Upload
others
View
0
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
U 1
201713. Mai – 3. Juni
Stücke42. Mülheimer Theatertage NRW
www.stuecke.de
U 2
Stücke 2017
13. Mai – 3. Juni 2017
Samstag, 13. Mai, 19.30 UhrOlga BachDie VernichtungKonzert Theater Bern
Mittwoch, 17. Mai + Donnerstag, 18. Mai, 19.30 UhrClemens J. SetzVereinte NationenNationaltheater Mannheim
Samstag, 20. Mai + Sonntag, 21. Mai, 19.30 UhrAnne LepperMädchen in NotNationaltheater Mannheim
Freitag, 26. Mai, 19.30 Uhr Samstag, 27. Mai, 18.00 + 20.30 UhrFerdinand Schmalzder thermale widerstandSchauspielhaus Zürich
Sonntag, 28. Mai, 18.00 UhrElfriede JelinekWutMünchner Kammerspiele
Mittwoch, 31. Mai + Donnerstag, 1. Juni, 19.30 UhrMilo RauEmpireIIPM / Zürcher Theater Spektakel / Schaubühne am Lehniner Platz / steirischer herbst
Freitag, 2. Juni + Samstag, 3. Juni, 19.30 UhrKonstantin Küsperteuropa verteidigenETA Hoffmann Theater Bamberg
42. Mülheimer Theatertage NRW
4
5
6
7
8
9
10
1
11
12
13
14
16
17
18
19
Auswahlgremium, Jury, Preise
Übersetzerwerkstatt
Fremdsprachige Gastspiele
Kalender
Kooperationen
Publikumsgespräche, Festival-Blog
Spielstätten, Karten
Impressum
32
Was? Tun?
Lügen sind die neuen Fakten, Abschottung ist die neue Willkom-menskultur, Rechtspopulismus die neue Mitte. Soviel zu den Trends 2016/17 – und jetzt macht mal schön Kunst. Geht das über-haupt? Was kann das Theater ausrichten, wenn Politik und Ge-sellschaft derart ins Schlingern geraten? Es kann Fragen stellen, nachspüren, analysieren, einen Reflexionsraum bieten – und diese kostbare Freiheit wissen die überwiegend jungen Autor*innen der diesjährigen „Stücke“ eindrucksvoll zu nutzen. Auffallend ist dabei die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Gewaltförmigkeit der Verhältnisse, der oft diffuse, aber dringliche Wunsch nach Verän-derung und der mitunter leise, aber immer entlarvende Humor.In der Stückentwicklung der jüngsten Autorin, „Die Vernichtung“ von Olga Bach, wirkt an der partytauglichen Oberfläche alles intakt. Darunter aber brodelt etwas Unberechenbares, quälend Kaputtes. Im Zentrum ihres zeitdiagnostischen Endzeittableaus stehen drei privilegierte, selbstgerechte junge Hedonist*innen. Sie leiden an Langeweile, Orientierungs- und Ereignislosigkeit. Ihr Überdruss mündet dabei in einen Flirt mit faschistoidem Denken und bru-talem Exzess. Die strukturelle Gewalt, die dem kapitalistischen System inne-wohnt, und die Frage, wie diese in die Menschen hinein diffundiert, untersucht auch Clemens J. Setz in seinem ersten Theaterstück „Vereinte Nationen“. Der bisher vor allem für seine Prosa bekannte Autor zeigt in diesem beunruhigenden Kammerspiel eine Klein-familie, die mit einem sehr speziellen Geschäftsmodell Erfolge feiert: Die Eltern filmen mit versteckter Kamera, wie ihre kleine Tochter geschimpft und bestraft wird – Publikumswünsche inklu-sive. Ohne moralischen Druck seziert Setz das Verhältnis von privat und öffentlich, Realität und Performance, Erziehung und Miss-brauch. Gegen die Zurichtung der Menschen zu funktionierenden Profit-maschinen schickt der bereits Mülheim-erfahrene Dramatiker Fer-dinand Schmalz einen revolutionären Bademeister ins Rennen. In „der thermale widerstand“ überträgt er die Grundwidersprüche der Marktwirtschaft in den skurrilen Kosmos eines Kurbads, das zum Wellnesstempel aufgemotzt werden soll. Weil aber das Sein das Bewusstsein bestimmt, ist es naturgemäß schwierig, die bräsigen Badegäste von der Notwendigkeit der Revolte zu überzeugen.Einen streng dokumentarischen Ansatz verfolgen Milo Rau und sein internationales Ensemble in „Empire“. Im dritten Teil der „Eu-ropa-Trilogie“ werden die Biografien von vier Schauspieler*innen zu einem Panorama der Umbruchs-, Flucht-, Vertreibungs- und
Exilerzählungen verdichtet. Zugleich spürt der Abend dem Zusam-menwirken von Biografie und Bühnenrolle nach und reflektiert so die Grenzen der Darstellbarkeit. Der Begriff „deutschprachig“ wird in dieser Produktion sinnvoll erweitert: Die Schauspieler*innen sprechen Arabisch, Kurdisch, Rumänisch und Griechisch, ergänzt durch Übertitel auf Deutsch – ein Ansatz, der nicht nur dem Thema gerecht wird, sondern vor allem der Realität im Einwanderungs-land. Eine europäische Geschichte der Gewalt erzählt auch Konstantin Küspert, ebenfalls neu in Mülheim, in seinem Stück „europa ver-teidigen“: von den Eroberungen der Wikinger, der Römer und der Kreuzfahrer über den Völkermord an den Herero und die Verbre-chen der Wehrmacht bis hin zu einer düster-komischen Zukunfts-vision europäischer Grenzsicherung. Damit verwebt Küspert zwei weitere Erzählstränge: Statements heutiger Europa-Kritiker*innen wie auch -Verteidiger*innen und eine rotzige Überschreibung des Europa-Mythos. Elfriede Jelinek, die Autorin mit der meisten Mülheim-Erfah-rung, nimmt ebenfalls einen realen Gewaltexzess zum Anlass für umfassende Reflexionen: Ihr Stück „Wut“ entstand als Reaktion auf die Terroranschläge auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ sowie auf einen jüdischen Supermarkt in Paris. Auf 140 Seiten untersucht sie Propaganda, Denkfaulheiten und Gefühlswallungen. Wut-Menschen aller Couleur kommen zu Wort und wettern lautstark für beziehungsweise gegen Religion, universelle Werte, Dschihad, Fremdenhass, Abgrenzung und Solidarität. In seiner Analyse ähnlich fundamental, dabei aber skurril mär-chenhaft ist „Mädchen in Not“ von Anne Lepper, die zum zweiten Mal in Mülheim dabei ist. Lepper verlegt die Geschichte einer ver-suchten Emanzipation in eine patriarchale, zwanghafte Comicwelt, in der Mütter, Männer, Puppen und die ominöse „Gesellschaft der Freunde des Verbrechens“ ihr Unwesen treiben. Bis zur Kenntlich-keit überzeichnet, führt sie eine Gesellschaft vor, die mit Normab-weichungen weit schlechter klar kommt, als sie vorgibt. Die dramatischen Formen reichen in diesem Jahr vom doku-mentarischen Ansatz bis zum Kammerspiel, von der Stückent-wicklung im Team bis zur collagehaften Textfläche. Es sind offene Versuchsanordnungen, tragikomische Kämpfe mit dem Zeitgeist, sprachliche Verdichtungen einer unendlich fordernden Wirklich-keit. Die Stücke liefern Denkangebote. Manchmal soll Denken ja Konsequenzen haben.
Cornelia Fiedler
4 5
Wo könnte man die antreffen? Im Fegefeuer von Dantes „Göttlicher Komödie“ oder nach Jahren der Läuterung vielleicht doch schon im Paradies? Ersan Mondtag hat zusammen mit der Berliner Autorin Olga Bach und Schauspieler*innen des Konzert Theater
Bern eine elysische Apoka-lypse entwickelt. Mondtag, der neben der Regie auch für Bühne und Kostüme zuständig war, überrascht mit einem wuchernden Garten Eden und Thirtysomethings in floralen Ganzkörperbodies. Sie sehen aus wie die Landschaft, die sie umgibt. Manchmal muss man sie suchen, so sehr sind sie eins mit der Umgebung,
der sie so gerne ihren Stempel aufdrücken würden.„Wir würden etwas Beunruhigendes machen, etwas was sich sonst keiner traut. Wer weiß, vielleicht würden dann alle möglichen Leute uns nachmachen, wir würden eine Welle damit lostreten“, sagt einer von ihnen. Es hört sich aber so an, als würde keiner der ängstlichen Paradiesvögel, mit denen Bach/Mondtag ihre eigene Generation skizzieren, jemals ernst machen. Vielleicht haben sie ja
bereits bemerkt, dass das Leben sich so hohl anfühlt, weil sie sich alle Wünsche erfüllen können. Was nun? Körperopti-mierung, Drogen, Sex oder alles gleich-zeitig, bevor man wieder eines dieser schier unsichtbaren Kleinorganismen in einem faszinierenden tableau vivant wird?
Jürgen Berger
Olga BachDie Vernichtung
Konzert Theater Bern
Mit Jonas Grundner-Culemann
Lukas HupfeldDeleila Piasko
Sebastian Schneider
Regie, Bühne und KostümeErsan Mondtag
Mitarbeit Bühne und KostümePaula Wellmann
LichtdesignRainer Casper
DramaturgieEva-Maria Bertschy
www.konzerttheaterbern.ch
Samstag13. Mai19.30 Uhr
Stadthalle Theatersaal
Clemens J. SetzVereinte Nationen
Eigentlich lieben Anton und Karin ihre Tochter. Wie die Idee entstanden ist, die „kleine süße Maus“ bei spezifischen Er-ziehungssituationen zu filmen und diese Sequenzen übers Internet zu verkaufen, das erzählt Clemens J. Setz in seinem ersten
Theaterstück nicht. Doch das perfide Geschäftsmodell hat eingeschlagen.„Den Ton kannst du vor den Vereinten Nationen anschla-gen, aber nicht bei mir“, herrscht der Vater in der ersten Szene die 7-jährige Martina an, die stumm und trotzig vor dem vollen Teller sitzt und partout nicht auf-essen will. Für diesen (titel-
gebenden) Spruch und seine überzeugende Performance wird Karin ihren Mann wenig später loben: „Ich meine, wie geil ist das. Also wirklich. Ist dir das einfach so einge-fallen?“ Der Zuspruch von außen ist nicht
weniger euphorisch: Die Kundschaft wächst, das Familiengeschäft floriert und bald schon taucht der Wunsch auf, neben „Natural-Szenen“ auch Aufträge entgegenzunehmen. Wie wärs z.B. da-mit, das gesamte Spielzeug direkt vor den Augen des Kindes zu verbrennen? Als Strafe für eine Tat, die noch zu (er)finden wäre …Clemens J. Setz erzählt gnadenlos präzise und ohne moralischen Druck. Wann ist das Verhältnis von Privat-sphäre und Öffentlichkeit, Realität und Performance, Tätern und Opfern gekippt? Wo beginnt der Missbrauch? – Setz überlässt die Bewertung und die Anteilnahme dem Publikum.
Dagmar Walser
Nationaltheater Mannheim
MitHolly Bratek
Julia DudaNina Gamet
David LauAnne-Marie Lux
David Müller
RegieTim Egloff
AusstattungThea Hoffmann-Axthelm
LichtDamian Chmielarz
DramaturgieCarolin Losch
www.nationaltheater-mannheim.de
Mittwoch 17. Mai 19.30 Uhr
Donnerstag 18. Mai 19.30 Uhr
Stadthalle Studio
Eine Stückentwicklung mit Ersan Mondtag
6 7
Nationaltheater Mannheim
Anne LepperMädchen in Not
Männer bringen’s nicht, soviel steht fest. Aber was ist die Alternative? Anne Leppers störrische Protagonistin namens Baby hat die Schnauze voll vom Patriarchat. Und von dessen Repräsentanten. Und von der rape culture. Und vom Reproduktionszwang. „Ich bin mündig, obwohl ich dazu eigentlich nicht erzogen wurde“, eröffnet die junge Frau ihrem Freund sowie ihrem Zweitlo-
ver, „ab jetzt mache ich was ich will und ich will mit einer Puppe als Mann nach Italien.“ Bäm! Nimm dies, gesellschaftlicher Normierungszwang! Die Männer reagieren panisch, fürchten um den Fortbestand der Spezies und beschließen, sich, als Pup-pen verkleidet, wieder in Babys Leben einzuschleusen. Weil aber Beziehungsdramen nie isoliert vom System ablaufen, geistert
zudem die „Gesellschaft der Freunde des Verbrechens“ durch Leppers komisch dü-stere Kunstwelt, ein völlig verpeiltes, ras-sistisches, mörderisches Kollektiv auf der
Suche nach dem nächsten Sündenbock.In der Regie von Dominic Friedel am Nationaltheater Mannheim besteht die Menschheit selbst aus schlacksigen Marionetten an unsichtbaren Fäden. Menschliche Züge zeigen allein die dienstbereiten Puppen. Lepper, bereits 2012 mit „Käthe Hermann“ in Mülheim dabei, gelingt eine bittere, hochaktuelle Diagnose unserer Gesellschaft, die mit Normabweichungen weit schlechter klar kommt, als sie vorgibt: bilderstark, skurril verzerrt und sprachlich genial reduziert wie im Comic.
Cornelia Fiedler
Mit Julius ForsterMichael Fuchs
Sabine FürstAnne-Marie Lux
Hannah Müller
RegieDominic Friedel
Bühne und KostümePeter Schickart
DramaturgieStefanie Gottfried
www.nationaltheater-mannheim.de
Ferdinand Schmalzder thermale widerstand
Ferdinand Schmalz hat für sein neues Stück ein Thermalbad mit Sanierungsstau als Dampfzelle der politischen Ökonomie ge-wählt. Wellness hat Konjunktur. Schließlich müssen die ausgebrannten Arbeitnehmer-körper möglichst rasch wieder funktionabel in Schuss gebracht werden. Der überschau-bare Ort hat Platz für die ganze Marktwirt-schaft und ihre Zielkonflikte. Kurverwalterin
Roswitha möchte mit Investo-renmillionen in die Luxusliga der Wellnessbranche aufstei-gen, und hat leider übersehen, dass solche Körpertempel später von jüngerem Personal geführt werden.Der neue Bademeister Hannes will zwar auch ein neues Bad, träumt aber von einer sozia-len Utopie: Er will nicht nur Burnout-Opfer wieder für das
konkurrenzwirtschaftliche Existenzdrama fit päppeln, sondern versteht das Thermal-bad als neue Polis eines „zweckfreien, nicht
funktionierenden körpers“, der eben nicht an der dauernden Optimierung arbeitet, sondern im Gegenteil den kör-perlichen Ungehorsam pflegt: „wir for-dern eine neue faulheit.“ Allerdings hat der Bade theoretiker seinen Thermal-Aufstand ohne die erforderlichen revolu-tionären Massen geplant. Ausgerechnet die „kureutinnen und kureuten“ zeigen am Ende keine Lust auf eine kommende Gemeinschaft im „diskursbad“ und schon gar nicht auf den „feuchten traum von einem bademeister“. So endet Hannes nach kurzem Handgemenge, erdrosselt mit einem Badetuch.
Franz Wille
Schauspielhaus Zürich
Freitag 26. Mai 19.30 Uhr
Samstag 27. Mai 18.00 und 20.30 Uhr
Ringlokschuppen
Mit Klaus Brömmelmeier
Fritz FenneDagna Litzenberger Vinet
Lena SchwarzSiggi Schwientek
Jirka Zett
RegieBarbara Falter
BühneDominik Freynschlag
KostümeNoelle Brühwiler
MusikSandro Corbat
LichtDaniel Leuenberger
DramaturgieGwendolyne Melchinger
www.schauspielhaus.ch
Samstag 20. Mai 19.30 Uhr
Sonntag 21. Mai 19.30 Uhr
Stadthalle Studio
8 9
Elfriede JelinekWut
„Wut“ heißt Elfriede Jelineks neuer Theater-text lakonisch – und verdichtet damit, in einem grandiosen 114-seitigen Schreiban-fall, das Grundrauschen unserer Zeit. Ge-treu dem Motto „In der Wut gibt es keinen Zweifel; man erkennt in diesem Zustand ja nichts mehr“, kommen IS-Terroristen
und Pegidisten, Religionsver-fechter wie -verächter, „Wut-bürger“ aus der Mitte und von allen erdenklichen Rändern gleicher maßen zu Wort. Und ihre rhetorischen Figuren lappen bewusst ineinander. Manch-mal erschließt sich erst nach mehreren Satz kaskaden, wer eigentlich gerade spricht. Die Wut der IS-Terro risten auf den Westen steht neben der Wut des
westlichen Wohlstandsbürgers auf die griechischen Staatsschuldenkrisler, um sich anschließend im Furor des antiken Griechen-Heroen Herakles fortzuschreiben, der im Wahn seine Familie auslöscht. Konkret entstand Jelineks Text zwar in Reaktion auf die Terroranschläge vom Januar 2015 auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ und einen jüdischen Supermarkt in Paris. Aber bekanntermaßen hat die „Wut“ sich seither ja leider nicht minimiert, sondern ist – im Gegenteil – noch aktu-eller geworden. Auch in diesem Sinne schreiben der Uraufführungsregisseur Nicolas Stemann und das Ensemble der Münchner Kammerspiele den Text auf der Bühne mit szenischen Mitteln scharfsichtig fort.
Christine Wahl
Münchner Kammerspiele
Sonntag 28. Mai 18.00 Uhr
Stadthalle Theatersaal
Mit Daniel Lommatzsch
Jelena KuljicThomas Hauser
Julia RiedlerAnnette Paulmann
Franz RogowskiZeynep Bozbay
SowieThomas Kürstner
Sebastian VogelNicolas Stemann
RegieNicolas Stemann
BühneKatrin Nottrodt
KostümeKatrin Wolfermann
Live-VideoClaudia Lehmann, Vanessa Ivan
Lilli ThalgottVideo
Claudia LehmannLicht
Jürgen TulzerMusik
Thomas Kürstner, Sebastian VogelDramaturgie
Benjamin von Blomberg
www.muenchner-kammerspiele.de
Milo RauEmpire
Vier Schauspieler denken in Milo Raus „Empire“ über die Dialektik von Wirklichkeit und Kunst nach: Akillas Karazissis wuchs zur Zeit der griechischen Militärjunta in Thessaloniki auf, bevor er 1975 zum Stu-dium nach „Fassbinderdeutschland“ kam. Maia Morgenstern – Leiterin des Jüdischen
Theaters Bukarest – erinnert sich an die Demonstrationen gegen die Ceausescu-Diktatur Ende 1989. Auch der syrische Schauspieler Rami Khalaf be-teiligte sich, 22 Jahre später, in seiner Heimat an Demonstratio-nen – gegen das Assad-Regime. Und der Kurde Ramo Ali wurde monatelang in einem von Assads berüchtigten Foltergefängnissen in Palmyra verhört, bevor er nach
Deutschland flüchtete.Im dritten und letzten Teil seiner „Europa- Trilogie“ verdichtet der Mülheim-Debütant Milo Rau nicht nur individuelle Biografien zu einem über-greifenden Geschichtspanorama und spiegelt die geschickt komponierten Umbruchs-, Flucht-, Vertreibungs- und Exilerzählungen der Bühnenakteure in strukturell vergleichbaren Erfahrungen der Eltern- beziehungsweise Groß-elterngeneration. Sondern indem die Darsteller zudem abendfüllend mit dem Verhältnis zwischen der eigenen Biogra-fie und ihren jeweiligen Bühnenrollen spielen, reflektieren sie auch über das Medium Theater: über Repräsentation, Authentizität, echte und falsche Tränen und die Grenzen der Darstellbarkeit.
Christine Wahl
IIPM / Zürcher Theater Spektakel / Schaubühne am Lehniner Platz / steirischer herbst
Mittwoch 31. Mai 19.30 Uhr
Donnerstag 1. Juni 19.30 Uhr
Stadthalle Studio
Mit Ramo Ali
Akillas KarazissisRami Khalaf
Maia Morgenstern
Konzept, Text und RegieMilo Rau
MusikEleni Karaindrou
Dramaturgie und RechercheStefan Bläske, Mirjam Knapp
Bühne und KostümeAnton Lukas
VideoMarc Stephan
Ton und SounddesignJens Baudisch
TechnikAymrik Pech
ProduktionsleitungMascha Euchner-Martinez
Eva-Karen Tittmann
In arabischer, griechischer, kurdischer und rumänischer Spra-
che mit deutschen Übertiteln
www.international-institute.de
10 11
Konstantin Küsperteuropa verteidigen
Drei Erzählstränge verwebt Konstantin Küspert bei seinem sarkastischen Versuch, Europa zu verteidigen. Da wären zum einen ein paar Leute von heute, die in ihren State-ments unter anderem die populäre Europa-Kritik bündeln: Bürokratiekritik, Elitenüber-druss, repressive Wirtschaftsdominanz oder notorische Drittweltausbeutung. In einem zweiten Strang geht es zurück in die Geschichte. Der kleine Kontinent ruht auf einer beeindruckenden Gewalthistorie: Von den pragmatischen Wikinger-Schlage-
tots über die Kreuzfahrer, deren Christentum ein bequemer Vor-wand für Wirtschaftskriege war, bis zu den Römern mit ihren afrikanischen Expeditionen reicht eine dicke Blutspur ins 20. Jahrhundert, als Kaiser Wilhelm und seine zackigen Militärs auch mal europäische Kolonialmacht spielten und Hereros ausrotten gingen. Bis ein paar Jahre später Hitler
die europäische Welt mit einem Weltkrieg überzog, der nur mit Hilfe einiger anderer
Kontinente wieder ausgetreten werden konnte. Auch ein Blick in den Mythos macht nicht unbedingt Mut: Hervorgegangen ist Europa aus der Vergewaltigung einer gelangweilten phönizischen Prinzessin, die in einem Anfall von Unterneh-mungslust auf den falschen Stier setzt und einen Haufen Völker gebiert, die sich die nächsten paar tausend Jahre nicht ungeschickt bekämpfen werden.Warum also Europa verteidigen? Das müssen wir schon selber wissen!
Franz Wille
ETA Hoffmann Theater Bamberg
MitRonja Losert
Marie NestNicolas Garin
Bertram Maxim GärtnerStefan Hartmann
RegieCilli Drexel
Bühne und KostümeChristina Mrosek
DramaturgieOlivier Garofalo
www.theater.bamberg.de
Freitag 2. Juni 19.30 Uhr
Samstag 3. Juni 19.30 Uhr
Theater an der Ruhr
Auswahlgremium
Jürgen BergerFreier Journalist und Theaterkritiker, Heidelberg
Cornelia FiedlerFreie Kulturjournalistin, München/Köln
Christine WahlFreie Journalistin und Theaterkritikerin, Berlin
Dagmar WalserTheaterkritikerin und Redakteurin bei SRF2Kultur, Basel
Dr. Franz WilleTheater heute, Berlin
Jury zur Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises 2017
Cornelia FiedlerSprecherin des Auswahlgremiums
Vier weitere Juror*innen werden berufen.
Die öffentlich geführte Jury-Diskussion zur Vergabe des Mülheimer Dramatikerpreises findet am Samstag, dem 3. Juni, ab ca. 22.15 Uhr im Theater an der Ruhr statt.
Publikumspreis
Der Publikumspreis der „Stücke 2017“ wird am Ende des Festivals an den Autor bzw. die Autorin desjenigen Stücks vergeben, das vom Publikum am besten bewertet wurde. Dieser Preis ist ein undotierter Ehrenpreis.
12 13
Sonntag 14. Mai, 16.00 Uhr Ringlokschuppen
Carsten BrandauTrójka na głowie (Dreier steht Kopf) Staatliches Puppentheater „Tecza“, Słupsk, Polen
Seit 1999 laden die „Stücke“ ausländische Inszenie-rungen von Stücken ein, die im Rahmen der Überset-
zerwerkstatt übersetzt wurden. In diesem Jahr ist dies erstmals ein Kinderstück: „Dreier steht Kopf“ von Carsten Brandau. Das Stück erzählt von EINER und ZWEIER, die ein geordnetes Leben führen, aber insgeheim davon träumen, aus der Ordnung auszubrechen. Zum Glück gibt es da noch DREIER. Der wider-setzt sich den Regeln und bringt dadurch etwas in Bewegung.
Die Übersetzung des Preisträgerstücks von 2015 stammt von Iwona Nowacka. Ab 7 JahrenIn polnischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Mudar AlhaggiYour Love is FireEine Koproduktion von Ruhrfestspiele Recklinghausen und Theater an der Ruhr
In „Deine Liebe ist Feuer“ fließen Alhaggis persön-liche Erfahrungen des Krieges in Syrien, des Verlusts
der Heimat und des Exils ein. In-szeniert wird es von Rafat Alzakout, dem Regisseur der satirischen Pup-pentheater-Serie „Top Goon“, die sich gegen das syrische Regime richtete und international Aufsehen erregte. Ein performativer Vortrag über die Serie findet unmittelbar vor der Aufführung, am 19. Mai um 19.30 Uhr, im Theater an der Ruhr statt.
Aufführung in arabischer Sprache mit deutschen Übertiteln. Lecture Performance von Rafat Alzakout und Christin Lüttich in arabischer und deutscher Sprache.
Freitag 19. Mai, 20.30 UhrTheater an der Ruhr
Fremdsprachige Gastspiele
Rah
men
prog
ram
m
Rah
men
prog
ram
mÜbersetzerwerkstatt
Die Übersetzerwerkstatt, zu der die „Stücke“ gemein-sam mit dem Internationalen Theaterinstitut (ITI) bis-her alle zwei Jahre eingeladen haben, wird ab sofort jährlich stattfinden. So haben Übersetzer*innen die Gelegenheit, Stücke aus allen Jahrgängen des Festivals zu sehen. Auch der Diskurs über die Bedeutung von Theatertexten und aktuelle Fragen der Übersetzungs-arbeit gewinnt dadurch an Kontinuität und Lebendig-keit. Schließlich wandelt sich der Textbegriff im Theater ständig. Dies stellt die Übersetzer*innen permanent vor neue Herausforderungen. Deshalb wird die Über-setzerwerkstatt um zwei Expert*innen aus Theater-praxis und Wissenschaft erweitert. Sie werden die Arbeit der Übersetzer*innen in Mülheim begleiten und in einer öffentlichen Veranstaltung im Kontext aktueller theoretischer Positionen betrachten.
Die Teilnehmer*innen der diesjährigen Übersetzer-werkstatt, die vom 12. bis zum 21. Mai 2017 stattfindet, sind: Claire Carnin (Frankreich), Manyazewal Endeshaw (Äthiopien), Martina Fernández Polcuch (Argentinien), Ibrahim Marazka (Palästina), Mykola Lipisivitskyi (Ukraine), Dagmar Radová (Tschechische Republik), Marc Silberman (USA), Martina Vannayová (Slowakei), Elise Wilk (Rumänien), Xuan Sun (China) sowie Nagata Shino (Japan).
Ziel der Werkstatt ist und bleibt es, auf internationaler Ebene die Auseinandersetzung mit neuer deutschspra-chiger Dramatik zu fördern. Die „Stücke“ bieten die einmalige Chance, im Rahmen des Festivals nicht nur an Theatertexten zu arbeiten, sondern sie auch auf der Bühne zu erleben. So entstehen Impulse für ihre Über-setzung und spätere Aufführung in den Heimatländern der Übersetzer*innen. Die Übersetzerwerkstatt wird durch Begegnungen mit Autor*innen, Verleger*innen, Kritiker*innen und Theaterschaffenden ergänzt. Sie sollen dazu beitragen, das kulturelle und politische Umfeld der Stücke und des gegenwärtigen deutsch-sprachigen Theaters besser zu verstehen.
Eine Veranstaltung des ITI Deutschland und der Mülheimer Theatertage NRW.Die Übersetzerwerkstatt 2017 wird gefördert vom Goethe-Institut.
Stadthalle Theater an der Ruhr Ringlokschuppen
Samstag13. Mai
19.30 Uhr Olga BachDie Vernichtung
Sonntag14. Mai
16 UhrCarsten BrandauTrójka na głowie (Dreier steht Kopf)
Montag15. Mai
9 und 11 UhrTina MüllerDickhäuter
Dienstag16. Mai
9 und 11 UhrMarc BeckerDie Glücksforscher
16 UhrRoland SchimmelpfennigDie Biene im Kopf
Mittwoch17. Mai
19.30 UhrClemens J. SetzVereinte Nationen
9 und 11 UhrRoland SchimmelpfennigDie Biene im Kopf
10 und 17 UhrVerena GüntnerEs bringen
Donnerstag18. Mai
19.30 UhrClemens J. SetzVereinte Nationen
9 und 11 UhrJulia PennerDer dicke Sternschnuppe
Freitag19. Mai
9.00 und 11.30 UhrGeorg Piller, Nadja Sieger + EnsembleAus die Maus
ca. 13 Uhr Jurydebatte KinderStücke
17.30PodiumsdiskussionFremd und vertraut – Schreiben in einer neuen Sprache
19.30Rafat AlzakoutTop Goon
20.30 UhrMudar AlhaggiYour Love is Fire
Samstag20. Mai
19.30 UhrAnne LepperMädchen in Not
Sonntag21. Mai
19.30 UhrAnne LepperMädchen in Not
Freitag26. Mai
19.30 UhrFerdinand Schmalzder thermale widerstand
Samstag 27 . Mai
18.00 und 20.30 UhrFerdinand Schmalzder thermale widerstand
Sonntag 28 . Mai
18.00 UhrElfriede JelinekWut
Mittwoch31. Mai
19.30 UhrMilo RauEmpire
Donnerstag1. Juni
19.30 UhrMilo RauEmpire
Freitag 2. Juni
19.30 UhrKonstantin Küsperteuropa verteidigen
Samstag 3. Juni
19.30 UhrKonstantin Küsperteuropa verteidigen
ca. 22.00 Uhr Jurydebatte Stücke
Stücke
KinderStücke
Rahmenprogramm
Fest
ival
-Kal
ende
r14 15
1716
Publikumsgespräche
Zu jeder Inszenierung besteht die Möglich-keit, mit den Autor*innen der eingeladenen Stücke sowie den gastierenden Ensembles ins Gespräch zu kommen.Die Moderation der Publikumsgespräche sowie der finalen, öffentlich geführten und live im Internet übertragenen Jurydebatte übernimmt in diesem Jahr bereits zum dritten Mal Michael Laages.
Im „Stücke“-Blog schauen Studierende verschiedener Fachrichtungen hinter die Kulissen des Festivals. Die Blogger*innen Isabelle Bach, Tobias Bergmann, Natalie Broschat, Marie Eberhardt, Chantal Otterbein, Henrike Reintjes, Arne Schüttler, Pia Soldan-Bank, Cornelius Stiegemann, Erika Walter und Victoria Weich kommen von verschiedenen Hochschulen an Rhein und Ruhr, aber auch aus Gießen und München.In Wort, Ton und Bild begleiten sie die „Stücke 2017“ und zeigen ihre ganz persön-lichen Perspektiven auf das Geschehen auf, vor, neben und hinter der Bühne. Unter-stützt werden sie von der Kulturjournalistin Sarah Heppekausen, der Theaterwissen-schaftlerin Laura Strack und dem Video-journalisten Alexander Viktorin.Der Blog ist erreichbar über www.stuecke.de und www.kultiversum.de.
Festival-Blog
Ein fester Bestandteil des Rahmenpro-gramms sind mittlerweile die „Szenentau-cher“. Studierende und Absolventen des Studiengangs Schauspiel der Folkwang Universität der Künste hatten sich bereits in den vergangenen Jahren mit Stücken von Preisträger*innen aus 40 Jahren „Stücke“-Geschichte szenisch auseinandergesetzt. Auch in diesem Jahr erarbeiten Studie-rende kurze Szenen, die vor einigen Vor-stellungen des Wettbewerbsprogramms zu sehen sein werden. Als Grundlage dienen diesmal keine Stücke, die im Wettbewerb gezeigt wurden oder werden, sondern an-dere Texte derjenigen Autor*innen, die zu den „Stücken 2017“ eingeladen sind.
Koo
pera
tione
n
Seit 2012 kooperieren die Mülheimer Thea-tertage NRW mit dem Heidelberger Stücke-markt. Die Preisträger*innen des Kinder- und Jugendtheaters werden im Folgejahr beim jeweils anderen Festival gezeigt. So wird der Gewinner des Heidelberger JugendStückePreises 2016, eine Bühnenfas-sung von Verena Güntners preisgekröntem Roman „Es bringen“, am Mittwoch, dem 17. Mai um 10 und 17 Uhr im Ringlok–schuppen zu sehen sein. Die Inszenierung
des Jungen Schauspielhauses Düsseldorf zeigt auf eindrück-liche Weise, wie anstrengend es sein kann, als Jugendlicher sei-nen Platz in der Welt zu finden. Ab 14 Jahren
Heidelberger Stückemarkt
Szenentaucher
1918
Kontakt
Festivalleitung:Stephanie SteinbergTel. 0208-455 41 [email protected]
Organisation:Melanie MenzelTel. 0208-455 41 [email protected]
www.stuecke.dewww.kinderstuecke.de
Veranstalter
ImpressumHerausgeber:Mülheimer Theatertage NRWAkazienallee 61D-45478 Mülheim an der Ruhr
Redaktion:Katharina WildJanna RöperRedaktionsschluss: 8. März 2017Änderungen vorbehaltenDesign-Konzept, Gestaltung:serres, design. Hattingen
Fotonachweis Stücke4 Birgit Hupfeld5/6 Christian Kleiner7 Raphael Hadad8 Thomas Aurin9 Marc Stephan10 Martin Kaufhold13 Magda Tramer Mohammed Badra16 Sebastian Hoppe17 Alexander Viktorin privat, Sarah Grimaud Yana Wernicke Fotonachweis KinderStücke4 Tanja Dorendorf / T+T Fotografie5 Stephan Walzl 6 Pedro Malinowski7 Uwe Lewandowski8 David Baltzer
Gefördert von
Stadthalle (Theatersaal und Studio)Theodor-Heuss-Platz 1, 45479 Mülheim an der Ruhr
Theater an der Ruhr im RaffelbergparkAkazienallee 61, 45478 Mülheim an der Ruhr
RinglokschuppenAm Schloß Broich 38, 45479 Mülheim an der Ruhr
Kartenvorverkauf ab 25. März 2017
Bei allen AD-ticket-Vorverkaufsstellen (www.adticket.de/Vorverkaufsstellen.html)Hotline 0180 – 605 04 00 (0,20 Euro/Anruf, Mobilfunkpreis max. 0,60 Euro)Online unter www.adticket.de In Mülheim:Touristinfo im MedienHaus, Synagogenplatz 3 Tel. 0208 – 960 960
Eintrittspreise
Stadthalle Mülheim, TheatersaalPreisstufe 1: Reihe 1 – 7 37,00 EuroPreisstufe 2: Reihe 8 – 15 32,00 EuroPreisstufe 3: Reihe 16 – 20 24,00 Euro
Für die Vorstellungen in den anderen Spielstätten gilt ein Einheitspreis von 24,00 Euro bei freier Platzwahl.
Ermäßigungen40% Ermäßigung für Schüler*innen, Studierende, Schwerbehinderte (ab 70% GdB) und Inhaber*innen des Mülheim-Passes.„Stücke“-Abo: 20% Rabatt auf den Gesamtpreis bei Kartenkauf für sieben Stücke. Zu erwerben bei allen AD-ticket-Vorverkaufsstellen sowie der Touristinfo im MedienHaus. Für auswärtige Kund*innen Ticketversand per Post möglich (nur beim Kauf des Abos).Kontakt: Sandra Vella, Mo- Fr 8.00 - 12.30 Uhr, Tel. 0208 - 455 41 08
RahmenprogrammTrójka na głowie (Dreier steht Kopf) (S.13): 6,00 Euro / erm. 3,00 EuroDeine Liebe ist Feuer (S.13) und Es bringen (S.16): 13,00 Euro / erm. 6,00 Euro
Spielstätten, Karten
U 4
Stücke Mülheim an der Ruhr
Kinder1 5. - 19. Mai
www.ki nderstuecke.de
-
2017
1
4
5
6
7
8
9
9
U 3
Mülheimer KinderStückePreis
KinderStücke 201 7-
1 5.- 1 9. Mai
Spielstätten, Karten, Theaterpädagogik
Montag, 15. Mai, 9 und 11 UhrTina MüllerDickhäuterTheater Fallalpha, Zürich
Dienstag, 16. Mai, 9 und 11 UhrMarc BeckerDie GlücksforscherOldenburgisches Staatstheater
Dienstag, 16. Mai, 16 UhrMittwoch, 17. Mai, 9 und 11 UhrRoland SchimmelpfennigDie Biene im KopfConsol Theater Gelsenkirchen
Donnerstag, 18. Mai, 9 und 11 UhrJulia PennerDer dicke SternschnuppeTheater Osnabrück
Freitag, 19. Mai, 9.00 und 11.30 UhrGeorg Piller, Nadja Sieger und EnsembleAus die MausGrips Theater Berlin
Auswahlgremium, Jury, Jugend-Jury
ExtraStaatliches Puppentheater „Tecza“ aus Słupsk (Polen)Trójka na głowie (Dreier steht Kopf) Sonntag, 14. Mai, 16 Uhr
Theater an der RuhrAkazienallee 61, 45478 Mülheim an der Ruhr
RinglokschuppenAm Schloß Broich 38, 45479 Mülheim an der Ruhr
Für Schülergruppen ist der Eintritt frei.
Reservierungen ab 20. März ausschließlich beiKristin PosekardtTelefon: 0208 - 455 41 28Mo - Fr von 10.00 bis 12.00 [email protected]
Eintritt für alle anderen:Kinder 3,00 Euro, Erwachsene 6,00 Euro
Vorverkauf:Touristinfo im MedienHaus, Synagogenplatz 3, 45468 Mülheimund bei allen AD-ticket-Vorverkaufsstellen, www.adticket.de
Als Vorbereitung auf die Vorstellungsbesuche bieten wir 45-minütige theaterpädagogische Workshops zu ausgewählten Stücken an. Die von Lisa Hetzel geleiteten Workshops sind spielpraktische Einfüh-rungen in Verbindung mit dem Besuch einer Vorstellung der „Kinder-Stücke“.Außerdem gibt es nach jeder Aufführung die Möglichkeit, mit den Autor*innen und den gastierenden Ensembles ins Gespräch zu kommen. Sie geben Auskunft über ihre Arbeit und beantworten Fragen zum Stück.
Ab 20. März Kartenreservierung, Buchung der Workshops,Anmeldung zum Publikumsgespräch, Beratung und Information:Kristin PosekardtTelefon: 0208 - 455 41 28Mo - Fr von 10.00 bis 12.00 [email protected]
Theaterpädagogi k
Spielstätten
1
Karten
Wir haben, im achten Jahr der KinderStücke, eine gute Spitze mit den fünf ausgewählten Stücken, aber darunter ein nur schmales Mittelfeld aus den diesmal ca. dreißig diskutierten und gesichteten Stücken. Kein schwaches, aber ein zu schmales Mittelfeld, in dem sich nicht allzu viele Qualitätsstücke finden lassen, von denen man sich unbedingt mehr wünscht. Inhaltlich fällt in diesem Jahrgang die verstärkte Hinwendung zu Außenseiter-Geschichten in Variationen auf: Kinder, die sich aus schwierigen Verhältnissen wegträumen (Roland Schimmelpfennigs „Die Biene im Kopf“), einen schweren Verlust verarbeiten müssen (Julia Penners „Der dicke Sternschnuppe“) oder sich ihrer Gruppe nicht zu-gehörig fühlen (Tina Müllers „Dickhäuter“). Auch erwachsene Außensei-ter, wie die im letzten Winter in den Städten besonders auch Kinderau-gen sichtbaren Obdachlosen, sind ein wichtiges Thema, das in „Aus die Maus“ vom Berliner Grips Theater als Aufforderung zum Nicht-einfach-weggucken gezeigt wird. In gewisser Weise steht „Die Glücksforscher“ von Marc Becker mit den Untersuchungen zum gelingenden Leben dazu in einer Korrespondenz. Die ausgewählten Theaterstücke behandeln diese Variationen von Außenseitern ernsthaft und zugleich mit einem Humor, der für das zugewandte Miteinander steht und die Aufmerksam-keit füreinander fördert. Es geht indes nicht um Tendenzen, die freilich auch etwas aus der Gesellschaft abbilden und erkennen lassen, son-dern in erster Linie um Qualität für das Theater, um die Weiterentwick-lung der Stücke für Kinder und die wünschenswerte Erweiterung dieses Felds insgesamt. Alle fünf Autoren (beim Grips Theater handelt es sich um das Autoren-Duo Nadja Sieger und Georg Piller in Zusammenarbeit mit dem Ensemble) sind zum ersten Mal bei den KinderStücken vertreten. Roland Schimmelpfennig war freilich seit der ersten Teilnahme im Jahr 2000 bereits neun Mal mit seinen Werken in Mülheim und kehrt nun mit seinem ersten Stück für Kinder zurück. Dass der – neben Lutz Hübner – meistgespielte Theaterautor der Gegenwart nun in diesem Wettbewerb steht, ist außerordentlich zu begrüßen. Warum sollen auf den Bühnen mit ihren anderen Themen längst gestandene Dramatiker – wie im letz-ten Jahr auch Sybille Berg – nicht auch für das Publikum der Sechs-bis-Zwölfjährigen schreiben, wie es für die KinderStücke definiert ist? Die beim Stückeschreiben bereits gemachten Erfahrungen sind auf jeden Fall auch den Stücken für Kinder dienlich – Bewährtes könnte sich noch
einmal anders bewähren und zur Erweiterung der Stücke für Kinder beitragen. In diesem Zusammenhang des allzu schmalen Mittelfelds ein Wort zur Rolle der Förderungen für Stücke im Kindertheater. Anders als bei der großen Schwester in Mülheim, wo das Thema immer mal wieder zu Recht heiß und kritisch diskutiert wurde, sind Förderungen neuer Stücke für Kinder ein wesentliches Mittel und wichtiger Anreiz, dass solche Stücke mit einer für ein Thema sorgfältig durchdachten Drama-turgie überhaupt entstehen. Von einer Verflachung durch inflationäre Stückaufträge oder gar verschwenderischer ‚Über-Förderung’ kann da überhaupt keine Rede sein. Denn, wie gesagt, das Netz ist noch dünn – die Auswahljury würde gern fünfzig statt dreißig neue Stücke bewerten und die Spitze auf eine breitere Basis stellen können. Und es fällt dabei natürlich auf, dass beim Schreiben geförderte Stücke in Mülheim bei den Sichtungen weit vorn liegen und dann oft auch zu den eingeladenen Fünf gehören. Der Zusammenhang ist also mit Händen zu greifen. Welche Zielstellungen verbinden sich mit solchen Förderungen – mal abgesehen davon, dass Autoren für ihre Arbeit angemessen bezahlt werden? Als 1995 das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Initiative des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik den alle zwei Jahre zu vergebenden Kindertheaterpreis stiftete, war in diesem Zusammenhang von „ästhetischer Erziehung“ die Rede. Das klang fast wie Schiller – und das ist ja nicht verkehrt. 2016 wurde das dann etwas anders formuliert, nämlich als „kulturelle Bildung“. Wir würden das Theater der neuen Stücke für Kinder noch etwas mehr auf den Punkt bringen wollen: nämlich dass es mit diesen neuen Stücken, vor allem wenn sie dann auch entsprechend inszeniert sind, die Befähigung zum Theatererlebnis entwickelt, fördert und weiter entwickelt. Das heißt die performative Fantasie wird angeregt, die Teil-habe des jungen Zuschauers, die gedankliche und gefühlsmäßige Par-tizipation – ein Sensorium des Theater-Erlebens, das ja durchaus nicht so selbstverständlich ist, wie es in mancher Rede schnell dahin gesagt ist. In diesem Gegenüber von Bühne und Publikum steht der Autor der KinderStücke als die kreative Instanz zwischen Theater-Erleben und Welt-Erkundung – und das bedarf ohne jede Einschränkung einer guten und klugen Förderung.
Thomas Irmer
2
Die ei nsame Spitze und die Frage d er Förderung
3
Dienstag, 16. Mai, 9 und 11 UhrTheater an der Ruhr
Oldenburgisches Staatstheater
Vielleicht das Thema für Alt wie Jung und zu jeder Zeit: Wie suche ich das Glück, ohne dabei unglücklich zu werden. Und was soll das über-haupt sein, „Glück“? Die Glücklichen leben es einfach und zucken mit den Schultern. Die Noch-Nicht-Glücklichen rätseln, feilschen, testen, bis sie glauben, es gefunden zu haben – und sind dann unglücklich, weil sie es gefunden haben. Der eine ist jetzt reich, aber gelangweilt, die andere bekommt Applaus, hat aber Alpträume. Hans im Glück tauschte sich arm und „hüpfte dann leicht davon“. Muss man arm sein, um glücklich zu werden? Helfen Glückskekse? Reicht es schon, mal gelobt zu werden?Die Wissenschaft muss her! Franzi und Didi gründen ein ganzes For-schungszentrum. Sie prüfen laut und gutgelaunt all die Fragen, die wir in stillen Momenten an uns selbst haben.
Oliver Bukowski
Mit: Lili Becker, Ramona Suresh, Yassin TrabelsiRegie: Marc BeckerBühne und Kostüme: Sandra MünchowDramaturgie: Matthias Grön
Ab 7 Jahrenwww.staatstheater.de
54
Theater Fallalpha Zürich
Lou ist neu in der ganz normalen Klasse 2B von Frau Vögeli in der Grundschule am Tierberg. Sie ist fremd unter den vielen neuen Kin-dern – das macht ihr Angst, beflügelt aber auch ihre Fantasie. Ist sie am Ende gar ein Nashorn, das eigentlich in den Zoo gehört? Und haben die anderen Kinder und ihre Eltern nicht auch etwas von Tieren, so wie es der Name der Lehrerin und der Ort der Schule andeuten? Dann wäre ja alles halb so schlimm …
„Lou ist doch ein Dickhäuter. Dickhäuter haben eine extrem dicke Haut. Die fühlen nichts … Die haben eine Grundschicht, die gibt ihnen Halt. Wie eine Stützunterwäsche. Es macht robust. Und reisst einen zusam-men. Und jetzt kommt die Pflegeschicht. Sie pflegt die Grundschicht.“Brigitta Soraperras Inszenierung mit zwei Schauspielern und einem mitspielenden Musiker setzt ganz auf die theatrale Kraft der Verwand-lung mithilfe der Fantasie. Und sie regt zum Nachdenken über kleine Außenseiter in der Gemeinschaft an. Ein magisches Nashorngebilde und die wunderbaren Sounds von Andi Peter verleihen der Urauffüh-rung von Tina Müllers erstem Stück für Kinder einen spielerischen Zauber.
Thomas Irmer
Mit: Romeo Meyer, Oriana Schrage, Andi PeterRegie: Brigitta SoraperraBühne und Licht: Peter HauserKostüme: Corinne JäggiOeil extérieur: Susanne VonarburgProduktionsleitung: Monika Manger
Ab 7 Jahrenwww.fallalpha.ch
Montag, 15. Mai, 9 und 11 UhrTheater an der Ruhr
Tina Müller
Dickhäuter
Marc Becker
Die Glücksforscher
Inszenierung gefördert von Migros-Kulturprozent
Gefördert von „Nah dran! Neue Stücke für das Kindertheater“
Consol Theater Gelsenkirchen
„Die Biene im Kopf“ ist die Geschichte eines kleinen Jungen, der in schwierigen Verhältnissen aufwächst und sich in einer harten, lieb-losen Umgebung behaupten muss. Überall lauern Bedrohungen, zu Hause, draußen, auf dem Weg zur Schule und auch in seiner Klasse. Jeden Tag aufs Neue muss er sich diesen Herausforderungen stellen. Um in dieser Situation zu bestehen, fantasiert er sich seine Realität als Computerspiel. Dort verwandelt er sich in eine Biene. Die Hürden seines Alltags werden zu Leveln eines Abenteuerspiels, die er überwin-den muss. Indem er die Widrigkeiten seines Lebens ins Fantastische überhöht, findet er für sich eine Lösung, die es ihm ermöglicht, sich in seiner Welt zu behaupten. Drei Schauspieler erzählen die Abenteuerreise des Jungen, seine Befreiung und Selbstbehauptung durchs Spielen in einer packenden, ausgelassenen und humorvollen Choreografie.
Werner MinkMit:Manuel Moser, Eric Rentmeister, Hinnerk SchichtaRegie: Andrea KramerAusstattung: Matthias WinklerDramaturgie: Sylvie Ebelt
Ab 8 Jahrenwww.consoltheater.de
Dienstag, 16. Mai, 16 UhrMittwoch, 17. Mai, 9 und 11 UhrRinglokschuppen
Roland Schimmelpfennig
Die Biene im Kopf
Donnerstag, 18. Mai, 9 und 11 UhrRinglokschuppen
Theater Osnabrück
Wer zu oft mit sich allein ist, der sollte sich was vorstellen können, um nicht einsam zu sein. Rudy (8) kann das, er hat Fantasie. So viel davon, dass er gut mit Stofftier Hamster reden kann, zu wenig aber, um seinen größten Wunsch zu erfüllen: Die Mutter soll wieder leben und bei ihm sein – denn Rudys Mutter ist gestorben.Wünschen hilft nicht, oder doch? Wenn, das weiß jeder, ist das Sache von Sternschnuppen. Also warten Hamster und Rudy auf eine. Und die kommt auch, nur … sie hat selbst Probleme. Sie ist noch ein junger Sternschnupp. Schnuppy heißt er, und er ist – dick aber nicht dick ge-nug – noch nicht in der Lage, korrekt zu verglühen. Der Einfallswinkel zwischen Wolke, Abfahrt und Landebahn stimmt nicht, Energie fehlt, dies und das ist noch zu können. Ohne Glühen aber keine Wunsch-erfüllung. Schnuppy kann keine Mutter wiederbeleben, er scheitert schon an einem Milchshake. Also machen sich Rudy und Hamster daran, Schnuppy zu trainieren. Sie arbeiten hart im Team und mit allen Mitteln (von Fön bis Frischhaltefolie). Aus dem Team werden Freunde, und wie nebenher klärt Julia Penner, wie sich aus struppigen Hamstern die Gattung der Goldhamster erhebt.Irdische Probleme, galaktische Fragen? Das Stück schafft beides in einem, auch wenn ein Wunsch offen bleiben muss.
Oliver Bukowski
Mit: Johanna Franke, Benjamin Werner, Jost op den WinkelRegie: Philipp MoschitzBühne und Kostüme: Elisabeth BenningMusik: Billy Ray SchlagDramaturgie: Jens Peters
Ab 8 Jahrenwww.theater-osnabrueck.de
Der dicke SternschnuppeJulia Penner
6 7
Ein Auftragswerk der Kunststiftung NRW
8 9
Oliver BukowskiAutor und Dozent, Berlin
Dr. Thomas IrmerFreier Autor und Journalist, Berlin
Werner MinkRegisseur und Dramaturg, Berlin
Dr. Thomas IrmerSprecher des Auswahlgremiums
Zwei weitere Juror*innen werden berufen.
Die Jugend-Jury, die von Ludmilla Ebert theaterpädagogisch begleitet wird, liest alle nominierten Kinderstücke, sieht die Inszenierungen an und diskutiert Texte und Aufführungen. Am 19. Mai 2017 kürt sie ihre*n Preisträger*in.
Am Sonntag, dem 14. Mai um 16 Uhr gastiert das Staatliche Puppentheater „Tecza“ aus Słupsk (Polen) mit der Inszenierung „Trójka na głowie (Dreier steht Kopf)“ von Carsten Brandau im Ringlokschuppen. In polnischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Auswahlgremium
Die Jugend-Jury
Freitag, 1 9. Mai , ca. 1 3 UhrJury-Debatte zur Vergabe des Mül heimer Ki nderStückePreises2017-
Grips Theater Berlin
Eine Bühne. Ein als Maus verkleideter Zauberer. Er vermittelt Kindern im Rahmen einer Show, was es braucht, um glücklich zu sein. Doch sein Spiel wird abrupt unterbrochen, als eine verwahrloste Frau aus den Kulissen auftaucht. Es ist eine Obdachlose, die dort hinter der Bühne einen vorübergehenden Zufluchtsort gefunden hat. Plötzlich trifft Lebenstheorie auf Lebenspraxis. Indem beide den Bühnen -raum für sich beanspruchen, erfahren die Zuschauer mehr über die Situation der obdachlosen Frau: wie fragil so ein Menschenleben sein kann, wie schnell soziale Sicherheit in Verelendung umschlägt, wenn man erst einmal im Teufelskreis keine Wohnung = kein Job, kein Job = kein Geld angekommen ist. Daraus wieder zu entkommen, scheint fast aussichtslos.In einer Zeit, in der die Obdachlosenzahlen stetig steigen, sensibilisiert das Stück für die Not dieser Menschen und einen vorurteilsfreien Um-gang mit ihnen. Und dies mit humorvoller Leichtigkeit, aber trotzdem ruppig und ohne zu beschönigen.
Werner Mink
Mit:Frederic Phung und Regine SeidlerRegie und Bühne: Nadja SiegerKostüme: Gabriele KortmannDramaturgie: Nora Hoch
Ab 8 Jahrenwww.grips-theater.de
Freitag, 19. Mai, 9 und 11.30 UhrTheater an der Ruhr
Aus Georg Piller, Nadja Sieger und Ensemble
Die Jury
Gastspi el
die Maus