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281 [litteilungen aus dem organisch-chemischen Laboratorium der Technischen Hochschule Danzig.] (Eingelaufen am 5. Dezember 1932.) Ober das Nitril der Gluconsaure; von A. Wohl und Odo Yollenberg. Mit 1 Figur im Text. Wahrend fur die Bildung von Carbonylderivaten des Phenylhydrazins und Semicarbazids vielfach die Scetate in Verwendung sind, geht man fur die Oximbildung im all- gemeinen vom salzsauren Hydroxylamin aus, sei es unter Zugabe von Natriumacetat, sei es nach Uberfuhrung in alkoholische Hydroxylaminlosung. Man findet in der Literatur die Angabe, daS das essig- saure Hydroxylamin einen gut krystallisierenden nicht hygro- skopischen, ziemlich leicht fluchtigen Korper darstellt, der allerdings schon bei 90 O uuter Wasserabspaltung in Hydroxam- saure ubergeht. Es ist zuerst von Lossenl) aus den: Sulfat mit Bariumacetat, von J o n e s und 0 e s p e r 2, aus freiem Hydroxylamin und Essigsaure erhalteu worden. duf Grund der vorstehenden Angaben lie8 sich, nach mannigfachen Versuchen und Abanderungen der Apparatur, eine bequeme Methode zur Gewinnung von Hydroxylamin- acetat ausarbeiten, mit Hilfe des in der Figur abgebildeten Apparates, in dem ein Gemenge von salzsaurem Hydroxyl- amin und etwas wasserhaltigem Natriumacetat erst vom Wasser befreit und dann der Sublimation i. V. unterworfen wird. Es wurden so unmittelbar bis 92 Proc. d. Th. an rein em Hy droxyiaminacetat auf verwendetes Chlorid erhalten. Die Ausarbeitung der Gewinnung von Hydroxylamin- acetat sollte in erster Reihe der Untersuchung iiber Oxime der Zuckerarten dienen, die mittels dieses Reagens ohne weiteres in Eisessiglosung hergestellt werden konnten. Der I) A. (Suppl.) 6, 231 (1868). a) Am. 42, 518 (1909); C. 1910, I, 610.

Über das Nitril der Gluconsäure

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Page 1: Über das Nitril der Gluconsäure

281

[litteilungen aus dem organisch-chemischen Laboratorium der Technischen Hochschule Danzig.]

(Eingelaufen am 5. Dezember 1932.)

Ober das Nitril der Gluconsaure; von A. Wohl und Odo Yollenberg.

M i t 1 Figur im Text.

Wahrend fu r die Bildung von Carbonylderivaten des Phenylhydrazins und Semicarbazids vielfach die Scetate in Verwendung sind, geht man fur die Oximbildung im all- gemeinen vom salzsauren Hydroxylamin aus, sei es unter Zugabe von Natriumacetat, sei es nach Uberfuhrung in alkoholische Hydroxylaminlosung.

Man findet in der Literatur die Angabe, daS das essig- saure Hydroxylamin einen gut krystallisierenden nicht hygro- skopischen, ziemlich leicht fluchtigen Korper darstellt, der allerdings schon bei 90 O uuter Wasserabspaltung in Hydroxam- saure ubergeht. Es ist zuerst von Lossen l ) aus den: Sulfat mit Bariumacetat, von J o n e s und 0 e s p e r 2, aus freiem Hydroxylamin und Essigsaure erhalteu worden.

duf Grund der vorstehenden Angaben lie8 sich, nach mannigfachen Versuchen und Abanderungen der Apparatur, eine bequeme Methode zur Gewinnung von Hydroxylamin- acetat ausarbeiten, mit Hilfe des in der Figur abgebildeten Apparates, in dem ein Gemenge von salzsaurem Hydroxyl- amin und etwas wasserhaltigem Natriumacetat erst vom Wasser befreit und dann der Sublimation i. V. unterworfen wird. Es wurden so unmittelbar bis 92 Proc. d. Th. an rein em Hy droxyiaminacetat auf verwendetes Chlorid erhalten.

Die Ausarbeitung der Gewinnung von Hydroxylamin- acetat sollte in erster Reihe der Untersuchung iiber Oxime der Zuckerarten dienen, die mittels dieses Reagens ohne weiteres in Eisessiglosung hergestellt werden konnten. Der

I) A. (Suppl.) 6, 231 (1868). a) Am. 42, 518 (1909); C. 1910, I, 610.

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282 T o h l und Wollenberg,

Grund fiir diese Abanderung der Oximdarstellung lag in der Beobachtung, daB die Eisessiglosnngen der Oxime der Zuckerarten mit Essigsaureanhydrid so reagierten, daB aus der Oximgruppe Wasser abgespalten wurde, ohne dafi im wesentlichen die Hydroxylgruppen des Kohlehydratrestes acetyliert wurden, wenn die Zugabe von Essigsaureanhydrid in geniigend niedrigen Grenzen blieb.

E s entstanden so also unmittelbar die sonst nicht ohne weiteres zuganglichen Nitrile der den Zuckern entsprechenden Monocarbonsauren, wahrend bei Blausaureanlagerung an die nachst niedrigen Zucker j a meist nur Umwandlungs- produkte dieser Nitrile, namlich die zugehorigen Saureamide oder Sauren erhaltlich sind.

Die vorbezeichneten Nitrile sind gekennzeichnet durch aullerordentlich leichte Abspaltung der Blausaure, die sich schon in der Kalte durch Zugabe von Sodalosung und Eisensalz und nachfolgende Ansauerung rnit Salzsaure nach- weisen 1aBt. Die acetylierten Nitrile zeigen diese Reaktion nicht, sondern spalten erst in der Warme, oder rnit iiber- schussigem freiem Alkali behandelt, Blausaure ab.

Durch diese kennzeichnende Reaktion lieB sich der beschriebene Vorgang bei allen untersuchten Zuckern nach- weisen, aber die unmittelbare Reindarstellung des Nitrils ist bisher nur in einem Falle beim Nitril der Gluconsaure gelungen, bei dem die Losungs- und Krystallisationsverhalt- nisse besonders giinstig liegen. Dasselbe Nitril hatte G. Zemplen l ) durch partielle Verseifung des von A. Woh12) zuerst erhaltenen Pentaacetylnitrils dargestellt.

U a r s t e l l u n g vo n H y d r oxy l am i n a c e t a t. Die Vorrichtung besteht aus einem Kolben K rnit Einfiillstutzen E

und Abf uhruogsstutzen A. Zur Vermeidung unerwiinschter Sublimation nach oben und unten reichen durch die Gummistopfen hindurch G1:ts- hohlkijrper G, und GL, in die Stntzen hinein und erfiillen den nicht erhitzten Teil des Rolbens. Das Sublimationsrohr S tragt einen ebenen Flnnsch, an den sich, mit einer Gummischeibe gedichtet, der Flansch der Vorlage anschliefit, wobei das Vakuum den dichten SchluB herhei- fuhrt. Urn Bruch durch Spannungen des Glases beim Erwiirmen und

l) B. 60, 171 (1927). 8, B. 36, 730 (1593).

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Uher das Nitril der Gluconsaure. 283

Abkuhlen zu vermeiden, ist der Behalter H fur die Heizflussigkeit (Paraffinbl) nur bei S angeschmolzen und an dem Entleerungsstutzen A mit Gummi abgedichtet. Eine kleine Schicht Quecksilber schutzt diesen Gummiring vor der Einwirkung des Heizbades.

Der Apparat wird mit 30-40 g Mischung beschickt. Die Vakuum- pumpe (Olpumpe von etwa 1 mm Druck) wird in Betrieb gesetzt und zur Entfernung des Wassers das Bad auf 60° geheizt. Bei dieser Temperatur wird die Mischung fliissig und kocht auf, um sodann fein

porbs, den ganzen Kolben erfiillend, zu erstarren. Das verdampfende Wasser wird in der Kiihltasche W aufgefangen, die ebenso wie die Vorlage mit Hilfe einer Gummidichtung R an die Flanschen des Appa- rates angesetzt ist; sodann wird die Kiihltasche durch die Vorlage V ersetzt und hieiin das Sublimat aufgefangen. Das Hydroxylaminacetat setzt sich an den Wanden sehr feet in sohijnen Rrystallen an. Das Ergebnis nehrerer Sublimationen wird dann mit Hilfe eines passend geformten Messere M entfernt. Nach beendeter Sublimation wird der wesentlich aus Natriumchlorid bestehende, nur wenigzusammengebackene Ruckstand durch die Offnung A entleert. Entleerung und Beschickung nehmen nur wenige Minuten in Anspruch.

Durch Sublimation einer in der Reibschale sorgfaltig zusammen- geriebenen Mischung yon Hydroxylaminchlorhydrat (1 Mol) mit frisch geschmolzenem Natriumacetat (1 Mol) konnten nur 50-60 Proc. d. Th. an Hydroxylaminacetat gewonnen werden. Wie weitereversuche zeigten,

Annalen der'ohemie. 600. Band. 19

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284 Wohl und Wollenherg,

beruhte die geringe Ausbeute auf ungeniigender Durchmischung des Reaktionsgutes. Urn eine bessere Beruhrung der Reaktionskomponenten zu erzielen, wurde das Hydroxylaminchlorhydrat mit krystallisiertem Natriumsalz zu einem dunnen Brei angerieben und nach Entfernung des Wassers der Sublimation unterworfen. Wurde dabei nur mit kry- stallisiertem Natriumacetat gearbeitet , so erhohte sich die Ausbeute auf 70-80 Proc. Bei Anwendung von Mol trockenem und Mol krystallisiertem Natriumacetat auf 1 Mol Hydroxylaminchlorhydrat wurden 80-85 Proc. Hydroxylaminacetat erhalten. Noch bessere Resultate wurden erzielt, wenn etwa ' I 3 Mol krystallisiertes und z/3 Mol trockenes Natriumacetat angewendet wurden , entsprecbend folgender Vorschrift :

70 g (1 Mol) Hydroxylaminchlorhydrat werden mit 50 g krystalli- siertem Natriumacetat zu dunnem Brei verrieben. Beim Zumischen von 60 g geschmolzenem Natriumacetat wird die Mischung allmahlich immer dickflussiger, bis sie schlieBlich zu einer siemlich festen Masse erstarrt.

D a r s t e l lu n g d e s GI u c on s Lure n i t ril s. 1,'L g Hydroxylaminacetat wurden rnit 1,8 g (l/loo Mol)

Glucose in 2 ccm Eisessig bei 100' (Wasserbad) gelost. Die dazu erforderliche Zeit betrug 4 Minuten. Es wurde noch 12 Minuten weiter erwarmt und dann die vollstandig ab- gekuhlte Losung rnit 1,3 ccm Essigsaureanhydrid versetzt und kraftig durchgeschuttelt. Die Losung wurde alsdann 20Minuten auf looo gehalten, darauf abgekuhlt und mi t Nitril angerieben. Nach 3-stundigem Stehen bei gewohn- licher Temperatur war die Krystallisation vollstandig ge- worden. Es wurde abgesaugt und 4-ma1 rnit j e 0,5 ccm einer Losung von Eisessig-Aceton 1 : 2 , dann ebenso niit einer Eisessig-Acetonlosung 1 : 9 gewaschen; zur Entfernung der Essigsaure und zum Trocknen wurde hierauf 5-ma1 mit je 1 ccm Aceton und ebenso mi t absolutem Ather gewaschen nnd durch einen kraftigen Luftstrom, der durchgesaugt wurde, getrocknet. Die Ausbeute betrng 0,95-0,98 g Nitril (53,7-55,4 Proc. d. Th.).

Subst.: 0,180 (21,5', 775 mm), 0,234 (23,0°, 758 mm) ccm N,. 4,476 mg Subst.: 6,690 mg CO,, 2,500 mg H,O. - 2,824, 3,366 mg

C6HllOE.N Ber. C 40,65 H 6,26 N 7,91 Gef. ,, 40,76 ,, 6,25 ,, 7,35, 7,99.

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Uber das Nitril der Gluconsiiure. 285

Die CN-Titration des Nitrilsl), Schmelzp. 146 O, ergab: ber. CN 14,7, gef. CN 12,6.

dargestellten. Diese Verbindung ist identisch mit der von 2 em p 115 n

Eine Nacbprufung der Zemplknschen Angaben zeigt, daS hier Ungenauigkeiten der Beschreibung vorliegen, die die Nachprufung er- schweren. Wenn man der Vorschrift entsprechend von 10 g Penta- acetyl-gluconsaure-nitril ausgeht, und das Losungsmittel bis auf ein Gesamtgewicht von 20 g verdunsten liiBt, erhalt man eine Lasung, die nicht, wie es da he&, ein Sirup ist, sondern eine diinne L8sung, die nicht krystallisiert. Erst bei einem Gesamtgewicht von 8 g erhiilt man einen Sirup, der dann leicht und reichlich krystallisiert. Auffalliger- weise ist auch ein Rohschmelzpunkt von 145O und ein Schmelzpunkt der umkrystallisierten Substanz von 115-1 20 angegeben. Sowohl nach dem angegebenen Verfahren des Umkrystallisierens aus absolutem Alkohol wie nach dem Auswaschverfahren, wie es oben beschrieben wurde, findet man einen Schmelzpunkt von 146 --148O und die Substanz gibt wit der auf dem oben beschriebenen Weg dargestellten keine Depression.

D e r A b b a u d e s G l u c o n s a u r e n i t r i l s . Schon bei dem Versuch, das Gluconsaurenitril durch

Umkrystallisieren zu reinigen, war festgestellt worden, dall in dem Nitril eine empfindliche Substanz vorliegt, die sich leicht zersetzt. Znr Bewinnnng der Arabinose wurde daher versucht, die Blausaure s ta t t mit Barythydrat oder Silber- carbonat z, durch einfache Hydrolyse in neutraler Lijsung abzuspalten und auszutreiben.

Durch eine etwa 15 cm hohe Schicht der Losung von 10 g Gluconsaurenitril (Schmelzp. 144O, CN 11,4 Proc.) in 100 ccm Wasser wurde bei 85' 6 Stunden hindurch unter

I) Die Blausaurebestimmung wurde durch Titration nach L i e b i g - D e n i g h s [J. d. Pharmac. Ch.m. [5] 29, 10 (1894)] vorgenommen, indem eine Probe des Nitrils (etwa 0,2 g) in 25 ccm Wasser geliist und mit 3 ccm 10-proc. Ammoniak und einem KSrnchen Jodkali als Indikator versetzt mit einer '/,,-Silbernitratlasung his zur leicbten Triibung titriert wurde. 1 ccm n/,,-AgN0,-L6sung zeigt an 5,202 mg CN. Zur Priifung der Metbode wurde das von Wohl [B. 26, 730 (1893)l zuerst dargestellte Cluconsaure-pentaacetyl-nitril titriert. Ber. CN 6,7, gef. CN 6,6.

s) Z e m p l h , a. a. 0. 19 *

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286 Wohl und Wollenberg, Uber das Nitril der Gluconsaure.

Ersatz des verdampfenden Wassers ein kraftiger, mit Hilfe einer Jenaer Glasfritte fein zerteilter Kohlensaurestrom hin- durchgeleitet, bis in einer alsdann vorgeschalteten salpeter- sauren Silbernitratlosung eine Cyansilberbildung nicht mehr festgestellt werden konnte. Ebenso gab eine Probe der Losung nicht mehr die kennzeichnende Berlinerblaureaktion. Die Arabinoselosnng wurde hierauf mit 2 g Tierkohle ver- setzt und noch 2 Stunden unter Durchleiten von Kohlensaure bei 85O gehalten. Die von der Tierkohle befreite Losung wurde i. V. bei 50° im kleinen Kolben stark eingedampft und im Vakuumexsiccator u ber Schwefelsaure krystallisieren gelassen. I m Laufe einer Woche wurden so 4,8 g an schon krystallisierter d-Arabinose gewonnen. Die Mutterlauge lieferte noch 0,7 g eines etwas unreineren Produktes. Ge- samtausbeute 5.5 g.

Da das *4usgangsmaterial rnit 144 Proc.(theoret. 14,7Proc.) 77,5 Proc. reines Nitril enthielt, betrug die Ausbeute bei Gewinnung d w freien Arabinose 84 Proc. d. Th.

Bei der Abscheidung der Arabinose als Diphenylhydrazon l) wurden folgende Werte erhalten: 1,1946 g Gluconsaurenitril (Schmelzp. 144O) mit . (Titration) enthaltend demnach . . . . . . . 78,2O/, reines Nitril gaben bei der Blausiiureabspaltung 0,7085 g AgCN 78,7 AgCN An Diphenylhydraeon vom Schmelzp. 199 0 wurden

11,5O/, CN

erhalten 1,685 g . . . . . - . . . . . 78,5°/0

Der Abbau des Gluconsaurenitrils zur Arabinose IaBt sich demnach bei Isolierung der Arabinose als Diphenyl- hydrazon quantitativ durchfiihren.

l) C. N e u b e r g und J. Wohlgemuth, H. 36, 31-40 (1902).