Ubali der Paladin

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Dragon 43 - Hugh Walker - Ubali der Paladin_v3.0/Cover_43.jpgDragon 43 - Hugh Walker - Ubali der Paladin_v3.0/Dragon 43 - Ubali, der Paladin.html

Hugh Walker

Ubali, der Paladin

DragonBand Nr. 43

scanned by: -kleser: horseman

Rocket Edition von horseman

Version 3.0

***

Seit der Stunde, da das Tor zwischen Dragons und Danilas Welt fr immer verschlossen wurde, sind der Atlanter und sein Gefhrte Ubali zu Gefangenen einer wilden bizarren Umgebung geworden. Um sich behaupten zu knnen, mssen sie um ihr Leben kmpfen und zwar jeder fr sich, denn sie sind getrennt worden. Whrend Ubali, gegenwrtig zum Dasein in der Gestalt eines Panthers verurteilt, zusammen mit Thamai, seiner ebenholzfarbenen Geliebten, sich durch den Dschungel kmpft, hat Dragon, seit er Trger des einen Auges Vestas wurde, ein schweres Erbe bernommen eine Mission, die ihn schlielich in das Land des Nebels fhrte.Und dort gelang ihm, was noch kein Sterblicher vor ihm jemals fertigbrachte: Der Atlanter kmpfte sich durch zu Aerulas Gipfelreich und versicherte sich der Untersttzung des Luftgeists.Anschlieend will Dragon den Versuch unternehmen, mit Aerula-thane, der treuen Wanderwolke, die Insel des Namenlosen zu erreichen und Vesta, den einstigen Herrn der Elemente, zu befreien, auf da dieser das drohende Chaos abwende, das Akkeron, der andere Trger von Vestas Auge, zu entfesseln beginnt. Dragon hat nicht mehr viel Zeit fr seine Aufgabe, denn Akkeron hat neben Tyde, den Wassergeist, nun auch Skortsch, den Geist des Feuers, in seine Gewalt gebracht.Akkerons nchstes Ziel und das seiner wilden Horden wird das Reich Vitus sein. Und dorthin will auch Ubali. Zusammen mit Thamai geht er den Pfad der Prfungen. Wenn er sich als wrdig erweist und die Prfungen besteht, wird er UBALI, DER PALADIN

1.

Den ganzen Abend, whrend wir um die groen Lagerfeuer am Seeufer saen und unsere Auferstehung feierten, lie ich meinen Krper nicht aus den Augen.Es fiel nicht weiter auf. Die Umsitzenden deuteten meine Aufmerksamkeit als Zuneigung.Er wich mir aus. Immer wenn ich mich zu nhern versuchte, verstand er es, mir auszuweichen. Es war ein Katz-und-Maus-Spiel. Er schien meine Neugier zu frchten. Das erfllte mich mit neuer Unruhe. Gleichzeitig versuchte ich natrlich, mglichst wenig Aufsehen zu erregen. Karuam hatte noch nicht bemerkt, da etwas nicht stimmte.Die zweite Frage, die mich stndig beschftigte, war: Wo war Thamai?Ganz offensichtlich nicht in meinem Krper, sonst wrde sie mir nicht ausweichen. Sie mute ebenso interessiert sein, herauszufinden, wo ich mich befand, wie mich ihr Verbleib bewegte. Den ganzen Abend wartete und forschte ich vergeblich.Es war ein ungewhnliches Gefhl, als Mann einen weiblichen Krper zu besitzen noch dazu einen, in den man verliebt war. Meist antwortete ich gar nicht, wenn Karuam sich zu mir neigte und mich mit Thamai ansprach. Erst wenn er mich anstie und lchelnd bemerkte, da ich wohl sehr davon angetan sei, da Ubali seinen menschlichen Krper wieder hatte, fand ich mich errtend in meine ungewohnte Rolle.Ich mute noch viel lernen, hatte Vitu gesagt. Und es sah ganz so aus, als ob es nicht einfach sein wrde.Es war auch verdammt unangenehm, seinen eigenen Krper vor sich sitzen zu sehen und nicht zu wissen, wer sich in ihm eingenistet hatte. Ich mute es herausbekommen, und zwar bald.Der See lag ruhig und glatt. Die Feuer spiegelten sich in seiner schwarzen Oberflche. Er sah friedlich aus. Niemand sah ihm an, da er eine ganze Stadt verschlungen hatte. Die Bewohner, denen Vitu ein neues Leben gewhrt hatte, schmiedeten bereits Plne. Am Morgen wollten sie mit dem Bau einer neuen Stadt beginnen; einer besseren Stadt mit einem neuen Tempel zu Vitus Ehren. Es gab keinen, der nicht froh gewesen wre, da die Gewaltherrschaft Barils, des Priesters der Lebensgeister, ein Ende gefunden hatte. Nun, da sie frei waren, erkannten sie erst, wie sehr sie ihm und seinen grauenhaften Mchten bereits verfallen gewesen waren.Karuam aber drngte darauf, aufzubrechen. Er hatte Orn zu seinem Stellvertreter ernannt, zum Obersten Priester des neuen Teguar. Er selbst wollte mit uns zu Vitus innerem Reich pilgern, das weit im Osten lag. Dort wollte er den Lebensgeist bitten, ihn von der magischen Macht seines Blutes zu befreien. Er war ein halbes Jahrtausend oder mehr Vitus Priester gewesen, aber nun wollte er frei sein von der Qual und der Verantwortung, die ihm aufgebrdet worden waren. Er schrieb es seinem Versagen zu, da Baril solche Macht in Teguar erringen und solche Greueltaten wider alles Leben verben konnte.Er glaubte, den Weg zu Vitus Domne zu wissen, und war somit ein wertvoller Begleiter fr uns. Vitu schien es seinen Pilgern nicht leicht zu machen. Der Weg war voll von Gefahren und Aufgaben.Und die Gtter dieser Welt waren nicht ohne Humor.Nicht da ich mit meinem Schicksal haderte. Thamais wundervoller Krper war ein Geschenk, wie man es auch betrachten mochte, obwohl meine Mnnlichkeit es vorgezogen htte, ihm auf diese Weise nicht innezuwohnen.Ich vermied es, zu sehr darber nachzudenken. Mich beunruhigte auch viel zu sehr, da Thamai sich nicht zu erkennen gab. Andererseits hatte auch ich bisher alles unterlassen, was Aufmerksamkeit auf mich gelenkt htte. Wie sollte sie wissen, da ich mich in ihrem Krper befand? Vielleicht ahnte sie es? Das war nur eine Vermutung.Aber in welchem Krper sollte sie sein, wenn nicht in meinem? Warum wich sie mir dann aus?Vielleicht erklrte sich alles, wenn wir morgen frh aufbrachen, um den unterbrochenen Weg zu Vitus Reich fortzusetzen. Noch stand nicht fest, wer mitkommen wrde. Karuam auf jeden Fall, und ich; mein Krper sicherlich Pltzlich kam mir das weie Mdchen in den Sinn, das mich zu Thamai gefhrt hatte. Wo war sie? Sie war nicht aus dem See gekommen. Hatte ihr Vitu kein neues Leben gewhrt?Und wer war sie? Vielleicht gar kein Mensch. Vielleicht irgendein Wesen dieser Welt. Ich hatte noch so wenig von Danilas Welt gesehen.*

Es wurde eine unruhige, fast schlaflose Nacht, und ich dankte den Gttern, als endlich der Morgen anbrach. Wir machten uns bereits frh auf den Weg.Karuam, ich in Thamais Krper, mein Krper. Da sonst niemand mitkam, zog ich den hoffnungsvollen Schlu, da nur Thamai in meinem Krper sein knne, und da sie wohl Grnde habe, das Geheimnis zu hten.Das verbesserte meine Laune einigermaen. Aber es fiel mir verdammt schwer, mich daran zu gewhnen, da ich nun ein Weib war. Das begann schon bei den einfachen Dingen. Wenn der Priester mich als Thamai anredete, oder wenn manchmal Ubali, ich meine damit meinen Krper, mich begehrlich musterte. Das lste einige Gefhle in mir aus, die mir bis dahin fremd waren. Ich benahm mich wohl auch nicht sehr mdchenhaft, denn meine beiden Begleiter beobachteten mich oft von der Seite, wenn sie glaubten, ich she es nicht.Aber ich lebte. Und ich geno eine einzigartige Erfahrung. Nein, ich grollte Vitu nicht.Ich fragte mich, ob Karuam etwas von dem Krpertausch ahnte. Wenn ja, verbarg er seine Neugier gut. Er zog mich whrend langer Stunden in Gesprche ber den Lebensgeist und meine (Thamais) Erfahrungen als Priesterin. Es war gut, da ich von Thamai viel erfahren hatte. Ich konnte ihm also viel berichten, erzhlte ihm auch vom Kampf des Stammes der Vitu-thaimoa gegen die Luftpiraten, und welche Rolle Ubali dabei gespielt hatte.Er lauschte interessiert, suchte schlielich Vergleiche mit den Geschehnissen in Teguar und fragte sich, warum Vitu ihm und seinem Volk diese Jahrhunderte der Prfung auferlegt hatte eine Frage, auf die ich ihm auch keinen Hinweis geben konnte. Ich fragte mich meinerseits, warum er sich nicht schon ein paar Jahrhunderte frher auf die Suche nach seinem Gott gemacht hatte, wenn er den Weg kannte, wie er sagte!Aber nach und nach fgte ich mich darein, da ich fr die anderen nur Thamai war, und ich gewhnte mich auch daran, meinen, frheren Krper mit Ubali anzureden. Aber ich war sehr auf Abstand bedacht. Ich liebte Thamai, und ich betrachtete ihren Krper als eine Leihgabe. Ich war nicht sicher, ob sie es mir verzeihen wrde, wenn ich mich in ihm hingab. Der Gedanke, mit meinem eigenen Krper zusammenzusein, entbehrte jedoch eines gewissen Reizes nicht. Mglicherweise gehrte das jedoch nicht zu den Dingen, die Vitu mich auf diesem Wege lehren wollte.Mit jeder Stunde wurde ich sicherer und unbefangener. Ich begann mein neues Leben zu genieen. Ich hatte meine Heimat Shi-but verlassen, um frei zu sein von Pflicht, von Verantwortung, von allem was den Horizont eines Mannes einengte. Ich hatte gelernt, da alles seinen Preis hatte, da die wirkliche Freiheit nur Einsamkeit war. Und weil ich die Einsamkeit floh, war ich Legionr gewesen in Knig Mabuts Armee, hatte zur See gefochten, war als Sklave mit Odaliks Stamm gezogen und war an der Seite eines Knigs geritten.Und nun hatte ich es zu einer Priesterin gebracht.Ich hatte manchen Seebren sein Garn spinnen hren und belchelt. Ich hatte manchen fahrenden Snger von Wundern berichten hren, die mich atemlos lauschen lieen.Aber was war das alles gegen meine Wirklichkeit!*

Unser Weg fhrte uns in westliche Richtung. Am ersten Tag kamen wir rasch voran. Der Dschungel war nicht sehr dicht. Wir folgten dem Tal, durch das sich nun ebenfalls die abflieenden Wasser des Sees einen Weg suchten. Am Vorabend muten die Fluten stark gewesen sein, denn wir hatten leichten Weg durch das Gebiet, wo sich das Wasser durch das Unterholz freie Bahn geschaffen hatte. Ein kleines Rinnsal war alles, was uns nun mit leisem Pltschern begleitete.Ob es seine magische Wirkung wohl noch hat? fragte Ubali, oder besser, sein Krper.Schon mglich, erwiderte Karuam. Wenn Vitu in dem Wasser ist.Vitu? erwiderte Ubali, und es klang mir fast ein wenig leidenschaftlich. In dieser krglichen Lache?Ohne Vitu wre es nur Wasser, erklrte der Priester.Wir wollen sehen, ob es nur Wasser ist, meinte Ubali. Bevor wir ihn daran hindern konnten, zog er seinen Dolch und schnitt in seinen Arm.Mir lag ein Fluch auf der Zunge, aber der htte sich nur schwerlich fr Thamai geziemt. So knirschte ich nur mit den Zhnen. Ich war wtend! Es war, als sprte ich den Schmerz! Als schnitte er in mein Fleisch (was er eigentlich auch tat!).Ich dachte, wenn es Thamai war, was wollte sie damit beweisen? Da sie aus Fleisch und Blut war? Ich kam mir selbst manchmal gespenstisch vor, da ich mich heimlich kniff, um den Schmerz und mit ihm die Wirklichkeit zu fhlen. Denn es gab Augenblicke, da fhlte ich mich nur als Beobachter in dem Krper so als wren die Augen Fenster, und ich she hinaus, ohne der zu sein, der die Schritte lenkte.Das ist Frevel, Ubali, sagte der Priester, und es whrte einen Augenblick, bevor mir klar wurde, da er nicht mich meinte.Ubali kmmerte sich nicht um ihn. Er kletterte zum Wasser hinab und tauchte den Arm hinein. Dann kam er wieder hoch, ein wenig bla, wie mir schien, obwohl man das bei der dunklen Haut schwer erkennen konnte.Er hielt den Arm hoch. Der Zauber ist da. Es heilt!Der Priester nickte. Vitu begleitet uns, sagte er.Am Nachmittag begann ich eine unvermutete Mdigkeit zu fhlen, obwohl ich den Eindruck hatte, da der Marsch nicht sehr anstrengend gewesen war. Aber mir wurde bald klar, da Thamais Krper lngst nicht so kraftvoll war wie meiner. Ich beschlo, das im Gedchtnis zu behalten, damit ich nicht in einem entscheidenden Augenblick meine Krfte berschtzte.Wir lagerten zur Nacht auf einer Lichtung auf halber Hhe zwischen Talgrund und Kamm. Wir waren wenig Tieren begegnet, aber das Wasser mochte sie anlocken, deshalb beschlossen wir, abwechselnd zu wachen und das Feuer die ganze Nacht zu unterhalten.Wir aen von unseren Vorrten. Ubali riet uns, sparsam damit umzugehen. Er meinte auch, wir sollten am Morgen jagen, bevor wir unseren Weg fortsetzten. Auf unsere Fragen, antwortete er nur ausweichend. Er schien etwas zu wissen, aber dieses Wissen aus irgendeinem Grund nicht mit uns teilen zu wollen.Das sah gar nicht nach Thamai aus. Das ganze Gebaren an diesem Tag hatte nicht nach Thamai ausgesehen. Ein Gefhl warnte mich vor diesem Ubali. Wenigstens meine Instinkte hatte ich mit herbergerettet. Oder die des Mdchens waren ebenso scharf.Ich begann ihn nicht mehr aus den Augen zu lassen. Es war lebenswichtig, da ich herausfand, wer er war. Nicht minder wichtig war mir aber, zu erfahren, wo sich Thamai befand. Ob ich mich dem Priester anvertrauen sollte?Ein Wagnis. Aber er wrde es vielleicht verstehen, und er wre ein guter Verbndeter. Aber es war dennoch ein Wagnis. Denn er mute meinem Wort glauben. Es gab nichts, womit ich ihm die Wahrheit beweisen konnte. Wenn der andere das Gegenteil behauptete, stand Aussage gegen Aussage. Und seine war weniger glaubhaft, denn er hatte ja den richtigen Krper.Nein, ich konnte vorerst nichts tun, als abzuwarten. Der andere mute sich verraten.Ich hatte die erste Wache, und das gab mir Zeit zum Grbeln. Die Frage, auf die ich immer wieder zurckkam, schien keine vernnftige Antwort zu haben. Wenn Thamai sich in einem anderen Krper befand, warum war sie dann nicht mit uns gekommen?Es gab ein paar wenig befriedigende Mglichkeiten, es zu erklren: Es gehrte zu Vitus Plan, da sie sich nicht zu erkennen gab. Oder sie befand sich im Krper des Priesters. Aber das schien mir die unwahrscheinlichste Mglichkeit.Ich glaubte nicht, da Vitu sie nicht wiedererweckt hatte. Selbst den Schergen Barils hatte der Lebensgeist ein neues Leben gewhrt. Nur einer, der sich gegen Vitu gestellt hatte, war nicht wieder erwacht. Baril, der selbsternannte Priester der vielen Lebensgtter, der versucht hatte, selbst ein Gott zu sein. Es erinnerte mich an Ukandar, den Priester von Thamais Stamm. Auch er hatte die Gesetze Vitus miachtet und die Krfte des Lebensgeistes mibraucht. Auch ihm war kein neues Leben gewhrt worden.Baril war tot, daran zweifelte ich nicht. Ukandar war nur ein kleiner Schurke gewesen, Baril ein Teufel in Menschengestalt. Wieviel mehr mute der Lebensgeist ihn verdammen.Es war sehr still whrend der Stunden meiner Wache. Nur ein einziges Mal hrte ich ein Tier schreien, und es klang einsam und verngstigt. Es erfllte mich mit Schauder. Ich schrieb es Thamais Krper zu, dem die Empfindungen eines Mdchens zu tief in den Knochen saen, als da er sie htte verleugnen knnen. Nicht da ich Thamai fr feige oder ngstlich hielt. Nein, sie hatte oft genug bewiesen, da sie tapfer war. Aber fr eine Frau muten Gefhle strker sein, das Herz weniger umgeben von Muskeln und Rauhbeinigkeit und Gewalt.Wie sollte ein Mann errten auer vor Grimm?Und doch war es mir geschehen unter den Blicken der beiden Mnner. Aber das war wohl mehr meinen eigenen Gefhlen zuzuschreiben, die sich nicht zurechtfanden. Die Scham war mehr die der verlorenen Mnnlichkeit, denn die Blicke des Priesters waren nicht begehrlich, und jene meines einstigen Krpers wute ich nicht zu deuten.Eines war mir klar der andere mute so unsicher wie ich sein. Whrend ich grbelte, kam mir auch etwas in den Sinn, das mir zuvor nicht aufgefallen war. Er hatte sich oft umgewandt, so als frchte er einen Verfolger, oder erwarte jemanden.Aber wen?Mich, kam es mir in den Sinn. Mich mute er frchten. Denn so wie ich zuerst angenommen hatte, Thamai befnde sich in meinem Krper, und sie wren nur ausgetauscht worden, so mute auch er annehmen, da ich ihm in seinem Krper folgen wrde. Er konnte ja nicht wissen, da ich hier in Gestalt Thamais neben ihm sa.Aber Barils Krper war nicht aus dem See gekommen. Ich war der erste gewesen, der das Ufer erreicht hatte. Ich htte ihn sehen mssen. Jedem wre er aufgefallen. Viele wren wohl erpicht darauf gewesen, ihm etwas von dem heimzuzahlen, was er ihnen angetan hatte, und wenn nur mit den Fusten Wenn Thamai nun die erste gewesen war, lang genug vor mir, da sie im Wald verschwunden war, als ich kam. Es wre mglich. Auch sie mochte sich berlegt haben, da es unmglich sein wrde, zu beweisen, da sie Thamai war, und nicht Baril in Barils Gestalt. Der logische Weg wre gewesen, zu fliehen O Thamai !Sie sa vielleicht irgendwo da drauen allein in dieser Dunkelheit und qulte sich mit hnlichen Gedanken. Sie wrde vielleicht denken, da Baril in ihrem Krper sei. Auch kein angenehmer Gedanke. Ich wute, wie gut sie mit ihrem Blasrohr umgehen konnte.Aber sie wrde nicht tten. Sie wrde Vitus Willen akzeptieren. Sie war eine gute Dienerin ihres Gottes. Und ich? Ich hatte frh gelernt, mich niemals mit einem Schicksal abzufinden. Aber ich hatte auch Geduld gelernt. Und ich war neugierig.Zudem fhlte ich mich diesem Vitu, ob er nun ein Gott war oder ein Dmon, verpflichtet. Er hatte mir neues Leben gegeben nicht nur einmal.Und waren wir nicht ohnehin den Launen der Gtter ein williger Stoff, den sie formen konnten, ob es uns gefiel oder nicht?Hier war ein Gott, der etwas Kostbares gab! Er sollte mehr haben als nur einen Altar. Er schien einen starken Arm zu brauchen, und ich war ihm dieser Arm. Wenn ich auch noch nicht verstand, wohin mich das alles fhren wrde und wenn mein Arm auch im Augenblick nicht so stark war, wie ich ihn gern gehabt htte!*

Ubali, der andere, drngte am Morgen zur Jagd. Karuam hielt ihm entgegen, da die Vorrte noch gut zwei Tage reichen wrden, und da jagbares Wild uns wohl frher oder spter auf unserem Weg begegnen wrde, ohne da wir einen ausgedehnten Jagdzug zu machen brauchten.Aber Ubali lie sich nicht beirren. Ich erinnerte mich an die Stille whrend der Wachzeit. Es schien hier kaum Tiere zu geben. Und er wute wohl warum. Er kannte sich hier aus. Er war vielleicht einer von Barils Schergen einer von denen, die sich ihm freiwillig verschworen hatten.Warst du schon einmal hier, Ubali? fragte ich unbefangen. Du scheinst etwas ber dieses Gebiet zu wissen. Warum sagst du es uns nicht?Er sah mich zgernd an. Einen Augenblick schwankte er, aber dann hatte er nicht eine so offene Falle erwartet. Er hielt mich fr Thamai, ohne Zweifel. Und er schien nicht zu wissen, da Ubali aus einer anderen Welt stammt, und noch nie zuvor hier war. Er bi an.Ich, ich wei etwas. Ich bin mir ganz sicher. Habt ihr es noch nicht bemerkt? Seit wir aufbrachen, ist es strker geworden Was? fragte ich und bemhte mich, mir meine Enttuschung nicht anmerken zu lassen. Er hatte doch nicht angebissen.Riecht ihr es nicht? Der Duft von wilden Pflanzen.Es waren tausend Gerche im Dschungel, ein Gemisch, betubend genug. Aber nun, da er es sagte - Deshalb also gab es kaum Tiere hier.Es sind vielleicht die Vorboten eines wilden Dschungels, fuhr er fort. Das wrde bedeuten, da wir in weitem Umkreis kein Wild finden werden, wenn wir nher herankommen, denn die wilden Blumen benutzen Bewegliche, um sich fortzupflanzen. Sie fllen sie mit ihrem Samen und dem Verlangen, irgendwo eine fruchtbare Erde zu finden, wo ihnen Wurzeln wachsen und Bltter.Ich nickte.Der Priester sagte: Ich wei, Ubali. Wir haben ein totes Land vor uns, aber es ist noch weit. Ich habe es im Traum gesehen. Wir mssen nach Sden bis zum Meer. Dort werden wir ein Flo bauen und das wilde Land umfahren Du stellst dir das einfach vor, Karuam, erwiderte er. Jeder Schritt bedeutet jetzt Gefahr. Jeder Busch mag sich vor uns auf tun und uns mit seinen sten umschlingen. Dann kommt jede Hilfe zu spt. Wir sind hier nicht mehr die Jger, sondern das Wild. Wir sollten umkehren, so lange uns noch Zeit dazu bleibt. Siehst du das nicht ein, Karuam? Und du, Thamai?Wir sind nicht ganz so hilflos, Ubali, entgegnete ich. Da ist immer noch das Blut, das uns zu retten vermag, oder hast du das vergessen?Ruckartig wandte er sich dem Priester zu. Sein Blut, natrlich! Wie konnte ich es vergessen! Das magische Blut Nicht nur sein Blut, unterbrach ich ihn. Auch unseres. Es ist seltsam, da du dich nicht mehr erinnerst.Ich war nun ganz sicher, da er nicht Thamai war. Wer immer er war, er schien die Eigenarten der wilden Pflanzen gut zu kennen, aber er wute offenbar nicht, da Blut, wenn man es trank, die Samen abttete, und das Opfer von den Giften freimachte.Aber ja, ich erinnere mich doch, erwiderte er hastig.Er schien gleichzeitig sehr nachdenklich. Er berlegte wohl, wie das mit dem Blut gemeint war. Ich hllte mich in Schweigen. Ich wollte keinen Verdacht in ihm wecken. Ich wollte ihn nur ein wenig ins Schwitzen bringen.Der Priester tat ein briges dazu, denn er sagte verwundert: Ihr scheint mir auf einmal sehr ngstlich, mein Freund aus einer anderen Welt. Woran liegt das? Sicherlich nicht nur an diesen Pflanzen. Aber ich will nicht in Euch dringen. Sprt Ihr nicht, da Vitu mit uns ist? Ich wei, es wird sich alles zum Besten wenden.Aber das schien den anderen gar nicht zu beruhigen.

2.

Wir jagten mit wenig Erfolg. Der Wald war wie ausgestorben. Ubali drngte uns immer wieder zum Umkehren. Aber Karuam und ich lieen uns nicht beirren.Wir jagten schlielich einen Bren, aber als wir uns an das Zerlegen des Fleisches machten, erlebten wir eine unerfreuliche berraschung. Es war grnlich unter dem Fell, das Blut eine blasse Flssigkeit, die weniger an Blut als an Pflanzensfte erinnerte.Wie mich damals, mute auch ihn eine dieser groen Blumen mit ihren Samenpfeilen beschossen haben. Auch er war wohl auf dem Weg zu einem schnen Stck Erde gewesen, in das er seine Wurzeln graben konnte getrieben vom Traum einer Blume.Es war schwer festzustellen, wie lange er bereits unterwegs war. Vielleicht Stunden, vielleicht einen Tag. Er war in stlicher Richtung unterwegs gewesen. Wenn wir weiter nach Westen zogen, muten wir mit ziemlicher Sicherheit in das Gebiet der wilden Pflanzen gelangen. Deshalb stimmte ich dem Priester zu, der vorschlug, den Weg nach Sden fortzusetzen.Das taten wir dann auch trotz Ubalis Proteste. Da ich mich so auf die Seite des Priesters schlug, verwunderte diesen. Immer hufiger bedachte er uns mit verwunderten Blicken. Wir hatten nur noch sehr wenig mit dem Paar gemeinsam, das nach Teguar gekommen war.Wir kamen rasch voran. Ich hatte manchmal das Gefhl, da wir beobachtet wurden und fragte mich, ob es von verborgenen wilden Pflanzen herrhren mochte.Der Dschungel war nicht ungewhnlich, nur seltsam leer, wenn man von den Insekten absah. Es gab auch kleinere Vgel, aber sie wirkten stumm und eingeschchtert.Wir erreichten einen schmalen, reienden Strom. Mit leisem Grauen starrten wir in die klaren Fluten, in denen sich Scharen von prchtigen Fischen kraftvoll und nicht immer erfolgreich bemhten, gegen die Strmung zu schwimmen. Sie waren grn und aufgeschwollen. Deutlich genug war zu erkennen, welche Kraft sie gegen die Strmung trieb. Vor unseren Augen schnellte einer der Fische aus dem Wasser. Er zappelte ein paarmal und schnappte nach Luft. Dabei scharrte er sich regelrecht in die Erde, und noch whrend das geschah, spreizten sich seine Flossen zu Wurzeln, die gierig nach dem Boden griffen und sich festwanden. Augenblicke spter hatte der Fisch nichts mehr mit einem Fisch gemeinsam. Allein das Maul und die Augen erinnerten noch daran.Sie dringen immer weiter vor, murmelte Ubali. Seit Jahren.Woher weit du das? fragte ich sarkastisch. Nun hatte er sich verraten! Karuam sah ihn erstaunt an. Ein Mann, der aus einer anderen Welt kam, konnte nicht gut wissen, was seit Jahren auf dieser geschah.Oder warst du schon einmal hier, bevor du zum Stamm der Thaimoa kamst? fuhr ich fort. Der Priester verstand natrlich nicht, was das alles zu bedeuten hatte, aber er wrde es spter verstehen, wenn ich mich ihm anvertraute. Vielleicht schon heute nacht, nun da alles glaubwrdiger klingen wrde. Gemeinsam wrden wir herausfinden, wer in Ubalis Krper steckte.Ja, erwiderte Ubali gedehnt und musterte mich durchdringend. Dmmerte ihm, da ich ber ihn Bescheid wute? Es war ihm anzumerken, da er den Fehler verfluchte. Aber nun, da es schon einmal geschehen war, schien es seine Zunge sichtlich zu lsen.Zwei Tagesmrsche im Sdwesten ist ein Dorf. Ein kleiner Stamm lebt dort. Und da er von der Jagd lebt, sprt er als erster Vernderungen wie diese. Dabei deutete er auf die Fischpflanze. Ihr Priester sagte mir, in den letzten fnf Dutzend Jahren sei der Stamm immer auf Wanderschaft gewesen, weil das Wild nach Osten abwanderte und die Zahl der wilden Pflanzen immer grer wurde. Sie morden alles und vermehren sich wie die Pest. Man mte sie vernichten. Die Wlder in Brand stecken. Niemand wei, was sie soweit in den Osten treibt Ich habe lange gelebt, warf der Priester ein, viele Generationen. Ich habe viele Vernderungen miterlebt. Wir waren einst ein reiches Volk. Es gab Eisen, Gold und Silber, das wir aus der Erde gruben. Wir trieben Handel damit. Was uns vertrieb, waren die Piraten, die immer tiefer ins Landesinnere kamen. Sie nahmen uns unsere Gruben. Wir kmpften, aber der Krieg war nicht unser Handwerk damals nicht. Mit ihren Gefangenen beuteten sie die Gruben aus und schafften die Erze mit ihren Schiffen fort. Die Gruben mssen lngst leer sein. Es ist etwas Wahres an den alten Legenden. Es heit, da Eisen vor Dmonen schtzt und da es der Trger des Gleichgewichtes ist. Es heit, da es Orte gibt, wo das Wasser aufwrts fliet und das Feuer kalt brennt, wo niemand atmen kann, weil keine Luft zum Atmen da ist, und wo alles Leben grausig anzusehen ist.Das mag sein, Priester, erwiderte Ubali. Aber nur weil dort kein Eisen zu finden ist? Nein, an Eisen ist nichts Magisches. Es vermag nichts Groes auer zu tten, in Form des Schwertes, eines Dolches oder einer Pfeilspitze Der Priester zuckte die Schultern. Ich sprach nur von den alten Legenden. Fest steht, so lange wir hier in Frieden lebten, gab es keine wilden Pflanzen. Aber nun ist diese Erde frei fr sie.Ja, sie werden ber alles wuchern, wenn wir sie nicht aufhalten, stie Ubali hervor. Wir werden ihre Sklaven sein, wenn wir sie nicht zu unseren machen!Sie sind auch Vitus Geschpfe, sagte der Priester.Wir sind alle Vitus Geschpfe, wandte ich ein. Und wir bekriegen einander. Oft gilt es zu tten, um zu berleben berleben? meinte Ubali verchtlich. berleben gengt nicht. Man mu herrschen, oder man wird beherrscht. Und jedes Mittel ist recht, jeder Tod, der Nutzen und Erkenntnis bringt, zu recht gegeben!Und das Leben? fuhr der Priester auf. Willst du es nur benutzen?Ganz recht, Ich will es nur benutzen.Der Priester schttelte den Kopf. So verstehe ich nicht, warum Vitu dir neue Leben gewhrt, wenn du sie so miachtest. Vielleicht aber gerade deshalb da du lernst, das Leben zu achten.Achten? Ubali lachte. Das Leben ist nichts. Ein Spiel fr Gtter. Aber die Sterblichen wissen nicht mehr damit zu tun, als es zu leben.Der Priester starrte ihn an. Auch mir blieb die Sprache weg. Welcher Grenwahnsinnige hatte sich in meinem Krper eingenistet? Mochten die Gtter wissen, was er vor hatte! Und es gefiel mir gar nicht, da er meinen Krper dazu benutzen wrde.*

Er verspottete die Menschen, weil sie aus ihren ngsten heraus dazu neigten, ihr Leben zu einem Tempel fr Gtter zu machen, die sie selbst schufen.Er schien berhaupt nicht an Gtter zu glauben. Auch nicht an Vitu. Ich fragte mich, wie er wohl ber sein Leben dachte, sein augenblickliches in meinem Krper! Vielleicht hielt er es fr natrlich, wiedergeboren zu werden keine Gunst eines Gottes, sondern etwas, das einfach geschah, mit tausend anderen kleinen Wundern. Zauberei? Er dankte keinen Gttern. Es war geschehen, und er wrde das neue Leben benutzen, so wie er sein altes genutzt haben mochte.Mir graute ein wenig vor ihm. Wie kalt mute sein Herz sein! Karuam suchte in meinem Gesicht nach Antworten. Doch da waren keine.Es erwies sich als sehr schwierig, mit Karuam allein zu sprechen, ohne da Ubali Verdacht geschpft htte. Ich mute mich gedulden. Die ganze Zeit ber beschftigte mich das Schicksal Thamais. Es kostete mich groe Geduld und groes Vertrauen in Vitu, den vorgenommenen Weg weiterzugehen und nicht alles abzubrechen und nach ihr zu suchen. Ich lie Ubali nicht aus den Augen, und ich merkte auch, da der Priester immer nachdenklicher wurde.Diese Nachdenklichkeit war es, die uns beinah das Leben kostete. Wir waren mit Ubali bereingekommen, da er uns zu jenem Dorf im Sdwesten fhrte. Von dort aus mochten wir unsere Reise besser gerstet antreten und vielleicht einen Weg erfahren, der um die wilden Pflanzen herumfhrte.Der Dschungel war whrend der letzten Stunde immer dichter geworden, so da wir bald mit unseren Messern einen Weg durch das Unterholz hacken muten. Diese vollkommene Abwesenheit von Leben trug wohl dazu bei, da wir uns noch sorgloser voranarbeiteten.Pltzlich standen wir auf einer kleinen Lichtung, die fast ganz von einem Tmpel eingenommen wurde. Seine Oberflche glnzte dunkel und einladend und weckte augenblicklich ein heftiges Durstgefhl. Wir gingen bis ans Ufer. Die Oberflche kruselte sich.Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, whrend ich den Wasserbeutel vom Grtel nahm, da Ubali zurckwich, als htte er etwas Grauenvolles entdeckt.Sein seltsames Benehmen erinnerte mich an ein Erlebnis, als ich auf dem Rcken der Wanderwolke Waramau ber einem Dschungel weiter im Osten flog.Da sah ich einen See. Und als wir hinabsanken, um uns an seinem Wasser zu laben, ffnete sich seine Oberflche und griff mit scharfen Zhnen und schlingenden sten nach uns. Der ganze See war ein einziger Rachen. Und dieser Teich in den Wldern Mit einem warnenden Aufschrei ri ich Karuam zurck, als er sich bcken wollte. Wir stolperten zum Rand der Lichtung, aber wir erreichten ihn nicht mehr. Mit einem seufzenden Gerusch ffnete sich der Tmpel hinter uns, und mit einem Mal war es unmglich, einen weiteren Schritt zu tun. Kraftlos sanken wir zu Boden und starrten hilflos auf die gewaltige Blte, die sich aus dem Teich hervorhob. Ihr mchtiger Kelch neigte sich uns zu. Wir blickten tief in das Innere, ein weies, tiefes Mysterium, in dem der Geist sich verlor. Dunkle Stiele ragten aus der Weie. Sie waren hohl und zeigten genau auf uns.Schaudernd erkannte ich, welches Schicksal uns bevorstand eines, das ich bereits einmal erlebt hatte.Ich vermochte den Blick nicht abzuwenden. Der Kelch erzitterte. Die rohrhnlichen ffnungen spien Samengeschosse aus. Sie schwirrten auf uns zu wie groe, schillernde Fliegen.Aber bevor sie uns erreichten, sprang pltzlich eine Gestalt dazwischen und fing die schwirrenden Samen mit ihrem Krper auf. Einen Augenblick war sie umhllt von einem schillernden Nebel. Dumpf hrten wir sie schreien. Wir sahen, wie sie sich krmmte und wild um sich schlug, dann verschwand der Nebel. Ihr Krper glnzte grnlich. Sie sank zu Boden und lag still.Der Bltenkelch senkte sich auf den Boden zurck. Die Bltter schlossen sich darber, fcherten einen Augenblick wie unter einem Windsto. Dann war die Oberflche wieder glatt und spiegelnd. Unglaublich echt lag wieder der Tmpel vor uns.Ich richtete mich auf. berrascht bemerkte ich, da der Bann von uns genommen war. Wir konnten uns wieder bewegen. Bleich starrten wir auf die reglose Gestalt nahe am Ufer.Wir mssen ihm helfen, drngte Karuam. Er hat versucht, uns zu retten.Es ist gefhrlich, so nah an den Rand zu gehen, warnte Ubali. Wenn sie ihren Samen verspritzt haben, sind sie hungrig. Sie ernhren sich von Fleisch.Er schien eine Menge zu wissen.Ihm geschieht auch nichts, meinte der Priester und deutete auf die reglose Gestalt.Und das hat seinen Grund, erklrte Ubali. Er ist jetzt wie die Fische, die wir gesehen haben. Er wird laufen, so weit ihn die Beine tragen, und dann wird er sich in die Erde graben Er wird eine Blume? rief der Priester entsetzt.Er ist bereits kein Mensch mehr, stimmte Ubali zu.Er ist noch lange genug Mensch, da wir ihm helfen knnen, wenn wir uns beeilen, erklrte ich bestimmt. Wie weit ist es noch bis zum Dorf?Mehr als einen Tag, antwortete Ubali unsicher.Das wird reichen. Wir nehmen ihn mit.Ich eilte hinter dem Priester her, ohne mich weiter um Ubali zu kmmern. Karuam drehte die Gestalt herum und stie einen berraschten Ruf aus.Baril!Unglubig starrte ich auf das verhate Gesicht. Ja, es war das des Priesters der vielen Gtter! Ich hatte nicht erwartet, da Vitu ihm ein neues Leben gewhren wrde. Aber hier lag er, und was noch erstaunlicher war, es sah aus, als htte er sich fr uns geopfert!Ich sah, wie Karuam die Fuste ballte. Mhsam formte er die Worte: Ihn willst du auch mitnehmen?Ich verstand, was er fhlte. Ich sprte den Ha selbst, wenn ich daran dachte, was er Thamai angetan hatte. Wie der Priester, zgerte auch ich. Es fiel ungeheuer schwer, diesem Teufel zu helfen. Vielleicht war es das Schicksal, das der Lebensgeist fr ihn ausersehen hatte, dachte ich grimmig. Es war ein verlockender Gedanke.Ubali sah unsere Bestrzung und kam vorsichtig heran, wobei er mitrauische Blicke auf den Tmpel warf. Doch das Wasser bewegte sich nicht. Dann erkannte auch er, wer vor uns lag. Mehr als berrascht beugte er sich hinab.Baril! rief er und rttelte den Leblosen.In diesem Augenblick wurde der Tmpel lebendig, als htte er nur darauf gewartet, uns alle zusammen in seiner Reichweite zu haben. Die Oberflche ffnete sich. Scharfe Bltter schlugen nach uns wie Klingen. Sie trafen Ubali am Bein. Blut scho hervor. Mit einem Aufschrei strzte er auer Reichweite und zerrte Baril mit sich.Karuam war weniger glcklich. Zwar verfehlten ihn die Bltter, doch war er pltzlich von dnnen Stielen umschlungen, die ihn trotz seiner verzweifelten Gegenwehr ins Innere des Dickichts zu zerren drohten.Ich ri mein Messer aus dem Grtel und sprang ihm zu Hilfe. Zwei oder drei Schlingarme gelang es mir abzuschneiden, bevor ich selbst in ihre Fnge geriet. Ich konnte mich nicht mehr um den Priester kmmern. Ich hatte alle Hnde voll zu tun, mich meiner eigenen Haut zu wehren.Wir rangen verzweifelt. Ich sah, da Karuam freikam und zurcktaumelte. Noch whrend er um das Gleichgewicht kmpfte, griffen weitere Arme nach seinen Fen.Etwas schnrte sich um meinen Hals und schlang sich wrgend herum. Mir wurde schwarz vor den Augen. Wtend warf ich mich herum und versuchte mit heftigen Rucken loszukommen, aber die dnnen ste schnitten tief in mein Fleisch.Ich hatte auch nicht gengend Kraft. Ich war in Thamais Krper. Das war nun eine schmerzliche Erfahrung.Ubali! rief ich verzweifelt.Aber der andere rhrte sich nicht. Er stand da und sah zu, wie die Pflanzen uns langsam, Schritt fr Schritt, in das dichte Gewirr ihrer inneren ste hineinzerrten.Karuam schrie auf, als die Bltter mit ihren Spitzen nach ihm hackten.Ubali! brllte ich erneut.Es war kein Hohn oder Spott in seinen Augen. Er beobachtete unseren Untergang fasziniert.Ich verlor den Boden unter den Fen. Ich fiel, und whrend ich fiel, lockerten sich die Schlingen. Ich wlzte mich herum wie eine Rasende.Und ich war pltzlich frei!Mit dem Dolch um mich hackend, sprang ich zwischen den erbost hochschnellenden Stielen durch. Zwei weitere knickten unter den Hieben meiner Klinge, dann stand ich keuchend auerhalb der Reichweite.Unwillkrlich schrie ich auf. Karuam war unter den grnen sten kaum zu sehen. Aber er wehrte sich noch. Und ich empfand bei diesem Anblick seine Furcht vor diesem grauenvollen Tod fast krperlich mit.Ohne zu denken, strzte ich vor und sbelte mit meinem Dolch in das Gewirr der ste. Ich bekam Karuams Beine zu fassen und ri daran mit aller Kraft. Aber es half nichts. Eher htte ich ihn entzweireien knnen. Auch begann ich wieder in die Schlingen zu geraten.Ubali! rief ich wieder. Hilf mir doch. Willst du ihn sterben lassen ?Ich starrte ihn an.Er bedeutet mir nichts, erwiderte Ubali. Aber du Er kam auf mich zu. Du bist die rechte Begleitung fr den langen Weg, den ich vor mir habe fr die langen Nchte.Er versuchte, mich von Karuam loszureien.Du verfluchter Narr! entfuhr es mir. Denk an sein Blut! Sein kostbares Blut!Er schien bei diesen Worten zu erschrecken. Er gab keine Antwort, aber er zog sein Schwert und hieb auf die Schlingpflanzen ein. Ich zerrte erneut an Karuams Beinen, und diesmal kam ich frei, whrend Ubali wie ein schwarzer Teufel zwischen den wtend peitschenden Stielen herumtanzte und das Schwert singen lie. In diesen Augenblicken bewunderte ich meinen Krper, die Geschmeidigkeit, mit der er sich bewegte; obwohl seine Bewegungen nicht immer sehr zielbewut waren. Wer immer ihm innewohnte, er war kein echter Krieger.Einmal erhielt er einen Hieb wie mit einer gewaltigen Peitsche, der mich zusammenzucken lie und ihn schreiend auf die Erde sandte.Rasch sprang ich hinzu, fate ihn an den Haaren und zerrte ihn hoch.Wir erreichten den Rand der Lichtung. Die Bltter und Stiele waren zu kurz, um uns noch zu erreichen, aber es blieb keine Zeit zum Ausruhen. Der Blttertmpel ffnete sich in der Mitte. Die Blte begann sich hochzurecken.Rasch! brllte ich. Sie will uns wieder in ihren Bann bekommen.Wir stolperten zwischen den Bschen und Bumen hindurch und schleiften den noch immer leblosen Baril mit uns. Hinter uns begann ein Brechen und Knirschen und Knacken, als ob eine Herde von Einhrnern hinter uns her gewesen wre.Verfolgt sie uns? keuchte Karuam matt.Nein, erwiderte Ubali. Aber sie wtet. Sie wird alles in ihrer Umgebung kurz und klein hacken. Gelegentlich gehen sie dabei auch selbst ein. Aber sie hat ja fr ihre Nachkommenschaft gesorgt. Er deutete auf Barils Gestalt.Wir werden ihr einen Strich durch die Rechnung machen, erklrte ich. Wir rasten hier. Der Priester blutet an den Fen. Ntzen wir die Gelegenheit, so lange es noch frisch fliet, um damit unsere Wunden zu pflegen. Einverstanden, Karuam?Ja, natrlich. Er lie sich zurcksinken. Kannst du auch Baril helfen ?Jetzt noch nicht, erwiderte ich finster.Es ist Vitus Wille, da er lebt Woher willst du das wissen? knurrte ich. Er schrie spitz auf. Entsetzt sah ich, wie Ubali sich mit dem Messer an den Wunden des Priesters zu schaffen machte.Was tust du da? fuhr ich ihn an.Seine Wunden schlieen sich bereits. Ich brauche mehr Blut.Sein Messer ruckte tief in den blutverkrusteten Unterschenkel des Priesters. Karuam schrie erneut.Ich strzte mich auf Ubali. So lange ich hier bin, wirst du nicht Er fing mich auf. Was werde ich nicht ? Aaahh, du Wildkatze!Ich hatte ihm die Knie in den Magen gerammt, da er nach hinten kippte und nach Luft japste. Aber ich wute, wenn er wieder aufstand, wrde es Schwierigkeiten geben. Gegen seine Krfte wrde ich nicht ankommen auer ich stie ihm berraschend die Klinge ins Herz. Nicht da ich seinen Tod bedauert htte, denn es hatte sich deutlich gezeigt, da er ein gefhlloser Teufel war, dem nur das eigene Leben galt, und der dem Tod gern bei der Arbeit zusah, aber es widerstrebte mir, meinen ureigensten Krper zu verletzen. Es wre mir, als htte ich sie mir in den eigenen Leib gestoen. Er kam wtend auf die Beine. La ihn, Thamai, krchzte Karuam. Er braucht mein Blut So mag er warten, bis du seine Wunden damit versorgst. Er wird nicht verbluten bis dahin. So schwer ist er nicht verletzt, entgegnete ich heftig.Er hat nur Angst, sagte der Priester schwach.Das sehe ich, erwiderte ich bissig. Angst? fauchte Ubali. Ich werde euch zeigen, wer Angst !Barils Sthnen unterbrach ihn. Er fuhr herum und wandte sich dem Sthnenden zu, kniete neben ihm nieder und versuchte ihn zu wecken.Wir beobachteten es verblfft.Irgend etwas verband ihn mit Baril. Vielleicht war er sein enger Vertrauter gewesen.Baril kam zu sich. Er schlug die Augen auf. Sein Blick fiel auf Ubali.Er hob mhsam die Arme und schlang sie um seinen Hals. Ubali, krchzte er mit einer Zrtlichkeit, die mir den Magen umdrehte.Whrend Ubali sich erschrocken freimachte, und Karuam verstndnislos von einem zum anderen starrte, wurde mir klar, da wir nicht Baril vor uns hatten, sondern da auch in seinem Krper jemand anderer steckte. Wenn es nicht so ernst gewesen wre, htte ich gelacht. So erfllte mich der Augenblick nur mit Grimm.Welche Schlsse Ubali zog, war seiner Miene nicht zu entnehmen. Er sprang auf und blickte wtend auf die Gestalt zu seinen Fen. Er setzte zum Sprechen an, ballte aber schlielich nur stumm die Fuste.Barils Gesicht zeigte Erschrecken, das sich noch vertiefte, als es sich uns zuwandte und mich erblickte. Er schien sich zu besinnen, blickte hastig an sich herab, dann verzweifelt von Ubali zu mir und wieder zurck. In diesem Augenblick des Erschreckens sah ich einen Funken in den Augen, ein Stck Seele, das mir so vertraut war. Ich wute, wer sich in Barils Krper befand. Nur mhsam vermochte ich einen verrterischen Aufschrei zu unterdrcken. Fr mich bestand kein Zweifel mehr. Ich hatte Thamai vor mir! Und Ubali? Wer war er? Die logische Folgerung war Baril. Das erklrte auch seine Besorgtheit um seinen einstigen Krper. Sein ganzes Verhalten sprach dafr.Er stand noch immer wtend vor Barils Krper. Ich verstand seine Wut. Sie wurde aus der Verbundenheit mit dem alten Krper geboren. Auch mich hatte es mit groem Unbehagen erfllt, meinen Krper von einem Fremden bewohnt zu finden. Das versprte nun auch er. Sicher hatte er auch erkannt, da eine Frau seinen Krper besa.Die Frage war: Hatte er die richtigen Schlsse gezogen?Wute er, da es Thamai war? Ihre zrtliche Umarmung mute es ihm verraten haben, wenn er nicht blind war.Fr Karuam, der er selbst geblieben war und nichts vom Tausch der Krper wute, war die Verwirrung am grten.Aber keiner von uns war vorerst bereit, den Vorhang zu lften. Whrend Karuam Ubali-Barils Wunden mit seinem Blut behandelte, lie ich mich neben Baril-Thamai nieder.Er sah mich prfend an.Wie fhlst du dich? fragte ich.Er nickte langsam. Merkwrdig schwer. Mein Krper ist so voll, als wre ich schwanger Er brach hastig ab bei diesen Worten. Es war nicht das, was ein Mann sagen wrde.Ich grinste, unterdrckte es aber rasch. Sonst nicht? Keinen Drang, einen Flecken Erde zu suchen ?Er zgerte. Nein aber ich hatte einen Traum Ich wrde irgendwo wachsen irgendwo Ich nichte. Wir haben noch Zeit. Wenn Ubali recht hat, werden wir am Morgen ein Dorf erreichen. Mit einigem Glck werden wir etwas Jagdbares finden. Wenn du Blut getrunken hast, wirst du frei sein.Er sah mich gro an. Dann bist du ?Rasch prete ich ihm die Hand auf den Mund und schttelte warnend den Kopf. Ich lie ihn los und warf einen hastigen Blick zu Karuam und Ubali-Baril. Sie waren mit den Wunden beschftigt.Ich nickte. Ich bin Ubali, flsterte ich.Baril-Thamai griff aufatmend nach meiner Hand. Ich entzog sie ihr.Wir wollen Baril im unklaren lassen, flsterte ich.Ist er Baril?Ja.Ich bin froh, da du Sie sprach nicht zu Ende, aber ich verstand sie auch so. Sie war uns allein gefolgt, und hatte nicht gewagt, sich zu zeigen, denn wir muten sie fr Baril halten. Und Baril zu sein nach all den Geschehnissen, war lebensgefhrlich.Sie war froh, da sie mich gefunden hatte, und da ich sie erkannt hatte.Und ich erst *

Nach einer kurzen Rast zogen wir weiter nach Sdosten. Baril/Thamai hielt sich in meiner Nhe, aber wir hatten kaum Gelegenheit, miteinander zu sprechen, denn auch Ubali/Baril lie uns nicht aus den Augen. Karuam, der Priester, beobachtete uns nachdenklich.Wir kamen rasch voran. Wilden Blumen begegneten wir keinen mehr, und nach und nach wurde der Dschungel lebendiger. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichten wir offene Savanne und sahen eine Antilopenherde vor uns. Alle Mdigkeit war bei diesem Anblick verflogen.Ich nahm das Blasrohr und die Pfeile und reichte sie Thamai. Ich htte doch nichts damit getroffen. Auch wenn alles damit verraten war, wichtiger war es nun, da wir frisches Fleisch und Blut bekamen.Thamai nahm sie, und ich hoffte, da sie in Barils Krper ebenso gut damit umzugehen wute.Wir treiben sie ihm vor das Rohr, sagte Ubali/Baril.Er nickte. Die Aussicht auf einen Braten schob alle anderen Dinge in den Hintergrund. Wir umrundeten die Herde in weitem Boden und hatten Glck mit dem Wind. Sie witterten uns erst, als wir bereits jenseits der Herde waren und strmten in die gewnschte Richtung. Ein Teil der Herde scherte aus, schwenkte aber wieder zurck. Sie fegten beinah ber Karuam und Thamai hinweg, und es gab einen Augenblick lang ein wildes Durcheinander. Dann waren sie verschwunden.Ich bangte um Thamai, aber gleich darauf tauchten die beiden Gestalten im Steppengras auf und winkten uns zu.Als wir sie erreichten, machte Thamai sich bereits an dem toten Tier zu schaffen, schnitt ihm die Adern am Hals auf und trank das rauchende Blut in gierigen Zgen.Ubali wollte dazwischenfahren, aber ich verwehrte es ihm. Er braucht es, sagte ich. Es ttet die Blume in ihm.Was weit du davon, Hexe? fuhr er mich an.Du sprichst mit einer Priesterin Vitus, Ubali. Sie eine Hexe zu nennen, bedeutet, den Lebensgeist zu verhhnen. Karuam sah ihn entgeistert an. Du hast dich verndert, mein Freund. Wenn ich nicht wte, da du auch anders bist Genug des Gestammels, Priester! unterbrach ihn Ubali heftig und schob mich zur Seite.Ich fiel zu Boden und schlug schmerzhaft auf. Wtend fuhr ich hoch und ri den Dolch aus dem Grtel. Zum zweitenmal geschah es, da ich meine Krfte bei weitem berschtzte. Er fate meine Arme und drckte meine Gelenke mit solcher Gewalt zusammen, da ich mit einem Aufschrei den Dolch fallen lie. Vergeblich versuchte ich freizukommen. Meine Hnde waren ohne Gefhl. Ich vermeinte die Knochen knirschen zu hren, whrend mich mein eigenes Gesicht mit einem hhnischen Grinsen anstarrte.La das Mdchen los! befahl der Priester scharf. Was willst du damit beweisen? Deinen Mut ?Mdchen? wiederholte Ubali lachend. Sieht sie nicht niedlich aus, die Kleine? Er drehte mich schmerzhaft herum. Du scheinst der einzige zu sein, der noch immer nicht wei, da hier eine ganze Menge nicht stimmt. Die ist so wenig Mdchen, wie ich Ubali bin !Karuam starrte ihn an. In seinem Blick war ein Schimmer von Begreifen.Ubali schttelte mich, da ich nur mit Mhe einen Schmerzensschrei unterdrcken konnte.Sag ihm, wer du bist. Und mich interessiert es auch. Ich bin verdammt neugierig. Vorwrts!Aber Karuam interessierte sich pltzlich mehr fr ihn als fr mich.Mit geballten Fusten ging er auf ihn zu. Wer bist ?Eine andere Stimme unterbrach ihn die Baril/Thamais. La ihn los, Baril! Ubali/Baril fuhr herum. Auch Karuam. Ich sah, da Thamai ein Blasrohr an den Lippen hatte.Baril/Ubali handelte sofort. Er versuchte, mich als Deckung an sich zu reien, aber ich wehrte mich wieder.Thamai zgerte nicht. Der Pfeil traf Ubali an der Schulter. Er gab mich frei, um ihn aus dem Fleisch zu reien. Aber noch whrend der ihn in Hnden hielt, begann das Gift zu wirken. Er schwankte und kippte vornber. Karuam und ich fingen ihn. Als wir ihn auf den Rcken drehten, waren seine Augen bereits glasig und von der Leere des Todes.Karuam starrte uns entsetzt an. Er ist tot Sonst htte er uns gettet, erwiderte Thamai ruhig. Sein Herz ist kalt wie das eines Fisches. Sie kam auf mich zu und in meine tauben Arme. Ist dir nichts geschehen, mein Liebster?Nein, Thamai, erwiderte ich aufatmend.Dann mute ich grinsen ber das Gesicht des Priesters.Wre es nicht an der Zeit , begann er.Wir nickten. Es ist Vitus Spiel, sagte ich, und in einem Augenblick wie diesem finde ich fast selbst Gefallen daran.Vitus Spiel? wiederholte der Priester verstndnislos.Ich bin Ubali, erklrte ich ihm. Hier in Barils Gestalt ist Thamai. Und er, das hast du sicher bereits erraten, ist Baril. Es ist ein Fest der Masken. Unsere Verkleidung ist vollkommen.Aber wozu? fragte Karuam. Ich zweifle nicht an euren Worten, meine Freunde. Es gab viele Augenblicke, da htte ich euch hinter euren Masken erkennen mssen. Aber wit ihr, warum euch das geschehen ist?Ich zuckte die Schultern. Ich glaube, wir sollen etwas lernen.Ubali soll etwas lernen, Nur Ubali, sagte Thamai bestimmt.Woraus schliet du das? fragte ich erstaunt.Ich bin ganz sicher, erklrte sie bestimmt.Aber wie kannst du ?Karuam unterbrach mich. Sie ist Vitus Priesterin, hast du das vergessen?Nein, erwiderte ich zgernd. Was weit du, Thamai?Sie schttelte traurig den Kopf, und immer mehr schien es mir, da Barils kaltes Gesicht Wrme aus ihrer Seele gewann.Ich wei gar nichts, Liebster. Ich glaube nur, da der Lebensgeist groe Plne mit dir hat, und da du noch nicht bereit dafr bist.Und es sieht nicht danach aus, als htte ich dabei etwas mitzureden, stellte ich fest nicht ganz frei von rger.Nur wenige sind die Auserwhlten der Geister, murmelte der Priester ehrfrchtig.Du bist es auch, entgegnete ich, und an dir sehe ich, da es ein Fluch sein kann Der Priester schttelte den Kopf. Nein, ich hasse die Kraft meines Blutes nicht. Sie hat viel Freude und viel Schmerz bereitet. Ich frchte es zu verlieren. Dennoch werde ich Vitu darum bitten. Denn ich bin mde. Ich habe nicht mehr die Kraft, die dieses Vermchtnis erfordert. Verstehst du es, Ubali? Eines Tages wirst auch du meinen Weg gehen, weil du mde bist von dem kleinen Stck Ewigkeit, das du gekostet hast. Aber wie ich, wirst du keinen Augenblick bereuen. Es ffnet Herz und Geist, den Gttern zu dienen.Seine Worte stimmten mich nachdenklich. Es mochte stimmen, was er sagte. Zudem hatte es auch Vorteile. Solange die Gtter mich brauchten, hielten sie auch ihre Hand ber mich. Ich wre lngst tot ohne Vitus Geschenke.Hatte ich nicht immer dem Leben dienen wollen allein oder an Dragons Seite?Und nun war es der Gott des Lebens selbst, dem ich dienen sollte.Mir wre wohler gewesen, wenn ich gewut htte, was er von mir erwartete.*

Was soll mit ihm geschehen? fragte Karuam unsicher und deutete auf die leblose Gestalt.Du kannst ihn wiederbeleben, nicht wahr?Ja, erwiderte er, aber willst du das wirklich? Er ist ein Scheusal. Ein Teufel, der ein Leben nicht achtet und uns vielleicht im Schlaf erschlgt, wenn wir nicht mehr in seine Plne passen Ich wei, unterbrach ich ihn. Aber ich habe zwei gute Grnde, ihn am Leben zu erhalten. Zum einen soll Vitu selbst ber ihn richten. Er wre nicht in dieses Maskenspiel verwickelt, wenn Vitu nicht Plne mit ihm htte. Ich tte nicht, wenn ich nicht dazu gezwungen werde Das mag leicht sein, bemerkte der Priester.Warten wir es ab. Und zum zweiten besitzt er meinen Krper, den ich nur sehr ungern in dieser Welt zurcklassen wrde. Nicht da mir der nicht gefllt, sagte ich und lchelte Thamai zu, aber in meiner Unwissenheit wrde ich ihn vielleicht zerstren. Zudem ist er etwas, das ich lieber ah von eurer Warte aus betrachten wrde Ich errtete wieder, was den beiden nicht verborgen blieb.Also, worauf wartet ihr? sagte ich barsch.Schon gut, Ubali erwiderte der Priester lchelnd. Ich sehe, da es nicht leicht fr dich ist. Das ist es auch fr Thamai nicht. Die Wege der Gtter sind nicht immer berschaubar fr uns Sterbliche. Die Toten wissen vielleicht mehr. Aber sie sind stumm. Die Sprache ist ein Werkzeug der Lebenden. Er nickte zu sich, wie um sich von diesem Gedanken selbst zu berzeugen. Es ist gut, da sie nicht antworten knnen, fuhr er nach einem Augenblick fort. Wir htten zu viele Fragen an sie. Wir wrden unser Leben mit Fragen vergeuden, statt es zu leben Und wir vergeuden es jetzt mit Worten, unterbrach ich ihn. Es wird gleich dunkel sein, und hier ist nicht der rechte Ort zum Lagern. Auerdem knurrt mir der Magen. Vorwrts, fa an, Priester. Ich deutete nach Sden. Wir brauchen einen besseren Lagerplatz.Erschreckend, wie schwer mein Krper war!Wir trugen ihn eine gute Stunde mit vielen Pausen, whrend Thamai das erlegte Wild trug. Fr die schmchtige Gestalt Barils war auch das eine groe Last.Schlielich fanden wir einen von Bschen eingesumten Platz. Er war nicht ideal, aber wenigstens das Feuer wrde nicht ber die halbe Prrie sichtbar sein. Einer von uns wrde ohnehin wachen.Whrend Thamai sich um das Wild kmmerte, bauten wir eine Feuerstelle. Kurz darauf briet das Fleisch und verbreitete einen Duft, da uns das Wasser im Mund zusammenlief.Als wir uns gestrkt hatten, kam Baril an die Reihe. Einen Augenblick hoffte ich, er htte mit dem Tod meinen Krper verlassen mssen. Aber ich wute, da es eine falsche Hoffnung war. Denn ich befand mich ja noch immer in Thamais Krper. Der Gedanke, mein Krper knnte leer und verlassen irgendwo verfaulen, war bengstigend.Wie knnen wir uns vor ihm schtzen? fragte Karuam, whrend er seinen Dolch bereit hielt.Indem wir ihn im Augen behalten, meinte ich.Er schttelte den Kopf. Das ist zu wenig. Er ist brenstark.Ja. Bei allen Gttern, das wei ich, stimmte ich zu.Das hier, warf Thamai ein, wird uns gengend schtzen. Sie hielt mir einen der Giftpfeile entgegen, den ich vorsichtig nahm und in meinen Grtel steckte. Der Priester braucht keinen, fuhr sie fort. Wenn einer von uns in Gefahr ist, kann der andere helfen. Ein kleiner Kratzer gengt bereits fr eine Lhmung der Gliedmaen. Das Gift wirkt sehr schnell.Der Priester nickte. Er ritzte seinen Arm auf, bi die Zhne zusammen und schnitt tief hinein. Ein Schwall von Blut spritzte heraus und ergo sich ber den Toten.Whrend Karuam seinen blutenden Arm ber den Toten hielt, verteilte er die rote Flssigkeit ber den Krper. Als er mit den Fen fertig war, war es im Gesicht bereits schwarz und verkrustet. Zweimal hrte seine Wunde auf zu flieen, und er mute sie erweitern. Er war sehr bla, als er schlielich fertig war. Und sehr erschpft.Es wird einige Stunden dauern, bis das neue Leben erwacht. Wir sollten die Zeit zum Schlafen ntzen, murmelte er schwach.Tu das ruhig, Priester. Ich werde deine Wache bernehmen.*

Karuam erholte sich rasch von seiner Schwche. Sein magisches Blut brachte nicht nur anderen Heilung, sondern auch ihm selbst. Die Menge, die verlorengegangen war, ergnzte sich in der gleichen Zeit, die Baril brauchte, um von den Toten aufzuerstehen.Kurz vor Mitternacht begannen die Vernderungen.Ich bemerkte, da Baril sich regte. Ein Zucken ging durch seinen Krper. Ich nahm ein brennendes Holzstck aus dem Feuer und ging damit zu ihm. Im Licht bemerkte ich, da sein Leib von etwas Schwarzem bedeckt war, das aussah wie Ein Fell!Seine Glieder zuckten, streckten sich, verformten sich. Eine Verwandlung fand vor meinen Augen statt, und sie ging immer schneller vor sich.Sie war fast abgeschlossen, bevor ich begriff, was geschah. Mein einstiger Krper verwandelte sich in einen Panther. Whrend ich zusah und mich fragte, ob es ihn zu einem gefhrlicheren Gegner machte, kamen auch Karuam und Thamai, von den Geruschen herbeigelockt.Ich sah, da Thamai das Blasrohr bereithielt.Ah, das wird ihn lehren, da nicht nur Menschen, sondern auch Tiere voll Empfindung sind, meinte der Priester befriedigt.Glaubst du? fragte ich. Diese Erkenntnis wird ihn nicht ndern. Er hat sich auch um menschliche Gefhle nie gekmmert. Ihn interessiert nicht das Leben, sondern der Tod. Das Sterben. Er spielt gern mit dem Leben. Die unterirdischen Kammern in Teguar beweisen es. Seine Gedanken sind voll schrecklicher Vorstellungen, die er gern verwirklichen mchte. Mgen die Gtter es verhindern, da ihm je gengend Macht in die Hnde fllt. Teguar ist ein warnendes Beispiel.Mit einem Grollen versuchte sich Baril aufzurichten. Er war noch nicht ganz bei Sinnen, aber er wurde mit jedem Augenblick wacher.Wir wichen ein wenig zurck. Ich suchte den vergifteten Pfeil aus dem Grtel und heilt ihn bereit.Der schwarze Panther kam auf die Beine. Er stand schwankend, die groen Augen halb geschlossen und funkelnd im Feuerschein. Er brllte und schttelte sein mchtiges Haupt, als ihm klarwurde, in welcher Lage er sich befand.Er hob den Schdel und starrte uns an. Er brllte erneut und duckte sich zum Sprung.Thamai prete das Blasrohr an die Lippen.Diesmal gibt es kein Erwachen mehr fr dich! sagte ich drohend.Einen Augenblick lang hockte er zum Sprung bereit. Dann entspannte er sich.Gut, stellte ich fest. Ich sehe, du hast deinen Verstand behalten. Vitu war sehr gtig zu dir. Wir hoffen, da du es zu schtzen weit. Er grollte. Es klang wtend. Ich lchelte. Und ein paar Dinge solltest du bedenken, Baril, fuhr ich fort. Du kannst immer nur einen von uns tten. Fr einen zweiten hast du keine Zeit. Das hier Ich hielt den Pfeil hoch. Das hier ist immer griffbereit. Ein kleiner Kratzer gengt, und es ist aus mit dir. Aber selbst wenn es dir gelingt, uns alle zu erledigen, hast du nichts gewonnen, als den Rest deines Lebens in diesem Pantherkrper. Gengt dir das?Der Panther grollte in hilfloser Wut.Vitu selbst mag ber dein Leben entscheiden, sagte Karuam.Dein Glck ist, warf ich ein, da ich an meiner alten Haut hnge und sie wiederhaben will. Auch Thamai ist nicht recht zufrieden. Vielleicht weil zuviel Blut an deinen Hnden klebt? Wir werden gut auf dich achtgeben. Tot oder lebendig werden wir dich in Vitus Reich bringen. Wenn du klug bist, machst du unseren Weg nicht beschwerlicher als er ist.Damit begaben wir uns an das Feuer zurck und berlieen ihn seinen wtenden Gedanken und seiner vllig neuen Lage. Der Priester erbot sich, die nchste Wache zu bernehmen, wofr ich ihm dankbar war.Als ich am Morgen erwachte, sah ich, da Thamai wachte. Der Priester schlief. Der Panther ruhte in der Nhe des Feuers. Er schlief nicht. Seine halbgeschlossenen Augen beobachteten uns. Es sah aus, als ob keine erfreulichen Gedanken hinter der schwarzen Stirn ausgebrtet wrden. Ich ahnte, da wir auf der Hut sein muten.Wir aen die Reste des gebratenen Wildes. Der Panther verweigerte das angebotene Fleisch. Vielleicht aus Grimm, vielleicht aber auch, weil er auf frische Beute aus war. Mir war es in dieser Gestalt hnlich ergangen.Fhr uns zu dem Dorf, von dem du gesprochen hast, befahl ich Baril.Ich wertete sein Grollen als Zustimmung. Wir brachen auf und zogen weiter in sdstlicher Richtung. Die Steppe wurde nach und nach wieder dichter mit Bschen und Bumen bewachsen. Es war klar, da sie langsam in Wald berging. Bevor die Sonne den Mittagsstand erreichte, begegneten wir erneut einer Herde Antilopen, aber einer mit greren Hrnern, wie ich sie noch nie gesehen hatte.Wir kamen zu einem betrchtlichen Vorrat an Fleisch. Auch der Panther ri seine Beute. Wir machten nur kurze Rast. Bis zum spten Nachmittag marschierten wir ohne Unterbrechung. Aber wir gelangten an kein Dorf, und ich dachte bereits, da Baril uns zum Narren hielt.Bei Anbruch der Dunkelheit befanden wir uns wieder im dichter und dichter werdenden Wald. Vereinzelte Lichtungen lockten als Lagerpltze, aber nun war es Baril, der uns vorantrieb.Trotz der Mdigkeit blieben meine Sinne wach genug, da mir ein bedrohlicher Umstand auffiel: Die Nacht war seltsam still so still wie im Dschungel der wilden Pflanzen. Waren sie auch bis hierher vorgedrungen?Ich machte die anderen auf diesen Umstand aufmerksam. Mit erhhter Vorsicht setzten wir unseren Weg fort. Da Baril uns so ungeduldig vorantrieb, konnte nur bedeuten, da es bis zum Dorf nicht mehr weit war.Unbehelligt erreichten wir eine Lichtung.Mit einem fauchenden Knurren hielt Baril an.Dunkle Palisadenwnde hoben sich schwarz und drohend vor uns in den Himmel. Dahinter war die gleiche Finsternis und Stille wie davor.Schliefen sie alle? Das schien ungewhnlich, denn es war noch nicht einmal Mitternacht. War das Land hier so friedlich, da sie keine Wachen aufzustellen brauchten?Baril eilte uns voran. Wir folgten ihm den Palisadenzaun entlang. berrascht hielten wir an.Das groe Tor stand offen!Wir nherten uns vorsichtig. War das eine Falle? Die Stille wirkte bedrohlich. Unglubig starrten wir ins Innere, auf den im Sternenlicht schwach schimmernden Platz und die Htten.Das Dorf war leer.Wir schritten langsam ins Innere. Mein Rcken kribbelte in Erwartung eines Hagels von Pfeilen.Aber nichts geschah.Wir gelangten an einige Feuerstellen. Die Asche war kalt, die Feuer seit Tagen erloschen.Hier ist niemand mehr, stellte ich fest. Sie haben ihr Dorf verlassen.Und wir tun gut daran, herauszufinden, warum! ergnzte Thamai.Da magst du recht haben, stimmte ich zu. Und ich glaube, ich wei die Antwort bereits. Wilde Blumen sind in ihr Gebiet eingedrungen. Wir haben seit Stunden keine Tierlaute mehr im Dschungel gehrt.Willst du damit sagen, die Blumen htten ein ganzes Dorf vertrieben? fragte der Priester.Vielleicht nicht die Blumen selbst, aber der Hunger, erklrte ich. Die Tiere meiden den Platz und ohne Tiere knnen auch die Menschen nicht leben. Wir machen ein Feuer und sehen uns um, bestimmte ich.Das war ein blhendes, fruchtbares Land bis hinab zur Kste, murmelte der Priester. Wie eine Plage lschen die Blumen alles aus.Wir machten ein groes Feuer mitten auf dem Dorfplatz und suchten mit Fackeln die Htten ab. Fast alle waren leer. Eine schien eine Schmiede gewesen zu sein. Wir fanden einige mit viel Geschick angefertigte Messer und Lanzenspitzen, auch zwei doppelschneidige xte, die wir an uns nahmen. Sie waren uns beim Bau des Floes ntzlich, mit dem der Priester nach Westen wollte.Karuams Aufschrei lie uns alle zu einer Htte eilen, die nahe am Eingang des Dorfes stand. Karuam leuchtete ins Innere und deutete mit weiem Gesicht auf die groe Blume, die in der Mitte aus dem gestampften Boden wuchs.Ich nickte. Wie ich es mir dachte.Sie sind schn, murmelte Thamai. So wunderschn.Ja, flsterte der Priester.Sie war in der Tat berwltigend. Schmale Bltter wie Schwertklingen ffneten sich sternfrmig. Der lange Stiel ging ber in einen Kelch roter Bltenbltter von der Gre eines menschlichen Kopfes.Thamai schrie auf, als sich die Schwertbltter ganz geffnet hatten. Auch wir wichen entsetzt zurck. Der Stiel war einst ein menschlicher Krper gewesen! Er war verdnnt und verzerrt, aber noch deutlich zu erkennen. Es erinnerte mich an den Anblick Thamais in der unterirdischen Kammer, nur da hier die Verwandlung beinah abgeschlossen schien.Die Blte neigte sich uns zu, wie um uns zu begren.Vielleicht war es nur Einbildung, vielleicht nur eine zufllige Anordnung der Bltenbltter aber im Schein der Fackel blickte uns aus der Blte das Gesicht einer Frau entgegen.Wir wuten alle nur zu gut, da es keine Tuschung war. Eine Frau war hier zu einer Blume geworden. Und nicht freiwillig, wie die schmerzlichen Zge kndeten.Thamai sah das Los, das ihr selbst beschieden gewesen war. Sie schauderte.Knnen wir ihr nicht helfen? flsterte sie.Ich frchte, dazu ist es zu spt, sagte ich. Das Blut wrde vielleicht reichen, wenn wir alle das Opfer bringen, aber sie hat keinen Mund mehr, um es zu trinken. Sie ist schon zu sehr Blume.Aber sie leidet. Knnen wir gar nichts tun?Wir knnten sie erlsen damit Ich deutete auf die Fackel. Aber sind nicht auch diese Blumen Vitus Geschpfe? Ich schttelte den Kopf. Es ist ihre Art, sich zu vermehren. Sie brauchen Bewegliche dazu.Da ist nur eines zu bedenken, sagte der Priester. Sie sind die Eindringlinge, die Eroberer. Wenn ihnen dieses Land erst gehrt, wird nichts sonst hier leben. Nur sie. Und ich liebe dieses Land. Es kann nicht Vitus Wille sein, da wir dies geschehen lassen.Mit zusammengebissenen Zhnen schleuderte er die Fackel mitten in die dichten Bltter. Sie loderten prasselnd auf. Das Gesicht der Frau verzerrte sich in Agonie. Es welkte von einem Augenblick zum anderen. Die Bltter peitschten um sich.Wir sprangen auer Reichweite.Ein schriller, wimmernder Laut erfllte die Luft. Dann sank das Gewchs zusammen.Die Flammen sprangen auf das Httendach ber und leckten an den Wnden. Als wir ins Freie rannten, brannte die Htte bereits lichterloh. Ein Luftzug trieb die Flammen und einen Regen von Funken ber die anderen Htten. Da und dort zngelten neue Feuer hoch.Wir mssen hinaus! rief ich. In wenigen Augenblicken steht das ganze Dorf in Flammen!Aber auch auerhalb waren wir noch nicht in Sicherheit. Der Wind trieb das Feuer ber die Palisaden hinweg in das dichte Laubwerk der groen Bume jenseits der Lichtung.Der Wald wird brennen, keuchte der Priester. Wir sind verloren!Nicht, wenn wir uns beeilen! rief ich. Der Wind weht nach Nordwesten. Er ist ziemlich krftig und wird das Feuer mit sich nehmen. Aber wir mssen fort von hier, bevor die Hitze unertrglich wird!Sie war bereits nahe an der Grenze des Ertrglichen. Whrend wir ins Freie liefen, strzten die Palisaden zusammen. Die Flammen schlugen donnernd hoch, und ein Gluthauch fegte ber uns hinweg, der uns die Luft nahm.Gebckt rannten wir ber die Lichtung, begleitet von Funken und fliegenden Holzteilen, die berall neue Feuer entzndeten. Als wir den Waldrand erreichten, stand er bereits halb in Flammen. Der Panther scheute davor zurck, aber ich trieb die anderen vorwrts.Das ist unsere einzige Rettung! rief ich, kaum verstndlich in dem Wten des Feuers. Wenn sie mich auch vielleicht nicht verstanden, die Gluthitze trieb sie vorwrts. Wir tauchten durch den lodernden Vorhang und standen in einem glhenden Dmmerlicht. Bume fielen hinter uns. Ganze Teile des Waldes flammten auf. Nach Atem ringend, liefen wir durch das hinderliche Dickicht.Nach einer Weile, als wir erschpft innehielten, erkannten wir aufatmend, da das Feuer hinter uns zurckgeblieben war.Du hast recht. Der Wind treibt es nach Westen! rief der Priester erleichtert.Wir betrachteten die Feuerwand, die den Wald in flackerndes dmonisches Licht tauchte.Wie weit wird es sich ausbreiten? fragte Thamai zitternd.Das hngt davon ab, was es zu fressen findet. Wenn der Wind umschlgt und es zurcktreibt ber das verkohlte Land, dann wird es von selbst erlschen. Sonst vermgen es vielleicht breite Schluchten oder Flsse oder Regen aufzuhalten Wenn es die Richtung beibehlt, liegt der Dschungel der wilden Pflanzen in seinem Weg. So wird es wenigstens reinigend wirken. Vielleicht wird dann dieses Land wieder frei sein Wir mssen weiter, drngte ich. Wenn der Wind in den nchsten Stunden umschlgt und in unsere Richtung weht, sind wir verloren. Wohin jetzt? fragte Thamai. Ich blickte Karuam fragend an. Ans Meer, sagte er. Wir mssen ans Meer. Er starrte nach oben, doch das Laubdach des Dschungels versperrte ihm den Blick. Sobald ich die Sterne sehen kann, wei ich den Weg. Wir mssen an den groen Strom, auf dem die Piraten so weit ins Land dringen konnten, und auf dem sie die Metalle ans Meer brachten. Ich kenne den Strom. Wir nennen ihn den Sereneja, den flieenden See. Wenn wir ihn erst erreicht haben, ist der Weg zum Meer nicht mehr beschwerlich.Die ganze Nacht verfolgte uns der Brandgeruch und der rote Feuerschein. Karuam hielt sich in sdwestlicher Richtung. Vllig erschpft erreichten wir am Morgen das Ufer eines Baches.Karuam nickte zufrieden. Wir sind auf dem rechten Weg. Gut.Wir sanken ins Gras. Wir werden hier Rast machen, beschlo ich. Wenigstens ein paar Stunden.Es war noch immer sehr still in den Wldern, aber es mochte das Feuer sein, das die Tiere vertrieben hatte. Wir aen von unseren Vorrten. Dann fielen wir mde ins Gras. Nur der Panther war ruhelos.Trotz der Erschpfung fand keiner von uns viel Schlaf. Der Gedanke an das Feuer verfolgte uns in die Trume. Wir vermochten den Wind nicht festzustellen und wuten nicht, in welche Richtung der Brand wanderte. Er mute bereits gewaltig sein in seiner Ausdehnung.Mit Thamai in den Armen schlief ich schlielich ein.

3.

Als ich erwachte, hatte ich das Gefhl, da nur ein Augenblick vergangen war, aber ich fhlte mich dennoch erfrischt.Was hatte mich geweckt?Thamai und der Priester lagen nicht weit von mir. Baril, der Panther, war verschwunden. Der Wald war still, aber die Luft roch gut. Kein Brandgeruch. Das einzige Gerusch war das Murmeln des Baches.Ich erhob mich und begab mich ans Ufer. Das Wasser war nicht tief, aber grnlich trb an der Oberflche. Die Strmung war sehr gering.Am anderen Ufer, kaum drei Lanzenlngen entfernt, glitt eine armdicke Schlange ins Wasser. Ich begrub den Gedanken an ein erfrischendes Bad. Aber die Anwesenheit der Schlange sagte mir auch, da keine wilden Pflanzen in der Nhe waren.Es war fast Mittag. Die Sonne stand hoch am Himmel.Bei Licht besehen, schien mir unser Lagerplatz gefhrlich. Allerlei Tiere mochten zum Trinken ans Wasser kommen. Keiner von uns hatte gewacht. Der Gedanke erfllte mich nachtrglich mit Unbehagen. Die Anwesenheit des Panthers hatte wahrscheinlich andere Tiere davon abgehalten, uns zu nahe zu kommen.Ich wute nicht, wie lange er schon fort war.Ich weckte Karuam und Thamai und warnte sie davor, ins Wasser zu gehen.Es war wohl diese unbewute Gefahr gewesen, die mich geweckt hatte. Wir hatten wie Kder herumgelegen.Wo ist Baril? fragte Thamai.Ich wei es nicht.Ob er uns verlassen hat?Ich zuckte die Schultern. Wir knnen ihn nicht festbinden. Aber ich bin sicher, da er wiederkommt. Er wei, da er nur von Karuam ein Leben in menschlicher Gestalt erhalten kann. Und er wird nichts sehnlicher wnschen. Bleibt am Wasser, aber seid wachsam. Ich werde versuchen, nach dem Feuer Ausschau zu halten.Es war eine mhsame Sache, einen dieser hohen Bume zu erklimmen. Ich gewhnte mich aber immer mehr an Thamais schlanke Gestalt, und ich berschtzte auch die Krfte nicht mehr.Das schwierigste Stck war die mchtige Krone selbst und in dem dnnen, schwankenden Gest eine Stelle zu finden, von der aus ich wenigstens ein Stck des Waldes berblicken konnte. Ich war auch nicht der einzige, der dort herumkletterte. Ein halbes Dutzend kleiner Affen beobachtete mich lebhaft und bedachte meine Bemhungen mit Kreischen. Besonders wenn ich auf heftig schwankenden sten stand, regte sie das auf.Schlielich fand ich doch eine Stelle, die mir einen beachtlichen berblick bot.Weit im Nordwesten war schwarzer Rauch am Horizont. Von hier aus war nicht zu erkennen, ob das Feuer noch brannte. Abgesehen von dem Rauch konnte ich nicht viel mehr erkennen als das wogende Dach des Waldes. In der Richtung des Baches senkte sich das Land und lste sich auf in Hgel und Tler.Vorerst waren wir sicher vor dem Feuer wenigstens. Begleitet von schrillem Gekreische kletterte ich wieder nach unten. Die Tiere schienen mich offenbar in ihr Herz geschlossen zu haben, und waren nun nicht so einfach bereit, auf meine Gesellschaft zu verzichten.Unten angelangt, berichtete ich den beiden, was ich gesehen hatte. Baril war noch immer nicht zurck. Ich nahm an, da er nur einen kleinen Jagdzug unternommen hatte. Er wrde unserer Spur leicht folgen knnen. Deshalb drngte ich zum Aufbruch. Nach einer Weile im Dschungel kam ich mir immer eingeschlossen vor. Ich sehnte mich nach der offenen Savanne.Wir folgten den ganzen Nachmittag dem Bach. Das war nicht immer leicht, aber der sicherste Weg zum groen Strom. Mehrmals sah ich einen schwarzen Schatten hinter uns. Baril folgte uns in einiger Entfernung.Das Land schien frei von der Geiel der wilden Pflanzen. Die Gerusche des Dschungels waren wir gewohnt. Wir hatten keine Mhe, mit dem Dolch Beute zu machen. Ich riet Thamai, mit den Giftpfeilen sparsam umzugehen. Sie waren unsere wirksamste Waffe, und wir wuten nicht, welche Gefahren uns noch bevorstanden.Ich habe einen guten Vorrat, erklrte sie. Die ihr Ziel treffen, kann ich erneut verwenden. Manche sogar dreimal. Das Gift ist dann nicht mehr so stark, aber immer noch lhmend.Dann war kein Mangel. Ich hatte noch nie gesehen, da sie ihr Ziel verfehlte.Bei Anbruch der Dunkelheit lagerten wir erneut. Der Bach war bereits zu einem kleinen Flu geworden, einen Lanzenwurf breit und bermannstief. Auch seine Strmung hatte zugenommen. Wir beschlossen, bereits am Morgen ein kleines Flo zu bauen und das Wasser die Arbeit tun zu lassen.Weniger erfreulich war der Anblick der groen Echsen, die immer hufiger an den Ufern lagen. An ihrem Panzer waren auch Thamais Pfeile ohne Wirkung. Zum Glck waren sie nicht angriffslustig. Im Gegenteil, sie ergriffen die Flucht bei unserer Annherung. Im Wasser wrde das wohl anders sein.Als wir am Feuer saen, kam auch Baril heran. Er tat, als gbe es uns nicht. Er legte sich nieder und starrte blinzelnd in die Glut. Er hatte wohl aus unseren Gesprchen gehrt, da wir vorhatten, unseren Weg auf das Wasser zu verlegen, und wollte die Abfahrt nicht versumen.Wir hatten noch immer Schlaf nachzuholen, so wurde ich erst wach, als Karuam mich schttelte. Er deutete auf den mondhellen Flu. Er zitterte.Was ist das?Das Wasser spiegelte ein wenig, darum sah ich es nicht gleich. Aber dann entdeckte ich die weie Gestalt, die ber der Oberflche schwebte. Sie hatte ein langes, weies Gewand, unter dem keine Fe zu sehen waren. Aber es gab keinen Zweifel, da sie ber dem Wasser schwebte. Auch ihre Haut war vollkommen wei, selbst die langen Strhnen ihres Haares.Das weie Mdchen! Sie ist es, entfuhr es mir. Wer? fragte der Priester. Das wei ich nicht. Sie war Barils Gefangene. Ich befreite sie, und sie fhrte mich zu Thamai. Thamai! rief ich flsternd und rttelte sie.Auch Thamai war sicher. Ja, es ist das Mdchen.Ich erhob mich langsam und trat ans Ufer. Ich streckte ihr die Hnde entgegen. Komm zu uns, rief ich. Hab keine Furcht. Ich erkenne dich wieder Ich hielt inne, weil pltzlich seltsame Gedanken in meinem Kopf waren, die ich nicht verstehen konnte.Die Gestalt winkte. Dann schwebte sie zum anderen Ufer und verschwand zwischen den Bumen.Eine seltsame Erscheinung, flsterte der Priester. Ist sie wirklich? Ich nickte. Dann deutete ich auf den Panther, der ebenfalls ans Ufer gekommen war, um die Gestalt zu beobachten.Er wei sicher, wer oder was sie ist.Wir werden es auch herausfinden, sagte Thamai. Das Mdchen will etwas von uns. Sie wird wiederkommen. Es scheint mir, da sie dich kennt Du meinst von frher ? Ich schttelte den Kopf. Ich kann mich nicht besinnen Sie sah vielleicht anders aus, bevor Baril das aus ihr machte, meinte Thamai.Ich lag noch lange wach und grbelte. Ich starrte ber den Flu, aber er blieb leer. Dann wurde mir klar, da diese Erscheinung nicht mir gegolten haben konnte. Nicht Ubali, so wie mich das Mdchen kannte, denn Ubalis Gestalt befand sich nicht bei uns. Das Winken mute Thamai gegolten haben.Als ich endlich einschlief, trumte ich von der weien Gestalt, und mir war, als wte ich ganz bestimmt, wer das Mdchen war. Sie war mir so vertraut.Aber der zndende Gedanke blieb aus.*

Am Morgen fllten wir einige Stmme und bauten ein schmales Flo, auf dem wir gerade Platz hatten. Es sah nicht vertrauenerweckend aus, aber die schweren Stmme lagen gut im Wasser. Mit langen Stangen bewaffnet, stieen wir uns vom Ufer ab und trieben bald im Flu. Baril stand verkrampft in der Flomitte. Es war ihm anzusehen, da er sich gar nicht wohl fhlte. Was ihn hauptschlich davon abhielt, an Land zu schwimmen, waren die Echsen, die von beiden Ufern auf uns zutrieben. Unsere Stangen entmutigten sie jedoch bald.Die Strmung nahm uns rasch mit sich.Kennst du diesen Flu? fragte ich Karuam.Er schttelte den Kopf. Wir mssen vorsichtig sein. Weiter im Sden fllt das Land steiler ab. Dort mag es Flle geben.Ich denke, wir werden sie rechtzeitig hren. Auch die Strmung wird es uns anzeigen.Wir hatten Glck. Bis auf eine wilde Fahrt durch eine enge, schumende Schlucht gab es keine Hindernisse.Am Nachmittag erreichten wir die breite Mndung in den Sereneja. Wir legten an und verbrachten drei Tage damit, unser Flo zu vergrern und unsere Vorrte aufzufllen. Das Flo bekam auch eine Htte an Deck. Es wrde fr viele Tage unser Aufenthaltsort sein. Wir setzten einen Mast und richteten eine Feuerstelle aus Steinen ein. Whrend der Fahrt wollten wir ein kleines Segel aus den Tierhuten anfertigen, um dem Meer nicht ganz hilflos ausgesetzt zu sein.Der Sereneja war gewaltig. Zu Recht trug er den Namen Flieender See. Das jenseitige Ufer war ein schmaler Strich von Bumen der Horizont.Als wir endlich abstieen und in seine Mitte hinaustrieben, begleiteten uns Schwrme weier Vgel.Es war ein ruhiges Dahintreiben, nur begleitet vom mchtigen Rauschen des Stroms an den Ufern. Es wrde keine Unterbrechungen geben. Der Priester kannte den Strom, wenn seine Erinnerungen auch Jahrhunderte zurcklagen.In drei Tagen wrden wir das Meer erreicht haben.

4.

Seit Tagen trieben wir die Kste des Sdmeers entlang.Hunger, Durst, Erschpfung und die glhende Sonne.An Land: Dschungel, bizarre Bume, die mit langen sten in das Meerwasser peitschten und nach Fischen schlangen; Blumen, deren Anblick die Sinne verwirrte und nur den einen Wunsch weckte, an Land zu gehen und sie zu berhren; riesige Halme, die im Wind sangen wie lockende menschliche Stimmen.Ein wilder Dschungel, der hungerte und mit teuflischen Lockungen einer Beute habhaft zu werden versuchte.Anfangs drohte uns der Wind auf diese Kste zuzutreiben. Wir refften das Segel und steuerten unser Flo mit den Stangen. Die Gtter sandten uns eine Strmung, die uns an der Kste entlangtrieb.Der Dschungel nahm kein Ende. Schlielich drohte uns die Strmung ins offene Meer hinauszutreiben. Wir kmpften erfolgreich mit dem Segel dagegen an, obwohl das Flo dem Wind sehr trge gehorchte.Es gab Stellen, da war selbst das Wasser von der Wildheit befallen, die dem Dschungel innewohnte. Nur mit Mhe entkamen wir einem gefhrlichen Strudel.Seit geraumer Weile folgten uns auch Haie mit groer Beharrlichkeit. Unsere Lage war verzweifelt. Das einzige, das uns aufrechthielt, war die Tatsache, da wir trotz allem nach Westen trieben immer weiter nach Westen.Am zehnten Tag geschah das Wunder.Der Dschungel hrte auf. Buschwerk ging langsam in offene Savanne ber. Bald waren nur noch am Horizont Wlder zu sehen. Wir lieen uns an Land treiben und stolperten vllig erschpft ber den Sand auf das niedrige gelbe Gras zu. Es war gut, wieder festen Boden unter den Fen zu haben, Erde und den Geruch von ganz gewhnlichen Pflanzen.Mehrere Stunden lagen wir erschpft am Strand. Als wir erwachten, kam Baril von einem Streifzug zurck ohne Beute, und seinem Zustand nach zu schlieen, hatte er auch kein Wasser gefunden Wir waren wohl noch zu nahe am wilden Dschungel, um Wild zu finden. Das beste wre gewesen, auf das Flo zurckzukehren und weiter nach Westen zu treiben, bis das Land fruchtbarer wurde. Aber wir erlebten eine bse berraschung. Die Wellen hatten das Flo vom Strand gesplt. Es trieb irgendwo drauen am Meer.Wir waren auf unsere mden Beine angewiesen, und ich drngte zum sofortigen Aufbruch. Wir muten die letzten Krfte nutzen, die noch in uns waren.Wenn wir nicht bald Wasser und Ebares fanden, waren wir am Ende.Ohne viel Hoffnung machten wir uns landeinwrts auf den Weg.Es war wie auf dem Flo nur da nicht der Boden unter uns, sondern wir auf ihm schwankten. Der dunkle Waldstrich am Horizont tanzte ebenso vor unseren Augen.Wir waren bereits zu blind vor Erschpfung, um mehr als die Endlosigkeit der Savanne um uns wahrzunehmen. Irgendwann hrte auch das auf.*

Was mich weckte, waren Wassertropfen, die in mein Gesicht fielen.Ich schlug die Augen auf und vermochte Traum und Wirklichkeit nicht zu unterscheiden. Ich hatte vom Regen getrumt. Die Erinnerung war noch deutlich in mir. Das kstliche Gefhl, in einem Platzregen zu stehen und Haut und Kehle schwellen zu fhlen in der khlen Nsse.Aber es regnete nicht!Es mute Abend sein. Im dmmrigen Licht sah ich eine weie Gestalt vor mir stehen.Das weie Mdchen!Sie beugte sich zu mir herab. Und wieder berkamen mich unverstndliche Gedanken. Sie hielt mir etwas an die Lippen eine Schale.Wasser!Ich trank, und der ganze Platzregen des Traumes verblate vor dieser Wirklichkeit! Ich sprte, wie meine Lebensgeister zurckkehrten, wie ein groer Teil dieser lhmenden Mattigkeit von mir abfiel.Danach versuchte ich, auf die Beine zu kommen, was ich berraschend schnell schaffte. Ich sah mich um und merkte entsetzt, da ich allein war.Wo sind die anderen? fragte ich das Mdchen. Dann erinnerte ich mich, da sie nie gesprochen hatte. Vielleicht war sie keiner Sprache mchtig. Aber sie verstand mich. Sie winkte. Ich sollte ihr folgen.Der Hunger machte sich stark bemerkbar. Mein Magen knurrte. Es klang fast wie Barils Grollen. Wo waren die anderen nur? Es sah so aus, als wre ich einfach im Gehen umgefallen vor Erschpfung.Noch ein wenig stolpernd, aber innerlich erfrischt, folgte ich dem Mdchen. Schon nach wenigen Schritten sah ich Barils Krper, Thamai, liegen. Der Priester lag nicht weit von ihr. Von dem Panther keine Spur.Karuam und Thamai waren noch nicht aufgewacht.Wasser? fragte ich das Mdchen.Sie schttelte traurig den weien Kopf. Dann deutete sie mir wiederum, zu folgen.Einen Augenblick war ich unschlssig. Sollte ich Thamai und den Priester allein hier lassen? Dann dachte ich, da wir die ganze Zeit ber schutzlos hier gelegen hatten, und da die Savanne allem Anschein nach ohne Leben war. Ich hatte auch gar keine Wahl. Ohne Wasser wren sie doch nicht auf die Beine gekommen.Ich folgte dem Mdchen und beobachtete die wundersam schwebende Bewegung, mit der sie ber die Savanne glitt. Den kleineren Teil einer Stunde schwebte sie zielbewut vor mir her, whrend die Dmmerung zunahm. Es war bereits ziemlich dunkel, als ein Stck Waldrand vor uns auftauchte. Auf den hielt sie zu.Es war kein Wald, nur eine Ansammlung von Bumen und Bschen um eine Wasserstelle. Ich wollte dankend nach meiner Retterin greifen, aber sie wich vor mir zurck.So machte ich ihr in Worten klar, wie dankbar ich ihr war, und hoffte, da sie mich verstand. Ich fllte alle Wasserbeutel an meinem Grtel.Als ich gehen wollte, deutete das Mdchen auf einen der Bsche. Ich sah ihn mir genauer an und fand Beeren, die vorzglich schmeckten. Ich a hungrig einen Teil whrend des Pflckens.Mit zwei vollen Hnden machten wir uns auf den Rckweg. Thamai und der Priester lagen noch so, wie ich sie verlassen hatte. Ich weckte sie, gab ihnen Wasser und Beeren und berichtete ihnen, da wir unsere Rettung dem weien Mdchen verdankten. Ich wollte sie lchelnd herbeiwinken, denn sie hatte meinen Bemhungen um meine Gefhrten aus einiger Entfernung zugesehen.Aber sie war verschwunden.*

Das Wasser und die Beeren gaben uns weder unsere Krfte zurck, noch stillten sie den nagenden Hunger. Aber sie hielten uns am Leben wenigstens fr eine Weile.Das Gelnde war flach um uns. Die Savanne erstreckte sich bis zum Horizont. In der Ferne konnten wir das Meer sehen, im Osten den dunklen Rand des wilden Dschungels. Vor uns in nordwestlicher Richtung erwartete uns ebenfalls Dschungel. Das Land wurde dort bergiger. Vereinzelte Gipfel ragten auf, unter ihnen ein schmaler, steiler Felsen, der alle berragte.Der Priester betrachtete ihn lange und nickte schlielich. Ich bin ganz sicher. Diesen Felsen habe ich im Traum gesehen. Wir sind auf dem richtigen Weg. Dort mssen wir hin.Doch nicht hinauf? entfuhr es mir.Er schttelte den Kopf. Nein. Aber dort fhren alle Wege zu Vitus Reich. Die Wege der Prfung.Die Wege der Prfung? wiederholte ich mitrauisch. Sind wir nicht bereits geprft genug?Der Priester lchelte. Es mag uns dann und wann so scheinen. Aber der Weg in das Paradies mu erstritten werden nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Herzen.War das nur die Weisheit des Priesters, die aus ihm sprach, oder wute er mehr? Aber ich drang nicht in ihn. Wenn die Zeit kam, wrde er reden.Wir machten uns auf den Weg. An der Wasserstelle hielten wir an und versorgten uns mit der kostbaren Flssigkeit. Auch Beeren fanden wir trotz der Dunkelheit noch reichlich. Der Priester schlug vor, hier bis zum Morgen zu lagern, aber ich drngte zum Aufbruch.Wir brauchten Fleisch, und hier wrde es nicht zu uns kommen. Die Schwche wrde immer schlimmer werden. Je frher wir wildreiches Gebiet ereichten, desto besser. Auch Baril hatte das erkannt. Er war sicher lngst auf Jagd.Thamai stimmte mir zu. So brachen wir auf und zogen nach Nordwesten. Der klare Sternenhimmel wies uns deutlich die Richtung, auch wenn wir die Berge in der Finsternis nicht zu sehen vermochten.Wir kommen gut voran. Erstaunlich, welche Krfte ein wenig Wasser und ein paar Beeren wecken knnen. Lange nach Mitternacht, als wir erschpft beschlossen, ein Lager aufzuschlagen, hrten wir den Schrei eines Vogels. Er klang schrill und klagend, aber er war Musik in unseren Ohren. Wir waren an der Grenze des Lebens angelangt. Der kurze Schlaf war angefllt mit Trumen von saftigen Braten und wohliger Sattheit. Der Hunger trieb uns vor Sonnenaufgang auf. Baril war noch immer nicht zurck. Ich ahnte, da wir ihn so rasch nicht wiedersehen wrden. Nun, da Vitus Reich so nah war, wollte er seinen eigenen Weg gehen und vermutlich versuchen, seinen eigenen Handel mit Vitu zu schlieen. Er war anders als wir. Weniger menschlich. Unser Ziel war nicht seines. Er liebte das Leben nicht. Er wollte Macht ber das Leben.Vielleicht irrte ich. Wir wrden es wissen, wenn wir dem Lebensgeist gegenbertraten. Es gab viele Fragen, auf die ich mir eine Antwort erhoffte.Ich sehnte mich auch nach meinem Krper, und ich bedachte Baril mit wenig freundlichen Gedanken. Mehr noch aber beschftigten sich meine Gedanken mit dem weien Mdchen, das mir immer vertrauter erschien und das doch allen meinen Erinnerungen so fremd war.Nach und nach whrend des Vormittags ging die baumlose Steppe in Buschwerk und vereinzelte Bume ber. Dann sahen wir auch die ersten Tiere ein Schwarm Steppensegler flatterte kreischend hoch. Es war ein sehr erfreulicher Anblick, der uns neue Kraft gab.Dann sahen wir die ersten Herden, und das beflgelte uns. Noch bevor die Sonne ihren hchsten Stand am Himmel erklommen hatte, saen wir am Feuer und schlangen des Fleisch halb roh in uns hinein.Von da an schien alles einfach.Zwei Tage spter erreichten wir die Vorberge und sahen im Westen eine weite Ebene von Dschungel vor uns und jenseits eine Bergkette.Dort mssen wir hin, sagte der Priester andchtig. Dort ist Vitus Reich.Gibt es einen Weg ber die Berge? fragte ich.Alle die das Leben achten, werden den Weg finden, erklrte der Priester. So war es mir im Traum verheien.Ja, sagte Thamai, so hat es mir Vitu verheien.Ich hoffe, erwiderte ich mit gerunzelter Stirn, ihr habt eure Trume richtig gedeutet.

5.

Seit wir den Dschungel betreten hatten, der zu den fernen Bergen fhrte, die nach den Worten des Priesters die Grenze zu Vitus Reich bildeten, lauerte etwas auf uns. Etwas im Busch ringsum beobachtete uns. Wir sahen nichts, wir sprten es nur. Mein Rcken kribbelte stndig in Erwartung eines Pfeils oder Speeres. Mit aller Macht mute ich an mich halten, mich nicht immer wieder umzudrehen. Statt dessen bemhte ich mich, auf verrterische Gerusche im nahen Umkreis zu lauschen. Doch die Ohren in Thamais Krper waren nicht so gebt darin. Es war schwierig, mehr zu hren als die Gerusche, die wir selbst verursachten.Sprst du es auch? fragte Thamai.Ich nickte.Ob es Menschen sind?Ich glaube ja, erwiderte ich.Sie blieb stehen, aber ich schob sie vorwrts. Wir lassen uns nichts anmerken. Wir gehen ruhig weiter.Warum zeigen sie sich nicht? sagte sie gepret.Ich zuckte die Schultern. Vielleicht sind sie sich noch nicht im klaren ber uns.Vielleicht sind sie Pilger wie wir, meinte der Priester.Dann verhalten sie sich seltsam, stellte ich fest.Karuam nickte mit zusammengepreten Lippen. Ich sagte auch nicht, da ich es glaube.Wozu sich den Kopf zerbrechen? sagte ich. Wir knnen doch nichts tun. Frher oder spter werden sie sich zeigen.Ich wei nicht, ob ich so neugierig bin, bemerkte der Priester trocken.Was frchtest du? Den Tod? Ist das nicht das, was du willst? Gehst du nicht deshalb zum Geist des Lebens? fragte ich verwundert.Er schttelte den Kopf. Ich frchte nicht den Tod, sagte er, ich frchte das Sterben.Darber dachte ich eine Weile nach. Ich verstand ihn. Es machte ihn in seiner Unsterblichkeit menschlich. Er wute, da ihn ein neues Leben erwartete, aber es war so schwer, das eine zu verlieren. Obwohl ich selbst bereits in den Genu mehrerer Leben gekommen war, hatte ich nie darber nachgedacht.Jetzt war auch nicht der Augenblick dazu!Eine Weile schien es, als ob sich unsere Beobachter mit ihrer Ttigkeit begngen wrden. Wir bekamen keinen zu Gesicht, aber sie waren allgegenwrtig.Wir erreichten eine kleine Lichtung.Mit einem Aufschrei deutete Thamai auf einen mannshohen Baumstumpf, auf dem ein Totenschdel befestigt war. Ein Pfeil stak in seinem rechten Auge, oder besser in der Hhle, denn die Knochen waren lngst blank.Was ist das? flsterte der Priester.Ein Zeichen, erwiderte ich. Ein Stammeszeichen vielleicht. Jedenfalls aber eine Warnung. Hier ist eine Grenze. Wenn wir sie berschreiten, machen wir uns diesem Zeichen und seiner Bedeutung Untertan Untertan?Nun, man wird uns nach Gesetzen richten, die hier herrschen, ob wir sie nun kennen oder nicht.Glaubst du, da unsere unsichtbaren Begleiter ? begann Thamai. Schon mglich, da sie nur darauf warten, da wir diese Grenze berschreiten, stimmte ich zu.Es sieht nicht gerade friedlich aus, meinte der Priester.Ich zuckte die Achseln. Das ist schwer zu sagen. Die Frage ist: Mssen wir hier durch, oder knnen wir es umgehen?Der Priester schttelte den Kopf. Davon war nichts in deinem Traum, nicht wahr? bemerkte ich sarkastisch.Nein. Aber ich wei, da nur der in Vitus Reich gelangt, der sich seiner wrdig erweist. Dies knnte eine Prfung sein Was meinst du dazu? fragte ich Thamai.Karuam mag recht haben, sagte sie.Aber auch nicht? Aber auch nicht, stimmte sie zu. Vitu ist nicht das Schicksal. Er bestimmt unsere Zukunft nicht. Er gibt nur das Leben.So ganz stimmt das nicht, widersprach ich. Er bedient sich unser immerhin und Ich wurde auf heftige Weise unterbrochen. Wer immer auf uns lauerte, hatte beschlossen, nicht auf unsere Entscheidung zu warten. Die Bsche um uns wurden lebendig. berall quollen Gestalten hervor dunkelhutig, fast nackt, mit wei bemalten Gesichtern, die dmonisch anmuteten. Sie hielten kurze Spiee in den Hnden, die wie ein Mittelding zwischen einem Speer und einem langen Messer anmuteten. Damit rckten sie uns drohend zu Leibe.Thamai ri ihr Blasrohr hoch, aber ich winkte ihr warnend zu. Gegen so viele htten wir nichts auszurichten vermocht. Auch wre es nicht in Vitus Sinn gewesen, zu tten.Ich empfand nicht eigentlich Angst beim Anblick dieser gut hundert wilden Gestalten, aber ich war mir klar darber, da uns einige unerfreuliche berraschungen bevorstanden. Ruhig bleiben, flsterte ich meinen Gefhrten zu. Dann waren wir umringt. Sie kamen vllig lautlos heran. Kein Geheul, keine Rufe, nur das Brechen des Unterholzes und das gelegentliche Klirren, wenn ihre Waffen gegeneinanderschlugen.Auch als sie uns umringt hatten, blieben sie stumm. Sie starrten uns nur mit ihren weibestrichenen Gesichtern und funkelnden Augen an. Was von ihren Zgen zu erkennen war, verriet keine Regung.Was wollt ihr von uns? rief der Priester.Aber niemand gab ihm Antwort. Einer drngte sich durch die Menge, die ihm eine schmale Gasse ffnete. Er trug ein helmartiges Gebilde auf dem Kopf, das glnzte, als wre es aus Silber. Ich nahm an, da es sich um den Huptling handelte, da die anderen auf seine Entscheidung zu warten schienen.Er musterte uns und nickte schlielich. Bevor wir etwas sagen konnten, winkte er kurz. Die ganze Meute schob uns einfach voran. Ich versuchte sie mir vom Leib zu halten, aber das war unmglich.Ziemlich rasch, streckenweise sogar laufend, hasteten wir durch den Dschungel. Ich versuchte ein paarmal zu bremsen, aber die Krper schoben mich einfach vorwrts. Den anderen erging es nicht besser.Nach etwa einer Stunde erreichten wir eine groe Lichtung, deren