Tofa Schamanen

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  • Glaubenswelt und Folklore der sibirischen Vlker Herausgegeben 9m

    V . Didszegi Ethnographisches Museum, Budapest

    Mit 151 zum Teil mehrfarbigen Abbilduwm

    Verlag der Ungarbcbachsn Akademie der Wissmchojten, Buhpest 1963

  • Zum Problem der ethnischen Homogenitt des tofischen (karagassischen) Schamanismus V. Dioszegi, Budapest

    Wissenschaftliche Beschreibungen von schamanistischen Vorstellun- gen und Gegenstnden verschiedener sibirischer Vlker erwecken den Eindruck, als bestnde eine weitgehende Homogenitt innerhalb einer ethnischen Gruppe. In frheren Publikationen wird die Ansicht vertreten, da Trommeln, Schlegel, Kopfbedeckungen und Mntel aller Schamanen eines bestimmten Volkes vom gleichen Typus seien.

    Diese Homogenitt wird nicht nur in zusammenfassenden Werken ber den Schamanismus in Sibirien betont - wie z. B. in den Bchern von Nioradze und Harval -, sondern auch in Beschreibungen, die sich speziell mit der gesamten Kultur von einzelnen ethnischen Gruppen be fa~sen .~ Einen hnlichen Eindruck gewinnt man auch aus Monographien ber den Schamanismus eines bestimmten V o l k e ~ . ~

    Zuerst waren es theoretische Uberlegungen, die mir diese Theorie ethnisch~r Homogenitt als unzutreffend erscheinen lieen, spter festig- ten sich meine Zweifel beim Studium der einschl-igen Sammlungen der Museen in Budapest, Leningrad und in verschiedenen sibirischen Stdten. Heute bin ich der Ansicht, da die schamanistischen Ausrstungen bei den einzelnen ethnischen Gruppen in Sibirien groe Unterschiede aufweisen.

    Ich beschlo, das Problem der ethnischen Homogenitt zum Gegen- stand meiner Arbeit an Ort und Stelle zu machen, um die Widersprche zu klren, die zwischen der zugnglichen Literatur und den Gegenstnden in den Museen bestehen. Um diesen Plan durchzufhren, mute ich,Beobach- tungen bei Vlkern mit verhltnismig wenigen Angehrigen anstellen, die in einem relativ begrenzten und isolierten Gebiet wohnen, wo also groe Abweichungen kaum vorkommen konnten.

    Die Tofa (Karagassen), in ihrer eigenen Sprache topa (tofa) schienen mir dafr geeignet: sie leben abgeschlossen in einer entlegenen Gegend und zhlen nur 430 oder 440 Personen. Darum verbrachte ich whrend meiner zweiten Forschungsreise 1958 in Sibirien den Monat Juli bei ihnen.

    Heute leben die Tofa, die Jiiger- und Rentierzchter sind, in drei Drfern: Alygdsher, Nercha und Verchnaja Gutara. Alle drei sind neu von der Sowjetregierung errichtet worden, um dieses Nomadenvolk an

    ' N i o d z e (1925), Harva (1938). ' Chodzidlo (1961), C ~ P O ~ ~ B C K M ? ~ (1896), B ~ ~ ~ M u K w # (1893), J i o n a ~ w ~ (1922),

    E;orapas (1939). TPOU~HCKM# (1903), AHOXUH (1924), AT~HUTOB- X ~ H ~ ~ ~ H O B (1883), WUPOKO-

    rOpOB (1919), ~ W M K ~ B M ~ (1896), AHY~IUH (1914).

  • ein sehafteres Leben zu gewhnen. Frher lebten die Tofa in drei mehr oder weniger voneinander isolierten Gegenden: dem westlichen (am Gutara Flu), dem mittleren (am Uda Flu) und dem stlichen (am Ija Flu) gelegenen Teil des Ostsajanischen Gebirges (A bb. 1).

    Das Volk der Tofa war in Sippen (rion) gegliedert, im ganzen in fnf Sippen (bb rion), die sich aq c'oydu, qara c'oydu, zag, saryy xab und c'ptj nannten. Mit der erwhnten rumlichen Verteilung bereinstimmend, bildeten sie drei Gruppen. 1. Zu der stlichen Gruppe gehrten die Sippen saryy ~ a i und ~d und einige c'ptj, die im westlichen Teil des Ostsajanischen Gebirges wohnten. Die saryy xai lebten im Gebiet des Gutara-Flusses; die ab am Dshuglym-Flu; die westlichen Eaptj bewohnten das Gebiet der Flsse Malaja-Birjusa, Jerma und Jaga. 2. Im mittleren Gebiet in der Gegend der Flsse Uda, Kara-Buren, Chajlama und Chunga wohnte die aq c'oydu und der andere Teil der c'ptj Sippe. 3. Die stliche Gruppe der Tofa, die qara c'oydu, lebten in der Nhe der Flsse Ija und Utchum.

    Offiziell bekannten sich die Tofa seit langer Zeit zum Christen- tum. Vor mehr als hundert Jahren schrieb Stubendorf: ))Die Karagassen sind alle getauft, und die Angehrigen der vierten Generation halten sich fr Prawoslawen.fi4 Ihr Bekenntnis zum Christentum ist indessen reine Formsache. ))Gern schlagen sie das Kreuz und beugen das Knie vor den heiligen Ikonen, doch beim ersten Besuch in einer Jurte bemerkt man neben dem Bild des verehrten, wunderwirkenden heiligen Nikolaus eine mit Adlerfeder, Eichhrnchen-, Kaninchen- und Rentierschwiinzen, Blech- Scheiben und Lederriemen geschmckte Ledertasche - ein Amulett, das den Trger vor Krankheiten, Unglck, Unfllen und allerlei sonstigem nbel beschtzen und ihm volle Taschen, erfolgreiche Reisen und Glck mit der Rentierherde bringen soll. Diese Amulette liefern die Schamanen, die Teufelspriester, die ihre Riten geheim, an kaum zugnglichen Orten in den Bergen vollfhren. Die Karagassen geben es nicht gerne zu, da noch Schamanen in ihrer Mitte leben, und die Amulette verschwinden, sobald ein Russe erscheint. Trotzdem hat jeder ulus seinen Schamanen, und der Schamane von Udinsk ist der berhmteste von allen.t15

    Einige Jahrzehnte spter entwirft Kostrow ein hnliches Bild von der Lage der Dinge:

    ))Die Karagassen sind getauft und halten sich seit vier Generationen fr Prawoslawen. Doch ist dieser Prawoslawismus von hchst zweifelhafter Natur. Es stimmt zwar, da jeder Karagasse es fr richtig halt, ein Kupfer- kreuz um seinen Hals zu tragen, sich zu bekreuzigen, wenn er ein hlzernes Haus betritt, sich nach dem Essen zu bekreuzigen und einen Ikon in seiner Jurte zu haben. Doch all das ist mehr Opportunismus als wirkliche innere Uberzeugung. In Wirklichkeit glauben die Karagassen auch heute noch an den Schamanismus. In jedem ulus ist ein Schamane und der Mantel, den die Schamanen zu ihrer Zauberhandlung anzulegen pflegen, ist in jeder Jurte zu finden.e6

  • I Nach dem Bericht von W. N. Wrtssiljew, der die Tofa zu Beginn des 20. Jh . besuchte, hatte sich die Zahl der Schamanen verringert. Er fand keinen mnnlichen Schamanen und nur drei Schamaninnen noch vor.'

    Abb. 1. Das 'von Tofa bewohnte Gebiet irn ersten Viertel des 20. Jh.

    Nach den Beobachtungen Jewsenins hatte der Schamanismus auch noch Ende der zwanziger Jahre nicht an Boden verloren. Von drei bis fnf Leuten abgesehen, ,sind die Karagassen nach prawoslawischem Ritus getauft. Doch ihre Vorstellung von Gott ist recht verworren. Wie die meisten sibirischen Eingeborenen, vermischen sie Gott mit dem heiligen Nikolaus . . .Betritt man eine Jurte, wird man in der Hauptecke nicht eine Ikone, sondern meistens mehrere Ikonen erblicken, ber die die Karagassen

  • allerdings keine Auskunft geben knnen, weil sie ihre Bedeutung nicht kennen. Es ist nichts Uberraschendes dabei, wenn sie die Bilder ihrer eigenen Gottheiten neben den Ikonen aufhngen. Ubrigens hngen die prawoslawischen Ikonen meistens nur dann in der Hauptecke, wenn Russen in der Siedlung ankommen, sonst werden sie in einem Sack aufbewahrt. Es ist also offensichtlich: obwohl die Karagassen Prawoslawen sind, ist der Prawoslawismus fr sie eine rein formale Angelegenheit. Den- noch wre es ein Irrtum, zu glauben, die Karagassen htten ber- haupt keine Religion. In Wirklichkeit glauben alle Karagassen an Soha- manismus.(
  • Das Problem der Schamanenfamilien

    Whrend meiner Reise gelang es mir, 21 Tofa-Schamanen ( z u m ) nachzuweisen, darunter Mnner ( xam d 6 a q ) und Frauen ( x a m qoniaq). Sie gehrten den verschiedenen Sippen an: acht der aq Eoydu, fnf der x d , vier der Cptj, zwei der saryy xaS und zwei der qara 6oydu.

    In der aq Eoydu Sippe stellte die Familie Amastajew die grte Zahl der Schamanen. Drei Mitglieder waren aktive Schamanen: Innokenty, der so alt war, da er kein Patronym hatte (zur Zeit seiner Geburt gebrauchten die Tofa. noch nicht den Taufnamen des Vaters nach russischem Brauch), Innokenty Nikolajewitsch und Wassili Michailowitsch. In der Familie Cholemojew gab es zwei Schamanen: den alten Iwan, der ebenfalls kcinen Vatersnamen hatte und seine Enkelin, Anna Innokentyjewna. Auerdem waren noch drei Schamanen in der aq h y d u Sippe: Innokenty Nikolajewitsch Adamow, Semjon Pawlowitsch Tutajew und Innokenty Nikolajewitsch Kokujew.

    Die qara h y d u Sippe stellte zwei Schamanen: Sergej Spiridonowitsch Bakanajew und Pawel Jegorowitsch Schipkejew.

    Die Schamanen der xaS Sippe gingen aus zwei Familien hervor, den Bokturbajews und Saganows; aus ersterer Innokenty Semjonowitsch und der auch noch heute lebende Innokenty Alexejewitsch sowie Gawril Gri- gorewitsch. Bei den Saganows waren Jegor Alexejewitsch und sein jngerer Bruder, der fnfzigjhrige Innokenty Alexejewitsch Schamanen.

    Die Cptj Sippe hatte vier Schamanen gehabt, die alle der Familie Tulajew entstammten: Innokenty Abramowitsch, Alexander Michailo- witsch, Alexej Grigorjewitsch und Nikolai Danilowitsch.

    Macht man eine Aufstellung von den Schamanen der Tofa- stamme, so erweckt es den Anschein, als sei die Ausbung der Schamanen- ttigkeit auf bestimmte Familien konzentriert gewesen. Wir wollen dies genauer untersuchen. Gibt es ausgesprochene &chamanenfamilienc(? Sind die Schamanenfhigkeiten wererbbare4 Eigenschaften oder ist die Nach- folge institutionell geregelt? Bei der untersuchung eines krzeren Zeit- abschnittes scheint die Antwort auf der Hand zu liegen, da es ausgespro- chene NSchamanenfamiliencc gegeben hat. Alle Schamanen der xaS Sippe z. B. stammten nur aus zwei Familien - den Saganows und den Bokturbajews. Zwei Mitglieder der ersteren und drei der letzteren waren Schamanen.

    In der aq 6oydu Sippe gingen aus der Familie Amastajew drei Scha- manen hervor. Alle Schamanen der Eptj Sippe kamen aus einer einzigen Familie, aus der Familie Tulajew.

    Auch bei der Untersuchung einer greren Zeitspanne scheint sich die Existenz ausgesprochener Bchamanenfamilien zu besttigen.

    In der Familie Cholemojew von der aq h y d u Sippe war nicht nur Iwan, sondern auch seine Enkelin, Anna Innokentyjewna und in der saryy ~d Sippe nicht nur Ilja Spiridonowitsch, sondern auch seine Gromutter, sein Urgrovater und sein Urururgrovater waren Schamanen.

    Dabei ist zu bercksichtigen, da Schamaninnen und Schamanen oft untereinander heirateten.

  • Unter den Schamanen, die ich bei den Tofa registrierte, waren zwei weiblichen Geschlechts: die Cholemojewa von der aq hydu Sippe und die Bokturbajewa von der ~ a l Sippe. Die Exogamie-Gesetze der Tofa schrieben vor, da Mnner aus der aq Coydu Sippe Frauen aus der ~ d S i p p e und die ab Mnner aq Coydu Frauen nehmen sollten. Der Schamane Koku. jsw aus der aq Eoydu Sippe heiratete die Schamanin Bokturbajewa aus der ab Sippe, Saganow, ein Schamane aus der ~ a i Sippe nahm Cholemojewa, die Schamanin aus der aq Coydu Sippe zur Frau. Als der Schamane Saganow starb, heiratete seine Witwe zum zweiten Male wieder einen ~ a i S c h a m a - nen, nmlich Bokturbajew.

    Da oSchamanenfamilien

  • Familien Schipkejew und Bakanajew von der para Coydu Sippe. Keines der seit 1891, resp. 1874 geborenen Kinder aus dieser Familie wurde Schamane.

    Andererseits kam es vor, da das Mitglied einer Familie, unter deren Vorfahren kein Schamane war, Schamane wurde. In den Familien Kokujew und Tulajew der ap 6oydu Sippe wurden Innokenty Nikolaijewitsch und Semjon Pawlowitsch Schamanen, ohne da unter den Vorfahren Schamanen gewesen wren.

    Aus den angefhrten Beispielen knnen zusammenfassend folgende Schlsse gezogen -werden: Die Veranlagung zum Schamanen kann als vererb- bar betrachtet werden. Im allgemeinen sind innerhalb einer bfichamanen- familie(< mehrere, nicht aber alle Mitglieder einer Generation Schamanen. Einzelne Generationen knnen bersprungen werden. Nicht jedes Mitglied einer Familie mit Schamanenvorfahren wird Schamane. Die Abstammung aus einer Familie, in der es bisher keinenschamanen gab, schliet die Mg- lichkeit nicht aus, da Angehrige dieser Familie Eigenschaften und Veran- lagungen aufweisen, die sie zum Schamanen prdestinieren. Abschlieend knnen wir also feststellen, da Voraussetzungen und Veranlagungzur Ausbung der Schamanenttigkeit ererbt werden knnen. Welche Klasse der Schamane spter erreicht, ist davon nicht betroffen.

    Wie wird man Schamane?

    An Hand folgender Beispiele soll untersucht werden, welche Faktoren ausschlaggebend sind beziehungsweise als ausschlaggebend gelten, Scha- mane zu werden: ~Anjataj gehrte zur Sippe saryy ~d. Einmal erkrankte er und war drei Jahre lang leidend. Er hatte Kopf-, Arm- und Bein- schmerzen und war nicht fhig, sich zu bewegen. Im Trancezustand sah er Tiere; ein alter Mann erschien ihm, Geister (aza) besuchten ihn und fordert,en ihn auf, Schamane zu werden. Die Geister waren es, die ihn qulten und die ihn zwangen, als Schamane aufzutreten. Sie peinigten ihn lange Zeit und schlielich schlief, er ohne aufzuwachen, drei Tage lang. Dann begann er zu schamanisieren und fhlte sich nun besser. Nun bat er die Leute um eine Trommel und wurde vllig wiederhergestellt.((

    Wie Wassili Michailowitsch von der Familie Amastajew aus der aq Coydu Sippe Schamane wurde, erzhlte seine Schwester: Er wurde mit, achtzehn Jahren Schamane. Bevor er Schamane wurde, erkrankte er schwer. Dann hatte er Trume. Ihm erschienen Geister ( ~ b , azmy) im Traum, und sagten ihm, er solle Schamane werden. Er lag ein Jahr lang krank und verlor an Gewicht, da die Geister ihn qulten. Er ging berhaupt nicht aus, ging auch nicht auf die Jagd, er lag nur immer zu Hause im Bett. Schlielich willigte er ein, Schamane zu werden und kam wieder zu Krften.((

    Der Schamane Kokujew von der aq Coydu Sippe erzhlte mir, wie er Schamane geworden war: ))Auch ich war krank, als ich Schamane wurde. Zuerst t a t mir der Kopf weh, dann schmerzten meine Hnde. Bei Vollmond habe ich immer noch Kopfschmerzen. Oft besuchten mich die Geister. Whrend ich schlief, sang meine Zunge. Sie sang wie der Schamane singt, aber ich wute nichts davon. Als ich erwachte, sagten mir Vater, Mutter

  • und Schwester: ,Du hast Lieder gesungen, Schamanenlieder!
  • gesu war durchsichtig und der #Herr des Wassersu war halb Fisch, halb Mensch, von mittlerer Gre mit menschlichen Hnden und Fen, hatte aber einen Fischschwanz. Sein Krper war mit Schuppen bedeckt.@ Bolchojew aus der saryy ~aISippe erzhlt, da er von sieben Geistern besucht worden sei, vom gelben Geistu (saryy aza), vom blauen Geistu (kzik aza), vom *roten Geistu (qyzyl aza), vom #blinden Geistu (soyur aza), vom ~Wildgansgeistu (qm aza), vom ))Eulengeistu (~ugzi aza) und von dem ))gierigen Geistu (aqay aza). Die Geister lebten im ))gelben Lichtu (saryy 6yryqta), wo die Sonne den Himmel gelb gefrbt hatte. Aus diesem Grunde richteten sie ihr Heim am Morgen im Osten und am Nachmittag im Westen ein. Der Schamane Kokujew aus der aq Foydu Sippe berichtet, er habe eben- falls sieben Geister gesehen: Den Herrn vom ))weien Seeu (aq ~zil), den Herrn vom ,schwarzen Seeu (qara ~zil), den Herrn vom ))heiligen Ortu (lig fr), den Herrn vom #heiligen Bergu (lig tajya), den Herrn vom ))felsigenJeder hatte einen Kopfputz, einen Schamanenanzug, Schama- nenstiefel, eine Trommel und einen Trommelschlege1.u

    Wie wir sehen, sind die Geister der Schamanen Herrengeister: Herr (Besitzer, Wirt) des Wassers (szig zi), eines bestimmten Sees (ap ~zi l , qara ~zil), einer Gruppe von Seen (lig dalaj), vom Berg (tajya zi), von einzelnen Bergen (lig fr, liq tajya, ~ajalyy sojaq, lig sojap, &arm tajya), von Wolken (saryy aza, kzik aza, qyzyl aza), von Vgeln (qm aza, ~zigzi aza) usw.

    Die Tofa-Schamanen teilten diese zahlreichen Geister je nach Art und Grad in Klassen ein.

    Es wurden zwei Geistergruppen unterschieden: die schwarzen(( und die ))weien# Geister. Die schwarzen Geister (para aza) oder die nchwar- Zen Scharnanengeisteru (qara ~amndqyn) waren bse, die ))weien Geisteru (np aza) oder die weien Schamanengeisteru (aq ~amna&qyn) waren gut.14 J e nachdem, ob die #weien4 oder die fischwarzenu Geister einen Schamanen erwhlten, wurde er ein ))weier Schamaneu (aq ~ a m ) , ,heller Schamaneu (Fyryq ~ a m ) oder ein )>schwarzer Schamane (qara ~ a m ) . Schwarzen Scha- manen wurde die Fhigkeit zugeschrieben, Cfbles zu tun, und die anderen Schamanen frchteten sich vor ihnen. Ihre Tracht unterschied sich von der der weien Schamanen. Bakanajew, ein Angehriger der qara *du Sippe war z. B. ein schwarzer Schamane. Sein Schamanengewand war aus schwarzem Tuch gefertigt, und die Stoffanhngsel daran waren auch zumeist. schwarz. Sogar seine Trommel war mit dem Fell eines schwarzen Bullen bezogen.

    Nach Aussage der Tofa unterschieden sich die Schamanen- geister auch nach ihrem Grad. Es gab ))groe Schamanengeisteru (uluy ~amndqyn), ))mittlere Schamanengeisteru (ortun ~ammdqyn) und )kleine 1

    l3 Bber Berg- und Wassergeister vgl. n e ~ p ~ (1928) S. 15-16, (1927) S. 32; K ~ T ~ H O G (1907) S. 615, 628-629, 639.

    l4 Uber die. guten und bsen Geister vgl. EBC~HHH (1919) S. 14.

  • Schamanengeister(c (Entryl ~ a m n a l q y n ) . Da der Schamane Macht ber den Geist gewann, der ihn erwhlt hatte, gehrten infolgedessen die Schamanen zu drei verschiedenen Klassen : es gab ))groe Schamanen(( (uluy zum) , ))mittlere Schamanen(( (ortun zum) und ))kleine Schamanen(( (c'aryg zum) .

    Diese Begrndung fr die Klassifizierung der Tofa-Schamanen gab mir ein ehemaliger Schamane von der aq b y d u Sippe. Ein anderer Schamane aus der saryy ~adSippe fhrte demgegenber die Zahl der Geister als Ursache dafr an. )>Ich war ein kleiner Schamane, weil ich nur sieben Geister hatte((, sagte mir Bolchojew. ))Andere waren grolle Schamanen, weil sie siebenundzwanzig Geister hatten. ((

    Ein Schamane, gleichgltig ob er aus einer Familie stammt, aus der schon viele Schamanen hervorgegangen sind oder nicht, bettigt sich, weil dies die Geister von ihm fordern wrden. Auch fr die Klasse, in die der Schamane eingestuft wird, ist die schamanistische Bettigung seiner Vor- fahren nicht von Belang, sondern nur die Zahl und d K E t TerXeiste3dE er zu besitzen vorgibt, entscheiden, ob er zu den kleinen, mittleren oder groen Schamanen, den weien oder den schwarzen Schamanen gerechnet wird.

    Jedoch gilt es auch als mglich - und darauf mchten wir auerdem hinweisen-, da die Geister, die den Schamanen auserwhlen, wrerbtu sein knnen. Das soll z. B. beim Schamanen Wassili Michailowitsch Amastajew aus der aq &ydu Sippe der Fall sein: aWassili wurde mit acht- zehn Jahren Schamane. Er erbte die Geister seines Vaters, obwohl der Vater kein Schamane geworden war. Es kommt darauf an, da einer Blut trinken mu, eine ganze Menge Rentierblut, um Schamane zu werden. Der Vater, Michail Amastajew, hatte um Rentierblut gebeten, ihm wurde aber keines gegeben, und darum ist er nicht Schamane geworden.((

    Auch die Schamanenausrstung wurde entsprechend der Wnsche der Geister angefertigt.

    Dem Schamanen Anjataj aus der saryy 2a.J Sippe ))sagte der Geist, da er zuerst einen Mantel, dann eine Kopfbedeckung, als drittes die Scha- manenstiefel und als viertes die Tcher machen lassen solle. Der Geist sagte ihm auch, wie seine Trommel und sein Schlegel beschaffen sein sollten. Spter lie er seine Trommel nach den Anweisungen des Geistes von einem Mann der aq c'oydu Sippe anfertigen. (c

    Wie genau die Anweisungen in allen Einzelheiten sind, geht klar aus den Worten des Schamanen Kokujew aus der aq c'oydu Sippe hervor: ))Der c'aryJ (Kleine, d. h. ))kleiner Geist

  • Die Anfertigung der Schamanenausrstung

    Nachdem der knftige Schamane sich dem >)Willen(( der Geister gefgt hat, stellt er seine Ausrstung zusammen, die er haben mu, um als Scha- mane fungieren zu knneii, und bittet Verwandte und Nachbarn, das Ntige auszufhren.

    Die jngere Schwester des Schamanen Wassili Michailowitsch Amasta- jew aus der aq Eoydu Sippe erzhlte uns folgende Einzelheiten ber die Her- stellung der Schamanenausrstung ihres Bruders: ))Es war am Flu Kara- Buren. Unsere Birkenrindenzelte waren damals dort aufgestellt. I m ganzen wohnten wir zu fnft dort, mein Bruder Wassili und ich, meine Schwester Maria, Alexej, der Mann meiner Schwester, und meine jngere Schwester Schura. Mein Bruder bat Marias Mann Alexej, ihm Trommel und Schlegel zu machen, und uns wiederum bat er, die ganze brige Ausrstung fr ihn anzufertigen. Ich, meine Schwester Maria und meine Tante, meines Vaters Schwester, machten den Anzug. Meines Vaters Schwester wohnte im Tal des Flusses Dshuglym. Einige Teile des Anzugs nhten wir zu Hause, das brige sollte meine Tante in ihrem Heim machen. Sie schnitt den Schamanen- mantel zu und nhte ihn, wir machten die Kopfbedeckung, die Stiefel und die Rollstreifen, die wir aus weiem und gelbem Stoff anfertigten. Ins- gesamt sollten es siebenundzwanzig Streifen sein. Mein Bruder erklrte alle Einzelheiten sehr genau, damit alles so werde, wie der Geist es haben wollte.

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  • Lcher und spannten dann das Fell mit einem einzigen langen

    J Lederriemen, der zwischen zwei Lchern um Pfosten und Quer- Stangen geschlungen wurde, in deii Rahnien (Abb. 8). Bei wasmem Wetter trocknete das Fell in einem Tag, sonst blieb es zwei Tage im Rahmen.

    Nachdem das Fell getrock- net war, nahm es eine Frau vom Rahmen herunter, breitete es auf dem Boden aus und kratzte die dnne Schicht (qyrtyg) auf der Fleischseite des Fells ab. Sie hielt das Fell mit dem Fu auf der Erde fest und zog die innere Schicht mit einem Schaber in der Form einer elliptischen hohlen Klinge (kdrgo) ab (Abb. 9 ) . Dann streute sie aus morschem Holz bereiteten Gerb- stoff auf die Innenseite des ge- suberten Fells. Spne von mor-

    Abb. 8. Zum Trocknen ausgespttnntes Fell schem Zedernholz ( i r ik ) wurden mit Wasser vermengt und auf die Fleischseite des Fells gestreut.

    Nun folgte das Falten des Fells; zuerst schlug man den Halsteil, dann die rechte und linke Seite um. So bekam das Fell die Form eines Recht- ecks. Das obere und untere Ende wurden nochmals umgeschlagen, wodurch kleinere Rechtecke entstanden, die wiederum in der Mitte gefaltet wurden (Abb. 10). So blieb das Fell vierundzwanzig Stunden liegen. Am nchsten Tag breitete die Frau es da,nn wieder auf dem Boden aus, trat auf das Schwanzende, hielt das andere Ende mit der linken Hand fest und entfernte mit dem Schaber (der diesmal die Form eines Dreiviertelmondes hatte - sy - s. Abb. 11) in ihrer Rechten, Zieh-oder Schiebbewegungen zum oder vom Krper ausfhrend, den Staub von dem morschen Holz. Wenn sie mit dieser Arbeit fertig war, begann sie mit einem anderen Werkzeug die Innenseite des Fells zu verdnnen. Sie drckte das Ende einer lngs gespaltenen Stange ( s u r y d ) fest in die Erde, damit es nicht rutsche, das andere Ende stemmte sie gegen ihren Leib. Dann breitet0 sie das Fell mit der Innenseite nach oben ber die Stange und klemmte das Ende zwischen Stange und Krper. Nun benutzte sie einen Schaber mit lnglicher Klinge (ydr) (Abb. 12), mit dem sie das Fell von oben nach unten schabte. Das machte sie so lange, bis das Fell vollstndig trocken war. Nun folgte das Ruchern des Fells nach verschiedenen, bei Tofa-Sippen blichen Methoden.

    Die Angehrigen der qara toydu Sippe nahmm zum Schamanenmantel drei Felle, die sie sackfrmig zusammennhten; dann gruben sie ein birnen-

  • frmiges Loch in die Erde, um des- sen runde Offnung herum schlugen sie sechs bis acht Pfosten konisch in die Erde und zndeten dann im Loch Tannenzapfen an, da sich diese nach der bei der qara6oyduSippeverbrei- teten Ansicht am besten zum Ru- chern eigneten. Konnten sie keine Tannenzapfen bekommen, nahmen sie morsches Lrchenholz. Die zu Sckenzusammengenhten drei Fel- le wurden ber die kegelfrmig auf- gestellten Pfosten gezogen, so da der Rauch nicht durch die Spalten entweichen konnte. Der Sack hing faltig, mit der ffnung aufder Erde aufliegend, ber den Pfosten. Das Ruchern dauerte ungefhr eine Stunde, die Felle bekamen eine gelbe Farbe und blieben immer weich(Abb~ 13). Damit war das Gerben beendet.

    Waren die Haare des Fells lnger als erwnscht, so wurden sie mit einer gewhnlichen Schere ge- stutzt, niemals aber ganz entfernt, Abb. 9. Fellschaben fkGrg6) zum Entfer- da die haarige Seite innen getragen """ der Hautoberschicht wurde und nicht zu sehen war.

    Auch die ~ d S i p p e belie das Haar an dem fr den Schamanenmantel bestimmten Fell, und rucherte die Felle, aber anders als es die qara %du Leute machten. Die ~d gruben drei kleine, einen Meter tiefe Lcher in Abstanden von ungefhr einem Meter nebeneinander in die Erde, steckten drei Stbe kegelfrmig ber jedes Loch und zogen die Felle, von denen jedes einzeln vorher der Lnge nach gefaltet und an der Lngsseite zusammengenht worden war, zum Ruchern ber den Kegel. Zum Ru- chern nahmen sie Kiefernzweige, die sich nach der bei der zag Sippe ver- breiteten Ansicht am besten dazu eigneten. Die zu Scken zusammengenh- ten Felle wurden im allgemeinen zwei Stunden ber dem Feuer geruchert (Abb. 14).

    Die Angehrigen der saryy ~d Sippe gruben drei Lcher von 30 cm Durchmesser, die sich nach unten verbreiterten. ober den Lchern befestig- ten sie kegelfrmig drei Stbe, ber die das Fell gezogen wurde, so da der Rauch nicht entweichen konnte. Zum Feuern nahmen sie morsches Lrchen- holz. Das Ruchern dauerte eine Stunde, whrend dieser Zeit wurden die Felle gelb.

    Nun konnte das Zuschneiden beginnen. Wie gesagt, wurden zu einem Mantel drei vollstndige, gegerbte Rentierfelle (d& gS) genommen. Aus dem einen schnitten sie die zwei Vorderteile des Mantels (talj'yr j'ary m r n a 'linkes Vorderteil' und 07 j'ary m r n a 'rechtes Vorderteil') zu (Abb. 15).

  • Abb. 10. Das Falten des mit morschen Holzkrmeln bestreuten Fells

    Das zweite Fell ergab den Rcken farasy) (Abb. 16) und das dritt? den Kragen ( j a ~ a q ) und die beiden rmel (taliyr jaryq hin 'linker Srmel' und oq jaryq hin 'rechter Arme]') (Abb. 17).

    Fr die Art, wie der zugeschnittene Mantel zusammengenht wurde, nehmen wir als Beispiel den Tofa-Schamanenmantel im Anthropolo- gischen und Ethnographischen Museum in Leningrad (MAE, Inv. Nr. 1480-17) (Abb. 18).

    Die rmel, das Brustteil und der Rcken des Mantels wurden mit Applikationen oder Stickereien geschmckt, die verschiedene Bedeutung

    hatten und mit Anhngseln ausStoff, Leder und Metall behngt.

    Rollenstreifen aus Stojjund Leder Die langen Troddeln an den

    Schamanenmnteln waren Rollen (manjaq) aus Baumwollstoff oder aus dem Fell zahmer Rentiere. von denen die Haare sorgfltig entfernt worden waren. Das verwendete Ma- terial war immer einfarbig: blau (kok), ge,lb (saryy), rot ( q y z ~ l ) oder wei (aq).

    V& dem Stoff- cder Lederzeug wurde ein Rechteck abgeschnitten, das 60-100 cm lang un8 20-25 cm breit war (Abb. 19a). An der Schmalseite wurden Einschnit,te gemacht, so da neun Streifen ent- standen (Abb. 19b). Die Enden

    Xbb. 1 1 . Sclitibcr zur Eiitfernung tler Holzkrmel (sy)

  • Abb. 14. Drei Rentierfelle werden einzeln geruchert >

    der Streifen wurden in ihrem unteren Ende abermals eingeschnitten, so da jeder Streifen neun Fransen hatte (Abb. 19c). Auf jeden der neun Streifen wurde ein Stck zusammengerolltes Tuch von gleicher Lnge gelegt, und dann nhte man die Streifen um diese Rolle lngsseits zusammen (Abh. 19d). So hingen von dem oben noch zusammenhngenden schmalen Band neun lange und dnne, unten neunmal gefranste St ,ra "h nen herab (Abb. 19e). Nun wurde das Tuchband, an dem die Strhnen hingen, ebenfalls zusammengerollt, ein zur Schlinge geformtes Stck Leder hinein- gesteckt und befestigt (A in Abb. 19f), darul nhte man das ganze zu einem Bndel zusammen. Jedes Bndel bestand immer aus neun Strhnen. Die dicke und kurze Rolle (say), von der die neun Strhnen ausgingen, hie m a n h ~ d z oder 'gerolltes Streifenbndel' (B auf Abb. 19f). Die einzelnen Strhnen manjaq oder 'gerollte Streifen' (C auf Abb. 19f) und die Fran- sen (salvar) am Ende der Strhnen hieen m a n j q s ~ oder 'Kopf der gerollten Streifen' (D auf Abb. 19f).

    Oft wurde ein Streifen von der weien Wamme eines zahmen Rentiers spiralartig um die einzelnen Strhnen genht (Abb. 20a). Manchmal nhte man verschiedenfarbige Stoffstcke schachbrettartig auf die einzelnen Strhnen (Abb. 20b); dann gab es noch Streifen, die auch in der Mitte eine Quaste hatten (Abb. 20c).

    Der Mantel eines Schamanen war mit solchen Rollenstreifen von ver- schiedener Lnge und Farbe und in unbestimmter Zahl versehen. Nicht einmal die Art der Befestigung am Mantel war immer dieselbe. An manchen

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  • Schamanenmnteln waren die Quasten angenht, bei anderen wiederum wurden sie an Haken an den Mantel gehngt, und zwar nur fr die Zeit der Schamanenhandlung (Abb. 21).

    Metallanhngsel

    Der Schamanenmantel war mit allerlei Metallanhngseln geschmckt: gebogenen Metallstbchen (an denen Zapfen und Pfeile aus Metall hingen), Scheiben und Glocken; letztere wurden fertig gekauft, die brigen selbst. angefertigt.

    Die Anfertiger solcher Metallanhngsel kauften gewhnlicli einen neuen Kessel, der ihnen das Material lieferte, das auf diese Weise am leich- testen zu beschaffen war.

    Der Henkel des Kessels lieferte die gebogenen Metallstbchen, und aus dem Kessel selbst wurden Plttchen in elliptischer, dreieckiger oder trapezoider Form herausgeschnitten und mit einem spitzen Eisenstck punziert und gelocht.

    Die 'Metallzapfen und Pfeile fertigte man aus Blech und rollte die lnglich geschnittenen Stcke zu einem Trichter (Abb. 22a). Auch die Pfeile machte man aus hnlichen lnglichen Stcken; aus einer der Schmalseiten entstand durch zwei gleichlange Einschnitte rechts und links ein auf die Spitze gestelltes, oben abgeflachtes Viereck, das brige wurde dann zu einen1 Schaft zusammengerollt, oben umgebogen, und der Pfeil war fertig (Abb. 22b). >

    Ahb. 18. Zusammensetzen des zugeschnittenen Schamanenmantels

  • Abb. 19.' Anfertigung der gerollten StreXen (mn jaq ) (a, b, C, d, e, f )

    Die Kopfbedeckung Die Kopfbedeckungen der Tofa-Schamanen sind sowohl im Schnitt

    wie auch in der Ausschmckung von erstaunlicher Abwechslung. In bezug auf den Schnitt lassen sich drei Typen unterscheiden: das

    Stirnband, die Mtze und die Krone. Das Stirnband ist die am weitesten verbreitete Kopfbedeckung, die beiden anderen Typen sind nur durch wenige seltene Stcke vertreten.

    Wahrend meines Aufenthaltes bei den Tofa wurde ich mit Frauen bekannt, die wuten, wie Stirnbnder angefertigt wurden. Auf meine

  • Bitte nhten sie zwei Kopfbedeckiin- gen, und wir konnten den Arbeits- proze in allen Einzelheiten beobachten und photographieren.

    Maria Michailowna Adamowa aus der aq Goydu Sippe machte ein gefie- dertes Stirnband auf folgende Weise: Sie schnitt zwei Rechtecke von gleicher Gre zu, eins aus weier Leinwand, das andere aus dunkelgrauem Zeug, 60 cm lang, 18 cm breit. Die Lngssei- ten legte sie aufeinander und nhte sie mit Baumwollzwirn zusammen. Dann drehte sie das Stck um, so da der Saum nach innen kam (Abb. 23) und nhte nun die beiden Stcke an den brigen drei Seiten ebenfalls zusammen. Das weie Zeug war die Auenseite, das dunkle, festere sollte das Stirnband nur haltbarer ma- chen. Als das getan war, stickte sie ein menschliches Gesicht auf die weie Leinwand, wozu sie das lange weie Wammenhaar eines zahmen Rentiers verwendete. Sie nahm zehn oder fnf- zehn Rentierhaare zwischen die Finger, benetzte sie mit den Lippen, legte sie auf das' Band und nhte sie mit weiem Zwirn und etwa halbzentime- terlangen Stichen ab. Dann brachte sie an beiden Enden des Stirnbandes drei Bnder an (Abb. 24). In den oberen Rand steckte sie Federn.

    Ich sah auch, wie die Kopfbedek- kung des Schamanen Wassili Michailo- witsch Amastajew ausder aq h y d u Sippe gemacht wurde. Auf mein Verlangen machte die jngere Schwester des Scha- manen, die seinerzeit das gefiederte

    I Stirnband fr ihn genht hatte, dasselbe noch einmal in der gleichen Weise nach.

    I Abb. 20. Verschiedene Arten Rollenstreifen: manj'aq CL) mit Rentierfell in Spiralen

    - b ) mit Stoffstckchen in Schachbrettmuster

    C) mit Pn~nsen in der Mitte verziert

  • Abb. 22. Anfertigung der Metallanhngsel: a) Trichter, b ) Pfeil

    Bevor sie ans Werk ging, suchte sie alles Notwendige zusammen: weies Baumwollzeug, dunkelblauen Wollstoff, gelbe Seide, weie und rote Baumwollfden, schwarzen Klott, ein Bndel Rentierfell, ein Eichhrnchen- fcll, einen Auerhahnflgel und natrlich Nhzeug. Zuerst schnitt sie aus dem weien Baumwollstoff und dann ein genauso groes (52 cm lang, 11 cm breit) Stck aus dem dunkelblauen Stoff zu, legtedie Stcke bereinan- der und nhte sie ringsum zusammen. Dann legte sie das Stck der Lnge nach ber ihr Knie, die dunkelblaue Seite, hier die Auenseite, nach oben. Sie ri etwa zehn oder fnfzehn Haare aus dem Rentierfell heraus, befeuch- tete das Bndel mehrere Male mit den Lippen, drckte die Enden der Haare, did nun, weil sie feucht waren, aneinander hafteten, auf den Stoff und nhte sie mit etwa halb~entimeterlan~en Stichen auf den Stoff. WO die

  • Stiche die Rentierhaare zusammenhielten, verengte sich das Bschel natr- lich, und es machte den Eindruck von aufgereihten lnglichen Perlen. Sie bildete aus den weien Haaren ein stilisiertes menschliches Gesicht. Whrend sie arbeitete, trockneten die Haare und lsten sich wieder voneinander. Sie befeuchtete sie immer wieder mit den Lippen und fuhr dann erst mit dem Aufnhen der Rentierhaarbschel fort.

    Als sie mit dem Gesicht fertig war, nhte sie drei Perlmutterknpfe an das linke Ende des Stirnbandes. Sie fhrte das Garn so durch die Knopf- lcher, da sich ein Quadrat ergab. An das rechte Ende des Stirnbandes kamen drei Schlingen aus Garn, die zum Zuknpfen dienten. Nun nahm sie gelbe Seide, roten Baumwollstoff und schwarzen Stoff zur Hand und schnitt von jedem einen 1 m langen und 8 cm breiten Streifen ab, faltete jeden Streifen einzeln in der Mitte und nhte die Kanten zusammen. Die auf diese Weise erhaltenen Bnder nhte sie hinten an die untere Kante des Stirnbandes an. Links das schwarze, in der Mitte das gelbe und rechts das rote Band. Nun machte sie noch kurze Bnder. Sie schnitt von dem schwar- zen Stoff und von der gelben Seide je zwei lange Streifen und von dem weien und roten Zeug je einen 20 cm langen und 3 cm breiten Streifen ab. Sie schnitt die schmalen Enden des gelben und roten Streifens ein, um Fransen zu bekommen, rollte sie dann der Lnge nach zylindrisch zusammen und nhte die Enden ab, damit sich die Rolle nicht auflse. Die Rolle hatte

    b. 23. Wie ein Gcliamanenstirnbanri mit Feclei.schmuc1~ genht wird

  • unten eine Quaste, da das Ende eingeschnitten worden war. Von dem weien und dem schwarzen Stoff machte sie weder eine Quaste noch eine Rolle, sondern schnitt von dem schwarzen Stoff drei Stcke mit gleicher Lnge ab, rollte sie zusammen und wickelte das weie Stck und die drei schwarzen lnglichen Stcke rund herum. Nun nhte sie auch davon die Enden ab, damit die Rollen nicht aufgingen. Dann schnitt sie einen 3 cm breiten und 8 cm langen Streifen vom weien Zeug und von dem schwarzen Stoff einen 3 cm breiten und 16 cm langen Streifen ab, machte an beiden Lngsseiten einen Einschnitt, schnitt Streifen; die rollte sie nun zusammen und nhte sie an die Enden der drei Rollen an, die sie vorher angefertigt hatte, indem sie das Weie an das Weie und das Schwarze an das Schwarze ansetzte. Jetzt nhte sie die fertigen Bnder rechts und links an die untere Kante des Stirnbandes, und zwar, vom Betrachter aus gesehen, von links nach rechts in folgender Reihenfolge: links -rot, wei, schwarz; rechts - schwarz, gelb, gelb. Nun schnitt sie das Eichhrnchenfell in 2 cm breite Streifen und fate damit alle vier Seiten des Stirnbandes ein. Damit fertig, ri sie aus dem Auerhahnflgel neun Federn aus und steckte sie in regel- migen Abstnden in die Nhte der Felleinfassung, und als sie in der Mitte noch eine lange Flaumfeder angebracht hatte, war das Stirnband fertig.

    Nach Aussage der Tofa haben die Farben und die Breite der drei langen Bnder (c'alasy) am Stirnband symbolische Bedeutung. Wassili Michailowitsch Amastajew aus der aq Goydu Sippe sagte ber die Bnder am Kopfputz folgendes:

    ))Michail war ein Waisenkind, eine Tante zog ihn auf. Als er achtzehn Jahre war, begann er zu schamanisier,en. Er sang Lieder, Schamanenlieder, und da fragte ihn seine Tante: Was heit das? Du willst wohl Rentierblut haben und fngst darum an zu schamanisieren?(< Aber sie gab ihm kein Rentierblut. ))Verlange von den Reichen Blut! (( Michail ging zu den reichen Leuten, aber sie verweigerten ihm das Rentierblut. Dann bat er um rotes Tuch fr das Band am Schamanenkopfputz. Auch das bekam er nicht. *Wozu brauchst du rotes Tuch? Willst du vielleicht einen oik (Birken- rindentr des Zeltes) daraus machen?(( Dann begann er wieder zu schama- nisieren. Er lehnte den Kopf an einen Rentiersattel, breitete das Fell eines noch nicht ein Jahr alten Moschustiers unter sich aus, und schlief darauf. Dabei sang er stndig Schamanenlieder. Aber es drngte ihn immer seltener zu singen und nach und nach hrte er zu schamanisieren auf. Dann heiratete er und hatte zwlf Kinder, elf Tchter und einen Sohn, Wassili. Als Wassili das Alter von achtzehn Jahren erreichte, begann auch er zu schamanisieren. Die Eltern waren berrascht, da auch der Vater im selben Alter zu schamanisieren begonnen hatte. Wassili verlangte kein Blut. Er brauchte keines, weil es seinem Vater seiner Zeit verweigert worden war. Als sein Kopfputz fertig wurde, war nur ein einziges, sehr dnnes rotes Band darauf, und zwar darum, weil es nur sein eigenes Blut hatte. Das lange und breite Band an Wassilis Kopfbedeckung war gelb. Der Kopfputz der Schamanen anderer Sippen hatte gewhnlich ein laenges, brites, rotes Band, es waren reiche Sippen, die ihren Schamanen viel Rentierblut geben konnten. (c

  • Abb. 24. Wie ein Schamnnenstirnband mit Federschmuck genhht wird

    Die Pubekleidung Die Schamanenstiefel wurden aus einem ganzen gegerbten Fell

    , genht, der rechte von der einen, der linke von der anderen Hlfte. Jeder ' Stiefel setzte sich aus drei Teilen zusammen: aus dem Schaft, der besonders

    zugeschnitten wurde (inTk ~anjasa) , dem 'Oberteil ( k i k b ~ ) und der - Sohle (olduv) (Abb. 25). Der Schaft war vorn und an beiden Seiten entweder

    mit einem Streifen aus Baumwollstoff oder mit einem Streifen vom langen 1 Haar eines zahmen Rentiers eingesumt. Streifen von demselben Material

    waren auch auf dem Oberteil angebracht. Oft wurde ein langes, dnnes Eisenblech an der Auenseite der Stiefel befesti~t.

    I Die Trommel I Der Schamane behauptet, von den Geistern zu erfahren, aus welchem i Holz der Rahmen seiner Trommel gemacht ,und mit welchem Fell die

  • Abb. 25. Schnitt der Schamanenstiefel

    Trommel bespannt werden solle. Die Schamanentrommel (wz i r ) ist mehr oder weniger rund und wurde in verschiedenen Gren angefertigt. Schama- nen hatten grere Trommeln (mit einem Durchmesser von 80 bis 95 Cm), die Schamaninnen kleinere (60 bis 70 Cm). Der Reifen (&@T hif) wurde aus Tannenholz (Mi 'Pinus dies'), Zedernholz (szig'pinus cedrus') oder aus harzi em Kiefernholz ( q a ~ y 'Pinus syluestris') gemacht, der Griff aus Zedern-, ke fe rn - oder Birkenholz (qa~yq 'BetuZu frut(oosa'), die beiden Querstangen (~zimzindmlk und qu~urya) ebenfalls aus Zedern-, Kiefern- oder Birkenholz. Die Tofa-Trommeln hatten rings um die Auen- seite der Reifen neun, zwlf oder einundzwanzig Resonatoren (xdaq). Die Resonatoren waren gewhnlich aus verschiedenen Holzarten wie Zedern, Lrchen ( ~ y t 'Pinus Zurys'), Tannen, Fichten (Eojyan 'Abbs pectinaia'), harzigen Kiefern, Birken, Weipappeln (ujyut), Weiden (qaty sdskli 'Sdix'), Rainweiden (numurut 'ligustrum vulgaris') und Ebereschen (rgus 'Sorbus aucuparia'). Der Reifen war mit Fell vom Hirsch (saryy aay

    'Cervus elaphus'), der Wildziege ( W ) , vom Reh, rotem Pferd (qyzyl cSt), Rind (grauen oder schwarzem Bullen) bespannt.

    Der Schamane wandte sich an Fachleute, von denen er sich seine Trommel machen lie, ungeachtet ob der Betreffende ein Verwandter oder ein Fremder war. Die Tofa sagten, Wassili Nikolajewitsch Adamow, Semjon Innokentyjewitsch Mochajew und Alesej Kojtowitsch Ungustajew seien gute Trommelmacher gewesen. Im allgemeinen wurde die Trommel zu Hause angefertigt, selten kam es vor, da sie an dem Ort, wo der Baum gefllt worden war, geschnitzt und zusammengesetzt wurde. Die Trommel von Innokenty Nikolajewitsch Adamow aus der aq +du Sippe haben sie an dem Ort, wo sie das Holz fr den Reifen gefunden hatten, gefertigt.

    )>Der erste Schritt, eine Trommel zu machen((, erklrte der Schamane Kokujew von der aq Eoydu Sippe, swar, die Resonatoren zu schnitzen. Als meine Trommel gemacht wurde, wohnte ich am FlqB Aganit. Neben meinem Zelt standen vier oder fnf andere. Die Manner aus allen Zelten halfen mit beim Trommelmachen. Immer gibt der Schamane die Anweisung, aus welchem Holz die Trommel und die Resonatoren gemacht werden sollen. Meine Trommel wurde aus drei verschiedenen Holzarten gemacht, aus

  • Zedern-, Tannen- und Lrchenholz, und zwar darum, weil ich, bevor ich Schamane wurde, gesungen habe, und ich sang davon, da man sieben Zedern-, sieben Tannen- lind sieben Lrchenresonatoren zu meiner Trommel nehmen solle. Aus diesem Grunde holte mein erster Nachbar Zedernholz, der zweite Tannenholz und der dritte Lrchenholz.

    Die Bume wurden gefllt. Aus ihren etwa 10 bis 12 cm dicken Stmmen brachte jeder nur so viel Holz nach Hause, wie ntig war, um daraus sieben Resonatoren zu machen. Derselbe Mann, der das Holz geholt hatte, schnitzte auch die sieben Resonatoren. Das Anfertigen der Resonato- ren dauerte zwei Tage; einen Tag dauerte es, den Baum zu finden und zu fllen und das Holz nach Hause zu bringen, den zweiten Tag brauchte man, um dreimal sieben Resonatoren zu schnitzen.((

    Der Mann, der die Resonatoren machte, hackte aus einem Baumstamm zylindrische Stcke in der richtigen Gre heraus und bearbeitete dann die einzelnen Stcke. Zuerst machte er mit dem Beil zwei V-frmige Einschnitte in das Holz (Abb. 26a). Dann arbeitete er mit dem Messer weiter, stumpfte die Kanten der Zhne (der Resonatorenkpfe) ab und rundete den keilfrmi- gen Einschnitt zu einem Bogen ab (Abb. 26b). Nun drehte er den Resonator um und schnitzte die untere Wlbung hinein (Abh. 26c). Danach schnitzte er die Seiten, bis sie dnn genug waren. Schlielich machte er einen senk- rechten Einschnitt in jeden der drei Kpfe (Abb. 26d). Im Durchschnitt sind die Resonatoren 13 cm lang, am Fu 2,5 cm im Durchmesser und 4 cm hoch.

    Waren die Resonatoren fertig, gingen drei Leute in den Wald, um das Holz fr den Rahmen zu holen.

    Der Schamane Kokujew beschreibt das Weitere: ,In meinem Fall trug es sich so zu. Ich hatte auch davon gesungen.

    Ich hatte gesagt, auf der Spitze des stik tay-Berges msse eine Zeder sein, aus der der Reifen meiner Trommel gemacht werden solle. Als ich die Trommel machen lassen wollte, zog ich mit zwei Mnnern aus, um das Holz zu holen. Wir bestiegen den stik tay-Berg und fanden auch oben auf dem Gipfel die Zeder, die wir suchten. Ich zeigte auf die Zeder und sagte: Das ist sie ! Meine Kameraden schnitten ein Stck aus dem Baumstamm heraus, da der Baum, der das Holz fr den Reifen einer Schamanentrommel her- geben soll, nicht gefllt werden darf. Wird der Baum gefllt, d. h. vernichtet, so mu der Schamane sterben. Darum schneiden sie nur ein Stck aus dem Stamm heraus, so da der Baum weiterleben kann (Abb. 27). Geht der Baum aus irgend einem Grunde ein, er kann austrocknen oder vom Sturm umgelegt werden, so mu der Schamane auch sterben.((

    So wie die Angehrigen der aq Eoydu Sippe, verfuhren auch die der ~ a g , der saryy X&, der 6ptj und der qara Eoydu Sippen bei der Beschaffung des bentigten Holzes. Auch das Holz zum Trommelreifen der Schamanin Alexandra Nikolajewna wurde auf eben diese Weise aus dem Stamm herausgeschnitten, so da der Baum weiterleben konnte. Zuerst wurden oben und unten Einschnitte mit dem Beil (szig) gemacht, dann wurden lngsseits Keile eingetrieben, damit ein Segment herausgeschnitten werden knne.

    Der Schamane Kokujew von der aq bydu Sippe fuhr fort: oDas herausgeschnittene Stck Holz trugen zwei Mnner nach Hause und

  • Abb. 27. Das Holz zum Trommelrahmen wird aus dem lebenden Baum herausgeschnitten

    hingen es zum Trocknen in meinem Zelt auf. Es sollte nur ein wenig getrock- net werden. Um die beiden Enden wurden Riemen geschlungen und dann wurde das Stck an den Pfosten des Zeltes gegenber der Tr aufgehngt. Dort blieb es drei Tage. In diesen drei Tagen trocknete das Fell fr die Trommel im Zelt des Jgers. Am vierten Tage begannen sie mit der An- fertigung des Reifens.Sehnen(< (sir) gemacht werden, d. h. die zwei schmalen Streifen aus Holzbast, die rings um den oberen und unteren Rand des Reifens laufen. Auch das Tan- nenholz wurde zum Trocknen an die Zeltpfosten gehngt.

    Whrend der Schamane und seine zwei Gefhrten Holz fr den Rahmen suchten, gingen zwei andere Mnner, um Material fr den Griff und die Querstange zu suchen. Hierber sagte der Schamane Kokujew: ))Fr den Griff meiner Trommel brauchte ich Zedernholz und fr die zwei Querstangen Weipappelholz. Wieder war ich es, der den Leuten sagte, was fr Holz fr diese Teile ntig war.@

    Die Bume, aus denen das Holz fr Griff und Querstange gewonnen werden sollte, wurden genauso gefllt wie die Bume, die das Holz zu den

  • Resonatoren hergaben. Smtliche Holzstcke wurden waagerecht zuni Trocknen im Zelt aufgehngt. Links oben hing die Tanne fr die )>Sehnen(( und darunter die Zeder, aus der der Reifen gemacht werden sollte, auf der rechten Seite die Zeder fr den Griff und darunter die Pappel fr die zwei Querstangen. Diese beiden letzteren Holzstcke waren zylindrisch, da der ganze Stamm gefllt, und nicht nur ein Segment herausgeschnitten worden war; diese Bume durften vernichtet werden. Alles Holz blieb vier Tage zum Trocknen im Zelt.

    Am selben Tag, wie die Holzsucher, ging auch der Jiiger hinaus, um das Tier zu erlegen, dessen Fell um den Reifen gespannt werden sollte. Schamane Kokujew von der aq Eoydu Sippe sagte hierzu: ))Bevor ich Schamane wurde, war ich krank. Ich begann zu singen, wute aber nichts davon. Meine Verwandten, die mit mir lebten, verstanden, was ich sang. Ich sang vom Flu Nercha in den Bergen und von einem anderen Flu, dem Tottyyoj, mit dem er sich irgendwo vereinigte, und an dessen Oberlauf ein Hirsch lebte, aus dessen Pell meine Trommel werden sollte. Daraufhin ging ein Jriger zum Oberlauf des Tottyyoj, um das Wild zu schieen. Das ist ganz leicht, wenn der Jger auszieht, kommt ihm das Tier von selbst entgegen. Der Jger erlegte den Hirsch und zog ihm sogleich das Fell ab. Das Fleisch schnitt er in Stcke, lie es aber dort liegen, ging nach Hause und holte ein Rentier zum Tragen der Last. Er ging mit drei Rentieren zurck, belud sie mit dem Fell und dem Fleisch und kam wieder nach Hause. Das Fleisch des Hirsches wurde im Zelt des Jgers gekocht, alle Nachbarn wurden dazu eingeladen, und sie verzehrten es gemeinsam. Ich a auch davon. Whrend das Fleisch kochte, begann der JQer das Fell zu trocknen. Er brachte es in sein Zelt und streckte es, indem er es mit Riemen an die Zeltpfosten gegenber der Tr band. So blieb das Fell drei Tage hngen. Am dritten Tag nahm er es herunter und gab es jenen, die fr mich die Trommel machen sollten. Ein Schamane bekam das Fell fr seine Trommel gewhnlich unent- geltlich von dem Jger. Die Trommelmacher legten das Fell in heies Wasser und lieen es einen Tag lang weichen. Dann nahmen sie es heraus und schabten die Haare ab. Das machten sie mit einem gewhnlichen Messer (siSlc). Zu dieser Arbeit setzte sich der Mann auf die Erde, legte das Fell mit Haaren nach auen auf seine linke Schulter, so da ein Teil ber seine Knie herabhing, und nun reinigte er mit einem scharfen Messer immer das Fellstck, das auf seinem Knie lag. Die fleischige Seite des Fells rhrte er nicht an, die sollte bleiben, wie sie war, sonst wrde spter die Trommel nicht gut klingen und das Fell vom starken Schlagen beschdigt werden.

  • Abb. 28. Ausschneiden des runden Fellstcks, mit dem die Trommel bespannt wird

    Das Fell fr die Trommeln der Schamanen aus den x d , saryy x d u n d Zpt j Sippen wurde auf gleiche Weise zubereitet.

    Am vierten Tagen wurde die Trommel gemacht. Aus einem Segment, das im Zelt getrocknet war, wurde der Reifen herausgeschnitten, aus einem anderen die zwei ,Sehnen

  • Abb. 30. Biegen des Tromrnehifens Erde gerammten Pflockpaaren

    zwischen im Kreis in die

    Beim Anfertigen der Trommel fr die Schamanin Alexandra Andala- jewna, der Frau des Schamanen Schipkejew aus der qara &ydu Sippe, wurde zuerst das aus dem Stamm herausgeschnittene Segment fr den Reifen mit der Axt zurechtgespalten, d. h. zu einem dnnen Brett geformt und mit einem Hobel (qu) geglttet. Der Hobel war ein gewlbtes elliptisches Stck Holz mit einer langen Spalte in der Mitte, in der ein gewhnliches Messer steckte. Sobald das Brett dnn genug war, begann man damit, es kreisfrmig zu biegen. Das geschah mit Hilfe eines eigens zu diesem Zweck angefertigten Gertes. In der Nghe des Zeltes wurde ein Baum so gefllt, da sein Stumpf etwa in Hfthhe stehenblieb. In diesen Stumpf schnitt man eine U-frmige Vertiefung ein, etwa zweimal so breit wie die Dicke des Reifenbrettes und so tief, wie der Reifen hoch sein sollte. Nun steckten sie ein Ende des Brettes in den Spalt, bogen dann das Brett um den Stamm herum und schoben auch das andere Ende in den Spalt, so da zu beiden Seiten des Baumstumpfes die Enden des Brettes berstanden, das eine innen, das andere auen. An der Stelle, wo die Enden auer- halb des Baumspaltes auf den Reifen trafen, bohrten sie je drei Lcher durch die bereinanderliegendeh Schichten. Durch diese Lcher wur- den Lederriemen gezogen, verknotet, und der Trommelrahmen war fertig (Abb. 29).

  • Abb. 31. Biegen des Trommelmhmens um einen Kreis in die Erde gerammter Pflcke

    Die saryy X&-Leute machten es anders. Sie zogen einen Kreis auf dem Boden und sclilugen an einer Stelle des Kreises einen Pflock (brgn) in die Erde, stellten das Reifenbrett hochkant auen neben den Pflock und schlugen daneben noch einen Pflock ein, so da das Brett eingeklemmt war. Eine Handbreit weiter wurde wieder ein Pflock auf der Innenseite der Kreis- linie eingeschlagen, das Brett darum gebogen und durch einen Pflock auerhalb der Kreislinie festgeklemmt. Es wurde also immer zuerst der Pflock innerhalb des Kreises eingerammt, das Brett um ihn gebogen und dann durch einen auen eingerammten Pflock an den inneren gepret, bis der Reifen rund war und die beiden Enden bereinanderreichten, die durch je zwei innen und auen eingerammte, oberhalb und unterhalb des Reifens fest zusammengebunde Pflcke fixiert wurden. In die einander deckenden Enden des Reifens wurden je drei Lcher in vertikaler Linie gebohrt, durch diese Lcher Riemen gezogen und die Riemen fest verknotet. Der Reifen war nun rund und hielt zusammen (Abb. 30).

    Bei der Herstellung der Trommel fr den xaJ-Schamanen wurden 9 oder 12 Pflcke im Kreis in die Erde gerammt. Da die Trommel eines Schamanen grer war als die einer Schamanin, waren fr erstere 12, fr letztere 9 Pflcke ntig. Der Trommelmacher sttzte die Mitte des noch graden Brettes von auen gegen den ihm gegenberstehenden Pflock,

  • Abb. 32. Biegen des Trommeireifens um Pflclte mit Hilfe von auen eingerammten weiteren

    U Pflcken "

    ---------

    fate beide Enden des Brettes zugleich an und bog es rings um die Pflcke. Reichten die beiden Enden des Reifens bereinander, so drckte er sie zunchst mit den Beinen gegen den nchsten Pflock im Kreis und klemmte sie dann in eine Holzzange (qysyp qqdar), einen zylindrischen Holzklotz mit U-frmigem Einschnitt. Dieser Einschnitt war etwas mehr als zweimal so breit wie das Reifenbrett dick war und hatte eine der Breite

    des Reifens entsprechende Hhe. Die durch die Holzzange zusammenge- preten Enden des Reifens wurden durchbohrt und mit Lederriemen zusam mengebunden (Abb. 3 1).

    Die Angehrigen der qara Eoydu Sippe zogen einen Kreis auf der Erde, so gro wie die Trommel sein sollte. Dann rammten sie auf der Kreislinie in einer Entfernung von etwa 15 bis 20 cm Pflcke in die Erde. J e nher die Pflcke standen, um- so leichter war das Biegen des Reifenbrettes. Sie stellten das Brett auen an einen der Pflcke und schlugen hinter dem Brett einen zweiten Pflock in die Erde und bogen nun Schritt fr Schritt das Brett um die Pflcke, immer hinter'dem Brett, also gegenber dem inneren noch einen Pflock in die Erde rammend. War der Kreis geschlossen, entfernten sie die ersten beiden ueren Pflcke, legten die Reifenenden dicht bereinander, die dann durch zwei neue uere Pflcke festgehalten wurden. Die bereinanderlieg'enden Enden wurden an je drei Stellen durch- bohrt und zusammengebunden. Damit war das Riegen des Rsifens voll- zogen (Abb. 32).

    Fr Andalajewna, die Frau des qara Eoydu Schamanen Schipkejew, bog man den Reifen um ein besonderes Gert. Zwei Bretter in der Breite des Reifens wurden hochkant auf die Erde gestellt. Quer zwischen diese Bretter legte man zwei runde Stbe, damit die richtige Entfernung gesichert sei. Um dieses Gestell herum bogen sie dann den Reifen, dessen aufeinander-

  • treffende Enden zunchst durch je zwei, auen und innen in die Erde gerammte Pflcke zusammengehalten wurden. Nun bohrten sie je drei Lcher in die Enden und banden den Reifen mit dnnen Riemen zu- sammen; die Pflcke konnten entfernt werden, der Reifen behielt seine Kreisform (Abb. 33).

    Whrend des Biegens des Reifens fertigten andere Angehrige das brige Zubehr zur Trommel an. Wie wir wissen, wurde das Holz zu den zwei )Sehnen(( der Trommel des aq Eoydu-Schamanen Kokujew aus dnnen Tannenstmmen herausgeschnitten. Der Klotz mute zuerst mit dem Beil, und wenn er dnn genug war, mit einem Messer weiter bearbeitet werden, bis eine 2 bis 3 mm dnne Holzplatte entstanden war, die der Lnge nach in zwei gleiche Stcke gespalten werden sollte. Zuvor ritzte man mit einem Messer eine dnne Linie durch die Mitte der langen Holzplatte, damit die Spaltung gerade ausfalle; nach dieser Vorbereitung lie sie sich mit dem Messer leicht entzweischneiden. Der ganze Arbeitsproze fand auf dem har- ten Boden des Zeltes statt, wo die zwei Holzstreifen nach Fertigstellung liegen blieben.

    Die beiden )>Sehnen(( fr die Trommel der Schamanin Andalajewna waren aus demselben Holz wie der Reifen gemacht worden. Zwei Streifen, beide etwa zwei Finger breit, waren von dem fr den Reifen bestimmten Holz abgespaltet worden.

    Die Griffe zu den Trommeln der Tofa-Schamanen wurden von einer anderen Person hergestellt. Der Griffmacher mute sich zuerst aus

    Abb. 33. Biegen des Trommelreifens um ein aus vier Holzstcken bestehendes Gestell

  • einem Holzklotz mit der Axt ein Brett hauen. Das glttete er dann mit einem Messer, schnitzte Zinken an beiden Enden, machte das Brett in der Mitte dnner, rundete es und versah den oberen Teil mit zwei, den unteren Teil mit einem, manchmal auch diesen mit zwei lnglichen Einschnitten. Dann bohrte er mit einem glhend gemachten spitzen Eisen (Izi~zZgj) ein rundes Loch ber den zwei Schlitzen im Oberteil (Abb. 34a).

    Ein dritter Mann machte die obere und untere Querstange ~zimzindrzlk und puturya, die beide aus zwei Teilen bestanden. Ein runder Klotz wurde der Lnge nach in zwei Hlften und diese noch einmal gespalten. Der Mann formte die vier Stcke zuerst mit einem Beil zu eckigen Kltzen und glttete sie dann mit einem Messer. Schlielich schnitzte er an beiden Enden von allen vier Kltzen hervorstehende Zinken (uJu) in der bentigten Gre (Abb. 34b).

    Der nchste Schritt war die Zusammensetzung der Trommel. Das besorgte ein in dieser Arbeit gebter alter Mann. Zuerst befestigte er die zwei )>Sehnen(Sehne(( auf den Boden, setzte die untere Kante des Reifens an deren Ende an, prete sie mit dem Daumen gegen die Kante und rollte den Reifen an der )>Sehne(( entlang; dann schob er die beiden )>SehnenendenSehne(( wurde auf die gleiche Weise am Reifen befestigt.

    Saen die zwei ,>Sehnenu am Reifen, so schnitt der Mann mit einem Messer Offnungen (tutuq) in den Reifen fr die obere und untere Zinke des Griffes. Hatte er den Griff eingefgt, setzteer den rechten und linken Teil der oberen Querstange zwischen Griff und Reifen ein. Auch die Enden der Querstcke hatten Zinken fr die ffnungen im Reifen und in der rechten und linken Seite des Griffes. Der Meister fhrte erst die rechte und dann die linke obere Querstange ein und dann genauso die unteren Querstangen.

    Unterdessen machte ein anderer Mann die ))Ohren(( (qulap). Er bog zwei dnne Metallstbchen in U-Form und hmmerte die Enden spitz. Dann bohrte er rechts und links von dem Griff in entsprechender Entfernung zwei Lcher in den Reifen und steckte die Enden der nOhren(c durch die Lcher, bog sie um und schlug mit dem Hammer die Enden in den Reifen.

    Waren die )>Ohren(( angebracht, so folgte die Anfertigung der >>Ohr- ringe(< (syrya), die den Metallzapfen am Schamanenmantel hnlich waren und ebenfalls aus einem lnglichen Stck Blech zusammengerollt wurden. Jedes ))OhrSehnenu fest angezogen und zusammengebun- den. Auf hnliche Weise verfuhr man mit den unteren Kpfen der Resona- toren. Sobald die Resonatoren fest am Reifen saen, konnte man den

  • Riemen, der sie whrend der Arbeit zusammengehalten hatte, entfernen. Schlielich wurde die )>Sehne(( auch durch die keilfrmigen Einschnitte der mittleren Resonatorenkpfe gezogen.

    Als nchster Schritt folgte das Spannen des Fells ber den Reifen. Mit einem glhenden spitzen Eisen wurden in etwa 5 cm Entfernung Lcher in den oberen Rand des Reifens gebohrt und das Fell mit der haarigen Seite nach oben ber den Reifen gelegt, und zwar so ausgemessen, da das Fell die ganze Auenseite des Reifens samt Resonatoren bedeckte und

    Abb. 34. Griff der Trommel (8) und die obere und untere Querstnnge (b), jede aus zwei Stclten bestehend

    um die untere Kante des Reifens geschlagen werden konnte, so da dann noch ein Saum von 1,5 bis 2 cm blieb. Das brige Fell wurde ringsherum mit einem Messer abgeschnitten.

    Nun nhte man das Fell mit einer sRentiersehnec(, die in eine primitive, grosige Nadel eingefdelt war, durch die in den Rahmen gebohrten Lcher an. Hierbei wurde das Fell noch nicht straff gezogen, sondern blieb noch ziemlich locker.

    ))Mit dieser Arbeit war der Tag zu Ende. Am nchsten Tag begann das Trocknen der Trommel. Meine Trommel war in fnf Stunden trocken

  • etwa 30 bis 40 cm langes, rundes Stck Holz mit einem Durchmesser von etwa 4 bis 5 cm wurde ein paar Fingerbreit unterhalb des einen rundherum eingekerbt (Abb. 35b) und mit djeser verdnnten Stelle senkrecht an die Mitte des Trommelgriffes angelegt; der Klotz mit der Vertiefung wurde daran geschoben, so da die eingekerbte Stelle des runden Stck Holzes genau zwischen Klotz und Griff festsa. Nun wurde der Klotz mit einem Strick oben und unten am Griff festgebunden (Abb. 35c). Dann schlug

    Abb. 35. Bereitung eines Schaftes zum Trocknen der Trommel (8, b, C)

  • Inan einen Pfosten in den Boden des Zeltes, etwa 30 bis 35 cm von der Feuer- stelle entfernt; an diesen Pfosten wurde das runde Stck Holz, an dem die Trommel jetzt hing, ange- bunden (Abb. 36), das Feuer angezndet und die Trom- mel etwa anderthalb bis zwei Stunden darber gedreht.

    Auf hnliche Weise wurde die Schamanentrom- mel bei der saryy xaJSippe getrocknet. An den Griff der Trommel des Schamanen Kokujew aus der aq Eoydu Sippe wurden die beiden Enden eines biegsamen Zwei- ges gebunden, der auf diese Weise eine Schlinge bildete, durch die eine horizontal ber dem Feuer angebrachte Stange gesteckt wurde, um die die Trommel rasch mit dem Finger gedreht werden Abb. 36. Trocknen der Trommel konnte. Das Feuer W rde mit Wacholderzweigen (ar- tyJ) unterhalten, deren Rauch zur Trommel aufstieg. Von Zeit zu Zeit nahmen sie einen brennenden Zweig aus dem Feuer und schlugen damit auf das Trommelfell, das feucht war und nicht versengt werden konnte; fingen die Haare Feuer, so kratzte man sie mit einem Messer ab. So wurden nach und nach smtliche Haare entfernt und das ursprnglich lockere Fell spannte sich. Es mute darauf geachtet werden, da die Resonatoren nicht verrutschten, sondern senkrecht zum Reifen und in entsprechender Entfernung voneinander stehen blieben.

    War die Trommel ber dem Feuer getrocknet, hngte man sie im Zelt des Schamanen dem Eingang gegenber auf. Meine Trommel trocknete dort weitere drei TageIch hrte davon, da manche Leute die Trommeln bemalen; meine war nicht bemalt

  • Abb. 37. Die Riemenschlaufe kann auf verschiedene Weise tLm Stiel des Trommelschlegels angebracht werden

    Sie lsten ihn in Milch auf und bemalten das Trommelfell von auen mit dieser Lsung.

    An den Griff der Trommel befestigten sie zwei oder drei Rollen aus Leder oder Stoff; die ledernen machten sie vom enthaarten Fell des wilden Rentiers (oder manchmal des Hirsches, Cervus elaphus) und die anderen Rollen aus Leinwand. Die Farbe war wei, rot, blau oder schwarz und die Machart hnlich wie die der Rollenstreifen am Schamanenmantel.

    Die Tofa-Schamanen bewahren ihre Trommeln in einem beson- deren Behlter ( ~ u q u r qaby) auf, den sie aus dem Fell zahmer Ren- tiere anfertigten, und der die Fgrm eines breiten, niedrigen Zylinders hatte. Eine Hlfte der oberen Flche war nicht an die vertikale Rundung angenht, sondern aufklappbar und mit einem Knopf versehen.

  • Abb. 38. Vorbereiten der Behelfe zur Anfertigung des Trommelschiepls

    Der Tromm.elschdegel

    Der Schlegel der Schamanentrom- mel (orba, Xam orbaq) war entweder aus Horn (mgs) oder aus Holz. Man nahm dazu das Geweih des Hirsches (saryy ay), des Marals (duy ay), der Wildziege (t~ii) oder aber Birken-be- zichungsweise Zedernholz. Der Schlegel bestand aus einem zylindrischen Stiel (tutar 'Griff') und einem elliptischen Kopf (orba s ~ 'Trommelschlegelkopf ') . Die untere Seite des Kopfes war etwas ausgehhlt und mit dem Beinfell (sySpaq) des Rentiers, Marals, Hirsches, der wilden Ziege oder gar des Bren {.uls ay) bezogen. Die andere Hlfte des Schlegelkopfes war gewhnlich mit ldetallringen (mimzlr gyrya 'eiserner Ohrring') geschmckt. Mancher Trom- melschlegel hatte einen, mancher zwei d e r drei Metallringe. Oft hingen drei metallene Zapfen am Ring, oder es war an der Lngsseite ein Metallstab ange- bracht, an dem drei Metallringe steck- $an. Der Stiel bestand aus zwei Teilen, dem Hals (tuqpoj'o), der sich an den Kopf anschlo, und dem eigentlichen Wel (tutur fr).

    Am Ende des Stiels hing eine &hlinge (say) aus einem dnnen Leder- iiiemen, die auf verschiedene Weise angebracht wurde. Man bohrte ein Gfrmiges, rechtwinkliges Loch in das Ende des Trommelschlegels und zog die beiden Enden des Riemens durch die 3ihings- und Querbohrung. Die Enden, die aus der Querbohrung hervorkamen, w d e n verknotet, damit sie nicht wie-

    ' &er durchrutschen konnten (Abb. 37a).

    Abb. 39. Das bespuckte Sgeblatt rutscht besser

    m*

  • Abb. 40. Der zweite Spro vom Geweih wird abgesagt

    Andere Trornmelschlegel wurden nur quer durchbohrt und die Enden des zuerst um den Stiel geschlungenen Rie- mens von oben nach unten durch das Bohrloch gezogen und zusammengebun- den (Abb. 3%). Manchmal wurde der Riemen einfach durchgezogen und die beiden Enden ohne Schlinge zusam- mengebunden (Abh. 37c). Andere Trom- melschlegel hatten wiederum T-frmige Lcher. Die beiden Riemenenden wurden durch die Ungsbohrung geschoben, das eine Ende liiks, das andere Ende rechts durch die Querbohrung herausgezogen und beide Enden verknotet, damit sie nicht durch das Loch rutschten (Abb. 37d). Schlielich kam auch eine vllig andere Refestigungsweise vor: ein am Ende desSchlegels befestigter Metallring, durch den die Riemen gezogen wurden.

    Ich hatte das Glck, einen alten Tofa zu finden, der wute, wie man Trommelschleg~l macht. Wassili Nikolaijewitsch ~ d a m o w aus der aq Eeydu Sippe (geb'. 1893 in AIygdsher) hatte in seinem Leben zwei Stcke ge- mwht. Das erste 1920 Ti den Schama- nen Nikolai Danilowitsch Tulajew aus der aq E q d u Sippe, als dieser bei ihm im Nercha-Tal wohnte. Er machte den Schle- gel aus Zadernholz. Der Schamane selbst sagte es ihm so und wnschte auch, da Adamow das Holz mit dem Beinfell eines wilden Rentiers beziehe. Der Stiel des Trommelschlegels war mit drei Bndern geschmckt, alle wei; auch das geschah nach dem Willen des Schamanen, d e ~ ihm zwanzig Rubel fr den Schlegel zahlte, aber nicht in bw, sondern in E'orm einer Flasche Schnaps. Er hat-

    Abb. 41. Die Lnge des Sohlegels wird geprft

  • Abb. 42. Die Rnder des Horns mssen dnner genmtlcht werden

    t e den Schlegel in zwei Tagen ge- macht.

    Den zweiten Schlegel fertigte Ada- mow fr den Schamanen Amastajew aus der aq Goydu Sippe an, der als Nomade im Karaburen-Tal umherzog. Er war ein Verwandter Adamows. Diesen aus einem Waldziegenhorn geschnitzten und mit dem Beinfell desselben Tieres bezogenen Schlegel machte Adamow 1930, ebenfalls naoh dem Wunsch des Schamanen. Am Griff waren drei Bnd~r , alle wei, und Amastajew zahlte ebenfalls zwanzig Rubel fr die Arbeit.

    Auf meine Bitte hin fertigte Wassili Nikolaijewitsch Adamow einen dritten Trommelschlegel, und ich war in der Lage, den ganzen Arbeitsproze zu verfolgen und zu photographieren.

    Zu allererst breitete er ein Tierfell auf dem Boden aus, darauf sa er, whrend er arbeitete. Er nahm ein Geweih mit drei Enden von einem Ren- tier (ibi) und als Werkzeug eine Sge und ein Beil (Abb. 38). Er begann mit der Entfernung der Seitensprossen. Auf dem Fell sitzend, stzte er das Geweih auf seinen linken Fu und hielt es mit dem rechten Fu fest, auch die linke Hand benutzte er als Sttze fr den unteren Spro, den er zuerst mit der Sge, die er in der Rechten hielt, absgte. Als er damit fertig war, machte er eine Pause, um zu sehen, ob er den Spro suberlich entfernt habe. Dann spuckte er auf das Sgeblatt (Abb. 39), damit es besser rutsche. Nun hielt er das Geweih wieder fest und sgte den zweiten Spro ab (Abb. 40).

    Abb. 43. Durchbohren der Hornrnder mit einer Schere

  • Abb. 44. Der Bohrer hilft nach

    Dann kam der dritte SprolJ an die Reihe. Mit diesem ging er anders vor als mit den beiden anderen. Er sgte das ganze Ende des Geweihs ab. Als er es fast vollstndig durch- gesgt hatte, brach er das Stck, das entfernt werden sollte, ab. Jetzt hatte er die fr den Schlegel ben- tigte Lnge. Das Geweih hatte jetzt ein geradliniges Ende, und darum mute er die zwei Ecken absgen 7 d. h. sie abrunden. Dann rundete er das andere Ende des Geweihs ab, das den Stiel abgeben sollte, um die richtige Lnge zu bekommen. Ada- inow untersuchte das Geweihstck sorgfaltig und prfte seine Lnge (Abh. 41). Dann widmete er der Breite des Geweihs seine Aufmerk- samkeit. Er sgte die Stummel der Sprossen ab, spuckte noch einmal auf das Sgeblatt und arbeitete mit der Sge &lange, bis er das Geweih in der ganzen Lnge verdnnt hatte. Als er soweit war, schwang er den Schlegel ein paar Mal, als schlge er die Trommel, so prfte er das Ge- wicht des Schlegels, ob er zu schwer oder zu leicht sei, ob er gut zu gebrauchen sein wrde. Er fand, da von der Breite noch etwas wegge- nommen werden msse und machte das nun mit dem Beil. Wieder prfte er seine Arbeit. Der nchste Schritt war, den Schlegelkopf an beiden Seiten und auch am Ende dnner zu machen (Abb. 42). Nach aber- maliger Prfung seiner Arbeit bohrte er Lcher in Abstnden von 2 bis 2,5 cm in die verdnnten Rnder

    Abb. 46. Der Schlegelstiel wird der Lnge nach angebohrt

  • Abb. 46. Prfung durch Blasen, ob sich die beiden Bohrlcher treffen

    des Kopfes. Dazu gebrauchte er die Schere und den Bohrer: er machte kleine Lcher mit der Scherenspitze (Abb. 43) und erweiterte sie mit dem Bohrer (Abb. 44). Nachdem er das Geweih an etwa zehn oder zwlf Stellen durchbohrt hatte, bohrte er in die Achse des Schlegelkopfes drei Lcher in gleichen Abstnden und zog durch jedes Loch einen Metall- ring. Der nschste Schritt war, Lcher in das Ende des Stiels zu bohren; zuerst ein Loch der Lnge nach (Abb. 45) und dann eins quer im rechten Winkel zum ersteren. Die beiden Lcher bildeten einen Kanal wie ein liegendes L. Um zu prfen, ob die beiden Lcher miteinander ver- bunden. waren, blies er in die ver- tikale OffnunR (Abb. 46), damit reinigte er zugleich das Loch vom Sgestaub. Dann nahm er aus seinem Nhsack eine Nadel von entsprechen- der Gre und eine dnne Sehne heraus, fdelte ein und nhte das Fell um den Hornschlegel. Der eigens fr uns angefertigte Trommelschle- gel wurde mit dem Fell vom Bein eines Bren bezogen. Adamow schlug das Leder um den unteren Teil des Horns und schnitt das oberflssige ab. Dann nhte er das Fell durch die am Rand gebohrten Lcher fest (Abb. 47). Schlielich brachte er noch aus einem dnnen Riemen eine Schlinge an den Bohrlchern an. Damit war seine Aufgabe be- endet.

    Der Trommelschlegel war das letzte Stck zur Vervollstndigung

    Abb. 47. Annhen des Lederiiberzugs auf den Trommelschlegel

  • der Ausrstung des Tofa-Schamanen, die alle einen Kopfputz, einen Man- tel, Stiefel, Trommel und Schlegel besaen. Die einzelnen Stcke der Ausrstung waren indessen je nach Sippe, je nach dem, ob weier oder schwarzer Schamane sowie entsprechend der Klasse (groer, mittlerer oder kleiner Schamane) sehr verschieden. Darber hinaus zeigten sich auch indi- viduelle Unterschiede.

    Abweichungen in der Schamanenkleidung

    Die Kopfbedeckung

    Wie bereits erwhnt, sind die Kopfbedeckungen der Schamanen irr Form, Ausschmckung und Farbe recht verschieden. Da so viele Varianten erhalten bleiben konnten, liegt wohl an der groen Zahl der Kopfbedeckun- gen. Die Tofa-Schamanen z. B. gebrauchten im Laufe ihres Lebens nicht nur eine, sondern zwei, drei und manchmal noch mehr Kopfbedeckungen, und jede war mehr oder weniger anders als die frhere.

    Der Form nach knnen wir - wie schon erwhnt - drei Gruppen Kopfputz unterscheiden: a) das Stirnband, b) die Mtze, C) die Krone.

    Am hufigsten kommt dasStirnband vor;das von den ap c'oydu-, den qara bydu-, den saryy ~ a g - , den X&- und den c'ptdj-Schamanen gleicherweise getragen wurde. Es war aus Stoff (meistens Baumwollstoff). Die Stoffteile waren 28-56 cm lang und 10-15 cm breit. Das Stirnband bestand ent- weder aus einem einzigen einfarbigen Streifen (wei, rot, blau oder gelb) oder aus Streifen von verschiedenen Farben wie blau-wei-rot, weifi-rot, wei-gelb-blau oder rot-gelb.

    Zumeist war das Stirnband mit einer Verbrmung (cb) aus dem Fell eines weien Kaninchens (~odan,), Eichhrnchens (niq 'Sciurus vulgaris'), Luchses (ds 'Luchs'; ustuq utigti 'Luchsflaum') oder Federn von Wildenten (qas 'Wildente'; qastyq caJi 'Wildentenpelz') versehen.

    In die obere Einfassung des Stirnbandes wurden Federn gesteckt. Alle Tofa Sippen gebrauchten Federn der Ohreneule (~ugzi 'strix bubo'). Auerdem wurden auch, je nach Sippe, andere Federn verwendet: die Schamanen der qa c'oydu Sippe nahmen die Federn vom Auerhahn (qara qub 'Tetrao urogallus') oder die vom Haselhuhn (paryqan 'Tetrao

    bonasia'), die Schamanen der qara c'oydu Sippe trugen die Federn vom Adler (aair), die saryy Xd-Schamanen Federn der Wildgans (qm) oder des Kranichs (turuh), whrend die Gptj-Schamanen ihr Stirnband mit den Federn des Habichts (tiligan) schmckten. Es wurden drei, sieben oder neun Federn angebracht, entweder alle gleich oder verschieden lang (in der Mitte die lngste und nach beiden Seiten abfallend).

    Auf beiden Seiten des Stirnbandes waren am unteren Rand Rollen (c'aryJ manjaq) angenht. AuIjer der allgemeinen, in der Klammer ange- fhrten Bezeichnung, wurden sie auch c'ag und syrya oder bOrtuq syrya genannt. Ihre durchschnittliche Lnge betrug 15-20 Cm, und es gab ent- weder drei oder sieben schwarze oder gelbe auf jeder Seite. Auer Tuch

  • verwandte man dazu auch Rentierfell. Die Rollen liefen in Quasten aus, die Garia manjaq n ~ oder salbar hieen.

    Von den zwei Enden der Stirnbnder hingen je ein oder drei 30-80 cm lange und 6-8 cm breite Bnder (Cala oder Galazy) herab, die wei, schwarz, blau, gelb oder rot waren.

    Die Stirnbnder waren hinten zum Knpfen. An das linke Ende nhte man zwei oder drei Knpfe (cik), an das rechte Ende elsensoviele Schlingen (0 k bsis).

    Dem Schmuck nach lassen sich die Stirnbnder in vier Gruppen teilen. Sie waren: a) mit Gesichtern, b) mit geometrischen Figuren, C) mit Vogelgestalten geschmckt oder: d) schmucklos. Die Ornamente waren entweder gestickt oder appliziert. Die Stickereien wurden im allgemeinen mit den langen Wammenhaaren des zahmen Rentiers oder mit Garn ausgefhrt, die Applikationen wurden aus Baumwollstoff gemacht.

    Am hufigsten waren die mit Gesichtern geschmckten Stirnbnder, die bei allen fnf Sippen in Gebrauch waren.

    Die Stirnbnder, die wir erwarben, hatten auf dem Teil ber dem Gesicht die folgenden Motive gestickt: In der Mitte zwei waagerechte oder ge- wlbte Linien xabaq, darunter zwei Ellipsen qaraq (manchmal war eine Perle, z. B. eine blaue Perle, die kulc dinJ hie, in die Mitte genht), dazwischen eine vertikale Stickerei, xaj genannt, und darunter eine hori- zontale oder elliptische Linie, die s oder aysy hie, und auf beiden Seiten in Augenhhe dem Motiv zugekehrte Halbmonde, die qulaq genannt wurden.

    Aiif den mit geometrischen Figuren dekorierten Stirnbndern sieht man Scheiben und Zickzacklinien, die mit Rentierhaar cder Garn gestickt sind. Hierzu ist aber zu bemerken, da die Stirnbiinder mit geometrischen Scheiben eigentlich zur Gruppe der mit menschlichen Gesichtern geschmck- ten gehrten, da die Scheiben stilisierte Gesichter darstellten. Die Tofa nannten nmlich die einzelnen Scheiben Augen, Ohren, Nase und Mund.

    Die mit Vgeln verzierten Stirnbnder sind selten. So war z. B. die zweite Kopfbedeckung der grofien Schamanin Choloniojewa mit drei applizierten Ornamenten geschmckt, die aus blauem Baumwollstoff aus- geschnitten waren und drei Kraniche darstellten (Ahb. 49).

    Der zweite Typus von Kopfbedeckung ist die hohe Mtze aus Rentier- pelz mit Baumwollstoff berzogen und aus dreieckigen Stcken zusammen- genht. Solche Mtzen hatten nur die Schamanen der xaJ Sippe. Die dazu verwendeten aumwollstoffe waren dreifarbig, wei, blau und gelb (Abb. 66 und 67). Lange Bnder von der gleichen Farbe hngen vom unteren Saum herab. Die Spitze der Mtze ist mit Wildentenfedern (b~zirk) geschmckt und der Rand mit grauem Kaninchenfell eingefat.

    Den dritten Typus, die Krone (qumsar bort) trugen die &q coydu-und die 6ptj-Schamanen. Die Krone kommt zwar selten vor, ist aber doch keine individuelle Erfindung, sondern ein sporadisch vorkommender Typus. Eigentlich ist die Krone dem Stirnband ziemlich hnlich, nur sind die Enden zusammengenht und der obere Rand des im Kreis herumlaufenden Bandes ist durch zwei schmale gewlbte Eisenbnder verbunden, die ein-

  • ander im rechten Winkel kreuzen. Der Kreuzungspunkt wird durch ein Federbsche1 betont. Am unteren Rand der Krone sind beiderseits je neun schwarze Rollenstreifen angebracht, und hinten hngen drei breite Bnder herab. (Abb. 50).

    Der B~ustlatz Die Schamanen mancher Tofa Sippen, namentlich die der ap c'oydu,

    qara hydu und 6ptj trugen Brusttcher oder eher Brustltze ( M g ~z in j z ik ) ber ihrem Mantel.

    Die Brustltze waren zwar mehr oder weniger rechteckig, trotzdem bestanden in der Form gewisse Unterschiede. Manche waren am Hals und an den Seiten ausgewlbt, andere nur unter dem Halsund hatten gerade Seiten. DerBrstlatz V a ~ e Z t w e d e ~ o & n i b r e i ~ ~ ~ -der ttiffgekekft-(Ablai 62 und 77).

    Auch die Art der Befestigung war verschieden. Z. B. war der rechte Rand an den Mantel angenht und der linke mit zwei Knpfen ange- knpft, oder aber je drei Lederriemen waren in gleicher Entfernung an den Rndern angenht. Manchmal waren es nur zwei Riemen am oberen Rand, die am Hals zusammengebunden wurden, so da0 der Brustlatz vom Hals herabhing.

    Dieses Kleidungsstck war mit Applikationen oder Stickereien und auch mit Stoffquasten geschmckt.

    Eine charakteristische Verzierung des Brustlatzes war ein vertikaler Streifen in der Mitte, von dem schmale Streifen nach beiden Seiten ab- zweigten. Auch im Muster und im Stoff unterschieden sich die Brustltze; manchmal waren sie aus weiem oder blauem Baumwollstoff mit schrggen parallellen weien Rentierfellstreifen verziert, mitunter bestand der vertikale Streifen aus neun Stoffquadraten. Dieses Muster hie ~ & 4 ' sdgi 'Brustbein'.

    Von dem senkrechten Streifen gingenlinks und rechts parallele Streifen ab, entweder je neun aus weiem Baumwollstoff, die gerade oder sanft gebogen abwrts verliefen oder je sieben gerade abwrts verlaufende weie Baumwollstreifen oder je neun aufsteigende gerade Streifen, die mit Rentier- haaren gestickt waren. Letztere hieen gi 'Rippen' oder Bgi s6gi 'Rippen- knochen'.

    Auer diesen Ornamenten ( ~ L J 'Brust') waren die Brustltze auch mit anderen Applikationen oder Stickereien verziert.

    Auf den Brustltzen der aq Eoydu-Schamanen war eine Scheibe aus Rentierhaar aufgenht, die das obere Ende des Brustbeins bezeichnen sollte. Sie wurde oru 'Loch ber dem Brustbein' genannt.

    Dasselbe Kleidungsstiiok hatte in der Hhe des Schlsselbeins eine Applikation in V-Form aus weien Baumwollstreifen, sie hie rnunuj s6qi 'Schlsselbein'.

    Ein spitzwinkliges Dreieck aus weiem Baumwollstoff war auf dem- selben Brustlatz appliziert und markierte das untere Ende des Brustbeins. Das war das o1L.3 qudr 'das untere Ende des Brustbeins' oder wrtlich: 'der Schwanz der Brust'.

  • Auf dem Brusttuch der qara Goydu-Schamanen war auf beiden Seiten in Hhe der Brustwarzen eine Scheibe aus weiem Rentierhaar aufgenht; sie hie mi 'Brustwarze'. Das Kleidungsstck hatte noch eine Scheibe in Hhe des Nabels, in 'Nabel' genannt. Der Brustlatz der aq Goydus war unter dem Nabel mit einem Bndel von neun weien Bndern (Zaryg Caqyn manjaq) und der Latz der qaraGoydus mit drei Streifen aus Rentier- pelz (qasy) verziert.

    Wenn die Schamanen keinen Brustlatz hatten, waren die obigen Ornamente am Mantel angebracht.

    Der Mantel

    Der Mantel (con, Xarnnar Don, Xam uonu) der Tofa-Schamanen war gewhnlich aus dem Fell eines im Sommer erlegten Rentierbullen (Zary) oder aus dem einer Rentierkuh (ibi). Manchmal war das Fell mit Tuch, z. B. mit blauem Baumwollstoff bezogen. Man zog das Sommerfell wegen der krzeren Haare vor. Die Haare wurden nie abgekratzt, sondern wenn ntig, einfach mit der Schere kurz geschoren.

    Die beiden Vorderteile des Mantels trafen sich entweder in der Mitte oder auf der rechten Seite. Die Lnge war verschieden, auer dem ge- whnlich knielangen Mantel gab es solche, die bis zur Mitte des Ober- schenkels, ber das Knie oder bis zur Wadenmitte reichten.

    Der etwa 2,5 bis 3,5 cm hohe, aufrechtstehende Kragen (Fa~a) war ein charakteristisches Kennzeichen dieser Mntel. Hufig war der Mantel mit einem Streifen aus Luchs-, Lamm- oder Kaninchenpelz verbrmt.

    Entlang der Pelzverbrmung -oder wenn keine solche vorhanden-, so entlang des Randes, war der Mantel mit Quasten (salbar, Faryd' manjaq) verziert, gewhnlich aus Rentierfell oder seltener aus gelber Baumwolle. Die Quasten waren 6-20 cm lang.

    Der Mantel der Tofa-Schamanen war bestickt und mit App- likationen verziert, auerdem mit Anhngseln aus Stoff, Leder und Metall sowie Pederbscheln geschmckt.

    Wir wollen die systematische Beschreibung mit den Stickereien und Applikationen beginnen.

    Sehr charakteristisch ist das Ornament auf der Brust, das auf den Schamanenmnteln aller Sippen vorkommt. In manchen Fllen ist der Mantel selbst verziert, in anderen ist die Verzierung auf dem Brustlatz angebracht.

    Eine senkrechte Linie verluft vorn in der Mitte des Mantels vom Hals bis zum Ende des Brustbeins. Der Streifen, MJtFtzig s6gi genannt, ist aus weiem Wollstoff aufgenht oder mit weiem Rentierhaar gestickt.

    Rechts und links von dem vertikalen Streifen zweigen neun abwrts verlaufende Parallelstreifen, die ebenfalls weie Stoffapplikationen oder weie Rentierhaarstickereien sind. Die Zweige heien cYgi 'Rippen' oder ~zigtzig Ggisi 'Brustrippen'. Das ganze Ornament, der vertikale Streifen samt den Zweigen heit Dzig 'Brust'.

    Manche Schamanenmntel der Tofa hatten auf dem Brustteil andere Muster, die keine Knochen und Krperteile andeuteten.

  • Der Mantel eines qara c'oydu-Schamanen trug drei parallele waagerechte Streifen auf der Brust, Woll~toffa~~likationen, der oberste Streifen war schwarz, der mittlere wei und der untere ebenfalls schwarz.

    Auf dem Mantel des ~d-Schamanen Bokturbajew liefen vom Kragen zwei senkrechte Baumwollstoffstreifen zum unteren Rand hinab, der linke war blau, .$er rechte gelb.

    Die Arme1 der Mntel waren ebenfalls mit applizierten oder gestick- ten Mustern bedeckt.

    Auf der Schulter hatte der mittlere Schamane Amastajew aus der aq Coydu Sippe weiIje Baumvollstreifen rings um die .&rmel genht, sie hieen jusu 'Schultergelenk.' Am hufigsten waren die Armel mit horizon- talen Streifen verziert. Zahl, Farbe, Material und .Platz der Streifen war recht verschieden. An manchen Mnteln waren die Armel vorn, an anderen hinten mit einem einzigen weien Wollstreifen verziert; andere wiederum hatten drei Wollstreifen, oben einen roten, vorn einen blauen und unten einen weien, oder die Farben waren wei, gelb und blau. Die Armel anderer Mntel hatten vorn einen einzigen weien Streifen aus Rentier- haar qol 'Arm' oder qol d g i 'Armknochen' genannt. An manchen Mnteln war der am Arm entlanglaufende Streifen durch eine weie Scheibe am Ellen- bogen unterbrochen. Dei. Streifen unterhalb der Schulter hielj a s tk die Scheibe jzis 'Gelenk' und der Teil vom Ellenbogen bis zur Hand hie pary 'sein Arm'.

    An den Enden der rmel zweigten vorn oder hinten von dem breiten Streifen fnf dnne, aus weiem Rentierhaar gestickte Streifen ab, die rgk 'Finger' genannt wurden.

    Manche Schamanenmntel wiesen an den rmeln auch andere als Armknochenmuster auf. Z. B. lief eine dnne Rentierhaarspirale um den Armel von den Schultern bis zu den Hnden hinab. Nach Aussage der Leute aus der qara c'oydu Sippe zeichneten sich die Mntel ihrer Schamanen durch das Fehlen jeglicher Verzierung aus.

    Auch der Rcken der Tofa-Schamanenmntel war mit Appli- kationen und Stickereien geschmckt. Ein Streifen in der Mitte verlief wie das Rckgrat vom Hals bis zum Beckenknochen. Stoff und Form der Applikationen waren verschieden. An manchen nlnteln war ein aufgenh- ter, etwa drei Finger breiter weil3er Wollstreifen. Andere hatten eine Reihe von neun Trapezoiden, bei anderen wiederum war ein weier Ren- tierpelzstreifen entlang dem Rckgrat mit schrgen Stichen aus schwarzem Garn aufgenht. Manchmal war der weie Wollstreifen durch acht aus weiem Rentierhaar gestickten Scheiben in neun Abschnitte geteilt. An andern Mnteln war der senkrechte aufgenhte Streifen aus weiem oder blauem Wollstoff etwa drei Finger breit, und auf beiden Seiten des Streifens waren sieben oder neun Halbkreise aus weiem Rentierhaar gestickt. Der Streifen hie rya 'Rckgrat', rya s6gi 'Wirbelknochen' und die Halb- kreise hieen rya jusa 'Rckenwirbel'.

    Von dem Rckgratstreifen zweigten nach unten verlaufende Parallel- bnder ab, unterschiedlich in Material, Farbe und Zahl. Sie mochten aus weier oder gelber Baumwolle sein oder aus Rentierpelz, und ihre Zahl war gewhnlich neun, sieben oder fnf auf jeder Seite. Sie waren entweder kurz

  • oder so lang, da sie den ganzen Rcken ausfllten und sogar ins Vorderteil des Mantels bergingen. Diese Bnder hieen dgi 'Rippen'.

    Auf einem Schamanenmantel waren vier sehr kurze Parallelstreifen aus weiem Rentierpelz, die auf beiden Seiten nach unten verlaufend abzweigten. Sie hieen rya ~ a n a t y 'hinterer Flgel'.

    Die Mntel der Tofa-Schamanen waren mit einer groen Zahl von Zutaten, zumeist Textilanhngseln, verziert.

    Ein Mantel hatte vorn, in Hhe der Schulterknochen auf beiden Seiten ein Rollenbndel mit drei Strhnen (rot, wei, blau). Sie hieen uzun manj'aq 'lange Rollenstreifen'.

    Hufig waren vorn in Taillenhhe Anhngsel angebracht. Manche, in Brustwarzenhhe angebrachte Anhngsel hatten neun Strhnen. Andere Mantel waren auf jeder Seite an derselben Stelle mit sieben- oder neun- strhnigen Bndeln oder mit drei neunstrhnigen Bndeln verziert. Manche hatten weien Grtel (pur) in der Taillenlinie angenht, von dem neun Bndel mit je neun Strhnen herabhingen. Die Farbe der Rollenstreifen war verschieden, an einem Mantel blau, am andern rot, gelb, grn oder rot, gelb, blau und wei, an einem dritten Mantel rot, gelb und blau, wieder andere hatten allerlei rote, braune, rosa, gelbe, hellblaue, dunkelblaue und grne Rollenstreifen.

    Auch an den Seiten des Mantels wurden Stoffanhngsel befestigt. Entweder drei mit drei Strhnen oder eine mit sieben Strhnen oder drei mit neun Strhnen auf beiden Seiten. Die Farben dieser Rollenstreifen waren sehr verschieden. Die an beiden Seiten herabhngenden Anhngsel hieen uluy manj'aq 'groe Rollenstreifen'.

    Auch die Rckseite der Schamanenmntel war mit Stoffanhngseln bestiickt. Manchmal hingen hinten an den Schultern entweder je ein Drei- strhnenbndel (blau-wei-rot) oder zwei einzelne Rollen (wei, in gewissen Abstanden mit rot durchzogen) herab. Diese nannte man usar caqpa.

    Stoffanhngsel in Taillenhhe auf dem Rcken waren hufig. Die groe Schamanin der aq Coydu Sippe trug an ihrem Mantel vier neunstrh- nige Bndel auf jeder Seite. Der groe Schamane der qara Coydu Sippe hatte fnf siebenstrhnige Bndel und der mittlere Schamane dieser Sippe ein neunstrhniges Bndel auf beiden Seiten. Auf dem Mantel des groen X&-Schamanen waren vierzehn neunstrhnige Bndel und an dem des mittleren c'ptj-Schamanen neun neunstrhnige Bndel. Die gebruch- lichsten Farben waren rot, braun, lila, gelb, blau, hell- und dunkel- grn, wei.

    Eine andere Art der Stoffanhngsel war die kurze Quaste (salbur), die auf den Kleidern der Tofa-Schamanen selten vorkam. An den Armeln eines aq Eoydu-Mantels waren unter dem Ellenbogen Quasten Cieses Typs.

    Tcher, ebenfalls eine Form von Stoffanhngseln, kamen sogut wie gar nicht vor. Uns ist ein aq Coydu-Schamanenmantel bekannt, der zwei Metallringe auf jeder Seite hatte, und jeder davon trug 27 Tcher, die Calyyn 'Flgel' hieen.

    Auch Lederanhngsel verzierten mitunter die Mntel der Tofa- Schamanen. An qara c'oydu-Mnteln waren neunstrhnige Bndel in Hhe

  • der Brustwarzen, unter den Achselhhlen und auf dem Rcken in Schulter- hhe angebracht.

    Nicht nur Rollenstreifen, sondern auch Quasten fertigte man aus Leder. Am Mantel des saryy X&-Schamanen Bolchojew war unter der Brust ein gefranstes Rentierfell von 20 cm Lnge auf jeder Seite angenht. Es hie ~zi&tuq. manfaq 'Brustrollenstreifen'.

    Die Armelsume am Mantel eines mittleren qara e'oydu-Schamanen waren mit Rentierfellquasten verziert.

    Ein typisches Anhngsel, der quDruy 'Schweif', am Mantel der Tofa- Schamanen, war zumeist aus Leder. Ein Stck Rentierfell wurde zylindrisch zusammengerollt und in der Hhe des Steibeins mit dreifach verzweigtem Ende befestigt. Die drei Zweige waren an manchen Manteln lang, auf anderen kurz.

    Die Tofa-Schamanen trugen auch metallane Ornamente an ihren Mnteln.

    I n Hhe der Schulterbltter oder zwischen ihnen hingen an einem oder mehreren gebogenen Metallstben eine ganze Anzahl von Zapfen oder Pfeilen. Manche Mntel hatten Metallstbe mit sieben oder neun Zpfchen, andere hatten zwei Stbe, entweder neben oder bereinander. Im ersten Fall hingen an jedem Stab sieben Metallzapfen, im zweiten waren oben sieben und unten neun Metallpfeile angebracht. Es soll auch Mntel gegeben haben mit drei Metallstben zu je sieben Metallzpfchen. Der Metallstab hie Cl, das Zpfchen Xoyora, der Pfeil oq.

    tfber jedem Schulterblatt hingen Metallplatten, die nur an einem einzigen Punkt befestigt waren, so da sie sich bewegten. Diese Anhngsel waren von elliptischer, dreieckiger oder trapezoidaler Form und verschiedener Gre. Man nannte sie jaryn 'Schulterblatt' oder j a r m 'sein Schulter- blatt'. Alle hatten punzierte Verzierungen.

    Auch Glocken qaxinr - qo~irir genannt, hingen oft andenschamanen- mnteln der Tofa. Manche hatten statt der erwhnten )+chulterbltter(c Glocken. Bei anderen wiederum waren Glocken unter den Armeln oder an den Ellenbogen befestigt.

    >)Der Schamane hrt auf das Klingeln dieser Glocken, um gewisse Dinge herauszufinden((, sagte uns der saryy X&- Schamane Bolchojew.

    Die Tofa-Schamanenmntel wiesen noch einen metallenen Bestand- teil auf: eine elliptische Metallplatte, die an den Saum des Armels zwischen oArmknochen und Fingern(( angenht war; sie kam an einem aq e'oydu-Schamanenmantel vor und wurde xalbur ~ a j genannt. Auer dem Texti