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1 Tourismus mit Zukunft Nachhaltigkeit im Tourismus Geschichte Rainer Reisgern kann auch anders biz-Bildungsmaterialien +++ Nachhaltiger Tourismus

Tourismus mit Zukunft - biz · 2018. 10. 26. · biz-Bildungsmaterialien +++ Nachhaltiger Tourismus. 2 3 3 Impressum Herausgeber Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und

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Tourismus mit ZukunftNachhaltigkeit im TourismusGeschichte Rainer Reisgern kann auch anders

biz-Bildungsmaterialien +++ Nachhaltiger Tourismus

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Impressum

HerausgeberBremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz)Reisgern-TextHenning Bleyl, [email protected] und Gestaltung Nicole KuepkeDruck Perspektiven OffsetdruckPapier RecysatinMit finanzieller Unterstützungdes BMZ und der Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa

© biz 2011, 2. Auflage

Im Text wird auf die weibliche Form der Sub-stantive zugunsten der besseren Lesbarkeit verzichtet, sie ist immer mit gemeint.

Der Herausgeber ist für den Inhalt allein verantwortlich.

Der Tourismus zählt zu den am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen.

Die Zahl der international Reisenden beläuft sich momentan (Stand 2010)

auf ca. 940 Millionen pro Jahr. Weltweit beschäftigt die Tourismusbranche

mehr als 200 Millionen Menschen.

Am Leitbild der Nachhaltigkeit orientiert, kann Tourismus ein bedeutender

Entwicklungsfaktor sein, gerade auch für die Länder des Südens. Zwar

ist nachhaltiger Tourismus bisher noch ein Nischen-Segment, doch seine

Grundsätze fi nden vermehrt auch im Volumenmarkt Beachtung.

Die Broschüre möchte Ihnen einen Überblick über eine zukunftsfähige Tou-

rismusentwicklung verschaffen und Anregungen für die Einbindung des The-

mas »Nachhaltigkeit im Tourismus« in den Unterricht geben.

Des Weiteren bietet eine CD den Lehrkräften ausgewählte Arbeits- und Akti-

onsvorschläge für den Einsatz im Unterricht.

Wir wünschen Ihnen interessante Anregungen!

Randy Haubner und Angelika Krenzer-Bass

Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz)

Tourismus ist wie Feuer. Man kann damit seine Suppe kochen oder seine Hütte verbrennen.asiatisches Sprichwort

Inhaltsverzeichnis

4 Geschichte – Rainer Reisgern kann auch anders

10 Nachhaltigkeit im Tourismus – Was steckt dahinter?

12 Zwölf Ziele eines nachhaltigen Tourismus

14 Lebenszyklus einer Destination

15 Beispiele von Destinationsentwicklungen

16 Touristische Dienstleistungskette

18 Akteure im Tourismus

19 CSR – Corporate Social Responsibility

20 Konzepte und Vermarktung des nachhaltigen Tourismus

21 Gütesiegel und Richtlinien

22 Was können die Profi s der Tourismusbranche tun?

24 Links

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ECO-RESORT

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Rainer Reisgern streckte behaglich die Beine aus. Die Liege aus

unbehandeltem heimischen Holz knarzte unter seinem Gewicht –

aber der aus dem Nachbardorf stammende Tischler hatte offenbar

solide Arbeit geleistet. In anderen Urlauben hatte Reisgern schon so

manches Plastikmöbel unter sich begraben. Entspannt ließ er sich

zurücksinken.

Auf dem Gesicht des jungen Tourismuskaufmanns breitete sich

ein zufriedenes Lächeln aus. Früher, ja früher, da hätten ihn

keine zehn Pferde in so ein »Eco-Resort« gebracht. Reisgern

schüttelte schmunzelnd den Kopf: »Nachhaltiger Tourismus«?

Darunter hatte er allenfalls die Frage verstanden, wie lange die

Urlaubsbräune zu Hause noch anhielt. Oder ob er sich nur eine oder

doch wenigstens zwei Wochen nach Ferienende noch an

das Erholungsgefühl erinnern konnte. Reisgern hatte einen

anstrengenden Job, er arbeitete in einer ziemlich dynamischen

Branche. Aber jetzt ging es ihm gut.

Seit einige der wirklich großen Reisekonzerne auf Nachhaltigkeit

setzten, hatte sich auch für deren Mitarbeiter einiges verändert.

Zum Glück gehörte Reisgerns Firma zu denen, die ihre Leute regel-

mäßig in die neuen Eco-Resorts schickte, damit sie die Kunden aus

eigener Anschauung für deren Angebote begeistern konnten.

Reisgern sah sich um. Die schicken Bungalows waren nicht

an einem europäischen Reißbrett entstanden, sondern von einer

einheimischen Firma entworfen und errichtet worden. Jetzt fi el ihm

auch auf, warum es hier so herrlich still war: Statt auf ewig surrende Kli-

maanlagen zu setzen war die Anlage geschickt in die kühle Senke des

Palmenhains eingefügt.

Schon der Shuttle vom Flughafen hierher mit den vielen Fahrrad-

Rikschas und Elektro-Bussen für das Gepäck war irgendwie anders

gewesen. Die hoch engagierten Animateure stammten zum Teil aus

der Umgebung, was sich in einem außergewöhnlichen Exkursions-

Programm bemerkbar machte.

l MODUL 1 l ARBEITSANREGUNGEN ZUR GESCHICHTE

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Gut: Golf hätte Reisgern jetzt schon ganz gern gespielt – schließ-

lich hatte ihm der Arzt Bewegung verordnet. Aber seit er in einem

Buch über die Philippinen gelesen hatte, dass man an Stelle der Golf-

platz-Bewässerung 65 Hektar Reis anbauen könne, war ihm das mit

der Verhältnismäßigkeit klar geworden.

Und der am Nachmittag angebotene Esel-Ausfl ug zu einem traditio-

nellen Handwerkerdorf würde ihn auch von einigen Kalorien befreien.

Reisgern stemmte sich aus seinem Liegestuhl und ging zur Bar.

Ja, in Sachen Essen und Trinken hat sich auch einiges verändert,

dachte er nach dem ersten Schluck Eco libre, einem zu hundert

Prozent aus regionalen Zutaten gemixten Zuckerrohr-Cocktail.Plötz-

lich musste er losprusten: Was hatten die Leute erst geschimpft

als sie im Urlaub nicht mehr ihr Bier von daheim und das gewohnte

Wiener Schnitzel bekamen! Jetzt aber war der Slogan »ausschließlich

einheimische Küche« zum Werbespruch geworden – die Urlauber

waren geradezu verrückt nach den vor Ort produzierten Spezialitäten.

Und warum das Ganze? Auch dazu gab es eine Zahl: Einige Länder

verbrauchen bis zu 80 Prozent ihrer gesamten Tourismuseinnahmen

für den Import von Gütern – zur Versorgung der Touristen.

Reisgern hatte satte drei Wochen Urlaub vor sich. Seit die Flugge-

sellschaften ihre CO2-Aufschläge konsequent an die Fluggäste wei-

tergaben, ging der Trend wieder zu längeren Reisen. Reisgern seufzte

zufrieden. Das ewige Immer-weiter-weg für immer kürzere Zeit, das

auch seinen eigenen Job so hektisch und kurzatmig gemacht hat-

te, gehörte Gott sei Dank der Vergangenheit an. Gerade als Touristi-

ker wusste er: Anders geht’s nicht. Sonst würden ihnen in absehbarer

Zeit die schönsten Insel-Paradiese überfl uten. Oder man würde sich

wegen der fi esen UV-Strahlung überhaupt nicht mehr in die Sonne

trauen – unwillkürlich rutschte Reisgern etwas tiefer in den Schatten.

»Turbo-Tourismus«, dachte Reisgern. Der Ausdruck gefi el ihm.

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MODUL 1

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Sandra würde er auch gefallen. Trotz des Schattens überzog ein

zartes Rot Reisgerns Wangen. Er hatte Sandra bei einer dieser neuen

Fortbildungen über Nachhaltigkeits-Siegel kennen gelernt. Sandra

hatte ihnen regionale Tourismus-Netzwerke vorgestellt, in denen

sich europäische Reisemanager mit einheimischen Kleinunternehmer-

Verbänden und Umweltschutzorganisationen zusammen fanden –

Reisgerns jetziger Urlaub war das Ergebnis solcher Bemühungen.

Der Aufbau dieser Netzwerke war nicht immer einfach ge-

wesen, auch daraus hatte Sandra keinen Hehl gemacht. Da ging

es um die Einbindung möglichst vieler Beteiligter, die Analyse sozio-

ökonomischer und ökologischer Rahmenbedingungen,

das wechselseitige Respektieren von Interessen. Und auch auf

das Denken in längerfristigeren Rentabilitäten musste man sich erst-

mal einstellen. Reisgern nahm einen tiefen Schluck Eco libre.

Am Schluss ihrer Power Point-Referate hatte Sandra immer

dieses indische Sprichwort an die Wand geworfen:»Tourismus ist wie

Feuer« – war Sandra das nicht auch? – »Du kannst Deine Suppe damit

kochen oder Dein Haus damit abbrennen.« Das mit der Suppe wollte

Reisgern gleich mal ausprobieren: Das Resort-Restaurant hatte jetzt

immer diese leckere und gar nicht fette Kokos-Reis-

Kreation auf der Karte.

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Nachhaltigkeit im Tourismus – Was steckt dahinter?

Historie der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit ist ein Begriff aus der Forstwirtschaft (erstmals urkundlich erwähnt 1560 bzw. 1713) und bedeutet: Dem Wald nur so viel Holz entnehmen, wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie komplett abgeholzt wird sondern sich immer wieder regenerieren kann.

1987 »Our Common Future« (Brundtland-Bericht)Erstmalige Formulierung der Idee, ökonomische, soziale und ökologische Aspekte unter dem Stichwort »nachhaltige Entwicklung« zu vereinen, diese nicht mehr unabhängig von-einander zu betrachten und auf alle Bereiche des menschlichen Lebens und Wirtschaftens auszudehnen.

Internationale Konventionen seit 1992 1992 fand die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro statt. In der dort von über 170 Nationen verabschiedeten Agenda 21 wurde »Sustainable Development« als das wichtigste weltweite Entwicklungsziel aufgenommen und erstmals zur Leitlinie für alle Bereiche des globalen Handelns bestimmt.Ein erster Vorläufer, der das Thema Tourismus im Rio-Folgeprozess einbinden sollte, war im April 1995 die Weltkonferenz für nachhaltigen Tourismus auf Lanzarote. 1999 wurde der er-ste richtungsweisende Kodex für einen nachhaltigen Tourismus, der Global Code of Ethics for Tourism, verabschiedet. In den Folgejahren wurden weitere Erklärungen beschlossen (z.B. S. 12f), bei welchen Staaten, regionale Regierungen, der Privatsektor wie auch interna-tionale Organisationen Handlungsstrategien für eine nachhaltige Entwicklung im Tourismus gemeinsam konzipieren – in unterschiedlicher Akzentuierung und Verbindlichkeit.

Nachha

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Soziales

Ökono

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Ökologie

Tourismus spielt in der sozialen, ökologischen, ökonomischen und politischen Entwicklung vieler Länder eine entscheidende Rolle – er hat positive und negative Auswirkungen auf die Destinationen und ihre Bewohner. Gerade für die Länder des Südens fördert ein sozial- und umweltverträglicher Tourismus den individuellen und gemeinschaftlichen Nutzen auf Anbieter- und Nachfrageseite.

l MODUL 2 l REISEN, FERNE, FREMDE – EINSTIEG IN DIE NACHHALTIGKEIT

Nachhaltiger TourismusNachhaltiger Tourismus ist langfristig, d.h. in Bezug auf heutige wie auf künftige Gene-rationen, ethisch und sozial gerecht und kulturell angepasst, ökologisch tragfähig sowie wirtschaftlich sinnvoll und ergiebig. (forum umwelt und entwicklung, 1999)

Zieldreieck der Nachhaltigkeit

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Zwölf Ziele eines nachhaltigen Tourismusder Welttourismus-Organisation der Vereinten Nationen (UNWTO) 2005

1. ökonomische Realisierbarkeit Sicherung der Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit touristischer Zielgebiete

2. lokaler Wohlstand Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in den Tourismusprozess und Sicherung touristischer Einnahmen für die lokale Bevölkerung

3. Beschäftigungsqualität Sicherung und Steigerung des Lohnniveaus, der Vollzeitstellen und der Anzahl und

Qualität von Arbeitsplätzen und Zahlen eines angemessenen Lohns

4. soziale Gerechtigkeitgerechte Verteilung und Nutzung des Tourismuseinkommens zur Unterstützung sozialer Programme (z.B. Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen) und Schaffung von Einkommensmöglichkeiten für benachteiligte Bevölkerungsgruppen

5. Berücksichtigung der Besucherwünsche Gewährleistung eines sicheren und befriedigenden Urlaubs für alle Besucher

6. lokale Kontrolle Miteinbeziehung der lokalen Bevölkerung in Planungs- und Entscheidungs- prozesse bei der Tourismusentwicklung

7. Stärkung des Gemeinwohls Förderung der Lebensqualität in den Zielgebieten unter Achtung der sozialen Strukturen und des Zugangs zu Ressourcen

8. kultureller Reichtum Erhalt und Förderung des kulturellen Erbes und der lokalen Tradition in den Destinationen

9. intakte Umwelt Minimierung der schädlichen Einwirkungen auf die Natur und Anpassung des Tourismusaufkommens an die natürliche Umwelt

10. biologische Vielfalt Schutz von Naturräumen und Erhalt der zielgebietstypischen Flora und Fauna

11. Ressourceneffi zienz Minimierung des Einsatzes knapper Ressourcen (Wasser, Energie)

12. saubere Umwelt Reduzierung der Luft-, Wasser- und Bodenverschmutzung sowie der Abfall-

erzeugung durch Tourismus

Tourismus am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung orientiert, stellt einen Entwick-lungsfaktor für die Destinationen dar. Die aufgeführten Zwölf Ziele der UNWTO unter-stützen eine zukunftsfähige und langfristig stabile Tourismusentwicklung.

Im Jahr 2008 wurden die Zwölf Ziele eines nachhaltigen Tourismus durch die Formu-lierung eines weltweit gültigen Kriterienkatalogs bestärkt (herausgegeben u.a. von UNWTO). Konkrete Maßnahmen und Schritte unterstützen Reiseveranstalter und Rei-seunternehmen bei der Gestaltung eines nachhaltigen Tourismus.

Mehr Infos: www.sustainabletourismcriteria.org

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Lebenszyklus einer Destination

Eine Destination wird defi niert als geographischer Raum, den der jeweilige Gast als Reise-

ziel auswählt. Sie enthält sämtliche für den Aufenthalt notwendigen Einrichtungen für Be-

herbergung, Verpfl egung und Unterhaltung (vgl. BIEGER 2002).

In Anlehnung an Bezchlebová/Flasková 2002

Veränderte Rahmenbedingungen auf dem touristischen Markt führen dazu, dass sich die

Lebenszyklen von Destinationen verändern. Umso mehr besteht die Notwendigkeit, über

eine kontinuierliche Marktbeobachtung und mittels des Einsatzes von Indikatorensystemen

frühzeitig Informationen über relevante Veränderungen zu erfassen, um rechtzeitig Anpas-

sungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Destination vornehmen zu können

(Eisenstein et.al. 2010).

Bereits bei der Planung, Erschließung und weiteren Entwicklung einer touristischen De-

stination ist die Berücksichtigung von nachhaltigen Aspekten eine wichtige Vorausset-

zung, diese langfristig und für alle Akteure profi tabel zu erhalten. Eine sozial- und um-

weltverträgliche, aber auch ökonomisch ergiebige touristische Entwicklung sichert die

Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Destination.

EntdeckungEinbeziehung

EntwicklungKonsolidierung

StagnationPoststagnierung

Stabilisierung

Belebung

Schrumpfung

Anzahl der Besucher

Zeit

Beispiele von Destinationsentwicklungen

Benidorm – von Quantität zu Qualität?!Anfang der 1950er Jahre war Benidorm (Spanien,

Costa Blanca) noch ein Fischerdorf. In den 1960er

Jahren wurden dort vor allem Hochhäuser mit Hotels

für den Massentourismus errichtet, die die als Feri-

enziel bekannte Stadt prägen und ihr den Beinamen

»Manhattan am Mittelmeer« verliehen. Der Touris-

mus der Stadt hielt den daraus abgeleiteten nega-

tiven Auswirkungen auf Umwelt und Bevölkerung

nicht stand und die Touristen blieben aus. Nach

dieser relativen Stagnation des Tourismus ab Ende der 1980er Jahre wurde mehr Wert auf

qualitative Angebote gelegt: die Grundstücksgrößen pro Hotel wurden erhöht, die Häuser

baulich und im Freizeitangebot verbessert. Die Stadt hat sich durch diese noch andauernde

Verjüngung und qualitative Ergänzung als Tourismusziel wieder konkurrenzfähig gemacht.

Community based tourism in Gazi/KeniaAn der Südküste Kenias liegt das Fischerdorf Gazi.

Die Zerstörung der Mangrovenwälder drohte den Be-

wohnern, die Existenzgrundlage zu entziehen. Durch

den Gazi Women Mangrove Boardwalk versucht die

lokale Bevölkerung die Mangrovenwälder nachhaltig

zu nutzen. Das Projekt informiert Reisende und Ein-

wohner über das sensible Ökosystem und trägt so-

mit langfristig zum Schutz der Mangrovenwälder bei.

Darüber hinaus werden die Einnahmen aus dem

Projekt für Stipendien, das Wasser-Projekt der Gemeinde, die Verbesserung der Gesund-

heitsvorsorge und die Ausstattung der Schule verwendet. Das Projekt wird von den Frauen

des Dorfes betreut.

l l l MODUL 3 l LEBENSZYKLUS UND ERSCHLIESSUNG EINER TOURISTISCHEN DESTINATION

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Touristische Dienstleistungskette

Mit der Wertschöpfungs- oder Dienstleistungskette (supply chain) werden die verschiedenen

Aufgaben zur Leistungserbringung beschrieben. Sie reicht im Idealfall vom Lieferanten der

Rohstoffe über den Hersteller des Produktes bis hin zum Handel und damit zum Endverbraucher.

Das Besondere an der touristischen Dienstleistungskette ist, dass die einzelnen Dienst-

leistungen während ihres Produktionsprozesses konsumiert werden und somit nicht »auf

Lager« gelegt werden können. Alle Akteure (vom Personal bis zum Reisenden) können an

jeder Stelle Einfl uss auf das Produkt »Reise« nehmen, um es nachhaltiger zu gestalten.

DestinationEvent/Attraktion

Natur

Kultur

Landschaft

Klima

Museen

Gesundheit

MobilitätTransport

Bus

Bahn

PKW

Flugzeug

Fahrrad

Schiff

GastgewerbeVerpfl egung

Gaststättengewerbe

Restaurant

Imbiss

BeherbergungUnterkunft

Hotel

Pension

Ferienwohnung

Hostel

Camping

AnimationAktivität,

Unterhaltung

Tourangebote

Sportcenter

Theater

Kino

Bar

DistributionVerkauf, Marketing

Reisevermittler

Fremdenverkehrsämter

Marketing

Reiseliteratur

Medien

Partizipationlokale Bevölkerung,

Kunden

Einheimische

touristische Zielgruppen

OrganisationProduktentwicklung

und -erstellung

Reiseveranstalter

Tourismusorganisationen

Tourist-Informationen

hier noch ein Kasten?

l MODUL 4 l TOURISTISCHE DIENSTLEISTUNGSKETTE UND AKTEURE

in Anlehung an Fischer 2008; IMO 2002

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Akteure im Tourismus

Bei der Gestaltung und der Durchführung des touristischen Produkts – einer Reise – sind

viele Akteure beteiligt.

Jeder einzelne Akteur kann auf jeder Stufe der touristischen Dienstleistungskette seinen

Beitrag leisten, das Produkt Tourismus nachhaltiger zu gestalten.

Nachhaltiger Tourismus Wer ist dabei?

Reisende

Bildungs-

einrichtungen

einheimische

Bevölkerung

Umwelt- und Menschen-

rechtsorganisationen

Politik

Tourismus-wirtschaft

Corporate Social Responsibility (CSR)

= unternehmerische Gesellschaftsverantwortung und Verankerung nachhaltiger Aspekte

im unternehmerischen Zielleitsystem

CSR ist ein »Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis so-

ziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbezie-

hungen mit den Stakeholdern zu integrieren.« (Grünbuch der Europäischen Kommission)

CSR wird zunehmend als ein ganzheitliches, alle Nachhaltigkeitsdimensionen integrie-

rendes Unternehmenskonzept aufgefasst, das alle »sozialen, ökologischen und ökono-

mischen Beiträge eines Unternehmens zur freiwilligen Übernahme gesellschaftlicher

Verantwortung, die über die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen (Compliance) hinaus-

gehen« beinhaltet (Meffert et.al. 2005; Herchen 2007).

Konzept:

l MODUL 5 l INITIATIVEN UND LÖSUNGSANSÄTZE

Soziale Verantwortung

Arbeitspraktiken/

-bedingungen

Aus- und Weiterbildung

GemeinwesenÖkonomische

Verantwortung

Verteilung des Gewinns

Geschäftspraktiken

entlang der Supply Chain

Ökologische Verantwortung

Produktion

Produkt

Geschäftsbetrieb

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Konzepte und Vermarktung des nachhaltigen Tourismus

Welche Konzepte gehen bereits Richtung Nachhaltigkeit?Community based tourism/Gemeindetourismus – Fokus: Kontrolle über Tourismusent-

wicklung, direkte Beteiligung (Partizipation)

Fairtrade Tourism – Fokus: faire Preise, faire Löhne und Arbeitsbedingungen

Ferien auf dem Bauernhof/Landurlaub – Fokus: Landschaft/Natur, Landwirtschaft,

Unterstützung der lokalen Bevölkerung und lokaler Produkte

Ökotourismus – Fokus: ökologisch-verträglich, Förderung des Naturverständnisses,

Biodiversität/Naturschutz

Pro Poor Tourism – Fokus: Armutsbekämpfung

Wie kann Nachhaltigkeit im Tourismus vermarktet werden?2005 wurde von INVENT die Studie »Innovative Vermarktungskonzepte nachhaltiger Touris-

musangebote für den Massenmarkt – Traumziel Nachhaltigkeit« herausgegeben. Anhand

des »Zielgruppenmodells Urlaubs- und Reisestile« entstand eine Typologie von sieben

Zielgruppen mit charakteristischen Lebens- und Reisestilen im Massenmarkt.

Laut Studie sind ca. 30 Prozent des Massenmarktes explizit für ökologische und soziale Themen

ansprechbar: die anspruchsvollen Kulturreisenden und die Natur- und Outdoor-Urlauber.

Gütesiegel und Richtlinien

Gütesiegel können den Reisenden und Mitarbeitern der Tourismusbranche als Orientie-

rungshilfe für umwelt- und sozialverträgliche Angebote und Initiativen dienen. Zudem er-

höhen sie die Angebotstransparenz und können den Betrieben langfristig Markt- und Wett-

bewerbsvorteile einbringen.

Eine Auswahl:

BeherbergungBio Hotels – biologisch und ökologisch verträgliche Ausrichtung des Unterkunfts- und Verpfl egungsangebots

eco hotels certifi ed – Zertifi zierung für nachhaltig wirtschaftende Hotelbetriebe

Blaue Schwalbe – Unterkünfte für ökologischen und alternativen Urlaubsgenuss

Green Leaf – Zertifi zierung für erfüllte Umweltstandards

Touristische Dienstleistungenatmosfair und myclimate – Klimaschutzbeiträge und Emissionsrechner für Flugreisen

Blaue Flagge – Umweltsymbol für Sportboothäfen, Strände und Badestellen an Binnenseen

CSR-Tourism-certifi ed – Auszeichnung für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwor-

tung im Tourismus

EU Umweltzeichen – europäisches Gütesiegel für Verbraucherprodukte und Dienstleistungen

Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA) – Zertifi zierung verschiedener Leistungsträger

für Fairness in der Touristikbranche

Green Globe – internationale Zertifi zierung für nachhaltiges Unternehmensmanagement in

der Tourismusindustrie

Viabono – Dachmarke für ökologischen Tourismus in Deutschland

Blaue Schwalbe

10% 14% 16% 15% 14% 20% 11% -

unkonven-tionelle Entdecker

Natur- und Outdoor-Urlauber

traditionelle Gewohn-heitsurlauber

anspruchs-volle Kultur-reisende

Kinder- und Familien-orientierte

Sonne-Strand-Pau-schalurlauber

junge Fun- und Action-urlauber

in Anlehnung an INVENT 2005

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Was können die Profi s der Tourismusbranche tun?

Reisebüros können ...

... Reisende aufklären• umweltschonende An- und Abreise sowie Mobilität vor Ort anbieten

• auf Bahnangebote (z.B. Rail & Fly, Europa Spezial) aufmerksam machen

• Flugreisen nur bei längeren Aufenthalten und erst ab 700 km empfehlen

• über Flugkompensationen und Klimaschutzbeiträge informieren

(z.B. atmosfair, myclimate)

... über Land und Leute informieren • über die ökologische, sozio-kulturelle und wirtschaftliche Situation der Destinationen

informieren

• auf fragile Natur- und Lebensräume hinweisen (z.B. Regenwald, Berg- und Küstenregionen)

• Respekt für die einheimischen Kulturen schaffen

• den Buchungsunterlagen Informationsmaterial zu Land und Leuten beilegen

... Hinweise geben und Empfehlungen aussprechen • auf lokale Unterkünfte, Produkte und Dienstleistungen hinweisen

• Unterkünfte mit Wasser- und Energiesparmaßnahmen vorstellen

• Informationsmaterial zum Umweltverhalten, kulturellen Besonderheiten und über das

Angebot regionaler Verkehrsmittel verteilen

... Weiterbildungsangebote nutzen • Informations- und Bildungsangebote für Tourismusmitarbeiter über Nachhaltigkeit im

Tourismus nutzen

Reiseveranstalter können ...

... Reisen gestalten und durchführen • umweltschonende An-, Abreise und Mobilität vor Ort als Reisebaustein fest installieren

• Tragfähigkeitsgrenzen (»carrying capacity«) der Destinationen in ökologischer und so-

zio-kultureller Hinsicht beachten

• lokale Unterkünfte, Produkte und Dienstleistungen für das Angebot nutzen

• auf Energie- und Wassersparmaßnahmen sowie eine abfallarme Beschaffungspolitik

in den Hotels achten

• die einheimische Bevölkerung an der touristischen Entwicklung und Ausgestaltung

beteiligen

• darauf achten, dass Partneragenturen in der Destination Arbeits- und Menschen-

rechtsstandards einhalten (z.B. ILO-Kernarbeitsnormen, ECPAT)

• Naturschutzmaßnahmen unterstützen

• auf nachhaltige Kriterien bei den Leistungsträgern achten (z.B. über Gütesiegel)

... Reisemittler und Kunden über Angebote aufklären • durch Informationsmaterial und Veranstaltungen Reisemittler über die

Zusammenstellung der Angebote aufklären

• Gästeinformationen zum Umweltverhalten, kulturellen Besonderheiten und

über das Angebot regionaler öffentlicher Verkehrsmittel erstellen und verteilen

• Informationsabende für die Kunden veranstalten

l MODUL 6 l WERDE AKTIV!

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Links Portale, Organisationen und Initiativen

arbeitskreis tourismus und entwicklung (akte) – Schweizer Organisation, die sich

für einen Nachhaltigen Tourismus einsetzt www.akte.ch

atmosfair und myclimate – Klimaschutzbeiträge und Emissionsrechner für Flugreisen

www.atmosfair.de und www.myclimate.org

Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz) www.bizme.de

ECOTRANS – europäisches Netzwerk zu Nachhaltigem Tourismus www.ecotrans.org

ECPAT – Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung

www.ecpat.de

Fairunterwegs – Reiseportal für einen fairen Umgang mit Mensch und Natur auf Reisen

www.fairunterwegs.org

forumandersreisen (far) – Reiseportal und Verband klein- und mittelständiger Unterneh-

men unter dem Leitbild des Nachhaltigen Tourismus www.forumandersreisen.de

Naturfreunde Internationale (NFI)/respect – umwelt- und entwicklungspolitische Stimme

der NFI im Tourismus (Österreich) www.respect.at

Sympathiemagazine – Magazine des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung zu

ausgewählten Destinationen und Themen www.sympathiemagazin.de

The Global Partnership for Sustainable Tourism – globale Initiative der Vereinten Nationen

zur Unterstützung eines Nachhaltigen Tourismus (gegründet 2011)

www. globalsustainabletourism.com

TourCert – Corporate Social Responsibility in Tourism www.tourcert.org

Tourism Concern – britische, international operierende Organisation, die sich für einen ver-

antwortungsvollen Tourismus einsetzt www.tourismconcern.org.uk

tourism watch – Informationsdienst Dritte Welt-Tourismus www.tourism-watch.de

UNWTO – Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen www.unwto.org

Verträglich Reisen – Magazin für Reisen und Umwelt www.vertraeglich-reisen.de

VISIT – Voluntary Initiatives for Sustainability in Tourism www.ecotrans.org/visit/

Zukunft Reisen – Portal für zukunftsfähiges Reisen des Vereins für Ökologischen

Tourismus in Europa e.V. (Ö.T.E.) www.zukunft-reisen.de

Bildungsmaterialien

BNE-Portal – Unterrichtsmaterialien zu Themen der Nachhaltigen Entwicklung

www.bne-portal.de

CHAT der WELTEN – Fernreisen umwelt- und sozialverträglich

www.chatderwelten.de

EPIZ – Entwicklungspolitisches Informations- und Bildungszentrum e.V. – E-Learning-Kurs:

Nachhaltiger Tourismus

www.epiz-berlin.de/moodle

EWIK – Eine Welt Internetkonferenz/Portal Globales Lernen – Unterrichtsmaterialien zu

Themen der Nachhaltigen Entwicklung

www.eine-welt-netz.de

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Notizen

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Internationaler Studiengang Angewandte

Freizeitwissenschaft der Hochschule Bremen

Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz)Bahnhofsplatz 13 | 28195 Bremen | 0421 – 171910 | [email protected] | www.bizme.de

Mit fi nanzieller Unterstützung des BMZ und der Bevollmächtigten der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa