di Lavoro, kam Cnpocci friih nach Neapel zu seinein Oheini niutterlicher Seite Zuccari, daiiialigeiti Vorsteher der Sterrtwarte voii S. Gaudioso. Dieser sorgte f u r die Aiisbilclung in den exacten Wissenschaften, so wie der Unterricht des Abate, spater Cardinals, Capncrini den Geschniack fiir die Hiiniaoiora erweckte. Diese Eniehung in doppelter Richtung findet s ich deutlich aus- geprapt in dem ganzen sp8teren Wirkeri C~pocci ' s ; man erkennt darin bestandig den Ernst d e s Wissens, gepaart niit der Anniuth der Phantasie. Mit Leichtigkeit irgend ein neiies Factam auffassend, schnell eine neue Ent- deckung durchschaiiend, wusste e r derselhen alsogleirh eine interessante Beziehung abziigewinoeo, melehe e r in klarer, allgemein fasslicher Sprache darstcllte. Nicht ininier freilich schutzte tlieser Weg vor allzu schueller Geoeralisirung, wohingegen dadurch die Ol~jccte der Wissenschaft aiiziehend fiur Vide wurden.

Cupocci's sfreng wissenschaftliche Thltigkeit f3llt melir in seine Jugendzeit. Bereits in seinem 18'- Jahre veriiffentlichte er astrononiische Beoliachtungen in dem Giornale enciclopedico di Napnli, sowie spater irianche in Zach's Corregp. astron., und er versaiimte nicht. die heobachteten Coiiieten auch durch fleissige Rechuungen zu verlolgen. Mit kritischeni Blick heschll'tigte er aich niit den Sonnenflecken, und einige seiner Wahinehniuiipen hieriiber sind von der grassten Wichtigkeit Die Bearbeitung der Hora 18 der Berliner Sternkarten, welche durch die Fiille der Sterne eine der schwieriasteit war, hat ihm verdientes Lob zugezogen, da er, zur Erreichung der miiglichsten Geoaoigkeit , die Miihq nicht scheiite, d a f i r viele Tauaend Bcobacbtungen a m Sleritliankreise sowohl als am Aequatoreal anzustellen, ausserdeni die Grosseuuchatzungen durch nocbmalige Vergleicliiing niit dem Himmel niit Pracision in seine Karte einzuzeicbnen. Seine Dialoghi sulle Comete, zu denen die ninf Cometen des Jahres 1825 Anlass gaben, beantworten i r i schlagender Weise alle die Fragen, niit deneii d ie Astrottomen hei jeder nelaen Erscheinung eiues Conieten itrimer wieder helastigt werdeo , und sind zugleicb eiii Beispiel classiseben Styls. Es kann hier nicht der Zwerk sein, der vielen Arfikel eiozeln Erwahoung zu thun, die yon Capocci in den Abh. der Akad. von Nespel, den Annali Civili und anderen periodischen Zeitschril'ten nieder- gelegt sind, und die von desgen vielseitiger Bildung und Ideenfille Zeogniss geben. Ueberall erblickt man den Forscber, der in oft alltaglich scheinenden Naturereignissen Stoff Zuni Nachdenkeo fand.

Als durch Piazti's Bemiihungen die neoe Sternwarte auf Capodinionte zu Stande kam, ward Caporci zweiter Astrnnoin an derselhert 1819, und nach Brioschi's Tocle 1833 Director. In den Jahren 1836-38 uiiternahm er eioe langere Reise nach Frankreich, England und Belgien. - E e konnte nicbt fehlen, dass Capocci den Uni- scbwung seines Vaterlandes im Jahre 1848 mit Warme begriisste; mit Freuden s a h e r seine vier altesten Siihrte in clie Gefahren d e s Krieges sich hegelten: e r selhet sass im Parlameut unter Rerdinund I I . Seine durt geausserten liberalen Ansichten niuzste er aber hei Aufhebung der Constitution mit der Eotfernung vnn seinem Amte biissen, i n dass er erst 1860 wieder eingesetzt ward. Wahrend jener Jahre der Noth uad der Priifung verfasste e r uoter Anderem seinen Cornmentar Iiher die Cosmographie der Divina Comedia dee Dunte in anziehender dialogischer Form ; nicht leicbt kiinnte Jemand zu einer solchen Arbeit niebr gescbickt gefundcii sein, gleicb bewandert in schiiner Literatur iind Astronomie, wie Cnyorci e s war.

Bei Errichtuog d e s Kiinigreichs ltalien ward ~ % P O C C ~ zum Senator des Reicbs ernaoot , uod clie Regierung zeicbnete ihn a u s niit deiii Coiumandeurkreuz des St. blauritius- und Lazarus-Ordens.

Von Cbarakter ebrenhaft und liebenswiirdig in jeder Beziehung. von Gemiith sanft und in hohem Grade zartfihlend, anspriichslos und einfach in seinen Sitten, inimer bescheiden im Urtheil, wie gemlssigt in1 Gesprach, nachsichtig, theinehniend und beiter im Umgang, - miieste eiii Jeder s ich angezogen fiiblen, der ihni nahe kam. Jener die Giite d e s Herzens ausdruckende, lachelude zug, der bestandig seinen Mund unigab, verliess ihn auch ini Tode nicht. - Der Unterzeichnete beklagt in ihni einen seiner werthesten und erprobtesten Freunde.

N e a p e I , 1864 Januar 16. C H. I? Peters.