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Z. anorg. allg. Chem. 488, 94-98 (1982) J. A. Barth, Leipzig Uber Chalkogenolate. 112 [I] Methylester von Dithiocarbamidsauren Von G. GATTOW und R. GERNER Mainz, Institnt fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitat Inhaltsubersicht. Die IR-, lH-NMR- und Massenspektren von H,N- CS-SCH,, CH3-XH- CS LSCH, und (CH,),N-CS-SCH, werden mitgeteilt. On Chalcogenolates. 112. Methylesters of Dithiocarbamic Acids Abstract. The infrared spectra. nuclear magnetic resonance (lH) spectra, and mass spectra of H,N- CS - SCH,, CH, -RH- CS - SCH,, and (CH&N- CS - SCH, are communicated. Im Zusammenhang mit Untersuchungen iiber Reaktionen der Methylester von Dithiocarbamidsauren, iiber die spater berichtet werden soll, mufiten wir uns mit dieser Verbindungsklasse befassen, da aul3er der Darstellungsbeschreibung keine weiteren Angahen in der Literatur vorliegen; vgl. die Ubersicht bei [a]. I. Darstellung der Methylester von Dithiocarbamidsauren Die Darstellung von S-Methylestern der Dithiocarbamidsaure, N-Methyldi- thiocarbamidsaure und N, N-DimethyldithiocarbamidsBure erfolgte in Anlehnung an die von BRAUN [3] beqhriebene Methode durch Umsetzung des entsprechenden Dithiocarbamats, das z. T. nicht in Substanz isoliert zu werden braucht, bei O°C mit Methyliodid. Arbeitsvorschrift H,N-CS-SCH,. Zu einer geruhrten Suspension von 26,2 g NH4[S2C- NH,] [4] in 200 om3Ethanol werden bei 0°C in Ar-Atmosphare 33,8 g CHJ getropft, wobei nach etws 4 h das Dithiocarbamat in Losung gegangen ist. Die gelbe Losung wird am Rotationsverdampfer auf 100 om3 eingeengt und mit 200 cmy Eiswasser versetzt. Der sofort ausfallende weil3e Ester wird abgesaugt und iiber Sicapent getrocknet. Zur Reinigung lost man in Diethylether und fallt den Ester durch Zugabe von Petroleumbenzin (Siedebereich 40-60OC) aus. Ausbeute: etwa 68% der Theorie. bezogen auf die eingesetzte Menge an NH,[S2C-NH2]. Auf eine Analyse wurde verzichtet, da die Zusammensetzung der Substanz analytisch gesichert ist [3]. Im Massenspektrum Peak des Molekulions bei m/e = 107 mit einer relativen Haufigkeit von 84,0%. Schmelzpunkt: 41°C (42°C nach [3]). Arbeitsvorschrift CH,-NH-CS-SCH,. Zu 89 g einer 35Yhigen wahigen Liisung von Methylamin werden 100 cm3 96yoiges Ethanol gegeben und zu dem Losungsgemisch bei 0°C unter Ruhren und Argon als Schutzgas 38 g CS2 langsam zugetropft. Nach etwa 2 h werden 70,95 g CH,I

Über Chalkogenolate. 112. Methylester von Dithiocarbamidsäuren

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Z. anorg. allg. Chem. 488, 94-98 (1982) J. A. Barth, Leipzig

Uber Chalkogenolate. 112 [I]

Methylester von Dithiocarbamidsauren

Von G. GATTOW und R. GERNER

Mainz, Institnt fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitat

I n h a l t s u b e r s i c h t . Die IR-, lH-NMR- und Massenspektren von

H,N- CS-SCH,, CH3-XH- CS LSCH, und (CH,),N-CS-SCH,

werden mitgeteilt.

On Chalcogenolates. 112. Methylesters of Dithiocarbamic Acids Abst rac t . The infrared spectra. nuclear magnetic resonance (lH) spectra, and mass spectra of

H,N- CS - SCH,, CH, -RH- CS - SCH,, and (CH&N- CS - SCH,

are communicated.

Im Zusammenhang mit Untersuchungen iiber Reaktionen der Methylester von Dithiocarbamidsauren, iiber die spater berichtet werden soll, mufiten wir uns mit dieser Verbindungsklasse befassen, da aul3er der Darstellungsbeschreibung keine weiteren Angahen in der Literatur vorliegen; vgl. die Ubersicht bei [a ] .

I. Darstellung der Methylester von Dithiocarbamidsauren Die Darstellung von S-Methylestern der Dithiocarbamidsaure, N-Methyldi-

thiocarbamidsaure und N, N-DimethyldithiocarbamidsBure erfolgte in Anlehnung an die von BRAUN [3] beqhriebene Methode durch Umsetzung des entsprechenden Dithiocarbamats, das z. T. nicht in Substanz isoliert zu werden braucht, bei O°C mit Methyliodid.

A r b e i t s v o r s c h r i f t H,N-CS-SCH,. Zu einer geruhrten Suspension von 26,2 g NH4[S2C- NH,] [4] in 200 om3 Ethanol werden bei 0°C in Ar-Atmosphare 33,8 g CHJ getropft, wobei nach etws 4 h das Dithiocarbamat in Losung gegangen ist. Die gelbe Losung wird am Rotationsverdampfer auf 100 om3 eingeengt und mit 200 cmy Eiswasser versetzt. Der sofort ausfallende weil3e Ester wird abgesaugt und iiber Sicapent getrocknet. Zur Reinigung lost man in Diethylether und fa l l t den Ester durch Zugabe von Petroleumbenzin (Siedebereich 40-60OC) aus. Ausbeute: etwa 68% der Theorie. bezogen auf die eingesetzte Menge an NH,[S2C-NH2].

Auf eine Analyse wurde verzichtet, da die Zusammensetzung der Substanz analytisch gesichert ist [ 3 ] . Im Massenspektrum Peak des Molekulions bei m/e = 107 mit einer relativen Haufigkeit von 84,0%. Schmelzpunkt: 41°C (42°C nach [ 3 ] ) .

A r b e i t s v o r s c h r i f t CH,-NH-CS-SCH,. Zu 89 g einer 35Yhigen wahigen Liisung von Methylamin werden 100 cm3 96yoiges Ethanol gegeben und zu dem Losungsgemisch bei 0°C unter Ruhren und Argon als Schutzgas 38 g CS2 langsam zugetropft. Nach etwa 2 h werden 70,95 g CH,I

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bei 0°C tropfenweise hinzugefugt. Nach etwa 4 h Reaktionszeit bei 0°C wird die gelbe %sung auf die Hdfte ihres Volumens eingeengt und dreimal mit je 50 om3 Diethylether ausgeschuttelt. Die etheri- sche Phase wird mit Na,SO, getrocknet und der Ether im Vakuum abdestilliert, wobei der Ester als gelbliches 01 anflillt. Auf eine Destillation wurde wegen Zeraetzung der Substanz in Methanthiol und Methylisothiocyanat auch im Vakuum verzichtet. Ausbeute: etwa 80% der Theorie, bezogen auf CS,.

Im Massenspektrum Peak des Molekiilions als Basispeak bei m/e = 121. Arbeitsvorschrift (CH,),N-CS--XCH,. 56,25 g einer 4O%igen wahigen Losung von

Dimethylamin werden mit 100 cm3 Ethanol versetzt. Zu diesem Gemisch werden bei 0°C in Ar- Atmosphare 19 g CS, langmm getropft. Nach etwa 1 h Ruhren bei 0°C wird eine Losung von 35,5 g CH,I in 20 om3 Ethanol tropfenweise hinzugefugt. Kurz nach Beginn des Zutropfens flillt der Ester bereits als weil3e Festsubstanz aus und kann nach Beendigung der Umsetzung durch Zugabe von 200 cm3 Wasser vollstandig ausgefallt werden. Er wird abgesaugt und uber Sicapent getrocknet. Ausbeute: 70% der Theorie, bezogen auf CS,.

Massenspektrometrisch wurde das Molekul bei m/e = 135 mit einer relativen Hiufigkeit von 100,O~o nachgewiesen. Schmelzpunkt: 44,5"C (47°C nach [3]).

11. Spektroskopische Charakterisierung der Methylester von Dithiocarbamidsluren Wahrend die S-Methylester der Dithiocarbamidsaure und der N, N-Dimethyl-

dithiocarbamidsaure farblose, kristalline Substanzen sind, stellt der N-Methyl- dithiocarbamidsaure-S-methylester ein gelblich gefarbtes 01 dar. Uber UV- spektroskopische Daten s. [5].

Tabelle 1 Infrarotspektrena) der Nethylester von Dithiocarbamidduren

H,N-CS --SCH. CHa-NH-CS -SCHs (CHS)~N-CS -SCHs MBgliche Zuordnung [cm-'1 [cm-'1 [cm-'1

3448 vs, sh 3 268 vs 3155 vs 2915 m

2825 m

1 603 v8

1422 m

1366 vs 1302 m 1217 8

969 m 964 m 949 m 856 vs, br 720 m, sh 710 m, br 631 m, br 595 m, br

3225 s

3003 m 2939 m 2924 m 2857 m, sh

1499 vs

1429 m

1342 vs 1302 s 1160s

1034 s

-

970 m

939 vs, br

727 w, br

637 m, br 563 m, br

- 2924 m

2882 w, sh

-

1497 s 1488 8, sh 1443 m 1404 m, sh 1379 vs 1300 w , 1245 vs 1145 m 1053 m

995 m, sh 980 s

951 vs

733 w - - 575 w, br

a) Es bedeuten: Y = Valenzsehwingung, 8 = Deformationsschwingung, p = rocking-Schwingung, T = Torsionsschwin- gung, UJ = wagging-Schwingung. Gesehatzte relative Intensitaten cler Absorptionsmaxima: vs = sehr stark, s = stark, m = mittel, w = schwach, br = breit, sh = Schulter

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96 G. GATTOW u. R. GERNER

I n den I n f r a r o t s p e k t r e n (KBr-PreSlinge bzw. kapillarer Film; Bereich: 4 000- 530 em-l) der drei Methylester treten Absorptionsbandeii auf, deren Maxima mit versuchsweisen Zuordnungen Tab. 1 zu entnehmen sind.

Fur die Zuordnungen der Schwingungen wurden die bekannten IR-Da.ten von Estern der Tri- thioallophans5ure [GI, Guanidinodithioameisensaure [7] und fur den - CS -SR-Teil die von Alkyl- thioxanthogensauren [8] zugrunde gelegt. Die fur Dithiocarbamate charakteristische Thioureid- bande v(S,C=N), die ein Ma13 fur den Doppelbindungscharakter der C-N-Bindung ist und die im Bereieh 1550-1450 cm-L [7, 91 zu erwarten ist, wird bei den Methylestern der N-substituierten Dithiocarbamidsauren bei 1498 em-1 intensitatsstark beobachtet. Die Lage der v(CS)-Schwingungen zwischen 980 und 940 cm-l weist auf partiellen Doppelbindungscharakter dieser Bindung hin. Der Erwartungsbereich von v(C=S) ist 1200-1000 cm-I und der von v(C-S) etwa 900-700 cm-l; vgl. z. B. [G, 7, 81.

Die l H - N M R - S p e k t r e n (60 MHz) der in Deuterochloroform gelosten Methylester zeigen bei 40 O C Signale mit gegen TMS gemessenen chemischen Verschiebungen, die in Tab. 2 wiedergegeben sind. Es handelt sich hei allen Signalen um Singuletts. Die integrierten Intensitatsverhaltnisse der Resonanz- signale entsprechen der Theorie.

Tabelle 2 bungen 6 in ppm, gemessen bei 40°C gegen TMS; Aufnahmebedingungen s. Text)

lH-NMR-Spektren”) der Methylester von Dithiocarbamidsiiuren (Chemische Verschie-

Chemische HZN-CS-SCH, CHS-NH -CS- SCH, ( CH3)& - CS- SCH, Verschiebung

S(SCH,) 2,71 2,65 “G2 - b(NH) 7,50 f l nb

S(NCH,) - 3,17 br 3,50 3,35 br

”) Es bedeiiten fl = flach, br = breit, nb = nicht beobachtet

Fur die NH,-Protonen ist das Signal flach ausgebildet, das der NH-Protonen konnte nicht beobachtet werden. Die Aufspaltung der NCH,-Protonen im CH,-NH-CS-SCH, mit 0,08 ppm kann durch die Ausbildung einer partiellen Doppelbindung zwischen dem C- und dem N-Atom, wie sie auch infrarotspek- troskopisch nachgewiesen wurde, erklart werden. Man erhalt so zwei isomere Verbindungen :

S H, S - ‘x-c/ m,, N - C,’

H’ “S-CH, r- CH,/ \S-CH,

Infolge der unterschiedlichen elektronischen Umgebung ist mit je einem Reso- nanzsignal fiir jede der isomeren Formen zu rechnen.

U’ird vom CH,-KH-CS-SCH, ein ‘H-NMR-Spektrum anstelle von 40°C bei 70°C angefertigt, d a m andcrn sich die Lagen der Signale der NCH,-Protonen und die Intensitatsverhaltnisse nicht. Die Signale sind lediglich sch8rfer ausgebildet.

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Methylester von DithiocarbamidsLuren 97

Tabelle 3 Yassenspektrena) der Methylester von DithiocarbamideAureu

HzN - CS - SCHa CHn-NH-CS-SCHI (CHs)nN-CS-SCHs Fragniention We %, rel. mle 7; rel. m/e % rel.

Haufigkeit Haufigkeit Hzufigkeit

109 108 107 105 95 94 92 91 90 89 88

78 77 76 74 73 72 71 66 65 61 60 59 58 49 48 47 46 45 44

-

6,7 494

84,O 22,2

5,6 ll,? 83,O 339

-

-

- 4,4

48,9

21,7 12,8 12,8

10,F 97,2 68,9 13,3

20,o 91,7

100,o

-

-

5,o

-

123 122 121 105 95 94 92 91 90 89 88

78 77 76 74 73 72 71 66 65 ti1 60 59 58 49 48 47 46 45 44

-

- 5,s

31,0 37,2 7,6

35,2

-

137 136 135 105 9.5 94 92 91 90 89 88 88 78 77 76 74 73 72 71 66 65 61 60 59 58 19 48 47 46 45 44

8,4

100,o 4,0

-

M + + 2 M+ + 1 M+ N-CS --SCHn+ CHsS-SCH& + H CHsS -SCHa+ CS-SCHs+ + H CS-SCHs+ CS -SCHs+ -H CS -SCHa'-2H CHnN-C -SCHs+ (CHS)~NCS+ CS,+ + 2 H CS,- + H CS;' NC-SCHsf + H NC-SCHs+ NC-SCHs'-H NC -SCHs+ -2 H H&+ H2S$-H H,CSCH*+ H,NCS+ HXCR- NCSf SCHaf -+ 2H SCHj+ + H SCHs' SCHl+ SCE7 (CHs)sN+, C S

a) Aufgefiihrt sind die wesentlichen Bruchstiicke m/e 1 4 4 . Sicht angegeben sind die vom Isotog J'S hervorgerufenen Peaks.

In den Massenspektren (ElektronenstoBionisation, 60 eV, Temperatur der Ionenquelle 20 "C) der Methylester werden Bruchstiicke beobachtet, die Tab. 3 zu entnehmen sind. Der Hauptweg der Fragmentierung verliiuft bei den drei Estern uber die Abspaltung der SCH,-Gruppe.

A n m e r k u n g b e i d e r K o r r e k t u r . Naeh Drucklegung der vorliegenden Arbeit ist das 1H-NMR- Spektrum sowie das Infrarotspektrum (Zuordnungen mit Potentialenergieverteilungen) von CH,-NH-CS-SCH, publiziert worden [lo]. Die Ergebnisse stimmen im wesentlichen mit den unseren iiberein. gber spektroskopische Unkrsnehungen a n H,N-CS-SCH, s. [ll].

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Fonds der Chemie sowie die Adolf -Todt-Stiitung haben in dankenswerter Weise Hilfsmittel ziir Verfiigung gestellt.

Literatur 111 111. Mitteilung: G. GATTOW, G. KIEL u. R. GERNER, Z. anorg. allg. Chem. 488, 87 (1982). [2] G. D. THORN u. R. A. LUDWIU, The Thiocarbamates and Related Compounds, Elsevier Pub-

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7 Z. anorg. allg. Chernie. Bd. 488.

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98 G. GATTOW u. R. GERNER

[3] J. v. BRAUK, Ber. Deut. Chem. Ges. 35, 3368 (1903). 141 G. GATTOW u. V. H-~RNKAMM, Z. anorg. allg. Chem. 364,161 (1969). 151 A. D. AINLEY, I\’. H. DAVIS, H. GUDGEON, J. C. HORLAND u. W. A. SEXTOK. J. Chem. Soc.

1944,147. [6] G. GATTOW u. B. STURM, Z. anorg. allg. Chem. 461, 137 (1980). [7] G. GATTOW u. W. EUL, Z. anorg. allg. Chem. 485, 203 (1982). [S] D. HORNER u. G. GATTOW, Z. anorg. allg. Chem. 242, 204 (1978). [9] D. COUCOUVANIS, Progr. Inorg. Chem. 11, 233 (1970); 26,301 (1979).

[lo] K. R. G. DEW, D. N. SATHYANARAYANA u. S. MANOGARAN, Spectrochim. Acta A 37, 633

[ll] K. R. G. DEVI, D. 5. SATHYANARAYANA ti. S. &hNOOARA4N. Spectrochim. Acta A 37, 31 (1981).

(1981).

Bei der Redaktion eingegangen am 14. September 1981.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW und Dip1.-Cheni. R. GERNER, Inst. f. Anorg. Chemie u. Analyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, D-6500 Mainz