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i 61 Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Saure ; von F. Raschig. (Eingelaufen den 20. Juni 1887.) (Hiereu Tafel I.) . . I. Kritik der jeteigen Anffasenng der Snlfammonverbin- dnngen. Im Jahre 1845 beschrieb Fremy") eirte Reihe yon Kalisalzen, welche beim Zusammenbringen yon schwefligsaurem und salpetrigsaurem Kali entstehen, und die seitdem als Kali- salze der Schwefelstickstoffsauren bekannt sind. Entsprechend dem Standpunkte der chemischen Forschung zu jener Zeit stellte F r e m y nur die empirische Zusammensetzung dieser Korper fest, jeden Urtheils uber ihre Constitution enthielt er sich. Spiiter hat C l a u s "+), zum Theil in Gemeinschaft mit K o c h , diese Verbindungen von Neuem untersucht und Constitutionsformeln dafiir aufgestellt. Nach C 1 a u s sind sammtliche hierher gehorigen Verbindungen Kalisalze von Sulfostiuren; sie enthallen die Gruppe -S09K an Stickstoff gebunden und zwar bei einigen an dreiwerthigen, bei den meisten an funfwerthigen Stickstoff, der mer dabei noch mit Sauerstoff oder Wasserstoff verbunden sein kann. Er theilt die Verbindutigen in drei Gruppen : i) Sulfammonsaureverbindungen, welche funfwerthigen Stickstoff enthalten, der aufser mil Wasserstoff nur noch mit Sulfogruppen in Verbindung steht. Hierher geh6ren die Sake : *) Dime Annslen 56, 315. **) Claus und K o c h , diese Aniialen 16S, 336; Claus, daselbet 16=, 351; a68, 52, 194. Annalsn dsr Odemie 241. Ed. 11

Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

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Page 1: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

i 61

Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Saure ;

von F. Raschig. (Eingelaufen den 20. Juni 1887.)

(Hiereu Tafel I.) . ..

I. Kritik der jeteigen Anffasenng der Snlfammonverbin- dnngen.

Im Jahre 1845 beschrieb F r e m y " ) eirte Reihe yon

Kalisalzen, welche beim Zusammenbringen yon schwefligsaurem und salpetrigsaurem Kali entstehen, und die seitdem als Kali- salze der Schwefelstickstoffsauren bekannt sind. Entsprechend dem Standpunkte der chemischen Forschung zu jener Zeit stellte F r e m y nur die empirische Zusammensetzung dieser Korper fest, jeden Urtheils uber ihre Constitution enthielt er sich. Spiiter hat C l a u s "+), zum Theil in Gemeinschaft mit K o c h , diese Verbindungen von Neuem untersucht und Constitutionsformeln dafiir aufgestellt. Nach C 1 a u s sind sammtliche hierher gehorigen Verbindungen Kalisalze von Sulfostiuren; sie enthallen die Gruppe -S09K an Stickstoff gebunden und zwar bei einigen an dreiwerthigen, bei den meisten an funfwerthigen Stickstoff, der mer dabei noch mit Sauerstoff oder Wasserstoff verbunden sein kann. Er theilt die Verbindutigen in drei Gruppen :

i ) Sulfammonsaureverbindungen, welche funfwerthigen Stickstoff enthalten, der aufser mil Wasserstoff nur noch mit Sulfogruppen in Verbindung steht. Hierher geh6ren die S a k e :

*) Dime Annslen 56, 315.

**) Claus und K o c h , diese Aniialen 16S, 336; Claus, daselbet 16=, 351; a68, 52, 194.

Annalsn dsr Odemie 241. Ed. 11

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162 R a s ch ig , iiber das Verhalten

Tetrasulfammoneaures Kali, HN(SOaK), + 8 H,O ; Trisulfrrmmonnourea H,N(SO,K), f 2 H,O. Disulfammonsaures H,N(SO,K),.

Diese Verhindungen geben beini Gliihen mit Natronkalk allen Stickstoff in Gestalt von Arnnioniak ab.

2) Sulfoxyazosaure Salze. Sie enthalten ebenfalls funf- werthigen Stickstoff, der aber aufser niit Sulfogruppen und Wasserstoff aucti uoch rnit Sauerstoff verbuiiden ist :

Kali, OIN: (SO&. + H*O. Trieulfoxyazosaures Disulfhydroxyazossures II O=N=(803K), + 2 H,O.

I H

OK I

Sulfazotinsaurea I H N - N=O. I

(SO,K), k0.K 0

/ Oxye~fazotinssures ,, N - ‘N=o.

(Sb,K), SOJC I

Diese K6rper geben beim Gluhcn mit Natronkalk nur einen Theil des Stickstoffs in Gestalt von Ammoniak ab, und zwar die drei erslgenannten

3) Sulfaminsiiurcverbindungen. Sie enthalten dreiwerthigen Stickstoff :

der letzle

Sulfhydroxylsminsaurea Kali, IIO-NH-SOIK. Yulfhydroxylaminsilure HO-NH-SOSH.

Die bekannteste und am leichtesteii herzustellende Vcr- bindung ist unstreitig das tetrasulfammonsaure Kali, wclches sich aus einer neutralen Kaliurnsulfitl6sung, auf Zusatz von etwas Kaliutnnitrit , gewhhnlich nach wenigen Minuten in langen glanzenden Nadeln abscheidet und in kurzer Zeit die Fliissigkeit zu eineni Krystallbrei erstarren macht. Dicser Kfirper, d c m nach C 1 a u s die Formel HK(SOSK)I + 3 l i& zukommt, ist nur bei gewohnlicher Ternperatur bestindig ; 16st man ihn in siedendem, scliwach alkalischen Wasser auf, so spaltet er eine Sulfogruppe unter Ersatz derselben durch

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der ealpetragen zur schwejligen Siiure. i 63

Wasserstoff ab und es krystallisirt heini Erkaltetr trisulfammon- saures Kali, H2N(SOsK)s + 2 H,O, aus, ebenfalls in langen Nadeln, welchc im Aussehen denen des tetrasulfammonsauren Salzes vollkommen gleichen. Das trisulfammonsaure Kali 16st sich bei Gegenwart von Alkalien euch in siedendem Wasser unversndert auf ; ist die Flbsigkeit aber nicht alkalisch, so

giebt es wiederum eine Sulfogruppe ab, und PUS der nun sauer gewordenen Losung scheidet sich disulfammonsaures Kali HSN(SO,K)p, ab. Bine fernere Stufe, das monosulfammon- saure Kali, NH4SOSK, welches mit dem schwefligsauren Kali- ammoniak identisch oder isomer soin wurde, darzustellen, ge- iang CI a u s nicht ; denn das disulfammonsaure Kali wird, wie m sagt, beim andauernden Kochen seiner Losung mit verdtinnten SPuren vollkommen zersetzt, wobei Schwefelslure, Ammoiiiak und etwas schweflige SIure entsteht. Beim Erwiirmen mit concentrirten SIuren 16st es sich zu schwefelsaurem Kali und schwefelsaurem Ammoniak ; eiiies Auftretens von schwefliger Saws hierbei geschieht nicht Frwiihnung.

Die C I a u s 'sche Auffassung der Schwefelstickstoffsalze is; allgemein angenommen worden und in die grijfseren Lehr- bucher iibergegangen.

Die Angabcn von C 1 a u s cnthalten jedoch innere Wider- spriiche, auf welche man, wie es scheint, bisher nicht genugend geachtet hat. Wenn das tetrasulfamrnonsaure Kali wirklich die Zusaminensetzung NH(SOSK), besitzt, also ein Derivnt der liypothctischen Verbindung NH5 ist , so ist es nicht mtiglich, dafs, wie C l a u s behauptet, dieses Salz sich beini Kochen mit verdunnten Sluren und beim Erwarmen mit co~iccntrirtercn in der Weise zersetzt , dafs aller Schwefel in Scliwefthiiure und aller Stickstoff in Ainmoniak tibcrgeht ; inindestens iniifsle, wt:nn die clngcgebene Reaction eintritt, nach der Gleicliung :

eine Entwickelung voii Wasserstoff zu bemcrkeii seiii, wovon NH(S0jK)A -+ 4H10 = 4KIISOI + XIIS + Hp,

i i *

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i 64 R a e c h i g , i iber das Verhalten

jedoch nichts erwhhnt wird. Beirn trisulfammonsauren Kali finden wir dieselbe mit der Formel NHp(S08K)3 nicht im Einklang stehende Angabe , es werde von concentrirter Schwefelshure beim Erwirmen gel6st und ohne Gasentwicke- lung in schwefelsaures Kdi und schwefelsaures Ainmon uber- gefuhrt. Das disulfammonsaure Kali NH4(SOaK)*, welches sicli allerdings beiin anhaltenden Kochen seiner wasserigen Losung zu Kalium- und Ammoniumsulfat umsetzen SOU, wahrend etwas scl~wejhge Saure entweicht, soll beini Erwhrmen mit concen- trirten Sauren glatt in schwefelsaures Kali und schwefelsaures Ammon ubergefuhrt werden. Auch sind die Angaben fiber das Verhalten des tetrasulfammonsauren Kalis zu Chamiileon nicht deutlich genug ; uni daraus mit Sicherheit ersehen zu k h n e n , ob die Substanz, wie inan erwarten sollte, reducirende Eigenschaften besitzt.

Vor alletn aber ist gar keine Ucbereinstimmung herzu- stellen zwischen den Angaben, welche C l a u s Dber das disulfainriionsaure Kali niacht , und denen von B e r g 1 u n d iiber den gleiclien K6rper.

B e r g 1 u n d hat die I'roducte untersucht, welche bei der Einwirkung von trockenein Amnioiiiak auf Schwefelsaurean- hydrid resp. auf Chlorsulfonsaure CISO, . OH entstehen. Er liat gefunden , dafs dabei hauptsachlich das Animonsalz der

lmidosulfonsaure N H < ~ ~ ~ ~ ~ gebildct wird , und dds ein aus

diesein Ainmonsalz durch Behandeln niit Kali hergestelltes imidosulfonsaurcs Kali NH(SO,K), mit deni disulfainmonsauren Kali yon C I a u s NI18(S0,fi),, welches zwei Wasserstoll'atomt? melir enthalteri soll, identisch sei. I)a nun eine Verhindung der letztereri Zusammensetzung nicht gut aus Ainmoniak und Chlorsulfonsairre entsteheii kann , so crklart Be rg I u n d die C l a u s'sche Forinel fur falsch. Er hebt dunn Zuni Theil die sclion erwiilinten Widerspriiche in C 1 a us' Abhandlungen her-

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der sa lpehgen ZUT schwejligen Saure. 4 65

vor und zeigt , d a h dieselben verschwinden, wenn man das disulfammonsaure Kali als imidosulfonsaures Salz , das trisulf- ammonsaure Kali NH2(SOIK)*, ebenfalls unter Abstrich zweier Wasserstoffatome , als N(SOJK)S, also als nitrilosulfonsaures Kali auffafst. lndessen so klar die Richtigkeit dieser Behaup- tungen RUS B e r g 1 u n d 's schwedischen Originalabhandlungen ") hervorgeht, so wenig lberzeugend wirken in gleicher Hinsicht die kurzen Mttheilungen ++) , welche in deutscher Sprache uber diesen Gegenstand erschienen sind, und es kann daher nicht Wunder nehmen, dafs die AngAben B e r g l u n d ' s nur als solche registrirt ***) und die von C l a us ruch fernerhin als bewiesen hingestellt wurden.

Eine Neuuntersuchung des nach den Vorschriften von C I a u s dargestellten disulfammonsauren Kalis hat nun die vollstlndige Richtigkeit der Angaben B e r g I u n d 's ergeben. Da die Bestimmung des Kalium-, Schwefel- und Stickstoff- gehalts nicht die Entscheidung zwischen den Formeln NHa(SOsK), und NH(SOSK), bringen konnte, so wurden vor allen Dingen die Eigenschaften der vorliegenden Verbindung untersucht. Es zeigte sich, dafs sie nicht im geringsten reducirenden Charakter besitzt; ihre LBsung wird durch den ersten Tropfen Permanganat bleibend gerothet ; schmiizt man die Substanz mit Soda und fiigt zur salzsauren LBsung der Schmelze Bromwasser, so farbt sie sich sofort gelb. C l a u s' Angaben fiber den vollstandigen Zerfall der Substanz beim Erwlrmen mit starken Sauren bestatigten sich nictit ganz; selbst als sie mit vie1 concentrirter Salzsiiure mehrere Stunden auf iOoO erwiirmt war, fie1 durch Chlorbaryum noch nicht aller Schwefel als schwefelsaurer Baryt aus. Dagegen tritt ein ganz glatter

e *) Lunds universitets Arskrift, 13 und 13.

*Ir) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 8, 252, 1896.

***) Siehe z. B. Graham-Otto's Lehrbuch der Chemio.

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i 66 R a e c h i g , iiber daa Verhnhen

und vollstandiger Zerfall ein, wenn die concentrirte wlsser ige L6sung mil dem doppelten Volumen s tarker Salzsaure einige Stunden im zugeschmolzenen Rohr auf 150° erwlrmt wird; der lnhalt des Kohrs, in dem sich nicht der yeringste G'der- dwck befund, wurde nach der Operation getheilt und in der einen Hllfle die Schwefelsiiure mit Chlorbaryum, in der anderen das Ammoniak durch Destillation rnit Natronlauge beslimmt. Beide Bestimmungen licferten genau die fur NH(SO,K), berechneten W erthe , watirend beim Zerfall eines K6rpers NHs( SOSK), entweder freier Wasserstofl' oder aher ein Reductionsproduct der Schwefelsiiure hiitte entstehen mussen.

Das disulfammonsaure Kali ist also aus der Literatur zu streichen und an seine Stelle das imidosulfonsaure Salz zu setzen, und ebenso ist das in jeder Hinsicht ein analoges Verhalten zeiyende trisulfammonsaure Kali voii C l a u s in Zukunft als nitrilosulfonsaures Salz zu belrachten.

Wie aber sol1 rntln das tetrasulfarnrnorisaure Kali von C l a u s auffassen? Aucli die Antwort auf diesc Frage ist schon von B e r g I u n d angedeutet worden, indem derselbe namlich auf die Aehnlichkeit , welche dieses Salz init dem trisulfarnmonsauren Kali zeigt, aufinrrksatn niacht und durch- blicken lafst, dafs beide wohl identisch sein m6chten.

Die Identitiit d e r beiden lafst sich in der That beweisen. Wie in1 folgenden Abschnitt naher auseinandergesetzt werden SOU, giebt das disulfammonsaure Kali beim Koclien seiner wlsserigen LGsung mit wenigen Tropfen Salzsaure gerade die Halfte seines Schwefelgehalts in Gestalt von Schwcfelsaure a b , welche durch Chlorbaryum zu fiillen und als schwefel- saurer Baryt zu bestinimen ist. Analysirt man also das disulfarnmonsaure Kali so, wie man gewdinlich Sulfate zu behandeln pflegt , indem man die stark verdiinnte, siedend heifse L6sung mit Clilorbaryum fiillt, so h d e t man gerade

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der salpetrigen zur schwefligen Same. i 67

die Hiilfte des wahron Schwefelgehalts. Trisulfammonsaures Kali giebt in gleicher Weise genau 2/s des Cesammtschwefels als Schwefelsaure aus , und das tetrasulfammonsaure Kali sollte, wenn es die Stufenleiter fortsetzte, 3/r seines Schwefels abspalten.

Der Versuch zeigt aber, dafs durch Flllen der schwach sauren, siedend heifsen Liisung mit Chlorbaryum nur P/e des Gesammtschwefelgehalts gefunden werden konnen.

Berechnet ftir tetrasnlfammoneaurea Kali NH(SO,K), + 3 H,O. 8 = 23’47,

also ’I8 S = 15’66.

8 = 17,60.

Gefunden S = 16,06 und 16,03.

Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dafs C I a u s’ tetrasulfarnmonsaures Kali mindestens zum weitaus griifsten Theil aus trisulfammonsaurem Salz, oder, wie es jetzt zu nennen ist, aus nitrilosulfonsaurem Kali bestand.

Was C 1 a u s bcwogen hat, die Existenz einer Verbindung NH(S03H)4 anzunehmen, das waren jedenfalls die analytischen Ergebnisse , welche seine Verbindung lieferte. Allein die folgende Zusammenstellung zeigt, dafs wenigstens der procen- tische Kaliurn- und Schwefelgehalt heim tetrasulfammonsauren Kali, in dem C l a u s 3 Mol. Wasser annimmt, und beim nitrilosulfonsauren Kali, welches mit 2 Mol. Wasser krystallisirt, so nahe aneinander liegen, dafs aus ihnen auf die wahre Zusammensetzung nicht zu schliefsen ist.

Berechnet far Gefunden c -

NH(SOaK), + 3 HSO N(908K)s + ZH,O IC 28,68 28,80 28’62 28,66 - 8 23’47 23,57 23,49 a3,og 23’24

N a,m 3,43 - - - - - - B¶O 9’90 8,84

Bedeutendere Unterschiede, welche ausschlaggebend sein kBnnten, finden sich nur im Wasser- und im Stickstoffgehalt.

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168 R a e c h i g , iiber das Veriralten

Nun ist aber der Wassorgehalt des vorliegenden Karpers auf die gewtihnliche Weiso, durch Trocknen bei iiOO, kaum zu bestimmen. Schon C la us weist auf die Schwierigkeiten hin, mit denen solche Bestimmungen verkniipft sind; das Sah zersetzt sich niimlich gewGhnlich, noch ehe alles Wasser ausgetreten ist, unter Abscheidung von saurem schwefelsauren Kali, welches seinerseits Wasser anziehend wirkt. Die Wasser- bestirnmung kann also nur rlann richtig ausfallen, wenn zufiillig einmal alles Wasser ausgetreten ist, ehe der Zerfall des K6rpers sclbst begonnen hat und wenn die Substanz gerade in diesein Augenblick aus dem LuRbad genommen wird. C I a u s gicbt als Resultat verschiedener Wasserbestirnmungen 10 bis i t pC. HsO an; mir ist es niernals gclungen, diese Zahl zu crreichen. Jedenfalls ist auf diese Resultate kein grofser Werth zu legen und es bleibt nur noch der Stick- stoffgehalt als ausschlaggebend fiir die eine oder andere Formel ubrig. Leider ist es hier niemals miiglicli, vermittelst der Methode, welche C I a u s zur Analyse der Sulfaminonver- bindungen anwaridte , durch Destillation mit Natronkalk, den wahren Stickstoffgehalt zu finden. Eine grofse Anzahl von Sticksto~estimmuagen ergab , mit den von C I a u s a n g e gebenen Werthen gut iibereinstimmend :

N = 2,44; 2,57; 2,63; 2,64; 2,65; 2,78; 2,95; 3,02.

(Berechnet fur NH(SO,K), + 3Hp0 : 2,57.)

Als aber Stickstoffbestimmungen auf volumetrischem Wege ausgefuhrt wurden, zeigte sich sofort, dafs der Stickstoffgehalt etwas hoher liegt und detn fur nitrilosulfonsaures Kali be- rechneten entspricht.

Berechnet Gefuuden

N 3,4a 3,45 3,62.

Die zu niedrigen Resultate der Cl a u s 'schen Bestimmungen fiden also ihre Erkliirung in der analytischen Methode; eine geringe Verunreinigung der Substanz, deren Natur aber erst

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der salpetrz'gen PUT schwejigen & w e . i 69

im Abschnitt 4, nachdem der ganze Verlauf der Reaction zwischen salpetrigsaurem und schwefligsaurem Kali dargelegt ist, niiher besprochen werden kann, bewirkt, dafs das soge- nannte tetrasulfammonsaure Kali beim Gliihen mit Natronkalk nicht allen Stickstoff in Gestalt von Ammoniak abgiebt. Uebrigens giebt C I a us selbst an, d a b er sein tetrasulfammon- saures Kali nicht ganz rein habe erhalten khnnen.

An Stelle der C 1 a u e 'schon Stufenleiter :

tetrasulfammoneaures Kali.

tritt nlso nun die Reihe :

N H W s K ) , 4- 3H8, -

NHs(80a1os + 2&O, trisulfsmmoneauree Kali. nitriloenlfonsauros Kali.

disulfammonsaures Kali. imidosulfoossuree Kali.

amidoeulfonsaures Kali.

Ammoniak.

N W a K h 4- 2HdA

NHa(SO&)s, NH(SOaK)s,

- KH&JO,Kl

NHai

Es liegen also hier keine Verbindringcn des funfwerthigen, sondern solchc des dreiwerthigen Stickstoffs vor. Dafs unter den Schwefelstickstoffsalzen allerdings auch einigc existiren, in denen man funfwerthigen Stickstoff annehmen mub, wird nachher auszufuhren sein.

Es verdient bemerkt zu werden , dafs Y e n d e 1 e j e f f ") schon vor B e r g l u n d auf rein speculativem Wege zu der Ansicht gekornrncn ist, dafs den Sulfammonverbindungen die nunmehr erwiesene Constitution zuzuschreiben sei.

11. Die Prodnete der Reaction zwiechen salpetriger nnd eehwefliger Sanre in alkaliseher LIsnng nnd ihre Derivate.

a) Nitrilosulfonsanres Kali und seine Derivate. Das nitrilosulfonsaure Kali, N(S03K)S + 2 HoO (sulfam-

monsaures Kali von P r e m y , trisulfarnrnonsaures Kali von

*) Ber. d. doutsch. chem. Gee. 8' 872.

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i 70 R as c h ig , iiber das Vmhalten

C I a u s), wird am besten nach dem von C I a u s angegebenen Verfahren hergestellt. Es kann aus alkalischer Litsung urn- krystallisirt werden und schiefst immer in langen diinnen Nadeln von sch6nem Seidenglanz an. Ueber die Krystallform theilt Herr Dr. F o c k, dem ich sammtliche in dieser Arbeit angefiihrten krystallographischen Bestimmungen verdanke, folgendes mit :

,,System rhombisch. a : b : c = 0,8i56 : i : ?

Beobaclitete Formen a = (iOO), m = (110) und n = (120). Die Krystalle bilden sehr feine Nadeln ohne Endlliichen.

Beobachtet Berechnet a : m = 39O12' - a : n = circa 58O 58O39'.

Spaltbarkeit nicht beobachtet. Ausliischungsrichtung des Liclrles auf den Prisinenllachen parallel den Kanten.=

Beim Abkiihlen einer sehr s tark alkalischen 1,iisung erhalt man die Nadeln aubers t fein und hiegsam und so rnit einander verfilzt, d a b d e r Krystallbrei einen schwammartigen Charakter gewinnt. Zur Analyse wurde die abfiltrirte und einige Male mit kaltem Wasser gewaschene Krystallmasse auf por6se Thonplatten gestrichen und dann einige Stunden im Exsiccator iiber Schwefelsilure auf'hewahrt.

Berechnet Gefunden ~ ~~

K 28,80 28,82 - - N 8,43 3,a5 3,42 3,44.

S 23,57 23,22 23,39 -

Ldst man nitrilosulfonsaures Kali in siedendenr Wasser auf und setzt Chlorbnryum hinzu, so scheidet sich geradc 2/s des Schwefelgehalles als schwefelsaures Baryt ab.

Bereohnet Gefunden ?a s 16,71 16,29.

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der ealpetrigen zur sch wej igen Saure. 17i

Die Verbindung geht also beitn Behandeln mit siedendem Wasser nach der Gleichung :

in Amidosulfonslore aber , welche , wie B e r g I u n d gezeigt hat , in saurer Liisung bestindig ist und Chlorbaryum nicht fallt. Im gleichen Sinne zersetzt sich das trockene Salz frei- willig, oh schon nach wenigen Stunden, beim Aufbewahren, wobei die Krystalle ihren Glanz verlieren und zu einer miirben, sauer reagirenden Masse zerfallen ; doch bleibt die Reaction unter diesen Urnstanden, ebenso auch , wenn man das nitrilosulfonsaure Kali nur kurze Zeit mit Wasser erwlrmt, griifstentheils beini imidosulfonsauren Kali stehen :

Dagegen scheinen sich die Krystallnadeln des nitrilosulfonsauren Kalis unverandert zu halten, wenn man sie in einer ammo- niakalischen Atrnosphare aufbewahrt.

N(S0SK)a + 2HpO = NHISOsH + KpSOI + KHSO,

N(SO8K)S + H,O = NH(SO3K)p + KHSOd.

bnidosulfonsaures Kizli, NH(SOsK)2 (sulfamidinsaures Kali von F r e m y , disulfammonsaures Kali

von C 1 a us),

krystallisirt nach C I a u s aus, wenn man eine siedende, nicht alkalische Lbsung des nitrilosulfonsauren Salzes erkalten Iarst. Die Ausbeute ist jedoch, wenn nian so verfiihrt, oft sehr unbedeutend, weil leicht durch Bildung von Amidosulfonslure Verluste entstehen. Man weiidet daher besser eine im Princip schon von F r e m y angegebene Vorschrift an ; man liifst nitrilosulfonsaures Kali , mit ein wenig einer sehr verdiinnten Schwefelsaure durchfeuchtet , einen Tag lang stehen und krystallisirt dann den mit kaltein Wasser gewaschenen Kry- stallbrei aus schwach ammoniakalischer Liisung um. Imido- sulfonsaures Kali scheidet sich bald in kiirnigen Aggregaten oder in glanzenden Blittchen der von C I a u s beschriebenen Form, bald in langen Nadeln, manchmal auch in gut ausge-

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1 72 R a s c h i g , iiber dae V e r h h n

bildeten Krystallen ab , die Herr stud. M i i n z i n g auf Veran- lassung des Herrn Dr. F o c k gemessen hat.

,,System monosymmetrisch. a : b : c = 1,6555 : 1 : 0,9573.

Beobachtete Formen : a = (lo), m = (ii0) und p = (141). Farblose kleine prismatische Krystalle von der Aushilduiig der Figur 1, Taf. I.

@ = 86'31'.

Beobachtet Bereohnet m : m = 110 : li0 = 117O42' p : p = 111 : 111 5 78057' - p : m = 111 : 110 = 41O38' -

-

p : a = 1 1 1 : 100 = 6P1' 66"49' p : m = 111 : 1-10 = 70°4' 70°6'.

Spallbar vollkommen nach dem Orthopinakoid a (iOO), unvollkommen nach der Basis (Ooi), welche a h Krystallflache iiicht auftritt.'

In R li m m e Is b e r g 's krystallographisch-physikalischer Chemie *) findet sich eine von F r i e d 1 I n d e r ausgefiihrte Messung des sulfamidinsauren Kalis wiedergegeben. R a m- m e 1 s b e r g bemerkt dazu, d a b dieser Messung zu Folge das Salz in Form und optischem Verhlilten mit dcm schwefelsauren Kali tibereinstiinme. Da die oben mitgetheilte Krystallmessung, welche sicher mit reinem Material ausgefuhrt wurde, und fur deren Richtigkeit auch der Isoinorphismus dieses Kalisalzes mil dem nachher zu erwahnenden Amnionsalze spricht , ganz andere Resultate ergeben hat , so kann es kaum zweifelhaf? sein, dafs F r i e d l l n d e r in der That schwefelsaures Kali in Hiinden gehabt hat.

Die Analyse des imidosulfonsauren Kalis ergab in Ueber- einstiminung rnit den von F r e m y , C l a u s und B e r g l u n d gefundenen Werthen :

*) Leipzig 1881, I, 8. 496.

Page 13: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpecrz'gen ziir schwejigen Saure. 173

Berechnet Qefunden

K 80,89 a1,12 30,76 8 25,28 25,30 26,38 N 5,58 5,42 -

Setzt man zur schwach angesauerten siedenden wisserigen Lijsung Chlorbaryum, so fdlt nur die Halfte alles Schwefels als schwefelsaurer Baryt aus, indem nach der Gleichung :

Amidosulfonsaure entsteht. II'H(S0sK)s f H9O t: NHySOsH + H g S O d

Berechnet Giefunden v, 8 12,64 l3,05.

Wie schon B e r g l u n d gefunden hat, ist das Imidwasser- stoffatom des imidosulfonsauren Kalis durch Metalle vertretbar. Das aus den berechneten l lengen von Kalihydrat und imido- sulfonsaurem Kali zu erhaltende, leicht lbsliche

BaYiYch irnidoszdfonsa~cre Kali, KN(SOsK)9 -/- ho,

tritt in grofsen schijnen Krystallen auf, die Herr Dr. F o c k gemessen hat.

,,System asymmetrisch. a : b : c = 0,9?96 : i : 0,8415.

A = 86'61' L( = 88O49'.

B = IOa'57' ,9 = 103'39'. C = 81O39' y = 82'10'.

Beobachtete Formen (vgl. Fig. 2, Taf. I) : a = (iOO), b = (OiO), c = (mi), m = (iio), n = (iio), 1 = (iZO), r = (iOi), s = ( i O i ) , q = (Oii), p = ( i i i ) und o = (iii).

Farblose grofst: Krystalle , meist ein wenig tafelfbrmig nach dern Orthopinakoid a, haufig von kurz prismatischem Habitus. Von den Endflachen herrschte das Hernidorna r stets vor, nicht selten war es ganz allein ausgebildet. Das Prisma I (ti0) wurde nur an einem einzigen Krystall beobachtet und zwar in untergeordneter Aushildung.

Page 14: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

4 74 R a s c h i g , Qiber das Vevhalten

Beobachtet Rerechnet a : b = 100 : 010 = 81°39' - c : b = 001 : 010 z 86'5' c : a = 001 : 100 = 76O3' b : m = 010 : 110 = 50°43' - a : r -= 100 : 101 = 57O11' - c : m = 001 : 110 = 81O31' 81O31'

b : u =, oio : i i o = 4201' 42O2'

c : D = 001 : i i o = ~ 4 2 ' 78O38' b : 1 = 010 : li0 = 25'30' 25O46' b : r = oio : ioi = 80026' 86O29' 8 : 8 = 100 : 101 b : E = oio : 101 r : m = 101 : 110 r : 11 = i o i : i i o 8 : m = 101 : 110

8 : n = 101 : 1i0

q : b = 011 : 010 q : a = 011 : 100

q : rn == 011 : 110 q : n = 011 : 110

p : a = i i i : ioo p : b = 111 : 010 p : n = 111 : 110 o : 8 = 111 : 100

o : b = i?i : oio o : rn = 1 1 1 : iio

- -

- -

- -

41O24'

83%' 67O62'

66O4' 54O80'

60°1 3' 52O29' 84O28'

57O56'

70°37' 59O30' 52O17'

4 1O58' 68O35' 56"57' 46"12'

4ioia' 82%:' 6i047'

66O1'

54O16' 60°18' 52O21'

84O29'

57054'

10O49' 59O17' 52O8' 42O10' 68O27'

56O48' 45O52'.

Spallbarkeit vollkommen nach dem Hemiprisma n (1iO). Durch die Spaltungsflbhe n gesellen, tritt eiiie Axe aus

und zwar um circa iso gencigt gegen die norinale zu dieser Flache."

B e r g I u n d beschreibl noch verscliiedene basisclie Imido- sulfonate. Sehr oharakteristisch siiid die Salzt:, in denen das lmidwasserstoll'atarn durch Quecksilber ersetzt ist , weil sie beim Beliandeln mit verdiinnteii Aotzalkalien und mit Alkali- carbonaten kein Quecksilberoxytl fallen lassen. Das Prototyp

Page 15: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetngen zur schwejigen Saure. i 75

dieser Gruppe ist das quecksilberimidosulfonsaure Kali, (SOsK)pNHgN(SOeK)p + 4 HpO, welches aus einer Losung von basisch imidosulfonsaurem Kali auf Zusatz von Queck- silberchlorid ausfallt.

Bemerkenswerth ist , dafs das basisch imidosulfonsaure Kali, dessen Losung stark alkalisch reagirt, aus Wasser un- verandert umkrystallisirt werden kann, also wie es scheint, beim Losen gar keine Dissociation erleidet. Dafs jedoch das Metal1 an den Stickstoff nicht mil der gleichen Festigkeit gebunden ist, wie an den Schwefelsaurerest, zeigt sich beim Einleiten von Kohlensiure in die wasserige Ldsung. Dabei fiillt neutrales imidosulfonsaures Kali aus. Das

Imidosulfvnsaure Ammon, NH(SOBNH,),, ist, wie B e r g 1 u n d nachweist, identisch rnit dem zoerst von H. R o s e aus trockenem Ammoniak und Schwefelsaureanhydrid dargestellten und Parcwrulfatammo~i gcnannten Korper. Ein Prlparet von Parasulfatammon aus der Privatsamrnlung des Herrn Prof. R a 111 m e 1 s b c r g wurde in wisserigem Ammoniak gelijst und die Losuiig in cinen Schwefelsaureexsiccator gebracht. Beim Verdunsten schofs nicht, wie erwartet wurde, das basi- sclie Salz PoHJ[SO~KH4)i an, sondern immer neutrales imido- sulfonsaures Ammon KH(S03NH&,.

Berechnet Gefunden

N 19,91 20,lO 20,oo 19,92.

Die krystallographische Untersuchung, welche Herr stud. M u n z i n g ausfuhrte, ergab, dafs das Salz niit dem schon erwahnten neutralen imidosulfonsauren Kali isomorph ist.

zSysteiri inonosymmetrisch. a : b : c = 1,6443 : 1 : 0,9672.

= 87'45'. Beobachtete Formen : a = [lOO), m = (iiO), p = l i i ) ,

Farblose prismatische Krystelle , meist von der Ausbil- 0 = (i i i) , x = (02i).

Page 16: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

i 76 R a e c h i g , iiber das Verhalten

dung der Figur 3, Taf. I, hlufig auch mehr tafelfcrmig nach a (100). Die Flachen o ( l i i ) und x (mi) waren nur ganz untergeordnet ausgebildet ; die letztere wurde iiberdies nur an einem einzigen Krystall beobachtet.

Beobachtet Berechnet m : m = 110 : 1iO = 117O18' - p : p = 1 1 1 : 1 1 1 = 78O25' - p : a = 111 : 100 = 65O24' - p : m = 111 : 110 = 40°55' 40°51' p : m = 1 1 1 : 111 = 71O13' 7 1'8'

o : o = i i i : 111 = - 80°48'

o : m = 1 1 1 : 110 = 42O16' 42O6' o : m = i l l : 110 = 68O47' 68O35' q : m = 021 : 110 = 3So1b' 39,W q : m = 021 : i i o = 41O18' 41O38'

- _

q : q = 021 : Oil = - 1 2 5 ~ ' q : a = 021 : 100 = - 88O.14'.

Spaltbarkeit vollkommen nach dem Orthopinakoid a (100), unvollkonimen nach der Basis (Ooi), welche als Hrystallfliiche nicht auf t r iku

Amido.wlfonsaures hXi, NH~SOBK.

Zur Darstellung von amidosulfonsaurein Kali hat B e r g- I u n d verschiedene Vorschriften angegeben, welclie vom basi- schen Baryumimidosulfonat , Ba(S03)oN-Ba-N(SOs)8Ba , oder dem quecksilberimidosulfonsauren Baryt , Ba( S03)PN-Hg- N ( S O S ) ~ B ~ , ausgehen. Es kann aber auch leicht aus imido- sulfonsaurem oder nitrilosulfonsaurem Kali erhalten werden, wenn man diese Salze mit wenig Wasser einige Zeit irn Sieden crhllt. Nacliher wirtl die dabei eritslandene freie Schwefelsiiure durch kohlensauren Kalk entfernt , voni ge- bildeten schwcfelsiiuren Kalk abfiltrirt und das Piltrat einge- dampft. Es krystallisirt zuerst das schwerer lijsliche schwefel- saure K d i aus, und aus der letzten dickfliissigen Mutterlauge

Page 17: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrz'gen zur echwejhgen & w e . i 77

schiefsen schliefslich grofse und oft schbn ausgebildete Kry- stalle von amidosulfonsaurem Kali an. Die Analyse ergab :

Berecbnet fur Gefunden NH,SO,K -

K 28,94 28,76 28,64 8 23,69 23,97 - N 10,36 10,43 -

Amidosulfonsaures Kali ist in Wasser sehr leicht lbslich

Die krystallograplrische Bestimmung , welche Herr Dr. und besitzt Neigung, iibersattigte Lbsungen zu bilden.

F o c k ausfchrte, ergab : ,,System rhombisch.

a : b : c = 0,9944 : 1 : 0,7097. Beobachtete Formen : c = (mi), a = (100), p = (i i i) und q = (021). Vgl. Fig. 4, Taf. I.

Parblose Krystalle , tafelfhrmig nach der Basis (c). Als Randflachen herrschten die Flachen der Pyramide vor, wiih- rend das Pinakoid a und das Doma q nnr untergeordnet auttraten.

Beobachtet Berechnet 9 : q = 021 : 02i = 70020' - p : p = 111 : 111 = 6O024' - p: p = 111 : i i i = 90035' 90°22' p : p = 111 : i i i = 60~16' 60°2' q : p = 021 : 111 = 35O18' 35O26'.

Spaltbarkeit ziemlich vollkomrnen nach dem Macropinakoi'd

Optische Axenebe = Macropinakoid a. Erste Mittellinie = Axe c. Scheinbarer Axenwinkel sehr grofs ; die Axen koinnien

a, minder vollkommen nach der Basis c.

ganz am Rande des Gesichtsfeldes zum Vorschein.'

Amidosdfo~isaztre, NH2 . SOsH.

Die freie Amidosulfonslure ist ein sch6n krystallisirerider und lufserst bestandiger Korper, der in Wasser schwerer

Annalen der Cbemie 241. Bd. 12

Page 18: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

i 78 Raechig , iiber das Verhalten

loslich ist als das Kalisalz. Sie wird beim Kochen der wasserigen Losuny so gut wie gar nicht zerselzt, auch auf Zusatz von SHuren nur sehr langsam. Alkalien scheinen sie leichter zu spttlten. Eine eingehende Untersucliung dieser Siiure und ihrer Salze ist von B e r gl u 11 d angestellt worden. Hinzugefiigt kann werden, dafs sie lieinc Verbindung mit Platinchlorid liefert ; wenigstens krystallisirte sie alls einer starken I'latinchloridlosuny unverindert wieder aus. Eine bequeme Darstellungsweise der Amidosulforisiiure SOU im Abschnitt 3 gelehrt werden.

Die krystallographische Untersuchurig lieferte ein sehr intercssantes Resultat.

.System rhombisch. a : b : c = 0,9945 : i : i,i056.

Beobachtete Forrnen : b = (OiO), p = ( i i i ) , n = (i20), r = (mi), q = (012).

Es lagen zwei I'riiparate vor. Die Krystalle des ersten Priiparates waren tafclfiirmig riach derri Rrachypinakoid b. Als Randfliichen herrschten die Fllchcn der Pyrarnide vor, wiihrend die Domenfliclren nur ganz untergcordnet auftraten. Das Prisma n (120) wurde an diesen Krystallen nicht beob- achtet.

Die Krystalle des zweiten Priparates, ails stark salzsaurer Lcsung erhalten, waren nach der Axe c verllngert und zeigten als vorherrschende Forinen in erster Link das Prisma n (i20), sodann das Brachypinakoid b und das Doma r. Das Brachydoma q wurde an diesern Prlparat nicht beohachtet. Vgl. Fig. 6, Taf. 1.

Vgl. Fig. 5, Taf. 1.

Baobachtet Berechuet p : p = 111 : 111 = 73O38' - p : p = 111 : 111 = 63"38' - p : p -= 111 : 111 = 73"52' 74*6'

r : r = 201 : 201 = 4'7'23' 47"16'

r : p = 201 : 111 = 40°30' 400aw

Page 19: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpet~igen ziir echwejligen Saure. i 79

Beobachtet Berechnet q : q = 012 : oiz = ~ 3 0 ' 59O14' q : p = 012 : 111 = 41O11' 41O1'

b : n = 010 : 120 = 26O40' 26O42'

n : r = 120 : 201 = 66O85' 66O42'

p : n = 111 : 120 = 85O88' 35053'.

Spaltbarkeit nicht beobachtet. Optische Axenebene = Brachypinakoid b. Erste Mittellinie = Axe c. Scheinbarer Axenwinkel 2 E = circa 85O. Dispersion der Axen nicht merklich." ,,Die nahe Verwandtschaft des Kaliumsalzes NH,S03K mit

der freicn Saure NH9SO3H ist auch in krystallographischer Hinsicht ausgeprzigt. I)b Axen a und b hesitzen bei beidea Substanzen dm gleiche T'mhaltnil$; sie sind namlich inner- knlb der Fehlergrenzm der Messuny gleich. Die Axe c dagegen ist bei dem Kaliumsalz kleiner geworden.

Auch die optische Orientirung ist bei beiden Substanzen gleich. Hinsichtlich der Spaltbarkeit scheint eine Ueberein- stimmung nicht zu existiren, wenigstens konnte an der Slure eine Spallbarkeit nicht aufgefunden werden."

Die Reaction zwischen salpetrigsaurem und schwefligsaurem Kali ist eine sehr eugenfdlige; man braucht nur die nicht zu verdunnten L6sungen der beiden Salze mit einander zu mischen, um oft schoii nach einer bliiiute die schiinen Sadelri des nitrilosulfoiisauren Kalis auskrystallisiren zu sehen. Uaraus, dafs eirie solche Absclieidung ausbleibt, wenn man die Losunpen von salpetrigsaurem und schwefligsauretn i\Tatron mit einander misclit , hat F r e my geschlossen , es lrete zwischen diessu Salzen keinerlei Reaction ein. Dieser Schlufs ist ein irrthum- licher. Schon die heftige Wkrtiieentwickelung , welche zu beobachten ist , sobald man auf festes gepulvertes salpclrig-

12 *

Page 20: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

180 R a s c h i g , iiber a h VerhaEten

saures Natron die jetzt kiiutliche starke LBsung von saurem schwefligsaurein Natron giefst , deutet cine Reaction an, und es ist leicht nachzuweisen, d a b auch bei Anwendung von Natronsalzen nitrilosulfonsaures Alkali gebildet wird. Wenn man auf festes salpetrigsaures Natron in feinem Strahl die der Gleichung :

NdNOp -t 3NaHSOS = N(S03Na)S + NHOH + H20 entsprechende Menge von Natriumdisulfit16sung fliefsen liifst, wobei man gut thut zu riihren und allzustarke Temperatur- erh6hung zu vermeiden, so erhiilt man schliefslich eine klare, stark gelb (wie es scheint, durch gelijstes Eisen) gefiirbte Fliissigkeit, die o h Zweifel

Nitrilosldf maures Natro~, N( SOsNa)s, enthdt, ohgleich es nicht gelang, dieses Salz, welches offenbar aufserst leicht loslich ist, zu isoliren. Setzt man namlich zu dieser Pliissigkeit eine grijfsere Menge einer concentrirten ChlorkaliumlBsuiig , so erstarrt sie sofort zu einem Kry- stallbrei von nitrilosulfonsaurem Kali.

Ein anderes Salz entsteht, wenn zu der Lijsung des nitrilosulfonsauren Natrons die Chlorkaliumlbung allmiihlich und unter fortwahrendem Riihren gegeben wird. Es fiillt dann ein sandiger , durch mitgerissenes Eisenoxyd hrlunlich gefarbter Niederschlag , der abfiltrirt , mit kaltern Wasser ausgewaschen und aus einer sehr grofsen Menge siedender Soddiisung umkrystallisirt wird. Die Verbindung, welche sich dann in harten farblosen , oft uber stark nadelkopfgrofsen Krystallen von schiinem Diarnantglanz abscbeidet, ist

Nitrilodjlnuaures Kaliiiatron, N( SO8K)&SOSNa.

Uerechnet Gefunden -- K 22,Ol 21,54 22,15

Na 6,47 6,77 6,39 S 27,02 26,82 -

N 3,94 4,OO -

Page 21: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrigen zur schwejigen Stiure. 181

Durch siedendes Wasser wird das Salz, wie zu erwarten war, in Amidosulfonsaure und schwefelsaures Kali und Natron ubergeftihrt; eine Pdlung einer solchen LBsung mit Chlor- baryum gab :

Berecbnet Qefunden 7. s 18,Ol 18,69.

Nitrilosulfonsaures Kalinatron ist in kaltem Wasser so gut wie unlBslich. Vor Zutritt von Feuchtigkeit geschiitzt verlndert es sich beim Aufbewahren nicht; an der Luft aber werden die Krystalle bald matt, zerfallen und enthalten dann irnidosulfonsaures Kali und saures schwefelsaures Natron.

,,System hexagonal. a : c = 1 ; 1,44L3.

Beobachtete Formen : p = (iOii). Sehr kleine glanzende Krystalle, haufig ideale hexagonale

Pyramiden darstellend, so weit nicht die Auflagerung sttirend eingewirkt hatte.

Beobachtet Bereohnet p : p = ioi i : ioii = 6zo--' - p : p = ioii : o t i i = 5103' 50O46'

p : p = io i i : i i o i = 83052' 84O8'.

Spaltbarkeit nicht beobachlet.'

b) Hydroxylamindisnlfonsaures Kali nnd seine Derivate. Als disulfhydroxyazosaures Kali beschreibt C 1 a u s eine

Verbindung, welche identisch ist mit einein schon von F r em y dargestellten KGrper, den dieser neutrales sulfazotinsaures Kali nennt. C l a u s betrachtet ihn ebenso wie die bisher beschriebenen Salze als eine Verbindung des fhfwerthigen Stickstoffs und giebt ihm die Constitutionsformel H-N=(SO8K)#.

Die naheliegende Formel HO-N=(SOsK), , nach welcher der Korper ein zweifach sulfurirtes Hydroxylamin wire , verwirft er ausdrucklich*) und zwar deswegen, weil das Salz nicht

I;

*) Diem Annalen 166, 217.

Page 22: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

102 R a a c h i g , iiber das Verhalta

mehr die EigenschaRen des Hydroxylamins besitzt. Es wird namlich durch Alkalien nicht zersetzt und zeigt keinerlei reducirende Wirkungen. Doch ist es entschieden zu vie1 verlangt, zu erwarten, dafs ein zweimal sulfonirtes Hydroxyl- arnin, in welchem gerade die beiden Wasserstoffatome ver- treten sind, denen das Hydroxylamin sein Reductionsvermfqen verd ankt , noch gleich leicht durch Oxydationsmittel zerstbrt werde, wie die Base selbst; es sol1 jedoch im Abschnitt 4 gezeigt werden , dafs trotzdem ein Rest dieser reducirenden EigenschaRen gebliehen ist, indem auch das einzige, in dem Salz vorhandene Wasserstoffatom durch oxydireide Einfliisse entfernt werden kann. Ebensowenig kann der llmstand, dafs der vorliegende K&per nicht, wie das Hydroxylamin selbst, durch Alkalien zerstbrt wird , sondern gerade in Gegenwart tlerselben besondere Bestandigkeit zeigt, gegen die Formel €10-N=(S03K)2 in's Feld gefiihrt wcrden; denn durch den Eintritt zweier Scfiwefelsiiurereste mufs sich naturlich der Charakter dor Verbindung andern. Wird doch nuch das Jodammonium, indem es durch den Eintritt von vier Methyl- gruppen in Tetramethylammoniumjodid iihergeht, gegeii Alkalien bestandig, ohne dafs man darum cine Aenderuiig seiner Structur annimmt.

Sind also die Einwande, welche C I a u s gegen die Formel HO-X=(S03K), anfuhrt , hinfallig, so liegen andererseits ge- wichtige Griinde vor , welche fiir diese Formel sprechen. Diese sind vor allcn Dingen, wie im Abschnitt 3 xu zeigen ist, die Entstchung des Salzes aus salpetrigsaurem und schweflig- saurem Alkali, und ferner seine Zersetzungen. Durch Abspal- tung einer Sulfogruppe geht es glatt in eine Verbindiing uber, welche C I a u s selbst als Hydroxylaminmonosulfonslure HO-NH--SOSH aufiifst; es ist aber auch nicht schwer, beide Sulfogruppen zu entfernen und Hydroxylamin aus ihm zu gewinnen. Die Auffassung der vorliegenden Verbindung als

Page 23: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

cler salpetrigen zur schwejigen Saure. i 83

zweifach sulfonirtes Hydroxylamin diirfte deingemafs der C I a 11s ’schen Ansicht vorzuziehen sein.

IIydroxyZamindisu~onsmires Kcrli, HON(SO,K), + 2 H s O .

Dieses Salz, fur dessen Darstellung von F r em y und yon C 1 a us Vorschriften gegeben sind , welche jedoch of? nur mangelhafte oder gar keine Ausbeute ergeben, wird am bequemsten in griifserer Menge und in derben Krystallen gewonnen, wenn man zuerst nach der Gleichung :

NaNOp f 2XaHS03 = HON(SOs3a)s + NaOH das hydroxylamindisulforisaure A7utron herstellt und dessen Losung durch die Cquivalente Menge Clilorkaliumlosurig fallt. Man bringt 69 g Natriuinnitrit, fein gepulvert oder in mog- lichst wenig Wasser gelost, in einen Kolben, fcgt dazu eine grofsere Menge von Eis und lafst langsam unter fortwahren- dem Umschwenken die nach obiger Gleichung berechnete Menge voii Xatriumdisulfitliisung eiiifliefsen. Es mub ruletzt noch etwvas Eis vorhandcn sein. Daiiii wird eine kalte ge- sattigte Losuiig von i 50 g Chlorkalium hinzugefiigt und das Ganze zur Iirystallisation hiiigestellt. Im Laufe von 24 Stunden sclieidet sich etwa die Hrilfte der bereclineten Menge von hydroxylaniindisulfoiisaurem Kali in harten coinpacten Krystallen aus, welche sich leicht vori geririgeri Slengen der feineii Sadeln des nitrilosulfonsauren Salzes durch Absclilammen derselben trennen lassen. Durch Uinkrystallisiren aus heifsem Wasser , dein ein wenig Kalilauge oder Aminoiiiak zugefiigt ist, kann das Salz, welches einige Keigung zeigt, iiberstittigte Losungen zu bilden, gereinigt werden; us schiefst dann in schonen glanzenden Krystallen an. In Wasser ist es sehr schwer liislicli, weit leichter in verdiinnter Kalilauge. Fein zerrieben und mil Wasser ubergossen, farbt es dieses beim Schiitteln mit Bleisuperoxyd praclitvoll violett. Bei dieser

Page 24: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

i84 R as c h i g , iiber das Verhalten

Reaction wird, wie iin Abschnitt 4 niiber zu erkliiren ist, das Hydroxylwasserstoffatom des Salzes durch Oxydation entfernt.

.System monosymmetrisch. a : b : c = 1,5490 : i : 0,9208.

/I = 140-'. Beobachtete Pormen : a = (ioO), c = (mi), m = (iiO),

r = (lot), s = ( i O i ) und t = (ai). Farblose glaneende Krystalle (vgl. Fig. 7, Taf. I) von

k u n prismatischem Habitus mit der Basis als vorherrschender Endfliche. Siirnmtliche Plachen gaben gute Reflexe , doch waren haufig Theile derselben gekrummt. Specie11 waren die Kanten, welche vom Prisma und der Basis gebildet werden, durch sehr steile Pyramiden regelmafsig abgerundet. Das Zeichen dieser Pyramiden lief's sicli aber niclit ermitteln.

Beobachtet a : m = 100 : 110 = 56Oi' a : o = 100 : 001 = 740--' a : r = i00 : iol = 65O1' a : 8 = 100 : 101 = 44O2' a : t = -100 : 501 = 39O22' m : c = 110 : 001 = 81°7' rn : r = 110 : 101 = 76O19' m : 8 = 110 : 101 = 66O16' m : t = 110 : 201 = 64O17'

- - - -

Berechnet -

- 43054' 39O22' 81O10'

76O23' 66O20' 64O2 1 '.

Spaltbarkeit ziemlich vollkommen nach der Basis c, des-

Optische Axenebene = Symmetrieebene. Durch die Basis gesehen, tritt eine Axe sclieinbar circa

200 gegen die Nortriale dieser Plachc nach vorn geneigt aus.(' Die Analysen geben in Uebereinstinirnung mit den von

C I a us angefiihrten Werthe, welche auf die Formel HON(S03K)2 + 2H20 gut stimmen. Dagegen weichen die von P r e m y angcgebenen Zahleii von den berechneten sehr stark ab; die Eigenschaften des neutralen sulfazotinsaurcn kalis von F r e m y

gleichen deutlich nach der Symmetrieebene.

Page 25: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

c E e r salpehigen zur schwejigen &we. i85

lassen jedoch keinen Zweifel daruber, dafs es mit dem hydroxylamindisuifonsauren Kali identisch ist.

Berechnet Gefunden c_h__

K 25,62 25,59 - S 20,97 2410 - N 439 4,45 4,96.

Ferner wurde die Menge der beim Aukochen der wlsse-

Berechnet Gefunden

rigen L6sung entstehenden Schwefelslure bestimmt :

?, 10,48 11,35.

Dabei entsteht also Hydroxylaminmonosulfonslure nach d e r Gleichung :

HON(SO3K)s + H e 0 = HONHSOyH + KpSOb Beim Gliihen mit Natronkalk geht , wie schon C l a u s

des Stickstoffs in Gestalt von Amnioniak fort : Berechnet Qefunden

Das hydroxylamindisulfonsaure Kali ist ein sehr zersetz- licher K6rper; die schonen Krystdlle halten sich, selbst in einer ammoniakalischen Atmosphare aufbewahrt, selten l inger als einige Tage; sie zerfallen dann zu einer sauer reagirenden breiigen Masse von Hydroxylaminmonosulfonsaure und schwe- felsaurem Kali.

fand,

l l r N 1,53 1,71.

Das

~ydrox~ksm~nmot~on,~kfonsau~e Kali, HONHSOSH (sulfazidinsaures Kali von F r e my , sulfhydroxylaminsaures

Kali von C l a u s ) , wurde nicht von Neueni untersucht, weil die Angaben von F r e m y und von C I a u s iiber diesell K6rper iibereinstimmen. Die ihm zu Grunde liegende

H y d r o x ~ ~ n i i ? ~ ? n o n o s ~ ~ ~ ~ ~ I ~ a u r e ,

ist ahnlich der Amidosulfonsaure, NHpS03H, in freiem Zustande HONHSOSH,

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1% R a s c h i g , i iber das Verhalten

bestandig; sie ist in wasseriger Losung von F r e m y und CI a u s durch Zersetzen ihres Barytsalzes dargestellt worden und scheint nicht zu krystallisiren. Sie wird auch erhalten, wenn man aus der aufgekochten wiisserigen Losung des hydroxylamindisulfonsauren Kalis , in welcher jn , wie sclion gesagt, scliwefelsaures Kali und Hydroxylaminmonosulfonsiiure enthalten ist, das erstere durch Zusatz von vie1 Alkohol ausfallt und das Piltrat davon vcrdunstet , und bleibt dann, jedenfalls aber nicht rein, als syrupbse Fliissigkeit zuriick.

Wichtig ist die Zersetzung , welche Hydroxylaminmono- sulfonsiiurc beim ErwIrmen mit Siiuren oder langsaiiier auch schon init Wasser erleidet. Dabei tritt nimlich nicht, wie C 1 a u s angiebt , Schwefelsiure , Ammoniak und Sauerstoff (oder Stickoxydul) auf, sondern es entsteht in ganz glatter Reaction scliwefelsaures Hydroxylamin wid Schwefelsaure :

2HONHSOSH + 2HgO = (NHj0H)YSOI -/- HXSO,. Es llfst sich diese Zersetzung schr leicht analytisch

verfolgen , wenn man eine gewogene Jlenge voii hydroxyl- rmindisulfonsaurem Kali mit ein wenig Wasser und einigen Tropfen Salzsiiure in ein Rohr cinschliefst und eine Stunde auf 1300 erhitzt; das Rohr hffnet sich nach den1 Erkalten ohne Druck. Aus der eiitstandenrri LOsung wird durch Chlorbaryum nller Schwefel als schwefelsaurer Baryt nieder- geschlagen, ein Zeicheii, dafs keine Hydroxylaminmonosulfon- saure mehr in ihr vorhanden ist, urid cine titrimetrische Bestimmung des Hydroxylamins nach einerii unten noch zu erwiihnenden Verfahren ergab :

Berechnet fiir Gofundon HON(SO,K), + 2 H&

NII,O€I 10,81 10,65.

Aber auch schoii ohne Anwendung einer so hohen Temperatur und eincts Siiureiiberschusses, schon bei iOOo und durch Einwirkung VOII Wasser, geht die Hydroxylainintnono- sulfonslure allmlhlicli in Hydroxylamia iiber. Man braucht

Page 27: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

dw saZpetragen ziir schwqflipn Salt re. i 87

das hydroxylarnindisulfonsaure Kali nur in starker wgsseriger LBsung einige Stunden zu kochen, um es glatt nach der Gleichung :

in eine LBsung von schwefelsaurem Hydroxylamin, schwefel- saurem Kali und Schwefelsaure umzuwandeln , aus welcher beim Eindampfen zuerst schwefelsaures Kali und nachher schwefelsaures Hydroxylamin krystallisirt. Da das hydroxyl- amindisulfonsaure Kali leicht und in grofsen Mengen zu er- halten ist, so ergiebt sich aus dieser Reaction ein billiges Verfahren zur Herstellung von Hydroxylamin.

Indessen wird es fur viele Verwendungen des Hydroxyl- amins nicht nijthig sein, es erst als reines Salz zu isoliren, weil man an seiner Stelle vielfach die Hydroxylaniinmonosul- fonsiiure wird anweiideii konnert. In der That zeigt schoti die satire Liisung des disulfonsuuren Kalisalzes (in welcher ja in Wirklichkeit die Mmtosulfonsiiure vorhanden ist) alle die reducirenden Eigenschaften , welche den Hydroxylamin- salzen eigen sind, es entfiirbt Yermanganat, lost Mafigansuper- oxyd auf, liefert mit salpetrigsaurem Natron Stickoxydul u. s. w. Braucht man andererseits eine alkrclisclrs Flussigkeit , also eine Losung der freien Hydroxylarninbase, so kann man sich die schon von C laus angegebeiie Eigenschaft der Hydroxyl- aminmonosulfonsiiure zu Nutze machen, in nlkalischer Losung schon in der Kaltc freiwillig in Hydroxylamin und Schwefel- siiure zu zerfallen. Man braucht also nur zu einer sawen Losung des disulfonsauren Salzes die der Gleichung :

entsprechende Menge von Alkali hinzuzufiigen, urn sofort eine Liisung der bereclineten Menge voii freiem Hydroxylamin zu haben, wie nian sie in der organischen Chemie zur Darstellung von Acetoximen, Aldoximen u. s. w. so oft gebraucht.

Es mufs aber ausdrucklich hervorgehoben werden , dafs

2 HON(S0gK)S + 4 HSO = (NH,OH),SO, + 2 KaSOI + HZSO,

HON(SO,K), + 2KOH = tlONHy + 2KlSO4

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188 R a s c h i g , iiber das Verhhen

man fur alle solche Zwecke eine mure Lijsung des hydroxyl- amindisulfonsauren lialis, in welcher dieses Salz zu Monosul- fonsaure und schwefelsaurem Kali zersetet vorhanden ist, anwenden mufs. Solche saure Liisungen entstehcn fast immer beim Erwarmen des disulfoiisrruren Salzes init Wasser. Bur wenn diesem Salz, etwa noch von der Darstellung her, freies Alkali anhaftet, kommt es vor, dafs es sich beiin Erwlrmen mit Wasser zu einer alkalisch reagirenden Flussigkeit lost, aus welcher es dann beim Erkalten unverandert wieder auskrystallisirt. E’iigt man zq einer sobhen Losung die nach der eben gegebenen Gleichung berechncte Menge Alkali, so erhalt man keine Losung von freiem Hydroxylarnin, sondern ein weiteres Schwefelsbickstoffsalz , welches spater als sulf- azotinsaures Kali beschrieben werden SOIL

Es wird hier am besten der Ort sein, einige Erfahrungen iiber die analytische Bestimmung des Hydroxylamins und sein Verhalten xu Oxydationsmitteln mitzutheilen. Setzt man zu einer kalten schwefelsauren Ilydroxylaminl6sung Permanganat, so tritt zuerst schnell , allmiihlich langsamer Entfarbung ein; die Liisung verhiilt sich gerade so, wie eine solche, von salpetriger Saure. 1st schliefslich bleibende Rothfarbung ein- getreten, so findet man, dafs auf 1 3101. Hydroxylamin etwas mehr Permanganat verbraucht ist, als m e i Atomen Sauerstoff entspricht. Es zeigt sich also, dafs Hydroxylamin in saurer Losung v i d stlrker reducirende Eigenschaftcn zeigt, als man bisher annahm. Wihrend man glaubte das Hydroxylamin gehe bei solchen Oxydationen unter Aufnahme von 1 Atom SauerstolT, der Gleichung :

entsprechend, in S’tickozyydul uber, sieht man, dafs in Wirk- iichkeit hohere Oxydationsstufen des Stickstoff s entstehen

2HONHg + 2 0 = NSO + 3HtO

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der saketrigen zur schwejigan Saure. i 89

massen. Der Aufnahme von 2 Sauerstoffatomen wiirde die Bildung von salpetriger S lure entsprechen :

allein es kann in der Flussigkeit zu Ende der Titration keine salpetrige S h e vorhanden win, weil diese selbst durch Permanganat oxydirt wird. Die einfachste Erklarung dieser unerwarteten Erscheinung dtirfte wohl die sein, dafs man annimmt, es entstehe zuerst durch Oxydation des Hydroxyl- amins die untersalpetrige Saure HNO, welche zum Theil in Stickoxydul und Wasser zerfiillt , zum anderen Theil aber weiter zu salpetriger Saure und Salpetersaure oxydirt wird. Die Salpetersaure , welche bei der Oxydation des Hydroxyl- amins entsteht, ist in der That leicht durch ihre Reactionen nachzuweisen, besonders sch6n fallt hier die Diphenylaminprobe aus; man braucht zu einer geringcm l e n g e einer L6sung von schwefelsaurem Hydroxylamin , welche an sich auf die Lasung des Diphenylamins in concentrirter Schwefelsiure gar nicht einwirkt, nur einen einzigen Tropfen Permanganatlgsung zu fiigen, urn sofort dadurch in der Diphenylaminlasung eine deutliche Blaufirbung hervorrufen zu k6nnen.

Anders ist die Erscheinung, wenn cine siedend heiCse schwefelsaure Hydroxylaminlosung mit Permanganat titrirt wird. Die Entfarbung tritt dann momentan ein, und man erreichb schnell einen Punkt , bei dem die Losung bleibende Rathung zeigt. Der Verbrauch an Sauerstoff betragt dann fast genau 3 Atome fur 2 Mol. Hydroxylarnin, was der Bil- dung von Stickoxyd entsprechen wtirde :

HONHg + 2 0 = N(OH)B,

2NHpOH + 30 = 2 N 0 + 3HpO. Oh wirklich Stickoxydul bei dieser Oxydation entsteht,

worde nicht festgestellt. Jedenfalls ist sicher, d a b auch bei iOO1i mehr Sauerstofl vom Hydroxylarnin aufgenommen wird, als der alleinigen Bildung yon Stickoxydul entsprechen wtirde.

So interessant diese Keactionen sind, so cignen sie sich

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190 R a s c h i g , iiber h s Vwhalten

doch nicht zu scharfen titrimetrischen Bestimmungen des Hydroxylarnins. weil die erhaltentm Zahlen innerhalb mehrerer Procente schwanken ; doch wird die Titration in siedend heifser schwefelsaurer Losung zu ganz annahcrnden Bestim- mungen immerhin Anwendung finden kiinnen.

In G r a h a m - 0 t t o 's Lehrhuch *) wird als Bestiinmungs- methode vorgeschlagen, Hydroxylaminsalze durch L6sungen von Eisenoxydsulfat zu oxydiren, indein man sie damit auf 80 bis 900 erwarnit und dann das entstanderie Eisenoxydul mit Chaniileon zu titriren; es sol1 dam ein Atom Sauerstoff genau eineni Molecul Hydroxylamin entsprechen. In Wirk- lichkeit findet man nach dieseni Verfdhren genau das, was auch ohne Zusatz von Ferrisulfat erhalten wird, namlich etwas schwankende Werthe, welche etwa uni die Hiilfte zu hoch sind und einer Oxydation zu Stickoxyd, nicht zu Stickoxydul, entsprechen wiirden.

Doch lafsl sich diese Methode derartig modificiren, dafs alles Hydroxylamin in Stickoxydul iibergeht. Man mufs vor allen Dingen einen sehr grofsen Ueberschufs von Fcrrisulfat- liisung anwenden - auf 0,i g salzsaures Hydroxylamin wurden etwa 20 cbcm einer kalt gesittigten Eisenammoniak- ahunliisung genommen - und damit nach Zusatz von ver- dunnter Scliwefelsiiure mindesteris 5 Minuten lang iin kriiftigen Kochen erhalten. Nachlier wird durcli Zusatz des doppelten Volumens Wasser abgekiihlt und sofort niit Permangarirt titrirt. Die Analyst! eines reinen von K a h I t~ a u m bezogenen sak- sauren Hydroxylamins ergab auf diese Weise im Mittel aus

sehr vielen nalie hei einander liegenden Wertheii : Berecbnet Oefundcn

NB,OH 47,48 46,98.

Dafs merklicli weniger gefunden wurde, als I)erecltnet

*) 1881, Band 11, Abtbl. 11, S. 129.

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der salpetriqen zur schwejigen Stiure. 191

ist, durfte daran liegen, dafs das Priiparat , welches schone grofse Krystalle bildete , etwas Mutterlauge eingeschlossen enthielt.

Es schien interessant, an der Hand dieser Methoden zn untersuchen, wie sich die Hydroxylaminmonosulfonsiure gegen Oxydationsmittel verhalten wiirde. Es hat sich herausgestellt, dafs in diesem Fall die directe Titration der siedend heifsen schwefelsauren L6sung Resultate giebt, die, wenn sie auch im Einzelnen ziemlichen Schwankungen unterliegen , doch im Durchschnitt einer Oxydation zu Stickoxydul einigermafsen entsprechen. Eine abgewogene Menge von hydroxylamindi- sulfonsaurem Kali wurde mit Scliwefelslure und Wasser zurn Sieden erhitct und dann sofort titrirt. Das Resultat war :

Berechnet Gefmden NH,OH 10,81 11 bis 12,5,

also nicht mehr um die HalRe, sondern hochstens nocli urn ein Sechstel zu hoch. Die Titration mit H u l k von Eisenoxyd- sulfat nach der oben gegebenen Vorschrift lieferte hier stets zu niedrige Resultate, namlich 8 bis 9,3 pC. KHIOH.

c ) Dihydroxylaminsulfonaaures Kali nnd seine Derivate. Die in diesem Abschnitt zu beschreibenden Verbindungen

konnten nicht in dem absolut reinen Zustande erhalten werden, wit: die unter a) und b) genannten Koryer, weil es nicht mijglich war , dieselben durch Umkrystallisiren zu reinigen ; ilire Uritersucliung hat daher nicht so scharfe und ziifrieden- stellende Resultate ergeben, wie sie bisher vorgefuhrt werden konnten. Das Augeiimerk mufste also vor allem auf die Eigen- sckaften der vorliegenden Verbindungen gerichtet werden, und diese beweisen, dafs, ebenso wie die unter a) bescliriebencn Kijrper als Derivate des Amnioniaks, die unter h) aufgefuhrten nls solche des Hydraxylamins zu betrachten sin.d, die nunmehr zu erwlhnenden sich von eineni liypothetischen Dihydroxylamin

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i92 Ra8chi9, iiber dae Verhalten

(HO),NH ableiten, einem Korper, der allerdings fiir sich nicht darsteUbar sein diirfte, von dem aber zwei Anhydride, namlich die untcrsalpetrige Saure HKO und das Stickoxydul K B 0 be- kannt sind.

Das

Dih.ydro~tlaminsulfonsaurr! Kali,

konnte nicht hergestellt werden. Vielleicht ist 4:s beim Ein- leiten von schwefligcr Siiure in eine sehr stark gekiihlte Kaliumnitritliisung zu erhalten ; Einleiten in durch Eis gekiihltes Kaliumnitrit gab kein Resultat; es trat vielmehr eine secundlre Reaction ein , welche sich durch eirie heftige Entwicblung von Stickoxydgas kennzeichnete und spiiter niher erkliirt werden soll.

Dagegen ist es mehrfach gelungen, ein

wenigstens annihernd rein zu erhalten. Dieses Salz, welches offenbar identisch ist tr i i t dern sulfazinigsaurern Kali von F r em y , entsteht stets HIS erstes Product der Einwirkung von schwefliger Saure auf stark alkalische Kaliurnnitritliisungen. Es ist aber, wcil ziemlich leicht Ibslich, schwer zu isoliren rind von den anderen unter denselben Umstanden entstehenden Verbindungen zu trenncn. Iii griifserer Menge wurde es einmal urhalten, als zur Ilerstellung von hydroxylamindisulfon- saurem Kali nach einer von C 1 a u s angcgebentm Vorschrift in eine Liisung von 400 g Kalihydrat uiid 400 g Kaliuninitrit in 800 cbcm Wasser ein rnafsig starker Strom von schweflig- saurem Gas so lange eingeleitet wurde, bis eine Ausscheidring von Tlionerde (aus dem kauflichon: Kali) cintrat. Die Fliissig- keit, welche tlabci eine Temperatur von etwa 500 angenommc!n

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der salpetrigen zur schweji’igen Hawe. i 93

hatte, wurde von der Thonerde abfiltrirt und sollte nun nach C I a u s ’ Angaben in der Kalte zu eineni Krystallbrei gestehen, einem Gemisch verschiedener Salze, aus dem durch weitere Operationen das hydroxylamindisulfonsaure Kali isolirt werden sollte In Wirklichkeit schied sich jedoch nur eine geringe Menge von nitrilosulfonsaurem Kali ab , und auch beim Ver- diinnen mit dein gleichen Volumerl Wasser fie1 kein hydroxyl- amindisulfonsaures Kali aus.

Die Flussigkeit wurde daher auf dem Wasserbade bis zur Bildung einer Krystallkruste eingedampft und blieb dann uber Nacht stehen. Es hatte sich eine reichliche blenge eines Snlzgemisches abgeschieden , das aber vie1 nitrilosulfonsaures Kali enthielt und aus dem hydroxylamindisulfonsaures Salz nicht zu erhalten war.

Die Mutterlauge wurde wieder bis ziir Krystallhaut ein- gedampft. Beim Erkalten schossen griifsere Krystalle an, welche durch mehrmaliges Umkrystallisiren rein erhalten wurden und sich dann als das oben genannte basisch-imido- sulfonsaure Kali KN(SOSK)a + H 2 0 erwiesen. Dicses Salz ist jederifalls durcli eine secundare Reaction entstanden zu denken, namlich durch eine Zersetzung des urspriinglich gebildeten nitrilosulforisaureri Kalis durch die schweflige Saure, welche an der Stelle, wo sie einstriimt, vorlbergehend eine saure Reaction der Flussigkeit hervorruft urid bei der erhohten Temperatur der Flassigkeit genau so wirkt, wie jede andere Saure auch thun wiirde, nimlich das nitrilnsulfonsaure Kali in imidosulfonsaures Salz iiberfiihrt. Letzteres verbindet sich dann, sowie es an eine andere Stella der stark alkalischen Flussigkeit gelangt, mit Kali zum basischen Salz K?J(SOBK),.

Die Mutterlauge vom basisch imidosulfonsauren Kali wurde wiederum aiif das Wasserbad gesetzt. Beim Ein- dampfen hedeckte sie sich mit einer RUS weifsen, wnrzen- ffirrnigen Erhohungen bestehenden Krustc ; beim Erkalten

Annalen der Chemie !&I. Bd 13

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194 R a s c h i g , iiber das Verhalten

iibenogen sich die WPnde des Gefafses mit einer krystallini- schen Ausscheidung der gleichen Substanz. Sie wurde auf Thon gestrichen und einen Tag im Schwefelsaureexsiccator aufbewahrt. Die ziemlich dickflussige Xutterlauge , welche hiervon abgegossen war, gab bei Fernerer Concentration griibere Mengen des gleichen Salzes, aber dann itnmer mit schwefligsaurem Kali verunreinigt.

Leider liefs sich die vorliegende Substanz nicht reinigen, da dieselbe so leicht IBslich ist, dafs es nicht gelang, dieselbe aus einer wiisserigen LBsung wieder abzuscheiden. Sie rnufste daher so, wie sie bei der Darstellung erhalten war, unter- sucht werden. Der K6rper stellt ein weikes Pulver dar, welches sich beirn Erhitzen unter sturmischer Entwickelung rother Dampfe zersetzt. Die LBsung, welche alkalisch reagirt, giebt init Chlorbaryum einen weirsen Niederschlag, der sich in verdunnter Salzsaure oder Salpetersiiure leiclit und voll- stiindig Ibst. Die klare Fliissigkeit, welche so entsteht, trubt sich in der Iialte nach einigen Minuten, beini Erwdrmen sofort unter Abscheidung von schwefelsaurem Baryt. Vor allem charakteristisch ist das Verhalten der Stibstanz gegen Sauren. Setzt man zu eiiier starken wiisserigen Lasung verdiinnte Schwefelsaure, so tritt schon in der Kiilte, schneller noch beim Erwiirmen eine lebhafte Entwickelung eines farb- und geruchlosen, sich aucli an der Luft nicht riithetiden Gases ein, in welchetn ein glimrnender Span mit lebliafter Flamtne weiter- brennt, also von Mickoxydul. Dagegen entweiclit Stickoxyd, sowie man eine scllwach mit Schwefelslure oder Essigsaure versetzte Natriumnitritlosung hinzufugt , welche so verdunnt ist, dafs sie an sich noch kein Stickoxyd entwickelt. 3asci- rendes Stickoxydul wirkt also uuf salpetrige C” ilure unter Bildung von Stickoxyd nach der Gleichung :

Np0.p + NSO = 4N0

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der salpeCn'gen zur schwe$%en S&ure. 195

ein. Auf dieses Verhalten sol1 noch mehrfach zuriickgekommen werden.

In fast allen den aufgefiihrten Eigenschaften stinimt das vorliegende Salz mit dem sulfazinigsauren Kali von F r e m y iiberein ; besonders spricht fiir diese Uebereinstimmung die bei keinem ferneren Schwefelstickstoffsalz wieder bemerkte Eigenschafi dieses Salzes, sich beim Eindunsten seiner wasse rigen L6sungen an der Oberfliiche in weifsen Warzen abzu- scheiden. Nur in einem Punkt weichen F r e m y ' s Angaben von den vorstehenden ab; nach F r e m y entwickeln die Losungen seines Salzes beirn Ansauern Stickoxyd. Es ist wohl anzunehnien, d a b in seinem Salz, welches aus dem nachher zu beschreibenden sulfazinsauren Kali erhalten wurde, noch etwas salpetrigsaures Kali enthalten war. Die Analysen stimmen, so gut man es bei einer Substanz, die sich nicht

reinigen lafst, erwarten kann, auf die Formel HO)NSOeK. KO

hrechnot G e f u n d e n von F r e m y

K 38,02 36,77 36,88 38,16 S 15,59 15,49 15,50 16,27 N 6,82 - - 6,22.

Besonders spricht fur diese Pormel das Auftreten von Stickoxydul beim Ansauern. Dabei entsteht jedenfalls zuerst die freie Dihydroxylaminsulfonsaure HO\ HO/NS03H (oder viel-

leicht auch die um 1 Mol. Wasser armere Kitrososulfonsaure ONSOsll), welche Chlorbaryum nicht fillt, iind diese Saure zersetzt sich nach kurzer Zeit genau so, wie alle bisher ge- nannten Schwefelstickstoffsiiuren zerfallen, niWich in Schwefel- saure urtd eine Sticksto5verbindung, welche Wasserstoff an

Stelle des Sulfonrestes enthalt, also i $NH (Dihydroxylamin)

oder ONH (jedenfalls identisch mit der wenig untersuchten untersalpetrigen Saure). Aus diesen Verbindungen entsteht schliefslich unter Wasseraustritt Stickoxydul.

13 it

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i 96 R a s c h i g , iibw dm V d a k e n

Ein Versuch , durch Einwirkung von starker Kalilauge

auf das Salz ig>NS03K eine zweifach basische Verbindung

"\NSO,K herzustellen , ergab ein unerwartetes Resultat, KO/ welches aber geeignet ist, viele beim Behandeln von stark alkalischen Kaliumnitritliisungen mit schwefliger Siure beob- achtete Ersclieinungen zu erklareii. Pug1 iiian namlich zu

einer Lbsung des Salzes iE)NSOSK einen Ueberschufs von

starker Kalilauge, so entsteht ein weiber Niederschlag. Der- selbe wurde durch Aufstreichen auf Thon von der Mutter- lauge befreit und erwies sich dann als stickstofffrei; die wilsserige LGsung gab beim Ansiiuern keine Gasentwickelung, zeigte aber beini Erwlrmen in hohern Grade den Gerucli dcr schwefligen Saure, kurz es war, wie auch eine Analyse zcigle, fast reines wasserfreies schwefligsaures Kali, IipSOII :

Borechoet Qefundon K 49,43 49,57

S 2 0 ~ 2 1 19,73.

Das basisch diliydroxylariiinsulfonsaure Kali HO/NS03K, KO.,

welches in neutralen und schwach alkalischen Losungen aus salpetrigsaurem und schwefligsaurem Kali entsteht , wird also durch einen grofsen Ueherschufs von Kali wieder in diese Componenten gespalten. Daraus erkllrt sich, dafs in sehr stark alkalischer Lbsung schweflige Saiire auf salpetrige S h e gar nicht einwirkt. Leitet man z. B. schwefligsnures Gas in eine Losung von 50 g Kalihydrat und 20 g Kaliumnitrit in 50 cbcm Wasser, so fallt das in starker Kalilauge unlhliche wasscrfreie scliwefligsaure Kali fast rein aus. Ebenso erkliirt es sich jetzt, w a r m aus der Muttrtrlauge vonl hasisch dihy- droxylaminsulfonsauren Iiali bei weitercr Concenlration ein init Kaliurrisulfit verunreinigtes Product ausgeschietlcn wurde ;

Page 37: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrigen zur schwejigen & w e . 197

es ist dariti eine so concentrirte Kalilosung entstanden, dafs unter ihrem Einflusse die Ruckzersetzung des Salzes in schwefligsaures und salpetrigsaures Kali begann.

Vie1 leichter als das basische dihydroxylaminsulfonsaure Kali, welches leider niemals in gr6fserer Menge gewonnen wurde, so dafs ein eingehenderes Studiurn seiner Eigenschahen rndglicli gewesen wlre, erhiilt man ein anderes Salz, welches, da es sich beim Ansiuern seiner Lasung ebenfalls unter Entwickelung von Stickoxydul zersetzt, auch in diese Gruppe gestellt werden mufs. Es sol1 den Namen

Sulfazinsaures KaZi

tragen , weil es jedenfalls der Hauptbestandtheil des von F r e in y beschriebenen sulfazinsauren Kalis ist. F r e my hat diesen Kijrper durch Einleiten von schwefliger Saure in concentrirte und alkalische Kaliumnitritliisungen bis zum brei- artigen Erstarren der Masse liergestellt und scheint, da er angiebt, dafs sich die erhaltene Substanz in Wasser leicht und vollkommen lose, in der That ein von nitrilosulfonsaurem und liydroxylamindisulfonsaurem Krli freies Priiparat in der Hand gehabt zu haben. Leider ist aber seine Vorschrift hier, wie in vielen anderen Fallen, so undeutlich abgefafst, dafs 88

beim Wiederholen des Versuches mir ebensowenig wie C1 a u s gelurigen ist , eine Verbindung zu gewinnen, welche sich vollkonimeii in Wasser gelgst liiitte ; es blieb vielmehr imnier ein Riickstand von nitrilosulforisaurem Kali. Dagegen Mfst sich ein einheitliches Product erlialten, wenn man zu eiiier conceiitrirten und durch kaltes Wasser gekuhlten Kaliumnitrit- 16sung unter fortwahrendem Urnschwenken eine starke (etwa 25 bis 30 pC. SO2 enthaltende) Losung von KaliumdisulEt tropfen lafst. Es tritt dann plotzlich, noch lange bevor 1 Mol. Disulfit auf I Mol. Nitrit verbraucht ist, ein Moment ein, in dem das Reactionsproduct zu einem dicken Brei er-

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198 Raclchdg, iiber daa verhlten

starrt. Derselbe wird direct in nicht allzu starker Schicht auf por6se Thonplatten gestrichen und einen Tag iiber Schwefelsaure aufbewahrt.

Die Analysen ergeben Resultate, welche auf die Forinel KHNpOS(SOsK), stimmen :

Berechnet Gefunden c .

K 33,lO 33,47 83,51 - - s 18,06 17,69 17,65 17,67 17,85

N 7,90 7,68 - - -

Da sich der KBrper beim Erhitzen explosionsartig unler lebhafter Eiitwickelung brauner Dainpfe zersetzt, SO irriissen die Analysen sehr vorsichtig ausgefiihrt werden. Zur Kaliuiu- bestirnmung beruhrt man die in einem Plutiritiegel abgewogene Substanz mit einem heifsen Platindraht ; es schreitet dann von der beruhrten Stelle aus langsani eine Zersetzung fort. Erst nach Beendjgung derselben wird gegliiht , schliefslich unter Zusatz von kohlensaurein Ammon.

Bei der Schwefelbestimmung war es nicht, wie bei den anderen Schwefelstickstoffsalzen nBtbig , die Substanz niit kohlensaureni Natron zu schmelzen ; schon bcim Fallen eiiier siedenden salzsaureii LBsung rnit Chlorbaryuin schied sich aZZer Schwefel als schwefelsaurer Baryt ab.

Wie schon gesagt, ist der hier vorliegende Kbrper walir- scheinlicli identisch init dem sulfazinsauren Kali von F r e in y, dessen Zusamniensetzung nicht sehr von den oben gegebenen Zalilen abweicht. Vermuthlich sind auch das inetasulfazotin- saure und das nietasulfazinsaure Kali yon F r e m y die gleiahe Verbindung gewesen , nur in unreinem Zustande ; F r e m y 's Angaben uber die Eigenschaften und auch die Zusanimen- selzung dieser Salze stellen einander sehr nahe. Man inufs bei einer Kritik der Blteren Angaben iiber diese Kfirper wohl beriicksichtigen, dafs zur Zeit, als dieselben entdecbt wurden, den Chemikern noch nicht die vollendeten Vorrichtungen,

Page 39: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der sctlpetwgen zur achwejigen Saure. iw dereti wir iins jetzt zur lsolirung solcher Salze, die nicht ausgewaschen werden diirfen, bedienen, zur Verfiigung standen. Wahrend es jetzt nicht schwer halt, den Krystallbrei, welcher beim Eintragen von Kaliumdisulfitlosung in concentrirte Kalium- nitritlosung entsteht, durch Absaugen vor der Pumpe und durch Ausbreiten auf por6sen Thonplatten so gut wie voll- kommen von der Mutterlauge zu befreien, hat F r e m y z. B. das sulfazinsaure Kali so untersucht, wie er es durch Aus- pressen des beim Einleiten von schwefliger Saure in alkalische KaliumnitritlBsungen entstehenden Breis und durch Trocknen des Riickstandes auf Fliefspapier erhielt. Es kann daher nicht Wunder nehmen , dafs F r e m y niemals reine Verbindungen in Hinden hatte, sondern solche, welche mit den Bestandtheilen der Mutterlauge verunrcinigt \wren. Besonders scheint allen seinen Praparaten salpetrigsaures Kali angehaflet zu haben ; deiin e r findet immer, daD die LBsungen beim Ansauern Stickoxyd entwickeln. l)as rcine , nach obiger VorschriR dargestellte sulfazinsaure Kali giebt aber, in wenig lauwarmern Wasser geldst und dann sofort mit Schwefelslure versetzt, kein Stickoxyd, sondern Stickoxydul, und erst wenn man erwarmt und die Gasentwickelung nachzulasscn beginnt, pflegt sicli demselben etwas Stickoxyd beizumischen , aber immer nur sehr wenig. Anders ist es freilich, wenn inan die Losung des sulfazinsauren Salzes vor Siiurezusatz einige Stunden stehen lafst. Es scheidet sich dann am Grunde des Gefafses eine schbn in coinpacten Krystallen anschiehende Substanz aus und die iibersteliende Fliissigkeit zeigt nun auf Saurezu- satz eine kriftige Entwickelurig von Stickoxyd. Es hat dann aber eine Zersetzung des sulfazinsauren Kalis stattgefunden; denn jene Krystalle sind, wie aus der Analyse und ihrem Verhalten zweifellos hervorgeht , hydroxylamindisulfonsaures Kali, das nur nach folgender Gleichung entstanden sein kann :

KHNyOS(S0eK)X = IJON(SO8K)p + K N O p .

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200 Raechdg, iiber das Verhalten

Das sulfazinsaure Kali zerf"al1t also glatt in hydroxyldmindi- sulfonsaures Kali und salpetrigsaures Kali; erstcres ist schwer ldslich und scheidet sich zurn grofsten Theil ab ; letzteres bleibt in Ldsung und bewirkt die Slickoxydentwickelung, welche auf Siurezusatz eintritt. Natiirlich wird Stickoxyd auch gebildet, wenn man zur L6sung des sulfazinsauren Kalis einc schwach saure Natriumnitritldsung fiigt ; in diesem Fall entsteht es durch die Einwirkung des nascirenden Stickoxyduls auf salpetrige Saure.

Nan kaniite aus dem leichten Zerfall in hydroxylarnindi- sulforisaures Kali und salpetrigsaures Kali schliersen wollen, das sulfazinsaure Kali stelle eine Verbindung Salze vor, habe also elwa die Constitution :

HO-N-N-OK II I1

( W K h 0

dieser beiden

aIlein cs sprechen doch tnancherlei Grunde gegen diese Auf- fassung. So sollte man von einern Salz der atigefiihrten Constitution erwarten, dafs es boim FIllen seiner schwach angesiiuerten siedcnden LBsung ntit Chlorbaryuni cbenso wie das hydroxylainindisulfonsaure Kali nur die Hdfte seines Schwefelgehaltes in Gestalt von schwefelsaurem Baryt aus- fallen liefse; in Wirklichkeit aber fdlt aller Schwefel aus. Ferner deutet auch der Umstand, dafs es iihnlich derti oben

beschriebenen sulfazinigsauren Kali i$SSO,K entsteht, wenn

gmnge Mengen von schwefliger S h e auF viel Nitrit ein- wirken, darauf hin, dafs es ebenso wie dieses nur eirie Sulfo- gruppe an Stickstoff gebuiiden enthllt, und i n m kotnmt dann zu der Ansicht, dafs es aus i Mol. sulfaziiiigsaurcrt Kali und i Yol. des hypothelisclien Salzcs HO\ HO.,NSO,K durch Wasser-

austritt entstanden zu denken ist :

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der sabetriqen zur XchzcejYqen Saure. 20.1

K S O , N $ ~ + ~ E > N S O , K = KSO,-N-0-N-SO,K + H,O. I I

OK OH Sul fazhures Kali.

Nimmt man die letztere Forniel an , so mufs man aller- dings zur Entstehung des hydroxylaiiiindisulfonsauren Salzes daraus die Wanderung einer Sulfogruppe von dein einen zum anderen Stickstoffatome annehmen. Vielleicht wird man eher geneigt sein, eine solche Annahine zu maclien, wenn man bedenkt , dafs auch das Verhallen des diliydroxylaminsulfon- sauren Kalis gegen starke Kalilauge gezeigt hat, dafs in diesen

Verbindungen, welche nur eine Sulfogruppe an Stickstoff ge- bunden enthalten, diese Bindung alkalischen Reagentien gegen- uber nicht eine so fesle ist, wie bei denjenigen Kiirpern, in welchen mehrere Sulfogruppen mit einern Stickstoffatome in Verbindung stelien. Die Hydroxylaniinmonosulfonsaure wird ja durch Alkalien ebenfalls sehr leieht zersetzt. Schliefslich ist hier auch darauf hinzuweisen, dafs C 1 a u s *), welcher das

HO\ Salz HO/NSOsK oder O=N-SOsK, wenn auch in sehr unreinern

Zustande durch PBllen von KaliuntiiitritlBsung mit alkoholischer schwefliger Saure darstellte und als Kalistllz der Schwefelstick- stoffslure HOSNOS beschreibt, ebenfalls fand, dafs die Liisung desselben in lauwarmem Wasser nach einiger Zeit hydroxyl- amindisulfonsaures Kali absetzt.

P r e 111 y giebt von den Salzen , welche ich fur identisch lialte , namlich vom sulfazinsauren , metasulfazinsauren und metasulfazotinsauren Kali an, dafs sic durch Wasser in sulfa- zotinsaures Kali (das jetzige liydroxylatnindisulfonsalrre Salz) und in sulfazinigsaures Kali zerlegt werden. Ich konnte eine

solche Bildung von sulfazinigsaurem Kali i:\,NSO,K bei der

Zersetzung des sulfazinsauren Salzes niclit nachweisen ; in-

*) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1, 508.

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202 R a s c h i g , iiber d m Verhalten

dessen ist es sehr wohl denkbar, dafs a u b e r der beschriebenen Zerlegung in hydroxylamindisulfonsaures und salpetrigsaures Kali, namentlich wenn dem Salz Alkali anhiingt , was bei F r e m y 's Priiparaten nicht ausgeschlossen erscheint, nebenbei auch cine einfache Spaltung im Sirine der Gleichung :

KS08N-O-N-S0,K f KOII = 2 i;)NSO,K. I I OK OH

stattfindet. Sulfazinsaures Kali wurde auch erhalten, als in eine Lo-

sung von 17 g Kaliumnitrit und 13 g Kalihydrat in 50 cbcm Wasser , welche rnit Alkohol bis zur beginnenden Triibung versetzt war, unter bestiindigcm Schiitteln und Kiihlen schwef- l i p S u r e eingeleitet wurde. Die gaiize Fliissigkeit ers tarr tc zu einem Brei, der vor der P u m p abgesogen, auf Thon ge- striclien und einen Tag iiber Schwefelsaure aufbewahrt wurde.

Die Analysen ergaben : Berechnet Gefunden

K 33,lO 33,90 33,99 - S 18,06 17,80 18,64 17,90.

Leider konnten die in) Ahschnitt c behandelten Substanzen nicht so eingehend untersucht werden, als sie es wohl ver- dienten; das sulfazinigsaure Kali wurde zu selten und in zu geringer Menge erhalten und beim sulfazinsauren Salz tritt die Zersetzung, die es in wiisseriger L6sung erleidet, sttirend ein. Es scheinen auch aufser diesen beiden Salzen, welche vom SLickoxydul abzuleiten sind, heim Beginn der Einwirkung von schwefliger Saure auf alktilische Kaliumnitritlosungen noch Salze zu entstehen, welche Verbindungen dieser Stickoxydul- derivate mit salpetrigsaureni Kali darstellen, wenigstens deutet darauf hin die starke Entwicklung von braunen Daniyfen, welche man hiiuGg bcobachtet , wenn man das Salz, welches sich beini Einleiten von schwefliger Saure in stark alkalische Nitratlosungen zuerst abscheidet und das von der Wutterlauge

Page 43: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der ealpetrigen zur schwejigen Siiure. 203

m6glichst befreit is t , mit S l u r e iibergiefst. Allein es gelang nicht , ein solches Salz in einheitlichem Zustande zu erhalten und weitergehende Versuche in dieser Richtung mufsten in Rucksicht auf das grofse Arbeitsmaterial, welches durch vor- liegende Untersuchung geliefert wurde, unterbleiben.

. 111. Verlanf der Reaction cwischen ealpetrigeauren nnd

Aus einer iibersichtlichen tabellarischen Zusammenstellung der beschriebenen Substanzen ergiebt sich sofort die Ar t , in der schweflige und salpetrige Saure bei Gegenwart von Alka- lien zusammentreten.

echwefligsanren Alkalien.

N(SOsK)* Nitrilosnlfons.

Kali NH(SO8K)s HON(SO8K)S

Imidosulfons. Hydroxylarnin- Kali disulfons. Kali

NH,S08K HONHSOSK (HO)SNSO& Amidosulfone. Hydroxylamin- Dihydroxylamin-

Kali monosulfons. sult’ons. Kali Kali

XH, BoNir, ( H o l m (H0)8N Ammoniak Hydroxylamin Dihydroxylamin Salpetrige Siure

(Hydrnt der unter- salpetrigen S h r e

ONH und den Stickoxyduls N,O)

Man bemerkt sogleich, dafs das erste Product das di- hydroxylaminsulfonsaure Salz (OH)pNSOsK ist (resp. dessen Derivate sulfazinsaures oder sulfazinigsaures Kali) , welches aus einem Molecul Nitrit und einem Molecul Sulfit entsteht ; auf dieses Salz wirkt ein meites Molecul Sulfit ein und bildet damit hydroxylamindisulfonsaures Kali HON( SO,K)*, und aus diesem wird schliefslich durch Zusammentreten mit einem dritten Sulfitmolecul das Endproduct , das nitrilosulfonsaure Kali N(SOsK)S gebildet. Es ist damit nicht gesagt, dafs, wenn man z. B. LBsungen von Kaliumnitrit und Sulfit oder Disulfit

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204 R a u c h i y , iiber das Verhalten

in solchem Verhaltnifs mit einander mischt, dafs auf ein Mo- lecul des ersteren gerade zwei Molecule des letzteren enl- fallen, nur hydroxylamindisulfonsaures Kali entstehe , sondern man wird dann regelnilfsig auch eine erhebliche Menge von nitrilosulfonsaurem Kali erhalten , wahrend ein ande rk Theil des Mitrik nur bis zur ersten Phase hin verlndert worden ist und ein fernerer Theil vielleicht ganz unangegriffen blieb. Es hiingt das damit zusammeii, dafs bei allen diesen Reac- tionen betrachtliche Warmeuiengen auftreteri und dafs die Neigung zur Bildung des Endproducts N(SOBK), mit der Tem- peratur der Mischung wachst. Die Umsetcung in der zweiten Phase slehen zu lassen, gelingt daher selbst bei Anwendung berechneter Mengen der Reagentien nur , wenn das Getnisch gut gekfihlt wird. (Sieht: Darstellung des hydroxylamindisul- fonsauren Kalis.)

Verfahrt man andererseits s o , dafs auf 1 l o l . Kaliumni- trit mehr als 3 Mul. Kaliumsulfit entfallen, so sollte man nur die Rildung dcs reinen Endproducts N(SOBK)3 erwarten. Allein es tritt hier noch ein Umstand in Wirkung, von dem bisher nicht gesprochen wurdc , dafs nlmlich die Reaction zwischen schwefligsauren und salpetrigsaurcn Alkalien keine momentane ist , sondern eine gewisse, hei Anwendung yer- diinnler L6sungen und bei niederer Teinperatur recht betriicht- liche h i t erfordert. Bleibt nun bei lnnelialtung der gcdaditen Mischungsverhlltnisse die Flussigkeit kalt , so scheiden sich

die zuerst enislehenden Salze z$NSO,K und HON(SO,K),

theilweise BUS, bevor noch das Sulfit weiter darauf hat ein- wirken kannen, und werden von den zugleich enlstehenden Krystallnadeln des nitrilosulfonsauren Kalis eingeschlossen. Im Laufe einiger Minuten erstarrt die Fliissigkeit zu einern Kry- stallbrei, der abor lrotz des Ueberschusses an Sulfit kein reines nitrilosulfonsaures Kali darstellt , sondern noch in ge-

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der sa&trz)en zur sdwc$'{qen Saure. 205

ringer Menge die Producte der ersten und zweiten Reactious- phase enthalt. Dieser Korper ist dau tetrasulfsmmonsaure Kali uon Claus . Es leuchtet nun ein, weshalb diese Sub- stane bei der Analyse fur den Kalium- und Schwefelgehalt Zahlen lieferte, welche den fiir das nitrilosulfonsaure Kali be- rechneten so nahe kommen, denn sie besteht zum grhfsten Theil daraus, und dafs trotzdem die durch Destillation mit Natronkalk gefundene Ainmoniakmenge den Stickstoffgehalt uni etwa 30 pC. zu klein anzeigte; denn das beigemischte hydroxylamindisulfonsaure K d i giebt j a unter diesen Urnstanden nur lis seines Stickstoffgehaltes in Form von Ammoniak ab,

und das Salz I10?NS08K diirfte beim W h e n mit Natronkalk

ebenso wie beim Behandeln mit Kalilaupe in schwefligsaures und salpetrigsaures Kali gcspalten werden , von denen das letztere noch einen Theil des entstehenden Ainmoniaks unter S tickstoffen tw icklung zers tijren wir d.

Aber nicht allein von den lClengenverlialtnissen , in den Nitrit. und Sulfit zusammengebracht werden, von der Concen- tration und Temperatur der Fliissigkeit scheint die Zeitdauer, welche die Heaction erfordert, abhiingig zu sein , sondern auch von der Menge freien Alkalis, welche in dein Gemisch von vornherein vorhanden ist oder bei dem Procefs entsteht. Je mehr Alkali vorhanden ist, desto langsanier und unvoll- standiger verliiuft die Reaction, j a sie tritt gar nicht ein, wenn ein grofser Ueberschufs dawn gleicli zii Anfang in den Pro- cefs eingefiihrt wird, und es stimmt damit vollkommen uberein, dafs, wie oben gezeigt, das in der ersten Phase entstehende

sulfazinigsaure Kali iE: NSO& durch slarkes Alkali wieder

in seine Componenten gespalten wird. l i t dieser Umkehrbar- keit hiingt zusammen, dafs die Reaction riicht quantitativ ver- lauft; es wird j a ininier freies Alkali in ihr gebildet. Man studirt diese Verhaltnisse weniger gut bei der Reaction zwischen

KO

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m Rcasc hig, .Sther das 17erhaZten

Kaliumnitrit und -sulfit , wo durch die Abscheidung der schwer 16slichen schwefelstickstoffsauren Kalisalze eine fort- wlhrende Stdrung des chemischen Gleichgewichts verursacht wird, als bei Anwendung von Natriumsalzen , wobei keinerlci Ausscheidungen stattfinden. Mischt man unter guter Kiihlung durch Eintragen von Eis Natriumnitrillosung (1 Wol.) mit Na- triumdisulfitlBsung (2 Mol.), so kann das erhaltene Gemisch tagelang stehen bleiben, ohne dafs alles Sulfit verschwindet ; beim Ansauern tritt iinmer noch der Geruch nach schwefliger S h e auf. Erst wenn man die Fliissigkeit andauernd bei hoherer Temperatur erhalt , oder kurze Zeit kooht , ver- schwindet alles schwefligsaure Salz, dann ist aber aucli in grober Dlenge das tertiare Salz N(SO,Na), gebildet , wie die starke Ausfillung von nitrilosulfonsaureni Kali , welche auf Zusatz einer Kaliumsnlzldsung eintritt , beweist. Nimmt man gar i Mol. Nitrit auf 3 Mol. Disulfit, also die zur Bildung von N(SOSNa), berechneteii l engen , so kommt die Reaction, wie es scheint, auch bci Siedeternperatur nicht zu Endr.

Wie man sich vorzustellen habe, dafs bei der Einwirkung von Suliiten auf Nitrite Verbindungen entstehen , welche die Sulfogruppe -S09K en Stickstoff gebunden enthalten, dariiber giebt C I a u s eine ziemlich complicirte Erklarung. Er meint, dafs die Bildung dieser K6rper auf einer Heduction cler salpe- trigen Saure beruhe, wobei aber kein Ammoniuk gebildet wird, sondern noch ehe die Reduction so weit gegangen ist, das inehr oder weniger reducirte Product niit den durch Oxydatiori der salpetrigen Saure entstandenen Gruppen -S08K in Verbindung tritt. Dabei soil aber noch (zur Er- klarung der Bildung des tetrasulfammonsauren Kalis , welches C l a u s als eine Verbindung des funfwertliigen Stickstoffs auf- fafst) das Bestreben des dreiwerthigen Stickstoffs, wie er im salpetrigsauren Kali auftritt , in funfwertliigen uberzugehen in Betracht zu ziehen sein ; das salpetrigsaiire Kali addirt also

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der salpetrt$e?i zur schwejligen Saure. 207

schweflige Saure und das erste Product der Einwirkung beider aufeinander ist SOpN02K. Dieser Kbrper , welcher die gleiche Zusammensetzung hiitte , wie das innere Anhydrid ON-SOBK des dihydroxylaminsulforisauren Kalis (HO)sN-SOaK, konnte auch von C I a u s , der ihn schlechtweg als ,,Kalisalz der Schwefelstickstoffsaure HNSOs' auffiihrt, nicht rein er- halten werden.

Jetzt, wo es sich gezeigt hat, dafs alle beschriebenen Sulfammonverbindungen durch Zugrundelegung eines dreiwer- thigen Stickstoffatoms vollkommen erklart werden , mufs mit diesen Anschauungen von C 1 a u s gebrochen werden. Zu einer neuen und sehr vie1 einfacheren Ansicht iiber die Bil- dung dieser KBrper gelangt man, sobald man der schon von mehreren Seiten wahrscheinlich gemachten Meinung beitritt, die schweflige Siiure als Hydrat besitze die unsymmetrische Constitution H-SOs-OH und das Kaliumdisulfit sei daher als H-SO3-OK zu betrachten. Dann sieht man, dafs in den drei bei der Bildung der Schwefelstickstoffkbrper beobachteten Phasen einfach aus je einem Molecul Disulfit und einem Mole- cul eines KBrpers , welcher mindestens eine Hydroxylgrupye an Stickstoff gebunden enthiilt, unter Abspaltung von Wasser ein Condensationsproduct entsteht.

Es gelten also die drei Gleichungen : (HO),CN + H-SOS-OK = (HO)s=N-SOs-OK + H.0. (HO)s=N-SO,-OK + H-SO,-OK = HO-N=(SO*-OK)* + H,O. HO-N=(SO*-OK), + H-SO,-OK = N- (SOP-OK), + 60.

Der fundamentale Unterschied zwischen der alten und der neuen Anschauungsweise ist also der, dafs jene eine Re- dzictiow, diese eine Condenuat/,'on annimmt. Da man bei An- nahme der letzteren zu einer so iiberaus einfachen und uber- sichtlichen Theorie des ganzen Vorgangs gelangt, so ist man wohl berechtigt , diese als bewiescn hinzustellen und umge- kehrt den Schlufs zu ziehen, dars im Bestehen dieser Reac-

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R a s c h i g , uber das Verhalten

tionen ein neuer Beweis firr die unsyriinietrische Constitution der schwefligen Siiure und ihrer Salze liegt.

Vergleicht man die mannigcdchen und vielfach untersuchten Reactionen, welche salpetrige Saure mit den versehieden- artigsten organischen Verbindungen eingeht, mit dem Verhalten, das sie den schwefligsauren Salzen gegmiiber zeigt, so findet man eine vollkommene Uebereinstiinriiurig.

lrnmer zeigt die salpetrige Saure das Bestreben, auf Korper , welche besonders reactionsfdliige Wasserstoffatorrie enthalten, sofern letztero nur nicht allzu elektroriegativer Na- tur sind, also etwa eiiier Carboxykruppe aiigehiireii, derart einzuwirken , dafs eine oder niehrere Hydroxylgruppen der salpetrigen Saure niit solchen Wasserstofltltomen in Gestalt von Wasser austreten und dafs die Reste sich aneinander- lagern. Es scheint dabei gleichgiiltig zu sein, an welehes Element diese Wasserstolfutoine gebundeii sind ; der an Stick- stoff gebundene Wasserstoff in Amido- und Imidogruppen, der an Kohlenstoff gebundene in den Methylengruppen (z. B. irn Acet- essigester), der an Sauerstoff gebundene in den Alkoholen und der an Schwefel gebundene Wasscrstoff der schwefligsauren Salze wirkt auf salpetrige SLure ganz in gleicher Weise ein.

Man sieht in dem obigen Reactionsschema, dafs die sal- petrige Saure auf ihrern Wege LU deri nitrilosulfonsariren Sabcn zwei Zwischenkiirper bildet , welclie nicht mehr drei, sondern nur noch zwei oder eine Hydroxylgruppe an Stick- stoff gebunden cnthalten. Man darl dardus schliefseri, dafs niclit nur die salpetrige S h e , sondern gariz allgemein Ver- bindurigeri , welche Hydroxylgrupperi an Stickstoff gebunderi enthalten, Neigung besitzen, mit schwefliger Siiure ZII Con- densationsproducten zusammenzutreten , und dafs es gleicti- giiltig ist, o h von solchen Hydroxylgruppen cinr, wic beim Hydroxylaniin und seinen Derivaten, oder zwei , wie bei der untersalpetrigeii Sarrre, oder drei , wie in der salpetrigerl

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der salpetngen zur schwejigen Saure. 209

Saure vorhanden sind. Leider ist die untersalpetrige Siiure schwer zugiinglich ; Versuche ein solches Verhalten gegen schweflige Siiure bei ihr zu constatiren, wurden daher nicht angestellt. Dagegen ist der Versuch mit Hydroxylamin aus- geftihrt worden und hat das erwartete Resultat ergeben; Hydroxylamin wird durch schweflige Siiure glatt in Amido- sulfonsiiure iibergefihrt. :

HCl. HINOH + HSOpOH = H,NSO,OH + HCl. Die Reaction mufs in diesem Fall, da Hydroxylamin bei

Gegenwart von Alkalien nicht bestandig ist, in saurer L6snng ausgeftihrt werden. Man slttigt cine wiisserige L6sung von salzsaurern Hydroxylamin mit schwefliger Saure , lafst einige Zeit stehen und dampft dann auf dem Wasserbade bis zur Bildung einer Krystallhaut ein ; beim Erkalten krystallisirt Amidosulfonsaure in reichlicher Jlenge aus. Die Mutter- lauge liefert noch ein wenig davon, setzt jedoch auch schwefelsaures Ammon ab. Das im Abschnitt I1 beschriebene Prlparat von Amidosulfonsiiure war auf diesem Wege g e wonnen worden.

Es ist anzunehinen, dafs auch organische Hydroxylamin- derivate die gleiche Condensation eingehen werden. Da man bei diesen ICBrpern ofters im Zweifel ist, ob sie noch eine Hydroxylgruppe an Stickstoff gebunden enthalten, oder ob sie ihren sauren Charakter anderen Umstlnden, etwa der Anwesen- heit einer alkoholischen Hydroxylgruppe oder eines an Stick- stoff gebundenen Wasserstoffatoms verdanken , so kann das Studium des Verhaltens solcher Verbindungen gegen schwef- l i e Siiure vielleicht zur Ermittelung ihrer Constitution em- pfohlen werden. Ebenso ist zu erwartrn, dafs es gelingen wird, die Frage, ob Nitrosophenole, wie es den Anschein hat,

NOH die Constitution R/ I besitzen, oder ob sie, der Blteren

‘0 Aonalen der Chemie 241. Ed. 14

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210 R a a c h ig , ilber das Vmhalten

Auffassung gemiifs , R<:E geschrieben werdeii mSsen , auf

diesem Wege zu losen. An Stickstoff gebundene Iialogenatome diirften sich iihn-

lich wie llydroxylgruppen verhalten ; auf einige hierher ge- hBrige Reactionen ist bereits in einer vorliufigen Blittheilung *) hingewiesen worden. Wie sich Nitrogruppen gegen schwef- lige SIure verhalten, wird sich erst nach eingehender Unter- suchung dieses Gegenstandes feststellen lassen. Sicher ist, dafs auch hierbei am Stickstoff sulfonirte Uasen entstehen khnen, doch steiien die Angaben, welctie uber das Verhalten des Ammoniurnsulfits zu Nitrobenzol gemacht sind , nicht mil einander im Einklang. Vom Nitronaphtalin hat P i r i a **) in einer ausfuhrlichen Abhandlung, deran Resultate kurzlich durch W i t t ***) vollkominen bestiitigt wurden, nachgewiesen, dafs es beim Behandeln mit schwefligsaureni Ammon in zwei isomere Sulfosiiuren iibergeht, von denen die eine, die Thio- naphtamsaure , wohl zweifellos die Constitution CloH7. NH . SOsH 1.) besitzt, wiihrend die andere, die Naphtionsiiure ganz

sicher im Kern sulfurirt ist , also die Structur CloHSso3~

hat. Schliefslich kann hier noch ein organisches Derivat der Hydroxylaminmonosulfonsiiure erwiihiit werdcn , wvelclies A. W. F o r s b e r g H) kirrzlich aus Nitrosodiniethylanilin und conceritrirter wlisseriger schwdliger Slure oder Natriumdisul- tit gewann, namlich die Verbindung :

;IYH

*) Ber. d. deutsch. chem. Gee. 90, 584.

**) Diem Annaleu PH, 31. ***) Ber. d. deutach. chem. Gee. 19, 55.

t) Siehe auch S c h u 1 t z : Chemio des Steinkohlentlieers. I886 513.

tt) Ber. d. deutsch. chem. Ges. BO, Kef. 107.

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der salpetrigan ZUT .vchwc$igen Sauw. 2i i

OH N'

/' '80,

\ / O

H' \(CH,),

C,H,

N

das innere Salz der Dimethylanilinsulfhydroxylaminsaure. Damit diirfte aber alles wiedergegeben sein , was uber

organische Scliwefelstickstoffverbindungeri bekannt ist. Jeden- falls liegt hier ein grofses Gebiet zur Bearbeitung offen und es ist wolil zu wunschen, dafs, nachdem die im Kern sulfu- rirten aromatischen Amine so eingehend durchforscht sind, auch diejenigen , welche die Sulfogruppen Rn Stickstoff ge- bunden enthalten und auf deren Existenz schon A. S p i e g e l *) hingewiesen hat, jetzt , wo der Charakter der schwefligen Saure und ihr Verhalten zu den Sauerstoffverbindungen des Stickstoffs eiue neue Beleuchtung erftihren hat, eingehetidere Bearbeitung finden.

4) Ueber dae snlfaeotineaure Kali nnd einige fernere SchwefelsticketoffealEe.

Als ,basisch sulfazotirisaures Kali' hat F r em y ein schon in harten oft treppenartig ausgebildeten Krystallen anschiefsen- des Salz beschrieben, welches er iifter beim Einleiten yon schwefliger Saure in stark alkalische Kaliuinnitritl~sungen er- Iiielt. Er stellte es init seinem -neutralen sulfazotinsauren Kali" (jetzt hydroxylamindisulfonsaurw Kali) zusammen , weil es ihm gelang , das letzterr: ails dem basischen Salz durch Einwirkung von schwacheii SBuren darzustellen und umgekehrt auch wieder durch Beliandeln mit Alkali i l l das basische Salz iiberzufiihren.

Spiiter hat C 1 H u s sicti rnit deitiselben basisch sulfazotin-

*) Ber. d. deutsch. chem. Gee. I@, 1479.

14 Q

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ai2 R a s c h i g , iiber daa Verhalta

sauren Kali" beschiihigt und angegeben , dafs diese Verbin- dung g a r nichts mit dem hydroxylainindisulfonsauren Kali zu thun habe; die Ueberfuhrung der beiden in einander gelang ihm nicht. Er giebt daher dem von F r e m y untersuchten Salz den Namen ,sulfazotinsaures Kali" und fiihrt das ,,new trale sulfazotinsaure Kali" von F r e m y als ,,disulfhydroxyazo- saures Kali" in die Literatur ein; beide Kbrper sollen Salee eweier von einander unabhingiger Saurcn darstellen.

Sulf azotinsnures Kali. K6HNpSIOI4 + l&O.

Die Eigenschahen des in Rede stehenden Kijrpers sind so charakteristisch , dars Verwcchslungen nicht vorliegen kiinnen. Das sulfazotinsaure Kali, wie es nach C I a us ' Vor- gang auch hier genannt werden soll, Ibst sich, im Gegensatz zu fast allen sonst bekannten Schwefelstickstoffsalzen mit nG kaZ&cker Reaction in heifsem Wasser und lafst sich daraus beliebig oft untl ohne Veranderungen zu erleiden umkrystalli- siren. Es scheidet sich dann fast immer in harten, am Boden d e s Gefafses hahenden Krusten ab , welche aus treppenartig angeordneten Krystallaggregaten bestchen. Aus s tark alka- lischer L6sung unikrystallisirt , nimmt es etwas Alkdi auf, verliert dieses Mehr aber wieder bei wiederholten Krystalli- satioiien aus reinein Wasser. Gegen Ternperaturerhlitlung zeigt es sich sehr bestiindig; es bleibt hei i20° ganz unver- iindert und zersetzt sich erst bei etwa 15O0 unter Entwick- lung saurer Diimpfe. Es lafst sich, ohnever lnderung zu er- leiden, langere Zeit aufbewahren; doch wurde es auch mehrmals nach Ablauf einiger Wochen zersetzt vorgefunden. Die wisser ige Lbsung farbt sich beini Behandeln mit Blei- superoxyd s c h h roth.

In allen diescn Eigenschaften stimmen die Angaben von Fr e my, von C I a u s und eigene Reobachtungen so vollkommen

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der salpeh-igen zur sciiwejhgen Stiure. 2i3

iiberein, dafs kein Zweifel an der ldentitiit der untersuchten Korper herrschen kann. Weniger passen zu einander die analytischen Daten. Wiihrend F r e m y einen Kaliumgehalt von 32 pC. angiebt , hat C I a u s im Mittel aus zahlreichen Versuchen 33,60 pC. K gefunden und daraus die Formel KJ4N&OI4 oder N2HK02(S09K)4 berechnet. C 1 a u s giebt allerdings a n , dafs er den fcr diese Formel berechneten Ka- liurngehalt niemals erreicht und sehr haufig sogar nur 32,9 bis 33,12 pC. K gefunden habe, schiebt aber diesen Verlust auf eine geringe Zersetzung , welche das Salz beim Umkrystalli- siren aus Wasser erleiden SOH. Da jedoch das Salz sich auch bei oftmals wiederholter Krystallisation aus heifsem Wasser immer mit gleichen Eigenschaften in grofsen Krystallen mit gllinzenden Fllichen und mit constanter Zusammensetzung ab- scheidet , so ist eine solche mit Kaliumverlusten verbundene Zersetzung kaum anzunehmen, und es ist vie1 wahrscheinlicher, dds die Substanz, deren Analysen C l a u s seiner Formel zu Grunde legt, noch Kali enthalten hat, von dem schon gesagt wurde, dafs es mit Vorliebe in den Kiirper eingeht und erst durch mehrfaches Umkrystallisiren dnraus zu entfernen ist. Die zahlreichen , mi; gut gereinigter Substanz angestellten Analysen geben Werthe , welche auf die Formel KIHNPS4OId + HpO stimmen :

Berechnet Gefunden 32,37 32,53 32,54 32,57 32,67 1 32,69 32,71 32,79 32,90 32,95

K 32,89

S 21,53 21,27 21,84 21,41 21,51 - Bei den Kaliumbestimmungen mufs das Salz sehr vorsichtig

erhitzt werden, da die Zersetzung platzlich eintritt und von einer starken Entwicklung rother Dampfe begleitet ist.

Was die Constitution anbetrim, so ist es leicht zu be- weisen, dab der Korper noch ein durch Metalle vertretbwes Wasserstoffatom enthllt. Lost mail ihn in wenig warmem

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214 R a s c h ig , iiber das Verha Zten

Wasser auf, fOgt einen Ueberschufs sehr starker Kalilauge hinzu und dann etwas Alkohol, so scheidet sich ein krystalli- nisches Pulver ab, welches durch Wasser zersetzt wird und daher durch Aufstreichen auf porijse Thonplatten von der alkalischen Mutterlauge befreit werden mufs. Eineii Tag iiber Schwefelsaure getrocknet, zeigtc es die Zusammensetzung K?N,S,O,& + H20.

Berechnet Qefunden - K 37,lO 36,67 37,55 a 19,96 19,38 19,56.

Begreiflicher Weise kann man bei einem Kiirper, der nur auf die beschriebene Weise zu isoliren ist, keine ganz scharf auf die Pormel stimmenden Zahlen erwarten. Auch mufs man bei den Analysen sehr vorsichtig sein, weil das Salz sich beini Erhitzen mit geradezu explosionsartiger HeRig- keit zersetzt; zur Kalibestimmung thut man am besten, dicsc Zersetzung durch Beriihrung der im Platintiegel abgewogenen Substanz mit einem gliihenden Druht einzuleiten und dann erst zu gliihen.

Das so erhaltene Salz 16st sich schon in kaltttm Wasser sehr leicht und mit stark alkalischer Reaction auf; dabei tritt aber eine Zersetzung ein, denn aus dieser Liisung krystallisirt nach eiiiiger Zeit wieder sulfazotinsaures Kali li5HN4SIO14 + 1140, gewohnlich noch etwas kalihaltig, aus. Der Kijrper sol1 daher

Basisch sulfazotinsnures Kali

genannt werden ; es moge aber dabei, um Verwechselungen zu vermeiden, ausdrticklich bemerkt wertlen, dars dieses Salz bisher nicht beschrieben worden ist, dafs das bnsisch sdf- ozotinsuure Kali von P r e m y jetzt sulfazotirhsarwes Kali heifst , und dafs das ?mctraZe sulfaeotinsaure Kali von

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der salpebriyen ZUT schwqfligen Same. 215

F r e m y hochst wahrscheinlich identisch mit dem hydroxyl- amindisulfonsauren Kali ist.

Bei den Betrachtungen iiber die Constitution des sulf- azotinsauren Kalis ist ferner zu berucksichtigen, dafs es, wie schon aus C I a u s' Untersuchungen hervorgeht, als ein Derivat des Hydroxylamins zu betrachten ist, indem es, wie alle Hydroxylaminverbindungen, bei der Destillation mit Natronkalk gerade '/a seines Stickstoffgehtlltes in Geslalt von Ammoniak ausgiebt. Diese Angabe ist zu bestltigen :

Barechnet Gefnnden I!. N 1,51 1,14.

Damit stcht im Einklang, d a h bei der Zersetzung des Salzes durch Erhitzen mit ein wenig Salzsaure im Rohr auf 1300 thatsiichlich Hydroxylamin und zwar in berechneter Menge entsteht. Die Bestimrnung wurde nach dein oben beschriebenen titrimetrisclien Verfahren ausgefuhrt :

Berechnet Gefunden NHSOH 11 , lO 10,93.

Ferner ist darauf hinzuweisen , dsfs das sulfazotinsaure Kali sich beim Kochen seiner scliwach angesluorten wlsserigen Lasung nach der Gleichung :

zersetzt ; es entstehen also 2 hlol. hydroxylaminnionosulfon- saures Ktlli und 2 Dlol. schwefelsaures (resp. saures schwefel- saures) Kali. Dem entsprechend wird aus einer solchen Losung gerade die Halfte allen Schwefels durch Chlorbaryum gefiillt. Durch sehr schwache Siiuren , z. B. Kohlensaure wird sulftlzotinsaures Kali genau in der von F r e m y ange- gebenen Weise zersetzt; es entsteht nach der Gleichung :

hydroxylamindisulfonsaures Kali ( F r e m y 's neutrales sulfazo- tinsaures Kali); nur mufs man, da sulfazotinsaures Kali in kaltem Wasser sehr schwer liislich ist, die Kohlensaure durch eine zcarnze Lijsung leiten ; beim Erkalten krystallisirt dann

KHN,O,(YOSK)or + 2H10 = 2110NHSOsK + KSSO, f KHSO,

KHN,Ol(SOIK), + HIyO + CO, = 2HON(SO3K), + KHCOS

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216 R a s c h i g , iiber das Verhalten

hydroxylamindisulfonsaures Kali aus. Wahrscheinlich ist die Nichtbeachtung dieses Umstandes daran Schuld gewesen, dafs C I a u s keinerlei Einwirkung der Kohlensiiure auf sulfazotin- saures Kali constatiren konnte und daher Veranlassung nahm, jeden inneren Zusammenhang der beideri genarinten Sake zu bestreiten. Auch die Angaben P r e m y ' s uber die Riickver- wandlung des hydroxylarnindisulfonsauren Salzes in sulfazotin- saures Kali, welche C I a u s ebenfalls nicht gelang, sind richtig; wenn hydroxylamindisulfonsaures Kali niit etwa dem doppelten der bereclineten Menge starker Kalilosung zum Siederi erhitzt wird, so scheidct sicli beim Erkalten der Liisung sulfazotin- saures Kali aus. Dies ist sogar die einzige sichere Tllethode den Kbrper darzustellen; er mufs nur , weil er noch etwas Kali enthalt, nochmals aus Wasser umkrystallisirt werden.

Aus alleii diesen Angaben wiirde marl berecbtigt sein zu schliefseri , dafs dem hydroxylamindisulfonsaureii und dem sulfazotinsauren Kali die yleiche Saure zu Grunde liegt, wie das schon von F r e m y hehauptet, von C 1 a u s aber bestritten worden ist. Nan wurde also danacli das sulfazotinsaure Kali als eine Verbindung des basischen Salzes KOR(SO,K)p mit dem hydroxylamindisulfonsauren Kali HON( SO,K), , also als ein halbbasisches Salz, etwa von der Constitution :

(S08K),=N=N=(S0,K), + &O I 1 OH OK

auffassen. Trotzdem bin ich aus einer Reihe von Grunden nicht geneigt, diese Structur anzunehmen.

Erstens niimlich entsteht das sulfazotinsaure Kali aus dem hydroxylamindisulfonsauren Salz nicht so leicht, als man er- warten sollte; man mub schon mit eiriem grbfseren Kali- uberschufs in concentrirter L6sung kochen, urn diese Um- wandlung zu bewerkstelligen. Bei Einwirkung in der Kiilte

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der salpetr<ym zur schwejigen * ! a w e . 217

reicht das doppelte der berechneten Menge noch lange nicht HUS. Wenn man z. B. die der Gleichung :

entsprechenden Mengen von Kaliumnitritltisung und neutralem

Kaliumsulfit rnit einander mischt , so krystallisirt nach einiger Zeit neben grofseren Mengen von nitrilosulfonsaurem Kali auch etwas hydroxylamindisulfonsaures Kali heraus ; sulfazotin- saures Kali trilt aber nicht auf, obwohl bei dieser Reaction sechsnlal soviel Alkali entstelit , als zur Bildung desselben n6thig ware. Man kann allerdings sulfazotinsaures Kali auch ohne Zufiihrung von Wirme aus dem hydroxylamindisulfon- sauren Iiali erhalten, mufs dann aber einen sehr grofsen Ueberschufs einer concentrirten Kalilauge anwenden.

Man stelll sich dazu eine kalte iiberscittigle LBsung von hydroxylamindisulfonsaurem Kali durcli schnelles Abkiihlen einer Losung in heifsem alkalisclien Wasser her und fiigt dazu so lange kalte concentrirte Kalil6sung, bis die Flussigkeit beginnt sicli zu triiben. In kurzer Zeit fallt dann eine grofse blenge von weifsen seidegliinzenden Nadeln aus , welche identisch sind mit dem schon erwahnten basisch sulfazolin- sauren Kali KGCpS4014 + HeO, und die beim Unikrystallisiren aus Wrtsser sulfazotinsaures Kali liefern. Auch aus schwiicher alkalischen Losungen von hydroxylaniindisulfonsaurem Kali setzt sich nach mehrwiichentlicheni W h e n manchnial sulfazo- tinsaures Kali ab; da bei letzterem Salz sonst niemals Neigung zur Bildung iibersattigter Losungen beobachtet wurde , SO

mufs man annehmen, dafs es nicht etwa diese Zeit hindurch in der Flussigkeit vorlianden war, sondern dafs es erst wcilirend dieser Zeit entstand.

Alle diese Beobachtungen zeigcn , dafs dem Uebergange des hydroxylamindisulfonsauren Sakes in sulfazotinsaures Kali ein gewisser Widerstand entgegengcsetzt wird , wie man ihn

KNO, + 2 KSOaOK + 2HiO == HON(SOaK)* + 8KOH

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218 R as c h ig , iiber drcs Verhalten

bei eirier einfachen Vertretung eines Wasserstoffatomes durch Kalium, worin die Reaction bei Annahme der Forniel :

(SO,K),=N-.z K=(SOSK), I I OH OK

bestunde, nicht erwarteii sollte. Es kornmt hinzu, dafs es, allerdings nur ein eineiges Mal, gelungeti ist, ein Salz herzu- stellen, dem diese Structurforriiel niit griifserem llechte zugc- schrieben wertlen kann. Einer Vorschrift entsprechcnd, welche von C 1 a u s zur llorstellung voii hydroxylamindisiilfoiisaurem Kali gegeben ist, wurdc einmal in eine Losung von 50 g Kalihydrat und 50 g Kaliumnitrit in 100 cbcni Wasser uiiter Kuhlung ein Stroni yon schwefliger Siiure eirigelt:itet, bis ehen die Aussclieidung von l’lionerde (aus derri kiuflicheii Kali herriihrend) eintrat. Dann wurde das gleiclie Volumen Wasser hinzugefiigt und von der Tlionorde abfiltrirt. Am nachsten Tage hatten sich im Fillrat in ziemlicher IIlenge etwa 2 nini lange Krystalle ahgeschieden , welche voii geringen Mengen damit gemischter Nadeln von nitrilosiilfonsaurern Kali 1t:iclit diirch Abschlimnieri zu befreien waren. Dieselbeti gabben h i der Analyse Zahlen, welche init den fur sulfazotinsaures Kali berechneten iibereiristimmten :

I k e c h n e t Gefunden K 32,89 33,04 s 2 I,53 21,23.

Die Eigenschaften aber wnren ganz andere. Die Kry- stalk liisten sich in warmem Wasser niit alkalischer Heaction, beim Erkalten der Liisuiig scliied sich aber /iylrozyh~tzindi- sulfonsazcres Kali ab; sogar mit kalteni Wasser iibergossen liisten sie sich irn Laufe einiger Stunden vollstkndig auf und an einer anderen Stclle der nunmehr alkalisch rcagirenden Fliissigkeit kryst~llisirle dafiir hydroxylamindisulfonsaures Kali aus. ner Korper wird also, im Gegensatz ziim sulfazotirisaurein Kali , sclion durch Wasser zcrsetzt. Sulfazinsanres Kali,

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rlw salpetrken r w schmfE+eit Saure. 2i9

welches ein Rhnliches Verhalten zeigt und auch in1 Kalium- und Schwefelgehalt nicht allzusehr abweicht, kann nicht vor- gelegen haben ; denn dieses lafst in schwach saurer siedender Liisung, mit Chlorbaryum versetzt, allen Schwefel als schwefel- sauren Baryt fallen und zeigt beim Behandeln mit Sauren eine Stickoxydulentwickeliing ; eine solche Gasentwickelung wurde aber hier nicht bemerkt und in siedender, schwach saurer Ldsung wurde durch Chlorbaryum nur etwa die Halfte allen Schwefels als schwefelsaurer Baryt gefallt :

Berechnet Gefunden ',S 10,77 11,91.

Es bleibt nichts anderes iibrig, als anzunehmen, dafs in dem vorliegenden, schon durcli Wasser zersetzbaren lsomeren des sulfazotinsauren Kalis, das wahre halbbasisch hydroxyl- amindisulfonsaure Kali :

(SO,K)s=N- -N=(SOIK), + HgO I I

OH OK

vorgelegen hat, und dab daher dcni sulfazotinsauren Kali eine andere Constitution zukommen mufs. Leider ist es trotz hiiufiger Wiederholung der Versuche niernals gelungen, dieses halbbasische Salz wieder zu erhalten; in allen ferneren Ver- suclien schieden nach obiger Vorschrift behandelte Liisungen manchmal eiii wenig hydroxylarnindisulfonsaures Kali, gewdhn- licli aber garnichts ab.

Ausschlaggebend fur die Beurtheilung der Constitution des sulfazotinsauren Kalis ist schliefslich sein Verhalten gegen schwefligsaures Kali. Schon C l a u s hat gefundeii, dafs es dadurch niclit vertindert wird und ich kann diese Beobachtung nur besttitigen ; sulfazotinsaures Kali, in einer heifsen L6sung von neutralem Kaliumsulfit aufgeliist, krystallisirt beim Erkalten unvertindert wieder aus ; nitrilosulfonsaures Kali, dessen Ent- stehung man bei Annahme der eben angegebenen Structur- formel erwarten sollte, entsteht dabei nicht. Es ist aus

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220 R a s c h i g , iibw (Ed9 Veerhalten

dieser Thatsache zu schlieben, d a b das sulfazotinsaurtt Kali KBNeOs(SOyK), liaine l7yhoxylgruppe mil Stickstoff verbunden enthalt, und d a b auch Sauerstoffatome nicht dergestalt an Stickstoff gebunden sind, dafs sie gegen Sulfogruppcn ausge- tauscht werden konnteii; auch die Gruppirung -N=O ist also ausgesciilossen. Die einzige Structurformel, welclie unter diesen Urnsunden noch ubrig bleibt und die mit allen Eigen- schaften des sulfazotinsauren Kalis, auch mit seiner Entstehung aus hydroxylamindisulfonsaurem Kali gut in Eiiiklang steht, ist :

( s ~ , K ) , = N H ( ~ ) N K ~ ( ~ o , K ) , .

(so,K),=NK~~NK~(so~K),

Das basisch sulfazotitisaure Kali wird d a m als :

zu betrachten sein. Es leuchtet ein , dafs neutrales schwclligsaures Kali auf

derart constituirle Korper ohne Einflufs seiri wird. Durch Einwirkung von scliwachen SQuren , wie von Kohlensiure, wird zuerst eine Verbindung :

( SOlK),aNH(~)NH=(SOs~)2

entstehen, die aber nicht bestandig ist, sondern in 2 Mol. hydroxylamindisulfonsaures Kali zerfiillt. Umgekehrt is1 auch die Entstehung des sulfazotinsauren Salzes aus hydroxylamin- disulfonsaurem Kali leicht durch einfache Vcrschiebung eines Wasserstoffatomes zu crkliiren :

(~O~K)PNOH + HONa(SO,K), + KOH - - (so,K),=NH,~~;~’K=(so.K)~.

C 1 a u s giebt deni sulfazotinsauren Kali die Constitution :

Er stiitzt sich bei dieser Annahine jedenfails auf ein Verfahren zur Darstellung dieses K6rpers, wonach man in eine Losung von 200 g salpetrigsaurem Kali und 200 g

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der salpetrigen zur schwejhgen Sb'ure. 22 i

Aetzkali in 300 bis 400 cbcm Wasser schweflige S l u r e ein- leitet , bis eine Abscheidung von Thonerde eintritt , diese abfiltrirt und das Filtrat bis zum breiartigen Erstarren stehen lafst. Es entsteht dabei ein Kryslallgemisch, das durch Ab- saugen von der Mutterlauge befreit wird und welches man in der zwei- bis dreifachen Menge siedenden Wassers lBst ; beim Erka lkn dieser Lbsring schcidet sich dann sulfazo- tinsaures Kali, nieist rnit etwas hydroxylamindisulfonsaurem Salz gemischt, am. Nun ist in dem genannten Krystallbrei nitrilosulfonsaures Kali N(S03K), [nach CI a u s ' Auffassung trisulfammonsaures Kali NHP(SOsK)S] vorhanden, wovon aber nach dem Lijsen in siedendem , alkalischen Wasser nichts wieder auskrystallisirt ; es wird also angenommen, dafs das trisulfammonsaure Kali mit irgend einem anderen Bestandtheil dieses Salzgemisches zum sulfazotinsauren Salz zusammenge- treten ist. Daher stellte C 1 a u s obige Constitutionsformel auf, in welcher der Rest des trisulfammonsauren Salzcs noch fungirt.

Jetzt, w o wir wissen, dafs CI a u s ' ,,trisulfammonsaures Kali' die Formel N(SOSK)8 bcsitzt, kann obige Structurformel nicht mehr Geltung behalten. Allein auch C I a us ' Angaben uber die Darstellung dieser Verbindung konnten nicht ganz bestiitigt werden.

Schon oben bei der Besprechung des sulfazinigsauren Kalisalzes ist darauf hingewiesen worden, dafs 6fters beim Einleiten von schwefliger Sliure in alkalische Kaliumnitrit- 16sungen nach den C I a u s 'schen Vorschriften g a r keine Krystallausscheidungen beobachtet wurden. In anderen FBllen wieder fanden solche Ausscheidungen statt , ohne dafs sich eine bestimmte Ursache fur diese Differenz ausfindig tnachen liefs. Enthielt nun ein solcher Krystallbrei nitrilosulfonsaures Kali in grbfseren blengcn, so schied sich dasselbe auch regel- mifsig beim Erkalten der LGsungen in heifsem (alkalischen)

Page 62: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

222

Wasser wieder aus. Allein es kain vor, dafs diese Krystall- rnasse nur sehr geriiige Mengen von nitrilosulfonsaureni Kali enthielt und ganz vorwiegend aus hydroxylainindisulfonsaurem Kali und den Salzen bestdnd , welclie iii alkalischen Kalium- nitritbsungen xu Anfang der Behandlung rnit schwefliger Saure entstelien und beirn AnsCuern Stickoxydul oder gar Stickoxyd entwickeln. Es ist wohl anzunehinen , dafs es solche Producte gewosen sind, welche C 1 a u s in Handeri hatte, wenn er sulfazotinsaures Kali darstcllte und dafs diese Reaction darauf zuriickzufiihren ist, dafs das im Gemisch entlialtene hydroxylamindisulfonsaure Kali uriter dern Einflusse des von dcr stark alkalisclien Mutterlaugc her anlilngenden Kalihydrats die oben bcreits gescliilderte Umwaridlung in sulfazotinsaures Kali erlitten hat. JedenMls ist auch eine solche Formcl fur das sulfazotinsaure Kali, welche in Modifi- cation der von C 1 a u s angegebenen das ,,trisulfammonsaure Kali'* in seiner wahren Zuslrrnmerisetzunp als Bestaridtlicil futigiren liifst, also etwa :

R a s c h ig, iiber d a s VerlmEten

mit den Eigenschaften des Salzes, wie rnit seineni indifferenten Verhalten gegcn Sullite und mit seirier Vcrwandtschafl zum hydroxylamindisulfunsauren liali nicht in Einklang zu briiigen.

Vor allem aber wird die oben fur das sulfazotinsaure Kali aufgestellte Constitutioesformel :

(SO,K)~=NLI;OO,NK=(BO.K), in ho hem Grade gestiilzt durch das eigenthiimliclie Verhalten, welclies dieses Salz gegenuber oxydireaden Agentien zeigt. Losungen von sulfazotinsaurem Kali nelitricn oft schon beim Stelien an der Luft eine schwacll violutte Firbung an. Be- handelt inan das rnit lauwarrnem Wasser uhergosseiie Salz mit scliwachen Oxydationsmittelii , am bcsleii mil Bleisuper-

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der salpetrigen zur schweflige)t Saure. 223

oxyd nach einer von C I a u s gegebeneii Vorschrift , so ent- steht eine prachtvoll violett gefdrbte Losung, aus welcher sich beim Abkiihlen ein intensiv gelb gefiirbtes Salz in nadeligen Aggregaten ausscheidet. Dieses Salz, das

Ozysulfazotinsawe Kali von C 1 a u s (sulfazilinsaures Kali von F r e m y )

hat die ernpirische Formel ON(S08K), rind mufs, vorausgesetzt, dafs die fur das sulfazotinsaure liali gegebene Constitution richtig ist, die Structur :

besitzen. C1 a u s gicbt dem Iicirper, vori seiner Ansicht uber die Constitution des sulfazotinsauren Kalis ausgehend , die hypothetischc Formel :

0 / \ K - -K=O;

es lafst sich aber beweisen, dafs diese Formel micht richtig sein kann.

C 1 a u s hat namlich, wie es scheint, ubersehen, dafs F r e m y dieses gelbe oxysulfazotinsaure Kali nicht blofs aus seinem basisch-sulfazotinsauren (dem jetzigen sulfazotinsauren) Salz, sondern auch aus seinem neutralen sulfmotinsauren (unserem hydroxylamindisulfonsauren) Kali durch Oxydation gewonnen hat, wenigstens giebt C I a us nirgerids an, dafs er letzteren Versuch wiederholt habe. F r e ni y ‘s Angabe ist vollkommen richtig; hydroxylamindisulfonsarlres Kali liefert, mit schwachen Oxydationsmitteln behandelt , die glcichen violetien Losungen und wendet man darauf die yon C l a u s zur Darstellung von oxysulfazotinsaurern Kali RUS sulfazotinsaurem ausgearbeitete Vorschrift an , so entsteht ganz das gleiche gelbe Salz, wie in jenem Falle, gewBhnlich sogar nooh reiner und in besserer

I SO,K

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224 Rasch ig , iibm dns Verhalten

Ausbeute. Nun ist es klar, dafs durch Oxydation von hydro- xylamindisulfonsaurem Kali HON(SOSK)P niemals ein Kiirper der Constitution :

0 ' \\

N N=O 111 I (S0lK)S SO&

entstehen kann, dagegen ist die Bildung eiiies Kiirpers : 0

(so,K),=N' \N=(so,K), \o,'

aus 2 Mol. HON=(SO,K)s so leicht verstandlicli , dafs durch diese Bildungsweise die letztere Constitution einen tiohen Grad von Wahrsclieinlichkeit erlangt. Daraus kann man dann wie- der riickwiirts auf die Richtigkeit der fiber die Structur des sulfazotinsauren Salzes gcaufserten Ansicht schliefscn.

Zur Darstellung von oxysulhzotinsaurem Kali geht man zwecknilfsig vorn hydroxylamindisulfonsauren Kali IIUS. Etwa 5 g werden init Wasser, am besten unter Znsatz einiger Tropfen Kalilauge, fein zerrieben und dann mit etwa dem funffachen Volumen Wasser in eiii Kolbclien gehrdcht. Man giebt dazu eine Messerspitze Blaisuperoxyd und crwiirmt unter fortwiihrendem Uinschwenken vt:rmittelst cines Wasserbades auf etwa 40". Nach etwa 10 Minuten wird die entstandene violette Losung init Hiilfe eines Saugfilters von dem bleihaltigen Huckstand getrcnnt und beibt dann bei 0" stehen. Im Verlauf einiger Stunden scheidet sich cirie orangegelbe krystallinische Masse ab ; dieselbe wird auf porbse Thonplatten gestrichen und in den Exsiccator gestellt. Da die trockene Substanz sich iiufserst leicht zersetzt, wobei sie nitrose Gase ausst8fst und ihre Parbe verliert, so darf man sie nicht allzulange auf- bewahren; 1 bis 2 Stunden reichen auch hin, urn sie vollstiindig zu trocknen. Die Analysen stimniten init denen von F r c m y und C1 a u s uberein und passen zur Formel ON(SO,K)B.

Page 65: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrzken zur schwefligen S6ure. 225

Berechnet Gefunden v. F r e m y v. Claus K 29,16 28,60 28,05 29J2

8 23,86 23,79 23,50 23,131

N 5,22 6,74 5,07 5,aa. Das gelbe Salz lost sich in Wasser ziemlich leicht mit

blauvioletter Farbe wieder auf. Das Absorptionsspectrum der L6sung , welche im Aussehen der des Kaliumpermanganats sehr ahnelt , zeigt eine kraRige Absorption der blauen und griinen Strahlen des Spectrums. Die sch6ne Farbe der Substanz steht offenbar mit der Anwesenheit der Gruppirung

0 =N\;--/N=, welcher man einem chromogenen Charakter zu-

0 schreiben kann, in Zusammenhang.

Die Losung ist sehr unhestandig ; beim Ansiiuern entfiirbt sie sich in wenig Augenblicken; auf Zusatz von Alkali zeigt sie sich etwas bestindiger und kann unter Umstlnden sogar bis zum Iiochen erhitzt werden. Aber auch alkalische Lii- sungen und ebenso das unter solchcn aufbewahrte feste gelbe Salz zersetzen sich nach einigen Tagen regelmabig voll- standig; dabei tritt Entfiirbung und eine kriiftige Entwickelung eines Gases ein, welches einen glimmenden Span entflammt und das P r em y fiir Sauerstoff hielt, wiihrend in Wirklichkeit Stickoxydul vorliegen diirfte; ferner wird dabei, wie C 1 a u s gezeigt hat, ein Viertel des Schwefels in einer durch Chlor- baryum fallbaren Form, also als Schwefelslure oder ein Salz derselben, abgespalten und der Rest des Moleculs tritt zu einer neuen Verbindung, dem

/ \

Trisulfooxyazoeauren Kali von C 1 a u s (hletasulfazilinsauren Kali von F r e m y ) , NO(SO9K)3 + HzO

zusammen. Dieses Salz entsteht also nach der Gleichung : 0

‘0’ (so,K),=N’ -\N=(SOJ)~ + H,O = NO(SO*K), + KHSO. + l lNO (Hydrat des Gtickoxyduls).

Aonalen der Uhemie a41. Ed. 15

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226 RascAig , ilbm das Vmhalten

Man erhalt es, wenn man das gelbe oxysulfazotinsaure liali mit Wasser bedeckt einige Tage sich selbst uberliifst und nach eingetreterier Zersetzung den farblosen krystallinisclien Riickstmd, der sich dann an der Stelle des gelben Salzes be- findet, mehrmals aus Wasser umkrystallisirt. Zweckmlfsiger verbindet nian aber, wie das schon C 1 a u s und F r e m y g e than habcn , Darstellung und Zersetzung des oxysulfazotin- sauren Salzes in einm Operation, indem man hydroxylamin- disulfonsaures Kali oder besser noch sulfazotinsaures Kali mit

wenig Wasser und Bleisuperoxyd zum Sieden erhitzt. Aus dem Pittrat vom schwefelsauren Blei und unangegriffenen Superoxyd scheidet sich beim Erkalten eine gewiihnlicli stark bleihaltige Krystallmasse aus, die man mehrmals aus Wasser, dem zur Zerstiirung eines etwaigen Riickstandes yon sulfazo- tinsaurem Kali etwas Bleisuperoxyd hinzugefugt ist , umkry- stallisirt. Man erhalt schliefslich prachtvoll ausgebildete Kry- stalle , welche die empirische Zusammensetzung NO(SO,K), -1 HpO besitzen :

Berechnet Gefunden v. Fremy v. Claus ' - .--

K 28,94 28,47 28,54 28,02 28,656 9 23,69 23,64 23,38 !23,40 23,72 N 3,42 - - 3,48 3,27.

Das trisulfooxyazosaure Kali krystallisirt nach den Unter- suchungen des Herrn Dr. F o c k monosymmetrisch.

,,a : I) : c = 3,7602 : 1 : 2,0763.

Beobachtete Formen : a = (iOO), m = ( i l O ) , q = ( O i i ) , r = ('iOi) und s = ( i O i ) .

Parblose, meist kurz prismatische Krystalle (Fig. 8 Taf. i ) mit dem Hemidoma r als vorherrschender Endllache. Einzelne lndividuen waren mehr tafelformig nach dem Orthoyinakoid a ausgebildet. Das Hemidoma s ( i O i ) wurde nur an einem einzigen Krystall beobachtet.

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der saZp&+en zur schwe$i& Siiure. 227

Beobachtet Berechnet q : q = 01~1 ; o i i = 51028'

r : a = ioi : ioo = 62OP2'

- q : a = 011 : 100 = 89"--' -

- H : a = 101 : 100 = 59034' 59O20' m : m = 110 : iio = 29046' 29O48'

r : m = iOl : il0 = 83O19' 83O16' 8 : m = 101 : 110 = 82O28' 82028' q : rn = 011 : 110 = 28O54' 28'57' q : m = 011 : i i o = 29O52' 80°--'

Spaltbarkeit ziemlich vollkommen nach dem Orthopina-

Optische Axetiebene = Symmetrieebene. Durch das Ortjopinakoid gesehen, tritt eine Axe im

stumpfen Winkel ,!? scheinber circa 450 geneigt gegen die Kormale zu dieser Fllche a u s U

In Wasser 16st er sich ziemlich leicht; die Losung reagirt neutral und kann einige Zeit gekocht werden , ohne dafs Zersetzung eintritt. Auch aus ziemlich stark alkalischer Liisuiig krystallisirt die Substanz unverindert wieder aus. Dagegen spaltct sie in siedender schwach salzsaurer L6sung zwei Sulfogruppen ab und es kann wohl nicht zweifelhaft sein, dafs dabei wieder die in saurer Losung bestandigc Hydroxylaminmonosulfonsaure ent- steht; eine Fallung einer solchen sauren Losung mit Chlor- baryum ergab :

koid a.

Der K6rper ist sehr bestandig.

Berochnot Gefuuden =:s s 15,80 14,68.

Damit stimmt ganz iiberein, dafs das gelbe oxysulfazotin- saure Kali, welches, wie C l a u s zeigte, in neutraler L6sung '/d seines Schwefelgehaltes als Schwefclsaure abgiebt, wahrend die anderen 3/r in das trisulfooxyazosaure Kali eingehen, in saurer L6sung gekocht genau 3!4 verliert :

Berechuot Gefunden -- Yr 8 17,98 17,99 18,16.

15 it

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R a s c h i g , iibm das Verhalten

Das trisulfooxyazosaure Kali charakterisirt sich auch sonst als ein Hydroxylaminderivat ; die schwach angesiiuerte LBsung zeigt z. B. die reduckenden Eigenschaften der Hydroxylamin- monosulfonsaure, es entfarbt Permanganat. Beim Gliihen mit Natronkalk entlafst das Salz , wie alle Hydroxylabkbmmlinge,

seines Stickstoffgehaltes in Gestalt von Ammoniak , was schon von C I a u s nachgewiesen wurde.

Seine Constitution ist nach C I a u s ’ Annahme O=N-(SO,K)S + HpO. Diese Ansicht hat jedoch wenig ftir sich. W i r e diese Formel richtig, so sollte man annehnien, dafs dieser KGrper, @ er sich so auf‘serordentlich bestiindig zeigt, bei der Einwirkung von Oxydationsmitteln auf das nilrilosulfonsaure Kali N - (S03K)3 entstiinde. Indefs haben dahin zielende Ver- suche gezeigt, dafs nitrilosulfonsaures Kali unter keinen Um- standen reducirenden Charakter besitzt und gar kein Be- streben hat, sich mit Sauerstoff zu verbindcn. Vielleicht hat eine Constitution :

mehr Griinde ftir sich; aber man sollte erwrrten, dafs ein derartiger Korper, den man ja als ein schwefelsaures Salz auffassen konnte, in welchem das eine Wasserstoffatom der Schwefelsiiure durch Kalium , das andere durch den einwer- thigen Rest (SOIK),=N- vertreten ware, durch Alkalien unter Bildung von schwefelsaurem Kali zersetzt wiirdc. Dies ist aber nicht der Fall; das Salz krystallisirt aucli aus stark alkalischer Liisung unverindert Bus. Es wird daher das ein- fachste sein, diesem KBrper eine ahnliche Constitutionsformel zuzuschreiben, wie sie fur das ebenfalls recht bestitndige sulf- azotinsaure Kali vorgeschlagen wurde, niimlich

(so,K)~_N(~:~’=(so*K),.

(SO3K)B=N-O-S03K

l3ulfazotirLsau.re.s Kali-Natron, &NalINpSIO14 + 2 HPO wurde einmal erhalten, als zu 10 g festem Natriumnitrit 100 ccm

Page 69: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrzger zur schwefligen Saure. 229

kauflicher Natriumdisulfitlosung so schnell zugegeben wurden, dafs die Fliissigkeit sich zum Sieden erhitzte. Auf Zusatz von 50 cbcm kalt gesattigter Chlorkaliumlbsung schied sich eine grbfsere Menge von iiitrilosulfonsaurem Kali - Natron N(S03K)4SOSNa aus. Die davon durch Absaugen getrennte Mutterlauge setzte im Lauf von 24 Stunden noch etwas nitri- losulfonsaures Kali in langen Krystallnadeln ab, zwischen den- selben aber fanden sich bis hirsekorngrofse, kugelrunde, matte Krystallkrjrner , die sich durch Abschllmnien leicht von den erwiihnten langen Nadeln trennen liefsen. Die Analyse stimmte auf die Formel K4NaHIY2S4014 + 2 H20.

Berechnet Gefunden K 26,23 26,04

Na 3,86 3,71

8 21,46 2 1 3 1

N 4,69 $06.

Das Salz ist in Wasser ziemlich leicht laslich; die Lbsung farbt sich auf Zusatz von Bleisuperoxyd violett. Beim Erhitzen mit schwacher Salzslure im Rohr auf 1300 spaltet die Ver- bindung Hydroxylamin a b , doch wurde davon nicht ganz die berechnete Menge crhelten und ein geringer Druck, der sich beim Oeffnen des Rohres zeigte, deutet an, dafs ein Theil der Substanz einc Zersetzung in anderer Richtung erlitteii hat. Auch wurde beim Versetzen einer siedenden schwach salz- sauren Lasung mil Chlorbaryum etwas mehr als die Halfte des Schwefels als schwefelsaurer Baryt gefiillt.

Berechnet tiofunden NH,OH 11,07 9, l t I , , 8 10,73 12,76.

Da die Verbindung nur ein Atom Satrium enthalt, SO ist es wohl gestattet , demselben bei Aufstellung einer Constitu- tionsforniel eine besonders exponirte Stellung anzuweisen und demzufolge dem sulfazotinsauren Kalinatron die Structur :

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230 R a s c h i g , iiber das Verhahen

(SOJC),=NH&Na=(SO&)s /o + 2 HI0

zu geben. Zu den Schwefelstickstoffsalzcn gehiirt schliefslich noch

eine Classe von Verbindungen, wclche in den Lchrbiichern immer in Gerneinschaft mit denselben aufgefiihrt sind, ohne dafs man jedoch einen inneren Zusammenhang damit I d t e nach- weisen konneri , namlich die sogenannten stickoxydschweflig- sauren Salze. Bekanntlich absorbiren die neutralen schweflig- sauren Salze der Alkalien, auch des Ammoniaks, Stickoxydgas unter Bildung eigenthiimlicher Sake , welche ilirer leichten Zersetzlichkeit wegen bisher wenig untersuclit wurden. Leitet man z. B. Stickoxyd durch eine alkalisclic Kaliumsulfitlijsuiig, so bildet sich nach der Gleichung :

das stickoxydschwefligsaure Kali ; llfst man die Liisung iiber Schwefelsiure verdunsten , so scheidet sich das feste Salz in krystallinischen Krusten ab. Die Analyse eines so erhaltenen Praparates ergab :

KpSOg + 2 N 0 = K~NYSOS

Berecbnet Uefunden K 35,84 36,74 S 1466 14,40.

Schon C l a u s nahnr an, dafs dieser KBrper zur Classe der Schwefelstickstoffsalze gehiire, und das Salz zeigt in der That eine sehr frappante , manchen Sclrwefelstickstoffkiirpern eigenthiirnliclie Ileaction. Setzt man namlich zu seiner LGsung Chlorbaryum , so fillt ein Barytsalz a h weifser Niederschlag aus; fugt man dann sofort Salzsiiure hinzu, so wird dieser Niederschlag geliist ; es entstelit far cinige Augenblicke eine vollkommen klare Plussigkeit , welche ohne Zweifel die freie stickoxydschweflige SBure enthalt ; aber nach kurzer Zeit lriibt sich die Ldsung wieder unter Abscheidung von schwefelsaurem Baryt; es ist dann ein Zerfall der Slure in Stickoxydul und

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der mlpetriyen zur schwejigen Saure. 231

Schwefelsiiure eingetreten *). Genau das gleiche Verhalten zeigt das sulfazotinsaure und das basisch dihydroxylaminsul- fonsaure Kali, und auch die L6sungen vom nitrilosulfonsauren, imidosulfonsauren und hydroxylarnindisulfonsauren Kali ver- halten sich insofern ahnlich, als sie auf Zusatz einer sauren Chlorbaryuml~sung in der Kalte nicht sofort, sondern erst nach einiger Zeit schwefelsauren Baryt abscheiden.

Ferner gelang es, aus dem stickoxydschwefligsauren Kali ein wohl charakterisirtes Schwefelstickstoffsalz zu erhalten. Bei mehrfachen Versuchen namlich, dieses Salz aus schwacher Kalilauge urnzukrystallisiren , wurde iifters die Entwicklung eines Gases, in den1 ein schwach gliminender Span lebhaft fortgliihte, also von Stickoxydul beobachtet. Aus der Lasung krystallisirte dann, manchmal schon beim Erkalten, 6fter auch erst beim Verdunsten im Exsiccator , hydroxylamindisulfon- sautes Kali in schon ausgebildeten Krystallen , welches durch die Analyse, wie durch die Eigenschaften als solches nachge- wiesen wurde.

Mit dieser Thatsache fallt eine uber die Constitution des

*) EB mufs jedoch erwlbnt werden, d d s einmal ein stickoxyd- schwefligsaures Kali erlinlten wurde, w e l c h gerade das ent- gegengesetzte Verbalten zeigte. Eine Liisung von 25 g Aetzkali in Wassor wurdo mi t schwefliger Shure bis zur Bildung des aauren Salses i ibedt t ig t ; eine starke Lasung vun 75 g Kali hinzugeftigt und einige Stunden uuter Kiihluug Stickoxyd durch- geleitct. hus der RO orhaltencn Flussigkeit scbied sich schon beim Stehen in der Winterklilte eine krystalliniwhe Masse ab, welcbe genau die Zusammemetzuug des stickoxydschwefligaauren KaliR zeigte (gefunden K = 35,38; S = 14,38), deren wgsserige Ltisung sich auf Xusatz vou Cblorbaryum nur ganz unbe- deuteud triibte , aber momentan cinen dicken Niederscblag von schwefolsaurem Baryt lieferte , nls nocb Salzsllure binzugefiigt wurdo. EB scheint bier ein lsoineres der oben beschriebenen Substsnz vonuliegsn. Die davon abfiltrirte Mutterlauge setzte beim Verdunsten uber Schwefelslure ein Sale von den oben an- gegebenen Eigenscheften ab.

Page 72: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

232 R a e c h i g , itber das Verhalten

stickoxydschwefligsauren Ktllisalzes gelufserte Anschaunng *), welche dem Kdrper die Structurformel :

NO, ,OK

NO' 'OK I1 80

OK zuschreibt, denselben also als ein schwefelsaures Kali

betrachtet , in dem ein Sauerstoffatom dureh zwei Nitroso- gruppen ersetzt ist. Diese Auffassung kann nicht richtig sein, weil aus einer derart constituirten Verbindung auf keine Weise ein Schwefelstickstoffsalz rnit der dafur charakteristi- schen an Stickstoff gebundenen Gruppe - SOaK hervor- gehen kann.

Zum gleichen Resultut sind kiirzlich auch E. D i v e r s und T a m e m a s a II a g a ") gekommen. Dicselben fanden, dafs stickoxydschwehgsaures Kali sich durch Reduction ver- mittelst Natriumamalgdm in untersalpetrigsaures Salz (Nitroxyl- natrium) und in schwefligsaures Salz spalten bird, der Glei- chung :

(N,0,)80,K K + 2 N e = KNaS08 + KNa(NoOl)

entsprechend und konrmen daher zu dem Schlufs, dafs dieses Salz den Complex (N20,)= einerseits mit Kalium, andererseits niit der Sulfogruppe in Verbindung halte.

Ldst man diese Pormel noch weiter aaf, so komint man zu einenr Ausdruck, welcher alle Eigenschaften der stickoxyd- schwefligsauren Salze ungezwungen erklart , nhmlich zu der Constitutionsformel :

Danach ware das stickoxydschwefligsaure Kali ein basisch hydroxylaminmonosulfonsaures Kali :

*) G r a h a m - O t t o , Band 11, Abth. 11, 263. **) Journ. Chem. SOC. 1885, 303.

Page 73: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrigen zur schwejigen Saure. 233

in welchem das an Stickstoff gebundene Wasserstoffatorn durch die Nitrosogruppe ersetzt ist. Beim Behandeln mit Alkalien spaltet es sich, der Gleichung :

O N - N < ~ ~ ~ , + H ~ O = ONK + H O - N , ~ ~ , ~ /OH

entsprechend in untersalpetrigsaures Salz, welches sich weiter unter Entwicklung von Stickoxydul zersetzt, und in dihydroxyl- aminsulfoiisaures Kali. Letzteres besitzt , wie bereits in Ab- schnitt 2 unter c ausgefuhrt wurdc, Neigung zur Umsetzung in salpetrigsaures und hydroxylamindisulfonsaures Salz :

2 HO-h!<;EBK + KOH = KY02 + HO?J(B08K)~ + H,O und es kann daher nicht Wunder nelimen, wenn letztere Ver- bindung aus der mit schwachen Alkalien gekochten LBsung des stickoxydschwefligsauren Salzes anschiefst.

Zum Schlusse dieser Betrachtungen mBgen noch einmal samnitliche angefuhrten Schwefelstickstoffverbindungen nebst den dafirr vorgeschlagenen Constitutionsformeln hierbergestellt werden :

a) Derivate des Ammoniaks. Nitrilosnlfonsaures Kali N(SOaK), + 2 H,O. Nitrilosulfonlwrures Kali-Natron N(YOsK),SOSNa.

Imidoeulfoneaures Kali HN(SO,K),. I

t I Imidosulfoneaures Ammon HN(SOaNH,),. IBasisch imidosulfonaaures Kali KN(SO,K)* + HaO.

Amidosulfonsaures Kali H,NS08K. Amidoeulfonsiiure H,NS03H.

b) Derivate des Hydroxylamins. Hydroxylamindisulfonsaures Kali HON(S08K), f 2 ti&- LIslbbasiechhydroxyla~ndisulfonsa~c~ Kali (SO8K),=N=N=(80~K)a ?

OH OK

Page 74: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

234 R a R c h i g , i ihr das Ve-rhalten

lHydroxylaminmonosulfonsaures Kali HON,soy ,,H

j Hydrorylaminmonosulfonegure HON(fo8LI.

Trisulfooxyazosauren Kali (S08K)a:-N<~\NZ(S0,K), + 2 B20.

0

II‘O K Sulfazotinsaures KRli (SO,K)a=N/ ?N=(SO,K), + HaO.

0

K O R Baeieoh eulkzotinsaures Kali (SO,K),=N( )N=(SOaK), + H,O.

I I

0

H 0 Na I Sulfazotinsaures Ksli-Natroii (SO,K),=N < >N=(SO,K), + 2 H,O.

,o Oxysulfazotinsaurm Kali (SO,K),=N’- LN=(YO,K),.

‘0’

c) Derivate des Dihydroxylamins. LIO. Bwisch dihydroxylaminsulfonnmres K d i KOjNS03K

(Sulfazinigsaures Kali) Sulfaeinsaurea Kali S03K-N-0-N-S03K.

OH OK .OK Stickoxydschwefligsaures Kali O=N-N(gOSK.

5 ) Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Sllnre in sanrer LOsnng.

Der Uinstand, dafs Amidosulfonslure durcli Behandlung von salzsaureni Hydroxylarnin rnit schwefliger Siiure, also in saurer Lijsung entstebt, erlaubt zu schlieben, dafs ein princi- pie lkr Unterschied zwischen dem Verhalten der Kijrper, welche Hydroxyl an Stickstoff gebunden entlialten , ziir schwefligen Saure in saurer Lasung und dem in alka1iscl;er Losung nicht existirt, sondern dafs in beiden Flllen die g1eich.e Condensation durch Austritt dieser Hydroxylgruppe zusammen mit dem an Schwefel gebundenen Wasserstoffatom der schwehgen Siiure stattfindet. Das Studium der Veranderungen , welchen freie salyetrigc Saure beini Zusammentreffen mil schwelliger Siiure

Page 75: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrtjen ZZCT schweflz’gen S~ucte. 235

unterliegt , hat diesen Schlufs vollauf beslatigt , nur k6nnen naturlich die Endproducte nicht dieselben sein , welche in al- kalischer Ldsung entstehen , weil ja freie Hydroxylamindisul- fonsaure und Nitrilosulfonsaure gar nicht bestandig sind.

Am glattesten verliuft der Procefs bei Cegenwart eines Ueberschusses von schwefliger S u r e und es lafst sich mit Beriicksichtigung der schon oben aufgestellten Tabelle der Sulfammonsauren und der dargelegten Eigenschaflen dieser Verbindungen der Reactionsverlauf und sein Ende vorhersagen.

4) (.fww Nitrilosulfon-

slSure a) ( S O ~ H ) ~ N O H 7 ) H . (SO,H),N

Hydroxylamiudi- Imidosulfou- sulfonshre sHure

2) SOSH. N(0H)S 6) H .80,H. NOH 9) H, . SOBH N Dihydroxyl- Hydroxylamin- Amidosulfon-

aminsulfousllure. monosulfonslSure allure 1) N(OH)s 5) HN(OH)S 8) HSNOH 10) HSN Salpetrige Dihydroxyl- Hydroxylamin Ammouiak

8Hure amin

Die salpetrige Saure (1) mufs zuniichst durch Einwirkung von einern Yolecul schwefliger Siiure in Dihydroxylaminsul- fonslure (2) ubegehen. Vorausgesetzt nun , d a b diese in der sauren L6sung nicht zu Schwefelsaure, Wasser und Stick- oxydul gespalten wird, mufs sie sich mil einern weiteren Yo- l e d schwefliger Siure zu Hydroxylamindisulfonsilure (3) ver- einigen. Letztere wird entweder mit einem dritten Molecul zur Sitrilosulfonslure (4) zusanimentreten, welche nun, da sie in saurer Losung nicht liingere Zeit besthidig ist, zuerst in Imidosnlfonsirure (7), schliefslich in Amidosulfonsaure (9) iiber- gehen wird, oder aber sie verwandelt sich, da sic selbst gegen freie Slure sehr empfindlich ist, in die bestindigere Hydroxyl- aininmonosulfonsiiure (6), und diese verhindet sich dann mit schwefliger Siure zur lmidosulfonsaure (7), welche sich all- miihlich in Schwefelsaure und Amidosulfonsaurc (9) zersetzt. Die Reaction durchlauft also entweder den Weg i , 2, 3, 4, 7, 9

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236 Raschig , Ger rh Verhalten

oder 1, 2, 3, 6, 7, 9; das Endproduct mub inimer Amido- sulfonsaure sein. Kann diese wirklich durch Behandlung von salpetriger S u r e mit einem IJeberschut von schwefliger Siiure dargestellt werden, so mufs dies als ein geniigender Beweis dafiir gelten, dafs der Reactionsverlauf wirklich im beschriebeneii Sinne erfolgt ; denn wenn es schon nicht leicht war, die Yroducte der einzelnen Phasen bei der Einwirkung in alkalischer Losung zu isoliren, so ist dies begreiflicher Weise in saurer Lasung so gut wie unm6glich.

Die Heaction zwischen salpetriger und schwefliger Slure ist bereits mehrfach untersucht worden, besonders hat man, urn das Wesen des Bleikammerprocesses, der j a aul dieser Reaction beruht, klarzustellen, mehrfacli beide KBrper irn gas- fbrmigen Zustande auf einander einwirken lassen, ohne d a b jedoch die Resultate solcher Versuche den Erwartungen ge- rade entsprochcn hiitten. Das Verhalten dieser Korper zu einander in wasseriger L6sung scheint nur von F r e m y und C 1 a u s eingehender untersucht zu sein.

F r e m y *) ist der Ansicht , d a b ,sich beim Behandeln von schwefliger mit salpetriger Siiure in der Kate zunlchst einige der Sulfammonsiiuren bildcn. Diese k6nnen aber der Einwirkung der Wiirtne nicht widerstehen und man erhalt daher ihre Zersetzungsproducte , wenn beide Siiuren bei hbherer Temperatur zusammen komrnen ; es entsteht dann Ammoniak , Stickoxyd und selbst Stickoxydul. Mischt man Losungen von schwefliger und von salpetriger Saure, und erwgrmt allmahlich , SO entwickelt sich Stickoxydul; durch diese Reaction erklaren sich die grofsen Stickstoffverluste im Bleikammerprocefs.Y

Dies ist der wesentliche Inhalt der kurzen Abhandlung von F r e m y uber diesen Gegenstand; leider ist nichts von

*) Cotnptoa rendus 70, 61.

Page 77: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

deer sdpetrt'gen zur 8chwefEz'gen Saure. 237

dem, was in ihr angegeben ist, durch irgend welche Versuche belegt, besonders bleibt F. den Beweis dafiir, dafs beim Zu- sammentreffen kalter Liisungen von schwefliger und salpetriger Saure sich einige Sulfammonsiuren bilden , ganzlich schuldig. C l a u s , der im Uebrigen die Angaben von F r e m y in Be- treff des Auftretens von Ammoniak, Stickoxyd und Stickoxy- dul bestatigt, ist daher vollkommen berechtigt, an der Existenz von Sulfammonsauren in derartigen sauren Plussigkeiten zu zweifeln.

Trotzdem ist die Ansicht von F r e m y richtig; denn es lafst sich auf Grund des vorhin dargelegten Gedankenganges nachweisen, dafs bei dieser Reaction in der That Amidosul- fonsfiire entsteht. In drei Liter einer funfprocentigen wasse- rigen schwefligen Saure , welche durch in ihr schwimniende Eisstiicken bestandig kiihl gehalten wurde, lief. inan in sehr feinein Strahl cine ebenfalls mit Eis gekuhlte Losung von 40 g salpetrigsaurem Kali in i Liter Wasser einfliefsen. Unter diesen Urnstinden wird das salpetrigsaure Kali von der schwefligen Saure dine jede Gasentwicklung aufgenommen. Die erhaltene saure Fliissigkeit, in der sich grofse Mengen von Schwefelsaure nachweiscn lassen, wird stark eingedampft und mit kohlensaurem Kalk neutralisirt. Das Filtrat \.om ge- fallten schwefelsauren Kalk setzl bei weitcrem Eindampfen grofse Mengen von schwefelsaiirem Kali ab ; schliefslich aber wird eine syrupdicke Mutterlauge erlialten , welche beim Abkiihlen nicht mehr die Krystallkrusten dieses Salzes, sondern cine Menge sternformig gruppirter Nadeln ab- scheidet. Dieser Korper erwies sich als amidosulfonsaures Kali NH2SO~K; noch einmal aus wenig Wasser umkrystalli- sirt, schied er sich in den grofsen fur dieses Salz charak- teristischen Krystallen aus , deren Analyse folgendes Resul- tat ergab :

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R a s c h i g , iiber das Verhalten

Berecbnet Gefundeu K 28,94 28,86

8 23,68 23,87

N 10,36 10,32.

Mit der Auffindung eines Salzes der Arnidosulfonsaure, wclche hier in saurer L6sung entstanden sein mu&, ist be- wiesen, dafs die Reaction zwischen freier schwefliger und salpetriger Saure in der That den oben angegebenen Verlauf nimmt. Freilieh findet ein vollstandiges Dnrchlaufen dieses Reactionsschemas, bis zur Amidosulfonslure hin, nur dann statt, wenn man beim Zusarnmenbringen dcr scliwefligen mit der salpetrigen Saure gerade so verfahrt , wie oben aiigegeben wurde. Sowie man von diesen Redingungen abweicht , wird die Reaction scheinbar einc ganz andere; doch lassen sich alle Erscheiniingen, welche dabei auftreten, wieder auf Grund des benutzten Schemas erklaren. Schon wenn man niclit mit Eiskuhlung arbeitet, oder wenn man xu cancentrirteren Lo- sungen ubergcht, so bewirkt die einfliefsendc salpetrige Saure sofort eine kriiftige Gasentwickelurig , und das Gas, welches dabei auftritt, riithet sich an der Luft nicht im niindesten und entflammt einen glimmenden Holzspan ; es ist also Stickoxydul. Sein AuRreten erkliirt sich leicht , wenn man annimrnt, dars unter den obwaltenden Uiiistiinden der aus drei Phasen be- stehende Condeiisatiorisprocefs schon in der ersten Phase stehen bleibt, dafs also die nach der Gleichung :

gebildete Diliydroxylaminsulfonsaure, welche ja ain selir xer- setzlicher Harper ist, unter den obwaltenden Umstiinden keinc weitere Condensation init schwefliger Shure eingeht, sondern schon ehs es soweit kommt, unter dem Einflufs der vorlian- denrtn freien Schwefelsaure in Stickoxydul , Wasser und Schwefelsiiure gespalten wird :

N(0H)s + H . SOs. OH = IU(0H)ZSOt. OH + H20

2N(OH)pS03H = NPO + 2HsSO4 + HtO.

Page 79: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpetrt’geii zur schwejfigen Sawe. 239

Aufser Stickoxydul hat man auch Stickoxyd, Hydroxyl- amin und Ammoniak bei der Einwirkung von salpetriger auf schweflige Saure beobachtet. Das Ammoniak, dessen Auf- treten iibereinstinimend schon von F r e m y und C 1 a u s ange- geben wird, und welches in geringer blenge auch dann immer nachzuweisen ist, wenn die Reaction, wie im eben geschilderten Fall, vorwiegend in der ersten Phase stehen bleibt, verdankt seine Entstehung nattirlich einer Zersetzung der Amidosulfon- s h e , wie sie beinr Eindampfen d e r stark sauren Reactions- fliissigkeiten unvermeidlich ist. 1st nicht soviel schweflige Saure anwesend, dafs alle salpetrige Sfure in Amidosulfon- s f u r e iibergehen kbnnte, abur mehr, als zur Bildung von Dihydroxylaminsulfonsaure gehijrt, so kann auch wohl Hy- droxylaminmonosulfonsaure im Reactionsgemisch anwesend se in , und da dieser Kiirper durch Sauren ziemlich leicht gespalten wird, so Gndet man in den1 Riickstind, welcher beim Eindampfen hinterbleibt, schwefelsaures Hydroxylamin. Auf diese Weise erklaren sich die vielen Angaben, denen zufolge bei Einwirkung von schwefliger Saure auf Nitrate und Nitrite unter Umstiindcn Hydroxylamin entstehen soll, leicht und einfach. Auch die Entstehung von Hydroxylamin beiin Einleiten von Schwefelwasserstoff zu inWasser suspendirtem salpetrigsauren Silber , welche L) i v e r s und H a g a *) kiwz- lich angegeben haben, diirfte so zu erkliiren win , dafs inter- mediar durch Oxydation eines Theiles von Schwefelwasserstoff schwctlige Saure entstand und letztere in der geschilderten Weise mit der durch einen anderen Theil des Schwefelwasser- stoffs in Freiheit gesetzten salpetrigen Saure reagirte. Auf einer ahnlichen Reaction wird auch die Bildung von Hydroxyl- amin beim Behandelii voii Kaliumnitrit mi1 hydroschwelliger

*) Chem. SOC. 1887, 48.

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240 Raschig , i iber dm Verhalten

Same zuriickzufiihren sein, wie sie A. L id ow *) kiirzlich beobachtet hat.

Auch freier Stickstoff wird mehrfach unter den Producten der Einwirkung von salpetriger auf schweflige Saure erwahnt. Sein Auftreten kann in verschiedener Weise erkllrt werden ; er ist entweder aus salpetriger Slure und Ammoniak, oder, was vielleicht wahrscheinlicher ist, aus 14 ydroxylamin und nascirendem Stickoxydd entstanden :

NHpOH -1 HNO = No + 2HeO. Es bleibt also nur noch die Entstehung eines Harpers

zu erklaren, der unter den Producten der Einwirkung von schwefliger auf salpetrige Saure gewohnlich zuerst genannt wird, trotzdem er nur unter ganz bestimmten Umstlnden entsteht, des Stickoxyds. Stickoxyd bildet sich nur dann, wenn ein Ueberschds von salpetriger Siure vorhanden ist. Lkfst man eine L6sung von salpetrigsaurem Kali allmiihlich in starke wasserige schweflige Saure fliersen, so wird man, so lange nocli irgend erhebliche Mengen der letzteren vorhanden sind, niemals ein Auftreten von Stickoxyd bemerken ; dagegen tritt sofort eine kraftige Entwickelung dieses Gases ein, sowie umgekehrt schweflige Siiure in eine Nitritliisung geleitet wird. Wie unter diesen 1Jrristiindcn Stickoxyd entstcht, ist auf Grund des bereits Mitgetheilten leicht verstandlich ; es mufs bei Cegenwart eines IJdjerscAusues VOII salpetriger Slure die Condensation mit schwefliger Saure in ihrer ersten Phase stehen bleiben :

(HO)s=NOH + H - S o p . OH = ( H 0 ) p N . SOX. OH + HSO. Es entsteht also Dihydroxylaminsulfonsiure, welche kein e

weitere Condensation mehr mit schwefliger Saure eingehen kann, weil eben die letztere feLlt. Sie wird also eine Zer- setzung erleiden, welche unter dem Einflusse der neben ihr

") Ber. d. deutsch. chem. Ges. lB , Ref'. 100.

Page 81: Ueber das Verhalten der salpetrigen zur schwefligen Säure

der salpeErcjen zur echwejhgen Saure. 24.1

vorhandenen Substanzen stetit. lst also eine griifsere Wenge von freier Schwefelsaure anwesend, so zerfallt sie in Stick- oxydul und Schwefelslure :

2(HO)gNSOBH = NsO + 2HsSO4 + HSO. 1st aber noch salpetrige SIure da, so tritt diese, -wie

bereits im Abschnitt 2 unter c nachgewiesen, mit dem nasci- render1 Stickoxydul zu Stickoxyd zusammen :

Beide Processe laufen , wenn die Tenlperatur des Reactions- gemisches nicht allzu niedrig gehalten wird, neben einander her. Die Entwickelung von Stickoxyd, welche man beobachtet, sobald schweflige Slure in die L6sung eines salpetrigsauren Salzes (oder auch von freier salpetriger Saure) geleitet wird, riihrt also nicht von einer Reduction der salpetrigen Slure her, sondern ist das Product zweier chemischen Vorgange :

N(0H)B + (HO)*NSOsH = 2x0 f HpSOI + 2HpO.

i ) (1iO)sN + HSOBH = (H0)eNSOSH + Ha0 ; 2 ) (H0)sK + (H0)J'iSOBH = 2x0 + HsSOI -- + 2 H s 0 , - - __

deren summarische Gleichung :

bei der Reaction zuin Ausdruck kommt. Das Entstehen siimrntlicher Stickstoffverbindungen, deren

Auftreten bei der Reaction zwischen salpetriger und schwef- liger Saure beobachtet worden ist, hat sich also leicht und einfach daraus erklaren lassen, d a b schweflige und salpetrige Saure in saurer Liisung den gleichen Condensationsprocefs erleiden, wie in alkalisciier und dafs erst bei der Zersetzung der entstandenen Condensabionsproducte die fraglicben Stick- stoffverbindungen in Freiheit treten. Es ist diese Auffassung ganz besonders geeignet, die Bildung des Ammoniaks und des Hyciroxylamins zu erklaren , deren Entstehung in Folge einer blofsen Reduction der salpetrigen durch die schwetlige Slure, wie man sie bisher geneigt war anzunebmen, doch sehr unwahrscheinlich ist.

2 (H0)SN + HSOJI = 2 NO + HpSOI + 3 HsO

Anaalen dsr Chsmis 241. Bd. 16

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242 Ra.qchig, iiher das Verhalten

6) Nene Theorie dee Bleikammerproceseee.

Nachdem cs sich nunmehr herausgestellt hat, dafs schwef- lige Saure auf salpetrige Siiure wcder in alkalischer noch in saurer Liisung reducirend einwirkt , sondern dafs immer ~o~densa t ionsproducte entstehen und dafs erst durch deren Zerfall Kiirper gebildet werden, welche den Schein erwecken, als habe eine Reduction stattgefunden, ist man veranlafst, auch den Procefs der Schwefelsiiurebildung in den Blei- kammern durch die gleiche Reaction zu erkliren. Es kann hier nicht der Ort sein, die verschiedenen Theorien, welche man iiber die Natur des Bleikammerprocesses gehabt hat, eingehender zu behandeln. Kur sol1 kurz darauf hingewiesen werden, dafs die alte, von P e l i g o t herriihrende Ansicht, dafs es die Salpetersiiure sei , welche in den Bleikairimern die schweflige Siiure zu Schwefelsiiure oxydire, giinzlich ver- lassen wurde, seitdem We b e r gezeigt hat, dafs eitie Salpeter- saure von einer solchen Verdiinnung, wie sie bei diesein l'rocefs cntstehen miifste, auf schweflige Siiure so gut wie garnicht einwirkt. Auch an das Vorhandensein von Untt:r- salpetersiure in den Bleikarnmern glaubt man nic:ht nielir, seit zahlreiche, namentlich von L un g e angestellte Analysen von Kammerpasen RUS den verschiedensten Theileri der Blei- kammern, tiergethan haben , dafs d ie Oxydationsstufe des Stickstoffs , welche sich unter fast allen Verhiiltnissen, sclbst bei Anwesenheit von relativ vie1 Sauerstoff, darin vorfindet, salpetrige Siure ist, ob als Anhydrid N&, (lessen Existenz im Caszustande nicht sichergestellt ist, oder als Hydrat HNOP oder R'(OH),, mufs dahingestellt bleiben. Man ist tlaher jetzt wohl allgemein der Ansicht, dafs der Bleikammerprocefs auf einer Owydation. der schwefligen Saure xu Sctiwefelsiiure beruht, bei welcher salpetrige Siure zu Stickoxyd reducirt wird, welches unter dcm Einflusse des Saucwtoffs wieder in

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der salpetrigen ZUT schwej’igen &ure. 243

salpetrige Slure ubergeht. Der Procefs Iiifst sich also durch die beiden Gleichungen :

i ) NSO, + SO2 = 2 N O + so,; 2) 2 N 0 + 0 = NS03

ausdrucken. Will man n u n diesen Vorgang , dem entsprechend, was

wir jetzt uber das Verlialten der schwefligen zur salpetrigen Saure wissen, niclit mehr als eine Reduction, sondern als eine Condensation auffassen , so bemerkt man sofort, dafs Gleichung i unter Zuhiilfenahme von 4 Mol. Wasser identisch ist init der summarischen Gleichung :

durch welche am Ende des vorigeri Abschnitts die Rildung von Stickoxyd beim Behandeln von schwefliger Saure mit einem Ueberschufs von salpetriger Saure erklart wurde. Danach wirrde sich der Bleikammerprocefs in drei Phasen zerlegen; in der ersten tritt salpetrige Saure mit schwefliger Saure bei Gegenwarb von Wasser zur Di hydroxylaminsulfon-

saure !:)NSOsH zusamrnen, welche sich in der zweiten mil

salpetriger Saure zu Stickoxyd und Schwefelsaure unisetzt ; in der dritten Phase wird schliefslich das so g-ebildete Stick- oxyd wieder zu salpetriger Saure. Diesen Phasen entsprechen folgcnde drei Gleichiirigen :

2N(OH)3 f HpSOs = 2N0 + HSSOI + 3 H 9 0 ,

1’) (1IO)SN + 11. S O , . OH 2) (HO)SN.SOB.OH + (HO)*K = 2 XO + IIO.SO~.OH + 2 HpO ; 3) 2 N 0 + 0 + 3HeO

= ( H O ) p N S 0 2 . 0 1 1 + HSO;

= 2(110)3N; H.SOp.OH -!- 0 = H O . S O s . O H .

Es wurde natiirlich nicht als eine Abweichung von dieser Art, den Bleikammerprocefs aufzufassen , zu hetrachten sein, wenn man annihme, es sei nicht die orthosalpetrige Saure N(OII)S, sondern das Hydrat HSOe (HO-SO), welches mit scbweflier Slure in Condensation tritt. Das intermediare

i 6 *

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244 R a s c h i g , iiber d a s Verhalten

Condensationsproduct wiire dann nicht (H02)NSOSH (Dihydro- xylaminsulfonsiure) , sondern ONSOSH (Nitrososulforisaure). Eine solche Auffassung durfte vielleicht etwas weniger gesucht erscheinen ; es sind jedoch die oben angegebenen Gleichungen absiehtlich beibehalten worden, weil sie mit einer Eigenthiim- lichkeit des Kammerprocesses in auffallendem Einklang stehen. Sieht man niinilich ab von der Gleichung 3, welche j a nichts mit der Schwefelsiiurcbildung zu thun hat , sondern nur die Regeneration der salpetrigen Saure betrim, und summirt I und 2, so erhalt man :

Es wurden also diesen Gleichungen entsprechend zur Bildung von je eineni Molecul Schwefelsaure je drei Molecule Wasser verbrrucht werden. Nun ist bekannt, d a b ein rrtioneller Rlei- kammerbetrieb nur dann durchfuhrbar ist, wenn die sich nie- derschlagende Siiure eine gewisse Verdunnung besitzt ; sie sol1 ein spec. Gewicht von i,55 haben, was 64 pC. HISOI entsprechen wurde. Sobald wesentlich weniger Darnpf in die Bleikammern eirigeleitet wird , als diesem Verdiinnungsgrad entspricht, so bilden sich die sogenannten Bleikammerkrystalle, deren Anfireten imrner cine StBrung des Processes hedeutet. Eine Slure niit 64 pC. HZS04 entspricht aber fast geiiau der Formel HsS04 f 3 llzO (ber. 64,47 pC). Man sieht, tiafs die Praxis hier mit der in den Gleichungen 1 und 2 ausgedriickten Tlieorie irn besten Eiriklang steht.

Betrachten wir allgeniein die Vorzuge, welche die neue, eine Condensuticm zwischen salpetriger und schwefliger Siure annehmende Anschauungsweise vor der tilten, welche sich eine Reduction vorstellt, besitzt, so finden wir , dafs letztere Auffassung vor Allem nicht im Stande ist zu erkliiren, w a r m eine Umsetzung, welche der Gleichurig :

entspriiche, in Wirklichkeit gar nicht existirt ; denn schweflige

2 N(OH)S + HZS03 = 2 NO + HSSO, + 3HSO.

NZ03 + SO2 = 2 N 0 + SO3

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der salpetrz5en zur whwejigen Sliure. 24!5

Saure wirkt auf nitrose Gase bei Abwesenheit von Wasser gar nicht ein. Weshalb eine Einwirkung nur bei Gegenwart von Wasser, und zwar von relativ vie1 Wasser, stattfindet, das konnte man auf Grund der bisherigen Anschauungeii nicht erklaren. Die neue Betrachtungsweise dagegen 16st den Widerspruch sofort; aus den oben gegebenen Gleichungen ist zu ersehen, dafs der Wasserstoff einen integrirenden Bestand- theil der in diesen Gleichungen fungirenden .Molecule bildet und dafs bei Abwesenheit desselben gar keine Condensation stattfinden kann.

Auch in die Natur der Salpetersaureverluste, welche dem Bleikammerprocefs eigenthiimlich sind, bekommt man erst jetzt einen klaren Einhlick. Wiihrend theoretisch ein gewisses Quantum von salpetriger Saure eine unbegrenzt grofse Menge von schwefliger Saure in Schwefelsaure umwandeln sollte, hat sich in der Praxis des jetzt zu einem hohen Grade der Voll- kommenheit gelangten Kammerbetriebes das Verhaltnifs unge- fahr so gestaltet, dafs durch eine gewisse Menge von in die Kammern einggfuhrter Salpetersaure, welche hinreichen wiirde, um, der Gleichung:

entsprechend dadurch, dafs 2 Molecule davon auf 3 Molecule schweflige Saure einwirken , einen Guwichtstheil Schwefel- sliure zu erzeugen , in Wirklichkeit 50 Gewichtstheile davon gebildet werden. Da nun die in den Kammern wirkende Stickstoffverbindung nicht die Salpetersaure , sonderii die aus ihr durch Reduction entstehende salpetrige Siiure ist, van der zwei Nolecult: zur Umwandlung eines bloleculs schwefliger Saure in Scliwefelsiiure verbraucht werdeii, so kommt man zu dem Sclilufs, dafs 2 Mol. salpetriger SIure die Oxydation von 150 Mol. schwefliger SIure vermitteln, dafs also eins Wr 75 1101. ausreicht. Von je 75 3101. salpetriger Saure kehrt also eins nicht in nutzbarer Form in den Kammerprocefs zu-

2 H N 0 9 + 3SOo + 2 H p O = 3H2SOI + 2N0

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R a e c h i g , iiher a h Verhnlten

riick; in welcher Gestalt dieses eine Molecul verloren gcht, ist nicht bekannt. Man nimmt allgemein an, dafs es eine Reduction zu Stickoxydul erfahren liabe, doch ist das nicht bewiesen und diirfte sich auch schwer beweisen lassen. L u n g e * ) ist der Ansicht, dafs bei stark roth gehenden Kammern wenigstens die Hiilfte des Salpetersiiureverlustes durch unvollkommene Absorption im C; a y - L u s s a c thurm verursacht werde. Den Rest ist er gencigt, auf mechanische Fortfuhrung durch die Kammersiiurc zu schieben , welche ja in der That stets etwas salpetrige S h e geliist enthilt. Ein Gehalt dieser Siiure von 0,i pC. N203 wurde schon den vierten Theil des Salpeterverlustes erkliren. Deni gegeniiber ist jedoch zu bemerken, d a b der Betrdg der durch die Kam- merschwefelslure fortgefuhrten salpetrigen Siiure , wie es scheint , diese Grenze niemals erreicht, weriigstens ergaben Bestimmungen derselben in Kammersiiuren verscliiedcnar Her- kunft nie uber 0,03 pC. N20s. Ferner gieht auch 1, u n g e zu, dtlfs der G a y - L u s s a c thurm bei helleren Kamuiern besser fungire, die Schwefelsaure aus solchen' Kammern halt zugleich nur sehr wenig salpetrige Siure gebs t , und doch hat man nieirials gehcrt, dafs die Salpeterverlusle bei hclleiii Kammergaiige geringer ausgefullen waren ; man Cndet ini Gegentheil, dafs die Stickstolfverluste zunehnien , sowie man den Versuch macht, an Salpetersiure zu spareii unti dadurch eine helle Kainmer zu erzeugen. Dafs also die Salpeterver- luste nicht mechanischer , soiidern wenigstens ZUIII grijfseren Theil cliemisclier Natur sind und ihren Crund haben in einer Ueberfiihrutig der salpetrigen Saure in andere fiir den Kamnier- procefs nicht niehr nutzbare StickstolFverbindungen , diirfte nicht z u bezweifeln sein.

*) Chemische Industrie 1884, 8.

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Cler salpetrtgen zur schzcejligen Suure. 247

Was f i r Stickstoffverbindungen aufser Stickoxyd noch im Bleikamrnerprocefs entstehen kiinnen , das sieht man klar, sowie man die Dihydroxylaminsulfonsiuure als Zwischenproduct annimmt. Erstens kann es vorkommen, dafs hier und da ein Molecul dieses Korpers im Moment, wo es zerfallt, nicht das zur Bildung von Stickoxyd nothwendige zweite Molecul von salpetriger S u r e vorfindet. Danii tritt ein Zerfdl in Stickoxydul und Schwefelsaure ein; ersteres ist natiirlich fiir den Proceb verloren, da es durch den Luftsauersto5 nicht oxydirt wird. Urn diese Eventualitat zu vermeidcn oder wenigstens moglichst selten zu machen, ist dafiir zu sorgen, d a h stets eine relativ grofse Menge von salpetriger Saure in der Kammer vorhanden sei, und in der That gelien die Erfahrungcti der Schwefel- saurefabrikanten dahin , dafs u n k r solchen Unistanden die Stickstoffverluste am kleinsten ausfilllen. Ferner ist es nicht ausgeschlossen , dafs manchmal ein hlolecul der Siiure (HO)2NSOSH statt mit salpetriger SIure mit schwefliger S h e zusanimentritt ; es kann dann Hydroxylamindisulfonsiure und daraus Hydroxylamin entstehen, j a es kdnnen schliefslich so- gar Nitrilosulfonsiiure und die anderen Sulfoderivate des Am- moniaks gebildet werden, kurz es kann vorkornmen, dafs der ganze Reactionsverlauf, wie er deni vorigen Abschnitt zufolge fur die Einwirkung der salpetrigen auf schweflige Saure bei Anwesenhcit eines Ueberschusses der letzteren und bei Kuh- lung mit Eis gilt, auch unter den ungiinstigen Verhaltnissen, wie sie in den Bleikamnierii herrsctien, also bei holier Tem- peratur und bei Gegenwart einrs Ueberschusscs von salpetriger Saure, wenn auch nur von einem sehr kleinen Tlieil der re8girenden Molecule durchgeinachl wird. Siimmtliche dabei entstehenden Verbindungen, die Hydroxylaminderivate und das Hydroxylamin, die Animoniakderivate und das Ammoniak sind aber fiir die Fortfiihrung des Kammerprocesses werthlos, j a sie konnen sogar schadlich wirken, indem sie salpetrige SIure

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248 R a a c h i g , ilber due Vmhalten

absorbiren und mit derselben zu neuen wiederum werthlosen Producten, niimlich zu Stickoxydul oder Stickstoff zusammen- treten. Eine Erklarung far die Salpeterverluste des Blei- kammerprocesses ist also, wenn man vom Vorhandensein der Dihydroxylaminsulfonsaure ausgeht, leicht zu finde.1.

1st diese Erklirung richtig, so ist das Entstehen von Ammoniak im Bleikammerprocers (durch Zersetzung von Ni- trilosulfonsaure) nicht ausgeschlossen und man durfle umge- kehrt sagen, dafs, wenn es gelang , auch nur Spuren von Ammoniak in der Kamnierslure niit Sicherlieit naclizuweisen, damit ein ziemlich handgreiflicher Beweis fiir die Richtigkeit der hicr vertretenen Anscheuungen beigebraclit war. Es wurden daher verschiedeiie Versuche gemaclit, in rohen liam- mersduren , welche iiiir seitens verschiedener Schwefelsaure- fabriken (Rlienania in Stolberg bei Aachen, voii den Werken in Oker am Harz uiid der Kunheim’schen Fabrik bei Berlin) freundlichst zur Verfiigung gestellt wurdeii, Amrnoniak nachzu- weisen, jedoch ohne sicheren Erfolg. Jh wurden j e 200 cbcm dieser Saure niit Natronlauge ubersattigt utid einige Stunden im Wasserdampfstrome destillirt ; beim Eindampfen des Destillats mit Salzsliure und Platinchlorid hinterblieb jedoch so wenig eines unlijslichen Platinsalzes , dafs es nicht mit Sictierheit RIS Ammoniumplatinchlorid erkannt werden konnte. Das Vor- konimen irgend erheblicher Mengen von Aminoniek in diesen Sauren war auch schlechterdings nicht zu erwartcn , weil sie alle salpetrige Saure eiithielten, welche ja schon bei gewiihn- licher Temperatur und bei Gegenwart von Wasser auf Am- moniak zerstorend einwirkt und diese Eigenschaften bei Gegen- wart eines so stark wasseranziehenden Mittels, wit! es die Schwe- felsiiure ist, jedeiifalls noch in erhghtem Mafse zeigen wird.

Sobald aber keine salpetrige Saure in der liamrriersaure vorhanden ist, kann inan io der That Ammoniak in ihr nach- weisen. In der Schwefelsiurefahrik Grieslieim b. Frankfurt

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der salyetrigen m r schwejiyen & w e . 240

a. 1. ist eine Bleikammer vorliatiden, welche rnit einem ge- ringen Ueberschufs von schwejiger Sliure arbeitet, sonst aber die gloiche Einrichtung und den Betrieb gewiihnlicher Rlei- kammern besitzt. Herr Dr. H a u s s e r m a n n in Griesheim war so freundlich, mir zweimal Proben der Rohsliure, welche keine salpetrige Siiure gelost enthiilt , zu ubersenden. Es wurden davon 200 cbcm (also 310 g, da das specifische Ge- wicht 1,55 betrug) mit Natronlauge neutralisirt und im Wasser- dampfstrome einige Stunden destillirt. Das Destillat hinterliefs beim Eindampfen niit Salzsaure einen Ruckstand, welcher, um einen eventuellen Iialiutngehalt ganz sicher zu vermeiden, nochrnals in einem kleineren Apparate , wie ihn F i n k e n e r zu Ammoniakbestimmungen verwendct, mil Natronlauge destil- lirt wurde. Das in Salzsiiure aufgefangene Destillat wurdc in einer Platinschale mit Platinchlorid eingedampft und das sich ausscheidende Ammoniumplatinchlorid in bekannter Weise isolirt und gegluht. Es liinterblieb bei drei Analysen der ersten Probe

0,0505 g

0,0503 g 0,0485 g Platiu

entsprechend einem Atnnionitlkgelialt von : 0,00285 pC. 0,00284 pC. 0,00274 pC.

also im Mittel 0,0028 pC. KHJ.

ergaben : Zwei Analyseii einer gleichen Nenge der zweiten Probe

0,2472 6 rind 0,2455 g Platin

0,01395 pC. und 0,01386 pC. Ammouiak

woraus sich :

ergeben, also im Mittel 0,0139 pC. NHS. Diese Probe ent- hielt also ungefiihr fiinfmmal soviel Ammoniak wie die erste.

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250 R a s c JL ig , .iiber das Verhalten

Um ganz sicher zu sein, dafs die Basis, deren Platin- doppelsalz gegl iht wurde, wirklich Ammoniak war , wurde mehrmals auch dieses l’latinsalz auf getrocknetern Filter ge- wogen. Die aus dem Gewicht desselben und HUS dem des beim Gluhen entstehenden Platins fiir Ainrnoniak berechneten Werthe stimmten durchaus niit einander iberein. Der Ammoniakgehalt dicser Kammersiiuren liefs sich auch niit N e f s 1 e r schem Heagens dcutlich nachwcisen ; 5 cbcm der Saure mit Alkali neutralisirt geben rriit diesem Heagens einen dicken gelben Niederschlag. Die oben erwihnten, salpelrige Saure entlialtenden Karnmersauren gabeii diese Heactioii nicht.

Die neue Tlieorie des Blcikammerprocesses entspricht also allen Anforderungen , welcht: inaii billiger Weise an eine Theorie stelleii kann ; sie erklart die Ersclieinungcn dieses Processes mindestens eben so g u t , Zuni ‘Tlieil sogar besser, wie die alte Anschauungsweise. Ein Nachtheil ist es jeden- falls, dafs sie init cinein KGrper, iiimlich der Dihydroxylamin- sulfonsiiure operirt, von dessen Existenz iiiaii bisher nichts wufste und der sich im freien Zustaiide auch kaum wird fassen lassen ; denn gerade uuf seiner Zersetzlichkcit beriiht , der ncuen Auffdssung iiach, der ~1eikamnit:rproceTs. Andererseits spricht aber fur die Iiichtigkeit dcr Tl~corie, dafs es niiiglich war, von ihr ausgehend eirie Eigeiithuinlichkeit des Kumrncr- processes, nlirilich das Eiitstehen von Animoniak dabei, vor- herzusagen , welche durch die Untersuctiung bestiitigt wurde, wiihrend die alte Anschauung vergehlich nach einer Erkliirung fur diese Tliatsache sucht.

Die vorstehenden Untersuchungen sind in niehrfdcher Hinsicht gecignet, andert: Aiischauunyen uber gewisse chemische Processe zu verbreiten und fordern zu neueii Arbeiten in dieser Richtung auf. In welcher Weise die beschriebenen Reactionen fiir die organische Cherriie nutzbar gemacht werden

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der salpetrQen ztcr schioejiyen Saure. 25.1

konnen, ist bereits im dritten Abschnitt gesagt. Aber auch der anorganischen Chemie vermbgen sie wesentliche Dienste zu leisten. Wahrend man bisher nicht recht wufste, welcher

der beiden Formeln fiir die schweflipe Saure SOOH oder OH

der Vorzug zu geben sei, ist nunmehr die Hichtigkeit

der letztereii bewiesen ; wahrerid man bisher als charakteri- stische Eigenschaft der schwefligen Siure ihr Reductionsver- miigen ansah und ihre niannigfachen Reactionen nur daraus erklarte, wird man in Zukunft auch ihr Bestreben, Condensa- tionen mit KBrpern einzugehen, welche elektronegative Radi- cale (Sauerstoff , tlydroxyl , Halogen) in substitutionsfahiger Form enthalten, in Riicksicht zu ziehen haben. Schon jetzt lassen sich Falle angeben, in denen eine solche Aenderung der Betrachtungsweise wird Platz greifen mussen. Aus sauren Goldlosungen wird z. B. durch schweflige Saure das Gold leicht als Metall gefallt und man hat bistier keinen Grund gehabt, diese Ausfallung als etwas anderes zu betrachten, als die durch Eisenvitriol oder Oxalsiiure , also als eine Reduction. Es treten allerdings gerade bei der schwefligen Saure gewisse storende Erscheiriungen ein, welclie man bisher nicht zu er- kliiren vcmnochte; so fiillt z. B. das Gold in stark saurer Losung nur sehr langsam oder gar nicht, ebenso wenn gr6- bere Mengen frenider Salze, narnentlich Chlorammonium vor- lianden sind. Kun ist die Saclilage beim Gold ganz iilinlich, wie sie bisher beiin Stickstoff war. Man wurde schwerlich den wahren Verlauf der Reaction zwischen schwefliger und salpetriger Saure in snzirer Liisung haben erinitteln kormen, w n n man nicht (lurch das Verhaltcn in nZkalisclm Liisung zu gewissen Vermuthungen daruber gedrlngt worden wire. Auch beini Gold liefert das Verhalten in alkalischer Losung die Erklarung. Beim Behandeln von Goldoxyd Au2O3 (als Hydrat HO . AuO, also der salpetrigen Siiure ganz enfsprechend) mit

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252 R a s c h i g , salpeonje u. schwe$Qe Mure.

Alkalisultiten entstehen namlich Verbindungen, welche den Schwefelstickstoffsalzen ganz analog sind ; so ist ein Natriuni- salz der Zusarniriensetzung Na6Aus(SOJ)4 + 3 HsO bekaniit, das jedeiifalls als Na-Au=(S0,Na)2 aufzufassen ist, also genau dem basiscli iniidosulfonsauren Kali entspricht. Es sind auch noch fernere Golddoppelverbindungen bekannt , welche sich rnit Schwefelstickstoffsalzen vergleichen lassen, doch ist das ganze Capitel nicht genilgend durchuntersucht, und eine Neu- bearbeitung diirfte daher intcressante Resultate versprechen. Man sieht aber schon, d a b auch das Goldoxyd die Neigung hat, sich mit schwefligsauren Alkalien ebeiiso wie es die sal- petrige Saure tliut , zu condensiren uiid darf wohl annehinen, dafs die glciche Condensation auch in saurer Lasung erfolgt, und dafs die Goldausscheidung nur ein secuiidarer Procefs ist, der unter Unistiinden auch ausbleibeii kann.

Vielleicht darf auch darauf aufinerkssm geriiacht werden, daFs man nichls daruber weirs, wie schweflige Stliire in al- kalischer Losung auf die Sauerstoffverbindungen der Halogene, auf phosphorige und arsenige Slur0 einwirkt. Ferner wurde es von lnteresse sein zu untersuchen, inwiefern sich das Con- densationsvermiigen der schwefligen Saiire bei der tinter-

schwefligen Siiure SOnSH , welche ja ebenfalls ein Wasser-

stoffatom an Schwefel gebunden enthalt , wiederfindel. Die Existenz von Verbindungen des Coldoxyds mit unterschweflig- saurein Natron , welche dencn mit schwefligsaurein Natroa zuin Thcil geiiau entsprechen, weist wenigsteris darauf hin.

OH

Berlin, 11. cheiiiisches Universitalslaboratoriuni.

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