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Hartmut Stöckl Typographie: Gewand und Körper des Textes – Linguis- tische Überlegungen zu typographischer Gestaltung The present article sketches out a semiotic and functional-grammatic theory of language's typographic and text-graphic forms. Departing from the two metaphors in the title, body and dress, the author finds the basis of typography's functional flexibility in the semiotic properties of graphic signs, which can serve both as a means to encode spoken language as well as to communicate a welter of additional connotative and pictorially based meanings. In its main part the article outlines the structural and functional resources of typography as a separate signing mode, which interacts and cooperates with language, image, sound etc. in the multimodal text. Based on the subdivision of four typographic levels, the study illustrates with the help of examples drawn from advertising and book design how various typographic means interlock to build formal and semantic links to numerous linguistic text levels. Finally, the contribution examines the ways in which typography achieves its communicative effects, four of which are classified as crucial: 1) structuring visual space, 2) creating pictorial effects, 3) highlighting linguistic and pragmatic text structures, 4) reproducing and shaping cultural and media conventions. 1. Typographie – (k)ein Thema für die Linguistik? Die Beschäftigung mit Typographie – d.h. der Form, Auswahl und Verwen- dung von Schrift im Text sowie der gesamten graphischen Gestaltung eines Schriftstückes oder Dokuments – in einem linguistischen Rahmen mag zu- nächst verwundern. Zu sehr scheint typographische Gestaltung die Domäne eines eigenen Berufsstandes (Typograph, Setzer, Drucker) zu sein, zu eng er- scheint uns die Bindung typographischer Aspekte an künstlerische Gestaltung (Graphikdesign) und zu weit entrückt von der eigentlichen Struktur und Be- deutung der sie darstellenden Sprache mutet die materielle Gestalt der Schrift an. In der Tat ist die Linguistik bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Gumbrecht/ Pfeiffer 1995) der Thematisierung von Schrift und ihrer Materialität, d.h. den Gestaltungsspielräumen graphischer Zeichen, eher abgeneigt. Die den Blick auf die Materialität von geschriebener Sprache verstellende Position des „ein

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Hartmut Stöckl Typographie: Gewand und Körper des Textes – Linguis-tische Überlegungen zu typographischer Gestaltung The present article sketches out a semiotic and functional-grammatic theory of language's typographic and text-graphic forms. Departing from the two metaphors in the title, body and dress, the author finds the basis of typography's functional flexibility in the semiotic properties of graphic signs, which can serve both as a means to encode spoken language as well as to communicate a welter of additional connotative and pictorially based meanings. In its main part the article outlines the structural and functional resources of typography as a separate signing mode, which interacts and cooperates with language, image, sound etc. in the multimodal text. Based on the subdivision of four typographic levels, the study illustrates with the help of examples drawn from advertising and book design how various typographic means interlock to build formal and semantic links to numerous linguistic text levels. Finally, the contribution examines the ways in which typography achieves its communicative effects, four of which are classified as crucial: 1) structuring visual space, 2) creating pictorial effects, 3) highlighting linguistic and pragmatic text structures, 4) reproducing and shaping cultural and media conventions. 1. Typographie – (k)ein Thema für die Linguistik? Die Beschäftigung mit Typographie – d.h. der Form, Auswahl und Verwen-dung von Schrift im Text sowie der gesamten graphischen Gestaltung eines Schriftstückes oder Dokuments – in einem linguistischen Rahmen mag zu-nächst verwundern. Zu sehr scheint typographische Gestaltung die Domäne eines eigenen Berufsstandes (Typograph, Setzer, Drucker) zu sein, zu eng er-scheint uns die Bindung typographischer Aspekte an künstlerische Gestaltung (Graphikdesign) und zu weit entrückt von der eigentlichen Struktur und Be-deutung der sie darstellenden Sprache mutet die materielle Gestalt der Schrift an. In der Tat ist die Linguistik bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Gumbrecht/ Pfeiffer 1995) der Thematisierung von Schrift und ihrer Materialität, d.h. den Gestaltungsspielräumen graphischer Zeichen, eher abgeneigt. Die den Blick auf die Materialität von geschriebener Sprache verstellende Position des „ein

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A ist ein A ist ein A“ gegenüber Typographie zeigt sich durchgängig in Sprachphilosophie, Sprachwissenschaft und Semiotik. So z.B. meint Assmann (1995, 144):

Ein „R“ kann in Stein gemeißelt, auf Papier geschrieben, in Rinde geritzt, in Frak-tur, Bodoni, Garamond oder Helvetica gedruckt sein, ohne seine Bedeutung, seinen Bezug auf das Phonem [r] im mindesten zu affizieren. Ausschlaggebend ist ledig-lich seine Distinktivität: [...] Alles andere gehört zur „Materialität“ des Zeichens, die zwar unabdingbar ist, um die Bedeutung überhaupt zur Erscheinung kommen zu lassen, deren Spezifität zur Bedeutung selbst nichts beiträgt (Hervorhebung H.S.).

Nehmen wir jedoch die umgekehrte Perspektive ein und fragen wir, warum es legitim und notwendig ist, dass sich Linguisten, zumal anwendungsorientiert arbeitende, Fragen der Typographie annehmen.

1. Schreiben am Computer fordert den Typographen in uns: Der Status der Typographie hat sich in unserer vom Computer bestimmten Schreibkultur gewandelt. Graphische Gestaltungsentscheidungen bil-den nicht mehr die in professionellen Händen liegende Endphase der Textproduktion eines zu druckenden Dokuments, in die der eigentliche Schreiber nur marginal involviert ist. Vielmehr müssen sie vom Autor in seinem Textverarbeitungsprogramm eingestellt werden und beglei-ten den gesamten Prozess der Texterstellung kontinuierlich. So wird jeder Produzent eines am Computer geschriebenen Textes unfreiwillig zum Laientypographen. Über das für seine funktionalen und ästheti-schen Stilwahlen notwendige Fachwissen verfügt er in der Regel nicht.

2. Software erweitert und verkompliziert typographische Entscheidungen: Nicht nur hat der Computer dem durchschnittlichen Textproduzenten Typographie in die Hände gegeben, er hat auch die Möglichkeiten ty-pographischer Gestaltung selbst revolutioniert und potenziert. Dies ist nicht uneingeschränkt positiv zu bewerten. Da das Softwaredesign be-stimmt, welche typographischen Entscheidungen möglich sind und welche nicht und da oft ganze Raster oder Schablonen graphischer Gestaltung vorgegeben sind, führt die computerisierte Texterstellung und Drucklegung sowohl in den Augen der Laien als auch in den Au-gen der Typographie-Profis zu unnötigen Beschränkungen und zu un-befriedigenden Lösungen. Auch hier kann linguistische Reflexion hel-fen, die typographische Mittel mit Blick auf ihre Funktionsweise im Text typologisiert und ordnet und so die Strukturen bereitstellt, in de-

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nen Typographen und Designer systematisch über Softwareoptimie-rung nachdenken können.

3. Ein multimodaler und materialitätsbetonter Textbegriff verlangt nach Graphischem: Ein Textbegriff ist – wie Antos (2002, 187) feststellt – „medien-, zeit-, und kulturabhängig“ Dies bedeutet, dass die durch das Schreiben am Computer ermöglichten (typo-) graphischen Gestal-tungsmöglichkeiten die Materialität der produzierten Texte und unsere prototypische Vorstellung vom Text notwendigerweise verändern müs-sen. Man kommt daher ohne eine Betrachtung der Zeichen- und Gestaltungsressource Typographie in der Textlinguistik heute nicht mehr aus. Der rein sprachlich verfasste Text bildet die Ausnahme und der multimodale Text gerät zur Norm. Dabei rücken die materialen Qualitäten von Sprache und ihre konkrete Medialität in das Zentrum der Aufmerksamkeit1 – Sprachdesign oder Textdesign avanciert zu ei-nem Schlüsselkonzept, das diese veränderte Gewichtung reflektiert. Typographie bildet hierbei einen in der Textlinguistik bisher vernach-lässigten Untersuchungsgegenstand, der zum einen die Materialität, zum anderen die Multimodalität von Kommunikation in idealer Weise thematisiert, ohne den Bereich des Sprachlichen bereits in Richtung Bild, Musik, Geräusche etc. zu verlassen.

4. Typographie ist Stilmittel und soziales Signal: Textexemplare und Textsorten unterscheiden sich durch ihren Stil und dieser produziert in der Kommunikation sozialen Sinn. Einem multimodalen, weiten Text-begriff (Fix 2001) folgend gilt der Stil eines Textes als ganzheitliche Gestalt in der Wahrnehmung, die durch Zeichenelemente verschie-denster Textebenen zustande kommt. In dieser Sicht ist Typographi-sches ein Beschreibungsaspekt von Textstil, und zwar ein gewichtiger, weil er mit verschiedenen anderen Textaspekten in systematischer Ver-bindung steht, so z.B. mit der thematischen Struktur, dem Textinhalt, der Kommunikationssituation und der Partnerbeziehung etc. Außerdem ist die Wahrnehmung von typographischen Qualitäten im Sinne ihrer Schriftbildlichkeit in gewisser Weise der Entschlüsselung sprachlicher

1 Öffentliche Kommunikation leidet in gewisser Weise unter dieser Konzentration auf die

Oberfläche, indem andere stärker inhaltsbezogene „Textschichten“ (Ebert 2002, 74) ver-nachlässigt werden. Ebert z.B. meint kritisch: „Große Teile der medial vermittelten In-formationen stehen nicht (primär) im Dienste verständigungsorientierter Kommunikation. [...] Die Form kann vom Gehalt suspendieren.“ (Ebert 2002, 74)

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Botschaften vorgeschaltet.2 Typographische Praktiken sind darüber hinaus aber auch eine eigenständige, d.h. vom Sprachgebrauch relativ unabhängige Ressource zum ‚audience design‘ (Bell 2001, 1984), d.h. der mehr oder weniger bewussten Gestaltung von Kommunikation mit Blick auf die anvisierte Rezipientengruppe. Außerdem können typo-graphische Gestaltungsentscheidungen zu bestimmten Zeiten gültige kulturelle Normen reflektieren und soziokulturelle Zugehörigkeiten der Kommunizierenden bzw. Ideologien zum Ausdruck bringen (Street 1995, Sebba 1998, Androutsopoulos 2000, 516).

Warum ist Typographie als die Materialität von Sprache innerhalb der Lingu-istik bisher nicht gebührend thematisiert worden? Meist werden vier Gründe für die Nichtbeachtung von Typographie als Aspekt von Sprache und Text angeführt: das Primat der gesprochenen Sprache, die Beschränkung auf den Satz, die Arbitrarität des sprachlichen Zeichens und die Linearität von Sprache (Waller 1991, 346ff). Diese Argumente lassen sich m.E. auf zwei Hauptur-sachen reduzieren. Für die Marginalisierung von Schrift und ihrer graphischen Gestalteigen-schaften wiegt die hauptsächlich von de Saussure initiierte Konzentration auf die gesprochene Sprache am schwersten. Seit seiner grundlegenden Arbeit (Saussure 2001) gilt geschriebene Sprache als sekundär, da sie lediglich zur Aufzeichnung gesprochener Sprache dient.3 In dieser Sicht materialisiert Schrift als Instrument lediglich das Zeichensystem Sprache in bestimmten medialen Realisierungsformen, hat aber kein semiotisches Eigenleben. Diese Position wird in der Schriftlinguistik als Dependenzhypothese bezeichnet (Dürscheid 2002). Hier ist zum einen einzuwenden, dass auch in der Saussure-schen Sicht nichts dagegen spricht, die Schriftformen, d.h. ihre graphische Morphologie in den Blick zu nehmen und die Frage nach deren zusätzlichen, d.h. zu den Bedeutungen aus dem primären Zeichensystem hinzukommenden Signifikaten zu stellen. Zum anderen hat die reichhaltige Diskussion um die Unterschiede zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit (in der Folge von Koch/ Österreicher 1985, 1994 und Ong 1982/ 1987) deutlich gemacht, dass die Medialität von Sprache auf deren Gebrauchsweisen zurückwirkt – eine Position, die eher Interdependenz zwischen Schrift und gesprochener Sprache

2 Vgl. dazu die Aussage von Neuenschwander (2001, 31): "The emotional impact of

letterforms is communicated before their literal content..." (Hervorhebung – H.S.). 3 Vgl. dazu Crystal (1997, 180): “The history of language study illustrates widely divergent

attitudes concerning the relationship between writing and speech. For several centuries the written language held a pre-eminent place”.

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als einseitige Dependenz der Schrift vom Lautsprachsystem sinnvoll erschei-nen lässt. Zudem spricht – wie Dürscheid (2002, 42ff) zeigt – einiges für die Souveränität der Schrift „als eigenständige Realisationsform von Sprache“. Dies ist ein Standpunkt, den diejenigen, die auf das Manuell-Motorische und Handwerklich-Instrumentelle des Graphikzeichen-Machens fokussieren und den graphischen Zeichen einen herausgehobenen Status in Kulturgeschichte und Semiotik einräumen möchten, noch vertiefen. So meint Stötzner (2000, 23) in der Grundlegung einer semiotischen Theorie graphischer Zeichen (ein-leuchtend benannt: Signographie), dass

[...] es aber notwendig [ist] darauf hinzuweisen, dass Phonie (Lautsprache) und Graphie (Zeichensprache) zwei prinzipiell eigenständige Äußerungsformen sind. Sie haben – obwohl vielfältig in Beziehung stehend – ihre jeweils eigenen, vonein-ander unabhängigen Ursprünge und bestehen bis heute mit jeweils eigenen Gesetz-mäßigkeiten.

Für die relative Eigenständigkeit von Schrift sprechen nach Dürscheid (2002, 42) v.a. die Vorteile geschriebener Sprache gegenüber der gesprochenen wie v.a. das Vorhandensein von diskreten Einheiten, den Graphemen, (vs. Konti-nuität im Redestrom) und die dokumentarische Funktion des Aufschreibens. Beide Faktoren führen dazu, dass es letztlich die Schrift ist, die es z.B. der Linguistik, aber auch anderen sprach- bzw. textbezogenen Wissenschaften er-laubt, „in Distanz zum Untersuchungsgegenstand zu treten“ (Dürscheid 2002, 42). Hinzu kommt, dass die sprachpraktischen Tätigkeiten des Lesens und Schreibens nicht auf das Sprechen angewiesen sind, sie bedienen sich größerer Wahrnehmungsgestalten und bedürfen der Einheiten der (Laut-) Sprache (d.h. der Phoneme) nicht. Schließlich führt Schrift ein visuell-graphisches Eigenle-ben, das auf das Sprachsystem zurückwirken kann – u.a. sichtbar in solchen Lexemen wie O-Beine, X-Beine oder T-Träger, T-Shirt und V-Ausschnitt etc.4 Abschließend ist Glück (1987, 250) zuzustimmen, wenn er anregt, „Geschrie-benes nicht als Sprachzeichen [...], sondern als semiotisches System anderer Ordnung“ zu konzeptionalisieren. Diese Ordnung wäre m.E. eine materielle, visuell-optische und graphisch-motorische. Im Saussure’schen Sinne sind so-wohl Phoneme als auch Grapheme prinzipiell arbiträre Zeichen. Jedoch muss bedacht werden, dass Schriftsprache – stärker als Lautsprache durch onomato-poetische Prozesse – v.a. durch ihre Bindung an gegenständliche bzw. bild-

4 Die Arten solcher Rückwirkungen der semiotisch sekundären Schrift auf das semiotisch

primäre Sprachsystem sind vielfältig und wären eine separate Untersuchung wert.

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liche graphische Formen eine Motivierung oder Ikonisierung erfahren kann (und historisch betrachtet anfänglich stets besaß).5 Die Beschränkung traditioneller Linguistik auf den Satz und ihre pauschale Kennzeichnung von Sprache als lineares Zeichensystem bilden die zweite Hauptursache für eine mangelnde Thematisierung (typo-) graphischer Fragen. Während Laute zeitgebundene Sequenzen bilden, eröffnet die zweidimensio-nale Fläche eines geschriebenen Textes nicht-lineare und ganzheitliche Re-zeptionsstrategien. Orientierung im Raum erlaubt die Portionierung von In-formationen und den individuellen Leseeinstieg in einen Text, der nicht nur linear, sondern auch hierarchisch gegliedert sein und diese Struktur durch gra-phische Signale auch kommunizieren kann. Hamp (1959, 4f) nennt solche den schriftsprachlichen Ausdruck begleitende und kommentierende typogra-phische Mittel ‚paragraphemics‘ und weist damit auf die Fähigkeit von typo-graphischen und graphischen Zeichen, Texte zu organisieren und deren Be-deutung zu überformen. Waller (1991, 354ff) argumentiert, dass Linearität zwar eine Designeigenschaft des Sprachsystems ist, das Denken und in Texten darzustellende Inhalte und Argumentationen jedoch oft nicht-linear sind. In diesem Sinne genießt der schriftliche, zumal der typographisch gestaltete Text den Vorteil, dass er nicht-lineare Rezeptionen organisieren kann. Typographische und schriftbildorientierte Überlegungen können also nur ge-deihen, wenn man den Blick auf die materielle Oberfläche des Textes, die Struktur der graphischen Formen und die Organisation der bedruckten Fläche richtet. Dabei geht es nicht um eine systemische Grammatik der Typographie, sondern um die Beschreibung kulturell konventionalisierter, situativ ausge-handelter und historisch wandelbarer Gebrauchsweisen typographischer Res-sourcen – d.h. letztlich um eine pragmatisch fundierte und funktionale Gram-matik. Die Ganzheitlichkeit und Gestaltorientierung der Betrachtung ist dabei auch deshalb einer linearen, symbolverarbeitenden vorzuziehen, weil die ma-teriale Substanz typographischer Formen ihrem Wesen nach bildlich ist. Schriftbilder werden nicht linear wahrgenommen, sondern ihre Elemente er-zeugen simultan komplexe optische Eindrücke, die mit ästhetischen Anmu-tungen und affektiven Bedeutungen verbunden sind. Die Strukturen und Sinn-potenziale von graphisch erzeugten Bildern haben wenig mit denen des Sprachsystems gemeinsam, wenngleich sie stets im Zusammenhang mit der Funktionsweise von Sprache und Text gesehen werden sollten (Stöckl 2004a/ b). 5 Hier ist freilich zu bedenken, dass solche Aussagen von der Art des jeweiligen Schriftsys-

tems abhängen. Die piktographische Grundlage von Schrift ist aber generell unbestritten (Crystal 1997, 199).

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Typographie ist gewöhnlich Gegenstand praktischer Ratgeberliteratur, die auf der Grundlage handwerklicher Traditionen des Schriftsetzens und Druckens stark präskriptiv verfährt und Normen der Dokumentgestaltung festschreiben und weitergeben will (Willberg/ Forssman 1999; Willberg 2002). Direkt aus der typographischen Praxis stammen auch Sammlungen prämierter und be-sonders innovativer Arbeiten, die Typographie oft unter künstlerischem As-pekt betrachten (Neuenschwander 2001, Bellantoni/ Woolman 1999; Weide-mann 1994). Außerdem wird Typographisches in kulturhistorischen und me-diengeschichtlichen Arbeiten v.a. im Zusammenhang mit der Erfindung des Buchdrucks thematisiert (Chartier 1990; Giesecke 1979, 1991, 1992; Kittler 1987). Nur Weniges findet sich aus dem Bereich der Linguistik: Einerseits spielt hier Schrift im engen Sinne in der Schriftlinguistik, d.h. der Erforschung der Schriftsysteme eine gewisse Rolle (Dürscheid 2002; Coulmas 1982), andererseits gibt es Betrachtungen zum Verhältnis von Laut- und Schriftspra-che bzw. von phonematischen und graphematischen Strukturen (Kohrt 1985). In den Bereich der Angewandten Sprachwissenschaft fällt allerdings auch die eher empirische und wahrnehmungs- bzw. kognitionspsychologisch fundierte Erforschung von Leserlichkeit und den affektiven und didaktischen Konse-quenzen typographischer Gestaltung (s. dazu den Überblick in Waller 1991, 341-346). Integrative, semiotisch orientierte Studien (Illich 1991; Raible 1991; Stötzner 2000; Wehde 2000) versuchen einen möglichst umfassenden und strukturierten Blick auf Typographisches zu werfen und verwenden dabei meist einen recht breiten Typographiebegriff (vgl. 2). Meine Überlegungen versuchen Typographisches konsequent auf den Text und seine linguistischen Eigenschaften zu beziehen und sie damit als unver-zichtbaren Gegenstand der Textlinguistik zu etablieren. Dabei geht es mir zum einen darum, die graphische Gestaltung von Schrift und Schriftstück als eine unter mehreren Zeichenmodalitäten des multimodalen Textes zu fassen. Meine Vorstellung von Typographischem entspricht einer funktionalen Grammatik, in der verschiedene Mittel in Abhängigkeit von den zu erzielenden kommuni-kativen Effekten und Aspekten der Kommunikationssituation verwendet wer-den. Zentral ist die Frage, welche kommunikativen Effekte von typographi-schen Gestaltungsmitteln im Text auf welche Weise ausgehen können. Diese Wirkungsdimension von Typographie möchte ich in erster Linie daraufhin untersuchen, inwieweit sie auf Bildlichkeitsphänomenen beruhen. Hier sind die Prozesse und Spielarten zu untersuchen, in denen sich Schrift und Textde-sign von Sprache ablösen und über sprachliche Botschaften hinaus bildliche kommuniziert werden können.

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2. Was ist Typographie? – Semio-linguistische Konzeptionen Trotz der morphologisch-etymologischen Klarheit des Terminus ‚Typogra-phie‘ existieren verschiedene Auffassungen über Gegenstandsbereich und Natur des Typographischen. Weitestgehende Einigkeit herrscht heute darüber, dass die Typographie nicht auf das Design der Schriftzeichen beschränkt blei-ben darf, sondern auf die gesamte graphisch-räumliche Konzeption eines Textdokuments, d.h. auf sein Layout und seine Materialität zu beziehen ist. In diesem Sinn wird meist zwischen Mikro- und Makrotypographie unterschie-den (Willberg/ Forssman 1999, 9), wobei ersteres Schriftgestaltung und letzte-res Schriftbild in toto, Layout inklusive Bilder, Papier und Druck bezeichnet. Im Rahmen einer Zeichen- und Kommunikationstheorie betrachtet, umfasst Typographisches somit die Gestalt der einzelnen Schriftzeichen, deren Ver-wendung in größeren Zusammenhängen sowie die materiale Beschaffenheit des Zeichenträgers und die Technologie des Zeichenaufbringens. Sinnvoll wäre m.E. neben der Zweiteilung des Typographischen (Mikro = Schrift vs. Makro = graphische Gestaltungsmittel, vgl. Wehde 2000, 10) – ent-sprechend der oben vorgenommenen Trennung in Einzelzeichen, Zeichen-kombination im Gebrauch und Zeichenträger – auch eine Dreiteilung in Mikro-, Meso- und Makrotypographie. Der Mikrobereich bestünde dann in Schriftdesign und -auswahl, der Mesobereich im Gebrauchen der Schriftzei-chen (d.h. Justieren von Zeichenabstand, Wortabstand, Zeilenabstand etc.), und schließlich der Makrobereich im Anordnen von Schriftblöcken zu Text-körpern und deren Kombination mit graphischen und bildlichen Elementen auf einer materialen Oberfläche. Die drei typographischen Dimensionen Mikro, Meso und Makro sind natürlich keine klar abgrenzbaren Bereiche, sondern ihre Gestaltungsressourcen greifen integrativ ineinander, beeinflussen sich wechselseitig und bilden eher ein Kontinuum des Typographischen, das von punktuellen über linearen hinzu flächigen und ganzheitlichen Phänomenen reicht. Lesbarkeit, Leserführung, emotionale Anmutung, Textgliederung und Übersichtlichkeit sind die Zielorientierungen dieser drei typographischen Be-reiche. Typographie interessiert sich mit Blick auf Schriftzeichen (und andere graphi-sche Zeichen) in erster Linie für die konkrete Qualität der ‚tokens‘. Es ist die Variabilität der Form von Schriftzeichen-Typen, d.h. Serifen, Strichstärken, Größenverhältnissen, Rundungen, Ornamenten etc., die Gegenstand typogra-phischer Überlegungen sind, nicht der Typus des konkreten Zeichens selbst, der ja den Bezug zum primären Zeichensystem Sprache herstellt. Hinterfragt werden muss also nicht, wie graphische Zeichen für sprachliche Zeichen ste-

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hen (Grapheme für Phoneme), sondern wie die graphischen Zeichen ein se-kundäres Bedeutungssystem aufbauen, in dem typographische Formen über die schriftliche Codierung von Lautsprache hinaus semantische Funktionen übernehmen. Weil Typographie Form-Inhalt-Kopplungen eines primären Zei-chensystems (Sprache) als Signifikanten in einem sekundären Zeichensystem nutzbar macht (vgl. Holenstein 1980, 3236 und Wehde 2000, 78f), kann man im Sinne von Barthes (1996) auch von Konnotation sprechen und Typogra-phie als ein konnotatives semiotisches System bezeichnen. Interessant ist die Frage, in welcher Beziehung die beiden Systeme Sprache und Typographie stehen. Hier wird des Öfteren auf eine Analogie zwischen den beiden media-len Realisierungsformen von Sprache – Schreiben und Sprechen – zurückge-griffen und behauptet, dass die Typographie für das Schreiben das ist, was Pa-raverbales für das Sprechen ist. Metaphorisch gesprochen: Typographisches ist die Prosodie, die Intonation des Schreibens. Die Metapher deutet auf eine unauflösbare Verbindung von Sprache und Typographie. So wie Prosodisches nie neutral sein kann, ist auch keine bedeutungsleere Typographie vorstellbar. Beides – Para- und Non-verbales – konstituieren Aspekte der Materialität von Sprache, ohne die das kommunikative System Sprache nicht denkbar ist. Das Funktionieren des Sprachsystems hängt untrennbar an den Materialien Stimme/ schallfähiges Medium und Graphie/ Schrift tragende Substanz. Ge-meinsam haben Prosodisches und Typographisches auch die Nichtlinearität und den ganzheitlichen Gestaltcharakter in Prozessen der Wahrnehmung. Begreift man Schrift lediglich als ein Subsystem graphischer Zeichen unter vielen anderen und fokussiert man auf die materiale Gestalt graphischer Zei-chen, so wird die fließende Grenze zwischen geschriebener Sprache und Bild schnell offensichtlich. Darauf verweist Stötzner (2000, 23) und schlägt „ten-denzielle Einfachheit des Zeichens“ und dessen „elementar-abstrakte“ Form als Kriterien für die Abgrenzung (typo-)graphischer von bildlichen Zeichen vor. So einleuchtend dies sein mag, besteht dennoch immer die Möglichkeit, dass Schriftzeichen zu Bildzeichen mutieren, wenn sie graphisch komplexer werden und zusätzlich zu bzw. statt ihrer Bindung an das Lautsprachsystem auf figürliche oder gegenständliche Weise Bedeutung kodieren. Dass Schrei-ben und Layouten etwas Bildliches haben, findet nicht zuletzt seinen Nieder-schlag in dem Begriff ‚Schriftbild‘ und hebt darauf ab, dass sowohl Schrift als auch andere graphische Zeichen visuell wahrgenommene Zeichen sind. Je weiter sich Schriftgestaltung und Textdesign von den einfachen und abstrakten

6 Holenstein (1980) spricht mit Blick auf die zwei Funktionen von Schrift von einer doppel-

ten Artikulation.

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weg und hin zu den komplexeren, figürlich-gegenständlichen graphischen Formen bewegen, desto eher werden sie als bildlich wahrgenommen. Mit die-ser Zwitterstellung des graphischen Zeichens zwischen Sprache und Bild bzw. zwischen Phono-, Logo- und Ideographie einerseits und Piktographie anderer-seits spielen modernes Graphikdesign und Kunst. Die potenzielle Koinzidenz von Sprache und Bild im Graphieren von Zeichen (vgl. Signographie, Stötzner 2000) hat auch ihren Niederschlag in der typo-graphischen Terminologie gefunden. So werden mit Blick auf Texte und Textsorten Informations-, Lese- oder Gebrauchstypographie einerseits von Display- oder Akzidenztypographie andererseits unterschieden. Während ers-tere graphische Formen umfasst, die der effektiven Dekodierung geschriebe-ner Sprache dienen, zielt letztere eher auf das ‚Blicke Fangen und Lenken‘ und auf die emotional-ästhetische Ansprache des Lesers. Schrift, im Sinne von ‚Schriftbild‘ etwa, als Bild aufzufassen, mag linguistisch zunächst widersinnig erscheinen, interessieren doch Schreiber und Leser im Fall des Schreibens primär das Graphieren von Buchstaben für Phoneme. Hinter jedem auch noch so individuellen ‚token‘ erkennt der Sinn suchende Leser den abstrakten ‚type‘ des graphischen Zeichens. Das semiotische Kon-zept der „syntaktischen Dichte und Fülle“ von Goodman (1976) hilft zu er-hellen, inwiefern auch graphische Zeichen Bildcharakter annehmen können. Vereinfacht gesagt, postuliert Goodman, dass die syntaktische Dichte und Fülle eines Zeichensystems zunehmen und es in die Nähe des Bildlichen rückt, „je mehr Züge der Zeichenträger symbolische Funktionen besitzen“ (Scholz 1998, 110). Erlangen also, bezogen auf das medial schriftlich reali-sierte Zeichensystem Sprache, solche Aspekte der Zeichenträger (Schriftzei-chen, Buchstaben) wie Strichstärken, Endigungslinien (z.B. Serifen), Größen- und Formproportionen, Neigungsrichtungen, Farben, Grauwerte, Texturen, graphische Muster und Auszeichnungen etc. eine Bedeutung, so lässt sich vom Bildcharakter der Schrift sprechen. Dies bedeutet, dass Typographie nicht erst dann bildlich zu nennen ist, wenn sie gegenständliche Formen annimmt und quasi ikonisch kommuniziert, sondern bereits dann, wenn eine kritische Menge von Form- und Materialeigenschaften der Zeichen über ihre assozia-tive Verknüpfung mit einem Phonem etc. Symbolfunktion also kommunikati-ven Wert hat. Leser generieren Sinn also nicht nur durch eine ‚token‘-‚type‘-Passung bezüglich der Schriftzeichen und die assoziative Verkopplung mit Lauten, Wörtern, Konzepten, sondern sie finden Sinn auch im graphischen Formenreichtum und der Materialität der Schrift. Rekapitulieren wir jetzt noch einmal die bis hierher verfolgte Konzeption von Typographie. Sie umfasst Schriftgestaltung, -auswahl und -verwendung sowie

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die gesamte graphisch und materiale Gestaltung des Textes. Ein so verstande-nes Textdesign hat Schriftzeichen zur Grundlage, die auf Lautsprache verwei-sen und dieses primäre Zeichensystem im Medium der Schriftlichkeit abbil-den. Andererseits kann Typographie als eingeständiges sekundäres Zeichen-system gefasst werden, das über Form und Bedeutung verfügt und sich erst im kontextsensiblen Gebrauch zwischen Textproduzent und -rezipient entfaltet. In diesem Sinne ist „Schrift als sekundäres Zeichensystem von Lautsprache und als sprachunabhängiges Zeichensystem zu konzeptionalisieren“ (Wehde 2000, 51). Die Bildlichkeit von Typographischem ist in hohem Maße gegeben und typographisch vermittelte Bedeutungen sind stets im Zusammenhang mit den genuin sprachlichen Bedeutungen eines Textes zu betrachten. Die Bezüge zwischen sprachlichen Inhalten bzw. Textstrukturellem und typographischen Formen machen den Kern typographischer Analysen und Überlegungen aus. Die Semiotik mit ihren Zeichentypologien bietet ein Instrumentarium, um ab-schließend zu zeigen, dass Schriftzeichen komplexe Zeichen sind, „an denen unterschiedliche Zeichenschichten unterschieden werden können, die je ge-trennt Bedeutungen vermitteln können“ (Berger 1979, 12). So hat Peirce mit Blick auf das Zeichen selbst – unabhängig von seinen Bezügen zu Referenten und Interpretanten, d.h. ohne Erörterung seiner spezifischen Semantik, drei Arten von Zeichen bestimmt: Quali-, Sin-, und Legizeichen (Nöth 2000, 65). Diese grundlegende Einteilung lässt sich auch auf Schriftzeichen anwenden, wobei ich hier in Anlehnung an Wehde (2000, 64ff) argumentieren will, dass in ihnen alle drei wesentlichen Zeichenaspekte vereint sind und je nach Ver-wendung der eine oder der andere Zeichentyp hervortritt. Der Qualizei-chenaspekt wird auf die Bildlichkeit von Typographie und die Materialität ihrer Zeichenträger bezogen. Der Sinzeichenaspekt rekurriert auf die gra-phisch-visuelle Form, d.h. die Formausstattungsmerkmale der Schriftzeichen. Der Legizeichenaspekt schließlich verweist auf die Stellvertreterfunktion der Schriftzeichen für Phoneme, Lexeme etc. des Sprachsystems. Die Bedeutungs-fähigkeit, d.h. das Sinnpotenzial typographischer Zeichen besteht m.E. darin, dass sie einerseits als Legizeichen per Konvention sprachlich gelesen werden, andererseits aber als Sin- und Qualizeichen über eine konnotative bzw. bild-lich-figurative Semantik verfügen, die komplexer, weniger stabil und stärker ko- und kontextsensibel ist als die konventionelle Semantik der Legizeichen. Bezeichnet man Typographie als Körper des Textes, so meint man, dass Schrift, Layout und graphisches Material überhaupt erst die Voraussetzung eines schriftlich verfassten Textes bilden. In diesem Sinne ist Typographie der Körper des Textes – seine unverzichtbare Lebensgrundlage, der Ort und der Stoff seiner Existenz. Typographisches kann aber auch als gestaltbare Hülle

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des Textes betrachtet werden, die von soziokulturellen Moden, vom persön-lichen Geschmack und der Wirkungsabsicht des Textproduzenten abhängt. Ein Text könnte dann seines Gewandes entkleidet werden, und es bliebe seine nackte Propositionalität und Wissensbasis. Welche Kleidung passt zu wel-chem Text? Welche Rückschlüsse auf die Botschaft, den Textproduzenten und seine kommunikative Situation und Wirkungsabsichten lassen sich aus dem Gewand eines Textes ziehen? Dies sind genuine typographische Fragestellun-gen, die sich stets sowohl aus der Perspektive der Textgestalter als auch aus der Perspektive der Textleser untersuchen lassen. 3. Typographie im multimodalen Text Begreift man einen Gesamttext als strukturierte Kombination verschiedener Zeichenmodalitäten, so wie das in Theorien multimodaler Kommunikation üblich ist (Stöckl 2004, i.D.), so kann man die Frage stellen, welchen Status Typographie innerhalb des Textes hat. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass Modalitäten Kodesysteme sind, die über bestimmte Zeichenrepertoires und Verwendungsregeln verfügen, derer sich Textproduzenten in konkreten Situationen entsprechend ihrer kommunikativen Absichten bedienen und so in kommunikativen Ereignissen sozialen Sinn stiften. Dies ist die Grundidee der funktionalen Grammatik. Trifft dies auch auf Typographie im hier erläuterten Sinne zu – ist Typographie eine Zeichenmodalität? Da sich Typographie einerseits in Abhängigkeit von der Zeichenmodalität Sprache befindet, andererseits aber ein eigenständiges Ausdruckssystem bil-det, bezeichne ich Typographie als periphere Modalität (s. Abb. 1). Als solche ist sie von den zentralen Zeichenmodalitäten so wie z.B. Sprache und Bild zu unterscheiden. Periphere Modalitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur durch die mediale Realisierung einer zentralen Modalität ins Spiel kommen und eng mit dieser Kernmodalität verbunden bleiben. So sind Typographi-sches, Paraverbales und Nonverbales7 periphere Zeichenmodalitäten der zentralen Modalität Sprache, die sie materialisieren helfen, begleiten und über-formen. Die Trennung ‚zentral‘/ ‚peripher‘ sollte jedoch nicht als Abstufung von Wichtigkeit gesehen werden. Vielmehr bringt sie zum Ausdruck, dass die zentralen Modalitäten jeweils medial realisiert werden und sich dabei eine

7 Nonverbales ist nur zum Teil eine an Sprache gebundene Modalität. Nonverbale

Ausdrucksressourcen funktionieren in der Kommunikation auch unabhängig von Sprache. Sie sind auch für die Analyse von Bildern relevant.

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subsidiäre Zeichenmodalität mit eigenen Ressourcen eröffnet, die auf die zentrale Modalität zurückwirkt.

SINNES-KANÄLE

ZENTRALE

MODALITÄTEN MEDIALE

VARIANTEN PERIPHERE

MODALITÄ-TEN

SUB-MODALITÄTEN

MERK- MALE

Statisch

(Stand-) Vektoren Tonwert

Farbe Sättigung BILD Größe Reinheit Entfernung Glanz... Winkel/ Per-

spektive

Komposition Dynamisch Siehe oben + (Bewegt-) Kamerafahrten Kamera-

schwenks Bilderfolge

Schnitt Geschwin-digkeit

Visuelle Effekte Übergänge…

VISUELL Gestik Hand, Fin-

ger, Arm Non-verbales Körperhaltung Schultern Mimik Gestense-

quenz… Statische

Schrift Typographie Schriftgröße

Schriftart Skelettform Farbe/ Schattie-

rung Gewichtung

Verzierung Kontrastie-rung

Einrückungen Endigung (Serifen)

Absätze Auszeich-nung…

Animierte Typographie Siehe oben +

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Schrift Richtung Geschwindig-

keit

SPRACHE Rhythmus Spezialeffekte Drehung,

Tanzen, Figuren,

‚Fading‘... Gesprochen Paraverbales Lautstärke Intonation Frequenzverlauf Pausierung Länge, ‚ti-

ming‘, AUDITIV Rhythmus Motive... Geschwindig-

keit

Stimmqualität Themen Sprachhand-

lung Illokution

Lexik Direktheit Morphologie Reihenfolge

der SA Syntax Rhetorik GERÄUSCHE Intensität,

Lautst. Quellen

Qualität Material/ Erzeugung

Struktur... Musizierte

Musik Melodie

Instrumentier. Instrumente Rhythmus Klangfarbe MUSIK Tempo Index… Genre Notierte Mu-

sik Typographie Siehe oben

Abb. 1: Netzwerk der Modalitäten, Sub-Modalitäten und Merkmale im multimodalen Text

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Abbildung 1 (s.o.) versucht einen Überblick über die in einem Gesamttext möglichen Zeichenmodalitäten, ihre Gestaltungsdimensionen (Sub-Modalitä-ten) und Gestaltungsressourcen (Merkmale) zu geben. Aus dem Schema geht hervor, dass die einzelnen Zeichenmodalitäten in ihrer medialen Realisierung jeweils über ein Repertoire an Sub-Modalitäten verfügen. Dabei handelt es sich um die größeren Bausteine der einzelnen Zeichenmodalitäten, die sich zwar analytisch trennen lassen, in der Wahrnehmung jedoch miteinander ver-woben sind und Gestalten bilden. Sub-Modalitäten sind gewissermaßen die einzelnen Dimensionen bzw. Bestandteile der Grammatik eines Kodesystems. Sie bestehen ihrerseits wiederum aus verschiedenen Merkmalen, die als ein-stellbare Werte auf Merkmalsskalen konzipiert werden können. In einer kon-kreten kommunikativen Situation wählen Textproduzenten aus den Einstell-möglichkeiten der einzelnen Merkmale aus, um ihr Textprodukt optimal an-gemessen zu gestalten. Multimodale Textproduktion gleicht daher einem mehrstufigen baukastenähnlichen Selektionsprozess aus vorhandenen Zei-chenressourcen. Die zu treffenden Designentscheidungen betreffen:

1. die Auswahl der Modalitäten und ihre mediale Realisierung und die Verteilung der Teilbotschaften auf die einzelnen Modalitäten,

2. die Fokussierung bestimmter Submodalitäten im Gebrauch durch Einstellung von im jeweiligen Repertoire der Submodalität verfüg-baren Merkmalen.

Die Betrachtung von Typographie im Rahmen einer Theorie des multimodalen Textes hat verschiedene Vorteile. Zunächst trägt sie der kommunikativen Re-alität Rechnung, denn Typographie steht im Text nicht allein: Einerseits hängt sie als periphere Modalität integrativ mit Sprache zusammen, andererseits sind typographische Gestaltungsentscheidungen mit anderen im Gesamttext ge-nutzten Modalitäten (z.B. Bild, Musik, Geräusche) verbunden. Eine multimo-dale Sicht verdeutlicht, dass Typographisches mit anderen Zeichenmodalitäten die generelle Struktur von Kodesystemen, d.h. die Gegliedertheit und Ver-netztheit der Ressourcen teilt. Vor allem aber treten Abhängigkeiten zutage, die für die Funktionsweise von Typographie wichtig sind: Sie steht in gewis-ser Weise im Dienst ihrer zentralen Modalität, der Sprache, und sie teilt mit dem Bild die Festgelegtheit auf den visuellen Sinneskanal, was eine ganzheit-liche Nutzung der graphischen Fläche bedeutet. Ähnlichkeiten von Typogra-phischem und Bildlichem zeigen sich bei einer multimodalen Sicht auf Text und Kommunikation v.a. in modalitätsübergreifenden Sub-Modalitäten (wie z.B. Farbe, Größe etc.). An konkreten Gesamttexten vermag die multimodale

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Perspektive schließlich v.a. aufzuzeigen, welche semantischen und formalen Bezüge es zwischen der typographischen und anderen Modalitäten gibt. So lassen sich gestalterische Analogien, bewusst angelegte Divergenzen oder komplementäre Relationen zwischen den Zeichenmodalitäten und Hierarchi-sierungen von Modalitäten entdecken. Diese Abhängigkeit typographischer Gestaltung von anderen Zeichenmodalitäten in der Textproduktion spiegelt das Berufsethos der Typographen wieder, das Zurückhaltung und sensiblen Umgang mit Gesamtbotschaften (Sprache), Bildern und Materialien (Medien) fordert.8 Prinzipiell bestehen für die typographische Gestaltung in einem multimodalen Gesamttext die folgenden Bezüge:

1. Typographie – Sprache: Hier ist die Breite der Bezugsmöglichkeiten aufgrund der engen Verwobenheit von Sprache und Typographi-schem am größten. Zum Beispiel: Schriftarten können sich dem In-halt, dem Charakter des Textes anpassen (verwackelte, krakelige Schrift für kindlichen Text etc.). Die typographische Gliederung kann die Themen- und Handlungsstruktur des Textes widerspiegeln (durch Anstriche, Textblöcke und deren Komposition etc.) usw.

2. Typographie – Bild (statisch/ bewegt): Zunächst kann Schrift – wie erläutert – leicht Bildcharakter annehmen. Die Figürlichkeit von Schrift wird dabei auf unterschiedliche Arten genutzt. Andererseits stehen Schrift und Bild im Text oft in einer Beziehung der Kombi-nation bzw. Montage oder der gegenseitigen Integration. So werden Schriftzüge auf Bildflächen aufgebracht und Bilder in Schriftzei-chen montiert. Inhaltliche Bezüge können dabei zum einen über die sprachliche Bedeutung der Schrift hergestellt werden. Zum anderen können Inhalt, Aussage, Stil, Epoche etc. eines Bildes in der typo-graphischen Gestaltung imitiert bzw. gespiegelt werden.

3. Typographie – Musik (notiert/ musiziert): Es ist v.a. die musizierte Musik, deren Charakter und Strukturelemente in der typographi-schen Gestaltung aufgenommen und gespiegelt werden können. So z.B. lässt sich zu einer im schnellen Tanzrhythmus gespielten Melo-die die Schrift in einem Werbespot als tanzende Wellenlinie animie-ren. Musikstile und -genres können im Charakter der Schrifttypen

8 Vgl. z.B. die Thesen zur Typographie eines der bekanntesten deutschen Typographen,

Kurt Weidemann (1994, 360f): „Die Typographie fordert unter allen angewandten Künsten die meisten Rücksichtnahmen. Und bietet die geringsten Chancen freier Selbstverwirklichung. [...] Gute Typographie bemerkt man so wenig wie gute Luft zum Atmen. Schlechte merkt man erst, wenn es einem stinkt.“

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ihren Ausdruck finden – barocke Lettern mit Verzierungen für alte Musik.

4. Typographie – Geräusch: Ähnlich der Musik haben Geräusche akustische Qualitäten, auf die typographische Gestaltung zurück-greifen kann. Die Intensität eines Geräuschs mag ihren Ausdruck z.B. in der Schriftgrößte finden (laut – groß, leise – klein).

Halten wir fest: Typographisches ist als periphere Zeichenmodalität auf essen-zielle Weise mit allen Zeichenmodalitäten eines multimodalen Textes ver-knüpft. In der Verwendung typographischer Zeichenressourcen im Gesamttext ist es daher im Interesse von Kohäsion und gestalterischer Stringenz sinnvoll, inhaltliche und formelle Brücken zu anderen Modalitäten zu bauen. Das Po-tenzial solcher modalitätsintegrierender Bezüge basiert auf den vorhandenen Ähnlichkeiten in Struktur und Funktionsweise der einzelnen Modalitäten. Es bemisst sich nach der Umsetzbarkeit von gestalterischen Parallelen oder Ver-weisen zwischen einzelnen Modalitäten in der jeweiligen Kommunikations-situation. 4. Typographie als Zeichensystem? Konzipiert man Typographisches als in gewissem Sinne eigenständige Zei-chenmodalität, dann muss sie zumindest ansatzweise eine funktionale ‚Gram-matik‘ besitzen. Demnach sollte ein Set von strukturellen Ressourcen existie-ren, mit deren Gebrauch man in bestimmten kommunikativen Situationen Be-deutungen generieren bzw. zu Gesamtbedeutungen beitragen kann. Dass Ty-pographie über graphische Strukturelemente verfügt und dass diese kommuni-kative Funktionen in Verwendung haben, darüber kann kein Zweifel bestehen. Die Frage ist vielmehr, inwiefern es sich dabei um ein festes System handelt, und inwieweit dieses System Selbständigkeit beanspruchen kann. Typographie ist relativ eng an die Funktionsweise von Sprache bzw. an den Text gebunden. Typographische Ressourcen überformen und wirken zurück auf die sprachlichen – sie operieren über dem kommunikativ-pragmatischen Phänomen Text, er ist ihr Wirkungsrahmen. Das heißt die Funktionen typo-graphischer Strukturen sind letztlich auf den Text als sprachliches und multi-modales Produkt zu beziehen. Hinzu kommt, dass Typographie im Unter-schied zu Sprache und in Analogie zu Bild und Musik etwa kein starkes Zei-chensystem ist. Die Schwäche des Kodesystems Typographie liegt neben der Sprachgebundenheit vieler ihrer Strukturen und der Schwierigkeit, diskrete Zeichen festzumachen, v.a. an ihrem stark indexikalischen und ikonischen

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Charakter sowie der starken soziokulturellen Bindung (z.B. an Moden, Trends, Normen, Geschmack). Abb. 2 ist der Versuch, die Gestaltungsressourcen von Typographie in ihrem hier praktizierten breiten Verständnis überblicksartig zusammenzustellen. Damit verfolge ich zum einen die Absicht, das Feld der typographischen Strukturen mit Blick auf ihren Gebrauch im Text zu ordnen. Zum anderen möchte ich Überlegungen dazu anstellen, wie die einzelnen Arten typographi-scher Mittel im Text ihre Wirkungen entfalten und kommunikative Bedeutun-gen erlangen.

TYPOGRAPHISCHER

BEREICH

GESTALTUNGSDIMENSION/ SUB-MODALITÄT

RESSOURCEN / MERKMALE

MIKROTYPOGRAPHIE: Schriftgestaltung, Formaus-stattungsmerkmale von Schrift

� Schriftart � Schriftgröße � Schriftschnitt � Schriftfarbe

� Form/ Stil,

Schriftfamilien � Punktgrößen (pt) � konturiert, schraffiert

etc. � Farbspektrum

MESOTYPOGRAPHIE: Gestaltung des Schriftbilds in der Fläche, Gebrauch von Schrift im Text

� Zeichenabstand � Wortabstand � Zeilenabstand (Durchschuss) � Textmenge auf Seite (Grau-

wert) � Ausrichtung des Textes

(Satz) � Schriftmischungen

� vermindert, normal,

gesperrt � eng, normal, weit � einfach, doppelt, ½-

zeilig � Löcher/ Wasserfälle

vs. Flecke � links, zentriert, rechts,

Block � Druck- mit Schreib-

schrift MAKROTYPOGRAPHIE: Organisation von Text und Textteilen – Gliederung, Info-verteilung, visuelle Akzentset-zung

� Absätze, Einrückungen,

Versalien, verzierte Initiale � typographische Hervorhe-

bungen � Orientierungshilfen (Über-

schriftenhierarchien, Auf-zählungen, Tabellen, Charts, Verzeichnisse, Fußnoten, Marginalien etc.)

� Montage Text und Graphik (Bild)

� Zeilenabstände, Fett-

druck, Ornamente � kursiv, fett, unterstri-

chen � Nummerierung, Auf-

zählungszeichen, Ta-bellendesign, Text-blockbildung, Satzva-rianten

� Schrift im Bild, Schrift als Bild, Bild als Schrift etc.

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PARATYPOGRAPHIE: Materialität der Dokument-gestaltung

� Papierqualität � Praktik des Signierens (Her-

stellungsverfahren)

� Dicke, Struktur, Glanz

etc. � Graphieren,

Charaktieren, Kompo-nieren, Umformen

Abb. 2: Das Feld der Typographie – Bereiche, Dimensionen und Ressourcen Die vorgeschlagene Aufteilung typographischer Ressourcen in vier große Be-reiche unterscheidet sich zunächst von der in der Typographie gebräuchlichen (s. z.B. Willberg/ Forssman 1999, 9), m.E. jedoch weniger aussagekräftigen Zweiteilung in Mikro- und Makrotypographie. Während sich die Systematik dort aus der inneren Logik praktischer typographischer Arbeit ergibt – d.h. erst grobe Konzeption der Textgestalt und Auswahl der graphischen Mittel und darauf folgend die Feinjustierung und Ausformung des Zeichenmaterials auf der graphischen Oberfläche –, entspringt sie hier dem Bestreben, möglichst genaue Unterscheidungen und Einteilungen zu ermöglichen. Dabei wird deut-lich, dass sich in den einzelnen typographischen Bereichen die Größenord-nung, auf die die gestalterische Arbeit bezogen ist, unterscheidet – von relativ kleinen Elementen wie einzelnen Schriftzeichen oder Zeilen in der Mikro- und Mesotypographie bis hin zu größeren Einheiten wie Textblöcke oder graphi-sche Formate in der Makrotypographie und globalen Bezugsgrößen, die alle anderen Einheiten tragen und materialisieren, wie Papier und technische Ver-fahren (Paratypographie). In der typographischen Gestaltung hängen jedoch stets alle an der Gesamt-komposition beteiligten Zeichenressourcen untereinander eng zusammen. Es ist also eine theoretische Vereinfachung, die einzelnen Sub-Modalitäten des Typographischen voneinander zu trennen. So z.B. bestimmen die Papierqua-lität und das Druck- und Herstellungsverfahren zu einem gewissen Teil die Schriftauswahl und sobald eine Schriftart in einem Text verwendet werden soll, müssen Entscheidungen bezüglich Schriftgröße, -schnitt, -farbe etc. und auch hinsichtlich Zeilenabstand oder Satz bzw. mit Blick auf Orientierungshil-fen oder Hervorhebungen getroffen werden. Die hier gewählte Vierteilung hat m.E. dennoch zwei Vorteile.

1. Sie gibt in der Tendenz zu erkennen, auf welche graphische Größe sich die verfügbaren Gestaltungsoperationen beziehen.

2. Sie ist hierarchisch aufgebaut. Das heißt die ‚höhere‘ Ebene schließt die jeweils ‚niedrigeren‘ Ebenen mit ein bzw. verwendet die verfügba-ren Gestaltungsressourcen.

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Semantik und pragmatische Funktionsweise von Typographie sind aus den verschiedensten Gründen schwer zu modellieren. Zunächst lassen sich typo-graphische Gestaltungselemente grundsätzlich kaum aus ihrem jeweiligen konkreten Textzusammenhang lösen. Wehde (2000, 90) z.B. bezeichnet die typographische Semantik als „hochgradig kontextvariables Phänomen“. Be-deutungen typographischer Gestaltungselemente sind zumindest immer relativ zur jeweiligen Textsorte (d.h. zum Genre), relativ zum typographischen Wis-sen der Rezipienten und relativ zu zeitlich gültigen Trends und Moden graphi-scher Gestaltung. Außerdem steht die Verwendung schrift- und dokumentge-stalterischer Ressourcen im Spannungsfeld zwischen mehr oder weniger fes-ten, tradierten und didaktisch präskriptiven Regeln einerseits und innovativer, musterbrechender und individuelle Assoziationen und Sinnbezüge herstellen-der Gestaltung andererseits. Während einige Textgenres wie z.B. Zeitungs-texte, Romane, wissenschaftliche Aufsätze weitestgehend das Typisieren for-dern, verlangen andere Genres wie z.B. die Werbeanzeige, das Plakat, das Sachbuch oder das CD-Cover das Unikalisieren. Der Umgang mit typographi-schen Gestaltungsressourcen ist also vorn vornherein durch die Textsortenzu-gehörigkeit und damit verbundene kommunikative Eigenheiten vorbestimmt. Unabhängig von typographischer Mehrdeutigkeit und der gegenseitigen Ver-knüpftheit der einzelnen typographischen Mittel im Text lässt sich behaupten, dass typographisches Gestalten der Verwendung eines strukturierten Zeichen-systems gleichkommt. Textproduzenten wählen in ihren Gestaltungsprozessen aus dem Formenbestand einer typographischen Sub-Modalität. Diese Aktivi-täten werden beim Schreiben am Computer von den Möglichkeiten der Soft-ware geleitet und beschränkt. Die Textdesignarbeit des Produzenten stützt sich dabei auf eine Reihe prinzipieller kommunikativer und textueller Orientie-rungsgrößen, auf die typographische Gestaltungen Bezug nehmen können:

1. Genre, Thema und Inhalt des zu gestaltenden Texts 2. Themen- und Handlungsstruktur des Texts 3. Sprachliche Strukturiertheit auf allen Textebenen 4. Kulturell konventionalisierte Assoziationen bestimmter Ressourcen

(z.B. Schriftarten) 5. Kommunikationsziel des Texts (Lesbarkeit bzw. Leselogik/ Lesestrate-

gie vs. Betrachtbarkeit) 6. Vorstellungen vom Geschmack des anvisierten Rezipientenkreises 7. Kontext der Herstellung, Materialität des Texts 8. Verwendungsdomäne des zu gestaltenden Texts 9. Allgemeine ästhetische Normen der optisch-visuellen Ausgeglichenheit

(Symmetrie/ Balance)

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10. Expressive Ziele des Schreibers

Im Folgenden sollen einzelne Gestaltungsdimensionen sowie Bündel von Gestaltungsressourcen der Typographie anhand von Textbeispielen in ihrem semantischen Potenzial und ihren kommunikativen Funktionsweisen erörtert werden. Dabei möchte ich zeigen, auf welche konkreten Arten Typographie mit dem Funktionieren des Sprachsystems und der kommunikativen Struktu-riertheit des Textes verwoben ist. Im Anschluss daran soll überlegt werden, inwiefern sich verschiedene Wirkungsdimensionen typographischer Ressour-cen voneinander abgrenzen lassen. Pauschalisierend lässt sich die Semantik von Typographie mit Wehde (2000, 89) auf die folgenden drei generalisierten Funktionen komprimieren: Textinhalt ausdrücken, Gefühlseindrücke und An-mutungen vermitteln, und Zeichen einer Kultur bzw. Identität setzen. Dieses zu grobe Raster zu detaillieren und exemplarisch zu präzisieren, wird mein Anliegen sein. 5. Gestaltungsdimensionen und Ressourcen von Typographie 5.1 Mikrotypographie Obwohl es sich bei der Auswahl der Schrift um teils sehr feine Nuancen im graphischen Formbereich handelt (dies rechtfertigt die Zuordnung zur Mikro-typographie), beeinflussen die Formausstattungsmerkmale der Schriftzeichen den gesamten Text nachhaltig. Die Wahl der für einen konkreten Text geeig-neten Schrift steht mit vielen anderen typographischen Erwägungen in engem Zusammenhang. Dabei ist die Zahl der verfügbaren Schriftfonts schier unend-lich – eine Tatsache, die die sinnvolle Einteilung konkreter Schriften in Typen erschwert. Ganz gleich wie man die ‚Morphologie‘ von Schrift deskriptiv bewältigt (z.B. Willberg 2002, 78f und Stötzner 2000, 27f), ihr Formenreichtum ist im Gebrauch v.a. dafür verantwortlich, dass Verwender mit bestimmten Schrift-formen und Schriftstilen subtile Assoziationen und emotionale Werte verbin-den. Diese konnotative Semantik von Schrift ist aber zum einen durch tra-dierte Verwendungsdomänen bestimmter Schriftarten aufgeladen, d.h. eine Courier New oder eine Times gilt als typische Leseschrift für Informations-texte, während serifenlose Schriften wie die Futura, Helvetica oder Frutiger v.a. in Werbetexten Anwendung finden. Zum anderen haben verschiedene Schriften eine enge Bindung an kulturelle Epochen und Moden, die einerseits recht stabil ist, andererseits aufgelöst und neu geknüpft werden kann. Fraktur assoziieren wir heute mit der NS-Zeit, dem Krieg (Abb. 3) oder auch mit

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rechter, neonazistischer Propaganda, früher hingegen war sie ein Index für Gotik und Reformation. Eine Garamond hingegen hat noch heute klassische Konnotationen. Diese wenigen Beispiele zeigen, wie stark die konnotative Semantik der Schrift von Verwendungsmoden, Gebrauchsdomänen und vom typographischen Wissen der Leser beeinflusst ist.

Abb. 3: Flugblatt, 1. Weltkrieg (Weidemann 1994, 245) Abb. 4 liefert ein komplexes Beispiel, an dem gut zu erkennen ist, dass die einzelnen graphischen Dimensionen der Schriftgestaltung (Art/ Schnitt, Größe, Farbe) in der Gestaltwahrnehmung untrennbar verbunden sind und zumeist kooperieren, um kommunikative Effekte zu erzielen. An dem Beispiel will ich zeigen, welche Bezüge zu Textebenen die Schriftgestaltung in kon-kreten Kommunikaten aufbauen kann.

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Abb. 4: Anzeige Häagen-Dazs, Bartle Bogle Hegarty, London, 1991 (Berger 2001, 226) Die Anzeige für eine bekannte Eismarke stellt die mikrotypographische Gestaltung in erster Linie auf die Aussage des Textes ab – sie passt sich dem Inhalt bzw. dem Textthema an. Die Schriftart (Antiqua-Variante) wirkt auf-grund der Abwesenheit von Serifen und durch ihre starken Strichstärkenkon-traste klar und einfach und ist gut lesbar. Hervorstechendes Merkmal dieser Schrift ist jedoch neben den kraftvollen Strichstärkenunterschieden die variie-rende horizontale Achse der Buchstaben, die dazu führt, dass sich die Schrift bald in die eine, bald in die andere Richtung neigt. Die dadurch zustande kommenden ‚Berührungen‘ bzw. das Anlehnen der Buchstaben aneinander kreieren eine inhaltliche Analogie (Körperkontakt = Buchstabenkontakt) zur Aussage des Schriftzuges (lose control) und zur Bildaussage. Diese Bezug-nahme der Schriftgestaltung auf den Textinhalt bzw. das Textthema äußert sich auch in der Schriftfarbe. Der Karamel- bzw. Goldfarbton nimmt Bezug auf Eissorten, steht synästhetisch für smoothness, harmoniert zudem aber auch mit der symbolischen Markenfarbe, die auf allen Eisdosen dominiert. Neben Schriftart, -schnitt und -farbe entfaltet auch die Schriftgröße kommunikative Wirkungen. Zunächst trägt sie dazu bei, dass die Formausstattungsmerkmale der gewählten Schrift (dynamisch wirkende Strichstärkenkontraste, breit aus-laufende Strichendigungen, Farbe) im Sinne eines plakativen Bildes optimal zur Geltung kommen. Primär aber ermöglicht die Schriftgröße die Entfaltung eines Doppelsinns im Text. Im Gegensatz zu der anderen, kleineren Schriftart wird der große Schriftzug quasi als Headline vom Fließtext abgesetzt. Die Wörter lose und control lassen sich jedoch auch in den Fließtext eingliedern

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und ergeben dann einen anderen Sinn. Die akzidenztypogaphische Gestaltung von lose control macht ein Syntagma verfügbar, das eine Aufforderung an den Leser zum Ausdruck bringt. In den Fließtext eingegliedert ergibt sich jedoch ein Garantieversprechen. So kommt eine Antithese zwischen Rationalität (Methode zur Qualitätssicherung) und Sinnlichkeit (Aufgabe der Gefühlskon-trolle) zustande. Neben dem Herstellen von Bezügen zu Textinhalten und der Gliederung des Textes haben mikrotypographische Ressourcen jedoch auch andere pragma-semantische Funktionen. Schriftfarben z.B. können symbolisch für bestimmte Konzepte stehen, die mit dem Textinhalt assoziativ verbunden sind. Optimal eignen sie sich auch als Orientierungshilfe, indem sie Textteile voneinander abheben oder die ‚turns‘ in Gesprächen sichtbar machen. Selbst syntaktische Strukturen können sie verdeutlichen. Solche Gliederungsfunktionen werden oft auch durch Abstufungen der Schriftgrößen umgesetzt. Allerdings haben Schriftgrößen noch eine andere Wirkungsdimension. Als Index kann die Größe einer Schrift die illokutionäre Kraft einer Äußerung verstärken bzw. überformen. Große Schriften stehen dann für gewichtige, appellartige Äuße-rungen, kleinere Schriften für weniger wichtige Aussagen informativer Natur (Abb. 5). Auch eine Analogisierung der Schriftgröße mit den paraverbalen Eigenschaften mag intendiert sein: Kleine Schriften markieren leise gespro-chenen und große Schriften laut gesprochenen Text.

Abb. 5: Anzeige Aspen Skiing Company, Cole & Weber, Seattle, 1994 (Berger 2001, 333)

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Schließlich können Schriftarten aber auch als Index für den Charakter des Schreibers oder seine Stimmung beim Schreiben bzw. als Hinweis auf die Herstellungssituation gelesen werden. In diesem Sinne ist Mikrotypographi-sches eine Art Kontextualisierungshilfe für Texte. Die Verwendung von Handschriften in professionell hergestellten Texten erklärt sich z.B. so. Sie steht allgemein für Individualität und Charakter und personalisiert an sich anonyme Kommunikationsformen wie die Werbung (Abb. 6). Die illokutio-näre Kraft von Äußerungen wird durch Handschriften überformt. Eine Nike-Anzeige aus dem Jahr 1992 (Abb. 6) leistet darüber hinaus auch den erwähn-ten Hinweis auf den Herstellungskontext. Hier trägt die Handschrift Konnota-tionen des Unfertigen, des skizzen- bzw. entwurfartigen Provisoriums.

Abb. 6: Anzeige Nike, Wieden & Kennedy, Amsterdam, 1992 (Berger 2001, 175)

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5.2 Mesotypographie Mesotypographische Gestaltungsressourcen wie z.B. Wort- und Zeilenab-stand, das Justieren der Textmenge (Grauwert) und deren Ausrichtung auf ei-ner Seite oder Schriftmischungen folgen zumeist fest etablierten Konventio-nen, die das Handwerk des Typographen ausmachen. Hier kann man von einer kommunikativen Wirkungsdimension ausgehen, die mit optischer Balance, ausreichender Differenziertheit, visueller Prägnanz und der Harmonie von Größen und Formen treffend umschrieben ist. Leitlinien mesotypographischer Arbeit sind gute Lesbarkeit und stilistische Angemessenheit, d.h. eine Passung von typographischer Gestaltung mit Textinhalt, Textgenre und Verwendungs-domäne. Feste Regeln und Muster bieten die Möglichkeit, intendierte radikale Brüche und Abweichungen vorzunehmen, die dann mit Blick auf das graphisch Ver-traute Sinn entfalten. Gibt es also andere kommunikative Wirkungsdimensio-nen von mesotypographischen Ressourcen als Lesbarkeit und optisch-visuelle Ausgeglichenheit? Eine weitere Nike-Anzeige von 1994 (Abb. 7) zeigt, dass die Anordnung von Text auf der graphischen Fläche zur Erzeugung eines Schriftbildes dienen kann, das die prosodische Qualität der Äußerung hervor-hebt (zunehmende Lautstärke, Schreien), die pragmatische Kraft der Aussage (direkte Adressierung, Appell) unterstreicht und den emotionalen Zustand des Sprechers (genervte Gereiztheit) verdeutlicht. Die hier genutzten graphischen Ressourcen sind v.a. der sich verkleinernde Zeilenabstand und der unregelmä-ßige Satz in einem diagonal angeordneten Textblock. Hinzu kommen natürlich auch Formausstattungsmerkmale der Schrift und die schwankende Druckqua-lität, d.h. im Hintergrund schlecht (undeutlich) im Vordergrund gut (deutlich). Mesotypographische Mittel sind in starkem Maße dafür verantwortlich, dass aus einem sprachlichen Gebilde ein gegenständliches Bild wird. Hier sind ver-schiedene Stufen vorstellbar. Zum einen kann der Satz eines Textes durch die Zeilenform einfache bildliche Figuren schaffen, wie z.B. Wellenlinien (Abb. 8). Weitere Stufen der ‚Bildwerdung‘ von Typographie weisen dann bereits in das Feld der Makrotypographie, so z.B. wenn Bilder in Buchstabenformen hineinmontiert werden, Buchstaben aus Bildern geformt werden oder Bilder aus Buchstaben bzw. Textkörpern entstehen (s.u.).

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Abb. 7: Anzeige Nike, Wieden + Kennedy, Amsterdam, 1994 (Berger 2001, 174)

Abb. 8: Anzeige Martini, Amster Yard, New York, 1995 (Berger 2001, 181)

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Abb. 9: Anzeige Lorenzini, Claus A. Froh (Weidemann 1994, 151) Schließlich sind Schriftmischungen als ein letztes mesotypographisches Mittel der optischen Gliederung des Textes in funktionale Teile oder Sinnportionen verpflichtet. Eine klassisch wirkende ‚nur Text-Anzeige‘ soll dies verdeutli-chen (Abb. 9). Hier führt die kombinierte Verwendung von fünf verschiede-nen Schriften bzw. unterschiedlichen Typen einer Schriftfamilie9 in Verbin-dung mit Satz und Ausrichtung der Textblöcke zu einer recht deutlichen Por-tionierung des Gesamttextes in Teiltexte. Diese fein abgestufte Verwendung von Schriftausstattungsmerkmalen folgt der inhaltlichen Struktur des Textes und führt zu einer deutlichen Gliederung. Während der Haupttext samt Über-schrift den symbolischen Zusatznutzen der beworbenen Hemden (Solidität, 9 Als Schriftfamilien werden zusammengehörige Schriften einer Schriftart, z.B. gerade-

stehende, kursive, fette oder Kapitälchen einer Antiqua bezeichnet (Willberg 2002, 103).

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Stilsicherheit, statusträchtiges ‚understatement‘) kommuniziert, bieten die lin-ken Marginalien Informationen zu Erhältlichkeit und Kontaktmöglichkeiten. Die unteren Marginalien schließlich liefern in drei Spalten Fakten zu Qualität, Material, Fertigung und Service. Schriftmischungen weisen bereits in den Bereich der Makrotypographie hin-ein, denn sie sind untrennbar mit dem Gesamtkonzept, dem Layout eines Textes verbunden. 5.3 Makrotypographie Makrotypographie bezeichnet all jene graphischen Ressourcen, die mit der übergeordneten Konzeption des Textes, dem Layout eines Kommunikats und dem in der Textstruktur angelegten Sinn eines Textes zusammenhängen. Des-halb besteht die Funktionsweise makrotypographischer Mittel auch in erster Linie in der inhaltlichen Organisation des Textes, dessen optisch sinnfälliger Gliederung und der Erleichterung des perzeptiven (v.a. auch selektiven) Zu-gangs zu den Informationen für den Leser. Weil zur Konzeption und zum Layout eines Textes auch die Montage von Schrift und Graphik/Bild gehört, bestimmt die Makrotypographie auch den Bildlichkeitsgrad der Schrift bzw. des Textes. Eine weitere Wirkungsdimension makrotypographischer Mittel liegt also in der „Verbildlichung“ von Schrift – Typographie kann so konzi-piert sein, dass sich über die Schrift bzw. über Schrift/ Bildkopplungen eine zu Sprache zusätzliche bildliche Bedeutungsebene eröffnet.

Abb. 10: Anzeige Nike, Wieden & Kennedy, Portland, 1992 (Berger 2001, 23)

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Typographische Hervorhebungen, d.h. das Herausheben bestimmter Textteile durch Schriftarten oder Schriftfamilienkontraste, haben eine Zwitterstellung zwischen Meso- und Makrotypographie. Einerseits wird hier auf die globale Struktur des Textes Bezug genommen (Makro), andererseits sind die graphi-schen Ressourcen (Schriftgestaltung, Satz etc.) meso- bzw. mikrotypographi-scher Natur. In einer Nike-Anzeige (Abb. 10) z.B. fungiert der Kursivsatz be-stimmter Lexeme und Formulierungen als typographische Hervorhebung. Damit werden hier verschiedene Ziele verfolgt: Gleiche und sinnverwandte Lexeme (boy things, boys, girls, them) werden als zusammengehörig markiert, so dass zentrale Isotopien des Textes hervortreten. Aber auch prosodische Ak-zente kann der Kursivdruck setzen, so z.B. bei ‚be‘ in but that means you have to be third base oder bei ‚knew‘ in you knew that you were a girl. Ebenso können für den Textsinn zentrale Formulierungen betont (z.B. But did you ever...) oder deren illokutionäre Kraft verstärkt werden (z.B. you run like a girl you throw like a girl, you girl you). Die Gliederung eines Kommunikats kann durch verschiedenste Mittel erfol-gen, so z.B. durch Versalien, Einrückungen oder Leerzeilen zu Beginn eines Textteils. Dabei werden die typographischen Ressourcen meist gekoppelt (Waller 1991, 371 nennt dies ‚double coding‘). Von diesen einfachen text-strukturierenden Mitteln, die auf Mikro- bzw. Mesotypographie zurückgreifen, sind komplexere Formen der Layoutorganisation und Leserlenkung zu unter-scheiden. Waller (1991, 367) bezeichnet sie als ‚adjunct aids‘, um ihre zu Schrift hinzukommende Natur zu betonen. Hierzu gehören Aufzählungszei-chen, Listen und Tabellen genauso wie auch Fußnoten, Überschriftenhierar-chien und Marginalien (Abb. 11). Sie alle sorgen für eine globale Organisation des Textes in der graphischen Fläche und ermöglichen vielfältige Verweise zwischen Textteilen (z.B. Marginalie: Verweis von Randnotiz zu Haupttext und umgekehrt oder Liste/ Tabelle: Verweis auf Teile einer technischen Zeichnung oder eines Bildes). Damit sind sie wichtige Ressourcen zum Lay-outen eines Textes.

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Abb. 11: Krönungsordnung für Elisabeth II. von England, 1953 (Weidemann 1994, 260) Schriftgraphisches und Bild10 stehen sowohl zeichentheoretisch (s.o.) als auch in ihrem Gebrauch im Text (s.o.) in engen Wechselbeziehungen. Dabei kön-nen einerseits Schrift und Bild im Layout eines Kommunikats montiert wer-den. Andererseits ist die Schrift fähig, ihren Bildcharakter zu verstärken und selbst zum Bild zu mutieren. Die makrotypographische Konzeption eines Kommunikats justiert auch die Bildlichkeit eines Textes. Hierbei gibt es viel-fältigste Muster.

10 Zu Verständnis und Relevanz des Bildbegriffs innerhalb der Linguistik und Textwissen-

schaft siehe Fix (2002) und Stöckl (2004a, 2004b).

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Abb. 12: Anzeige Folha de Sao Paulo Newspaper, DM9 DDB Publicidade, Sao Paulo, 1998 (Berger 2001, 272) Zunächst lässt sich Schrift in/ auf ein Bild schreiben – dadurch entsteht eine Art Legende zum Bild, es eröffnen sich inhaltliche Bezüge zwischen sprachli-cher Bedeutung der Schrift und Bildbedeutung. Dann können Schriftzeichen so arrangiert bzw. technisch manipuliert sein (meist durch Farbeffekte), dass sie selbst Bilder ergeben (Abb. 12). Die Nähe der graphischen Formen ein-facher Bilder und Schriftzeichen zeigt sich am deutlichsten dann, wenn Bilder Schriftzeichen ersetzen (ein Mond für ein O im Schriftzug Mond, Abb. 13). Wohl bekannt und alt bewährt ist auch die Darstellung von Schriftzeichen als bzw. mithilfe von Bildern (zu Figurenbuchstaben und verwandten Phänome-

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nen s. Gross 1994, 46ff). Die Bildlichkeit von Typographie setzt bereits dort an, wo bildtypische Zeichenressourcen wie z.B. Farbe, gegenständliche Form, Verortung von Objekten im Raum im Spiel sind. In diesem Sinne kann vielen der hier diskutierten typographischen Mittel eine rudimentäre Bildlichkeit zu-gesprochen werden.

Abb. 13: Mond, John Hamilton Finlay (Weidemann 1994, 111) 5.4 Paratypographie – Materialität der Kommunikation Nicht wenige typographische Gestaltungen geben dem Leser auch zu erken-nen, mit welchem Material, welchen Werkzeugen und Herstellungstechniken sie produziert sind. Die graphische, sichtbare Textoberfläche kommuniziert diese Informationen mehr oder weniger deutlich. Deren Wahrnehmung hängt vom Wissen und vom Aufmerksamkeits- bzw. Bewusstheitsgrad der Leser/ Betrachter ab. Dabei ist die Fokussierung der Materialität von Typographie im Text prinzipiell bedeutungstragend und erneut stellt sich die Frage, welche Bezüge zu Textebenen und Kommunikationssituation so hergestellt werden können. Ich unterteile die typographische Materialität in die beiden Kategorien Mate-rial und Praktik des Signierens. Das Material bezeichnet dabei die stoffliche Qualität des Zeichenträgers, die Praktik des Signierens bezieht sich auf ver-fügbare Herstellungsverfahren, d.h. auf Techniken und benötigte Werkzeuge

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zum ‚Zeichenmachen‘. Stötzner (2000, 34) unterscheidet vier große „signographische Praktiken“: das Graphieren (lineare Bewegungen z.B. Schreiben, Zeichnen), das Charaktieren (abdruckerzeugende Techniken z.B. Prägen, Stempeln), das Komponieren (Zusammensetzen von Zeichen aus Ein-zelteilen z.B. Pflastern, Montieren) und das Plastieren (Umformung geeigneter Stoffe z.B. Kneten, Schmieden). Hinzuzufügen wären technische Hilfsmittel wie z.B. Computerprogramme, die die zuvor genannten Techniken imitieren und erweitern. Als Material kommt jedes Medium in Frage, auf das typogra-phische Zeichen aufgebracht werden können. Relevant wird hier die Beschaf-fenheit des Materials (haptisch, optisch) und dessen Gebrauchskonventionen (z.B. Papier mit Wasserzeichen für wertvolle Schriftstücke), aber auch mit den Materialien assoziierbare Orte, an denen Schrift wirkt (wie z.B. Fußböden, Wände, Anzeigetafeln etc.). Diese materialen Eigenschaften graphischer Zeichen und ihrer Träger be-zeichne ich deshalb als Paratypographie, weil sie den gesamten Prozess des Gestaltens beeinflussen. Ohne Medium keine Zeichen – in diesem Sinne ste-hen Material, Werkzeug und Technik als Klammern über dem Funktionieren von Typographie. Konkrete Gestaltungsentscheidungen im mikro-, meso- und makrotypographischen Bereich werden immer in Abhängigkeit von medialen, also materialen Faktoren getroffen. In einer Anzeige für Dr. Martens Schuhe (Abb. 14) offenbart die Schrift ihren handgemalten, verschmierten Charakter. Ihr Trägermedium scheint eine Wand zu sein, die graffitiartig beschmiert worden ist. Die spezielle Art des Graphie-rens gewinnt dadurch an Prägnanz, dass die rote Schriftfarbe eine symbolische Analogie zum Textthema herstellt. Der Betrachter mag sie im Kontext des Tötens (conformity kills) und einer von oben herabhängenden Krawatte mit Blut assoziieren. Hinzu kommt, dass die Formgestaltung der Schrift zu ihrer Bedeutung im Sinnbezug der Antonymie steht (eine unkonventionelle, anarchistische Schrift für das Wort conformity). Diese typographisch kom-plexe Gestaltung zeigt den Bedeutungsreichtum materialer Eigenschaften von Schrift. Material und signographische Praktik können diverse Bezüge zum Textthema herstellen, sie können Kommunikationsorte und -situationen sug-gerieren, auf die Verfasstheit der Schreiber bzw. den Kontext des Schreibens verweisen oder aber die Illokution von Textaussagen verstärken.

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Abb. 14: Anzeige Dr. Martens, Core, St. Louis, Missouri, 1995 (Berger 2001, 168) 6. Wirkungsdimensionen typographischer Ressourcen Der Durchgang durch die vier typographischen Bereiche und ihre Zeichenres-sourcen wie auch die Diskussion einzelner Beispiele sollten zeigen, dass der Formen- und Bedeutungsreichtum des Zeichensystems Typographie groß ist. Typographische Gestaltung besteht im Auswählen und Bearbeiten der verfüg-baren Formen in Abhängigkeit von den zu erzielenden Effekten in der kon-kreten kommunikativen Situation mit Blick auf alle Textmerkmale. Die Flexi-bilität von Typographie liegt in der Polyfunktionalität ihrer graphischen For-men und der hierarchischen Strukturiertheit des Systems. Das heißt hierar-

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chiehöhere Bereiche nutzen die Ressourcen der hierarchieniederen. Zudem lassen sich die einzelnen Ressourcen kombinieren und kumulieren. Überblicksartig werden im Folgenden die oben diskutierten Wirkungsdimen-sionen typographischer Ausdrucksmittel zusammengestellt. Daran schließen sich einige kurze Überlegungen zu allgemeinen semiotischen Prozessen an, die der Funktionsweise von Typographie zugrunde liegen.

1. Lesbarkeit/ Sichtbarkeit garantieren 2. Expressive Schreibereigenschaften verdeutlichen 3. Materialität fokussieren – Herstellungskontext/Verwendungsdomäne

illustrieren 4. Emotionale Assoziationen/ Anmutungen auslösen 5. Inhaltliche oder formale Bezüge zu Textthema/Textinhalt/Textgenre her-

stellen 6. Sprachliche Struktur des Textes verdeutlichen 7. Leserorientierung bieten, Infoselektion garantieren 8. Illokutionäre Kraft von Aussagen verstärken/überformen 9. Prosodische Qualitäten sprachlicher Äußerungen evozieren 10. Bildbedeutungen durch Schrift aufbauen 11. Symmetrie, Balance und optische Ausgeglichenheit gewährleisten 12. Kulturelle Epoche, zeitliche Mode anzeigen

Tab. 1: Wirkungsweisen bzw. Ziele typographischer Gestaltung

Bei dieser Vielfalt möglicher Wirkungsweisen typographischer Gestaltungs-mittel ergibt sich ein gewisser Bedarf zu vereinfachen und einige verallgemei-nerte Prinzipien typographischer Wirkung zu beschreiben. Wenn – wie hier behauptet – Typographie eine mehr oder weniger eigenständige Zeichenres-source des multimodalen Textes ist, so könnte der Blick auf die drei von Hal-liday (1994) postulierten metatextuellen Funktionen fallen, denen jede zei-chenhafte Grammatik zu gehorchen hat: ‚ideational‘, ‚inter-personal‘ und ‚tex-tual‘. Dabei ergibt sich folgendes Bild.

1. ‚Ideational‘: Typographie kann auf Textinhalte verweisen, mit diesen semantisch spielen und ihnen Nuancen hinzufügen. Auch die Bildlich-keit typographischer Gestaltungen zielt auf diese darstellende, abbil-dende Funktion des Textes.

2. ‚Inter-personal‘: Schreiber und Leser eines Textes zueinander in eine interaktive soziale Beziehung zu setzen, ist eine weitere zentrale Text-funktion, die auch Typographie wahrnehmen bzw. zu der sie beitragen kann. Zum einen stilisiert sie die Persönlichkeit des Schreibers, zum

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anderen orientiert sie sich an den Leselenkungsbedürfnissen und dem vermuteten ästhetischen Geschmack der Zielgruppen.

3. ‚Textual‘: Die wichtigste Funktion typographischer Gestaltung besteht jedoch sicherlich darin, Texte optisch zu gliedern und zu strukturieren. In diesem Sinne ermöglicht Typographisches die Lesbarkeit des Textes überhaupt erst und sichert die Erkennbarkeit der logischen Strukturie-rung eines Textes.

Wieder spezifischer erscheinen die Leistungen und Wirkungsweisen von ty-pographischen Gestaltungsmitteln im Text, wenn man sie auf das Kommuni-kationsmodell von Jakobson (1971) bezieht. Senderbezogene Typographie lässt v.a. auf die Natur des Schreibers und seinen emotionalen Zustand oder seine Wirkabsichten schließen. Empfängerbezogen sind typographische Mittel dann, wenn sie die Aufmerksamkeitslenkung des Lesers, seine selektive In-formationsgewinnung oder auch seinen sozialen Stil und Geschmack im Auge haben. Auf den Textgegenstand verweist Typographie, die thematische Be-züge herstellt, während all jene Gestaltungsmittel die Nachricht umsetzen hel-fen, welche den Text und seine sprachlichen Strukturen hervorheben. Schließ-lich betrifft die Hervorhebung typographischer Materialitäten das Medium. Ein geteilter typographischer Code kommt in einem Kommunikationsereignis v.a. dann zum Ausdruck, wenn er kulturelle bzw. mode- oder trendbezogene Konnotationen typographischer Gestaltungen transportieren kann. Selbstver-ständlich bedingen sich diese Zeichenfunktionen typographischer Ressourcen in einem Text, können gegeneinander gewichtet und akzentuiert werden. Ich will hier vier globale Wirkungsweisen typographischer Mittel vorschlagen, die stärker dynamische Zeichenprozesse und deren kognitive Voraussetzungen thematisieren.

1. Typographie gliedert den optischen Raum: Über die Linearität von Sprache hinaus gestaltet Typographie eine graphische Fläche, die zum einen optische Balance und zum anderen eine inhaltlich-logische Glie-derung des Textes zum Ziel hat. So lenkt sie die Aufmerksamkeit des Lesers und suggeriert ihm die Struktur des Textes, in der er selektiv navigieren kann.

2. Typographie komponiert Bilder: Aus einfachen, symbolisch intendier-ten graphischen Formen werden ikonische Zeichen, d.h. Bilder unter-schiedlicher Komplexität, die nicht (nur) das primäre Zeichensystem Sprache, sondern Weltausschnitte direkt abbilden können und so in-haltlich-thematische Bezüge zum Textgegenstand aufbauen können.

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Auch die Verdeutlichung von typographischer Zeichenmaterialität und deren Herstellungspraxis wirkt in diesem Sinne ikonisch. Der Text als Artefakt soll neutralisiert werden und wie unvermittelte Realität er-scheinen. Die materialen Qualitäten der Zeichen signalisieren dabei den Handlungskontext ihrer Produktion (Verwendungsdomäne) bzw. die Erfahrungen, Motive und Einstellungen der Produzenten.

3. Typographie verweist auf die Pragmatik der sprachlichen Äußerung: Typographische Mittel können die pragmatische Wirkung sprachlicher Strukturen und Textteile verstärken bzw. überformen, indem sie auf be-stimmte Aspekte der strukturellen Organisation des Sprachsystems Be-zug nehmen. So werden syntaktische und lexikalische Strukturen, pro-sodische Muster oder Illokutionen zu Angriffspunkten für typographi-sche Gestaltung.

4. Typographie schafft und reproduziert kulturelle und mediale Konventionen: Neben ihren bildlichen und verweisenden Funktionen ist Typographie in erster Linie ein konventionell geteiltes, kultur- und medienabhängiges Symbolsystem. Das heißt viele ihrer emotional-äs-thetischen Mitbedeutungen sind – wenn auch oft durch die graphische Form motivierte bzw. motivierbare Zeichen – so doch v.a. durch die Praxis gesetzte Symbole, die Gestalter und Leser lernen und aushan-deln müssen.

7. Textsortentypographie – typographische Dispositive In gewisser Weise war meine Herangehensweise an Typographie, wenn auch pragmatisch abgefedert, so doch erkennbar strukturalistisch (d.h. funktional grammatisch). Typographische Ressourcen wurden auf ihr Bedeutungspoten-zial (im Text) hin befragt und in paradigmatischen Sets geordnet und hierar-chisiert. Dieser gliedernden semiotischen Basisarbeit, die eine Beschreibung des Codesystems Typographie zum Ziel hatte, ist nun abschließend eine stär-ker text- und kommunikationsorientierte Sicht hinzuzufügen. In einem konkreten Textexemplar stehen einzelne typographische Ausdrucks-ressourcen nicht isoliert nebeneinander, sondern fügen sich zu größeren Gestalten – nur so ergeben sie ganzheitlichen kommunikativen Sinn. Diese Kombination typographischer Zeicheninventare lässt sich zum einen gestalt-theoretisch als die Komposition graphischer "Bilder" aus einzelnen Elementen in der Fläche des Textes begreifen. Zum anderen aber könnte man solche

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komplexeren Verschränkungen typographischer Ressourcen im Text auch als syntagmatische Ebene des Codesystems Typographie begreifen. Wehde (2000, 119-126) schlägt in Anlehnung an Chartier (1990, 12ff, 50) für solche ganz-heitlichen typographischen Konstellationen, die an eine Textsorte gebunden sind bzw. dem Leser die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Genre, einem Textmuster signalisieren, den Begriff ‚typographische Dispositive‘ vor. Kon-kret bezeichnet sie typographische Dispositive als

„besonders komplexe und stark institutionalisierte typographische Formen mit sinnbildender Funktion“ und sieht in ihnen des weiteren „makrotypographische Kompositionsschemata, die als syntagmatisch gestalthafte ‚Superzeichen‘ jeweils Textsorten konnotieren. Typographische Dispositive stellen eine hochgeneralisierte Form der konnotativen Semantisierung typographischer Syntax dar.“ (Wehde 2000, 119)

Neben den etablierten Merkmalen, an denen Textsorten fest gemacht und er-kannt werden – so wie kommunikative Situierung, Textthema, Textstruktur und stilistisch-rhetorische Mittel z.B. – avanciert das typographische Disposi-tiv m.E. zu einem zentralen Textsortenmerkmal. In der Rezeption eines Textes ist die graphisch gestaltete Fläche einschließlich ihrer Materialität und der daraus resultierenden haptischen Eigenschaften vordergründig, d.h. der Wahr-nehmung sprachlicher Strukturen gleichgeschaltet, wenn nicht vorgeschaltet und von Sprache auch in beträchtlichem Maße unabhängig. Beispiele für sol-che stark konventionalisierten, an Textsorten gebundenen flächentypographi-schen Konstellationen sind z.B. Zeitungen (und ihre Textteile wie Titelseite, Inhaltsverzeichnis oder einzelne Rubriken), wissenschaftliche Aufsätze, For-mulare, Briefe oder Visiten- und Speisekarten sowie Fahrpläne und Kalender etc. Die Entstehung typographischer Dispositive erklärt sich in erster Linie aus dem Drang zur standardisierten Lösung kommunikativer Aufgaben, die v.a. innerhalb von Institutionen auch im Interesse eines konsistenten Erschei-nungsbildes nach außen und der Optimierung von Kommunikation intern for-ciert wird. Im Zuge der Computerisierung des Textens spielt natürlich auch das Software-Design eine gewichtige Rolle in der Konsolidierung und im Wandel typographischer Dispositive. Historisch betrachtet ist die Einführung von Schrift und deren Technisierung im Buchdruck der eigentliche Auslöser graphischer Konventionen des Abfassens von Texten (Wehde 2000, 125f). Typographische Konstellationen sorgen dafür, dass bei der raum-zeitlichen Trennung von Schreiber und Leser Mehrdeutigkeiten minimiert und Konven-tionen für die Deutung eines Textes verabredet werden.

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Für Textproduzenten und Leser haben die komplexen typographischen Konstellationen eine Reihe von Funktionen zu erfüllen. Primär lenken sie die Erwartungen der Rezipienten an einen konkreten Text und dienen als Indika-toren der Textsortenzugehörigkeit auch der Orientierung der Leser im alltäg-lichen Textuniversum. Ebenso organisieren typographische Dispositive den rezeptiven Zugriff auf einen Text und fungieren so quasi als Leseanleitung, die die logisch-thematischen und sprachlich-stilistischen Merkmale eines Textes „ankommentieren“ (Wehde 2000, 125). Giesecke (1979, 283) ver-gleicht regelhafte typographische Formen zu Recht mit Regelpoetiken, d.h. Stilanweisungen für den eigentlichen sprachlichen Text. Diese Analogie be-tont v.a. auch den präskriptiv-instruktiven Charakter typographischer Disposi-tive, der die Didaktisierung des Schreibens gewöhnlich begleitet. Es wäre falsch, ein typographisches Dispositiv lediglich als makrotypographi-sches Phänomen, d.h. als Organisation von Text auf der Seite aufzufassen. Die Tiefe bzw. Detailfülle ist in der Regel relativ hoch – ein typographisches Text-sortenraster kann die Typographie in allen vier Bereichen (Para- bis Mikroty-pographie, s.o.) regeln. Dabei ist mit einem typographischen Muster zumeist eine bestimmte Variationsbreite vorgegeben, innerhalb derer individuell gestaltet werden kann (Stileffekte). Zudem sind die an Textsorten gebundenen typographischen Dispositive natürlich Moden und Trends sowie generell ei-nem historischen Wandel unterworfen. 8. Fazit Typographie kann als weitestgehend eigenständiges und leistungsfähiges Zei-chensystem konzipiert werden, das über ein Repertoire von graphischen Aus-drucksressourcen mit kommunikativen Sinnpotenzialen verfügt. Einerseits operiert der typographische Code dank seiner ganzheitlich-bildlichen Natur unabhängig vom Sprachsystem. Andererseits ist die kommunikative Wir-kungsweise typographischer Ressourcen untrennbar mit dem Text und seinen sprachlichen Strukturen verbunden. Zudem steht Typographisches im multi-modalen Text auch in semantischem Bezug zu allen anderen möglichen Zei-chenmodalitäten (wie Bild, Musik und Geräusche). Neben dem Aufriss des typographischen Zeichensystems als funktionaler Grammatik – bestehend aus Submodalitäten und einstellbaren Merkmalen – ist v.a. der text- bzw. textsortenkonstitutive Aspekt von Typographie hervorge-hoben worden. Dabei sollten die Beispieldiskussionen zeigen, wie einzelne typographische Ressourcen im Text integrativ zusammenwirken und dabei

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subtile Bedeutungen entfalten können, die den sprachlichen Code überformen, modifizieren und verstärken. Meine Überlegungen möchte ich als ein Plädoyer für die Berücksichtigung der Typographie in der praktischen, multimodalen Textanalyse verstanden wissen. Die graphische Oberfläche eines Textes und seine materialen Qualitäten ver-dienen die gleiche Aufmerksamkeit wie Aspekte seiner sprachlichen und in-haltlichen Tiefe, weil sie zum Sinn eines Gesamttextes in entscheidendem Maße beitragen können. Literatur

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Adresse des Verfassers PD Dr. Hartmut Stöckl Institut für Medien- und Interkulturelle Kommunikation Angewandte Sprachwissenschaft Technische Universität Chemnitz 09107 Chemnitz E-Mail: [email protected]