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Boley Geotechnik – Auenstraße 100 – 80469 München Trassenverschiebung aus Rutschhangbereich bei Thurnau Geotechnischer Bericht zum Feststellungsentwurf Erstellt im Auftrag von: Autobahndirektion Nordbayern Dienststelle Bayreuth Wittelsbacherring 15 95444 Bayreuth E DATUM 07.11.2018 BEARBEITER Dr.Wilfing/ Hr. Siebert TELEFON 089 - 30 90 87 7 - 46 E-MAIL [email protected] UNSER ZEICHEN CB/LW/PSI - 18018 BOLEY GEOTECHNIK Beratende und bauvorlageberechtigte Ingenieure BayIngK-Bau Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Erd-, Grund- und Felsbau Prüfsachverständige für Erd- und Grundbau nach PrüfVBau Anerkannt als Gutachter für Erd- und Grundbau, Felsbau, Geokunststoffe, Tunnelbau beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA) Auenstraße 100 80469 München Telefon +49 - 89 - 30 90 87 7 - 0 Telefax +49 - 89 - 30 90 87 7 -99 [email protected] www.boleygeotechnik.de STANDORTE München – Stuttgart GESCHÄFTSLEITUNG Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley Dr.-Ing. Claas Meier USt.-IdNr. DE 246124798 HypoVereinsbank München IBAN DE48 7002 0270 0656 7706 60 BIC HYVEDEMMXXX

Trassenverschiebung aus Rutschhangbereich bei Thurnau · 2018. 12. 12. · Geotechnischer Bericht zum Feststellungsentwurf Telefax +49 - 89 - 30 90 87 7 -99 Erstellt im Auftrag von:

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Boley Geotechnik – Auenstraße 100 – 80469 München

Trassenverschiebung aus Rutschhangbereich bei Thurnau

Geotechnischer Bericht zum Feststellungsentwurf

Erstellt im Auftrag von: Autobahndirektion Nordbayern

Dienststelle Bayreuth

Wittelsbacherring 15

95444 Bayreuth

E

DATUM

07.11.2018

BEARBEITER

Dr.Wilfing/ Hr. Siebert

TELEFON

089 - 30 90 87 7 - 46

E-MAIL

[email protected]

UNSER ZEICHEN

CB/LW/PSI - 18018

BOLEY GEOTECHNIK

Beratende und bauvorlageberechtigte Ingenieure BayIngK-Bau

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Erd-, Grund- und Felsbau

Prüfsachverständige für Erd- und Grundbau nach PrüfVBau

Anerkannt als Gutachter für Erd- und Grundbau, Felsbau, Geokunststoffe, Tunnelbau beim Eisenbahn-Bundesamt (EBA)

Auenstraße 100 80469 München

Telefon +49 - 89 - 30 90 87 7 - 0 Telefax +49 - 89 - 30 90 87 7 -99

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GESCHÄFTSLEITUNG

Prof. Dr.-Ing. Conrad Boley Dr.-Ing. Claas Meier

USt.-IdNr. DE 246124798 HypoVereinsbank München IBAN DE48 7002 0270 0656 7706 60 BIC HYVEDEMMXXX

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Inhaltsverzeichnis

1 Veranlassung und Aufgabenstellung ................................................................... 3

2 Verwendete Unterlagen ......................................................................................... 4

3 Lagebeschreibung ................................................................................................. 6

4 Untergrundverhältnisse ......................................................................................... 7

4.1 Geologischer Überblick und Diagenese ..................................................................... 7

4.2 Tektonik ..................................................................................................................... 8

4.3 Hydrogeologie ............................................................................................................ 9

5 Umfang der Baugrunduntersuchungen ............................................................... 9

5.1 Feldversuche ............................................................................................................. 9

5.2 Laborversuche ......................................................................................................... 10

6 Baugrundverhältnisse im Projektgebiet ............................................................. 11

6.1 Geologischer Schichtaufbau .................................................................................... 11

6.2 Grundwasserverhältnisse ......................................................................................... 13

7 Ergebnisse der bodenmechanischen Laborversuche ...................................... 15

8 Ergebnisse des Hangmonitorings ...................................................................... 20

8.1 Mess- und Monitoringkonzept .................................................................................. 20

8.2 Inklinometermessungen ........................................................................................... 21

8.3 Regelmäßige Hangbegehungen .............................................................................. 27

8.4 Zusammenfassung des Monitorings ......................................................................... 29

9 Versagensmechanismus ..................................................................................... 30

10 Bewertung der geologischen Verhältnisse „Bestandstrasse“ ......................... 31

10.1 Vorbemerkung ......................................................................................................... 31

10.2 Baugrundmodell ....................................................................................................... 32

10.3 Bewertung der Standsicherheit ................................................................................ 34

11 Variantenstudie .................................................................................................... 36

12 Bewertung der geologischen Verhältnisse Verlegungstrasse ......................... 40

12.1 Vorbemerkung ......................................................................................................... 40

12.2 Baugrundmodell ....................................................................................................... 41

12.3 Bewertung Standsicherheit Verlegungstrasse zw. Betr.-km 105+500 und 105+600 . 43

12.4 Bewertung der Standsicherheit Verlegungstrasse östlicher Einschleifpunkt ............. 46

13 Zusammenfassung und Empfehlungen ............................................................. 49

Anlagenverzeichnis .................................................................................................... 52

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1 Veranlassung und Aufgabenstellung

Die Bundesautobahn A70 Schweinfurt – Bamberg – Bayreuth verläuft bei Thurnau in einem

Rutschhang. Erste Rutschungen im Bereich um km 105+575 mit Schäden an der hanguntersei-

tigen Fahrbahn in Richtung Bayreuth traten bereits im Jahr 2001 auf. Nachdem es im Zeitraum

zwischen Herbst 2011 und Anfang 2012 zu erneuten Rutschungen kam, wurden auf Empfeh-

lung des Landesamtes für Umwelt im Bereich der Rutschung elf Bohrungen durchgeführt, die

größtenteils zu Inklinometer- sowie Grundwassermessstellen ausgebaut wurden. Auf der

Grundlage dieser Aufschlüsse wurde von uns eine Variantenstudie erstellt, in der verschiedene

Sanierungsvorschläge der Bestandstrasse ausgearbeitet und bewertet wurden.

Die Standsicherheit der Bestandstrasse ist demnach im Rutschhangbereich derzeit rechnerisch

nicht mehr nachweisbar.

Nachdem sich keine der untersuchten bestandsorientierten Hangsanierungsvarianten als dau-

erhaft standsicher erwies, wurde von der Autobahndirektion Nordbayern im Ergebnis einer geo-

logischen Trassenstudie auf Basis der bekannten geologischen Parameter des

Trassenumfeldes entschieden, eine Trassenverschiebung um ca. 150 m hangaufwärts zu un-

tersuchen („große Trassenverschiebung“). Auf Grund der Unklarheiten der Ausdehnung und

Grenzen des Rutschkörpers sowie des Baugrundmodells wurden daraufhin weitere 35 Auf-

schlussbohrungen (Kampagnen 1 bis 4) ausgeführt, um den möglichen Standort hinsichtlich der

Standsicherheit sowie der Tragfähigkeit der anstehenden Böden bewerten zu können. Aus den

Bohrungen wurden eine Vielzahl von Proben gewonnen sowie Laborversuche durchgeführt, um

ein belastbares, gesamtheitliches Baugrundmodell und eine Grundlage für die umfangreichen

Standsicherheitsberechnungen zu erhalten. Zehn dieser Bohrungen wurden im östlichen Be-

reich durchgeführt, um den Untergrund der „großen Trassenverschiebung“ in diesem Abschnitt

genauer zu klassifizieren und letztendlich belastbar absichern zu können.

Von der Autobahndirektion Nordbayern wurde Boley Geotechnik beauftragt, die Variante „große

Trassenverschiebung“ auf der Grundlage sämtlicher bodenmechanischer Laborergebnisse so-

wie der Auswertung der durchgeführten Feldarbeiten (Erkundungsbohrungen, Inklinometer,

Geodäsie) zu bewerten.

Dieses Dokument ist ein Geotechnischer Bericht zum Feststellungsentwurf der geplanten Tras-

senverschiebung und enthält eine Auswertung der Ergebnisse der umfangreichen Erkundungs-

kampagnen 1 bis 4 sowie eine Bewertung der Standsicherheit der Verlegungstrasse.

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2 Verwendete Unterlagen

Dem vorliegenden geotechnischen Bericht liegen folgende Unterlagen zugrunde:

[U1] Bayerisches geologisches Landesamt;

[U1.1] Vorabzug der Geologischen Karte Bayern 1:25 000, Blatt 5934 Thurnau inkl. Er-

läuterungen

[U1.2] Geologische Karte von Bayern 1:500 000 inkl. Erläuterungen, 4. Auflage 1996

[U2] TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH, Nürnberg;

[U2.1] Gutachten BBV 1313164 „Erstellung des Geotechnischen Berichts zur Sicherung

der BAB A70 im Bereich des Hangrutsches bei Thurnau“ vom 28.01.2014

[U2.2] Gutachten BBV 1313164/2 „Ergänzungsgutachten zu BBV 1313164 vom

28.01.2014; Sicherung der BAB durch eine Pfahlwand entlang des Standstrei-

fens“ vom 10.07.2014

[U2.3] BAB A70 Hangsicherung Thurnau – Geländemodell mit Sicherung –

km 105+560; Stand: April 2015, Eingang: 19.06.2015

[U3] Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle Bayreuth;

[U3.1] Mündliche Angaben von Seiten der Autobahndirektion Nordbayern, Dienststelle

Bayreuth im Zuge des Startgesprächs am 17.07.2015

[U4] Boley Geotechnik, München;

[U4.1] Variantenstudie zur Sicherung des Rutschhangs im Bereich km 105+500 bis

km 105+650 (bzw. km 105+400 bis km 105+700) vom 02.12.2015

[U4.2] Mess- und Überwachungskonzept für den Rutschhang und die Bundesautobahn

im Bereich km 105+350 bis km 105+800 vom 13.09.2016

[U4.3] Statusbericht und Bewertung von Lösungsvarianten vom 10.11.2016

[U5] BLM Gesellschaft für Bohrlochmessungen mbH, Poing;

[U5.1] Bericht zu den geophysikalischen Bohrlochmessungen „Erkundung BAB A70,

Anschlussstelle Thurnau-Ost, Bohrung BK IB 7“ vom 02.06.2014

[U6] Universität der Bundeswehr München, Institut für Bodenmechanik und Grundbau;

[U6.1] Laborergebnisse aus Linerbohrungen der Kampagne 1, 2, 3 und 4

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[U7] Friedrich-Alexander-Universität Erlangen - Nürnberg, Institut f. Geologie und Mineralogie;

[U7.1] Geologisch-geotechnische Untersuchungen an zwei Hangbewegungen im Keu-

per des Nordbayerischen Deckgebirges, Diplomarbeit vorgelegt von Michael Rei-

chenberger, Juni 1998

[U8] Injekta Spezialtiefbau GmbH, Rosenheim;

[U8.1] BAB A 70 Hangrutsch zwischen Thurnau und Kulmbach, Profil 2, 106 + 200.00,

Injektionsbodennägel, Entwässerungsbohrungen, 07.07.1993

[U9] Höhnen & Partner Ingenieurgesellschaft, Bamberg;

[U9.1] Unterlagen Trassenverschiebung im Rutschhangbereich bei Thurnau (Lageplä-

ne, Höhenpläne, kennzeichnende Querprofile), Vorentwurf vom 30.11.2017

Technische Regelwerke

[R1] Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin

[R1.1] DIN EN 1997-1:2009-09, „Eurocode 7 - Entwurf, Berechnung und Bemessung in

der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln“

[R1.2] DIN EN 1997-1/NA:2010-12, Nationaler Anhang

[R1.3] DIN EN 1997-2:2010-10, „Eurocode 7 - Entwurf, Berechnung und Bemessung in

der Geotechnik - Teil 2: Erkundung und Untersuchung des Baugrunds“

[R1.4] DIN 1054:2010-12, „Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau –

Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1“

[R1.5] DIN 4084:2009-01, „Baugrund – Geländebruchberechnungen“

[R1.6] DIN EN ISO 22475-1:2007-01, „Geotechnische Erkundung und Untersuchung -

Probenentnahmeverfahren und Grundwassermessungen - Teil 1: Technische

Grundlagen der Ausführung“

Literatur

[L1] Transportation Research Board, Washington D.C.; Cruden, D. & Varnes, D.: Landslide

types and processes – In Special report 247: Landslides: Investigation and Mitigation,

1996

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3 Lagebeschreibung

Das Projektgebiet befindet sich südöstlich des Marktes Thurnau im Landkreis Kulmbach. Die

Autobahnanschlussstelle Thurnau-Ost liegt ca. 0,5 km westlich des Untersuchungsgebietes,

welches zum Großteil bewaldet ist oder landwirtschaftlich genutzt wird (Abb. 1).

Abb. 1: Lage des Projektgebietes bei Thurnau (Quelle: www.umweltatlas.bayern.de, aufge-

rufen am 04.09.2018, geändert durch Boley Geotechnik)

Die Geländeneigung der Thurnauer Höhe fällt stetig von Nord-Nordwest (ca. 420 mNN) nach

Süd - Südost (ca. 340 mNN) ab. Das westliche Projektareal weist morphologisch steilere Berei-

che auf, welche nach Osten zunehmend abflachen.

Die Autobahn ist in jede Fahrtrichtung zweispurig ausgebaut, jedoch besitzt nur die Fahrtrich-

tung Bayreuth (südliche Fahrspur) einen Seitenstreifen. Die nördlich der Autobahn verlaufende

Staatsstraße St 2189 verläuft von der Autobahnanschlussstelle Thurnau-Ost vorerst parallel zur

Autobahn und kreuzt die Fahrbahn von Nord nach Süd auf Höhe des Brückenbauwerks

BW 106 a, welches im östlichen Bereich des Untersuchungsgebietes liegt.

Projektgebiet

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4 Untergrundverhältnisse

4.1 Geologischer Überblick und Diagenese

Das Untersuchungsgebiet befindet sich geologisch gesehen in den Gesteinsfolgen des nord-

bayerischen Deckgebirges, genauer innerhalb der Süddeutschen Großscholle. Das nordbayeri-

sche Schichtstufenland umfasst Gesteinsserien der Trias bis zur Kreide sowie quartäre

Hangschuttablagerungen. Im Projektgebiet Thurnau treten vor allem Gesteine des Keupers

(mittlerer bis oberer Keuper) mit einer Schichtneigung von ca. 10° zu Tage (Abb. 2).

Abb. 2: Geologischer Überblick des Projektareals (blau umrandet) [U1.1]

Der mittlere Keuper umfasst den Burgsandstein sowie den Feuerletten. Der obere Keuper wird

von Rhätsand- bzw. Rhättonsteinen aufgebaut. Eine klare Abgrenzung zu den hangenden Lias-

Schichten ist oft nicht möglich, so dass das Schichtpaket teils als Rhät-Lias-

Übergangsschichten (Rhätolias) bezeichnet wird [U1.2]. Im Folgenden werden die für das Pro-

jekt maßgebenden Schichten kurz vorgestellt:

Oberer Burgsandstein (Mittlerer Keuper) [U1.2], [U7.1]:

Im oberen Burgsandstein dominieren sandig-dolomitische Schichten, welche unter semiariden

Bedingungen gebildet wurden. Im Bereich Thurnau sind mittel-grobkörnige, meist sehr dickban-

kige, gelbliche Sandsteine vorherrschend. Feinkörnige Lettenschichten können zwischenge-

schaltet sein. Diese sind vor allem im Übergang zum hangenden Feuerletten mit bis zu 2 m

Mächtigkeit markant.

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Feuerletten (Mittlerer Keuper) [U1.2], [U7.1]:

Der Feuerletten wird aus roten bis rotvioletten Tonen bzw. Tonsteinen aufgebaut. Innerhalb des

tonigen Feuerlettens können sandige sowie schluffige Partien vorkommen. Zudem wurden ver-

backene Linsen und Lagen innerhalb der Tone angetroffen. Das Material ist somit als sehr in-

homogen zu bezeichnen. Im ungestörten, überkonsolidierten Zustand besitzt das Gestein eine

hohe Festigkeit. Bei Wasserzugabe sowie Zerlegung verliert das Gestein schnell seine Festig-

keit und kann somit als veränderlich festes Gestein klassifiziert werden. Die rötliche Färbung

geht teilweise ins grünliche über, was vor allem in den oberen Schichten des Feuerlettens ver-

merkt wurde. Der farbliche Unterschied weist jedoch nicht zwingend auf eine Änderung der Ma-

terialzusammensetzung sowie -eigenschaft innerhalb der Gesteinsschicht hin. Im Gelände ist

ein Ausstreichen des Feuerlettens häufig mit Hangbewegungen und Quellaustritten verbunden.

Rhätolias (Oberer Keuper – Lias) [U1.2], [U7.1]:

Der Rhätsandstein setzt sich aus massigen, bräunlich-gelben, mittelkörnigen Sandsteinen zu-

sammen, welche tonige Zwischenlagen sowie -linsen aufweisen. Die Tonlagen sind reich an

Montmorillonit, welche eine hohe Quell- sowie Gleitfähigkeit besitzen. Die Abgrenzung zu den

hangenden Jura-Schichten (sandig-toniger Lias) ist häufig nicht klar ersichtlich, so dass die

Schichten als Rhät-Lias-Übergangsschichten bezeichnet werden. Die Sandsteinbänke bewirken

im Gelände meist eine Steilstufe, welche die Grenze zum Feuerletten deutlich macht. Es ist zu

erkennen, dass der Sandstein in Böschungsnähe stark aufgelockert und zu einzelnen Blöcken

zerlegt ist. Der Kontakt zum festen Gesteinsverband dieser Blöcke ist häufig nicht mehr gege-

ben.

Hangschuttablagerungen (Quartär) [U1.2], [U7.1]:

Wie in Abb. 2 zu erkennen ist, werden weite Teile des östlichen, hangunteren Rutschungsberei-

ches von Hangschuttmaterial überdeckt. Auch in den westlichen Bereichen kann eine gering

mächtige Hangschuttdecke vermerkt werden. Der Hangschutt besteht zum größten Teil aus

umgelagerten Sandsteinblöcken sowie Tonen, welche entweder aus den Zwischenschichten

innerhalb des Rhätolias oder des Feuerlettens stammen. Die Sandsteinblöcke können weit bis

in den unteren Hangbereich beobachtet werden, da sie auf der feinkörnigen Basis aus tonig-

schluffigem Material relativ leicht hangabwärts transportiert werden können. Zudem existieren

anthropogene Auffüllungen im Bereich der Autobahntrasse.

4.2 Tektonik

Die Süddeutsche Großscholle entstand durch die Prozesse der alpidischen Gebirgsbildung.

Hierbei wurde das variszische Grundgebirge durch Bruchtektonik in einzelne Schollen zerlegt

und es bildete sich ein Schichtstufenland mit einer leichten Neigung Richtung Südost [U1.2]. Im

Bereich des Kartenblatts Thurnau wurden durch diese Prozesse eine Vielzahl an Störungen

und Klüften kartiert. Diese Bruchstrukturen haben selten große Verwerfungsbeträge, sind aber

für die morphologische Ausprägung des Geländes entscheidend. Im Untersuchungsgebiet der

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BAB 70 wurden mehrere Aufschiebungsmechanismen festgestellt, welche die einzelnen

Schichtpakete gegeneinander verstellen.

4.3 Hydrogeologie

Das Projektgebiet wird entsprechend der Topographie des Hanges in südöstliche Richtung

durch den Markgrafenbrunnenbach entwässert. Dieser mündet wiederum in den Roten Main,

welcher das Gebiet großräumig Richtung Norden entwässert.

Grundwasserführende Schichten im Untersuchungsgebiet sind vor allem die Sandsteine des

Keupers (Burgsandstein). Auch die Sandsteinschichten des Rhätolias können als Aquifere be-

trachtet werden. Innerhalb dieser Schichten vorkommende Tonlagen bzw. -linsen führen zu

einer lokalen Verminderung der Wasserdurchlässigkeit.

Grundwasserstauende Schichten sind vor allem die Tone des Feuerlettens. Am Grenzbereich

zwischen Rhätsandstein und Feuerletten sind daher häufig Vernässungszonen und Quellaustrit-

te zu verzeichnen. Die während der ersten Sanierung der östlichsten Rutschung von 1991 ein-

gebrachten Horizontalbrunnen im Übergang des Sandsteins zu den Tonsteinen des

Feuerlettens liefern gemäß [U7.1] durchschnittliche Schüttungsmengen von 2 l/min. Bei tektoni-

scher Beanspruchung können Trennflächen innerhalb des Feuerlettens zu einer erhöhten hyd-

raulischen Durchlässigkeit führen.

5 Umfang der Baugrunduntersuchungen

5.1 Feldversuche

Für die Erkundung des geologischen Schichtaufbaus im Projektgebiet wurden zwischen Febru-

ar 2016 und Oktober 2017 insgesamt 35 Bohrungen in vier Kampagnen abgeteuft. Dabei wur-

den ca. 1.700 lfm Bohrkerne aufgenommen. Der überwiegende Teil wurde als Inklinometer-

oder Grundwassermessstelle ausgebaut. Darüber hinaus liegen Bohrprofile sowie Messergeb-

nisse aus älteren Bohrkampagnen vor (LGA, LfU [U2.1] bis [U2.3]). Die Lage und Ansatzhöhen

der Bohrungen und Messstellen sind in den Übersichtsplänen in den Anlagen 1.1 und 1.2 er-

sichtlich.

Ziel der Erkundungsbohrungen war es, ein ausreichend genaues Baugrundmodell hinsichtlich

der Schichtverläufe und der bodenmechanischen Eigenschaften der anstehenden Böden als

Grundlage für Standsicherheitsberechnungen zu erhalten. Auf der Grundlage der Inklinometer-

messungen können die Hangbewegungen hinsichtlich des Versagensmechanismus, der räum-

lichen Erstreckung des Rutschkörpers sowie der Deformationsraten beschrieben und

charakterisiert werden.

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Die Bohrungen wurden in den oberflächennah anstehenden Auffüllungen, Deckschichten,

Hangschuttablagerungen und in den obersten verwitterten Schichten des Rhäts im Rammkern-

verfahren ausgeführt. In den darunter folgenden Schichten des Rhätolias und des Feuerlettens

wurde auf Grund der schwereren Bohrbarkeit auf das Seilkernverfahren mit durchgehender

Probengewinnung nach DIN EN ISO 22475-1:2007-01 umgestellt. Um eine hohe und ungestör-

te Probenqualität zu erzielen (Entnahmekategorie A nach DIN EN ISO 22475-1:2007-01 bzw.

Güteklasse 1 nach DIN EN 1997-2:2010-10) wurden zudem PVC-Liner verwendet. Die unge-

störten Linerproben stellen die Grundlage für die zahlreichen bodenmechanischen Laborversu-

che, vor allem die Sonderversuche (Rahmen-, Kreisringscherversuche, einaxiale

Druckversuche, triaxiale Druckversuche) dar.

In der nachfolgenden Tabelle sind die bereits vorliegenden Baugrundaufschlüsse sowie die

durch Boley Geotechnik betreuten und aufgenommen Bohrungen einschließlich des Ausbaus

als Grundwasser- (GWM), Inklinometer- (IB), und Porenwasserdruckmessstelle (PWD) zusam-

mengestellt.

Tab. 1: Zusammenstellung der durchgeführten Bohrungen und Feldversuche im Projektge-

biet Thurnau, aufgeteilt in Erkundungskampagnen Boley Geotechnik und Bestands-

aufschlüsse

Versuchsart Kampagnen 1 bis 4 (Boley Geotechnik)

Bestandsaufschlüsse [U2.1] bis [U2.3]

Aufschlussbohrungen 35 17

Ausbau zur IB 17 10

Ausbau zur GWM 5 2

Ausbau zur PWD 1 -

Pumpversuche 3 3

Bohrlochrammversuche 39 -

Geodätische Vermessung Inklino-meterköpfe & Messpunkte

10 x IB und 16 x MP -

5.2 Laborversuche

Die gewonnenen Linerbohrkerne wurden zur Bodenansprache sowie zur Beprobung an die

Universität der Bundeswehr München gebracht. Die in Tab. 2 aufgelisteten Laborversuche wur-

den allesamt im Labor des Institutes für Bodenmechanik und Grundbau der Universität der

Bundeswehr durchgeführt [U6.1]. Insgesamt wurden bislang ca. 570 Versuche durchgeführt, um

die im Projektgebiet anstehenden Böden und Gesteine hinsichtlich ihrer bodenmechanischen

Eigenschaften detailliert charakterisieren zu können.

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Tab. 2: Zusammenstellung der durchgeführten bodenmechanischen Laborversuche im Zu-

ge der von Boley Geotechnik betreuten Bohrkampagnen

Versuch Norm/Empfehlung Anzahl

Kornverteilung DIN EN ISO 17892-4 131

Wassergehalt DIN EN ISO 17892-1 79

Zustandsgrenzen DIN 18122-1 114

Proctordichte DIN 1812 5

Korndichte DIN EN ISO 17892-3 5

Dichte feinkörniger Boden DIN EN ISO 17892-2 5

Lagerungsdichte DIN 18126 5

Glühverlust DIN 18 128 4

Rahmenscherversuch DIN 18137-3 47

Kreisringscherversuch DIN 18137-3 22

Triaxialversuch DIN 18 137-2/DGGT Nr. 2 20

Einaxialer Druckversuch DIN EN ISO 17892-7/DGGT Nr. 1 61

Kompressionsversuch DIN EN ISO 17892-5 18

Quellhebungsversuch HUDER & AMBERG (1970) 6

Wasserlagerungsversuch DIN EN ISO 14689 26

Wasserdurchlässigkeitsversuch DIN 18130-1 11

Cerchar-Abrasivitätsversuch NF P18-579 9

6 Baugrundverhältnisse im Projektgebiet

6.1 Geologischer Schichtaufbau

Durch das umfangreiche und engmaschige Erkundungsprogramm wurde der komplexe geolo-

gische Schichtaufbau eingehend untersucht. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden mit

den Ergebnissen der ehemaligen Untersuchungen der LGA ([U2.1], [U2.2], [U2.3]) sowie der

existierenden Diplomarbeit [U7.1] zusammengeführt, um das bisherige Modell zu erweitern. Im

Folgenden werden die in den Bohrungen angetroffenen Schichten ausgehend vom Hangenden

kurz aufgeführt.

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Dammschüttung:

Zwischen den Inklinometerstellen IB14 und IB17 (Betr.-km 105+500 bis 150+600) wurde im

Bereich der Autobahntrasse ein Bodenaustausch mit zementverfestigten Feinsanden durchge-

führt [U3.1]. Die Mächtigkeit reicht von 7,3 m bis 10,4 m. Eine Zementverfestigung wurde je-

doch nur selten vorgefunden, vielmehr wurde Feinsand als Hauptbestandteil festgestellt.

Hangschutt:

Eine Hangschuttüberdeckung mit variierender Mächtigkeit konnte im gesamten Projektgebiet

erkundet werden. Im hangunteren Bereich nimmt die Mächtigkeit zu. Die Komponenten sind

Verwitterungsprodukte des Rhätsandsteins sowie des Feuerlettens, so dass sich der

Hangschutt aus schluffigen Sanden und Kiesen zusammensetzt.

Rhätolias:

Die Schicht des Rhätolias besteht aus einer Wechselfolge von locker gelagerten Sanden, Ton-

Schlufflagen sowie Sandsteinen. Der Bohrlochscan [U5.1] bei der Messstelle IB7 (Betr.-km

105+550 ergab, dass die Sandsteine teils stark geklüftet sind. Die Ton-Schluff-Zwischenlagen

können bis zu mehrere Meter mächtig werden und sind vor allem wegen ihres hohen Montmoril-

lonitgehalts rutschungsanfällig [U7.1]. Die Schichten fallen in O-NO-Richtung ein und entspre-

chen somit annähernd dem Geländeverlauf. Die Mächtigkeit konnte mit etwa 25 m erbohrt

werden.

Feuerletten:

Die Schicht wird in einen oberen und unteren Feuerletten unterteilt werden, welche sich von der

Zusammensetzung kaum unterscheiden. Die Unterteilung beruht auf der Annahme, dass die

oberen Bereiche des Feuerletten durch Erosion und Verwitterung stärkerer Beanspruchung

ausgesetzt waren und somit teils stärker zerlegt sind. Ein farblicher Unterschied kann häufig

vermerkt werden, jedoch ist die Trennung zwischen oberen und unteren Feuerletten fließend

und nicht immer exakt bestimmbar. Im unteren Feuerletten können Bereiche mit bröckliger

Struktur (Bröckeltone) sowie Harnischflächen auftreten, was auf eine tektonische Beanspru-

chung hindeutet. Kalkkonkretionen wurden ebenfalls vermerkt. Die Schichten fallen in O-NO-

Richtung ein und entsprechen somit annähernd dem Geländeverlauf. Die Mächtigkeit konnte

mit etwa 85 m erkundet werden.

Burgsandstein:

Der Burgsandstein konnte in zwei Bohrungen (IB20, Betr.-km 105+500 und GWM10, Betr.-km

105+600) erbohrt werden. Hierbei handelt es sich um mittel- bis grobkörnige, meist sehr dick-

bankige, gelbliche Sandsteine. Teilweise sind feinkörnige Lettenschichten zwischengeschaltet.

Der geologische Schichtaufbau ist schematisch in Abb. 14 (S. 30) dargestellt.

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6.2 Grundwasserverhältnisse

Wie bereits in Kapitel 4.3 beschrieben ist im Projektgebiet von komplexen hydrogeologischen

Verhältnissen auszugehen, wobei sich bindige grundwasserstauende mit grundwasserführen-

den Schichten abwechseln und zumindest lokal von mehreren Grundwasserstockwerken über-

einander auszugehen ist. Für die Bewertung der Standsicherheit des Hanges wurden die

Grundwasserstände berücksichtigt, die in den für den Rutschmechanismus maßgebenden geo-

logischen Schichten angetroffen bzw. eingemessen wurden. Die betrifft die Schichten des Rhä-

tolias und der Feuerletten. In den Burgsandsteinen, die je nach Ansatzhöhe zwischen 70 m und

125 m u. GOK angetroffen wurden, liegen gespannte Grundwasserverhältnisse mit Druckhöhen

von ca. 20 m vor. Auf Grund der Tiefenlage der für den Hangrutsch maßgebenden Gleitflächen

wird dieser Grundwasserleiter jedoch nicht berücksichtigt.

Die nachfolgende Tabelle enthält eine Zusammenstellung der Ergebnisse der Grundwasser-

messungen basierend auf den regelmäßigen Grundwassermessungen samt Angabe der

Schwankungsbreite.

Tab. 3: Ergebnisse der regelmäßigen Grundwassermessungen von 12/12 bis 08/18

Bohrung mittleres GW

[mNN] max. GW

[mNN] min. GW [mNN]

GW-Schwankung [mNN

IB1 389,64 389,86 388,04 1,82

IB2 387,79 388,51 387,57 0,94

IB3 380,30 381,22 379,77 1,45

IB4 385,81 387,09 385,20 1,89

IB5 384,23 384,83 383,32 1,51

IB6 386,83 387,23 386,54 0,69

IB7 385,46 386,02 385,21 0,81

GWM8f 386,20 386,55 385,83 0,82

GWM8t 382,34 382,66 382,08 0,58

IB12 395,92 396,57 395,22 1,35

IB19 388,02 388,75 385,50 3,25

IB20 371,33 372,56 370,82 1,74

GWM7t 386,78 388,70 386,02 2,68

GWM11 393,31 393,51 392,72 0,79

GWM26 388,15 388,81 387,70 1,11

GWM28 367,88 368,10 367,32 0,78

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Der Großteil der Bohrungen wurde im Tiefenbereich mehrerer geologischer bzw. hydrogeologi-

scher Schichten mit Filterrohren ausgebaut bzw. mit Filterkies verfüllt, wodurch hydraulische

Verbindungen gegeben sind. Daher ist bei diesen Messstellen eine differenzierte Betrachtung

der einzelnen Grundwasserstockwerke – sofern diese vorkommen sollten – nicht möglich. Viel-

mehr ist auf Grund des Ausbaus von einem „Mischgrundwasserstand“ auszugehen, dessen

freie Oberfläche sich im Tiefenbereich der verfilterten bzw. mit Filterkies verfüllten Schichten

einstellt.

Im Zuge der Bohrkernaufnahmen wurden innerhalb der Rhätolias-Schichten und der Feuerlet-

ten zahlreiche Trennflächen festgestellt, die infolge großtektonischer Bewegungen und rezenter

Hangbewegungen entstanden sind und Wasserwegsamkeiten darstellen. Insofern ist hinsicht-

lich des für die Standsicherheitsberechnungen verwendeten Baugrundmodells anzunehmen,

dass die in den Grundwasser- und Inklinometermessstellen gemessenen Grundwasserstände

die tatsächlich vorliegende Grundwasseroberfläche innerhalb des Gebirges wiedergeben.

Die gemessenen und in Tab. 3 aufgeführten Grundwasserstände lassen sich wie folgt be-

schreiben und bewerten:

Bei den nordwestlich gelegenen Bohrungen IB12 und IB7neu wurden die höchsten Grundwas-

serstände bei knapp 396 mNN eingemessen, wobei die Flurabstände 10 m bzw. 20 m je nach

Geländehöhe betragen. Bei der im Südosten gelegenen Inklinometermessstelle GWM28 erge-

ben sich mit ca. 359 mNN bei einem Flurabstand von etwa 10 m die niedrigsten Grundwasser-

stände. Die genannten Grundwasserstände liegen unabhängig des Einfallens der

wasserstauenden Feuerletten je nach Bohrung unterschiedlich in den Rhätolias-Schichten bzw.

den Oberen Feuerletten.

Für das gesamte Projektgebiet lässt sich daher insgesamt ein Abfallen der Grundwasserober-

fläche bzw. -druckfläche von Nordwesten nach Südosten mit einem Gefälle von etwa 7 bis 8 %

ableiten. Auf der Grundlage der gemittelten Grundwasserstände lassen sich lokal auch deutli-

che Inhomogenitäten erkennen. Zum Beispiel ergeben sich im Bereich IB5 und IB20 auf einer

Distanz von ca. 50 m Höhenunterschiede der Grundwasseroberfläche von etwa 13 m, woraus

ein weitaus höheres Fließgefälle resultiert. Insgesamt muss daher auf Grund des Trennflächen-

einflusses von einer zumindest lokal deutlich reliefartig ausgebildeten Grundwasseroberfläche

bzw. -druckfläche ausgegangen werden.

Wie die statistische Auswertung der Grundwasserstände in der Tab. 3 zeigt, ist der Grundwas-

serleiter durch äußerst unterschiedliche und teilweise starke Schwankungen der Grundwas-

serober- bzw. -druckfläche gekennzeichnet, die zwischen ca. 0,5 m und 3,3 m liegen. Ein

räumlicher Trend mit Bereichen größerer bzw. kleinerer Grundwasserspiegelschwankungen

lässt sich nicht ableiten.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Grundwasseroberfläche- bzw. -druckfläche auf Grund des

Einflusses der Trennflächen sowie der erkundeten Inhomogenitäten in Form von bindigen Zwi-

schenlagen innerhalb der Rhätolias-Schichten nicht als eben ausgebildete Fläche mit gleich-

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bleibender Neigung anzusehen ist. Weiterhin muss von einem ausgeprägten Einfluss des

Trennflächengefüges und der Trennflächenausbildung infolge der andauernden Hangbewegun-

gen und letztlich auch von einem Einfluss der Niederschläge ausgegangen werden, sodass die

hydrogeologischen Verhältnisse sowohl durch lokale Inhomogenitäten als auch durch temporä-

re Schwankungen geprägt sind.

Dies verdeutlicht, dass der daraus resultierende Bergwasserspiegel nicht durch das Einfallen

der beiden maßgebenden geologischen Einheiten des Rhätolias und der Feuerletten, sondern

vielmehr durch die vorhandenen Trennflächen geprägt ist. Insofern muss gesamtheitlich von

einem Kluftgrundwasserleiter ausgegangen werden.

Um belastbare Berechnungsergebnisse zu erhalten, wurden für die Standsicherheitsberech-

nungen die in Tab. 3 aufgeführten maximalen Grundwasserstände angesetzt.

7 Ergebnisse der bodenmechanischen Laborversuche

Im Zuge des vorliegenden Geotechnischen Berichts für die Planfeststellung wird zunächst eine

Zusammenfassung der Laborergebnisse für die maßgebenden Versuche zur Klassifikation des

Gesteins sowie zur Betrachtung der Scherfestigkeiten mitgeteilt. Die Scherfestigkeiten der Pro-

ben wurden mittels Rahmenscher- / Kreisringscher- sowie Triaxialversuch ermittelt. Alle drei

Versuche liefern Aussagen über die Kohäsion sowie den Reibungswinkel. Der Kreisringscher-

versuch ergibt zudem die Restscherfestigkeit der Probe, welche im entfestigten Zustand ange-

setzt werden kann und somit als Minimalwert für die Standsicherheitsberechnungen dient.

Die große Anzahl an Laborversuchen zeigte, dass vor allem der Feuerletten ein sehr inhomo-

genes Material ist und hinsichtlich der Korngrößenverteilung sowie der Konsistenz stark

schwankt. Jedoch wurden auch innerhalb des Rhätolias unterschiedliche Bodenarten festge-

stellt. Durch die Inhomogenität innerhalb der einzelnen Schichten ist eine weitere Unterteilung

zur detaillierten Bodenbeschreibung sinnvoll.

Folgend werden die Lithologien näher beschrieben und hinsichtlich ihrer Scherfestigkeiten cha-

rakterisiert. Für jede Schicht werden zudem der Medianwert sowie das 25 % Quantil aufgelistet,

welche über alle Bodenarten innerhalb einer Schicht bestimmt werden. Der Median ist für eine

erste Einschätzung sinnvoll. Zusätzlich generiert er einen Wert, mit dem im Mittel für diese

Schicht gerechnet werden kann. Da für die Standsicherheitsnachweise der Trasse eine so

kleinräumige Einteilung in mehrere Bodenarten pro Schicht nicht umsetzbar ist, wurde zusätz-

lich das 25 % Quantil berechnet. Dieser Parameter stellt den Schwellenwert dar, über dem 75%

aller ermittelten Laborparameter liegen. Berechnungen mit diesem Wert spiegeln somit einen

ungünstigen Fall wider und berücksichtigen auch die Schwächezone innerhalb einer Schicht.

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Auffüllung:

Das Material der Auffüllung kann als Gemisch aus sandigen sowie tonig / schluffigen Partien mit

weicher bis halbfester Konsistenz beschrieben werden. Die Zusammenfassung der Rahmen-

scherversuche ist in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4: Zusammenfassung der Ergebnisse der Scherversuche für die Auffüllungen

Bodenart Anzahl Versuche φ‘ [°] c‘ [kN/m²]

S, U, T - Gemisch (weich - halbfest) 3 15,6 – 24,5 23,8 – 65,9

Median 24,1 51,9

25% Quantil 19,9 37,9

Rhätolias:

Die Proben des Rhätolias können neben festen Sandsteinen in feinkörnige Ton-/Schlufflagen

sowie entfestigte Sand-Kies-Gemische aufgeteilt werden. Die kompakten Sandsteinproben

wurden für die Ermittlung der einaxialen Druckfestigkeit sowie der Abrasivität herangezogen.

Für diesen Bericht sind vor allem die Scherparameter maßgebend, welche zur Berechnung der

Standsicherheit nötig sind. Da Scherparameter von Festgesteinen nur mit einem aufwendigen

Versuchsablauf bestimmt werden können und die kompakten Sandsteine nicht die Schwäche-

zonen des Gebirges darstellen, wurde der Fokus auf die Bestimmung der Scherparameter des

Lockergesteins (feinkörnige Zwischenlagen sowie zerlegter Sandstein) gelegt (Tab. 5).

Tab. 5: Zusammenfassung der Ergebnisse der Scherversuche die Rhätolias-Schichten

nach Unterteilung in Ton-/ Schlufflagen (T, U), Sand-Kies-Gemisch (S, G) sowie

verbackenen Sand (S).

Bodenart Anzahl Versuche φ‘ [°] φ‘R [°] c‘ [kN/m²]

T,U-Lagen 8 15,8 – 30,7 10,0 – 27,1 24,4 – 99,4

S, G-Gemisch 3 23,1 – 38,1 - 0,1 – 6,6

S (verbacken) 2 24,0 – 28,6 20,5 82,9 – 102,1

Median 23,1 13,8 48,0

25 % Quantil 18,9 10,4 24,4

Wie die Werte in Tab. 5 erkennen lassen, schwanken die Scherparameter innerhalb des Rhäto-

lias sehr stark. Dies liegt an der Wechsellagerung aus feinkörnigem (Ton-/Schluff) sowie grob-

körnigem Material (Sand-Kies-Gemisch). Die wechselnden Eigenschaften machen sich vor

allem bei der Kohäsion bemerkbar, welche für das Kies-Sand-Gemisch im Mittel bei 3,6 kN/m²

liegt (Abb. 3).

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Abb. 3: In den Scherversuchen ermittelte mittlere Scherparameter φ und c für die Bodenar-

ten Ton-/ Schlufflagen (T, U), Sand-Kies-Gemisch (S,G) sowie verbackenen Sand

(S) des Rhätolias.

Die feinkörnigen Lagen weisen dagegen im Mittel Werte von über 60 kN/m² auf. Für die Schicht

des Rhätolias bleibt somit festzuhalten, dass sowohl die feinkörnigen Lagen als auch das Sand-

Kies-Gemisch als Schwächezonen im Gebirge dienen. Der Hauptanteil dürfte von Sandstein

aufgebaut werden, wobei die Scherparameter des verbackenen Sandes die Eigenschaften des

Festgesteins am ehesten abbilden. Hier wurden als Scherparameter ein Reibungswinkel von

ca. 26° sowie eine Kohäsion von 92,5 kN/m² bestimmt.

Oberer Feuerletten:

Die Proben des oberen Feuerletten können fast ausschließlich als schwach schluffiger Ton be-

zeichnet werden. Trotz der einheitlichen Korngrößenverteilung variieren die boden-

mechanischen Kennwerte erheblich (Tab. 6, Abb. 4). Dies gilt vor allem für die ermittelte Kohä-

sion. Es zeigt sich, dass die Konsistenz der Tone maßgebend für die Varianz ist. So werden bei

steif bis halbfesten Tonen Kohäsionen von bis zu 125 kN/m² erreicht (im Mittel 82 kN/m²). Im

Gegensatz dazu weisen die weichen Tone nur eine Kohäsion von bis zu 45 kN/m² (im Mittel

28 kN/m²) auf.

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Tab. 6: Zusammenfassung der Ergebnisse der Scherversuche für den oberen Feuerletten

nach Unterteilung in die Bodenarten Ton - schluffig (T, u‘) mit steif – halbfester so-

wie weicher Konsistenz, verbackenem Ton - schluffig (T, u‘) sowie festem Ton (T).

Bodenart Anzahl Versuche φ‘ [°] φ‘R [°] c‘ [kN/m²]

T, u‘ (steif - halbfest) 7 13,4 – 24,1 - 49,0 – 126,0

T, u‘ (weich) 5 13,4 – 26,4 8,41) 11,3 – 45,9

T, u‘ (verbacken) 3 18,8 – 25,7 - 17,5 – 28,9

Tst, T (fest) 1 20,1 - 94,9

Median 19,0 - 47,5

25 % Quantil 16,0 - 27,9

1) Wert basiert auf einem Versuch

Abb. 4: In den Scherversuchen ermittelte mittlere Scherparameter φ und c für die Bodenar-

ten Ton - schluffig (T, u‘) mit steif – halbfester sowie weicher Konsistenz, verbacke-

nem Ton - schluffig (T, u‘) sowie festem Ton (T) des oberen Feuerletten.

Der niedrige Wert für verbackene Tone (im Mittel 24 kN/m²) ist versuchsbedingt zu erklären, da

die teils harten Partien innerhalb der Probe beim Abscheren zu sprunghaften Änderungen füh-

ren und somit keine genaue Ermittlung der Kohäsion möglich ist. Feste Tone bzw. Tonsteine

konnten nur an einer Probe untersucht werden und ergaben eine Kohäsion von ca. 95 kN/m².

Es zeigte sich somit, dass der obere Feuerletten hinsichtlich der Konsistenz ein extrem inho-

mogenes Material ist, in welchem weiche, steife, halbfeste sowie feste Bereiche vorkommen.

Der Wassergehalt ist demnach maßgebend für die Eigenschaften des Materials und führt zu der

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großen Schwankungsbreite der Kohäsion. Die weichen Lagen innerhalb des oberen Feuerletten

können daher als Schwächezone der Schicht gedeutet werden.

Unterer Feuerletten:

Die Schicht des unteren Feuerletten wird zum Großteil aus steif bis halbfestem Ton gebildet mit

einem mittleren, in den Scherversuchen gemessenen, Reibungswinkel von 21° sowie einer Ko-

häsion von 66 kN/m². Von insgesamt 29 Versuchen wurden 22 in dieser Bodenart durchgeführt.

Tab. 7: Zusammenfassung der Ergebnisse der Scherversuche für den unterern Feuerletten.

Unterteilung in die Bodenarten Ton (T), Ton, sandig (T, s) sowie kompaktem Ton-

stein (Tst).

Bodenart Anzahl Versuche φ‘ [°] φ‘R [°] c‘ [kN/m²]

T (steif-halbfest) 22 14,4 – 29,5 7,1 – 12,21) 10,9 – 112,4

T, s (steif) 6 21,1 – 33,7 8,92) 6,1 – 42,9

Tst 1 13,3 - 191,5

Median 21,2 10,2 63,7

25 % Quantil 19,0 8,8 33,9

1) Werte basieren auf 10 Versuchen 2) Wert basiert auf einem Versuch

Jedoch wurden auch innerhalb dieser Bodenart große Schwankungsbreiten hinsichtlich der bo-

denmechanischen Parameter verzeichnet (Tab. 7). Dies rührt durch die starke Inhomogenität

des Materials und kann somit nicht durch einen ungültigen Versuchsaufbau oder Einbaufehler

erklärt werden. Neben den reinen Tonen wurden auch sandige Partien festgestellt, welche sich

durch höhere Reibungswinkel (im Mittel 26,5°) und geringere Kohäsion (im Mittel 24 kN/m²)

kennzeichnen (Abb. 5). Kompakte Tonsteine bzw. feste Tone konnten nur an einer Probe un-

tersucht werden. Hier ergab sich eine hohe Kohäsion von fast 200 kN/m², welche einem typi-

schen Wert für Festgestein entspricht.

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Abb. 5: In den Scherversuchen ermittelte mittlere Scherparameter φ und c für die Bodenar-

ten Ton (T), Ton, sandig (T, s) sowie kompaktem Tonstein (Tst) des unteren Feuer-

letten.

Die Einheit des unteren Feuerletten lässt sich somit sehr schwer mit einem Wertepaar der

Scherparameter beschreiben. Die Bohrkernaufnahmen zeigen zudem, dass der kompakte Ton-

stein eher untergeordnet auftritt und nicht maßgebend für das bodenmechanische Verhalten der

Schicht ist. Hier scheinen die Charakteristika des steif bis halbfesten Tons maßgebend, welcher

die Schicht zum Großteil aufbaut.

Die in diesem Kapitel angegebenen Bodenkennwerte wurden aus der statistischen Auswertung

des umfangreichen Laborprogramms abgeleitet und stellen die Grundlage für die vorliegenden

globalen Standsicherheitsnachweise für den IST-Zustand des Rutschhanges dar. Die charakte-

ristischen Bodenkennwerte gemäß EC7 für die weitere Planung sind auf der Grundlage eines

Erkundungsprogramms für die Verlegungstrasse festzulegen.

8 Ergebnisse des Hangmonitorings

8.1 Mess- und Monitoringkonzept

Kernstück des von Boley Geotechnik entwickelten Mess- und Monitoringkonzepts sind die kon-

tinuierlichen Inklinometermessungen (Kapitel 8.2). Je nach Lage und Deformationsgeschwin-

digkeiten werden die Inklinometer alle 2 bis 12 Wochen gemessen. In der Messstelle IB15

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(Betr.-km 105+550) ist ein Ketteninklinometer mit kontinuierlicher, automatischer Datenerfas-

sung installiert, das eine permanente Überwachung des Hanges ermöglicht. Die Daten werden

täglich durch Boley Geotechnik ausgewertet, um eine schnell fortschreitende Tendenz unver-

züglich zu erkennen. Darüber hinaus werden die Inklinometerköpfe sowie ausgewählte Punkte

an der Fahrbahn im rutschungsaktiven Bereich tachymetrisch eingemessen. Die dritte Säule

des Mess- und Monitoringkonzepts bilden die durchgeführten Hangbegehungen, bei denen die

Fahrbahn sowie der hanguntere rutschungsaktive Bereich zweimal wöchentlich auf Verände-

rungen begutachtet werden.

Sämtliche Messergebnisse sowie Begehungsprotokolle werden Boley Geotechnik übermittelt

und ausgewertet. Die Mess- und Monitoringergebnisse sind Grundlage für eventuell erforderli-

che Handlungsschritte in Form von verkehrsrechtlichen Maßnahmen gemäß des von Boley Ge-

otechnik erstellten Warn- und Alarmplans (z.B. Sperrung einzelner Fahrspuren, [U4.2]).

In den folgenden Kapiteln werden ausgewählte Ergebnisse des Hangmonitorings dargestellt

und erläutert, um den derzeitigen Zustand des Projektgebiets hinsichtlich der auftretenden

Hangbewegungen zu beschreiben.

8.2 Inklinometermessungen

Für eine Beschreibung der Deformationsbeträge- und -geschwindigkeiten im Projektgebiet wer-

den im Folgenden exemplarisch drei Messstellen aus verschiedenen Bereichen des Hanges

herausgegriffen und näher erläutert.

Hangobere Inklinometermessstelle:

Als Beispiel für eine hangobere Inklinometernessstelle werden im Folgenden die Messergeb-

nisse der IB7 (Betr.-km 105+550) erläutert. Die hangoberen Inklinometer sollten grundsätzlich

keine Bewegungen über die systembedingte Messungenauigkeit hinaus anzeigen, da diese

oberhalb der Fahrbahn liegen und von der aktiven Hangbewegung noch nicht betroffen sind.

Dies ist vor allem für die IB6 und IB7 von Bedeutung, welche direkt am oberen Fahrstreifen lie-

gen. Sollten bei diesen beiden Inklinometern signifikante Verformungen gemessen werden,

würde dies ein Fortschreiten der Abrisskante bis unter die Bestandsautobahn bedeuten. In die-

sem Fall wären verkehrsrechtliche Maßnahmen, z.B. Sperrung einzelner Fahrspuren, erforder-

lich.

Die Auswertung bestätigt grundsätzlich die Annahme, dass keine signifikanten Bewegungen

stattfinden. Es zeigt sich jedoch, dass ein markanter Ausreißer in einer Tiefe von ca. 12,5 m seit

Beginn der Messungen auftritt (Abb. 6, rotes Rechteck). Hier wurden Gesamtdeformationen von

über 4 cm gemessen. Die hohen Werte lassen sich höchstwahrscheinlich dahingehend erklä-

ren, dass Dämmermaterial in eine locker gelagerte Sandlinse bzw. -lage oder in stark geklüfte-

ten Rhätsandstein ausgeflossen ist und infolge dessen Verformungen der Inklinometerrohre

aufgetreten sind. Bei diesem Phänomen dürfte es sich daher nicht um die eigentliche Hangbe-

wegung handeln, da der Bereich sowohl darunter als auch darüber unter Berücksichtigung der

Messungenauigkeit keine Bewegung aufweist. Bei einer möglichen Gleitfläche ist es höchst

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unwahrscheinlich, dass das gesamte darüber liegende Gesteinspaket starr an seiner Position

bleibt, so dass dieser Knick auf einen fehlerhaften Einbau zurückzuführen ist. Die Messstellen

oberhalb der Fahrbahn können daher weiter als Fixpunkte angenommen werden.

Abb. 6: Inklinometerauswertung der IB7 seit Beginn der Messung 09/16 bis 08/18. Darge-

stellt ist die Deformation in A- (links) sowie in B-Achse (rechts) mit dem markanten

Ausreißer bei 12,5 m Tiefe.

Inklinometermessstelle entlang Fahrbahn:

Als Beispiel für eine Inklinometermessstelle entlang der Fahrbahn wurde das Ketteninklinome-

ter IB15 (Betr.-km 105+550, südl. der Fahrbahn) herangezogen. Die Messungen ergeben zu-

nächst einen stetigen Anstieg der Gesamtdeformation seit Inbetriebnahme im September 2016

bis zu einem Wert von 1,3 cm (Stand 21.09.2018, Abb. 7).

Weiterhin ist eine Bewegung ab dem Fußpunkt bei 45 m bis zu einer gut ausgeprägten Gleitflä-

che bei ca. 10 m Tiefe zu erkennen (A-Achse, Abb. 8). Die Kurven eines Messtermins in A-

Richtung variieren deutlich zwischen positiver sowie negativer Bewegung. Dies stellt die kip-

pende sowie kriechende Bewegung der einzelnen Sandsteinblöcke auf den Tonzwischenlagen

klar dar. Die Schichtgrenze zwischen Rhätolias und unterlagerndem Feuerletten liegt in etwa

bei 21 m. Diese Angabe stimmt in etwa mit der Tiefenlage der starken Deformationsschwan-

kungen überein.

Die Bewegung an der Gleitfuge bei ca. 10 m Tiefe stellt die Schichtgrenze zwischen Damm-

schüttung und Rhätsandstein dar.

Die Messungen seit April 2017 zeigen zudem eine weitere mögliche Gleitfläche innerhalb des

Feuerletten bei einer Tiefe von ca. 24 m. Die Auswertung der resultierenden Deformation zeigt,

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dass auch nicht diskret ausgebildete Gleitflächen durch die Inklinometermessungen ermittelt

werden können.

Abb. 7: Inklinometerauswertung der IB15 seit Beginn der Messung 06/16 bis 08/18. Darge-

stellt ist die resultierende Deformation der A- sowie B-Achse.

Abb. 8: Inklinometerauswertung der IB15 seit Beginn der Messung 06/16 bis 08/18. Darge-

stellt ist die Deformation der A-Achse

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Der Grenzwert für die Gesamtdeformation für Inklinometer entlang der Fahrbahn liegt laut

[U4.2] bei 1,0 cm. Dieser festgelegte Grenzwert ist nach den aktuellen Messungen knapp über-

schritten. Da es sich um eine kriechende Hangbewegung handelt (Kapitel 9) und diese mit einer

plastischen Deformation der Gesteine einhergeht, ist nicht mit einem plötzlichen Versagen des

Gebirgsverbundes zu rechnen. Daher scheint die Deformationsgeschwindigkeit für das Ausru-

fen einer Alarmstufe ausschlaggebender zu sein als der absolute Betrag der Deformation. Die

Deformationsgeschwindigkeit wurde daher näher untersucht und in Abb. 9 für ausgewählte Tie-

fen dargestellt.

Abb. 9: Monatliche Deformationsgeschwindigkeit der IB15 für den Zeitraum von 05/17 bis

08/18. Dargestellt ist die Deformationsgeschwindigkeit für die Tiefen von 10 m, 24 m

und 30 m.

Als Tiefen wurden sowohl die zwei potentiellen Gleitflächen bei 10 m und 24 m Tiefe als auch

ein scheinbar fixer Bereich bei ca. 30 m Tiefe als Referenz ausgewählt. Dargestellt ist der Zeit-

raum von Mai 2017 bis August 2018.

Die Werte schwanken für die Gleitflächen bei 10 m und 24 m stark, wobei die maximalen De-

formationsgeschwindigkeiten von ca. 2,0 bis 2,5 mm/Monat von Oktober 2017 bis Februar 2018

aufgezeichnet wurden. Seitdem ist ein Rückgang der Deformationsgeschwindigkeiten festzu-

stellen. Die genannten 2,0 bis 2,5 mm/Monat liegen jedoch noch nicht im kritischen Bereich, da

für das Auslösen einer Alarmstufe gemäß des von Boley Geotechnik erarbeiteten Warn- und

Alarmplans ein Maximalwert von 20 mm/Monat festgesetzt wurde [U4.2]. Die Deformationsge-

schwindigkeiten für die Gleitflächen bei 10 m und 24 m liegen seit März 2018 im Mittel bei ca. -

0,2 mm/Monat. Der Referenzbereich in 30 m Tiefe (grüne Linie) weist bis auf den normalen,

messtechnischen Schwankungsbereich keine außergewöhnlichen Deformationswerte auf und

wird somit als fix angesehen.

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07.11.2018 Seite 25 von 52

Hanguntere Inklinometermessstellen:

Die IB20 (Betr.-km 105+600) soll als Beispiel für eine hanguntere Messstelle aufgeführt werden.

Hier zeigt sich ein anderes Bild als bei den zuvor dargestellten Inklinometern IB7 und IB15. Die

Auswertung ergibt eine diskrete, klar erkennbare Gleitfläche bei ca. 12,5 m Tiefe (Abb. 10).

Vom Fußpunkt bis zur Scherfläche zeigen die Messungen keine Bewegungen. Das darüber

liegende Schichtpaket bewegt sich als eine zusammenhängende Rutschmasse hangabwärts.

Dies bestätigt die Annahme, dass es sich bei dem untersuchten Projektgebiet um eine krie-

chende Hangbewegung handelt, bei der mit geringen aber kontinuierlichen Deformationsge-

schwindigkeiten zu rechnen ist. Durch die stetige Zunahme der Deformation wurde bei der IB20

nach ca. 10 Wochen eine Gesamtdeformation von 4,5 cm erreicht, was zum Abscheren der

Messstelle geführt hat. Dies bedeutet, dass die Inklinometerrohre auf Grund der starken Ver-

formung mit der Messsonde nicht mehr befahrbar sind und keine Messungen mehr durchge-

führt werden können. In Abstimmung mit der Autobahndirektion Nordbayern werden

abgescherte Inklinometer umgehend wieder neu hergestellt, um das umfassende Monitoring

permanent aufrecht zu erhalten.

Abb. 10: Inklinometerauswertung der IB20 (nach der 2. Wiederherstellung) seit Beginn der

Messung 11/2017 bis zum Abscheren 01/18. Dargestellt ist die Deformation in A-

(links) sowie in B-Achse (rechts) mit der markanten Gleitfläche bei 12,5 m Tiefe.

Seit August 2016 musste die IB20 auf Grund der hohen Deformationsraten bereits drei Mal sa-

niert bzw. neu hergestellt werden. Die nahe liegenden Inklinometer IB3, IB4 und IB8 zeigten

ähnliche Verschiebungsbeträge und mussten ebenso teilweise mehrmals saniert werden. In der

folgenden Tabelle sind die Messzeiträume der mehrmals abgescherten Inklinometer mit den

entsprechenden Deformationsgeschwindigkeiten aufgelistet.

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07.11.2018 Seite 26 von 52

Tab. 8: Messzeiträume und Deformationsgeschwindigkeiten von mehrmals abgescherten

Inklinometern im rutschungsaktiven Bereich

Inklinometer Messzeitraum Deformation [cm]

Deformationsgeschwindigkeit [cm/Monat}

IB3/1 09/16 bis 12/17

16 Monate 7,5 2,1

IB3/2 01/18 bis 03/18

3 Monate 22,0 7,3

IB3/3 seit 08/18 - -

IB4/1 04/17 bis 01/18

11,5 Monate 4,5 0,3

IB4/2 seit 08/18 - -

IB8/1 04/17 bis 03/18

11,5 Monate 14 1,2

IB8/2 04/18 bis 06/18

2 Monate 2 1,0

IB8/3 seit 08/18 - -

IB20/1 08/16 bis 02/17

6 Monate 2,5 0,4

IB20/2 03/17 bis 07/17

3,5 Monate 8 2,3

IB20/3 11/17 bis 01/18

2,5 Monate 4,5 1,8

IB20/4 seit 08/18 - -

Neben den in der Tabelle aufgeführten Inklinometern sind auch die IB1, IB2 und IB5 abgeschert

und nicht mehr messbar. Auf Grund der teilweise sehr kurzen Messzeiträume und des in der

Zwischenzeit hergestellten Ketteninklinometers direkt neben der südlichen Fahrspur wurden

diese Inklinometer nicht mehr saniert.

Aus den Inklinometermessungen der hangunteren Inklinometer sowie die Messzeiträume der

mehrmals abgescherten Inklinometer lässt sich Folgendes ableiten:

Die abgescherten Inklinometer liegen ausschließlich südlich der Bestandsautobahn. Die größ-

ten Deformationsgeschwindigkeiten liegen im Bereich, IB3, IB4, IB5, IB8 zwischen km 105+500

bis 105+600. Hier wurden Deformationsgeschwindigkeiten von bis zu mehreren Zentimetern pro

Monat gemessen, was auf Grund des Abscherens der Inklinometerrohre zu teilweise sehr kur-

zen Messdauern führte. Dieser Abschnitt kann als rutschungsaktiver Bereich bezeichnet wer-

den.

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07.11.2018 Seite 27 von 52

Bei den Messdauern ist ein Trend hinsichtlich zunehmender Deformationsgeschwindigkeiten

erkennbar. Derzeit können die hangunteren Inklinometern nur wenige Monate bis zum Absche-

ren befahren und gemessen werden.

In Abstimmung mit der Autobahndirektion Nordbayern werden trotz des hohen Materialver-

schleißes die abgescherten Inklinometer regelmäßig neu hergestellt, um ein lückenloses und

flächendeckendes Hangmonitoring weiterhin zu gewährleisten und den Warn- und Alarmplan

aufrecht zu erhalten.

8.3 Regelmäßige Hangbegehungen

Die durch die Autobahnmeisterei Thurnau durchgeführten Hangbegehungen zeigen, dass seit

Januar diesen Jahres (01/2018) vermehrt deutlich erkennbare Veränderungen im Bereich des

Rutschhanges südlich der Bestandsautobahn festgestellt wurden, sodass das Intervall der Be-

gehungen von einmal auf zweimal pro Woche erhöht wurde.

Fotos zu den Veränderungen des Rutschhanges seit Januar 2018 sind der Fotodokumentation

in der Anlage 6 enthalten. Die oberflächennahen Veränderungen lassen sich wie folgt beschrei-

ben:

Risse und Sackungen in der Steinschüttung:

Die deutlich erkennbaren Risse verlaufen derzeit etwa von Betr.-km 105+550 bis 105+580 aus-

gehend von der Berme schräg nach oben in Richtung Fahrbahn (Abb. 11).

Abb. 11: Rissbildungen in der Steinschüttung

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07.11.2018 Seite 28 von 52

Infolge der Hangbewegungen wurde im Laufe des Jahres eine Verlängerung der Risse nach

Osten hin beobachtet. Zudem wurden lokal Sackungen des grobkörnigen Schüttmaterials bzw.

Hohlräume innerhalb der Steinschüttung von mehreren Dezimetern festgestellt. Der genaue

Verlauf der Risse ist im Nahbereich des südlichen Seitenstreifens nur ungefähr nachzuvollzie-

hen. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Risse bis unterhalb der Be-

standstrasse weiter fortsetzen.

Setzungen und Rissbildungen entlang der Berme:

Annähernd parallel zu den Rissen in der Steinschüttung wurden seit diesem Jahr vermehrt Ris-

se im Bereich der Berme und im Hang unterhalb der Steinschüttung etwa zwischen Betr.-

km 105+550 und 105+650 festgestellt (Abb. 12). Derzeit weisen die Risse eine Länge von bis

zu 100 m und eine Öffnungsweite von bis zu 6 cm auf. Um ein Eindringen von Regenwasser

und eine zusätzliche Destabilisierung des Hanges zu vermeiden, werden offene Risse umge-

hend mit Quellton verfüllt. Einhergehend mit den Rissen treten zudem deutliche Setzungser-

scheinungen bzw. Geländeversätze von mehreren Dezimetern auf.

Abb. 12: Rissbildung im Bereich der Berme (mit Quellton verfüllt)

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Risse im Bereich der Bestandsautobahn:

Zwischen Seitenstreifen und Randstein wurde im März 2018 Jahres ein kleiner Riss auf einer

Gesamtlänge von ca. 10 m bei km 105+600 entdeckt (Abb. 13). Ob dieser durch die Hangbe-

wegung oder durch Auffrierungen infolge von Frosteinwirkung über einen längeren Zeitraum

hervorgerufen wurde, kann nicht abschließend geklärt werden. Eine Verlängerung des Risses

bzw. eine Öffnung der Rissbreite konnte seitdem nicht beobachtet werden.

Abb. 13: Rissbildung im Bereich Seitenstreifen

8.4 Zusammenfassung des Monitorings

Die regelmäßigen Ortsbegehungen zeigen seit Anfang des Jahres deutliche Veränderungen in

Form von Rissbildungen und Sackungen in der Steinschüttung sowie Rissbildungen im Bereich

der Berme südlich der Fahrspur. Diese Phänomene stehen im Einklang mit den Ergebnissen

der Inklinometermessungen. Wie die Inklinometer IB3, IB4, IB8 und IB20 zeigen, wurden erhöh-

te Deformationsgeschwindigkeiten von teils mehreren cm im Monat aufgezeichnet, was zum

regelmäßigen Abscheren dieser Inklinometer führte.

Die Hangbewegungen mit den höchsten gemessenen Deformationsgeschwindigkeiten liegen

zwischen km 105+500 bis 105+600, sodass dieser Abschnitt als rutschungsaktiver Bereich be-

zeichnet werden kann.

Hinsichtlich der Deformationsgeschwindigkeiten ist daher festzuhalten, dass seit Beginn des

Jahres eine Beschleunigung der Hangbewegungen zu erkennen ist. Dies kann sowohl qualitativ

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07.11.2018 Seite 30 von 52

durch die deutlich erkennbaren Rissbildungen als auch quantitativ durch die Inklinometermes-

sungen nachgewiesen werden.

Nördlich der Bestandsfahrbahn wurden bisher noch keine Hangbewegungen festgestellt, so-

dass der derzeit aktive Rutschbereich südlich der Autobahn angenommen werden kann.

9 Versagensmechanismus

Die Erkenntnisse aus den Erkundungsbohrungen (Bohrprotokolle, Bohrkernaufnahmen), den

Laborversuchen (Ermittlung der bodenmechanischen Kennwerte) sowie aus den Inklinometer-

messungen können zu einem geomechanischen Modell zusammengefügt werden, welches den

Versagensmechanismus im Projektgebiet Thurnau näher darstellt. Ein schematisches Profil,

welches die Geologie als auch den Bewegungsmechanismus zeigt, ist in Abb. 14 ersichtlich.

Abb. 14: Schematisches geologisches Profil des Projektareals bei km 105+550 mit der Be-

standstrasse (BAB 70) sowie der Verlegungstrasse (BAB 70 neu).

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Anhand des Profils lässt sich der Versagensmechanismus des Hanges deutlich erkennen. Das

Areal rund um Thurnau ist ein typisches Beispiel für eine Hangbewegung, bei der eine „harte

Platte“, in diesem Fall die Sandsteine des Rhätolias, auf einem weichen Untergrund, hier die

Tone des Feuerlettens, in Bewegung gerät. Durch anthropogene Einflüsse wie Veränderung der

Böschungsgeometrie (Bermenschüttung) und der Belastungssituation (Bau der Autobahn) wur-

den die natürlichen Einflüsse wie Erosion und Verwitterung zusätzlich verstärkt. Dies führte da-

zu, dass das ehemals kompakte Sandsteinpaket im böschungsnahen Bereich langsam

aufgelockert und in einzelne Sandsteinblöcke /-türme zerlegt wurde, welche den Verbund zum

kompakten Gebirge verlieren. Diese drücken sich in die „weicheren“ Tone des Feuerlettens ein

und bewegen sich in einer kombinierten Kipp-Kriechbewegung langsam Richtung Tal. Somit

handelt es sich bei der Hangbewegung in Thurnau um den Vorgang des Blockkriechens

(„block spreading“ nach [L1]). Dies ist eine langsame, kontinuierliche Massenbewegung. Im

rutschungsaktiven Bereich unterhalb der Autobahn wurden Deformationsgeschwindigkeiten

zwischen rund 30 und 300 mm/Jahr gemessen. Sie geht mit einer bruchlosen, plastischen De-

formation der Gesteine einher, so dass eine konkrete Gleitfläche nicht zwingend nötig ist. Das

dargestellte Profil ist als geotechnischer Schnitt in Anlage 2 beigefügt.

Der beschriebene Mechanismus wird auch durch die Inklinometermessungen bestätigt. Bei den

hangunteren Inklinometern zeigte sich eine diskrete, deutliche Gleitfläche. Diese liegen zum

größten Teil vollkommen im Feuerletten. Im Gegensatz dazu zeigt die IB15 geringe Bewegun-

gen ab dem Fußpunkt sowie mehrere mögliche Gleitflächen bis zu einer Teufe von ca. 24 m.

Bis zu dieser Tiefe wurden die Schichten der Auffüllung sowie des Rhätolias erkundet. Die

Schwankungen der Bewegungsrichtung in den Inklinometerauswertungen könnten daher die

Kippbewegung der gelösten Sandsteinblöcke /-türme widerspiegeln. Diese müssen nicht zwin-

gend hangabwärts gerichtet sein, sondern können auch ein Verstellen der Blöcke hangaufwärts

darstellen.

Dass die Messstellen oberhalb der Fahrbahn noch keine konkrete Gleitfläche erkennen lassen,

zeigt, dass die Abrisskante noch nicht bis unter die Autobahn fortgeschritten ist. Da es sich um

eine rückschreitende Hangbewegung bis zum Erreichen eines Gleichgewichtszustandes han-

delt, ist es jedoch unumgänglich, dass die Abrisskante innerhalb eines gewissen, unbekannten

Zeitraumes unter die BAB 70 wandert und so die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden

kann. Eine Bewertung der geologischen Verhältnisse der Bestandstrasse sowie Standsicher-

heitsberechnungen sind im folgenden Kapitel aufgeführt.

10 Bewertung der geologischen Verhältnisse Bestandstrasse

10.1 Vorbemerkung

Um die geologischen Verhältnisse und deren Auswirkung auf die Standsicherheit der Bestands-

trasse zu untersuchen, wurden 3 Querschnitte ausgewählt und gezeichnet, welche für die

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07.11.2018 Seite 32 von 52

Hangbewegung maßgeblich sind (Abb. 15). Die Schnitte S1 und S2 liegen direkt im aktiven

Hangrutschbereich (Abb. 15, rot schraffiert). Der Schnitt S3 wurde an den östlichen Randbe-

reich gelegt und verläuft durch den bereits sanierten Hangbereich von 1991. Dieser Schnitt liegt

im derzeit nicht aktiven Bereich, eine Reaktivierung der Aktivität ist jedoch nicht auszuschließen

(Abb. 15, grün umrandet). Für jeden Schnitt wurde ein Baugrundmodell erstellt und darauf auf-

bauend Standsicherheitsberechnungen durchgeführt.

Es wird darauf hingewiesen, dass die folgenden bodenmechanischen Kennwerte rein auf der

Auswertung der Laborversuche basieren (siehe hierzu Anmerkung in Kapitel 7).

Abb. 15: Ausschnitt aus dem Lageplan (Anlage 1.1) mit den ausgewählten Schnitten 1 bis 3

der Standsicherheitsnachweise für die Bestandstrasse inklusive des aktiven (rot

schraffiert) und des gesamten Rutschungsbereich (grün umrandet)

10.2 Baugrundmodell

Den Baugrundmodellen für die Standsicherheitsberechnungen liegt das schematische Profil aus

Abb. 14 zu Grunde. Die Schichtgrenzen wurden anhand der Bohrkernaufnahme für die jeweili-

gen Bohrungen festgelegt. Den einzelnen Schichten wurden als bodenmechanische Kennwerte

die Kohäsion, der Reibungswinkel und die Wichte zugeteilt. Diese Parameter wurden anhand

der Laborversuche ermittelt.

Für die Ermittlung der Standsicherheit der Bestandstrasse können allerdings nicht die effektiven

Scherparameter c‘ und φ‘ angesetzt werden. Infolge der kontinuierlichen Bewegungen des

Hanges sind die Scherverformungen so groß, dass die Restscherfestigkeit maßgebend wird.

Mit Restscherfestigkeiten werden die ungünstigsten Festigkeitseigenschaften eines Gesteins

beschrieben, welche man in aufgelockertem, zersetztem Gebirge vorfindet. Wie in den vorheri-

gen Kapiteln beschrieben, ist der Hang im Projektgebiet Thurnau bereits in Bewegung.

S1: km 105+550 S2: km 105+580 S3: km 105+950

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07.11.2018 Seite 33 von 52

Die aktuelle Gleitfläche reicht bis an die Autobahn heran, sodass das hanguntere Gebiet, wel-

ches für die Standsicherheit der Bestandstrasse maßgebend ist, als aktiver Rutschkörper be-

zeichnet werden kann. Innerhalb des kriechenden, zerlegten Gesteinspakets herrscht durch die

Bewegung kein innerer Gesteinsverbund, so dass von einem Material ohne Kohäsion ausge-

gangen werden muss. Zudem wird durch Bewegungsprozesse das Gesteinsgefüge so weit ver-

ändert, dass nicht mehr der effektive Reibungswinkel φ‘ Gültigkeit besitzt, sondern der

Restreibungswinkel φ‘R anzusetzen ist. Dieser wurde im Kreisringscherversuch durch das Insti-

tut für Bodenmechanik und Grundbau für die einzelnen Schichten ermittelt [U6.1]. Der Abfall der

Restscherfestigkeit ist vor allem bei hochplastischen, montmorillonithaltigen Tonen, wie sie zum

Teil in Thurnau vorkommen, erheblich.

Somit wurden die Standsicherheitsnachweise der Bestandstrasse unter dem Aspekt geführt,

dass das Gebirge bereits entfestigt ist. Diese Annahme wird sowohl durch die gemessenen

Bewegungen der Inklinometer bis zum Abscheren als auch durch die Veränderungen in der

Böschung sowie die Ergebnisse der geodätischen Vermessung bestätigt. Insofern wurden den

Schichten für die Beurteilung der Standsicherheit der Bestandstrasse die bodenmechanischen

Kennwerte gemäß Tab. 9 zugeordnet.

Weder die Auffüllung noch der Hangschutt sind für den vorliegenden Versagensmechanismus

von Bedeutung. Für die beiden geringmächtigen Schichten wurden demnach keine Kreisring-

scherversuche durchgeführt, da bei grobkörnigen Böden die Restscherfestigkeit nur in gerin-

gem Maße von den effektiven Scherparametern abweicht. Daher wurden hier die effektiven

Scherparameter herangezogen. Da die Schicht des Hangschutts generell nicht beprobt wurde,

wurden hier die Werte des Kies-Sand-Gemisches aus den Versuchen des Rhätolias verwendet.

Die Zusammensetzung sollte der eines Hangschutts entsprechen. Zudem ist diese Schicht für

die Standsicherheit von untergeordneter Bedeutung.

Die Schicht des Rhätolias besteht aus einer Wechsellagerung von Sandsteinen und Ton-/

Schluffzwischenlagen (Kapitel 7). Für die Standsicherheitsberechnungen wurden hier die Rest-

scherfestigkeiten der „schwächeren“ Schicht - also der bindigen Zwischenlagen - herangezo-

gen. Diese besitzt auf Grund ihrer Zusammensetzung eine höhere Tendenz zum Kriechen und

wurde daher als maßgebend angenommen.

Der Feuerletten lässt sich in einen oberen sowie unteren Bereich unterteilen. Innerhalb des

oberen Feuerletten ist der Ton mit weicher Konsistenz die Schicht mit der geringsten Scherfes-

tigkeit. Tone mit weicher Konsistenz stellen daher eine Schwächezone und daraus resultierend

eine prädestinierte Gleitfläche dar. Für diese Bodenart wurde ein Restreibungswinkel von 8,4°

ermittelt. Es bleibt zu vermerken, dass dieser Wert nur auf einer Versuchsserie von 3 Einzelver-

suchen basiert.

Die Schicht des unteren Feuerletten wird maßgeblich durch steif bis halbfeste Tone charakteri-

siert. Hier ergaben die Auswertungen der Kreisringscherversuche einen mittleren Restrei-

bungswinkel von 10,2°. Dieser Wert liegt knapp über dem ermittelten Restreibungswinkel des

oberen Feuerletten, so dass dieser Wert hinsichtlich der vorliegenden Konsistenzen als plausi-

bel angesehen werden kann.

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Als Grundwasserspiegel wurden die höchsten gemessenen Grundwasserstände für die jeweils

in die Schnitte projizierten Bohrungen angesetzt.

Tab. 9: In Laborversuchen ermittelte bodenmechanische Kennwerte (Reibungswinkel φ‘,

Restreibungswinkel φ‘R, Kohäsion c‘) der im Projektgebiet auftretenden Schichten

zur Beurteilung der Standsicherheit der Bestandstrasse [U6.1]. Durch bestehende

Gebirgsentfestigung werden nur Restscherfestigkeiten angesetzt.

Schicht φ‘ [°] φ‘R [°] c‘ [kN/m²]

Auffüllung 24,1 - 0,0

Hangschutt 33,0 - 0,0

Rhätolias - 15,3 0,0

Oberer Feuerletten - 8,4 0,0

Unterer Feuerletten - 10,2 0,0

10.3 Bewertung der Standsicherheit

Da in diesem Modell der IST-Zustand abgebildet werden soll, wurden die Standsicherheitsbe-

rechnungen unter Anwendung der im Labor bestimmten Bodenkennwerte durchgeführt. Dies

ermöglicht eine unmittelbare Einschätzung der Standsicherheit des Hanges. Ausnutzungsgrade

um 1,0 bedeuten, dass sich der Hang im Grenzgleichgewicht befindet. Eine Berücksichtigung

der Teilsicherheiten wird dann für die Nachweise der Verlegungstrasse (inklusive östlicher Ein-

schleifpunkt) angewandt.

Der Versagensmechanismus lässt sich durch das Verfahren des Starrkörperbruchmechanismus

am genauesten abbilden. Unter Anbetracht des vorliegenden Versagensmechanismus, gemäß

dem der Rhätolias in einzelne „Sandsteintürme“ zerlegt wird, gibt der Starrkörperbruchmecha-

nismus die geomechanischen Verhältnisse im Projektgebiet realitätsnah wieder.

Die Tiefe und Ausbildung der maßgebenden Gleitfläche wurde in dem Modell so implementiert,

wie sie anhand der Inklinometermessungen in den einzelnen Bohrungen festgestellt wurden.

Für die Berücksichtigung der Lasteinwirkungen durch die Autobahn wurden in Anlehnung an

DIN 1072:1985-12 zwei Flächenlasten (Verkehrslasten SLW60) mit je 33,3 kN/m² angesetzt.

Die Berechnungen der Standsicherheit stimmen sehr gut mit den Ergebnissen der Felduntersu-

chungen sowie der Festlegung von aktiven und z.Zt. nicht aktiven Rutschbereichen überein. Bei

den Schnitten 1 und 2 wurden Ausnutzungsgrade > 1 berechnet. Der Hang ist in diesen Berei-

chen somit nicht standsicher. Beide Schnitte liegen im Bereich mit den größten gemessenen

Hangbewegungen. Bei Schnitt S3 wurde ein Ausnutzungsgrad von 0,88 berechnet. Der Hang

kann daher als standsicher eingestuft werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Standsicherheit

nur durch das Implementieren von zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen erreicht werden konn-

te. Hierfür wurden die Unterlagen der 1991 durchgeführten Hangsicherung herangezogen und

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aus diesen die relevanten Informationen zu den Felsnägeln gewonnen ([U8.1]). Unter Vernach-

lässigung dieser Hangsicherung wurden auch hier Ausnutzungsgrade von ca. 1,25 errechnet.

Alle Berechnungen samt Ergebnissen sind in Anlage 3 beigefügt.

Tab. 10: Ergebnisse der Standsicherheitsberechnungen mit der Starrkörperbruchmethode

der Bestandstrasse im IST-Zustand auf Basis der im Labor ermittelten Bodenkenn-

werte

Schnitt Sicherheit η [-] Ausnutzungsgrad µ [-]

S1 – km 105+550 0,81 1,23

S2 – km 105+580 0,82 1,22

S3 – km 105+950 1,141) 0,881)

1) unter Berücksichtigung des aktuellen Zustandes inkl. Felsvernagelung von 1991 [U8.1].

Zwischenergebnis:

Die durchgeführten Standsicherheitsberechnungen unter Verwendung der Laborkennwerte zei-

gen, dass im Bereich der Bestandsautobahn um km 105+550 keine ausreichende Stand-

sicherheit mehr gegeben ist. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen der

Inklinometermessungen der hangunteren Inklinometer (Kapitel 8.2). Insofern kann der Abschnitt

südlich der Autobahn als aktiver Rutschbereich bezeichnet werden. Unter diesen Bedingungen

kann die Bestandstrasse langfristig nicht in Betrieb bleiben und es müssen geeignete Maßnah-

men bzw. eine Verlegung nach Norden geplant und geprüft werden (folgendes Kapitel). Zudem

ist das bestehende Monitoringkonzept zur Überwachung der Bewegungen im Bereich der Be-

standstrasse zwingend aufrecht zu erhalten, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer nicht zu

gefährden.

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11 Variantenstudie

Ende 2015 wurde durch Boley Geotechnik eine Variantenstudie zur Sicherung der Bestands-

trasse im Bereich des Rutschhangs in Thurnau ausgearbeitet [U4.1]. Auf Basis der bis dato

bekannten Untergrundverhältnisse wurden sechs grundlegende Varianten erarbeitet und über-

prüft. Die detaillierten Ergebnisse wurden in [U4.1] ausführlich erläutert. Der vorliegende Geo-

technische Bericht enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Varianten.

Variante 1: Tieferlegung der Fahrbahn und Gründung auf Pfahlrost

Die erforderliche Einbindelänge der Pfähle in den unverwitterten Feuerletten ergab unter Be-

rücksichtigung der Teilsicherheiten eine Länge zwischen 21 m und 29 m. Dies würde Pfahlbohr-

längen von 56 m bis 64 m mit sich ziehen (Abb. 16). Die innere Tragfähigkeit der Pfähle ist bei

diesem System nicht gegeben und die Biegebeanspruchung überschreitet den Grenzwert bei

weitem. Das System ist somit nicht in der Lage, die angreifenden Beanspruchungen aufzuneh-

men.

Abb. 16: Variante 1: Tieferlegung Fahrbahn und Gründung auf Pfahlrost.

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Variante 2: „Knopflochlösung“ für Pfähle

Bei dieser Variante sollten die Pfähle im oberen Bereich entlasten werden, da hier eine horizon-

tale Belastung durch Hangschub zu erwarten war. Die übrige Geometrie entspricht Variante 1.

Die erforderlichen Verformungsmöglichkeiten müssen jedoch so groß sein, dass diese Variante

nicht umsetzbar ist.

Variante 3: Schächte und Brunnen

In dieser Variante sind rückverankerte Brunnen hangunterseitig der Autobahntrasse mit einem

Achsabstand von 12 m überprüft worden (Abb. 17). Die erforderliche Einbindetiefe der Brunnen

in den unverwitterten Feuerletten beträgt unter Berücksichtigung der Beanspruchungen und

Teilsicherheiten für die dauerhafte Bemessungssituation 11 m. Pro Brunnen müsste eine hori-

zontale Kraft von ca. 75.000 kN aufgebracht werden. Dies entspricht in etwa 175 Ankern, wel-

che rein aus geometrischen Gründen nicht untergebracht werden können. Das System ist somit

nicht umsetzbar.

Zudem wurden noch die Varianten „Schwergewichtswand aus 2-reihig angeordneten Brunnen“

und „Brunnen aus überschnittenen Großbohrpfählen“ untersucht. Doch auch bei diesen Syste-

men konnte die Standsicherheit des Hanges nicht nachgewiesen werden.

Abb. 17: Variante 3: Schächte und Brunnen.

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Variante 4: Hangbrücken

Diese Variante besteht aus zwei separaten Hangbrücken, die mittels Bohrpfählen im unverwit-

terten Feuerletten gründen (Abb. 18). Zudem wäre eine Bodenvernagelung hangoberseitig und

eine Entwässerung über Brunnen hangunterseitig nötig. Weitere Möglichkeiten, wie das Grün-

den der Hangbrücken auf Stützscheiben wurden ebenfalls untersucht. Die Berechnungen erga-

ben, dass die Varianten ausgeschlossen werden können, da sie durch günstigere

Ersatzmaßnahmen wie Winkelstützwände, Bodenvernagelung etc. ersetzt werden können. Zum

anderen konnte die Standsicherheit meist nur nachgewiesen werden, wenn ein massiver

Schwergewichtsblock als Gründungskörper vorgehsehen wird. Auch hier ergab sich aufgrund

der Inhomogenität des Baugrundes ein unkalkulierbares Restrisiko, so dass die Varianten

„Hangbrücken“ praktisch nicht sinnvoll ausführbar sind.

Abb. 18: Variante 4: Hangbrücken.

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Variante 5 bzw. 6: Ankerwände bzw. Stützscheiben

Diese Varianten ähneln der Variante 3 „ Brunnen“, nur dass hierbei auf die teuren Brunnenkon-

struktionen verzichtet werden soll. Der Hang soll über flächige Stützkonstruktionen aus Stahlbe-

tonplatten mit Verpressankern gesichert werden (Abb. 19). Hier ergibt sich wiederum das

Problem der hohen Kräfte, welche abgetragen werden müssen. Sollte die Hangschubbelastung

größer sein als in den Berechnungen angenommen, sind zusätzliche Anker aus geometrischen

Gründen schwer unterzubringen. Zudem konnte der Nachweis der klaffenden Fuge für die Vari-

ante „Hauptlastabtrag über Stützscheiben" nicht erbracht werden. Die Varianten wurden daher

aufgrund des hohen Restrisikos verworfen.

Abb. 19: Variante 5: Elementankerwände und Stützscheiben.

Variante 7: „kleine Trassenverschiebung“

In der Studie wurde zusätzlich zu den oben aufgeführten Varianten zur Stabilisierung der Be-

standstrasse auch die Möglichkeit einer Trassenverschiebung analysiert. Es wurde die Standsi-

cherheit für eine um eine Fahrspurbreite nach Norden (hangaufwärts) verschobene Trasse

untersucht. Die Berechnungen zeigten, dass eine reine Verschiebung ohne zusätzliche Siche-

rungsmaßnahmen zu einer marginalen Verbesserung der Standsicherheit führen, welche wei-

terhin einen Ausnutzungsgrad > 1 aufwies. Zudem besteht die akute Gefahr, dass auch die

neue Trasse in naher Zukunft durch die rückschreitende Ausbildung der Gleitfläche von Bewe-

gungsvorgängen erfasst wird. Die Variante der „kleinen Trassenverschiebung“ ergab somit

auch ein zu hohes Risiko und wurde daher verworfen.

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Variante 8: „große Trassenverschiebung“

Aus den Erkenntnissen der Variantenstudie [U4.1] geht hervor, dass die gewählte „große Tras-

senverschiebung“ damit die einzig sinnvolle Variante zur Sicherstellung der Standsicherheit der

Autobahntrasse ist. Wie die Inklinometermessungen und die Hangbegehungen zeigen, finden

die größten Hangbewegungen südlich der Bestandsautobahn um km 105+550 statt (aktiver

Rutschungsbereich). Auf Grund des vorliegenden Versagensmechanismus ist zudem von einer

fortschreitenden Entfestigung des Hanges in nördliche Richtung auszugehen.

Eine Verlegung der Autobahntrasse kann daher aus geotechnischer Sicht nur in die nördliche

Richtung und nur mit ausreichendem Abstand zum derzeit aufgelockerten und nicht stand-

sicheren Gebirge erfolgen. Die Machbarkeit wurde bereits 2016 überschlägig durch unser Büro

nachgewiesen [U4.3] und wird im vorliegenden Bericht auf Basis der aktuellen Erkenntnisse

ergänzend untermauert.

Mit einem Rückschreiten der Abrisskante ist voraussichtlich nur insoweit zu rechnen, bis das

System einen Gleichgewichtszustand um η = 1,0 erreicht. Wie bereits erläutert, ist eine zeitliche

Prognose des Rückschreitens bzw. eine Entfestigung des Hanges in nördliche Richtung nicht

möglich und dürfte im Rahmen von geologischen Zeiträumen erfolgen. Im Rahmen der üblichen

Lebens- und Nutzungsdauern für Tragwerke und Bauteile kann die „große Trassenverschie-

bung“ jedoch für die weitere technische Straßenplanung unter Beachtung der bereits getroffe-

nen geotechnischen Planungsparameter sowie deren ergänzenden Detaillierungen empfohlen

werden.

12 Bewertung der geologischen Verhältnisse Verlegungstrasse

12.1 Vorbemerkung

Für die Bewertung der Standsicherheit der geplanten Neubautrasse gemäß der uns vorliegen-

den Planung [U9.1] wurde die Trasse in zwei Bereiche aufgeteilt:

Der Abschnitt zwischen Betr.-km 105+500 und 105+600 stellt den Bereich nördlich und somit

oberhalb der größten nachgewiesen Hangbewegungen dar. Hierzu wurden dieselben Schnitte

wie in Kapitel 10 (Abb. 15) herangezogen und hangaufwärts erweitert. Im Hinblick des im Pro-

jektgebiet vorliegenden Versagensmechanismus (Blockkriechen mit stetiger rückschreitender

Entfestigung in nördliche Richtung) soll so die Standsicherheit im Bereich der Neubautrasse

bewertet werden. Auf Grund des geringen Abstands von Schnitt 1 und 2 (30 m) wurden für die

Bewertung der Standsicherheit der Verlegungstrasse in diesem Bereich die Schnitte 1 und 3

verwendet.

Eine besondere Bedeutung kommt dem östlichen Einschleifpunkt zu, sodass dieser separat

behandelt wird. Für die Erweiterung des Baugrundmodells in östliche Richtung wurden 10 tief-

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reichende Aufschlussbohrungen niedergebracht (IB32 bis B41, Betr.-km 106+300 bis 106+750).

Zudem wurde eine Bohrung zur Inklinometermessstelle ausgebaut. Ziel der in diesem Abschnitt

durchgeführten Bohrkampagnen war es, den Baugrund hinsichtlich des Schichtaufbaus und

dem eventuellen Vorkommen von Gleitflächen (Scherzonen, Harnischflächen) eingehend zu

erkunden. Die darauf aufbauenden Berechnungen sollen den geplanten östlichen Einschleifbe-

reich gemäß [U9.1] im Hinblick auf die Standsicherheit absichern (Schnitte 4 bis 6).

12.2 Baugrundmodell

Den Baugrundmodellen für die Standsicherheitsberechnungen der Verlegungstrasse liegen die

Annahmen der Bestandstrasse zu Grunde. Die Schichtgrenzen wurden anhand der Bohrkern-

aufnahme für die jeweiligen Bohrungen festgelegt. Den einzelnen Schichten wurden als bo-

denmechanische Kennwerte die Kohäsion, der Reibungswinkel sowie die Wichte zugeteilt. Im

Gegensatz zu den Berechnungen der Bestandstrasse werden nun die effektiven Scherparame-

ter angesetzt, da das Gebirge hier noch nicht aufgelockert und entfestigt ist. Diese Parameter

wurden anhand der Laborversuche (Rahmenscherversuch, Triaxialversuch) ermittelt und für die

einzelnen Schichten festgesetzt (Tab. 11). Hierbei wurden der Median sowie das 25 % Quantil

für jede Schicht ermittelt.

Die vorliegenden Standsicherheitsnachweise sind daher als globale Sicherheitsbetrachtung der

geplanten Verlegungstrasse zu sehen. Die charakteristischen Bodenkennwerte sind auf der

Grundlage einer detaillierten Hauptuntersuchung entlang der Verlegungstrasse festzulegen.

Darauf aufbauend sind mit diesen charakteristischen Kennwerten gezielte Standsicherheits-

nachweise gemäß EC7 durchzuführen.

Tab. 11: In Laborversuchen ermittelte bodenmechan. Kennwerte (Reibungswinkel φ‘, Kohä-

sion c‘, Wichte γ) der auftretenden Schichten zur Beurteilung der Standsicherheit

der Verlegungstrasse [U6.1] unter dem Ansatz der Median- und Quantilbetrachtung.

Schicht Median 25 % Quantil

φ‘ [°] c‘ [kN/m²] γ [kN/m³] φ‘ [°] c‘ [kN/m²] γ [kN/m³]

Auffüllung 24,1 51,9 20,7 19,9 37,9 19,9

Hangschutt 33,0 4,0 20,5 30,4 2,0 19,8

Rhätolias 23,1 48,0 21,0 18,9 24,4 20,6

Oberer Feuerletten

19,0 47,5 21,0 16,0 27,9 20,5

Unterer Feuerletten

21,2 63,7 21,0 19,0 33,9 20,7

Die Schicht des Hangschutts wurde aufgrund der untergeordneten Bedeutung für die Massen-

bewegung nicht beprobt. Hier wurden die Werte des Kies-Sand-Gemisches aus den Versuchen

des Rhätolias herangezogen. Die Zusammensetzung sollte der eines Hangschutts in etwa ent-

sprechen.

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Wie in Kapitel 7 erläutert, wurden in den einzelnen Schichten häufig bis zu vier unterschiedliche

Bodenarten festgestellt, welche jeweils unterschiedliche bodenmechanische Kennwerte aufwei-

sen. Bei der eben erwähnten Median- und Quantilbetrachtung werden alle Bodenarten einer

Schicht zusammengefasst. Um dem stark inhomogenen Material gerecht zu werden, wurde

zudem ein Modell erstellt, welches eine lithologische Einheit in Schicht- und Kluftparameter auf-

teilt (Tab. 12). So können pro Einheit zwei Bodenarten miteinbezogen werden. Aufgrund einer

systembedingten Vereinfachung bei der Modellierung ist es nicht möglich, einer Schicht mehr

als zwei Kennwertsätze zuzuweisen, so dass dieser Ansatz der Realität am nächsten kommt.

Tab. 12: In den Berechnungen angesetzte bodenmechanische Kennwerte (Reibungswinkel

φ‘, Kohäsion c‘, Wichte γ) der auftretenden Schichten zur Beurteilung der Standsi-

cherheit der Verlegungstrasse [U6.1] unter Berücksichtigung von Schicht- und Kluft-

parametern.

Schicht Schicht (Median) Kluft (Median)

φ‘ [°] c‘ [kN/m²] γ [kN/m³] φ‘ [°] c‘ [kN/m²] γ [kN/m³]

Auffüllung 24,1 51,9 20,7 - - -

Hangschutt 33,0 4,0 20,5 - - -

Rhätolias 33,0 4,0 20,5 19,0 53,8 20,7

Oberer Feuerletten

16,7 79,1 21,0 19,6 29,9 21,0

Unterer Feuerletten

20,1 66,5 21,0 27,6 10,7 21,0

Als Schichtparameter wurden die Medianwerte der Bodenart herangezogen, welche die Schicht

zum Großteil aufbaut. Als Kluftparameter wurden die Medianwerte der untergeordneten Boden-

art (meist die Schwächezonen) angesetzt (Tab. 13). Nähere Erläuterungen hierzu sind aus-

zugsweise in Kapitel 7 erwähnt. Die Einheit der Auffüllung sowie des Hangschutts wurde ohne

Klüftung modelliert, da es sich hierbei um Lockergestein handelt.

Tab. 13: Einteilung der geologischen Einheiten in Schicht- und Kluftparameter unter Berück-

sichtigung der auftretenden Bodenarten

Schicht Bodenart „Schicht“ Bodenart „Kluft“

Rhätolias Sand-Kies-Gemisch Ton-/Schlufflagen

Oberer Feuerletten Ton, schluffig (steif- halbfest) Ton, schluffig (weich)

Unterer Feuerletten Ton (steif – halbfest) Ton, sandig

Als Grundwasserspiegel wurden die höchsten gemessenen Grundwasserstände für die jeweils

in die Schnitte projizierten Bohrungen angesetzt.

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12.3 Bewertung Standsicherheit Verlegungstrasse zw. Betr.-km 105+500 und 105+600

Im Gegensatz zur Bestandstrasse wurden für die Bewertung der Standsicherheit der Verle-

gungstrasse die effektiven Scherparameter angesetzt, da das Gebirge hier noch nicht aufgelo-

ckert und entfestigt ist. Um diesen Ansatz zu überprüfen, wurde ein auf der sicheren Seite

liegendes Modell gewählt, welches die ungünstigsten Untergrundverhältnisse widerspiegelt.

Sollte selbst in diesem Modell eine ausreichende Standsicherheit der Verlegungstrasse erreicht

werden, so kann für die weiteren Detailschnitte im hangoberen Bereich mit kompaktem Gebirge

und den effektiven Scherparametern gerechnet werden. Folgender Prozess liegt diesem Ge-

danken zu Grunde (Abb. 20).

Abb. 20: Standsicherheitsberechnung der Verlegungstrasse für die ungünstigsten Gebirgs-

verhältnisse (Restscherfestigkeiten). Ein Gleichgewichtszustand (µ = 0,99) stellt sich

nahe der hangoberen Bestandsspur aus.

Die Abrisskante des aktiven Hangrutschbereichs wird sich soweit in Richtung Norden fortset-

zen, bis ein Gleichgewichtszustand erreicht wird. Während dieses langsamen, kriechenden

Vorgangs wird das böschungsnahe Gestein, welches ursprünglich kompakt war, nach und nach

zerlegt. In diesen Bereichen gelten dann wiederum nur die Restscherfestigkeiten, da kein Ge-

birgsverbund mehr gegeben ist. Berechnungen, bei welchen die Restscherfestigkeiten über die

gesamte Profillänge angesetzt wurden („worst case“) zeigen, dass sich ein Gleichgewichtszu-

stand (µ ~ 1,0) nahe der jetzigen hangoberen Bestandsspur ausbildet. Dies bedeutet, dass die

Verlegungstrasse selbst unter den ungünstigsten Gebirgsverhältnissen (komplette Auflockerung

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des Gebirges, keine Kohäsion, Restreibungswinkel) standsicher wäre, da der Hang ohne zu-

sätzliche Veränderung der Böschungsgeometrie einen Gleichgewichtszustand erreicht hat

(Abb. 20). Um diese Aussage mit der bestehenden Datenbasis zu untermauern, wurden Be-

rechnungen durchgeführt.

Für die Bewertung der Standsicherheit der Verlegungstrasse im Abschnitt zwischen Betr.-km

105+500 und 105+600 wurden wie bereits beschrieben die Schnitte 1 und 3 verwendet. Vor

allem Schnitt 1 kann als maßgebend für die Bewertung der Standsicherheit der Verlegungstras-

se angesehen werden, da dieser im Bereich mit den größten Bewegungsraten liegt. Für die

beiden Schnitte wurden vier Berechnungen mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen hinsichtlich

der bodenmechanischen Parameter durchgeführt.

Die Bewertung der Standsicherheit der Verlegungstrasse erfolgte im Gegensatz zu den Stand-

sicherheitsberechnungen zur Bestandstrasse unter Verwendung der Teilsicherheitsbeiwerte

nach DIN EN 1997-1:2009-09 (EC7-1) in Verbindung mit DIN 1054:2010-12 für den Grenzzu-

stand GEO-3 Bemessungssituation BS-P (permanente Bemessungssituation).

Die Tiefe und Ausbildung der maßgebenden Gleitfläche wurde anhand der Inklinometermes-

sungen in den einzelnen Bohrungen implementiert. Zudem wurde der maßgebende Bruchkör-

per hangaufwärts verlängert, um die Verlegungstrasse zu berücksichtigen. Der Lasteintrag

durch die Autobahn wurde wiederum mit zwei Flächenlasten (Verkehrslasten) von je 33,3 kN/m²

angesetzt. Die Standsicherheitsnachweise sind in Anlage 4 enthalten.

- Variante 1: Betrachtung der Medianwerte (Tab. 11, links)

- Variante 2: Betrachtung der 25 % Quantilwerte (Tab. 11, rechts)

- Variante 3: Betrachtung von Schicht- und Kluftparametern (Tab. 12)

- Variante 4: Betrachtung der Medianwerte für aufgelockerte (Tab. 9) und nicht aufgelo-

ckerte Bereiche Tab. 11, links)

Tab. 14: Ergebnisse der Standsicherheitsberechnungen (Varianten 1 bis 4) zwischen Betr.-

km 105+500 und 105+600 (inklusive Teilsicherheiten).

Variante

Schnitt 1: km 105+550 Schnitt 3: km 105+950

globale Sicherheit η

[-]

globaler Ausnut-zungsgrad µ

[-]

globale Sicherheit

η [-]

globaler Ausnutzungsgrad

µ [-]

Variante 1: Median 3,13 0,32 2,70 0,37

Variante 2: 25 % Quantil 2,38 0,42 2,04 0,49

Variante 3: Schicht/Kluft 3,13 0,32 2,70 0,37

Variante 4: aufgelo-ckert/nicht aufgelockert

2,04 0,49 1,69 0,59

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Die einzelnen Varianten werden im Folgenden näher erläutert:

Variante 1 und 2:

Die Ergebnisse der Medianbetrachtung zeigen Ausnutzungsgrade deutlich unter 1,0. Auch

die Verringerung der bodenmechanischen Kennwerte mit dem 25 % Quantil führen nur zu einer

unmerklichen Erhöhung des Ausnutzungsgrades (von 0,32 auf 0,42 bzw. von 0,37 auf 0,49).

Dies bedeutet, dass nur 25 % aller ermittelten Scherparameter kleinere Werte aufweisen, so

dass diese Berechnung grundsätzlich auf der sicheren Seite liegt. Allerdings wird mit diesem

Modell der bereits entfestigte Bereich nahe der Bestandstrasse nicht berücksichtigt. Die Varian-

ten 1 und 2 sind somit für einen ersten Eindruck der Standsicherheit der Verlegungstrasse ge-

eignet, spiegeln jedoch die realen Verhältnisse nicht ausreichend wider.

Variante 3:

Bei der Betrachtung von Schicht- und Kluftparametern ergeben sich Ausnutzungsgrade von

0,32 und 0,37, so dass auch mit diesem Modell eine ausreichende Standsicherheit gewähr-

leistet ist. Das Modell eignet sich grundsätzlich sehr gut, den Versagensmechanismus im Pro-

jektgebiet Thurnau darzustellen. Durch die Implementierung von Schicht- und Kluftflächen

können die Schwächezonen in den jeweiligen Schichten eingebracht werden. Durch die Orien-

tierung der Kluftflächen kann zudem die Schichtneigung und der vorherrschende Versagens-

mechanismus („Kriechen auf Schwächezonen“) modelliert werden. Es zeigte sich jedoch, dass

die „Schwächezonen“ zwar meist eine geringere Kohäsion als die eigentlichen Schichtparame-

ter besitzen, häufig jedoch höhere Reibungswinkel. Somit ergibt sich als Endresultat nur ein

unwesentlich höherer Ausnutzungsgrad als bei der Medianwertbetrachtung (Variante 1). Zudem

wurde der entfestigte Böschungsnahe Bereich hierbei nicht modelliert.

Variante 4:

Die Variante 4 besteht aus einem Modell, welches den geotechnischen Schnitt in einen südli-

chen entfestigten sowie einen nördlichen ungestörten Bereich aufteilt. Mit dieser Variante wird

die Realität am besten nachgebildet, da der böschungsnahe bzw. auch der oberflächennahe

Bereich des Rhätolias sowie des Feuerlettens durch Erosion und anthropogene Einflüsse we-

sentlich aufgelockert wurden. Dies wurde durch Felduntersuchungen sowie Standsicherheitsbe-

rechnungen bereits nachgewiesen.

Für den aufgelockerten Gebirgsbereich wurden demnach die Restscherfestigkeiten angesetzt.

Der kompakte Gebirgsbereich, welcher hangaufwärts sowie in größerer Tiefe liegt, weist noch

einen bestehenden Gebirgsverbund auf. Hier können die effektiven Scherparameter (Median)

verwendet werden. Die Nachweise zeigen, dass auch mit diesem Modell eine ausreichende

Standsicherheit der Verlegungstrasse gewährleistet werden kann (µ = 0,49 und 0,59).

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12.4 Bewertung der Standsicherheit Verlegungstrasse östlicher Einschleifpunkt

Die Berechnungsgrundlagen für die Bewertung der Standsicherheit für die Verlegungstrasse

zwischen Betr.-km 105+500 und 105+600 wurden bereits eingehend in Kapitel 12.2. beschrie-

ben. Diese wurden auch für den Bereich des östlichen Einschleifpunkts angewandt. Zusam-

mengefasst bedeutet dies:

- Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte nach DIN EN 1997-1:2009-09 (EC7-1) in

Verbindung mit DIN 1054:2010-12 für den Grenzzustand GEO-3 Bemessungssituation

BS-P (permanente Bemessungssituation)

- Verwendung des Berechnungsverfahrens der Starrkörperbruchmechanismen

- Ansatz von Verkehrslasten (Flächenlasten) von 33,3 kN/m²

- Ansatz der höchsten gemessenen Grundwasserstände

Aus den in diesem Bereich durchgeführten Erkundungsbohrungen lässt sich ableiten, dass sich

der Untergrund in Richtung Osten verbessert. Dies lässt sich sowohl am Schichtaufbau als

auch an der Gebirgsgüte erkennen. Die erbohrten Sandsteine des Rhätolias sind überwiegend

gering zerlegt. Zudem konnte keine Verwitterung entlang der vorhandenen Trennflächen fest-

gestellt werden. Folglich fand bislang keine merkliche Entfestigung des Gebirges statt. Die Tone

bzw. Tonsteine des Feuerletten waren oberhalb 25 m Tiefe selten zerlegt. Weiterhin waren

Harnischflächen bzw. Hinweise auf Scherzonen nur untergeordnet erkennbar. In Tiefen größer

25 m traten jedoch teils Bröckelhorizonte auf.

Zudem zeigen die östlichsten Inklinometer IB30 bis IB32 nur äußerst geringe Verschiebungsbe-

träge. Bei der seit Dezember 2016 gemessenen IB30 ergeben sich bis dato Gesamtdeformatio-

nen von 0,5 cm. Die IB32, die seit Dezember 2017 überwacht wird, zeigt Bewegungen von ca.

0,3 cm. Daraus lassen sich Deformationsraten von weit unter 1 mm/Monat ableiten (Stand

19.10.2018).

Die Erkenntnisse aus den Bohrkernaufnahmen sowie den Inklinometermessungen können in

Einklang mit der vorherrschenden Hangtopographie gebracht werden. Die Abb. 21 zeigt ein

Schattenmodell (sog. Hillshade) des Projektgebiets. Hieraus ergibt sich im östlichen Bereich

eine wesentlich ruhigere Morphologie als im aktiven Rutschungsgebiet um km 105+550. Die

Stauchungswülste im hangunteren Bereich sowie die Abrisskante im Bereich der Autobahn sind

undeutlicher ausgebildet. Dies lässt auf geringere Bewegungsraten schließen.

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Abb. 21: Schattenmodell („Hillshade“) des Projektgebietes Thurnau mit Darstellung der

Hangmorphologie (Quelle: https://geoportal.bayern.de/bayernatlas, aufgerufen am

21.09.2018, geändert durch Boley Geotechnik).

Auf Grund der oben beschriebenen Beobachtungen sowie Messergebnisse – wenig zerlegtes

Gebirge, geringe Hangverformungen bei den östlichen Inklinometern, ruhigere Geländeoberflä-

che – wird von einem zumindest weitestgehend ungestörten Gebirge ausgegangen, sodass für

die Standsicherheitsberechnungen die effektiven Scherparameter angesetzt werden können.

Analog zu den Standsicherheitsnachweisen zwischen Betr.-km 105+500 und 105+600 (Kapitel

12.3) wurden die verschiedenen Varianten überprüft, sodass Schwächezonen sowie ungünsti-

gere Gebirgseigenschaften berücksichtigt werden. Von der Variante 4, die aufgelockertes Ge-

birge infolge von Hangbewegungen im Bereich der Bestandstrasse berücksichtigt, wurde aus

den zuvor genannten Gründen abgesehen.

Das Vorliegen eines ungestörten Gebirges hat zur Folge, dass bei diesen Berechnungen im

Gegensatz zur Bestandstrasse keine Gleitflächen auf der Grundlage der Inklinometermessun-

gen sowie der Bohrkernansprache vorgegeben werden können. Insofern wurde für die Bewer-

tung der Standsicherheit in den Baugrundmodellen eine potentielle Gleitfläche festgelegt, die

sich unter Berücksichtigung des vorliegenden Versagensmechanismus und dem geologischen

Schichtaufbau am wahrscheinlichsten einstellen könnte. Diese festgelegte Gleitfläche liegt an

der Schichtgrenze vom Rhätolias zum Oberen Feuerletten und erfasst den kompletten Quer-

schnitt der Verlegungstrasse.

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Abb. 22: Ausschnitt aus dem Lageplan (Anlage 1.2) mit den Schnitten 4 bis 6 zur Bewertung

der Standsicherheit des östlichen Einschleifpunkts

In Tab. 15 sind die Ergebnisse der Standsicherheitsberechnungen zu den einzelnen Berech-

nungsvarianten und Schnitten dargestellt. Die Berechnungsergebnisse sind zudem in der Anla-

ge 5 enthalten.

Tab. 15: Ergebnisse der Standsicherheitsberechnungen (Varianten 1 bis 3) mit der Starrkör-

perbruchmethode für die Gleitkörper nahe der Verlegungstrasse für den östlichen

Einschleifpunkt (inklusive Teilsicherheiten).

Variante

Schnitt 4: km 106+210

Schnitt 5: km 106+410

Schnitt 6: km 106+710

Sicherheit η

[-]

Ausnutzungs-grad µ [-]

Sicherheit η

[-]

Ausnut-zungsgrad µ

[-]

Sicherheit η

[-]

Ausnut-zungsgrad

µ [-]

Variante 1: Median

2,56 0,39 2,44 0,41 2,70 0,37

Variante 2: 25 % Quantil

1,92 0,52 1,82 0,55 2,00 0,50

Variante 3: Schicht/Kluft

2,50 0,40 2,38 0,42 2,44 0,41

S4: km 106+210

S5: km 106+410

S6: km 106+710

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Bei allen Berechnungsvarianten ergeben sich für die Schnitte 4 bis 6 Ausnutzungsgrade deut-

lich < 1. Der östliche Einschleifpunkt ist daher auf der Grundlage des angenommen Baugrund-

modells rechnerisch standsicher.

Wie die Baugrunderkundung zeigt, streicht der Rhätolias im Bereich der Bestands- und Verle-

gungstrasse zwischen den Bohrungen B37 und B39/B40 (etwa km 106+650) aus. Dies bedeu-

tet, dass die Verlegungstrasse östlich km 106+650 im Oberen Feuerletten verläuft. Wie auch im

Hillshade deutlich erkennbar bilden die Rhätoliasschichten den Hang nördlich der Bestands-

trasse mit teilweise deutlich vorhandenen Geländesprüngen (Schnitt 6)

Für die Bewertung der Standsicherheit des östlichen Einschleifpunktes ist insgesamt festzuhal-

ten, dass sowohl die geringere Zerlegung des Gebirges, die ruhigere Hangmorphologie mit we-

niger ausgeprägten Abrisskanten und Stauchwülsten als auch das Ausstreichen der für den

Rutschmechanismus maßgebenden Rhätoliasschichten auf bessere Baugrundverhältnisse für

den Bereich des östlichen Einschleifpunkts schließen lassen. Das auf diesen Annahmen beru-

hende Baugrundmodell sowie die durchgeführten Standsicherheitsberechnungen ergeben eine

ausreichende Standsicherheit für den östlichen Einschleifpunkt der Verlegungstrasse.

Hinsichtlich der Planung und Durchführung der Baumaßnahme können geotechnisch be-

herrschbare Baugrundverhältnisse im Bereich der Verlegungstrasse angenommen werden.

13 Zusammenfassung und Empfehlungen

Mit dem vorliegenden Geotechnischen Bericht zum Feststellungsentwurf werden alle Erkennt-

nisse des umfangreichen und detaillierten Erkundungs- und Laborprogramms sowie die Ergeb-

nisse der darauf aufbauenden Standsicherheitsberechnungen zusammenfassend erläutert.

Zwischen Februar 2016 und Oktober 2017 wurden im Rahmen der Baugrunderkundung im Pro-

jektgebiet 35 Bohrungen in vier Kampagnen ausgeführt. Dabei wurden ca. 1.700 lfm Bohrkerne

aufgenommen. Der überwiegende Teil der Bohrungen wurde zu Inklinometer- oder Grundwas-

sermessstellen ausgebaut. Unter Berücksichtigung älterer Bestandsbohrungen liegen insge-

samt über 50 Aufschlüsse aus dem Projektgebiet vor.

Für die Charakterisierung der bodenmechanischen Eigenschaften der anstehenden Schichten

wurden aus den Bohrungen Bodenproben entnommen und ca. 570 Laborversuche durchge-

führt.

Im Hinblick auf das gewählte Untersuchungsraster und die Untersuchungstiefe der durchgeführ-

ten Bohrungen sowie die große Anzahl an bodenmechanischen Laborversuchen liegt nunmehr

eine eingehende und ausreichende Erkundung des Baugrunds im Projektgebiet vor. Die daraus

abgeleiteten Bodenkennwerte stellen neben dem erkundeten Schichtaufbau eine belastbare

Grundlage für die durchgeführten Standsicherheitsberechnungen dar.

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Auf der Grundlage der Baugrunderkundung lässt sich ableiten, dass der Baugrund im Projekt-

gebiet Thurnau sehr inhomogen ist und die ermittelten bodenmechanischen Kennwerte auch

innerhalb der einzelnen lithologischen Schichten stark schwanken.

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Feld- und Laborversuche sowie der Inklinometerauswer-

tungen konnte ein Modell des vorherrschenden Versagensmechanismus erstellt werden. Im

Projektgebiet tritt demnach vorwiegend der Mechanismus des Blockkriechens auf, bei dem

„harte“ Gesteinspartien (hier Sandsteine des Rhätolias) auf einer „weichen“ Unterlage (hier To-

ne des Feuerletten) hangabwärts kriechen. Die einst kompakte Sandsteinschicht wird infolge

dieser Bewegungsprozesse in einzelne Blöcke zerlegt, welche zusätzlich neben dem Kriechen

eine Kippbewegung aufweisen.

Um den IST-Zustand des Hanges rechnerisch abzubilden, wurden auf der Grundlage der bishe-

rigen Laborergebnisse Standsicherheitsberechnungen für den Bereich der Bestandstrasse

durchgeführt. Diese ergaben, dass im aktiven Rutschbereich rechnerisch keine ausreichende

Standsicherheit mehr gegeben ist. Der Ausnutzungsgrad liegt in etwa bei µ = 1,25. Unter diesen

Bedingungen kann die Bestandstrasse ohne zusätzliche Maßnahmen nicht in Betrieb bleiben.

Der Zeitpunkt eines eventuellen Versagens des Hanges ist nicht prognostizierbar.

Es wurden daraufhin mehrere Varianten zur konstruktiven Sicherung der Bestandstrasse erar-

beitet und geprüft. Hierbei zeigte sich, dass keine dieser Varianten zu einer ausreichenden und

nachhaltigen Stabilisierung des Rutschhanges führt. Daher ist die einzig verbleibende und zu-

gleich sinnvolle Maßnahme die Verlegung der Trasse.

Wie die Inklinometermessungen und die Hangbegehungen zeigen, finden die größten Hangbe-

wegungen südlich der Bestandstrasse um km 105+550 statt (aktiver Rutschungsbereich). Auf

Grund des vorliegenden Versagensmechanismus ist zudem von einer fortschreitenden Entfesti-

gung des Hanges in nördlicher Richtung auszugehen. Eine Verlegung der Autobahntrasse kann

daher aus geotechnischer Sicht nur in die nördliche Richtung und nur mit einem ausreichenden

Abstand zum derzeit aufgelockerten und nicht standsicheren Gebirge erfolgen („große Trassen-

verschiebung“).

Für eine Bewertung der Machbarkeit der „großen Trassenverschiebung“ wurden Standsicher-

heitsberechnungen im Bereich der Verlegungstrasse sowohl für den westlichen Bereich ober-

halb der aktiven Rutschung als auch für den östlichen Einschleifpunkt durchgeführt. Die

Baugrundverhältnisse im östlichen Einschleifpunkt wurden mit 10 Bohrungen eingehend erkun-

det. Diese ergaben eine deutlich geringere Zerlegung bzw. Entfestigung des Gebirges infolge

von Hangbewegungen. Unter Annahme eines weitestgehend ungestörten Gebirges wurden für

die Verlegungstrasse Ausnutzungsgrade von rund µ = 0,4 bis 0,5 berechnet. Diese Ausnut-

zungsgrade korrellieren mit einer ausreichenden Standsicherheit. Die straßentechnische Pla-

nung für die „große Trassenverschiebung“ einschließlich detaillierter Standsicherheits-

nachweise kann somit fortgeführt werden.

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Anlagenverzeichnis

A.1 Pläne

A1.1 Lageplan Inklinometermessstellen und Erkundungsbohrungen Kampagne 1 bis 3

A1.2 Lageplan Inklinometermessstellen und Erkundungsbohrungen Kampagne 3 und 4

A.2 Geotechnischer Längsschnitt S1 mit vermuteter Gleitfläche

A.3 Standsicherheitsnachweise Bestandstrasse

A3.1. Schnitt 1: km 105+550

A3.2. Schnitt 2: km 105+580

A3.3. Schnitt 3: km 105+950

A.4 Standsicherheitsnachweise Verlegungstrasse zwischen Betr.-km 105+500 und 105+600

A4.1 Schnitt 1: km 105+550 Varianten 1 bis 4

A4.2 Schnitt 3: km 105+950 Varianten 1 bis 4

A.5 Standsicherheitsnachweise Verlegungstrasse östlicher Einschleifpunkt

A5.1. Schnitt 4: km 106+210 Varianten 1 bis 3

A5.2. Schnitt 5: km 106+410 Varianten 1 bis 3

A5.3. Schnitt 6: km 106+710 Varianten 1 bis 3

A.6 Fotodokumentation Rutschhang