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157 Spaltbar vollkommen nach a (100). Optische Axenebene senkrecht zur Symmetrieebene. - Erste Mittellinie in der Symmetrieebene und nur wenig gegen die Normsle zit a (100) geneigt. Durch a (100) gesehen sind die optischen Axen ganz am Rande des Gesichtsfeldes erkennbar. - Starke horizontale Dispersion. - Weitere optische Untersuchung war wegen der Kleinheit der Krystalle nicht ausfiihrbar. 39. H. Landolt: Ueber das vermeintliche optische Drehunge- vermogen den Picolins. (Vorgetragen in der Sitzung vom Vcrfaswr.) In diesen Berichten‘) hat kiirzlich A. Hesekiel die Mittheilung gemacht, dass das durch Erhitzen eines Genienges von Acetamid und Glycerin mit Phosphorsaureanhydrid dargestellte p- Picolin optische Activitat zeige, und zwar beobachtete er unter Benutziing eines Laurent- schen Halbschattenapparates den Drehungswinkel 15’ 30’’ = 0.260 nach links fir eine Schicht von 100 mm Lange. Ebenso ist schon friiher von H. Weidela) bei dem aus RnochenBl genommenen @-PiColin mit Anwendung einer 200 mm langen Rijhre Linkadrehung um 10 wahr- genommen worden. Hesekiel hebt hervor, dass hiermit eine Ausnahme von der van? Hoff’schen Hypothese vorzuliegen scheine, indem das Picolin keinen asymmetrischen Kohlenstoff enthiilt. In der That ware diese Beobachtung von grossem Interesse, da bis jetzt kein einziger Fall bekannt ist, welche jener Hypothese widerspricht; sie wiirde aber auch deshalb von besonderer Wichtigkeit sein, weil man bis jetzt noch niemals an einer aus inactivem Material direct dargestellten Substanz optisches DrehungsrermBgen aufgefunden hat. Der Grund dieses letzteren Verhaltens kann, wie wenigstens beziiglich der kiinstlichen Traubensiiure und der Mandelsiiure nachgewiesen worden ist , darin liegen, dass bei der synthetischen Darstellung etets eine gleiche An- zahl rechts- und linksdrehender Molekiile entstehen, welche zunaclrst ein optisch neutrales Product bilden. 1) Diese Berichte XVIII, 3091. a) Diese Berichte XII, 2010. __

Ueber das vermeintliche optische Drehungsvermögen des Picolins

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Page 1: Ueber das vermeintliche optische Drehungsvermögen des Picolins

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Spaltbar vollkommen nach a (100). Optische Axenebene senkrecht zur Symmetrieebene. - Erste

Mittellinie in der Symmetrieebene und nur wenig gegen die Normsle zit a (100) geneigt.

Durch a (100) gesehen sind die optischen Axen ganz am Rande des Gesichtsfeldes erkennbar. - Starke horizontale Dispersion. - Weitere optische Untersuchung war wegen der Kleinheit der Krystalle nicht ausfiihrbar.

39. H. Landolt: Ueber das vermeintliche optische Drehunge- vermogen den Picolins.

(Vorgetragen in der Sitzung vom Vcrfaswr.)

In diesen Berichten‘) hat kiirzlich A. H e s e k i e l die Mittheilung gemacht, dass das durch Erhitzen eines Genienges von Acetamid und Glycerin mit Phosphorsaureanhydrid dargestellte p - Picolin optische Activitat zeige, und zwar beobachtete er unter Benutziing eines L a u r e n t - schen Halbschattenapparates den Drehungswinkel 15’ 30’’ = 0.260 nach links f i r eine Schicht von 100 mm Lange. Ebenso ist schon friiher von H. W e i d e l a ) bei dem aus RnochenBl genommenen @-PiColin mit Anwendung einer 200 mm langen Rijhre Linkadrehung um 1 0 wahr- genommen worden.

H e s e k i e l hebt hervor, dass hiermit eine Ausnahme von der v a n ? Hoff’schen Hypothese vorzuliegen scheine, indem das Picolin keinen asymmetrischen Kohlenstoff enthiilt. In der That ware diese Beobachtung von grossem Interesse, d a bis jetzt kein einziger Fall bekannt ist, welche jener Hypothese widerspricht; sie wiirde aber auch deshalb von besonderer Wichtigkeit sein, weil man bis jetzt noch niemals an einer aus inactivem Material direct dargestellten Substanz optisches DrehungsrermBgen aufgefunden hat. D e r Grund dieses letzteren Verhaltens kann, wie wenigstens beziiglich der kiinstlichen Traubensiiure und der Mandelsiiure nachgewiesen worden ist , darin liegen, dass bei der synthetischen Darstellung etets eine gleiche An- zahl rechts- und linksdrehender Molekiile entstehen, welche zunaclrst ein optisch neutrales Product bilden.

1) Diese Berichte XVIII, 3091. a ) Diese Berichte XII, 2010.

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Page 2: Ueber das vermeintliche optische Drehungsvermögen des Picolins

Es schien mir daher eine nochmalige Priifuiig des Picolins auf srin optisches Verhalten nothwendig. Zu derselben wandte icb ein Praparat a n , welches nach den von Z a n o n i ' ) und H e s e k i e l * ) niit- getheilten Vorschriften in meinem Laboratoriam durch die HH. Dr. A n t r i c k uiid Stud. K y r n dargrstellt worden war, und den Siedepunkt 132- 14-10 zeigte. Als die rnit etwas Aethrr verdiinnte Fliissigkeit i n 100 mm dicker Schicht niittelst eines Laurent ' schen Halbschatten- apparates , weleher die Genauigkeit ron 1 Minute zuliess, gepruft wurde , beobachtete ich zunlchst einen Drehungswinkel von etwa SO Yinuten nach rechts. Es zeigte sich aber bald, dass die Ablenktiilg der Polarisationsebene nicht durch die Fliissigkeit, sondern die Deck- platten der Riihre bewirkt wurde, indeni beimDrehen der letztern u m ihre Axe die Hrschattung der beiden Hiilften des Gesichtsfeldes Aende- riingen erlitt, und ausserdeni durch stirkeres Anziehen der Verschliiss- kapseln der Rotationswinkel bis uber YO Minuten vermehrt werden konnte. Nach den1 Einsetzen anderer Deckgliiser, welche bei der vor- herigen Priifung auf ihr Verhalten gegen schwachen Druck sich als unwirksam erwiesen hatten, lirss sich an dem Picolin keine Spur ron Activitiit mehr entdecken.

Hekanntlich hat zuerst S c h e i b l e r 3 ) auf den Umstand aufmerk- Sam gemacht, dass die Glasplatten der Fliissigkeitsr6hren in Folge voii Pressung durch die aufgeschraubten Metalldeckel doppeltbreehend werden kiinnen rind in Folge dessen die Palarisationsebene des Lichtes in1 Apparate iindern. Die hierdurch entstehenden Fehler betragen nach seinen Beobachtungen beim Ven t z k e 'schen Saccharimeter bis zii 5 Skalentheilen, entsprechend 1.75 Kreisgraden am Laurent ' schen Apparate, und ich kann diese Angaben vollstlndig bestatigen. Sel ta t ohne Druck zeigen manche Gliiser, wenn sie aus einer ungleichm&ssig gekuhlten Platte geschnitten worden sind, dieses Verhalten ; es ist daher, wie schan S c h e i b l e r empfohlen hat, eine Priifung jeder ein- zelnen derselben nothig.

Da die von A. H e s e k i e l , sowie auch von H. W e i d e l gefun- deneu Drehungswinkel von 0.26 bezw. l o sich ganz innerhalb der Fehlergrenze befinden, welche durch den genannten Umstand veriir- sacht werden konnen, und die beiden Beobachter nichts iiber dessen Beriicksicbtigung erwlhnen, so liegt die Vermuthung nahe, dass dw- selbe die Ursache der vermeintlichen Actiritlt des Picolins war.

I) Dicso Berichte XV, 53H. 2) A. a. 0. 3 Diere Bcrichte I, 268.