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DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin Tomografische Verfahren zur Bestimmung der Tiefenlage von Bau- stählen in Bauwerken B. Redmer, H.-J. Malitte, U. Ewert - BAM Berlin, Deutschland Zusammenfassung Die quantitative Messung der Position und des Durchmessers von Baustählen (z.B. Armierung, Bewehrung) in Bauwerken ist ein typisches Prüfproblem im Bauingeni- eurwesen. Eine klassische Lösung ist die Kombination von Filmradiografie mit Mehrwinkel-Technik und grafischer Rückprojektion. Die Computerlaminografie erlaubt schnell und effektiv die Bestimmung der Tiefe von Baustählen in Bauwerken. Dabei wird ein ausgewählter Bereich aus verschiede- nen Einstrahlwinkeln z.B. mit einer Co 60 -Strahlenquelle durchstrahlt. Als Detektor können Speicherfoliensysteme oder Digitale Detektor Arrays (DDA) für die filmlose Radiografie verwendet werden. Aus den gemessenen Projektionen wird ein 3D-Bild rekonstruiert, aus welchem die Tiefenlage der Baustähle entnommnen werden kann. Die Rekonstruktion basiert auf angepassten Algorithmen der Tomosynthese, welche nur wenige Projektionen verwenden. Vorfilter gestatten zusätzlich die struk- tur-orientierte Segmentierung der Baustähle von anderen Strukturen. Die Prüfungsdurchführung, welche auch für mobile Vor Ort-Inspektionen anwendbar ist, und Rekonstruktionsergebnisse der Computerlaminografie werden dargestellt. 1. Einführung Die zerstörungsfreie Bestimmung der Position, Geometrie und Art von Baustählen und anderen metallischen Einbauteilen in Gebäudeteilen ist für die Bewertung der Tragfähigkeit und der Gebrauchseigenschaften im Rahmen der Bauzustands- und Schädigungsanalyse wichtig. In diesem Fall können verschiedene zerstörungsfreie Prüfmethoden zur Anwendung kommen. Geräte, basierend auf elektromagnetischen Wechselfeldverfahren, können ferro- magnetische Armierungen und Bewehrungen in einer maximalen Tiefe von 12 cm lokalisieren. Das Radarverfahren gestattet die Ortung des Armierungsstahls in grö- ßerer Tiefe. Jedoch sind diese Prüfverfahren zur quantitativen Bestimmung der Querschnittsgeometrie nicht geeignet. Im Gegensatz zu diesem Verfahren kann ei- ne exakte Bestimmung der Querschnittsgeometrie und Tiefenposition von Armie- rungsstählen mit der Radiographie realisiert werden. Dabei können abhängig von der Komplexibilität des Prüfproblems, klassische und moderne laminografische Me- thoden angewendet werden.

Tomografische Verfahren zur Bestimmung der Tiefenlage von ... · sie für die digitale Prüfung von Beton angewendet werden. Die erforderliche Belich- Die erforderliche Belich- tungszeit

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DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin

Tomografische Verfahren zur Bestimmung der Tiefenlage von Bau-

stählen in Bauwerken

B. Redmer, H.-J. Malitte, U. Ewert - BAM Berlin, Deutschland Zusammenfassung Die quantitative Messung der Position und des Durchmessers von Baustählen (z.B. Armierung, Bewehrung) in Bauwerken ist ein typisches Prüfproblem im Bauingeni-eurwesen. Eine klassische Lösung ist die Kombination von Filmradiografie mit Mehrwinkel-Technik und grafischer Rückprojektion. Die Computerlaminografie erlaubt schnell und effektiv die Bestimmung der Tiefe von Baustählen in Bauwerken. Dabei wird ein ausgewählter Bereich aus verschiede-nen Einstrahlwinkeln z.B. mit einer Co60-Strahlenquelle durchstrahlt. Als Detektor können Speicherfoliensysteme oder Digitale Detektor Arrays (DDA) für die filmlose Radiografie verwendet werden. Aus den gemessenen Projektionen wird ein 3D-Bild rekonstruiert, aus welchem die Tiefenlage der Baustähle entnommnen werden kann. Die Rekonstruktion basiert auf angepassten Algorithmen der Tomosynthese, welche nur wenige Projektionen verwenden. Vorfilter gestatten zusätzlich die struk-tur-orientierte Segmentierung der Baustähle von anderen Strukturen. Die Prüfungsdurchführung, welche auch für mobile Vor Ort-Inspektionen anwendbar ist, und Rekonstruktionsergebnisse der Computerlaminografie werden dargestellt. 1. Einführung Die zerstörungsfreie Bestimmung der Position, Geometrie und Art von Baustählen und anderen metallischen Einbauteilen in Gebäudeteilen ist für die Bewertung der Tragfähigkeit und der Gebrauchseigenschaften im Rahmen der Bauzustands- und Schädigungsanalyse wichtig. In diesem Fall können verschiedene zerstörungsfreie Prüfmethoden zur Anwendung kommen. Geräte, basierend auf elektromagnetischen Wechselfeldverfahren, können ferro-magnetische Armierungen und Bewehrungen in einer maximalen Tiefe von 12 cm lokalisieren. Das Radarverfahren gestattet die Ortung des Armierungsstahls in grö-ßerer Tiefe. Jedoch sind diese Prüfverfahren zur quantitativen Bestimmung der Querschnittsgeometrie nicht geeignet. Im Gegensatz zu diesem Verfahren kann ei-ne exakte Bestimmung der Querschnittsgeometrie und Tiefenposition von Armie-rungsstählen mit der Radiographie realisiert werden. Dabei können abhängig von der Komplexibilität des Prüfproblems, klassische und moderne laminografische Me-thoden angewendet werden.

DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin 2. Radiografische Verfahren 2.1. Klassische Radiografie Die zerstörungsfreie Prüfung von Beton und Mauerwerken mit Gamma- und Rönt-genstrahlung ist eine weit verbreitete Anwendung. Das Ziel der Prüfung ist u.a. die Visualisierung von Hüllrohren, Stahlarmierungen, metallischen Einbauten oder Spannstählen. Diese Strukturen werden dabei in hoch auflösenden Transmissions-bildern abgebildet. Eine große Anzahl radiografischer Prüfungen an Beton und Mauerwerken werden zur Suche freier Bereiche für das Einbringen von Bohrungen im Bauteil durchge-führt. Weitere Aufgaben sind die Ermittlung des Durchmessers von Armierungsstäh-len (z.B. bei Korrosionsproblemen) für baustatische Berechnungen sowie das Auf-finden von Schädigungen im Bauteil. Auch Risse und Hohlräume im Beton können dargestellt werden, jedoch gehört diese Fragestellung zu den selteneren Anforde-rungen. Die Bauzustandsprüfung ist nicht nur auf Betonkonstruktionen beschränkt, sie kann auch bei armiertem Mauerwerk aus Natursteinen oder Ziegeln angewendet werden. Die klassische Prüfungsanordnung besteht aus der Strahlenquelle auf der einen Sei-te des Prüfobjektes und dem Röntgenfilm auf der gegenüberliegenden Seite. Für Prüfungen, bei denen die Zugänglichkeit zum Prüfobjekt nur von einer Seite mög-lich ist, werden Strahlenverfahren basierend auf dem Rückstreueffekt (backscatte-ring methods) genutzt [1]. Diese Verfahren benötigen lange Prüfzeiten und sind auf geringere Eindringtiefen (unterhalb der Oberfläche) limitiert. Die Wahl der Strahlenquelle hängt von den zu durchstrahlenden Wanddi-cken, welche geprüft werden soll, ab. Bild 1 zeigt den anwendbaren Wand-dickenbereich für verschiedene Strah-lenquellen. Zur Verminderung von Streustrahlung und für hohe Ortsauflösungen ist der Röntgenfilm als Detektorsystem in Bleifolien eingebettet. Diese Film-Bleifolien-Kombination benötigt eine um 10fach größere Belichtungszeit als Filme in fluoreszierenden Folien. Die Letzteren werden immer dann ge-wählt, wenn die Anforderungen an die Ortsauflösung größer 0,2 mm sind. Seit Kurzem werden Speicherfolien (image plates, computed radiography oder CR) für die Betonprüfung ge-nutzt. Ihre Empfindlichkeit hängt von der Dicke der Phosphorschicht ab. Mit einer typischen Dicke von ca. 0,3 mm (medizinische Speicherfolien) können sie für die digitale Prüfung von Beton angewendet werden. Die erforderliche Belich-tungszeit ist mit den Film-Fluoreszenzfolien-System vergleichbar. Für eine bessere

Bild 1: Wanddickenbereich für die Beton-prüfung mit verschiedenen Strahlenquellen entsprechende der DGZfP-Richtlinie B1.

DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin Bildqualität werden höhere Belichtungszeiten empfohlen. Auch Flächendetektoren (flat panels, digital detector array oder DDA) basierend auf amorphen Silizium-Photodioden-Arrays mit Fluoreszenzschirmen sind für hochenergetische Anwendun-gen verfügbar. Bedingt durch den hohen Preis und dem eingeschränkten Arbeits-temperaturbereich sind mobile Anwendungen mit den Flächendetektoren nur be-schränkt möglich. Besonders bei dickwandigen Prüfungen erreichen alle Detektoren eine hinreichende Bildqualität, wenn Zwischenfilter zwischen Strahlenquelle und Prüfobjekt genutzt werden. Für Filmradiografie bei einer Betondicke oberhalb 40 cm sollte ein „Sand-wich“-Filter, bestehend aus 2 mm Blei und 2 mm Zinn oder Kupfer oder 2 mm Stahl, als Zwischenfilter angewendet werden. Gute Erfahrungen wurden auch mit Blei, Zinn- und/oder Kupfer-Kombinationen gemacht. Ein Kupfer- oder Stahlfilter sollte zwischen Prüfobjekt und Film positioniert werden. Speicherfolien sind emp-findlicher gegen Streustrahlung als Filmsysteme. Daher werden 4 mm Blei (anstatt 2 mm beim Film) für Co60-Belichtungen mit Speicherfolien oberhalb einer Betondi-cke von 50 cm empfohlen. 2.2. Stereo-Technik Stereo-Radiografie wird für die quantitative Messung der Tiefe und des Durch-messers von Stahlarmierun-gen angewendet. Bild 2 zeigt das Prinzip dieses Prüfverfahren. Es wird aus zwei verschiedenen Positio-nen der Strahlenquelle ein-gestrahlt, wobei für jede Einstrahlposition eine Auf-nahme angefertigt wird. Die Rekonstruktion kann mit grafischer oder computerge-stützter Rückprojektions-technik erfolgen. Die grafi-sche Rückprojektion ist für so genannte einfache Struk-turen, z.B. einzelne oder eine Lage von Armierungsstählen, ausreichend. 2.3. Computerlaminografie Die Computerlaminografie (Bild 4) kommt grundsätzlich dann zum Einsatz, wenn die schrittweise Bewegung der Strahlenquelle auf einer Seite des Objektes und pa-rallel zum Detektor möglich ist. Für jede einzelne Position der Strahlenquelle muss ein digitales radioskopisches Bild aufgenommen werden. Für komplizierte Strukturen wird die so genannte Mehrwinkel-Technik angewendet. Dabei werden mehrere Projektionen aus unterschiedlichen Einstrahlpositionen auf-genommen. Infolge der speziellen geometrischen Strukturen bei Betonobjekten kommt die koplanare Translations-Laminografie (Bild 3) in den meisten Fällen zum Einsatz. Dieses Prinzip erfordert die parallele und synchrone Verschiebung von De-tektor und Strahlenquelle beiderseits des Prüfobjektes. Die Translations-

Bild 2: Prinzip der Stereo-Radiografie entsprechend der DGZfP-Richtlinie B1.

DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin Laminografie ist besonders für Baustähle kleiner Abmessungen geeignet, welche senkrecht zur Bewegungsrichtung orientiert sind. Die Entwicklung der digitalen Technik gestattet mehr und mehr die Computerlami-nografie (Bild 4) anstatt der klassischen Radiografie zu nutzen [3]. Dabei ist Bewe-gung des Detektors nicht mehr erforderlich. Diese erfolgt mittels digitaler Bildver-arbeitung, der so genannten Bildtranslation. Die Rekonstruktion kann auf unter-schiedlichen Algorithmen basieren, welche in [3] beschrieben sind. Dabei ergibt die Average-Methode [4] die stabilsten Ergebnisse. Andere Methoden wie die gefilterte Rückprojektion, Planartomografie oder Extremwert-Methode können auch ange-wendet werden [4]. Die Computerlaminografie basierend auf der koplanaren Translations-Laminografie kann für die Prüfung von Stahlbewehrungen und Armierungen mit bekannten Rich-tungen angewendet werden.

Bild 3: Prinzip der koplanaren Tanslati-ons-Laminografie

Bild 4: Schrittweises Verschieben der Strahlenquelle für die Computerlami-nografie. Für jede Strahlerposition wird ein digitales Bild erstellt.

3. Anwendungen 3.1. Untersuchungen an historischen Mauerwerken mit klassischer Radio-grafie Ein Schadensereignis an einem offenen Gebäudeflügel mit gewölbtem Mauerwerk, wurde geprüft (Bild 5). Dieser Schaden war durch wachsende Risse in dem Mauer-werk im Tragbereich des Eckpfeilers charakterisiert. Im Ergebnis dessen war die Tragfähigkeit des Eckpfeilers gefährdet. Als mögliche Schadensursache wurde u.a. das Fehlen eines Zugankers oberhalb des Gewölbebogens oder die unsachgemäße Verankerung im Eckpfeiler vermutet. Eine unmittelbare Klärung der Verhältnisse war nicht möglich, weil bautechnische Zeichnungen fehlten bzw. nicht vorhanden waren. Das Ziel der Untersuchungen bestand in der Lokalisierung eines Zugankers und die Verifikation seiner Position, Größe und der Verankerungskonstruktion im Eckpfeiler mittels zerstörungsfreier Prüfmethoden. Daher wurden das elektromagnetische Wechselfeldverfahren, das Radarverfahren und die klassische Radiografie in Ver-fahrenskombination angewendet.

DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin Die radiografische Prüfung wurde mit einer γ-Strahlenquelle Co60 und Speicherfolien in Kombination mit einem Blei-Zinn-Zwischenfilter zwischen Prüfobjekt und De-tektor durchgeführt. Ein 0,5 mm Stahl-Filter wurde innerhalb der Kassette vor der Speicherfolie (Streustrahlung der Kassette) angeordnet. Durch die erforderliche Anord-nung von γ-Strahlenquelle und Detektor war die Ausrichtung von Strahler und Speicherfolie für die Abbildung aller inneren Strukturen besonders aufwendig. Die Be-lichtungszeit betrug 10 min bis 35 min an-hängig von der durchstrahlten Dicke. Im Ergebnis der Untersuchungen wurden die Zuganker infolge der großen Tiefe nur mit dem Radar- und radiografischen Ver-fahren lokalisiert. Zusätzlich gestattete die Radiografie eine exakte Bestimmung der Querschnittsgrößen der Zuganker und die Verifizierung der Verankerung in dem Eck-pfeiler (Bild 6). Bild 6e zeigt eine typische Anordnung dieser Verankerung, bei der die Flacheisen vertikal versetzt im Eckbereich oberhalb des Bogens angeordnet sind. Die Flacheisen sind um den vertikal verlaufenden Rundstahl geführt. Die Ergebnisse wurden bei der baustatischen Bewertung und bei der Festlegung von Sicherungsmaßnahmen berücksichtigt. 3.2. Lokalisierung metallischer Einbauteile in antiken Bauwerken Während der Umbaumaßnahmen im Pergamon Museum in Berlin wurden Bauzu-standsanalysen an ausgewählten antiken Bauwerken durchgeführt. Bedingt durch das Fehlen von Dokumenten und Zeichnungen waren umfangreiche zerstörungs-freie Untersuchungen notwendig, die am Beispiel des Säulenjochs von Priene be-schrieben werden (Bild 7). Das Ziel der Untersuchungen war die zerstörungsfreie Bestimmung der Position, Größe und Form der metallischen Einbauteile (z.B. Stahldübel) im Architraven der Säulengruppe. Die Untersuchungen konzentrierten sich insbesondere auf das Mate-rialinterface zwischen dem Original-Marmorteil und dem Steinersatzmaterial, z.B. Mörtel. Sie wurden in zwei Phasen durchgeführt: vorangestellte Untersuchungen mit dem Radar-Verfahren und Radiographie an ausgewählten Positionen.

Bild 5: Ansicht des historischen Gebäude mit gewölbten Mauerwerk in Berlin.

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Geräteanordnung am Messpunkt Ergebnisse

a.) Frontansicht

c.) Innenansicht (γ-Strahler)

d.) Außenansicht (Speicherfolien)

e.) Radiografisches Bild Schlußfolgerung • Lokalisierung von Flacheisen im Eckpfeiler. • Die Flacheisen sind verankert an einem

Rundstahl, der senkrecht im Eckpfeiler an-geordnet ist.

Bild 6: Radiografie am Messpunkt B9.

Flacheisen

b.) Grundriss 1. Etage

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Im Ergebnis der vorangegangenen Untersuchun-gen konnte die globale Anordnung der metalli-schen Einbauteile ermittelt werden. Jedoch blie-ben weitere Punkte offen, die die Größe und Po-sition der metallischen Dübel und die Existenz eines kontinuierlich verlaufenden Stahlträgers betrafen. Bild 8 zeigt eine radiografische Messanordnung für die Verifikation der Position von metallischen Dübeln. Als Strahlenquelle wurde der γ-Strahler Co60 mit angeschlossenem Ausfahrstab (Länge: 1 m) verwendet, welcher innerhalb einer Bohrung (Durchmesser: 14 mm) oberhalb des Architraven eingebracht wurde. Diese spezielle Anordnung war notwendig, um die zu durchstrahlende Mate-rialdicke zu reduzieren und damit eine kürzere Belichtungszeit pro Aufnahme zu erreichen. Die Positionierung der Strahlenquelle und der Speicherfolien am Architraven (Detailansichten) ist in Bild 8 beschrieben. In den digitalen Bildern ist die Position der metallischen Dübel klar er-kennbar. Die Dübel sind in Mörtel im Original-Marmorteil eingebettet, befinden sich im Über-

gangsbereich zum Steinersatzmaterial und sind nach oben gebogen. Dies ist auch in anderen Aufnahmen, welche von der Rückseite des Architraven angefertigt wur-den, erkennbar. Erwähnenswert ist, dass ein Spalt im inneren Bereich zwischen Oi-riginal-Marmorteil und dem Steinersatzmaterial vorhanden ist (Bild 8, unten). In diesem Spaltbereich sind die metallischen Dübel nach oben gebogen. Dies bedeu-tet, dass den Dübeln keine statische Funktion zugeschrieben werden kann. Offen-sichtlich wird diese statische Funktion nur von einem kontinuierlich verlaufenden Stahlträger mit T-förmigen Querschnitt übernommen. 3.3. Prüfung von armierten Betonträgerkonstruktionen Betonträger von Brücken und Gebäuden werden mit Armierungsstabstählen ver-stärkt. Die quantitative Messung von komplizierten Armierungsstrukturen kann durch die Mehrwinkel-Technik oder Computerlaminografie [6] erreicht werden. Ein Brückenträger der Havelbergbrücke wurde mit einer Strahlenquelle Co60 und Speicherfolien sowie mit Röntgenfilmen, die anschließend digitalisiert wurden, ge-prüft (Bild 9). Zur Reduktion der durchstrahlten Wanddicke wurde eine Bohrung oberhalb der Betonrippenstähle eingebracht. Die Strahlenquelle wurde an neun ver-schiedenen Positionen innerhalb der Bohrung positioniert und entsprechende Pro-jektionen aufgenommen, wobei die Detektorposition unterhalb des Brückenträgers nicht verändert wurde. Der Abstand Strahlenquelle-Detektor betrug 47 cm und die durchstrahlte Betondicke abhängig vom Einstrahlwinkel zwischen 42 cm und 56 cm.

Bild 7: Säulenjoch von Priene im Pergamon-Museum in Ber-lin.

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Bild 8: Position der Strahlenquelle und Speicherfolien am Messpunkt 11. Darstel-lung des Projektionsbildes.

Bild 9: Anordnung für die Brü-ckenträger-Prüfung.

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Danksagung Die Autoren danken der ARGE Pfanner für die Kooperation und freundliche Geneh-migung zur Publikation der Untersuchungsergebnisse vom Säulenjoch zu Priene im Pergamon Museum in Berlin. Weiterhin danken die Autoren allen Mitarbeitern von BAM-VIII.3 und BAM-VII.1, die zum Erfolg dieser Untersuchungen beigetragen ha-ben.

Bild 10: Computerlaminografie eines Trägers der Havelbergbrücke. Das Rekonstruk-tionsergebnis wurde aus neun Einzelprojektionen durch digitale Bildtranslation be-rechnet.

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Literatur

[1] H. Reiter, P. Arm: „Potential der ComScan-Technik zur Charakterisierung von Beton“; Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung, Jahrestagung 1995, Aachen, 22.-24. Mai, pp. 477-484

[2] U. Ewert, J. Stade, U. Zscherpel, K. Kaling: “Luminescene imaging plates in in-

dustrial radiography - first experience and comparison to the film”; Trends in NDE Science & Technology, Proceedings of the 14th World Conference on Non-Destructive Testing, New Delhi, 8-13 December 1996.Vol. 3, pp.1347 – 1350

[3] Ewert, U.: “Laminographic Techniques”; 1st. Workshop “NDT in Progress”, Trest

(Czech Republic), June 20.-22., 2001, pp. 151-158

Bild 11: Ortsbestimmung ausgewählter Rekonstruktionsebenen von Stahlarmierun-gen in einem 30 cm dicken Betonblock mit Computerlaminografie. Die Rekonstrukti-on wurde nur für vertikale Strukturen durchgeführt.

a) Rekonstruierte Schicht 27 cm oberhalb der Detektorebene. Ein und ein halber Stabstahl sind sichtbar. Rechts und links in dem Bild sind Rekonstruktionsartefakte bedingt durch den begrenzten Einstrahlwinkelbereich erkennbar. b) Rekonstruierte Schicht 18 cm oberhalb der Detektorebene. Ein Hohlraum ist er-kennbar. c) Rekonstruierte Schicht 10 cm oberhalb der Detektorebene. Zwei Stabstähle sind erkennbar. d) Rekonstruierte Oberfläche des Betonblocks, ca. 5 mm oberhalb der Detektorebe-ne. Erkennbar sind zwei Kreuze, welche zur Markierung der Oberfläche angebracht wurden.

c) d)

b) a)

DGZfP-Berichtsband 100-CD Fachtagung Bauwerksdiagnose Poster 6 Praktische Anwendungen Zerstörungsfreier Prüfungen 23.-24. Februar 2006, Berlin [4] U. Ewert, J. Robbel, C. Bellon, A. Schumm, C. Nockemann: "Digital Lami-

nography"; Materialforschung, 37 (1995), No.6, pp. 218-222. [5] V.Baranov, U.Ewert: ” Industrial application of digital tomosynthesis and special

types of non-linear backprojection algorithms”; Computer Methods and Inverse Problems in NDT and Diagnostics (CM NDT-95), Minsk, 1995, pp. 82-86.

[6] U. Ewert, V. A. Baranov, K. Borchardt: “Cross-sectional imaging of building e-

lements by new non-linear tomosynthesis techniques using imaging plates and 60Co radiation”; NDT&E International, Vol. 30, No. 4, (1997) 243-248