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43 [Jeber clws Atropin ; von W. Lossen. __- Niemann hat in seiner Arbeit uber das Cocain (diese Annalen CXIV, 213) die Aehnlichkeit des Cocains mit dem Atropin hervorgehoben , namentlich aagegeben, dafs beim Brhitzen des Atropin - Goldchlorids Benzoiisiiure eatetehe. Dimlbe Shure bildet sich nach H. Ludwig (N. Br. Arch. CVU, 429) beim Erhitzen des Atropins mit 88~81~1 chrom- murem Kali und Schwefelsaure. Mit der Untersuchtlag des hains beschiihig-4, babe ich das Atropin auf dhmiche Weise au seelegen gesucht, wie Qas Wain, um zu erfakren, wie weit die von N i e ma n n angenommene Aehnlichkeit beider Alkaloide gehe. Das Resultat d i e m Versucbe war, dafa das Atropin unter dern Einflufs starker Mineralsluren cerlegt wid in eine Snure, welche nicht Benzoesaure ist, und in eine Bwe, welche ich anfangs fur sauersMfrei hielt, weil sie Qiichtig ist und a m den wasserigen L8sungen ihrer Salze dluch Palihgdrat PIS Fliissigkeit abgeschieden wird. Die iozwischm von Pfeiffer und von Kraut uber das Atropia vsriiffentlichten Untcrsuchungen (diese Annaien CXXVIII, 2’23 uad 280) edhalten vieles, was mil meinen Beobacbtungen iihereinstimmt, nnderes, was von denselben abweicht. Sie veranldsten mich zur nochmaligen Priifung meiner Beobr tungen, deren vorliiufiges Resultat ich im Nachstebenden ver- 6ffentliche, um niir das Recht vorzubehalten, diesen Gegen- stand in der von mir eingeschlagenen Richtung weiter zu verfolgen. Erhitzt man eine LBsung von Atropin in concen- trirter Salzsaure ini Wasserbade , sb erfolgt nur langsani Zerlegung desselberi ; in einigen Stunden vollendet sich diese Zerleyuiig bei 120”. Es scheidet sich am Boden der Flussig-

Ueber das Atropin

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[Jeber clws Atropin ; von W. Lossen.

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Niemann hat in seiner Arbeit uber das Cocain (diese Annalen CXIV, 213) die Aehnlichkeit des Cocains mit dem Atropin hervorgehoben , namentlich aagegeben, dafs beim Brhitzen des Atropin - Goldchlorids Benzoiisiiure eatetehe. Dimlbe Shure bildet sich nach H. L u d w i g (N. Br. Arch. CVU, 429) beim Erhitzen des Atropins mit 8 8 ~ 8 1 ~ 1 chrom- murem Kali und Schwefelsaure. Mit der Untersuchtlag des h a i n s beschiihig-4, babe ich das Atropin auf dhmiche Weise au seelegen gesucht, wie Qas W a i n , um zu erfakren, wie weit die von N i e ma n n angenommene Aehnlichkeit beider Alkaloide gehe. Das Resultat d i e m Versucbe war, dafa das Atropin unter dern Einflufs starker Mineralsluren cerlegt w i d in eine Snure, welche nicht Benzoesaure ist, und in eine Bwe, welche ich anfangs fur sauersMfrei hielt, weil sie Qiichtig ist und am den wasserigen L8sungen ihrer Salze dluch Palihgdrat PIS Fliissigkeit abgeschieden wird. Die iozwischm von Pfe i f fe r und von K r a u t uber das Atropia vsriiffentlichten Untcrsuchungen (diese Annaien CXXVIII, 2’23 uad 280) edhalten vieles, was mil meinen Beobacbtungen iihereinstimmt, nnderes, was von denselben abweicht. Sie veranldsten mich zur nochmaligen Priifung meiner Beobr tungen, deren vorliiufiges Resultat ich im Nachstebenden ver- 6ffentliche, um niir das Recht vorzubehalten, diesen Gegen- stand in der von mir eingeschlagenen Richtung weiter zu verfolgen.

Erhitzt man eine LBsung von Atropin in concen- trirter Salzsaure ini Wasserbade , sb erfolgt nur langsani Zerlegung desselberi ; in einigen Stunden vollendet sich diese Zerleyuiig bei 120”. Es scheidet sich am Boden der Flussig-

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44 Lo s s e n , 2b.v d a s Atropin.

keit eine Siure als zihfliissige Masse ab. Dieselbe wurde in Aether gelost und der Rest durch Schiitteln mit Aether der salzsauren LBsung entzogen. Die vereinigten atherischen Losungen hinterliefsen heini Verdunsten die Saure als einen Syrup, der nur sehr langsam und nnvollsthndig krystdtinisch wurde. Um die noch braun geftirbte SHure zu reinigen, wurde dieselbe destillirt, nachdem ich mich zuvor von der Pliichtigkeit iiberzeugt hatte ; das Destillat erstarrte znm griifsten Theile krystallinisch , war aber noch stark geftirbt. Dasselbe wurde mit Barytwasser behandelt , in welckem sich fast alles aufliiste; die LBsung triibte sich aof Zusatz von Salzsiure dark, die Triibung vereinigte sich nach einiger Zeit entweder zu dendritischen kleinen Krystallen, oder zu Tropfen , welche ebenfalls krystallinisch erstarrten. Durch nochmaliges Auflosen in Rarytwasser , Kochen der Liisung mit etwas Thierkohle und nochmaliges Fillen wurde die Saure vollkommen farblos erhalten. Soweit sich meine Boob- achtungen iiber die so gereinigte Siure erstrecken, stimmen dieselben im Wesentlichen uberein mi: den Beobachtwngen P fe i f f e r ’ s und Krau t ’ s iiber die von ihnen erhaltenen Sauren; es scheint mir nicht zweifelhaft, dak dies8 beiden Sauren sowohl mit einander als mit der von mir erhaltenen Stiure identisch sind. Was die Zusammermetzung betrifft, so kann ich bis jetzt nur die Resultate einer einaigen Ana- lyse mittheilen , aus welchor noch keine Forniel mit. Sicher- heit atnuleiten ist. Ich stelle dieselhen mit den von P f e i f f e r und von K r a u t erhaltenen Resultaten und den daraus abge- leiteten Formeln zusammen.

0,2111 Grm. der geschmolzenen SBuro gaben 0,5709 68* nnd 0,109 HOG.

Formel C24HaW :

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L o s s e n , iiber das Atropin, 45

berechnet gefunaen -.- - 24 6 288 73,Sh 73,76

22 H 22 5,64 b,74 5 8 80 2Q,51 - 624HW6 a90 100,OO.

Pfeiffer's Formel : P 4 H " 0 5 : Kraut's Formel : 69Hsey: berechnet Pfeiffer bereohnet Ktaut

B' 6,12 6,1 H" 6,41 6,bl eu ia,47 73,6 6O 72,97 72,a

Q5 20,41 - 8' 21162 - -- -_

100,oo 100,oo.

Dampft man die salzsaure LBsung des zersetzten Atro- pins. rach Entfernung der Tropaeaure ein, so erhllt men das krystallinisohe, leicht zerfliefsliche srlzsaure Salz der neben der Tropasiure gebildeten Base. Nur in conoentrirter Lbsang desselben entsteht durch Platinchlorid ein Niederscfilag, w e l c h sich beim Erwarmen leicht aufl6st, beim Erkaltdd der Lbsung in scbBnen Krystallen anscbiefst. Die concan- trirte L&ung des salzsauren Salzes schied anf Zusate von Kalileuge eine stark alkalisch reagirende, blige Pltlmigkeit ab, welcbe sich oben auf der kalischen Liisung earnmelt. Da ich mich iiberzeugt batte, dafs die Base mit Wasser- diimpfen flGchtig ist, sucbte ich das noch stark gefkbte Oel dadurch ZD reinigen, dafs ich es, in einer gr6fseren Qaanti- tw Wasser vertheilt, der Destillation unterwarf. Es wurde etwa Pfund Wasser abdestillirt, das Destillat war klar nnd achwach alkalisch; mit Salzsaure neutralisirt hinterlief6 eB beim Yerdampfen im Wasserbad wieder das krystallinische aerfliefdiche Salz , welches mit Platinchlorid denselkten Nie- derschlag gab, wie vor der Destillation. Es zeigte sioh aber, dafs nur ein verhaltnirsnilirsig geringer Antheil der Base sich

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46 L o s a a n , i i h daa Atropin.

verfliichtigt hatte ; debhalb wurden noch drei- bis viermal Pfund Wasser abdestillirt, aus jedem Destillat wurde das

gleiche salzstlure Salz erhalten. Obwohl die ganze Menge der Base kaum 1 bis 2 Grm. betrug, war doch erst der kleinere Theil destillirt ; icli versuchte defshalb den Rest mit Amylrlkohol ubercudestilliren. Derselbe nahm die Base leicht aus der wisserigen Losung auf; bei der Destillation ver- fliichtigt sie sich ebenfalls rnit dem Amylalkohol und kann dem Destillat durch Schutteln mit verdiinnter Salzslure ent- aogen werden. Da aber auch hierbei nur verhillnifsmafsig geringe Quantitlten verfliichtigt wurden , reinigte ich den noch nicht destillirten Rest auf andere Weise. Er wurde den1 Arnylnlkohol durch verdijnnte Salzsaure entzogen, aus dem salzsruren Sala das krystallisirle Pletindoppelmla dar- gestellt. Die Liisuog diesee Platinsalzes in heifsem Wasser wurde mit einer Lbsung von Chlorkalium versetEt, worauf sich beim Erkalten ein reichlicher Niederschlag von Kalium- platinchlorid absetzte. Das Filtrat von demselben wurde im Wasserbad Bur Trockne gebracht und dern Ruckstand des seltsaune 8112 mit absoluteni Alkahol enbogen. Noch Vert jagung des AlkoloIs wurde die concentrirte LBsung des relasawn SaJaes mit Kalihuge versetzt , woduroh sich die Base wieder als Oelschicht, und zwar eiemlieh farblos, ab- schied. 9ie wwde mil miiglichst von Alkohol befreitent Aether dgenommen, die wiisserige LBsung noch mehrmak ma Asther ausgezogen. Die vereinigten Btherischen L6- sungen w r d e n durch Stebnlassen u k r geschmolrener Pot- aeohe enbwissert und dann der Destillathn unterworfen. Nackdem der Aether irn Wleserbade miiglichet vollstihdig ebdestillirl ist, bleibt ein noch braun gefirbtes Oel, welches beim Erkalten faserig krystalliniach erstarrt. Bei varsichtigem Erhilzen ia WassarstolFstrom destillirt ' dasselbe fast farMos uber, ilas Destillat erstarrt wieder krystallinisch. Uni dusselbe

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L o .P s en , iider das Atropdm. 47

yon nllem Aether und etwa noch vorhandener Feuchtigkeit zu befreien, wurde es langere Zeit in einem WasserstoF- strome auf 420° erhitzt, farbte sich dabei aber wider etwas dunkler. Rie Flucbtigkeit der Base und der Urnstand, dafs sie aus den Ldsungen ihrer Salze durch Kali als Fliissigksit abgesohieden wlrd , veranlafsten mich zu der Meinuq, die- selhe sei sauerstofffrei ; die Analyse der Base and ihres Plrtinsalzes eeigte, dafs dem nicht so ist. Zur Analyse wsrde die destillirte, in1 WasserstoffstFom getrocknete Base rerwandt, die aber noch etwas gefarbt war.

0,1742 Grm. gaben 0,4307 68* und 0,1704 HW. berechnet gefunden -----

68 96 6a109 m,4a H ' 6 15 10,64 10,87

14 9,93 - 16 11,34 -

N 0

6BH'sN43 141 100,OO. __ - . -. . - . - .-

Die Base sahmilzt bei circa 60°, bleibt aber weit unter dieser Temperatur flussig. AUS den L6mngen ihrer Sa4ze schied sie sich auf Zusatz yon Kalihuge immer sls A l w d p keit ab, welche selbst unter Oo nicht krystallieirte, sondern hbcbrtens sriihfliissig warde. Nur oinmal, ab ioh Stiickchen des festen salzsauren Salces in Kdilauge brachte, m d e die ausgemhiedene Base ebenfalls fest , und z w r ~ kryetallinisoh. Sie lbst sich in reirem Wasser ziemlich leicht a d , noah leichter in Alkohol und in Aether; die Liisungen reagbea stark alkalisch. Halt man einen mit SalzsHure befeuchteten Glasstab cber die Liisung, so bilden sich an demselben weifse Nebel. Aus der Btherischen Liisung habe iah die Base in kleinen , concentrisch gruppirten Prismen erhalten , zuweilen auch in grdfseren , aber weniger deutlichetl Krystallen. Rie kleinen Krystalle stellen sich unter dem Mikroscop als sehr einfache Combiliationen des Prisma's CP P mit der basi-

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48 Lo 9 s en , tibcr das Atropin.

echen Endfleche OP dar , wie es scheint, dem monoklinoc rnetrischen System angehhrend. Die Winkel weichen nor wenig von 90" ab, so dafs ich anfangs die Krystalle fur die gleiche Combination des quadratischen Systems gehalten habe.

Das Platindoppelsalz der Base ist in Wasser ziemlich leicht loslich ; aus heifs gesiittigter L6sung scheidet es sich beim Erkalten in langen, feinen, orangefarbenen Nadeln ab. Aus weniger concentrirten Lasungen erhiilt man mitunter griifsere, prisrnatische Krystalle, welche, selhst bei Anwen- dung nur geringer Mengen, leicht eine Llnge yon 10 bis 15"'", bei 2 bis 3"'" Breite erreichen, aber keine gut aus- gehildeten Formen zeigen. Aus der kalt geslttigten Losung fiillt Alkohol noch weitere Mengen des Salzes; ist die L6- sung sehr verdirnnt, so scheiden sich auf Zusatz yon Al- kohol oft erst nach liingerer Zeit kleine Krystalle Bus, welche unter dem Mikroscop deutlich erkennbare Porrnen zeigen. Die einfacbsten Formen sind rhombische , viel- leicht schiefrhombische Prismen, combinirt init der basi- schen Endfliiche, so d a b die Krystalle theilweise fast wie Rhomboeder aussehen. An gr6fseren Krystallen zeigen sich noch Pyramiden -, Piriekoid- und andere Fliichcn, deren Deutung mir nicht bei allen gelang. Das iiber Schwefel- siiure gelrooknete Salz kann bis 140° erwarmt werden, ohne an Gewicht abzunehmen; bei 150 his i60° erfolgt Zer- setzung.

1. 0,1969 Grm., iiber Schwefeleilure getrocknet; gaben 0,2004mg, 0,Q891 He€) und 0,0559 Pt.

und 0,1004 H W ; 0,1864 Grm. gaben 0,0629 Pt. 2. 0,2368 Qrm., Uber Scliwcfele#i~re getrocknet, gaben 0,2399 Q€P

3. Dae aus 0,3855 Grm., bei 1200 getrocknet, durch Gluhen mit Natronkslk entwickelte Ammoniak eattigte 3,06 CC. &irter OxalsAure, von welclier 1 CC. 0,006 Qrm. N entspricht.

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L o s sen, i i b t ~ das Atropin. 49

Berechnet ---- 68 96 27,65

H'O 16 4,61

N 14 4,03

8 16 4,61

Pt 9 4 7 28,43

CP 106~6 ao,m G8H"N8,HCl,PtClP 347.2 100,OO.

Zersebung den Atropine erhalteii wnrde. Waamr iiberdeatillhn Base.

1. 1st Platinaale am dem ealzaauren Salz, welchos direct durcb 2. le t Platinsalz aus der mit

Vergleicht man die Angaben, welche K ra ut uber das Platinsalz seines Tropins und das ebenfalls von ihm durch Zersetzung des Atropins mit Salzsaure erhaltene Platinsalz macht, so scheint es mir in hobem Grade wahrscheinlich, dafs dasselbe von dem von mir erhaltenen Platinsalze nicht verschieden ist. K r a u t 's Analysen der Tropinsalze ent- halten nichts, was der Annahme der Formel €*H15NB fur das Tropin geradezu widerspriiche. Defshalb gebe ich der von mir. beschriebenen Base noch keinen Namen , indem K r a u t ' s weitere Yittheilungen es ergeben werden, ob das Tropin mit derselben identisch ist.

Nimint man fiir die Tropasaure die Formel 4S9H8€P an, so liif'st sicb die Zersetzung des Atropins durch die Gleichmg :

dsrstellen. Bei Annahme der Formel GuH2aeb oder P H W b kann nian einstweilen keine einfache Zerselzungsgleichung aufstellen, mfifste auch dem Atropin wahrscheinlich eine weit complicirtere Zusammensetzung zuschreiben, alslman bis jetzt thut. Def'shalb erscheinen mir diese Formeln sehr zweifel- haft, trotz der scheinbaren Uebereinstimmung der Analysen mit denselben.

G1'EosN8s = 68H15N8 + G8H88*

Universititslaboratorium in Ha l le , Februar i€!64. . ._

Anosl. d. Chem. 0. Phsrm. CXXXI. Bd. 1. Heft. 4