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36l Ober das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems. Von B. Geraslmovi~ in Charkow (Rufiland). (Eingegangen am 26. Juli 1926.) Der Aufsatz versueht eine Theorie des statistischen und Strahlungsgleiehgewiehts eines lumineszierenden Atomsystems unter dem Einfhffi einer s Strahlung zu geben. Wenn wit voraussetzen, da~ das Prinzip des ,detaillierten Balancierens" auch im Falle yon elliptiseh-elliptisehen [Jberggngen eines lumineszierenden Atom- systems anwendbar ist, gelingt es, eine Abh~ingigkeit~zwisehen der Strahlungs- intensi~t and tier eigenen Temperatur des Systems festzustellen. Es ergibt sich eine Formel des lonisierungsgleiehgewichts, welehe fiir den Fall des thermo- dynamisehen Gleichgewiehts in die bekannte Sahasehe Formel tibergeht. Eine Anwendung der erhaltenen Resultate anf die Theorie tier Nebelflecke liefert die GrSflenordnung von deren ,Temperatur". Die Theorie des Ionisierungsgleichgewichts eines Atomsystems, welches sieh im Zustande des thermodynamischen Gleichgewiehts befindet, steht jetzt dank den Arbeiten yon Saha, Milne, Fowler u. a. auf einer hohen Stufe. Es ist keine ]Jbertrelbung, wenn wir sagen, dal~ diese Theorie eine der wlch~igsten Grundlagen der modernen Astrophysik bildet: sie gestattete, fast bis auf Einzelheiten das Sonnenspektrnm zu erkl~tren, eine neue Temperaturskale der heil~esten Sterne anfzustellen und hat die Untersuchung der ]~[ikrostruktur des Materials des Inneren der Sterne ermSglieht. ]:hre Grundlage bildet ~edoeh die u dab das Atomsystem slch im Zustande des thermodynamisehen Gleichgewlchts befindet, was mit einiger Genauigkeit nur im Inneren der Sterne in be- trgchtlicher Enffernnng yon der Oberflgche der Fall sein kann. Diese Bedingung ist night einmal im unteren Teile der umkehrenden Sehichten erfiillt, nnd nur elne gewisse Unbestimmtheit der vorhandenen Daten erlaubt eine erfolgreiche Anwendung der S ah a schen Ionlsiernngsformel auf den Fall, in welchem sie strenggenommen nicht gebraucht werden daft -- bei der Erklarnng der S~ernspek~ra. Von ihrer Anwendung auf ein lumineszierendes System, welches durch eine aul3ere Strahhng erregt wlrd, ist natiirlich keine Rede. Jedoeh hal dieser allgemeine Fall (welcher aueh das thermodynamische Gleichgewieht einschliel]t) ohne Zweifel eine grol]e astrophysikalische Bedeutung. Solche Fragen, wie das Leit- verm~gen der Oberschichten nnserer Atmosphgre, Strnktur der Nebelflecke, die Na~nr der kosmischen Ca- und Na-Wolken usw. kSnnen erst dann 24*

Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

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Page 1: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

36l

Ober das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems.

Von B. Geraslmovi~ in Charkow (Rufiland).

(Eingegangen am 26. Juli 1926.)

Der Aufsatz versueht eine Theorie des statistischen und Strahlungsgleiehgewiehts eines lumineszierenden Atomsystems unter dem Einfhffi einer s Strahlung zu geben. Wenn wit voraussetzen, da~ das Prinzip des ,detaillierten Balancierens" auch im Falle yon elliptiseh-elliptisehen [Jberggngen eines lumineszierenden Atom- systems anwendbar ist, gelingt es, eine Abh~ingigkeit~zwisehen der Strahlungs- intensi~t and tier eigenen Temperatur des Systems festzustellen. Es ergibt sich eine Formel des lonisierungsgleiehgewichts, welehe fiir den Fall des thermo- dynamisehen Gleichgewiehts in die bekannte Sahasehe Formel tibergeht. Eine Anwendung der erhaltenen Resultate anf die Theorie tier Nebelflecke liefert die

GrSflenordnung von deren ,Temperatur".

Die Theorie des Ionisierungsgleichgewichts eines Atomsystems,

welches sieh im Zustande des thermodynamischen Gleichgewiehts befindet,

steht jetzt dank den Arbeiten yon Saha, Milne, F o w l e r u. a. auf einer hohen Stufe. Es ist keine ]Jbertrelbung, wenn wir sagen, dal~ diese

Theorie eine der wlch~igsten Grundlagen der modernen Astrophysik bildet:

sie gestattete, fast bis auf Einzelheiten das Sonnenspektrnm zu erkl~tren,

eine neue Temperaturskale der heil~esten Sterne anfzustellen und hat die

Untersuchung der ]~[ikrostruktur des Materials des Inneren der Sterne

ermSglieht. ]:hre Grundlage bildet ~edoeh die u dab das

Atomsystem slch im Zustande des thermodynamisehen Gleichgewlchts

befindet, was mit einiger Genauigkeit nur im Inneren der Sterne in be-

trgchtlicher Enffernnng yon der Oberflgche der Fall sein kann. Diese Bedingung ist night einmal im unteren Teile der umkehrenden Sehichten

erfiillt, nnd nur elne gewisse Unbestimmtheit der vorhandenen Daten

erlaubt eine erfolgreiche Anwendung der S ah a schen Ionlsiernngsformel

auf den Fall, in welchem sie strenggenommen nicht gebraucht werden

daft - - bei der Erklarnng der S~ernspek~ra. Von ihrer Anwendung auf

ein lumineszierendes System, welches durch eine aul3ere Strahhng erregt

wlrd, ist natiirlich keine Rede. Jedoeh hal dieser allgemeine Fall (welcher

aueh das thermodynamische Gleichgewieht einschliel]t) ohne Zweifel eine grol]e astrophysikalische Bedeutung. Solche Fragen, wie das Leit- verm~gen der Oberschichten nnserer Atmosphgre, Strnktur der Nebelflecke, die Na~nr der kosmischen Ca- und Na-Wolken usw. kSnnen erst dann

24*

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362 It. Gerasimovi~,

gelSst werden, nachdem eine allgemeine [onisierungstheorie eines lumi- neszierenden Systems begrtinde~ ist.

In dieser Richtung isf bis ietzt nur ein einziger Versueh gemacht worden. So reduzierten S a h a und Swel) , indem sic die Methoden yon Bose and E h r e n f e s t kombinierten, eine Formel ftir die Konzentration der Atome eines lumineszierenden Systems in einem gegebenen Quanten- zustande und darauf eine Formel [iir ein System, welches durch die mono- chromatische Strahlung erregt wird. Leider kann die Formel yon Saha und Sw e, indem sic sich auf monoehromatische Strahlung bezieht, nieht fiir reelle Fglle gebraucht werden. Es wird im folgenden der Versuch gemacht werden, eine allgemeine Theorie der Ionisierung eines ]umines- zierenden Atomsystems, welches aus Atomen mit geniigend grol]en freien Weglgngen besteht, zu konstruieren.

w 1. A t o m k o n z e n t r a t i o n in e inem g e g e b e n e n Q u a n t e n - zus tande . Es ist bekanntlieh erlaubt, auf ein System, welches sich im thermodynamisehen Gleichgewieht befindet, das Prlnzip des statlstisehen Gleiehgewiehts (,, detailed balancing") de r elementaren Quantenprozesse (d. h. elliptisch-elliptiseher Ubergange) anzuwenden; dieses Pr~nzip erlaubt alas Verhaltnis der Wahrscheinlichkeiten des Ubergangs aus einem Zustande in einen anderen zn bereehnen. Wir betrachten i und j als Indizes zweier bellebiger Quantenzustande (i ~ j), gi and gj als ent-

�9 t spreehende Gewiehte. Es sei ferner ~J(vj)dv die Wahrsehein]ichkeit des Ubergangs yon einem Elektron aus der Bahn (i) in die Bahn (j) mit Energieabsorption (Frequenz v~), durch eine Strahlung yon der Intensitat

i J@.~)dv hervorgeru[en; es sei welter Aj die Wahrscheinllehkeit eines spontanen IJbergangs aus der Bahn (j) in die Bahn (i) mit Auss~rahlung

i p yon derselben Freqnenz, Bj J(v.i)dv dieselbe Wahrseheinlichkeit ffir den stimulierten ]'~bergang (j--~ i). Ffir den Fall des thermodynamisehen Gleichgewichts haben wir dana die bekannten Formeln yon E i n s t e i n :

~ ' ~ d v / c ~. (1)

Da die Wahrseheinliehkeitskoeffiz]enten GrOl]en sind, welehe nieht ,con der Strahlungstemperatur, sondern nur yon den Eigensehaften des Atoms abhangen, so behalten die Formeln -con E i n s t e i n ihre Bedeutung aueh ~m Falle des Nichtvorhandenseins eines thermodynamischen Gleich-

gewiehts.

1) Nature 115, 377, 1925.

Page 3: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

Uber das Ionisierungsgleiohgewiebt eines lumineszierenden Atomsystems. 363

Prof. Mi lne 1) erweiterf, fiir den Fall des thermodynamischen Gleich-

gewichts das Prinzip des ,,detailed balancing" auf e11iptiseh-hyperbolische

und hyperbolisch-elliptisehe Ubergange, indem er voraussetzt, daft die

Zahl der Ionisierungsprozesse, bei welchen ein Elektron aus einem ge- gebenen Quantenzustand mit einer in einem gegebenen Interval1 gelegenen Geschwindigkei~ ausgeliist wird, gleieh ist tier Zahl der Ein_fangprozesse, bei welchen ein Elektron aus demselben Gesehwindigkeitsintervall in

�9 t denselben Quantenzustand iibergeht. Die Rolle des ~ J ( v j ) d v tiber-

nimmt die Funk~ion ~pt ( v ) J ( v j ) d r , welche die Wahrscheinliehkeit der Ionisierung aus dem i-Zustand unter dem Einflu$ der StraMung J (v j )dv bedeutet. Die Ro]le yon ~ J(vj.')d v spielt die Funktion gr ( v ) J ( v ) d r , welche die Wahrscheinlichkeit des Einfangens des Elektrons aus dem gegebenen Geschwindigkeitsinterva]l, welches dureh die S~rahlung stimu-

liert wird, ausdrtickt. Sehliel~lieh spielt die Rolle der Wahrscheinlichkeit eines spontanen ]~Tbergangs j --> i die Funktion F~ (v), das ist die Wahr- scheinlichkeit, dal3 das Elektron beim ZusammenstoJ3en mit ionisierten

A~omen in die i-Bahn hineingezogen wird. Mit Hilfe der P lancksehen Strahlungsgesetzes und der Ioniserungsformel yon Saha erhMt Mi lne :

4 ~ m ~ ~ go c ~ v 2 -vi ( v ) 2), ~Pi (v) ------ gi h3 v ~

c~ gi (v) ;,4 0.) = 2 h ~,3 = E ( ( ~ "

Die Funktion Fi (v) kann mit Hilfe des Korrespondenzprinzips be- rechnet werden, wie es schon yon K r a m e r s a) im R~ntgengebiet und spitter yon R o s s e l a n d 4) ausgeftihrt worden ist.

Es ergibt sich, dal3 iF(v) fiir das Einfangen durch den elektronen- losen Kern folgende Gestalt hat:

F~ ( . ) = ((~-)) �9 e o . s t , V 2 ~2

we n die Hauptquantenzahl desjenigen Niveaus ist, auf welches das Elektron tibergeht, und v mit v durch die bekannte Formel vcrbunden ist:

m v 2 - - h v - - %~,

2 wo Zi die Energie der i-Bahn ist.

~) Phil. 5lag. 47, 209, 1924. ~) m --~ Masse des Elektrons, a ~ Symmetriezahl (Anzahl der spektro-

skopischen Valenzelektronen), .q~ ~-- Gewieht des Normalzustandes des ionisierten Atoms.

3) Phil. ~fag. 46, Nr. 275, 1923. 4) Astrophys. Journ. 61, Nr. 5, 1925.

Page 4: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

364 B. GerasimoviS,

Indem wlr berficksichtigen, da$ Zi ftir aui]ere (optische) Niveaus dutch die Rydbe rgsche Formel dargestellt werden kann:

Zi ~ Zo ( k - q)~/(k § i - - q)~,

wo q der Quantendefekt, k die Azimutalquantenzahl der entsprechenden Serie und i ---- 0, 1, 2 . . . ist, verallgemeinern wir mit ]~[ilne 1) die Funktion Fi v) fiir den Fall der optisehen Niveaus in der Gestalt

C . A q ) ~/(v) - -

V 2

W O

1 1 1 - - 1

C ist fiir die gegebene Serie konstant.

In dem Falle, dal] das Atomsystem, welches durch eine bestimmte Temperatur charakterisiert wlrd, dureh eine sehwarze StraMung yon der- selben Temperatur angeregt wlrd, besteht das sta~istische Gleichgewicht (Statlonarsein der Quantenzust~nde) and das Strahlungsgleichgewicht fiir beliebig kleine Gebiete des Spektrums, und belde werden dureh dieselbe Gleiehung ausgedrfiekt. In dem Falle, welcher uns interessier~ wenn die Gastemperatur mit der Temperatur der Strahlung nieht zusammenfallt, das ist im Falle der Lumineszenz yon station~rem Charakter, bezieht sich das Strahhngsgleiehgewieht auf die integrale Strahlung. Daher fallen die beiden Gleichgewichtsarten nicht mehr zusammen, sondern werden durch zwei versehiedene Gleiehungen ausgedrtickt.

Nehmen wir an, daI~ .ein Atomsystem des gegebenen Elements in dem gegebenen Ionlsierungszustande der Einwirkung aul]erer Strahlung yon vorgesehriebener Dichte unterwoffen ist. Nach elner gewissen Zeit geht das System in einen Zustand fiber, in welchem die Bedingungen der beiden Gleichgewichtsarten erN1R sind, es nimmt die station~re Tempe- ratur an und sein Ionislerungsgrad wird durch den Partialdruck der Elektronen Pe und das Verhaltnis x, der Zahl der ionisierten Atome zur ganzen Atomzahl des Systems charakterlslert.

Wir wollen der Einfachheit wegen annehmen, dal3 die Zahl der Quantenzustande begrenzt und gleieh s ist. Jeder Zustand ergibt uns eine Gleichung, welche ausdrfickt, dal3 die Gesamtzahl der f0bergange in den gegebenen Zustand gleich der Gesamtzahl der [~bergiinge aus dem

l) Monthl. Not. 85.

Page 5: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

~ber das Ionisierungsgleiehgewicht eines lumlneszierenden Atomsystems. 365

gegebenen Zustand in alle anderen ist. Auf diese Weise erhalten wir s Gleichungen fiir das statistisehe Gleichgewieh~ und gleiehzeitig die Gleichung des Strahlungsgleiehgewichts fiir die integrale Strahlung, also

zusammen s ~ 1 Gleiehungen. In iede der s Gleiehungen flit das stati- stisehe G]eichgewieht werden 3 (s - - 1) unbekaunte E ins te insche Wahr- scheinliehkeitskoeffizienten eingehen; mit Hilfe der Formeln (1) reduzieren wir ihre Zahl auf s - 1, so daft im ganzen s ( s - 1) iibrigbleiben. Da

aul]erdemdieAtomkonzentrationenni (i = 1, 2 . . . s - 1) und die Grund- Y0

gr0fen To, pe, x unbekannt bleiben, sind im ganzen s ~ ~ 2 Unbekannte zu bestimmen. Eine partielle L~sung ist natiirlich nut m(igllch im Falle s = 1, d. h. wenn wir uns auf die Grundbahn besehranken.

Darum ist es nStig, elne ergiinzende Hypothese liber~den Charakter des s~ationaren Zustandes des Systems $u konstruieren. Am natiirliehsten erseheint es, das Prinzip des ,detaillierten Balancierens" auf elllptlsch- elliptische Ubergange der Atome des lumineszierenden Systems zu ver- allgemeinern. Diese Hypothese gestattet sofort, die relativen Atomkon-

zentra~ionen (n~)a ls Funktionen yon T O zu linden uad sich yon den

unbekannten Wahrscheinliehkei~skoeffizienten zu befreien.

Wir nehmen an, daf ein System durch eine Strahlung angeregt wird, die in bezug auf eine gegebene Achse symraetriseh ist: 4 g J ( v , O), w o o der Winkel zwisehen tier Achse und dem Strahl ist. Die Intensitat der effektiven Strahhng der gegebenen Frequenz wird sein:

1 I j(v, o) d~ + 3_o 0,) '

we 4 ~ go (v) die eigene Strahlung des Systems ist.

Wenn wit den Ubergang aus dem 0-Zustand in den i-Zustand und umgekehrt betrachten, erhalten wir nach dem Prinzip des ,detaillierten Balancierens" :

i t 0 t n o BoJ(u~) d v -~- ni [A ~ + Bl J (v t ) dy],

!

wo h v ~ : Z o - - Z i .

n o

E i n s t e i n s Formeln ergeben sofort:

_ _ g~ 3-(v~.) - - gA f (v~.). 2 h v~ a - - go

go j ( v 5 -4- c 2

Page 6: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

366 B. GerasimoviS,

Im Falle des thermodynamischen Gleichgewlchts gibt diese Formel den bekannten Ausdruck flit die Konzentrationen:

ni gi e k T O .

no go

Die oben gefundene Formel wurde vor kurzem dutch S ah a und S we (op. cir.) anf thermodynamischem Wege gefunden; bei uns ist sie eine Folge der allgemeinen statlstischen Analyse der Quantenprozesse. Wenn wir ein System yon N Atomen [ N ( 1 - x)neutralen I betraehten, erhalten wir leieht

~ ( 1 - - x ) g ~ f ( v ; ) N ( 1 - - x ) g i f ( v ; ) ---- (2)

nt = ~ gi f (v;.) S

]n bezug auf die Reihe S l~tl~t sich im allgemeinen dasselbe sagen, was (xo - x~ )

ffir die Reihe b (T) ---- ~ g~e ~To der gew~ihnlichen Theorie des

Dissoziationsgleichgewichts gilt. Diese sogenannte ,partition tunction" divergiert in~olge der theoretisch unendliehen Zahl der Quantenzustande. Doch hat U r e y 1) bekanntlich gezeigt, dai] man dieser Schwierigkeit answeiehen kann, indem man die zweite Naherung benutzt, die dem ~-bergang yon der Boy l e -Mar io t t e s chen Formel zur van der Waa l s - schen analog ist. Deshalb will ich die Frage fiber die Konvergenz yon S nicht wetter beriihren.

Wenn wir zu den Gleichungen (2) noeh eine Gleiehung fiigen, welche ausdrfiekt, daft die gesamte Zahl der frelen Elektronen konstant ist (x ~ eonst), so wird das erhaltene System der (s + 1)-Gleiehungen das statisbisehe Gleiehgewicht eharakterisieren. Wenn wir dazu noch die Gleiehung des Strahlungsgleiehgewichts ffir die integrale Strahlung nehmen, erhalten wir ein System yon s + 2-Gleichungen, welches das Problem liist. In der Tat: da es an Zufhfl yon Energie yon aul]eren und yon inneren (x ---- eonst) ~ehlt, ist elne Gasausbreitung bel yon Null verschiedenen Drueken unmSgllch; T o und Pe bleiben konstant, es bleiben folglich auch die n konstant. Die erhaltenen Gleichungen gestatten T O zu finden und ebenso diejenige Funktion yon x und /ge, welche im Falle des thermo- dynamischen Gleichgewichts die S ahasehe Formel gibt.

w G l e i e h u n g des S t r a h l u n g s g l e i c h g e w i c h t s . Wenn wir den Gasdruek geniigend klein annehmen, ktinnen wir die hyperbolisch-

1) Astrophys. Journ. 59, 1, 1924; siehe auch F o w l e r , Phil. ~ag. (7) 1, April 1926.

Page 7: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

Uber das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsysteras. 367

l~yperbolischen ~bergange vernachlgssigen, da sie bekanntlich dutch die Ubergange der gebundenen Elektronen aas den hSheren Bahnen in die niederen ohne Ausstrahlung kompensiert werden, die Zahl der letzteren abet dem Quadrat des Druckes proportional ist. Auf Grand unserer Anaahme fiber die Aawendbarkeit des Prinzips des ,,detaillierten Balan- cierens" auf elliptisch-elliptische t3bergi~nge brauehen wir diese letzteren nicht zu betrachten, da in der Gleichung des Strahhngsgleiehgewlchts die Absorption nnd die Ausstrahlung infolge der Wirkung dieses Mecha- nismas sich genan kompensieren. So bleibt nar tibrlg, den wichtigsten Tell zu betrachten, die hyperbolisch-elliptischen and die elllptisch-hyper- bolischen Uberg~tnge, welche mit den kontinuierlichen Spektren ~enseits der Seriengrenzen zusammenhangen; in diesem Gebiet tritt nRmlich der , ,nicht-Kirchhoffsche" Charakter der Lnmineszenz in Erseheinung.

Es sei ~pi(v)J(v)dv die Ionisierungswahrscheinliehkeit (aus dem i-Zustand) unter dem Einflul~ der Strahhng J ( v ) d r . Die Volumeneinheit des Gases (wir nehmen es einatomig an) wird in der Zeiteinheit infolge solcher Ionisierungsprozesse im gegebenen Spektralgebiete den Energie- betrag absorbieren:

ni h u ~Pi (v) J (v) d

und im ganzen bet allen miiglichen Ionisierungen aus diesem Zustand den Betrag:

n / h v 1~ (v) J- (~2) d 'p,

1, t

WO hy l --~ gi. Somit wird bet allen elliptisch-hyperbolischen (Iber- gangen der Betrag absorbiert:

o ri

Wenn wir annehmen, daft die Gasdiehte nicht so feting ist, da~ wit das ~[ u x w e 1 [ sche Gesetz der Geschwindigkeitsverteilung nieht an- wenden diir~en, so linden wir, dal~ die Zahl der Elektronen, welche mit Geschwindigkeiten zwisehen v and v J - d v in der Zeiteinheit dem ioni- sierten Atom auf der Enifernung Io...io dr d~o begegnen, gleich ist:

m ~2 dp 2 8 ~ 2 N e \ 2 ~ k T o / e- - ~ d v ,

wo Ne die Zah] der Elektronen (iV e ~ 2V-x), m die Elektronenmasse, k die Bol tzmannsche Konstante ist. Wenn n' o die Zahl der ionisierten

Page 8: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

368 B. GerasimoviS,

Atome im normalen Zustmad ist (d. h. der~enigen Atome, die zum Ein- tangen freier Elektronen ~iihig sind), so wird die gesamte Ausstrahlung bei allen m(iglichen hyperboliseh-elliptisehen Ubergangen zum i-Zustand:

/ m \3]2 ~ ~ m v2 8~r~ N e n ' ~ 3 ~ e - 12V~ovSFi(v)[1 ~- ZiZ(~))]d~ ,

0

m v 2 wo v sich aus der Gleichung 2 - - h v - - Z t erglbt uud Fi (v) die

Wahrscheinlichkeit ist, da~ beim Znsammenstol~ mit dem ionisierten Atom das Elektron (v) in dem Zustand i gebunden wird; Fi (v) ist dieselbe Wahrscheinlichkeit, dureh Strahhng stimuliert,, wobei 1):

fo Fi(v) = f ( v . p ) . p . d ~ ,

0

wo f ( v , p ) die Wahrseheinlichkeit des Einfangens bei einem (v.2)-Zu- sammenstol], P0 tier effektive Halbmesser des Atoms ist.

In diesem Falle wird die Grundgleiehung fiir das Strahlungsgleieh- gewicht der integralen Strahlung ~olgende Gestalt annehmen:

9n V 2

0

8 - -1 ~ I ~ ) 2

j v e - /2 ~-o v 8 Fi .(v) [ 1 + hi J (v)] d v, 0 0

wo 2 - - h u - - z i i s t .

Bei der Herleitung dieser Gleichung vernaehlassigten wir die Aus- strahlung und die Absorption der ionisierten Atome und die Ionisierung hilherer 0rdnung. Wie wir welter unten sehen werden, l~l]t sieh dies aries in Betraeht ziehen. Somlt bezieht sich diese Gleichung streng- genommen nur auf Wasserstoff oder He usw.

Die Funktionen ~i(v), F~ (v), Z/ k~nnen als bekannt angesehen werden, da ihre Gestalt nicht yon au~eren Umstanden des Gassystems abh~ngt, sie kSnnen so angenommen werden, wie sie im Falle des thermo- dynamisehen Gleiehgewichts naeh den Formeln yon M i l n e , K r a m e r s

1) Milne, Phil. Mag. (6) 47, 220, January 1924.

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Uber das Ionisierangsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems. 369

und R o s s e l a n d erscheiaen. das Strahlungsgleiehgewicht naeh einer leichten Integration

In~olgedessen ergibt sieh als Gleichung ttir

Z i oo h

N~no k o

Die Bedeutung der Symbole ~, go, gi, AI (i) ist in Im thermodyaamischen @leiehgewicht (T :

2 h v 3 1 5V(1 - -

J ( v ) - - c~ h , ; n~ = b (To) ' e k To __ 1

W0 b (To) sogenannte ,,partition function" ist. Indem wit eiasetzen:

P ~ = N~ ~na ~ v - - (1 + x ) k T o ' (~)

wo P d e r hydrosta~isehe Druek ist, erhalten wir [T O : T] die bekannte S ah a sche Formel:

zo x ~ (k T)~I~ (2 ~ ~)~I~ b' ( T o) ~ e ~ ro

1 - - x a b (To) h 3 '

wo b' (To) ,partition function" fiir das ionisierte Atom ist. Die Gleichung (cr ist altgemeia; sic kann aber nut bei bestlmmten

Voraussetztmgen in bezug auf J ( v ) ntitzlich sein. Nehmen wir an, dal] das Gas eine gentigend dieke Schieht bildet, die yon aul~en dutch eine Strahlungsquelle yon der effektiven Temperatur T beleuchtet wird; nicht welt yon der ~ui]eren 0berfl~tche, wo man die Veranderung der aul]eren Strahlung infolge der Absorption vernaeh]~ssigen kann, wird die effeklive Strahhng J (v) sein:

2 h v 8 1 h v 3 1 J (v) = A . c ~ h; ~ c ~ a ~

e k T __ 1 e k T O _ _ 1

In Abhangigkeit v o n d e r Enffernung der Quelle andert sich A yon 1/~ bis 0. Wenn A = 1/~, T ---- To, so haben wir den Fall des thermo- dynamischen Gleichgewichts. Indem wir (fl)(7) und die Werte ni aus dem vorhergehenden Paragraphen benutzen, erhalten wir nach der Inte-

w 1 angegeben.

To) is~

(Zo -- X~ )

X) gi e k To

V~ ff m~[2 s -- 1 f 2 h 8 go gi v3

0

Page 10: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

370 B. GerasimoviS,

gration ulld einer leiehten Vereinfachung die endgiiltige Gleichung ffir das Strahlungsgleichgewicht :

x ~ a (2 k m)~/~ (k T0)~/~ S' i - - x ~ -p ---- - - h 3 . S

[ ( I

S 'd( i ) f (v~) AkTlog 1 --e 0

h'vi ~ h'vi

S - - 1 V ~ , T hv i h~ i " - - - -

Xo, d (i) + A t~/r e k ro _ --2--

WO o o h v

I e ~odv R i ~ - - hT------

J e g g _ l

und n a c h w 1 f(v'o)= 1. Wema A--~ , T->To, verwandelt sich lmsere Formel in die Sahasche.

w 3. Die G r u n d g l e i e h u n g des s t a t i s t i s c h e n G l e i c h -

g e w i c h t s. Wir wenden uns nun der Herleitullg der Grundgleichung

des statistischen Gleichgewichts zu, welche ausdriiekt, dat~ die Zahl der

freien Elektronen des Systems konstant ist und mit den Konzentrafions-

gleichungen (w !) das Statlonarsein der Quantel/zustande garantiert. Man

finder leieht, daft die Zahl der [onisierungsprozesse (aus dem i-Zustand) gleieh ist : o o

~vi (v) J (v) d n i

und die Zahl der Ein~angprozesse in den i-Zustand:

W O

oo 1 m V2

8~ ~Neno~)'/ m \3/2 f e- h-i-~ov~F~(v)[1 +~J(v)]dv, 0

~1, V 2 - - h v - - g~. 2

Es ist klar, daft die gesuchte Bedingung der Konstanz der Zahl der

freien Elektronen sein wird:

0 v~ o o

'2 ' m 8 / 2 ~ -- I y 8 ~ Ar e no (2~kTo)3/2 ~ i e -

0 0

r n v 2 1 / 2 - - - -

k r0 v 3 Fi (v) [1 + Z~ J(v)] dr.

Page 11: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

Uber das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems. 371

Wenn wir die Funk~ionen ~Pi(v), Fi(v), Zi nach ~ I i l n e - K r a m e r s und J (v) nach w 2 elnfiihren, so finden wir:

1 - - x ~n~s~ ~ o ~ A (i) f 0 '3 . ~ . + I '~ ~-h~- [ - - !] 2 ~ l • dv e k T __ t e k To 1 ~ v ~ , - -

_ _ _

S' (2 ~ k To)312 v + h~, ~i V f i - T - 1

1 e k To

+ ~ f h,, d~, �9 v . I,e ~-~0 - - 1

Wir linden wei~er:

i r e - - 1 "i

W 0

Z ( - - x ) = d~

der Besselsche Integrallogarithmus is~. Analog erhalten wir:

h*

' - - h , - - - - - - - - - - - - - -

J v . ( e#~__ 1 ) , k T - k ' ~ ]

h~

- h ~- - - d v ~.~__ �9 n v . ( e k--T-~ I ) ~ \ - - k--T~176

Die Grundgleiehung des statistischen Gleichgewich~s erhiilt dami~ die Gestal~:

x ~ ~ (2 ~ m)~/~ (k To)~/~ S' P ~ 1 - - x ~ h ~ S

$--1 I ~oizt(i)f(v't) A E J E ( - h v i j \ 1 ~ E / h v i j \ l 1 -- '~-T-')~--2 ~1J t-k-To)J (IX)

\ k T J_ l

Page 12: Über das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems

372 B. GerasimoviS,

Wenn A--* 1 T-o . S--~ b(To) , S' b' i , To, --> (To) , geht diese Formel des statistisehen Gleichgewiehts in die bekannte Sahasehe Formel fiber.

Der Vergleich yon (I) und (II) erlaubt eine Gleiehung aufzustellen, welche T o und A verbindet und die M~igliehkeit gibt, eine yon diesen Grii~en zu bestimmen~ wenn die andere bekannt ist, namlich:

S - - 1 r ~,,i \ / h v i ~l ~ k T o I --- zl(i)f(v ) ] +-2 -l~ kT~

s - - 1 h ~ T

u/ - e

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1VIit A 1 ~, T ~ T O verwandelt sich diese Gleichung in dne Identitat. Es l~l]t sich beweisen, dal], wenn wir diese Gleichung als quadratische .Gleichnng fiir A betrachten, wit nur eine einzige positive

Wnrzel fiir A erhalten, wenigstens in den beiden extremen F~llen: wenn

T - T O klein ist, und wenn es der Einheit nahe ist. Der erste Fall T

entspricht unbetr~chtliehen Abweichungen yore thermodynamischen Gleich- gewleht (umkehrende Sehichten der Sterne), der zweite der Ionisierung aus grofien Entfernungen.

Ein ]umineszierendes System, beleuchtet dutch monochromatische Strahlung einer unendlich sehmalen Spektrallinie, folgt bekanntlich dem Stokesschen Gesetz nnr in dem Fal]e, daft es nicht stationar ist, d.h. dal] die Strahhng fiir die Erw~rmung des Systems oder Ifir eine Arbeit

ehemischen Charakters verbraucht wird. Es ist iedoch nicht sehwer, sich zn iiberzeugen, dal3 ein lumineszlerendes Atomsystem, welches durch eine Strahlung yon end l i ch er spektraler Ausdehnnng beleuehtet wird, dem Stokessehen Gesetze fo]gen und dabei im stationaren Zustand bleiben kann.

Es ist in der Tat nieht schwer zn beweisen, indem man die bekannte Methode der Berechnung des monochromatischen Absorptlonskoe~fizienten [nach der Funktion ~pt(v)] anwendet, dal] sogar im allgemeinen Falle, wie im Falle des thermodynamisehen Gleiehgewlchts, der Koeffizient

]

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~ber das Ionisierungsgleichgewicht eines lumineszierenden Atomsystems. 373

ist. Nach dem Vorherigen ist [iir ein stationgr lumineszierendes System die Zahl der Ein~angprozesse gleich tier Zahl der photoelektrisehen Ionisierungsprozesse und absorbierte Energie g]eieh der ausgestrah]ten Energie. Somit ist die mittlere Energie der absorbierten Quanten gleieh der mittleren Energie der ausgestrahlten Quanten. Indem wir uns er-

1 - - ist es lei~ht zu verstehen, dai3 das Intensitats- innern, dal] cr Vs ,

maximum im kontinulerlichen Spektrum elnes lumineszierenden Systems selbst dann naeh der roten Seite versehoben ist, wenn das System sieh im statiouaren Zustand befindet. Diese Uberlegung ist natiir]ich aueh in dem Falle anwendbar, daft die anregende Strahlung auf ein enges aber endliehes Spektralgebiet beschr~nkt ist.

Bet der Herleitung unserer Gleiehungen vernaehli~ssigten wit die Ausstrahlung and die Absorption tier ionisierten A tome and die Ioni- slerungen hSherer 0rdnung. Wenn wit die benaehbarten Ordnungen in Betraeht ziehen, gleichsam als zwei Phasen, deren Gesamtheit der Be- dingung des statistischen Gleiehgewiehts unterworfen ist, so kSnnen wir ~tir sie Gleiehungen konstruieren, die (II) entsprechen, und wir linden dann eine analoge Formel, nur mit dem Unterschied, dal3 links ftir die

r-re und r ~- l-re Phase x2---+---~lpe stehen wird, wo x 2 die relative Zahl der xfi

Atome ist, welche r Elektronen verloren haben; alle GrS~en, welehe rechts stehen, werden sich auf die genannten Phasen beziehen. Fiir das Strahlungsgleiehgewicht besteht nut eine einzige Gleichung, welehe alle Phasen umfal~t; sie wird sehr kompliziert sein; kombiniert mit den oben- erwahnten Formeln wird sie die Temperatur T o als Funktion yon A bestimmen.

w 4. I o n i s i e r u n g aus grol~er E n t i e r n u n g . Vom Standpunkt der kosmisehen Physik betrachtet, bietet dieser Fall das hiiehste Inter- esse. In ibm konzentrierten sich die Fragen tiber die Leitfahigkeit der hSheren Atmosphi~renschiehten, tiber das Leuchten der Nebelfleeke und die Absorption der kosmischen Ca- und Na-Wolken. Leider wird die Erforschung dieser Probleme dureh zwei Ursaehen verwiekelt. In diesen F~.llen befindet sieh das ionisierte Gas in so thohem Verdtinnungsgrade, dull die Grundformel tier kinetischen Gastheorie daraui nieht anwendbar ist - - die ~reie Weglange ist zu gro~, als dal~ die Zusammenst~l~e die Anwendbarkeit des ~[axwellsehen Gesetzes garantieren k(innten. An- (lererseits ]a{]t uns die niedrige Temperatur dieser Regionen (z. B. der hSheren Atmosphiirenscbiehten) vermuten, daft w i r e s hier weniger mit

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374 B. GcrasimoviS,

einem Agglomerat yon Atomen, als mit einem komplizierten System yon

mehratomigen ]~olekiilen zu tun haben. Diese beiden Hindernisse scheinen

nieht zusammen aufzutreten. So kommt in den hSheren Sehiehten der

irdischen Atmosphgre nur das zweite in Frage, da selbst noch in 800kin

ItShe die molekularen Zusaxnmenst~i~e ziemlich h~ufig sin& Umgekehrt

zeigt das Spektrum der planetarisehen Nebelfleeke, dab wenigstens die

bekannten Elemente sich dort im Atomzustand beflnden; andererseits

fiihrt aber die hydrostatische Theorie 1) an[ so geringe Dichten (yon der

Griil3enordnung 10 -19 CGS), daf bei ihnen die Zusammenstiife selber das

~ a x w e l l s c h e Gesetz nicht garantieren kSnnen.

Wir wollen jetzt unsere Formeln ftir den Fall betraehten, daft A so

gering ist, daf man die Quadrate dieser GriiBe vernachlgsslgen kann.

Wenn wir uns auf elne einzige Quantengrundbahn beschranken und

z ~ To/T setzen, so erhalt die Glelchung, welehe T bestimmt, folgende Gestalt : Z2 2 h r o + h r o

A - - e k To k T ]6 (1 - -z )

hr0

wenn w i r e k To als kleine Gr~ifle erster Ordnung betrachten und die be-

kannte Zerlegung der Integrallogarithmen bei groflen x benutzen,

E(--x) e-x[ 1! 2! 3! ] - - x t - - - - x + x ~ x 8 + . . . .

Diese Gleiehung gestattet uns, die Temperatur eines stationaren Gases in

gegebener Entfernung yon der anregenden Strahlungsqnelle zu bestimmen.

Wit wollen die erhaltene Glelchung versuehsweise auf einen typlschen

planetarischen Nebelfleck anwenden, welcher unter dem Einflug einer intensiven Strahlungsquelle yon hoher Frequenz luminesziert. Diese

Quelle gehSrt bekanntlich zu den Sternen der O-Klasse [sogenannter

Kern ~)] und befindet sleh in sehr grofler Entfernung yon dem Nebelfleck.

Wir sehen diesen Nebelfleck als home sphfirische Gasschicht an, in deren Zentrum sich ein Kern-Stern beflndet; wir nehmen an, daft er aus eln-

atomigem Wasserstoff besteht (ohne Zweifel erseheint dieser mlt He und

He+ zusammen als Hauptbestand~eil der Nebelflecke). Als Grundlage fiir die Rechnung nehmen wlr folgendes an:

~'[ittlerer ~uflerer Winkelhalbmesser tier Schicht . . . . . . . . . . 19,6" ~) mittlere Dickc in Tcilea des ~utiercn Halbmessers . . . . . . . . . 0,3 ~) mittlcrc Parallaxe (mittlcre Parallaxe der normalen O-Sterne) . . . 0,0013 r, a)

1) Siehe meinen Aufsatz in ,Astron. Nachr." 225, Nr. 5382, Juli 1925. '~) Nach Curt is , Lick Publications 13, Part Ill, 1918. :~) Nach Wilson, Astrophys. Journ. 36, 1912.

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Uber das Ionisierungsgleiehgewieht eines lumineszierenden Atomsystems. 375

Wenn wir in diesem Falle den Raum zwischen dem Kern und der

Schieht als vol]kommen durchsiehtig voraussetzen und den Halbmesser des Kernes zu 10 Sonnen-t{albmessern ~ 7.1011 cm annehmen, flnden

wir A yon der GrOl]enordnung 10 -11. Ffir die Temperatur T der Kern- ober~fiche kOnnen wir nach der Temperaturska]e der sehr heil~en Sterne

yon ~ i l n e - F o w l e r T ~ 350000 abs. annehmen. Wenn wir voraus- setzen, da]] die Nebelschicht aus einatomigem Wassersto~ besteht, und

liir v o die Grenze der Lyman-Serie einsetzen, erhalten wir fiir die Tem- peratur tier Nebelsehieht (d. h. fiir einen Tell, welcher der inneren Ober- fl~che ziemlich nahe ist) T o ungefahr ~ 12000 ~ Fiir die He+-Serie glbt unsere Formel eine GrS~e derselben 0rdnung. Wollten wir aber mit K. C o m p t o n und H. R u s s e l l 1) vermuten, da~ die zweiquantige Bahn des Wasserstoffs metastabil ist und sie als Grundbahn annehmen, so wiirden wir ftir T O ungef~hr 2000 o erha]ten.

Obwohl das erhaltene Resultat sehr hypothetiseh ist, charakterisiert es doch klar genng die Ordnung der ,,Nebelfleekentemperatur", und in

dieser ttinsicht steht es scheinbar in sehaffem Widersprueh zu den Er- gebnissen der hydrostatischen Theorie, welehe unter anderem auch au~ der Anwendung der idealen Gasgesetze begrtindet sind. In dem oben zitierten Au~satz, weleher eine makroskopisehe Theorie der sphiirisehen planetarisehen Nebelflecke gibt, babe ieh ge~unden, daft die Temperatur eines typischen Nebelflecks im Geblete des maximalen hydrostatischen Druekes yon tier GrSftenordnung 10 ~ abs. ist. Dieser Widersprueh ist

iedoch nut seheinbar. Die Ergebnisse der hydrostatisehen Forsehung eharakterisieren die kinetisehe Energie der Atome, die zweifellos sehr gering ist. Das Ergebnis der Ionisierungstheorie bezieht sich auf die kinetische Energie der Elektronen - - als der wirklichen Vermittler in der Weehselwirkung zwisehen Strahlung and Materie. Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daft die nnelastisehen Zusammenst(ife zwischen

Atomen und Elektronen diejenige Ausgleiehung der Temperaturen ver- ursachen, welche das Gleichgewicht yon Gasgemisehen charakterisiert, um so mehr, als der Begriff der ,,Temperatur" bei so hohen Ver- diinnungen noch einer erg~nzenden Analyse bedarf.

Wenn die Geschwindigkeiten der Elektronen nach dem M a x w e l ] - schen Gesetz verteilt sind, wird die Temperatur dieienige Konstante sein, welche diese Vertei]ung charakterisiert. Die Untersuehung der Ver- teilung der Elektronengesehwindigkeiten bei der Entladung unter er-

1) Nature 1924. Zeitschri[t [iir Physik. Bd. XXXIX. 25

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376 B. GerasimoviS, 0ber das Ionisierungsgleiehgewieht usw.

niedrigtem Drucke last die Anwendbarkeit des Maxwellschen Gesetzes

auf die Elektronen eines Nebelfleeks miiglieh erseheinen. Es ergibt sich

namlieh I), daS im Liehtbogen die Elektronen in dem Zeitraum zwischen

zwel ZusammenstSl]en vielmalige Veraaderungen des Impulses erleiden,

welche die Maxwellsehe Verteilung der Gesehwindigkeiten garantieren,

sogar unter u die sehr wei~ vom thermodynamischen Gleich-

gewlcht entfernt sind - - wenn geladene WKndchen die schnellsten Elek-

tronen , auslesen", so daS sie ohne Unterlal] die M a x w e 11 sche Verteihng

zerstSren.

Aueh abgesehen yon unserer Definition der ,Temperatur der Nebel-

fiecke" ist es klar, dais die ,,hydrostatische Temperatur" den Elek~ronen

keine hinreichenden Gesehwindigkeiten erlaubt, um ein kontinuierliches

Spektrum ienseits der Grenze der Balmer-Serie zu erzeugen. Eine Aus-

strahlung yon ungefahr E ~--- 3340 A verlangt, daS die Elektronen vor

dem Einfangen eiae Gesehwindigkeit yon der GrSl]enordnung 3.107 cm/sec

besitzen. Sogar diese beseheidene Sehatzung gibt fiir die ,,Temperatur"

einen Wert hiiher als 2000 o abs. Es ist auch interessant zu bemerken,

dal] E d d i n g t o n 2) ftir die Temperatur des interstellaren Gases 10000

bis 200000 erh~lt, wahrend er die ,,Temperatur des Raumes:' auf un- gefahr 300 sehatzt.

U. S. S. R. Charkow. Sternwarte, Juni 1926.

1) I. Langmuir, Phys. Rev. November 1925. ~) Bakerian lecture 1926". Ieh zitiere nach dem sehr kurzen Bericht in

Nature 117, Nr. 2949 ~ai 26, 1926.