14
Go 1 d s c h rn i d t und S a r 11 e c k i 179 Mitteilungen aus dem Organisch-Chemischen Institut der Tech- nischen Hochschule Munchen (Eingelaufen am 20. Juli 1955) uber C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall Von Stefun Coldschmidt und Wilhelm Sarneclci Die von J. Thiele und K. Heuserl) entdeckten Derivate der Azo-iso-buttersaure (Nitril, Ester usw.) und deren Verwandte sind im Laufe der vergangenen Jahre vielfach untersucht worden2).Ihre technische und wissenschaftliche Bedeutung ist darin begriindet, da8 sie verhaltnisma8ig leicht unter Abspaltung von Stickstoff in kurzlebige C-Radikale, also homolytisch zerfallen3). Alle in dieser Weise leicht zerfallenden Azoverbindungen enthahen eine abge- wandelte Carboxylgruppe (Ester-, Saureamid- oder Nitrilgruppe), also ein ungesattigtes System in a-Stellung zur Azogruppe, wahrend die anderen Gruppen durch Verwendung verschiedenartiger Ketone mannidach variiert worden sind (z. B. Ersatz einer Methylgrnppe durch carbocyclische Reste2)). R R / \ \ R 4 2H,C--C* + N, HSC-C-- NzK-C-CH, ~ \ H8C' I1 H,C 'I CH, R = *CN, *COOR, *CONH, Die beim Zerfall der Azokorper entstehenden Radikale (11) sind im Gegensatz zu anderen kurzlebigen Radikalen (z. B. den Acidj-l- und Alkyl-radikalen) verhaltnismaflig reaktionstrage ; so zeigen sie z. B. nur eine geringe Neigung, mit Wasserstoff enthaltenden Ver- bindungen nach dem RH-Schema (11. + RH + 110 H + R*) zu reagieren. Infolge der Anwesenheit des ungesattigten Systems be- steht hier die Moglichkeit, da13 das ungepaarte Elektron mit rr-Elek- tronen des ungesattigten Systems (Ester-, Nitrilgruppe) in Resonanz tritt und das Radikal infolgedessen energiearmer, d. h. stabiler I) Liebigs Ann. Chern. 290, 1 (1896). z, B. C. G. Ovorberger u. Mitarb., J.-4mer. chem. SOC. 73, 2618, 3293, 4883 3, K. Ziegler, W. Deparadeu. W. Meye,LiebigsAnn. Chem. 567,144 (1980); (1951); 74, 3293 (1952); 75, 2078 (1953); 76, 2723 (1954). Lewis u. Matheson, J. Amer. chem. SOC. 71, 747 (1949)

Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

G o 1 d s c h rn i d t und S a r 11 e c k i 179

Mitteilungen aus dem Organisch-Chemischen Institut der Tech- nischen Hochschule Munchen

(Eingelaufen am 20. Juli 1955)

uber C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

Von Stefun Coldschmidt und Wilhelm Sarneclci

Die von J. Thiele und K. Heuser l ) entdeckten Derivate der Azo-iso-buttersaure (Nitril, Ester usw.) und deren Verwandte sind im Laufe der vergangenen Jahre vielfach untersucht worden2). Ihre technische und wissenschaftliche Bedeutung ist darin begriindet, da8 sie verhaltnisma8ig leicht unter Abspaltung von Stickstoff in kurzlebige C-Radikale, also homolytisch zerfallen3). Alle in dieser Weise leicht zerfallenden Azoverbindungen enthahen eine abge- wandelte Carboxylgruppe (Ester-, Saureamid- oder Nitrilgruppe), also ein ungesattigtes System in a-Stellung zur Azogruppe, wahrend die anderen Gruppen durch Verwendung verschiedenartiger Ketone mannidach variiert worden sind (z. B. Ersatz einer Methylgrnppe durch carbocyclische Reste2)).

R R / \ \

R 4 2H,C--C* + N, HSC-C-- NzK-C-CH, ~

\

H8C' I1 H,C ' I CH, R = *CN, *COOR, *CONH,

Die beim Zerfall der Azokorper entstehenden Radikale (11) sind im Gegensatz zu anderen kurzlebigen Radikalen (z. B. den Acidj-l- und Alkyl-radikalen) verhaltnismaflig reaktionstrage ; so zeigen sie z. B. nur eine geringe Neigung, mit Wasserstoff enthaltenden Ver- bindungen nach dem RH-Schema (11. + RH + 110 H + R*) zu reagieren. Infolge der Anwesenheit des ungesattigten Systems be- steht hier die Moglichkeit, da13 das ungepaarte Elektron mit rr-Elek- tronen des ungesattigten Systems (Ester-, Nitrilgruppe) in Resonanz tritt und das Radikal infolgedessen energiearmer, d. h. stabiler

I ) Liebigs Ann. Chern. 290, 1 (1896). z , B. C. G. Ovorberger u. Mitarb., J.-4mer. chem. SOC. 73, 2618, 3293, 4883

3, K. Ziegler , W. D e p a r a d e u . W. Meye,LiebigsAnn. Chem. 567,144 (1980); (1951); 74, 3293 (1952); 75, 2078 (1953); 76, 2723 (1954).

Lewis u. Matheson , J. Amer. chem. SOC. 71, 747 (1949)

Page 2: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

180 G o l d s c h m i d t und S a r n e c k i

wird4). Daraus ergibt sich eine Erklarung fur die verminderte Reak- tionsfahigkeit der genannten Radikale.

Unter Beriicksichtigung von Erwagungen dieser Art erschien es uns erwunscht, tert. Azoverbindungen, die aufler der Azogruppe selbst kvin ungesattigtes System tragen, herzustellen und deren Zer- fall zu imtersuchen. Die einfachste Verbindung dieser Art ist das Azo-tert.-butan, das aber erst nach Beginn der vorliegenden Arbeit von E. Farenhorst , uncl E. C. K o o y m a n 5 ) beschrieloen wortlen ist. In der Tat zerfallt es beim Erhitzen in Dioetylphthalat auf 200O unter Abspaltung von Stickstoff, wobei jedoch iioch nicht sicher geklart ist, oh hier ein rein homolytischer Zerfall unter Rsdikal- bildung erfolgt .

I Azo-iso-butunol Als Ausgangsmaterial verwendeten wir den Azo-is?:buttersiiure-

dimethylester, den wir. der Reaktion mit LiAIH, in Ather unter- warfen. Dabei erhielten wir, unabhangig davon, ob als 3101-ver- haltnis Hydrid : Ester etwa 1 oder 3 gewahlt wurde, stets in 75- bis 80-proc. Ausbeute das gleiche kristallisierte, neutral reagierende Reduktionsprodukt. Obwohl es wahrscheinlich war, dai3 dm Az 0 - i so -bu t anol vorliege, erregten die Eigenschaften des Reaktions- produktes Zweifel hinsichtlich der vermuteten Konstitution. So reduzierte es Fehlingsche und ainmoniakalische Silbersalzlosung in der Hitze, verhielt sich also wie eine Hydrazoverbindung. Auf- fallend war auch die therrnische Stabilitat; bei 60-70 lie6 es sich irn Hochvakuum im Gegensatz zum Azo-iso-buttersiiure-dimethyl- ester unzersetzt sublimieren, eine merkliche Zersetzung unter Gas- entwicklung trat erst gegcn 2000 ein. Rei der Diskixssion anderer Strukturformeln fur das Hydrierungsprodukt wurde auch die Moglichkeit einer unvollstandigen Reduktion unter Bildixng eines Dialdehyds in Betracht gezogen und deshalb das Reaktionsprodukt mit 2,4-Dinitro-phenylhydrazin in saurer Losiing umgesetzt. In der Tat fie1 ein Niederschlag aus, der sich aber auf Grund papier- chromatographischer Untersuchung als ein Gemisch der Dinitro- phenylhydrazone von Aceton und Formaldehyd erwies.

Die Entstehung diescr Reaktionsprodukte konnte nur auf einer :tixfierordentlich leicht erfolgenden, hydrolytischen Spaltung des Azokiirpers beruhen. Hierdurch fanden die Widerspriiche in den Reaktionen des Azo-iso-butanols eine plausible Erklarung. SchlieB- lich gelang es, die Anwesenheit zweier Hydroxylgruppen in1 Re- duktionsprodukt durch dessen Uberfuhrung in ein Diacetat nach- zuweisen.

4, Zum Beispiel E is te r t , Cliemismus und Konstitution, 8. 309. 5 , Rec. trav. chim. Pays.-Bas 72, 993 (1953).

Page 3: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Substitufionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans 181

H y d r o 1 y se. Azo-iso-butanol unterliegt bereits beim Erhitzen mit Wasser einem hydrolytischen Zerfall unter Auftreten von Formaldehyd und Aceton ; schneller erfolgt die Spaltung durch H+ - oder OH--Ionen, ohne daB eine Gasentwicklung auftritt . Eine genaue Untersuchung der sauren Hydrolyse zeigte, daB die Mengen von entstandenem Pormaldehyd und Aceton von Art und Konz. der verwendeten Saure abhangen (siehe Tab. 1 S. 187). DasMaximum an den beiden Spsltstiicken mit je 0,8Mol wird bei Verwendung von 30-proc. Phosphorsaure erreicht, wahrcnd mit 12-proc. Phos- phorsgure 0,s No1 Aceton und nur Spuren von Formaldehyd auf- treten. Man darf unter Beriicksichtigung der Fehleryuelle also folgern, dalj bei der hydrolytischen Spaltung des Azo-iso-bixtanols je 1 Mol Pormaldehyd und Aceton pro Mol Azokorper gebildet wird. Die Tsolierung nichtfluchtiger Hydrolysenprodukte bcreitete zunachst Schwierigkeiten, da auch diese leicht ciner sekundaren Zersetzung unterliegen. Erfolg hatten wir erst, als wir die Hydrolyse niit 2 n-Salzsaure bei Zimmertemprratur vornahmen und zur Ent- fernung fluchtiger Produkte Luft durch das Reaktionsgeniisch saugten. Wir erhielten dann bei schonender Aufarbeitung das Hydrochlorid des Formaldehyd-(oxy-t-buty1)-hydrazons (ITI), das bei der Umsetzung mit Benzoylchlorid nsch S c h o t t e n - B a u m a n n ein Dibenzoylderivat von I11 lieferte.

Auffallerid bleibt das Verhalten des Azo-t-butanols bei Versuchen zur reduktiven Spaltung ; so nimmt es weder bei Verwendung von Raney-Nickel noch von Platinoxyd als Katalysator Wasserstoff auf.

H,C=N-N-C(CH,), (CH,),C . NH . NH . C(CH,), H,N . NH . C(CH,), H *

CH,OH HOCH, H,COH CH,NH, I11 IV v

I I . Hydrazo-iso-butanol Set,zt man Hydrazo-isobuttersauredimethylester wie den ent-

sprechenden Azoester mit LiAlH, (1,5 Mol) um, so erhalt man ver- schiedenartige Produkte, je nachdem die Umsetzung unter N, oder bei Luftzutritt vorgenommen wird. Im ersten Fall erhalt man Hydrazo-iso-butanol als stark basische, kristalline Substanz, die bereits beim Stehen an der Luft in die Azoverbindung iibergehtG), sich aber durch Uberfuhrung in ihr Hydrochlorid stabilisieren la&. Tm zweiten Pall laat sich dagegcn verstandlicherweise nur das Az o-iso-butanol als Reaktionsprodukt isolieien.

6 , Die Neigung von Hydrazo-Verbindungen, in Azoverbirldungen uherzugehen, ist recht verechieden. Sie steigt rnit zunehmender Basicitiit der Hydrazokorper ; vgl. hierzu R.V. Sidgwick, Theorganicohemistry ofnitrogen, Oxford 1937, S. 384.

Page 4: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

182 G o l d s c h m i d t und S a r n e c k i

Ill. Reduktion uon H y d r a z o - und Azo-isobuttersilurenitril Die Reaktion von H y d r az o -is o b u t t e r s Bur e n i t r i l mit

LiAlH, verliiuft nicht einheitlich. Das zu erwartende Hydrazo-iso- butylamin (IV, NH, statt OH), eine stark bnsische Flussigkeit (Analyse als Dipikrat), liel3 sich nur in einer Ausbeute von etwa 40% d. Th. isolieren. Mit Essigsaureanhydrid/Pyridin wurde es in das Diacetat ubergefuhrt. Daneben traten 3 andere Reaktions- produkte auf: Blausaure, Aceton und als Vorlauf des Amins ein 01, das beim Versetzen mit Benzaldehyd ein Kristallisat lieferte. Es erwies sich als Dibenzdverbindung des (Amino-tert.-butyl) -hydra- zins (V) und war offenbar durch hydrolytische Aufspaltung ent- s tanden.

Noch zahlreichere Resktionsprodukte isolierten .pyir, wenn die Reduktion des Azo-isobuttersiiurenitri ls in Ather sowie in Tetrahydrofuran durchgefuhrt wurde. Dies zeigt die Tab. 2 auf S. 192.

Das gesuchte Azo-(amino-tert.-butan) befand sich nicht unter den Reaktionsprodukten, lediglich eine geringe Menge der H y d r a z o- verbindung. Als Hauptprodukte traten auf: 1. Das Amino-t- butylhydrazon des Acetons (VI). Seine Konstitution wurdc aulJer durch die analytischen Daten durch Uberfiihrung in die Dibenzal-

(CH3),C-N=K-C(CH,), I I

(€€3C),C=K-KH-G(CHJ 2

TI CH,NH, VII CICH, H,CC1

verbindung von V beim Erhitzen mit Benzaldehyd in Methanol (Austausch des Acetonrestes von (VI) gegen eine Benzolgruppe) sowie durch Isolierung des Chlorhydrates von Amino-t-butyl- hydrazin (V) nach dem Abdampfen von VI mit verd. Selzsaure er- wiesen. 2. Acetonazin, 3. Blausaure. Das nur in geringem Umfaiig auftretende Methylamin entsteht nicht im Verlauf der Reaktion der Azoverbindung, sondern erst bei der Zersetzung des Reaktionsge- misches, also offenhar in sekundarer Reaktion der Blausaure rnit LiAlH,. Im ganzen folgt aus den Zahlen der Tab. 2 , dal3 pro Mol Hydrazoverbindung im Mittel 1,26 Nitrilgruppen ab- gespalten werden. Die in den Reduktionsprodukten gebundene Wasserstoffmenge betragt 2,O-2,5 Mol je Mol Azokorper.

[ IV . Azo-isobutylchlorid Bei der Darstellung des Azo-isobutylchlorids ergaben sich

Schwierigkeiten. Die direkte Veresterung des Azo-isobutanols mit Salzsiiuregas schied wegen der auflergewohnlichen Saureempfind- lichkeit des Azo-Alkohols von vorneherein aus. Aber auch die Um-

Page 5: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Subsfitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans 183

setzung desselben mit Chloriden des Phosphors oder Schwefels fuhrte nur zu Zersetzungsprodukten. Erfolg hatten wir erst, als wir H ydraz oisobutanol mit Thionylchlorid zur Reaktion brachten. Neben vie1 Schmieren und Harzen lie0 sich dann direkt Azoiso- butylchlorid, allerdings nur in einer maximalen Ausbeute von 18 % d. Th., isolieren. Die farblose, fliissige Azoverbindung ist gegen Sauren auch in der Hitze stabil, iiber etwa 1500 zerfallt sie unter Gasentwicklung. Weiteren Untersuchungen bleibt vorbehalten, welche Reaktionsprodukte dabei auftreten.

V . Diskussion Wie schon erwahnt, sind zwei Reaktionen des Azo-isobutaaols

besonders bemerkenswert, seine gegenuber den Derivaten der Azo- isobuttersaure grol3e Hitzestabilitat (bis gegen 200 O) sowie sein heterolytischer Zerfall. Bezuglich der ersten Rjgenschaft kann man damn denken, daB durch Ausbildung von Wasserstoffbriicken zwischen dcn H- Atomen der Hydroxylgruppen und den doppelt gebundenen Stick~toffatomen~) sich die Stabilitat des Azokorpers erhoht. (Leichte Sublimierbarkeit, geringe Association gegenuber der Hydrazoverbindung.) Allerdings sollte man dann erwarten, daB beim Diacetat des Azo-iso-butanols, bei dem eine Ausbildung von Wasserstoffbriicken nicht mehr moglich ist, die Hitzestabilitat wieder verlorengeht, was jedoch nicht der Fall ist.

Der heterolytische Zerfall des Azoisobntanols, der in saurern, neutralem und alkalischem Medium gleichartig erfolgt, ist wohl auf die primare Anlagerung eines Kations an ein einsames Elektronen- paar eines der Stickstoffatome zuruckzufihren. Der daduirch be- dingte unsymmetrische Zustand fuhrt unter Abspaltung eines Molekuls Formaldehyd zur Azoverbindung (VIII), die sich aber sofort zum Hydrazon (IX) umlagert. Der abgespaltene Formal- dehyd verdrangt das Aceton unter Bildung des Formaldehyd- (oxy-tert.-buty1)-hydrazons (111), das in sta.rk saurem Medium in Formaldehyd und Oxyisobutylhydrazin (X) zerfallt. Dieser Auf-

(CH,),; &N=N--C(CH& (CH,),C=N-NH a C(CH,), (H$)aC--NH . NH, H VIII CH,OH I IX &€,OH HOJH, X

fassung entspricht, daB unter geeigneten Reaktionsbediiigungen Formaldehyd und Aceton in aquimolekularen Mengen auftreten, die gegen 1 Mol pro Mol. Azoverbindung betragen (vgl. Tab. 2 ,

') Wie z.B. bei den o-Oxyazoverbindungen der oromatischon Reihe I?. Pfeiffer , J. prakt. Chem. 125, 108 (1930); I?. R. Mason, J. Boc. Dyers Colmurish 48, 293 (1932); K. K u h n , Naturwissenschafton 20, 622 (1932).

Page 6: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

184 G o l d s c h m i d t und S a r n e c k i

S. 192). Der Zerfall des Azo-isobutanols tritt damit in vollige Analogie zum Zerfall der Azo-iso-buttersaure, wie er von J . Thicle und K. Heuser l ) beobachtet und gedeutet worden ist. Der Abspal- tung von Formaldehyd entspricht dort die Abspaltung von Kohlen- dioxyd ,

Bei der Reduktion des Azo-isobutyroni t r i ls tritt an Stelle des erwarteten ho- isobutyhmins eine Mehrzahl von Reaktions- produkten anf, die teilweise sicher erst bei der Zersetzung der Aluminium-Komplexe entstanden sind (Blausaure, Methylamin). Obwohl es nicht gelang, ein Primarprodukt der Reaktion zu fassen, lassen sich aus einer Reihe von Tatsachen Schliisse auf dessen Natur ziehen.

1. In Analogie zum Tierhalten des Azo-isobuttersaureesters und des Bzobenzols*) mu13 man annehmen, daB die N-N-Doppel- bindung symmetrischer Azoverbindungen durch LiAlH, nicht ange- griffen wird.

2. Die abgespaltene Menge Blausaure entspricht mehr als einem Mol je Mol Azoverbindung (1,2-1,3 Mol). 3. Die Wasserstoffbilanz entspricht der Aufnahme von 4 5 Wasserstoffatomen bei Bildung des Primarproduktes. Unter Berucksichtigung dieser Tatsachen folgt, dal3 offenbsr jede Nitrilgruppe nur zwei Wasserstoffatome aufgenommen hat, d. h. daI3 sie in eine Aldehydimingr~ppe~) ver- wandelt worden ist. Dieser Auffassung entspricht die Pormu- lierung des Primarproduktes als Azo-iso-butyraldimin (XI). Dieses

(CH,),C--K=N-C(CH,), (CH,),CH-N=N--C(CH,),

HN=CH HC=KH XI1 HP;=CH X I

(CH,),C=N-NH. C(CH,), ( CHz),CH-N=K-CH(CH,),

XI11 HN=CH XIV

(CH,),C=N . NH- C(CH,), (CH,),C-;N-N=C(CH,),

XV H,PiCH, XVI

(CH,),C-NH . NH-C(CH,), (CH,),C-NH NH-C(CH,),

XVlI XVIII €IS=CH HC=NH H,NCH, H,CNH,

8 ) H . F . N y s t r o m u. W. G. Browi i , J. Amer. chem. SOC. 70, 3739 (Tab.), 1948.

%) -4uch die Reduktion von Dicarbonsiiurecstern verltiuft syrnmetrisch : Organic Reactions, New Pork Vol. VI, 8. 469. - Bci der Rcduktion anderer Nitrile sind ebeiifalls Re~lition~produBte isoliert worden. die aus der Iininstufe entstanden sein iniissen Z. Welvaert Compt. rend. 233, 1121 (1951).

Page 7: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Substitutionsprodukfe des Hydrazo- und A z o - t - b u m s 185

spaltet mit gleicher Geschwindigkeit 1 bzm. 2 Molekule Blausaure (also je Mol 1,5 Mol HCN; gef. 1,25) ab, wobei die Azoverbindung XI1 bzw. das Hydrazon XI11 und die Azoverbindung XIV ent- stehen, die sich unter Wasserstoffverschiebung zu Acetonazion (XVI) und Aceton-(amino-t-buty1)-hydrazon (XV) diproportio- niercn. Fur die dargelegte Auffassung spricht, dal3 in der Tat die beiden Spaltstucke XV und XVl in iiquivalcnten Mengen auftreten (Tab. 2) und die praparativ erhaltenen Ausbeuten an Blausaure sowie XV und XVI etwa 85% der auf Grund der obigen Bormulie- rung berechneten betragen. Als Nebenprodukt tritt noch das Hydrazo -amino-tert-butan auf (etwa 0 , l Mol/Mol Azoverbin- dung), dessen Bildung auf einen andersartigen Verlauf der Re- duktion zuriickzufuhren ist.

In analoger Weise darf man annehmen, daB bei der Reduktion des H y d r az ois o -bu t y r o n i t r i ls das entsprechende H ydrazo- aldimin (XVII) das Priniarprodukt der Reduktion darstellt, von deni 3 1501. einer Disportionierung z u 1 Mol. Hydrazo-amino-tert.- butsn (XVIII) und 2 hlol. Imin (XI) unterlirgen. Das letztere rea- giert dann in der oben angegebenen Weise weiter, wobei neben den Hauptprodukten (XV und XVI) nochmals etwa lo./;, der Hydrazo- verbindung (XVIII) anfallen. Hieraus ergibt sich, daD die Gesamt- ausbeute an XITI1 etwa 407& betragen sollte, was in der Tat der Fall ist. Such die Zerfallsprodukte von X haben sich nachweism lassen.

Reschreibung der Versuche

2,2'-H ydmzo-isobutanol Darstellung und Aufarbeitung erfolgten unter sauerstofffreiem Stickstoff. I n

einem mit Ruhrer, RiickfluBkuhler, Tropftrichter uild Gaseinleit'ungsrohr ver- sehenen 250-ccm-Dreihalskolben, der durch Natronasbestriihrchen gegen Ein- dringen von Feuchtiglceit iind CO, geschiitzt ,mar, wurden 2,l g (0,055 Mol) LiAlH, linter lebhaftem Riihren in 50 ccm abs. Atlier geloat,. Nach 1 Stunde 33813 man eine Losung von 8,5 g (0,0?5 Mol) reinstem 2,2'-Hydr?~o-bis-isobutter- siuremethylester in 100 ccm abs. Ather so zutropfen, daS der Ather in gelindes Sieden kam. Dann wurde noch 1 Stunde geruhrt, die Reaktiorismischung im Eisbad abgekdl t uiid vorsichtig bis zum Nachlassen der lebhaften Wasserstoff- entwicklung Wasser zugetropft ; schliel3lich wurde das ausgeschiedene Aluminium- hydroxyd mit einer Losung von 10 g \Veinsaure in 80 ccm 26-proc. KOH in Losung gebracht.

Die alkalisch-waBrige Schicht wurde abgetrennt und noch 3-ma1 mit j e 30 ccm Ather ausgeschuttelt. Die Atherausziige wurden vereinigt uiid nach Trocknen mit Ka,SO, eingedampft. Es hinterblieb ein gelbes 01, das nach Destillation i. V. bereits im Kiihler erstarrte. Ausbeute 5 g, 82% d. Th. vom Sdp. 140°/1, 1450/2.

Annalen der Chemie, 595.Band 13

Page 8: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

186 G o 1 d s c h rn i d f und S a r n e c k i

Die rautenformigen, weiRen Kristalle sclimolzen nach Kristallisation aus Chloroform bei 85-86O*) ; sie sind leicht Ioslich in Siiurcn, Wasser, Nethanol, Athanol und Aceton, etwas schwerer in Renzol, Essigester und Chloroform, sehr wenig in Petroliit,her und reduzieren Fehlingsche Losung in der Kalte, am- moniakalische Silbersalzlosung in der Siedehitze. Beim Stehen an der Luft wird die Hydrazoverbindung bald klebrig und feucht,. Nach erneutem Trocknen schmilzt sie dann bei 700 (Azoisobutanol). l’n Benzol ist Hydrazoisobutanol associiert.

Molgew. C,H,,O,N, Ber. 176,2 Gef. 263

H y d r o c h l o r i d . Beim Einleiten von trockenem HC1 in die abs. benzolische Losung des Hydrazoisobutanols fallt das Chlorhydrat aus, das sich nach 4-maligem Umkristallisieren aus trockenem Methanol-Ather bei 155-160 O zersetzt. $n der Luft ist es bestandig.

C,H,,O,N,CI (212,3) Ber. C 45,17 H 9,95 N 13,17 C1 16,67 Gef. )) 44,96 )) 9,96 )) 13,35 )) 17,14

Z,Z’-Azo-isobutanol Darstellung analog dern Hydrazo-i-isobutanol, jedoch ohne Arbeiten unter

Stickstoff. 24 g Azo-isobuttersauremetli~~lester (0,104 Mol) wurden mit 5 g LiAlH,

(0,13 Xol) in 250 ccm abs. Ather umgesetzt. Das Rohprodukt (18 g) wurde aus wenig Benzol umkristallisiert. Ausbeute 14 g, 770/, d. Th.

Der Azokorper kristallisiert in weiBen Blattchen (aus Benzol) oder in Prismen (aus wenig Aceton), die bei 740 schmelzen, im Hochvakuum bei etwa 60° sub- limieren und sich beim Erhitzen iiber 180° langsam unter Qasentwicklung zer- setzen. Die Verbindung ist in Methanol, Athanol, Ather, Aceton und Essigestcr leicht loslich, etwas schwerer in Benzol.

Analysenrein wurde sie durch 6-maliges Umkristallisieren aus abs. Benzol (unter AnsschluB von Luftfeuchtigkeit) und mehrmalige fraktioniertc Sub- limation erhalten. C,II,,O,K, Ber. C 55,14 H 10,41 N 16,08 Molgew. 174.2

Gef. D 65,48 i) 10,55 )) 16,08 B 212, 209

Ber. 87,l Gef. 86,s Aquivalgew. (Umsetzung rnit Essigsaareanhydrid in Pyridin’o)) :

I. R e d u k t i o n s v e r s u c h e Versuche, die Azoverbindung mit SnC1, in salzsaurer Losung oder mit Na,S,O,

in alkalischer Losung zum Amin zu reduziercn, fuhrtcn nicht zurn Ziel, sondern zum Zerfall in der nnter I11 (S. 187) beschriebcnen Weise. Auch Hydrierungs- versache mit Raneynickel in Nethanol oder mit P tO, in Eisessig waren erfolglos, da dabei kein Wasserstoff aufgcnommcn wurde.

IT. P r i i f u n g a u f t h e r n i i s c h c n Z e r f a l l i n f r e i e R a d i k a l e I n einen 250-ccm-Ureihalskolben mit Riihrer, Tropftrichter, Gaseinleitungs-

rohr und RuckfluOkuhler, dessen oberes Ende uber ein CaCI,-Rohr mit einem Gas- auffanggefafi (Sperrfliissigkeit : ges. Na,SO,-Losung mit 676 H,SO,) verbundm

* ) Alle Sclimelzpunkte korrigiert. lo) H o u b o n - W c y l , Methoden d n r org. Chernie, Bd. 11, 4. Aufl., S. 356.

Page 9: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-bufans 187

war, wurden 20 g Acetophenon gcgeben. Dann wurde die Apparatur 2 Stunden mit Stickstoff gespult und nach Abstellung der Spiilung der Reaktionskolben auf 1800 erhitzt.

Unter lebhaftem Riihren lieB man nun 4,5 g Azo-isobutanol (0,026 Mol) in 30 g Acetophenon zutropfen und erhitzte dann weitere 2 Stunden.

Gasentwickluiig Bei der Rektifikation des Keaktionsgemischcs an einer 9-bodigcn Kolonne

wurden 0,3 g Vorlauf vom Sdp. 53--5S0 crhalten, dcsscn Umsetzung mit 2,4- Uinibrophenylhydrazin Ace t o n-2,4-dini trophenylhydrazon vom Schmp. i i r i d Mischschmp. 124O gab.

Nach dem Abdestillieren des Acetophenons verblieben 0,4 g eines hochviskosen oles (Sdp. 128-151 O/0,3), aus dem nach wochenlangern Stehen eine gelbe Ver- bindiing auskristallisierte. Schmp. (aus Methanol) 1 1 8 O (unscharf). Mischschmp. mit Ace t o p h e n o n a z i n unverandert.

Ber. 582 cc (fur Abspaltung von 1 Mol -Y2) Gef. 24,4 cc

C*6H16?YT2 Ber. C 81,32 H 6,83 K 11,86 Gcf. )) 81,63 )) 7,14 )) 12,22

IIJ. H y d r o l y t i s c h e r Zer fa l l a) Beim Stehenlassen der Azoverbindung niit einer 2n-schwefelsauren Losung

voii 2,4-Dinitrophenylhydrazin fie1 naoh einiger Zeit ein orangegelber Nieder- schlag. E r wurde nach Meighll) papierchromatographisch als Mischung der Dinitrophenylhpdrazone von Aceton und Formaldehyd identifiziert.

b) 1 g Azo-isobutanol wurde unter Durchleiten von Stickstoff rnit Wasser gckocht, wobei an das obere Kuhlerende eine mit Wasser gefiillte Volhardvorlage angeschlossen war. Nach 2 Stunden wurde deren Iiihalt mit schwefelsaurer 2,4- Dinitrophenylhydrazinlosung versctzt. Der entstandene Nicderschlag crwies sich als ein Gemisch von Aceton- mit wenig Formaldehyd-dinitroI,henylhyctrazon.

c) Wurde die Azoverbindung mit Pn-NaOH oder Salzsaure gekocht,, SO wmen schon nach wenigen Ninuten in der Vorlage Aceton und Formaldehyd, letzterer z. B. als Dimedid vom Schmp. und RIischschmp. 189O, nachzuweisen.

d) Q u a n t i t a t i v e U n t e r s u c h u n g d e r H y d r o l y s e : Die eingewogene Substanz (0,15-0,35 g) wurde in einer Mikro-Kjeldahlapparatur im Stickstoff- strom mit der gewiirischtcn SLure zu gelindem Sieden erhit'zt und der Kolben- inhalt nach der angegebenen Reaktionszeit jeweils zur Halfte in eine Volhard- vorlage uberdestilliert, die mit Wasser beschickt war (Werte s. Tabelle 1).

Seure Dauer d. Erhitzens

Tab. 1

Formal- dehyd 1

(in Mol/Mol Azoverbindung )

0,08 0,06 0,73 0,24 0.20

0,81 0,87 0,85 0,53 0,46

Xpuren

CH,O als Dimedid CH,O als Ameisensaure

CH20 als Dimedid

eingeschrnolzen, anf sieden- dem Wasserbad erhitzt u. dann dest.

)) )) >)

)? )) )>

11) Nuturo 170, 579 (1952)

Page 10: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

188 G o l d s c h m i d t und S a r n e c k i

I m Destillat wurde der Pormaldehyd entwcder direkt gravimetrisch als Di- medid bestimmt oder nach Ponndorf'a) zuerst nlit Silberoxyd zur Ameiscnsaure oxydiert, die dann alkalimetrisch bestimnit wurde. Der Niederschlag w i d e jereils abfiltriert und von einem aliquoten Teil des Filtrates ein Drittel abde- stilliert. l m Destillat wurde das Aceton gravimetrisch als 2,4-Dinitrophenyl- hydrazin bestimmt13).

Die im Kjeldahlkolben verbliebcnen Losungen der salzsauren Hydrolysen hinterliehn nach dem Eindampfen A m m oniuni c h l o r i d.

Formaldeh?Jd-oxy-tert.-butyEhydrazon-hyd~oc~Llor~a Durch eine Suspension von Azo-isobutanol in 2n-HC1 wurdc 5 Tage Iang Luft

gesaugt, wnbei sich die Azoverbindung langsam aufliistc. SchlieBlich wurde die Losung i.V. bei 50-60° zur Trockne eingedampft und dcr verbleibende, kristalline Riickst'and aus abs. k h a n o l / k h e r umkristallisiert. Ausbeute fast yuantitativ.

duSerst hygroskopische weiBe Kristalle, die sich bei 1080 linter Schwarz- fgrbung zersetzen. Mit Fehlingscher Losung entstand bei Zimmertemperatur ein blaugruner Niederschlag, der in der Siedehitze in Kupfer-I-oxyd uberging. LieD man das Hydrochlorid mit einer Lijsung von 2,4-l)initrophenylhydrazin mehrere Tagc stehen, so fie1 ein Niederschlag aus, der sich auf Grund von Schmp. und Rlischschmp. (162 0 ) als Formaldehyd-dinitrophenylhydrazon erwies.

C,H,,ON,Cl (152,6) Ber. C 39,34 H 8,69 N 18,36 C1 23,23 Gef. )) 39,O'i i) 9,26 i) 18,03 n 22,79

D i b e n z o g l v e r b i n d u n g . Dargestellt nach S c h o t t e n - B a u m a n n aus dem Hgdrazon-hydrochlorid. Ksch 2-maligem Umkristallisieren aus Nethanol erhielt man grol3e Prismen vom Schmp. 164,5O.

C,,HZ0O,N, (324,3) Ber. C T0,35 H 6,21 N 8,64 Clef. M 70,38 )) 6,17 )) S,43

2,2'-Azo-isobutanol-diacetat 2 g Azo-isobutanol wurden mit einer Mischung von 30 ccm wasserfreiem

Pyridin und 5 ccm Essigsaureanhydrid 45 Min. lang auf 100° erhitzt, d a m a b - gekiihlt und mit 10 ccm Wasser versetzt. Die Mischung wurde nach einstundigem Stehcn i. V. rektifiziert. Farbloses, camplierahnlich riechendes, in Wasser un- losliches 61 vom Pdp. 90°/0,4, 108O/1,8. Ausbeute 2,s g, 96y0 d. Th.

C,,H,,O,H, (258,3) Ber. C 55,79 H 8,58 PIT 10,S5 Gef. )) 56,Ol n S,65 H 11,06 Molgew. 245

R e d u k t i o n s v e r s u c h e M i t Zinn-11-chlor id . 1 g Azo-iaobutanoldiacetat in 7 ccm Nethand wurde

in der Siedehitze mit der Losung von 2 g SnCI, in 6 ccm konz. HC1 versetzt', wobei eine lebhafte Rea,ktion eintrat. Nach 4 Min. wurden cinige Tropfcn abdestilliert und darin mit Dinitrophenylhydrazin Accton nachgewiescn (bfischschmp.). Der Riickstand Tvurde nach dem Abkiihlcn stark alkalisch gemacht und ausgeiithert.

12) W. Ponridorf, Ber. d. dtsch. chem. Ges., 64, 1913 (1932). lS) Da bei Kontrollbestimmungen nach der angegebenen Methode 88,02 yo,

90,00% und 88,83% des eingesetzten Acetons miedergefunden wurden, ist bei allen Rcetonbestimmungen dieser Arbeit eine Korrektur von + 10% der gefundenen Meiige angebracht.

Page 11: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans 189

In einen Teil des uber Na,SO, gctrockneten dtherextrakts w i d e HC1 ein- geleitet. Es fie1 kcin Hydrochlorid aus. Der Rest des Athers wurde eingedampft nnd hinterlie8 einen geringen Ruckstand von Azo-isobutanol, der durch Sub- limation gereinigt wurde (Mischschmp.).

Mi t N a t r i u m d i t h i o n i t . Eine Losung von 1,3 g Azo-isobutanoldiacetat in 10 ccm Methanol wurde zur siedenden Losung von 3 g Natriumdithionit in 7 ccm Wasser gefiigt. Pcach 20 ICIin, wnrde die Mischung abgekuhlt und ausgeathert. Sach dem Verdampfeii des Athers verblieb 1,O g Ausgangssubstanz. ( In einem gleichzcitigcn Kontrollversuch mit Azobenzol war dieses nach wenigcn Min. reduziert.)

2,2-Hydrazo-isobutyhmin Darstellung und Aufarbeitung unter reinem N,. Da die Ausgangssubstanz

schlecht Sitherloslich ist, wnrde die zur Darstellung des Hydrazo-isobutanols verwendete Apparatur modifiziert und zwischen R,eakt,ionskolben und RiickfluS- kiihler noch ein Extraktor geschaltet.

16,6 g Hydrazo-isobuttersaurellitril(0,l Mol) wurden in den Extraktor gegeben, die Appamtur zusammcngcstellt und im Reaktionskolben 11,4 g LiAlH, (0,3 Mol) in 350 ccm abs. dither durch einstiindiges Itiihreii gelBst. Dann wurde die Losung zum gelinderi Sicden erwiirmt und die Reaktion durch Erwarmen odcr Kiihlen so gcfiihrt, daW dcr an Ausgangssubstanz gessttigte Atlicr gleiclimalJig und ruliig aus dem Extraktor in den Rcaktionskolben zuriiekt'ropfte. Xachdem die gesamte Nitrilmenge umgesctzt war, wurde das GcmiscEi noch cine Gtunde nntcr Ieichtcm Sieden geriihrt und dann in der bereits beschriebenen Weise auf- gearbeitet.

Dabei verbhben als Rohprodukt 12,2 g 61, dessen Rektifizierung infolge starken Gchkmiens nur unbefriedigend verlief. Kach einem betrachtlichen Vor- lauf (A) wiirden sclilieBlich durch wiederholte Destillation 6,8 g, 3974 d. Th. vom Sdp. 114-122 O/l0 gewonnen.

Die dumpf riechende, stark basische Flussigkeit (B) reduziert Nesslers Reagens. Mit Behlingscher Losung entst,eht in der Kiilte ein blaugruner Niederschlag, der langsam reduziert wird. Mit alkoholischer I'ikrinsaurelosung fallt ein. gelbes Pikrat, das bei mehrmaligem Umkristallisieren aus abs. Methanol oder Athanol in braungrune Kadeln des Dipikrat's vom Schmp. l 9 S o (Zers.) iibergeht (an- scheincnd unter Verlust von l'ikrinsiiure).

C,H,,N, . 2 C,H,O,N, (632,4) Ber. C 37,98 H 4,46 N 22,15 Gef. )) 38,26 D 4,72 N 22,36

Vorlauf (A). 2,2 g des Vorlaufs wurden mit 2,6 g frisch dest. Benzaldehyd versetzt. Die Mischung erwarmte sich stark, beim Erkalten schied sich die Di- b e n z a l v e r b i n d u n g d e s Amino-t-b u t y 1 h y d r a z i n s kristallin am, die nach mehrmaligem Umkristallisieren aus benzaldehydhaltigcni Methanol in w e i h n BlaMhen vom Schmp. 94-1000 anfiel.

C,,H,,N, (279,4) Ber. C 77,38 H 7,58 K 15,04 Gef. D 77,27 N 7,84 )) 15,lO Molgew. 285

Benzalgruppenbes t immung. Etwa 0,3 g Substam wurden in einer Mikrowasserdampfdestillationsapparatur mit 5n-HC1 zersetzt, der Benzaldehyd wurde mit Wasserdampf abgetriebcn und in der Vorlage gravimetrisch als 2,4- Dinitro-phenylhydrazon bestimnit.

C,,H,lN, Rer. 2,OO Mol Benzaldehyd. Gcf. 1,95

Die w a 8 r i g e S c h i c h t aus dcr Hydrolyse der Aluminiumkomplexe enthielt D l a u s a u r e (Berlinerblaureaktion).

Page 12: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

190 G o l d s c h m i d t und S a r n e c k i

D i a c e t y l v e r b i n dung. 1,5 g Hydrazo-isobutylamiii wurden mit einer Mischung von 4 ccm Essigsaureanhydrid und 20 ccm Pyridin einc Stunde stehcn gelassen. Dann wiirde die Losung unter Kuhlung mit konz. S?$alosung alkalisch gemacht und mehrmals ausgeathert. Beim Eindampfen der Atherexhakte i. V. verblicb ein kristallincr Ruckstand, der aus wasserhaltigem Dioxan umkristalli- siert wurde. Die Kristalle zersetzcn sich beim langsamen Erhitzen ah 140°, bei schnellem wesentlich hoheP), sic sind leicht loslich in Wasscr und in iiblichen organischen Losungsrnit,teln; Fehlingsche Losung wird in der Warme reduziert,.

C l , H , 6 0 , ~ 4 (258,3) Ber. C %,78 H 10,14 N 21,69 Gef. N 56,94 )) 10,30 . H 21,39

Bei der t h e r m i s c h e n Z e r s e t z u n g (2.50") wurden 0,241 Mol N, entbunden.

R e d u k t i o n d e s A z o - b i s ~ i s o - b u t t e r s ii u r c n i t r il s Versuch I, Apparatur wie S. 185. 8,5 g Substanz (0,052 Mol) wurden mit 5 g LiBIH, (0,13 Xol) in 350 ccm abs.

k h e r linter N, umgesetzt. Xur Vermeidung von schwer in Tijsung zu bringenden Niederschlagen ist es notwendig, die Losung des Nitrils sehr langsam znzut'ropfen und die atherische Reaktionsmischung noch 2 Stunden unter lebhaftem Ruhren zum Sieden zu erhitzen. Wahrcnd dcr Reaktion war der Ruckfluljkuhler uber ein Sat'ronkalkrohr rnit eirier Volhardvorlage verbunden, dic 20 ccm HCl enthiclt (1'. 1). Nach Ablauf der Reaktion wiirde die Kuhlervorlage gegen eine andere aus- getauscht, die 10 ccm 2n-Salzsaure enthielt (V. 2 ) . Dann wurde die Reaktions- mischimg bei 0" durch Zutropfen einer Losung von 25 g Weinsaure in 150 ccm 30-proo. Kalilauge zersetzt und anschlieaend 10 Hin. bei lebhaft siedendem Ather erwarmt.

Nach dem Abkiihlen auf Ziininertemperatur wurde bei kraftigem N,-Strom der Extraktor niit Kuhler vom Reaktionskolben getrennt und durch cin Heber- rohr ersetzt, durch das die Atherschicht in cine ebenfalls mit Stickstoff' gcfiillte Saugflasche gedriickt wurde. Zur waBrigen Schicht wurden noch 5-inal je 50 ccin Ather gegebeii und nach kurzem Riihren wie oben abgehebert. Die vereinigten, getrockneten Atherauszuge (A) wurderi unter N, in den Destillationskolberi filtriert. I m Reaktionskolben verblieb die waBrige, stark alkalische Schicht (B).

Vorlagen. V 1 : Titer unverandert. Weder reduzierende Bestandteile (Nesslers Reagcnz, Fehlingsche Losung) noch Aldehyde oder Ketone waren anwesend.

V2: Der Titer hatte entsprechend einem Vcrbrauch von 32,O ccm njl0 Salzsaure abgenommen. Die titrierte Losung wurde eingeengt, alkalisch gemacht und die frcie Base in eine mit 2n-HC1 beschickta Vorlage ubergetrieben. Nach dem Ein- dampfen verblieb ein rohes Hydrochlorid vorn Schmp. 180-205°. Daraus wurde mit p-Xitrobenzoylchlorid das Amid dargestellt, das nach Umlosen aus Ncthanol/ Wasser bei 218 O schmolz. Mischschrnp. mit N-Me t hgl-p-ni t robei iz a m i d unverandert .

C,H,O,N', (180,l) Ber. N 15,55 Gef. N 15,50 (A) Der k h e r wurde unter Stickstoff an einer 9-bodigen Fullkorperkolonne

abdestilliert (Destillat Ax), Ruckstand (A,) 7,3 g gelbes 01.

A,: AqFtonazin. Beim Einleiten von feuchtem Salzsauregas schied sich aus dem Ather ein Chlorhydrat ab, das sich durch Umsetzung mit Benzaldehyd (Benzahzin vom Schmp. und Mischschmp. 880) als Hydrazinhydrochlorid erwies. Die bromatometrische Bestimmung nach Kur tenackcr15) in cincr Losung

14) Entwickelte Gasmenge etwa I / , Mol St,ickstoff/Mol Substanz. lJ) Z. arialyt. Chem. 64, 388 (1924).

Page 13: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

C-Substitutionsprodukle des Hydrazo- und Azo-t-butans 191

desselben..ergab die Anwesenheit von 6,32 m Mol Hydrazin. Der vom Hydrazin befreite Ather enthielt noch geringe Mengen Aceton (Nachweis durch Aus- schutteln mit n'asser und Umset,zung rnit 2,4-Dinitrophenylhydrazin).

A,. Das gelbe 01 (7 ,3 g) wurde i. V. fraktioniert, wobei zur Verhinderung des starken Schaumens etwas Silikon-Antischaummittel zugefugt und durch die Kapillare N, geleitet wurdc.

Fraktion. 1. Sdp. 40-70"/35-12 1,9 g. 2. Sdp. 71--105O/12 3,4 g. 3. Sdp. 70-9S0/1 1,3 g.

Acetonazin. Bei erneuter Fraktionierung Sdp. 51--54O/37, neut,rale, noch etwas Wasser enthaltende, in Wasser und iiblichen Losungsmitteln Ioslichc Sub- stanz. Die Entfcrnung des Wassers gelang nur durch Destillation iiber fcstem Kaliurnhydroxyd. Die Hydrolysc mit 2 n-Salzsaure fuhrte zu Hydrazin-hydro- chlorid und Aceton (Nachwcis wic bei All6)).

C,H,,N, (112,2) Bcr. C 64,24 H 10,78 N 24,98 Gef. )) 64,02 )) 11,07 )) 24,78 Molgew. 116

Bceton-(amino-f-buty1)-hydrazon. Bei erneuter Fraktionierung Sdp. 57-69 "/1,4, Sdp. 79O/14. Das basische, durnpf riechende 01 reduziert Nesslers Reagenz in der Kalte, Fehlingsche Liisiing rasch in cler Warme. Beim Versetzen mit alkoholischer Pikrinsaiire fallt ein Pikrat voin Schmp. I TOO (Zers.), das sich nicht unzersetzt urnkrivt,allisieren la&. Durch Einleiten von HCI in die abs. iitherisclie Losung der Base erhiilt man ein Hydrochlorid, Schmp. 160" (Zers.), das beirn Umkristalli- sieren A4cet0il ahspaltet. In abs. Alkohol tritt zunachst Losung ein, dann scheidet sich ein Niederschlag ab, der sich erst bei 198-20.3" zersetzt. Die Base gibt eine positive Isonitrilreaktion (primare Aminogruppe). Mit Essigsaureanhydrid liefert sie eine Nonoacetylverbindungl7).

C7H17K8 (143,2) Ber. N 29,34 Gef. 28,38; Aquiv.-Gew. Ber. 143,2 Gef. 136 Durch Saurc abspaltbares Aceton (als 2,4-Dinitrophenylhydazon) :

Rer. 1,00 Mol Gef. 0,84

2 - Hydrazino-isobutylamin-d~~Lydrochlorid Fraktion I1 wurde mit 2n-HCI zur Trockne,, cingedampft und der Riick-

stand rnit heiBem abs. Alkohol und dann mit abs. Ather gewaschen. WeiBe, etwas hygroskopische Kristalle vom Schmp. 205- 206O (Zcrs.)

C4H,,N,Cl, (176,l) Ber. C 27,28 H 8,59 C140,25 Gef. )) 26,90 )) 8,86 )) 40,45

Dibenzalverbindung a) Aus dem Dihydrochlorid diiroh Versetzen mit Benzaldehyd in soda-

alkalischer Losung. WeiBe Bliittchen, Schmp. 93-98 ". b) Aus 1 g Hydrazon durch Versctzen mit 1,5 g frisch dest. Benzaldehyd in

4 ccm Methanol, wobei Erwiirmung auftrat. Nach 2 Stunden wurde das Methanol ahdestilliert. I m Dcstillat lie13 sich neben Benzaldehyd aiich Aceton nachweisen.

Der Riickstand schmolz nach 2-maligem Umkristallisieren aus Methanol bei 93-100".

C,,H,,N, (279,4) Her. C 77,38 H7,58 N 15,04 Gef. )) 77,15 )) 7,63 B 15,15 Molgew. 287

16) Einzelheiten s. Dissertation W. Sarnecki , Th., Munchen 1955. 17) BestimmtnaohR. H. Doht,Monatsch. Chem. 25,958 (1904)undF. Freund-

lich, Compt. rend. 137, 712 (1904).

Page 14: Über C-Substitutionsprodukte des Hydrazo- und Azo-t-butans und ihren Zerfall

192 G o I d s c h m i d t und S a r n e c k i

In Vorversuchen wurde die Substanz bis xu 7 ma1 aus Mcthanol, &her mit und ohne Wasserzusatz iimkristdlisiert, ohne dal sich Schmelzintervall oder Analysenwerte iinderten (Gemisch von Stereoisomeren 9) .

Ber. 2,OO Mol Benzaldehyd, Gef. 1,96 Mol(vg1. S. 189) Die Hydrolyse der Benzalverbindung mit 5n-HCl ergab wieder das Dihydro-

chlorid dcs 2-Hydrazino-isobutylamins vom Schmp. 206" (Zers.).

Hgd~azo-kobut ykGlnin Charakterisiert als Diacctat und als Dipikrat (Schmp. l98O Zers.) wie S. 189. WitBrige Losung €3. Sie wurde mit halbkonz. E,SO, angesiiuert und xu

etwa in eine mit iiberschiissiger 2n-NaOH beschickte Vorlage destilliert. Blau siiure wurde durch Geruch ilnd Berlinerblaurcaktion nachgewiesen und argentometrisch nach Liebig bestimmt (Gef. 62,22 mMol HCN).

Im Versuch 2 wurden 8,5 g Azo-isobuthcrsiiurcnitril (0,052 Nol) rnit 8,O g LiAlH, (0,21 Mol) in reinstem Tetrahydrofuran wie im Versuch 1, jedoch ohne Extraktor bei 35 O umgesetzt.

Tab. 2 Die Re du k ti o ns Dr o du kt e vo n A z o -is o b u t t e r 8 iiu r e ni t ri 1 (52 d o l )

~~ ~ ~~ ~~

mMol. Versuch Nr.

2 Methylamin 1 3:23 Spuren Acctonazin* ) 20,52*) 24,08*) Aceton-(amino-tert.-butylhydrazon) 23,80 21,oo

4,60 67,16

H ydrazo-isobu tylamin I 6,90 Blausaure 62,22

Mol/Mol Axoverb. Versuch Kr.

1 2 0,OB - 0,39 0,46 0,46 0 9 4 0 0,13 0,09 1,20 1,29