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474 W. Beetz. XI. UeW dm wff ,,gaJvambche P a W - 6 4 ; vim W. Beeta. In der Abhandlung ,,fiber Prof. Exner’s Arbeiten Uber ContactelectricitHt“, welche die Herren A y r t on und Per r y der physikalischen Gesellschaft zu London vorgelegt haben, und welche mir jetzt erst in ertenaol) zu Gesicht gekommen ist, findet sich folgende Bemerkung: ,,Das Wort Polariaation wird in England in der unbeatimmtesten Weise gebraucht, um eine Aenderung des Stromea anzudeuten, sei es durch Vertlnderung der electromotorischen Kraft oder des Wider- standes, aber in Deutschland verbinden manche Physiker beatimmte Vorstellungen mit demselben.” So auffallend diese Bemerkung klingt, so ist sie doch im Wesentlichen begrflndet. So ist z. B. die Definition der Polarisation in dem tibrigens so klar geschriebenen Werke iiber Electricitiit und Magne- tismus von Fleeming Jenkin? in folgender Weise ge- geben : ,,Der Ausdruck Polarisation wird oft sehr unbeatimmt angewendet; hier bedeutet er, dass die Platten mit den Zer; setzungsproducten des Electrolyten iiberzogen werden, und dass dieser Beleg eine Verringerung des Stromes zur Folge hat. Diese Vemngerung a c h e i n t aber keineswegs durch irgend etwas dem Wideratande Analogea hervorgebracht m sein; die in Frage stehende Wirkung ist die Folge einer Art dckwirkender Kraft, durch welche Energie angehauft wird, d. h. wenn der ursprtingliche Strom aufhart, wird dnrch eine Art Rtlckprall an den UebergangaflHchen yon flfisaiger und fester Substanz ein Strom von entgegengesetzter Rich- tung hervorgebracht, ale. die des ursprtinglichen. Es sc h e in t also, dass der Strom durch eine entgegengeaetzte electro- motorische &aft verringert wird, die hervorgeht aua der Vertheilung der Beetandtheile, in welche der Electrolyt zer- setzt wird. Nichtadeetoweniger wird dieser Ursache der 1) Ayrton u. Perry, Phil. Mag. (4) 11. p. 53. 1881. 2) Fleeming Jenkin, Electricitlit u. Jlagrictismus, Ubersetzt von Fr. Exner. p. 89. 1880.

Ueber den Begriff „galvanische Polarisation”

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Page 1: Ueber den Begriff „galvanische Polarisation”

474 W. Beetz.

XI. U e W d m wff ,,gaJvambche P a W - 6 4 ;

vim W. B e e t a .

In der Abhandlung ,,fiber Prof. Exner’s Arbeiten Uber ContactelectricitHt“, welche die Herren A y r t on und Per r y der physikalischen Gesellschaft zu London vorgelegt haben, und welche mir jetzt erst in ertenaol) zu Gesicht gekommen ist, findet sich folgende Bemerkung: ,,Das Wort Polariaation wird in England in der unbeatimmtesten Weise gebraucht, um eine Aenderung des Stromea anzudeuten, sei es durch Vertlnderung der electromotorischen Kraft oder des Wider- standes, aber in Deutschland verbinden manche Physiker beatimmte Vorstellungen mit demselben.” So auffallend diese Bemerkung klingt, so ist sie doch im Wesentlichen begrflndet. So ist z. B. die Definition der Polarisation in dem tibrigens so klar geschriebenen Werke iiber Electricitiit und Magne- tismus von F leeming J e n k i n ? in folgender Weise ge- geben : ,,Der Ausdruck Polarisation wird oft sehr unbeatimmt angewendet; hier bedeutet er, dass die Platten mit den Zer; setzungsproducten des Electrolyten iiberzogen werden, und dass dieser Beleg eine Verringerung des Stromes zur Folge hat. Diese Vemngerung a c h e i n t aber keineswegs durch irgend etwas dem Wideratande Analogea hervorgebracht m sein; die in Frage stehende Wirkung ist die Folge einer Art dckwirkender Kraft, durch welche Energie angehauft wird, d. h. wenn der ursprtingliche Strom aufhart, wird dnrch eine Art Rtlckprall an den UebergangaflHchen yon flfisaiger und fester Substanz ein Strom von entgegengesetzter Rich- tung hervorgebracht, ale. die des ursprtinglichen. Es sc h e i n t also, dass der Strom durch eine entgegengeaetzte electro- motorische &aft verringert wird, die hervorgeht aua der Vertheilung der Beetandtheile, in welche der Electrolyt zer- setzt wird. Nichtadeetoweniger wird dieser Ursache der

1) Ayrton u. Perry, Phil. Mag. (4) 11. p. 53. 1881. 2) Fleeming Jenkin, Electricitlit u. Jlagrictismus, Ubersetzt von

Fr. Exner. p. 89. 1880.

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Verringerung eines Stromes s t e t s der Name Widerstand beigelegt, selbst von Jenen, die liberzengt eind, dass die Ver- ringerung nicht durch Wideratand im w h e n Sinne dee Wortes hervorgebracht wird." Diese unsichere Art der Definition mit ihrem ,,acheintLL und ihrem ganz genies nicht richtigen SchluMleatze ist um 80 auffallender, als Hr. J e n k i n sofort die Beschreibnng des allbekanntan Experimentes fol- gen lkst, dass das Vorhandensein einer secnndgren electro- motorischen Kraft nach Aufhebung des primken Stromes unzweifelhaft nachweist. Dass iibrigens diese Uneicherheit der Anschauung auch in England nicht allgemein ist, zeigt der Setz, mit welchem Clerk Maxwell') daa Capitel von der Polarisation eingeleitet hat: ,,Wenn ein electrischer Strom zwischen Metallelectroden durch eine Fliissigkeit gegangen ist, so bringt die Anhkufung der Jonen an den Electroden die Polarisation genannte Erscheinung hervor, welche in einer electromotoriechen Kraft besteht, die in der dem Strome entgegengesetzten Richtung wirkt , und eine s c h e i n b a r e Vergrosserung des Wideretandes hervorbringt." Ganz das- selbe meint J e n k i n auch, aber bei Maxwell ist es so BUS-

gesprochen , daes jedes Miseverstiindnisa unmbglich ist. In der That ist dieee einzig richtige Anschauung von der Po- larisation nicht von irgend einer Hypothese abhhgig, der Electrochemiker und der Contacttheoretiker miissen sie als Thatsache anerkennen und mit dieser Thatsache rechnen; nur die Ursache der nicht wegzuleugnenden Potentialdiffemnz wird yon beiden extremen Seiten ebenso verschieden auf- gefasst, wie die Ursache der PotentialWerenz in der pri- miiren Kette selbst. Es wkre deehalb hbchst wtbschene- werth, dass man liberall, auch in England, den Anedruk ,,PolarisationLL nicht mehr ,,in the vaguest wayLL fih jede beliebige Stromachwbhung, sondern nur ftlr die seoandke electromotorieche Kraft an den Electroden gebranchen mbchta. Dass neben dieser wahren Polarhation w&hrend des Vor- ganges der Electrolyae sich durch die Verbderung der Lei-

1) Clerk M ~ a x w e l l , A treathe on electricity and magnetism. 1.

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p. 318. 1973.

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tungsfliissigkeiten neue Widerstiinde (Leitungswiderstiinde des Ueberganges) bilden, ist j a eine ebenfalls unbestrittene mt- aache, die man aber mit der ersten doch nicht vermischen darf. 1)

Auch die Herren A y r t o n und P e r r y sind in gar kei- nem Zweifel dartiber, dass eie die Polarisation a ls eine Ver- gnderung des electromotorischen Zustandes der Electroden zu betrachten haben; sie gehen aogar vom Standpunkte der Contacttheorie aus sehr weit in dieser Anschauung. Nach- dem sie meine Versuchea) aufgeftihrt haben, durch welche ich die electromotorische Kraft offener und geschlossen ge- wesener Elemente bestimmt habe, in denen Zink mit Kupfer, Silber oder Platin und Natriumamalgam mit Zink, Kupfer, Silber oder Platin combinirt waren, sagen sie: ,,Die Natur des negativen Metalles muss immer einen grossen Einfluss auf die anangliche electromotorische Krtrft haben ; indess sind wir erstaunt, dass Prof. Bee tz so growe Unterschiede in der ,,geschlossen" iiberschriebenen Spalte gefunden hat. Unser Eindruck iat immer gewesen, dass, wenn das negative Metall hinreichend mit Wasserstoff bekleidet mird, der Con- tact zwischen der diinnen leitenden Gasschicht und dem Metalle ungefahr gleich dem eines Metallpaares ware, und wenn das der Fall ist, so ist:

HlPt + P t ) Z n dasselbe wie : H I Cu + Cu I Zn, und fast jedes negative Metall wiirde eventuell wie eine lei- tende WasseratoEplatte wirken."

Ganz gewiss; aber eben diese hinreichende Bekleidung mit Wasserstoff erfolgt nicht so, dass man es einfach mit einer Wasserstoffplatte zu thun hat. Derselbe Gedanke ist schon von Buffs) ausgesprochen worden: ,,Durch die Wasser- atoffschicht an der negativen Platinplatte, sowie durch die Saueratoffschicht an der positiven Platinplatte wird dsSS0lbe erreicht , wie wenn nicht zwei Platinstreifen, aondern ein Streifen festen Waeseratoffs und ein Streifen festen Sauer-

1) Beetz, Pogg. Ann. 94. p. 204. 1855. 2) Beetz, Wied. Ann. 10. p. 388. 1880. 3) Buff, Lieb. Am. 41. p. 136. 1842.

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staffs in die S h r e when eingefiihrt worden.". . . . ,,Man wird sich dieser Grenze umsomehr &ern, je vollsthdiger die eingetauchten Platten sich mit den Gwen zu bekleiden vermogen, und je vollsthdiger dadnrch die nnmittelbare Be- r a r u n g der metallischen mit dem flflssigen Leiter vermieden wird. KBnnten die eingetauchten Streifen von der Fltissig- keit vollstindig isolirt werden, so wtirde die chemische Natur der Metallmassen ganz gleichgnltig sein."

Indem ich mich in meiner Arbeit iiber die electromo- torische Kraft der Gase dieser Anschaunng anschloss, fiigte ich hinzu'): ,,Aber eben, weil auch beim Maximum der Po- larisation die Netalle nicht gleichgnltig sind, darf man nie eine vollstandige Bekleidung der Platten durch die Gase annehmen und die Polarisationswerthe unmittelbar als die wahren electromotorischen Kriifte der betreffenden Gsse an- sehen:. Ueber die Umsthnde, welche iiberhaupt die Beklei- dung verschiedener Metalle mit rerschiedenen Gasen mehr oder weniger vollstgndig werden lassen, habe ich mich in einer spateren Arbeit ausfiihrlich ausgesprochen.

Miinchen, im Janunr 1881.

Versuche iiber verschiedene polarunterschiedliche An- ziehungserscheinungen ffihrten mich auf den Gedanken, ob das sogenannte unipolare LeitungsvermBgen, welches ehedem gewissen Stoffen beigelegt ward, aber neuerdinga wiederholt geleugnet wird, nicht doch vielleicht mit Recht bestehe und darin begriindet mi, dass die Molecule solcher Karper, nach verschiedenen Richtungen ungleich geformt oder ungleich

1) Beetz , Pogg. AM. 77. p. 511. 1849. 21 B e e t z , Wid. Ann. 5. p. 1. 1878.