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(Aus dem Staatlichen Institut ftir Experimentelte Therapie zu Frankfurt a. M. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. Otto.) Uber den chemisehen Aufbau yon Mitochondrien normaler Zellen und yon Tumorzellen und den Einflul~ carcinogener Stoffe auf Mitochondrien. I. Die Zusammensetzung der Lipoide yon Mitochondrien. Von Carl Dittmar. (Eingegangen am 8. Juli 1941.) Trotzdem die grundlegenden Arbeiten fiber den chemisehen Aufbau des Plasmas yon Reinke und Rodewald 1 sehon mehr als ein hMbes Jahr- hundert zuriickliegen, ist man heute selbst fiber die ersten Grund- fragen noch nieht weir hinausgekommen. Wir wissen, dab das Plasma ein sehwer zerlegbares Gemiseh einfacher bis hoehkomplizierter polymerer Kbrper isis. Da viele der Plasmabestandteile in kolloidMem Zustand vorliegen, sind die ]3edingungen zur Bildung yon Phasen gegeben. So ist nicht nur das ganze Plasma uneinheitlieh~ sondern die einzelnen Phasen stellen selbst wieder inhomogene, labile Gemische der ver- sehiedensten Stoffe dar. Jeder mit einem Untersuehungsvorgang ver- bundene Eingriff in die natfirlichen physikMisch-chemischen Gleich- gewichte kann vollkommen fremde Verbindungen entstehen lassen, die mit dem lebenden Plasma niehts zu tun haben. Die aus der Zelle bisher isolierten Substanzen sind verh/~ltnism~Big einfaeh und chemisch gut definierbar, sie sind jedoch in der Zelle nieht voneinander unab- h~ngig, sondern bauen sich zu hOheren Komplexen auf. Chemische AnMysen des gesamten Plasmas sagen d~her fiber seine wirkliehe Zu- sammensetzung wenig aus. Einen Fortschritt bedeuten nur solche Arbeiten, in denen nieht das Plasma Ms Ganzes, sondern die einzelnen sieh morphologisch herausdifferenzierenden Gebilde getrennt analy- siert werden. Dies gilt aueh ffir chemische Untersuehungen auf dem Gebiete der Krebsforsehung. Die zahlreichen Arbeiten, die bisher fiber die chemische Zusammensetzung yon Tumoren ersehienen sind, gew/ihren keinen Ein- b]ick in das chemische Gesehehen in der Krebszelle, solange es nieht m6glich ist, die Zusammensetzung morpbologisch einheitlicher Ge- bilde im Plasma und die ehemischen Vorg/~nge, die sieh in ihnen ab- spielen, zu erforschen. Gibt es nun morphologiseh einheitliehe Gebilde im Plasma und lassen sich diese daraus isolieren, ohne dab ihr chemiseher Aufbau dadurch zerst/brt wird ? Als solehe einheitliehen aus der Zelle isolierbaren Gebilde kann man die Mitochondrien be~rachten und ihre Isolierung aus den Zellen ist nach einem yon Bensley 2 beschriebenen Ver-

Über den chemischen Aufbau von Mitochondrien normaler Zellen und von Tumorzellen und den Einfluß carcinogener Stoffe auf Mitochondrien

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Page 1: Über den chemischen Aufbau von Mitochondrien normaler Zellen und von Tumorzellen und den Einfluß carcinogener Stoffe auf Mitochondrien

(Aus dem Staatlichen Institut ftir Experimentelte Therapie zu Frankfurt a. M. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. Otto.)

Uber den chemisehen Aufbau yon Mitochondrien normaler Zellen und yon Tumorzellen und den Einflul~ carcinogener

Stoffe auf Mitochondrien. I. Die Zusammensetzung der Lipoide yon Mitochondrien.

Von Carl Dittmar.

(Eingegangen am 8. Juli 1941.)

Trotzdem die grundlegenden Arbeiten fiber den chemisehen Aufbau des Plasmas yon Reinke und Rodewald 1 sehon mehr als ein hMbes Jahr- hundert zuriickliegen, ist man heute selbst fiber die ersten Grund- fragen noch nieht weir hinausgekommen. Wir wissen, dab das Plasma ein sehwer zerlegbares Gemiseh einfacher bis hoehkomplizierter polymerer Kbrper isis. Da viele der Plasmabestandteile in kolloidMem Zustand vorliegen, sind die ]3edingungen zur Bildung yon Phasen gegeben. So ist nicht nur das ganze Plasma uneinheitlieh~ sondern die einzelnen Phasen stellen selbst wieder inhomogene, labile Gemische der ver- sehiedensten Stoffe dar. Jeder mit einem Untersuehungsvorgang ver- bundene Eingriff in die natfirlichen physikMisch-chemischen Gleich- gewichte kann vollkommen fremde Verbindungen entstehen lassen, die mit dem lebenden Plasma niehts zu tun haben. Die aus der Zelle bisher isolierten Substanzen sind verh/~ltnism~Big einfaeh und chemisch gut definierbar, sie sind jedoch in der Zelle nieht voneinander unab- h~ngig, sondern bauen sich zu hOheren Komplexen auf. Chemische AnMysen des gesamten Plasmas sagen d~her fiber seine wirkliehe Zu- sammensetzung wenig aus. Einen Fortschrit t bedeuten nur solche Arbeiten, in denen nieht das Plasma Ms Ganzes, sondern die einzelnen sieh morphologisch herausdifferenzierenden Gebilde getrennt analy- siert werden.

Dies gilt aueh ffir chemische Untersuehungen auf dem Gebiete der Krebsforsehung. Die zahlreichen Arbeiten, die bisher fiber die chemische Zusammensetzung yon Tumoren ersehienen sind, gew/ihren keinen Ein- b]ick in das chemische Gesehehen in der Krebszelle, solange es nieht m6glich ist, die Zusammensetzung morpbologisch einheitlicher Ge- bilde im Plasma und die ehemischen Vorg/~nge, die sieh in ihnen ab- spielen, zu erforschen. Gibt es nun morphologiseh einheitliehe Gebilde im Plasma und lassen sich diese daraus isolieren, ohne dab ihr chemiseher Aufbau dadurch zerst/brt wird ? Als solehe einheitliehen aus der Zelle isolierbaren Gebilde kann man die Mitochondrien be~rachten und ihre Isolierung aus den Zellen ist nach einem yon Bensley 2 beschriebenen Ver-

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fahren mSglich. Die Cytologen verstehen darunter st~tbchenfSrmige oder f~dige, manehmal auch an Perlenketten erinnernde Differenzierungs- prodnkte des Plasmas, die dureh Janusgrfin B vital f~rbbar sind. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach bestehen sie aus Proteinen und Lipoiden. Die Form der M. seheint je nach dem Funktionszustand der Zelle sehr versehiedenartig zu sein. Einige Forscher wie z .B. Bensley ~ halten darum die M. nicht far einheitliche Gebilde, sondern fassen sie als Komp]exkoazervate auf, d. h. als Entmisehungsprodnkte des Plasmas, sie erkl~ren ihren Formenwechsel mit den Anderungen der physikalisch-chemischen Bedingungen ira Plasma. DiG Mehrzahl der Forscher dagegen h~lt die M. far organisierte Gebilde, die sich dureh Teilung vermehren und vom Plasma night de novo gebildet werden k6nnen (eytoplasmatische Erbfaktoren naeh Mewes3). Hirs~h~

und Ries 5 haben an einer Reihe yon Objekten, besonders am Pankreas ihr Verhalten ws der Zellarbeit histophysiologiseh untersucht und kommen zur Ansieht, dab ihnen im Chemismus der Zelle vor allem bei der Bildung yon Sekreten grebe Bedeutung zukommt. Mar-

ston e und Robertson 7 nehmen an, dab der Lipoidbestandteil der M. aktive Enzyme in einer ,,wasserarmen" Phase enth~lt, wodurch enzy- matisehe Synthesen ermSglicht warden. H o m i n g s glaubt, dab unter bestimmten Zustandsbedingungen die Enzyme an der Oberfl~ehe der M. zu Synthesen geeignet seien, unter anderen Bedingungen k6nnten Enzyme an das Plasma abgegeben werden, die dann hydrolytische Spaltprozesse bewirken. Da die Abgabe der Enzyme an das Plasma wahrscheinlieh sehr schnell erfolgt, ist der 1Naehweis einer Konzentration in den M. bei den meisten Enzymen sehwer zu erbringen. Bisher konnte nur in einer Arbeit die Lokalisation yon Enzymen in den M. wahrsehein- lich gemaeht werden*. Nach Holter und Doyle 9 sollen die M. bei AmSben die Trs der Amylase sein. Ein weiterer ttinweis darauf, dab die M. tats~chlich wichtige Stoffwechselzentren sind, w~re die Aufdeckung einer submikroskopisehen Feinstruktur. Far eine solche Feinstruktnr warden Beobachtungen yon Giroud 1~ und yon Monng 11 spreehen, nach denen manehe M. Doppelbrechung zeigen sollen. Ebenso kann man auf abermikroskopisehen Aufnahmen yon M., die H. Ruslca ent- gegenkommenderweise far den Verf. gemaeht hatte, eine deutliehe Struktur erkennen. Eine ausgesprochene Feinstruktur besitzen auch die pflanzliehen Chloroplasten 1~, die aus M. hervorgehen. Der hohe Vitamingehalt der M. (Vitamin A soll in den Lipoiden der M. ange- reichert sein, C in den Proteinen 13) weist ebenfalls auf ihre t~edeutung far den 8toffwechsel der Zelle hin.

* Nach neueren Untersuchungen soil auch das Warburgsche Atmungsferment (die Cytochromoxydase) an die Mitochondrien gebunden sein. (Stern, Ann. Review of Biochem. 9, 5 (1940).

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Man kann sich nun die Frage vorlegen: Welche Folgen f6r die Zelle hat es, wenn so wichtige Stoffwechselzentren wie die M. gesch~digt werden ? Experimentel] konnte man tats~ichlich eine solche spezifische Schadigung der M. durch RSntgenstrahlen nachweisen bei gleichzeitiger Ver~nderung des Stoffwechsels yon Zellen. Nach Daneel ~ und nach Greite 15 bewirkt RSntgenbestrahlung in den Somazellen der Tauben- und Kaninchenhaut eine Ab~tnderung der Pigmentproduktion, die sich auf alle weitere Zellgenerationen, die aus der bestrahlten durch Teilung hervorgingen, iibertrug. Versuche yon Hirsch 16 zeigten, da/3 die Sekretproduktion yon Pankreaszellen infolge Schs der M. durch RSntgenstrahlen reversibel unterbrochen wird. Nadson und Rochline-Gleichgewicht 17 stellten bei A1]ium Cepa-Zellen lest, dab die M. die gegen RSntgenstrahlen empfindlichsten Zellbestandteile sind, im Gegensatz zum Zellkern und zu den iibrigen Zeltbestandteilen, die viel resistenter waren.

Die Ta~sache, dab R6ntgenstrahlen neben einer vorwiegenden Sch/~c[igung der M. nach l~ngerer Zeit auch eine maligne Entartung der Zelle herbeifiihren k6nnen, legt den Schluf~ nahe, ob zwischen beiden Vorgs nicht ein urs~chlieher Zusammenhang besteht? Eine Stiitze fiir diese Hypothese w/~re es, wenn andere carcinogene Reize ebenfalls vorwiegend die M. sch~tdigen wiirden. Die Beobachtung Goerners is, dab carcinogene Substanzen eine Verarmung der M. der Leberzellen an Vitamin A verurs~chen und die fluorescenzmikroskopi- schen Untersuchungen Graffis 19, nach denen sowohl carcinogene Sub- stanzen wie Vitamin A vorwiegend in den M. und nicht im Zellkern ge- speichert werden, weisen darauf hin, dal~ carcinogene Substanzen auch an den M. angreifen. Die dadureh bewirkte lokale A-Verarmung muB zu schweren StoffwechselstSrungen ffihren, ~hnlich wie bei den durch RSntgenstrahlen geschs M. Die Ursache der l~Sntgenschs der M. kSnnte ebenfalls eine A-Verarmung sein, da RSntgenstrahlen ebenso wie die hautkrebserregenden UV.-Strahlen Vitamin A zer- st6ren. Degeneration und Verhornung des Epithels empfindlicher Schleimhgute sind die Folgen einer A-Avit~aminose, dieselben Erschei- nungen beobachtet man auch beim Auftragen carcinogener Substanzen auf die Haut vor Entstehung der Tumoren. Von besonderer Wichtig- keit is~ auch die Feststellung Goerners 2~ dal~ die M. yon Tumoren vSllig frei yon Vitamin A sin&

Als Folge der andauernden ScMdigungen mu~ es also bei der malignen En%ar~ung einer Zelle zu irgendwe]chen Ver~tnderungen der M. kommen. Diese Ver~nderungen werden sich bei der F/~higkeit der M. sich zu teilen und sich autokatalytisch zu vermehren immer wieder auf neue Zellgenerationen iibertragen. Man hat es also nicht mit einer Mutation, sondern mit einer Dauermodifikation yon Zellen zu tun,

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denn der eareinogene l~eiz greift nicht am Kern, sondern am Plasma der Zellen an 21. Die Erfahrung, dM3 eine carcinogene Substanz lange auf viele Zellgenerationen wirken muir, bis anders geartete Zellen auf- treten und dab die Neubildung dann an vielen Stellen gleichzeitig auf- tritt, spricht auch mehr fiir eine Dauermodifikation als ffir eine Muta- tion der Zelle 2~. Welcher Art die Ver~nderung der M. ist, l~3t sich schwer festste]len. Morlohologisch sieht man Untersehiede gegenfiber den M. normaler Zellen. Die Tumormitochondrien sind kleiner Ms die normMer Ze]len und ihre Zahl ist bedeutend erhSht~K Sieher muI~ aber aueh die Substanz der M. aus Tumorzellen abgesehen yon ihrem Mangel an Vitamin A chemisch irgendwie abgewandelt sein. Gra/]i 24, vor dessen Abhandlung ich mich bereits mit der Frage der Beeinfhlssung der M. durch earcinogene Stoffe und einer evtl. Abwandlung yon M. aus Tumoren gegeniiber solehen aus normMem Gewebe befa~t habe, ist der Meinung, die M. der Tumorzellen seien wohl fs zur Synthese einfaeher Plasmabestandteile, die Fghigkeit des Go]gi-Appargtes, der ebenfalls mit den M. im Zusammenhang steht, zur weiteren spezifischen Verarbeitung dieser Substanzen, d. h. ihre funktionelle Differenzierung, sei jedoch in der Tumorzelle weitgehend beschri~nkt. Gra//i wirft weiter- hin die Frage auf, ob die angeblichen Vira der zellfrei fibertragbaren Hfihnertumoren nichts anderes seien als maligne abgewandelte M. yon Hfihnerzellen ? Gegen die exogene Virusnatur dieser Agenzien fiihrt er folgende Grtinde an: 1. das Fehlen einer exogenen Infektion beim l~ous-Sarkom; 2. die unspezifisehe Erzeugung zel]frei fibertrag- barer Hfihnertumoren dureh eine carcinogene Snbstanz (McIntosh25); 3. die serologische Verwandtschaft normMer Hiihnerze]len mit dem Rous-Sarkom; 4. die Abhangigkeit der Vermehrting des l%ous-Agens vonder Vermehrung der Sarkomzellen; 5. die Tatsaehe, dM~ die Agen- zien der fibertragbaren Hfihnertumoren keinen verschiedenen Histo- tropismus, sondern ein untersehiedliehes InduktionspotentiM zeigen, denn sie lassen aus der gleichen undifferenzierten Mesenchymzelle (Monocyt) verschiedene Sarkome hervorgehen, was bei der Infektion yon Zellen durch Vira hie vorkomme. Aueh sonst bestehen zwischen dem t%ous-Agens und den Mitochondrien weitgehende AnMogien. Sie sind nach i~hnlichen Verfahren fi~rberisch darstellbar, die iiblichen Virusfs versagen beim l%ous-Agens 26. Die Methode der Isolierung des l%ous-Agens nach Claude z~ stimmt mit der Methode iiberein, die Bensley ~ ffir die Mitochondrien angegeben hat. Aueh der Lipoid- und Eiweii~gehMt zeigt bei beiden keine gro~en Unterschiede, ebenso die L6slichkeit, Ausfgllung und Bestgndigkeit der Eiweil~komponente bei versehiedenem PH; dies gilt anch fiir eine dem Rous-Sarkom-Agens homologe Fraktion, die Claude 27 aus embryonMem Hfihnergewebe ge- wonnen hatte, bei der es sich wohl um nichts anderes als um Hiihner-

Zeitschrift fill" Krebsforschung. 52. Bd. 4

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mitochondrien handeln dfirfte. Kann man also annehmen, dai~ die yon Claude ~7 aus l~ous-Sarkomen gewonnene gercinigte Fraktion identisch mit dem l~ous-Agens selbst ist, wobei natfirlich noch die MSglichkeit ausgeschlossen werden miil~te, dal~ dieses Agens n u t an diese Fraktion gebunden wi~re und sich bisher mit allen Mittehl nicht davon abtrennen liel~, so h~tte die Hypothese yon Gra//i eine groi3e Wahrscheinlichkei~ ffir sich, denn es sprechen bisher sehr viele Grfinde gegen die Virusnatur des l~ous-Agens. Auch die Beziehungen zwischen dem Wirkungsmechanismus carcinogener Substanzen und der Natur des l~ous-Agens w~ren damit aufgedcckt, beide wiirden zueinander in einem Kausalit~tsverhs stehen.

Wenn nun in der chemischen Zusammensetzung der 5~itochondrien yon normalen Ze]len und solchen aus Tumorzellen bzw. des l~ous- Agens eine ~hnlichkeit besteht, so mfissen infolge der Abwandlung der Tumor M. doch auch Unterschiede feststellbar sein, sei es in der Zu- sammensetzung de r Lipoide oder in der ihrer Eiweil~stoffe, auch nach l~tngerer Einwirkung carcinogener Stoffe kSnnte sich in normMen Zellen der chemische Aufbau der M. i~ndern. Vergleichbar bei anMytischen Untersuchungen sind natiir]ich nur die Mitochondrien yon Tumoren mit denen ihres Ausgangsgewebes, also z. B. von Hepatomen und von nor- malem Lebergewebe (bei Ratten) oder yon Rous-Sarkomen und yon Fibroblasten (bei Htihnern), da die Zusammensetzung der M. je nach der Gewebeart verschieden sein kann. Da~ uns so]che Tumoren nicht zur Verfiigung standen, haben wir zun~tchst nur die M. normaler Ge- webe untersucht (aus Kaninchenlebern und Kaninchennieren und aus Rattenlebern und ~at tenmuskulatur) . Von Tumoren stand uns in grS3erer Menge nur das Jensen-Sarkom zur Verfiigung. Von Wichtig- keit erschien uns auch der Vergleich der Zusammensetzung der Mito- chondrien mit jener der Gesamtzelle. Wir beschrs uns zun~chst auf die quanti tat ive Bestimmung der Lipoide (Neutralfett, Phosphatide und Cholesterin), die Untersuchung der EiweiBstoffe soll sparer erfolgen. Die Isolierung der M. erfolgte nach der yon Bensley 2 angegebenen 5/Iethode. Die Ausbeute an 5/[. is~ dabei sehr niedrig, so dai] viel Aus- gangsmaterial verarbeitet werden muG, um die zur Analyse ausreichende Menge zu gewinnen.

Das gekiihlte und mSgliehst weitgehend entblutete Gewebe wurde im Latapie- Apparat zerkleinert und dann durch ein 1Vietallsieb mit feinster Masehenweite gerieben, um mSgliehst viele Zellen zu zertriimmern. Der Gewebsbrei wurde dann in physiologischer KochsMzlSsung yon 0 ~ ~ufgeschwemmt und einige Zeit geschiittelt. Dann wurde bei niederer Tourenzahl (etwa 1000 Touren) etwa 5 bis 10 Minuten je nach der Dicke der Aufsehwemmung zentrifugiert. Die iiberstehende triibe F]iissigkeit wurde abgegossen und etwa 30 Minuten bei 15000 Touren zentri- fugiert. Der Niedersehlag wurde dann in kalter physiologischer KoehsMzlSsung aufgesehwemmt und wieder zen~rifugiert, dies wurde mehrmals wiederholt, bis

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Mles in physiologischer Kochsalzl6sung 15sliche Eiweil~ ausgewaschen ist, und zuletzt mit schwach mit Essigs~ure anges~uertem destilliertem 'Wasser gewaschen und zentrifugiert. Der Niederschlag wurde im Vakuum bei niederer Temperatur fiber P~05 getrocknet. StSrend wirkt vor allem bei der Kaninchenleber d~s mit den Mitochondrien niedergerissene Glykogen. Da das Glykogen abet etwas leiehter als die IV[. niedergeschlagen wird, bilden sich am Boden des Zentrifugenbeehers zwei Schlehten, am Boden eine farblose, die aus Glykogen besteht und darfiber die gelbliche Sehicht der M., die sich leicht davon abtrennen l~Bt. Die getroekneten M. wurden gewoge n und 8 Smnden im Soxhlet-Apparat mit Alkoho], dann 8 Stun- den mit Ather und schliel~lich mit Chloroform extrahiert. Die vereinigten Extr~kte wurden im Vakuum eingedampft, der Rfickstand in etwas Chloroform auf- genommen, zur Entfernung der mitextrahierten Salze filtriert und das Chloroform im Vakuum abgedunstet, der gewogene Riiekstand ergibt den Gesamtlipoidgehalt der M: Zur Trennung der Phosphatide yore Neutralfett und Cholesterin wurde in wenig ~-ther gel6st und die Lbsung mit etwa tier 5faehen Menge Aeeton ver- setzt, die Lbsung und F~llung wurdo zweimal wiederholt, der Niedersehlag, der nach dem Trocknen im Vakuum gewogen wurde, besteht aus den Phosphatiden, in Lbsung bleiben die l%utr~lfette und das Cholesterin. Zm" Abtrennung des Cho]esterins yon den Fetts~uren wurde mit alkoholischer Kalilauge verseift und aus der wasserig alkoholisehen L5sung der Seifen das Unverseifbare mit Petrol- ~ther ausgesehfittelt, nach Abdunsten des Petrol~thers wurde im Rtickstand das Cholesterin n~eh Windaus 2s gravimetriseh als Digitonid bestimmt. Aus der Seifen- 15sung wurden mit Salzs~nre die Fettsauren freigemacht, mit Petrol~ther aus- gesehiittelt und n~eh Abdunsten des Petrol~thers gew0gen. Bei den Fetts~uren und Phosphatiden wurden Jodzah]bestimmungen naeh Wi# ~ gem~eht, ferner P und N-Bestimmungen der Phosphatide*.

Bei der E r m i t t l u n g der Tabe l lenwer te wurden jedesmal die Durch- :schni t tswerte yon mehre ren Tieren (3 - -4 Kan inchen , 10- -15 Ra t t e n ) angegeben, u m die ind iv idue l l en Schwankungen e twas zu ve rmindern . :Die W e r t e s ind n ich t ohne wei teres m i t denen yon Bensley vergleichb~r, d~ Benstey Meerschweinchenlebern v e r w a n d t hat , ws wir mi t K a n i n c h e n l e b e r n und I~ieren und R a t t e n l e b e r n a rbe i te ten . Trot~zdem l iegen die W e r t e ffir den Gesamt l ipo idgeha l t der M. nahe be ie inander {Bensley gib t ffir Meerschweinchenlebern im Durchschn i t t 34,5% an, wir fanden fiir Kan inchen l ebe rn 36,2%, fiir R a t t e n l e b e r n 34,3%, fi ir Kan inchenn i e r en 35,3 % und fiir J e n s e n - S a r k o m e 37,8 %). D~gegen s ind die yon uns fiir die P h o s p h a t i d e e r m i t t e l t e n W e r t e wesent l ich hSher als die yon Bensley angegebenen (Kaninchenleber 11,6 %, R a t t e n - leber 13,2%, Kan inchenn ie r e 13,2%, w~hrend Bensley ffir Meerschwein- chenlebern nur 4,2% angibt) . Ursprf ingl ich l and Bensley i i b e rha up t ke ine P h o s p h a t i d e in den M., sps war es i bm mi t e iner ve rbesse r ten Methode m6gl ich eine ger inge Menge nachzuweisen, er g luubte deshalb , t ier ger inge P h o s p h a t i d g e h a l t bei Uberwiegen der Neu t r a l f e t t e sei f i i r . die L ipo idzusammense tzung der M. charak te r i s t i sch . W o r a u f die Differenz unserer W e r t e gegeni iber denen yon Bensley beruh t , i s t n ich t

* In gleieher Weise wurde in dem getrockneten Gewebebrei, aus dem die M. gewonnen waren, naeh Extraktion die Lipoide bestimmt.

4*

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52 C. Dittmar:

e rk l~rbar , man k a n n jedoch aus der Erscheinung, dab die M. in desfil- l i e r tem Wasser oder in hypo ton i schen Salzl6sungen eine deut l iehe Quellung zeigen, schliegen, da$ sie eine grO$ere Menge eines byd ro - phi len Lipoids en tha l t en mfissen. Auch Briar ~~ Bourne 13, Cowdry und Homing s ha l t en einen hohen Phospha t i dgeha l t der M. fiir wahr- scheinlich. Auf~erdem bes teh t erfahrungsgem~tB in der Zelle zwischen den P h o s p M t i d e n einerseifs und den Neu t r a l f e t t en und dem Cholester in anderersei~s eine Rela t ion , die ziemlieh kons t an t e rha l ten b le ib t ( ,coef- f icent l i pocy t ique" yon Mayer und Schae//eral), auch in den M. sche in t unseren Unte r suchungen nach eine solche Re la t ion zu bestehen.

Dagegen kSnnen wir die Angaben Bensleys 2 fiber den hohen Chole- s te r ingeha l t der M. best~t igen. Die W e r t e , d ie wir l inden, s ind zum Teil sogar noch h6her wie die yon Bensley (Kaninchenl 'eber 3 ,47%, Kan inchenn ie re 3,2%, R a t t e n l e b e r 2 ,1%, Meerschweinchenleber nach Bensley 2,25%). I n der Gesamtzel le is t im V e r M l t n i s zu den M. vor al lem in der Leberzel le absolu t wie r e l a t iv viel weniger Cholester in ent- hal ten, die Nierenzel le is t e twas cholest:erinreicher, die M. der Nieren- zelle dagegen haben e twa den gleiehen Choles ter ingehal t wie die der Leberzelle . E inen ganz besonders hohen Choles ter ingehal t t r i f f t man in den Zellen b6sar t iger Tumoren . Noch hSher is t der Choles ter ingehal t

Tabe]le 1. K a n i n c h e n l e b e r .

FettgeMlt i . Phosphatide . Cholesterin . Neutralfett . Jodzahl der Fetts~uren .

PhospMtide .

Normales Futter

Mitoch. Gesamt- zelle

+ Oliven51 peroral

Mitoch. Gesamt- zelle

36,2% 11,6% 3,4%

20,0 %

70 3,57 % P

22,4% I 35% �9 8,2% [15,1% 0,80% I 3,2%

13,0% I 17,0%

70 [ 100 2,98 %N I

18,9% 10,4% 0,84 % 7,4%

101

§ o-Amidoazo- ] § Benzpyren _ _ _ _ _ intraperitoneal toluol peroral I

�9 ] Mitoch. Gesamt- Mitoch Gesamt-zelle ~ zelle

45,7% 22,8% 34,9% ]21,3% 16,8% 8,1% 16,1% II0,1% 2,1% 0,73% 0,79%

26,0% 13,6% I 2,4% 10,2% 1.5,5 %

83 61 [ 79 75

Tabelle 2. K a n i n c h e n n i e r e .

F e t t g e h a l t . . . Pliosphatide . Cholesterin Neutralfett . Jodzahl der Fettsauren .

Phosphatide . �9

§ OlivenS1 peroral

-b o-Amidoazo- § Benzpyren ]~Tormales Futter foluol perorM intraperitoneal

l ~r Gesamt- ~Iitoch. I Gesarat- Mitoch. Gesamt- . . . I Gesamt- zelIe zelle zelle ,mtocn. zeil~

35,3 % 13,2 % 3,2%

18,4 %

103 3,17% P

19,7% 8,4 % 1,5% 9,5%

92 2,75 % N

37,5% 17,9% ]46,0% 12,3% 7,l% I 15,8% 3,3% 1,4% 3,2%

21,2% 9,2% 26,5%

110 106 [ 92 I

21,2% 9,2% 1,5%

]0,2%

78

38,2% 16,0% 3,1%

18,5%

114

17,9% 7,9% 1,6% 8,2 %

109

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Chemischer Aufbau von Mitochondrien normaler Zellen. I. 53

der Tumormitochondrien (Jensen-Sarkom Mitochondrien 5,1% ! Tumor- zelle 2,2 % ). Uber den hohen Cholesteringeha]t menschlicher und tierischer Tumoren berichten Yusada ~2, Bola]]i 33 u. a. Bierich, Detzel und Lang ~

fanden bei vergleichenden Unt:ersuchungen an einem groBen Material yon Tumoren und normalem Gewebe auch einen hohen Cho]esteringehalt in den Tumoren. Der Quotient Phosphatid/Cholesterin war bei etwas erhShtem Phosphatidgehalt und hohem Cholesteringehalt niedrig im Tumorgewebe, w/~hrend norma]es Gewebe bei etwas niedrigerem Phosphatidgehalt und niederem Cholesteringeha]t einen hohen Quotienten hatte. Welter konnte Bierich 85 bei durch Operation gewonnenen Tumoren den Nach- weis erbringen, dab diese um so friiher rezidivierten je cholesterinreicher sie waren, es bestand eine direkte umgekehrte Beziehung zwischen dem Gesamtcholesteringehalt eines Tumors und der Lebensdauer des Ge- schwu]sttr~gers. Die Ursache dieser Erscheinung konnte bisher nicht gekl~rt werden. Es ist mSglich, dab es sich um einen sekund~ren Vor- gang handelt; der mit der Gef/~Bversorgung des Tumors zusammen- h/~ngt. Schlecht mit Blur versorgtes Gewebe, wie die Gef~Bwandungen, das Knorpelgewebe, die Hornhaut, die Linse usw. 36, ferner Gewebe, in denen es zu Oxydationshemmungen kommt ~7, sind gewOhnlich chole- sterinreich und rasch wachsende Tumoren haben eben durch ihr rasches Wachstum eine schlechte Gef~Bversorgung*.

Im iibrigen weicht die Lipoidzusammensetzung der M. und die der gesamten Tumorz.el]en des Jensen-Sarkoms nicht wesentlich yon der anderer Gewebe ab. Ihr Phosphatidgehult entspricht etwa dem der Leber und ist wesentlich hSher als der yon M. aus Muskelgewebe, mit dem das Jensen-Sark0m eher vergleichbur w/~re, se~n Phosphatid- gehalt ist also gegeniiber normalem Gewebe ebenfalls erh6ht. Auch die Jodzahl der Fettss der Tumormitochondrien ist hSher als die der Fetts~uren, die ~us Muskelmitochondrien yon Ratten Stammen, jedoch nicht so hoch wie die aus l~attenlebern. Die Jodzahl der Fetts/~uren der Gesamttumorzellen weicht erheblich yon der der Tumormitochon-

Tabelle 3.

Fettgehalt . . . . . . . . Phosphatide . . . . . . Cholesterin . . . . . . . Neutra]fett . . . . . . . Jodzahl der Fetts/~uren Phosphatide -. . . . . .

Rattenleber

~itochond. i Gesamtzelle

34,3% 13,2 % 2,8%

17,5% 1O0

3,88% P

17,5% 6,5% 0,93 % 9,8% 98

2,79% N

l~atten- muskel _

[ ~iitochond.

43% 6,2 % 1,7%

34,5 % 33

aensen-Sarkom

1Kitochond. Gesamtzelle

37,8% 16,7% 13,2 % 5,7 % 5,1% 2,2%

19,0% 8,5% 80 52

3,24% P 2,85% N

* Andererseits konnte Bierich. bei lungsam wachsenden Jensen-Sarkomen ebenf~lls einen hohen Cholesteringeh~lt fe~tstellen.

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5zi C. Dittmar:

drien ab, das im Plasma verteilte Fett hat demnach einen h6heren Ge- halt an ges~ttigten Fetts/turen als das mehr ungesgttigte Fetts/~uren enthaltende Fett der M., im normalen Gewebe trifft man sonst keine wesentliehen Untersehiede der Jodzahl zwisehen dem Fett der M. und dem der Gesamtzelle, Die P- und N-Bestimmung ergab fiir die Phosphatide der versehiedenen Gewebe /~hnliehe Werte. Naeh dem P/N-Quotient mfissen aueh reiehlieh Diaminol0hosphatide darin ent- halten sein.

Erfahrungsgem/if~ wird die Zusammensetzung der Fette in der Leber weitgehend dnreh die Fiitterung beeinflul3t. Aueh bei den Kanin- ehen, die zur Kontrolle peroral Otiven61 bekamen, zeigt sich dies. Der Gesamtlil0oidgehalt der Leber /~ndert sieh dutch die Fiitterung nieht, eine Erh6hung tritt weder in den M. noeh in der Gesamtzelle ein, da- gegen ist der Phosl0hatidgehalt erhSht, bei gleiehzeitiger Verminderung des Neutralfettgehaltes, ein Ausdruek des erh6hten Fettabbaues, der fiber die Phosphatide erfolgt. Die erh6hte Jodzahl der Fettsguren in der Leber der 61gefiitterten Tiere slorieht ebenfalls fiir einen erh6hten Fet~abbau. Die Lilooide der Niere werden dagegen dutch die 01f/itterung nieht beeinflugt.

Eine Reihe yon Iianinchen wurde lgngere Zeit mit eareinogenen Sub- stanzen behandelt. Benzpyren wurde einigen Tieren in 61iger L6sung intraperitoneal einige Monate lang wSehentlieh l mal injiziert, andere Tiere bekamen peroral alle 2 Tage o-Amidoazotolu01 ebenfalls in 01 gel6st, nach 6 Monaten wurden die Tiere get6tet und der Lipoidgehalt der Leber und der Lebermitochondrien yon ieweils 3 Tieren zusammen untersueh~. Die Ergebnisse waren gegeniiber den Kontrollen (01tiere) nieht eindeutig. Goerner is fand bei /~aninehen naeh intraloeritoneMer Injektion yon I)ibenzanthracen in kolloidaler L6sung neben dem roll- st/indigen Versehwinden yon Vitamin A eine durehsehnittliehe Er- h6hung des Lilooidgehaltes der Mitoehondrien. Naeh unseren Unfer- suehungen war nur bei den Kaninehen, die o-Amidoazot~oluol bekom- men hatten, der GesamtliiooidgehMt in Leber und Lebermitoehondrien erh6ht, nieht dagegen bei den mit t/enzpyren behandelten Tieren. Auff/~llig bei den behandelten Tieren ist die Senkung des Cholesterin- gehalts in den Lebermitoehondrien, die wohl auf den Einfluft der Sub- stanzen zuriiekzuffihren ist als Folge einer Zellseh/~digung, ebenso wie der im Verh/~ltnis zu den NeutrMfetten niedere Phosphatidgehalt bei den mi~ o-Amidoazotoluol geffitterten Kaninehen und die relativ nie- dere Jodzahl im Vergleich zu den 01tieren. Aueh die Zusammensetzung der Lil0oide der Nieren der o-Amidoazotoluoltiere is~ im gleiehen Sinn ver/~ndert wie die der Leber dieser Tiere, mig Ausnahme der Senkung des Cholest~eringehMtes. Alle jene quantitativ feststellbaren Lipoid- ver/tnderungen sind wohl unspezifiseher Natur infolge der Gewebs-

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Chemischer Aufbau yon Mitochondrien normMer Zellen. I. 55

seh/tdigungen und haben mit pr~cancer6sen Ver~nderungen niehts zu tun, diese kann man nach l~ngerer Behandlung mit careinogenen Sub- stanzen nur bei solehen Geweben erwarten, aus denen Tumoren entstehen kSnnen, z. B. be i Mitoehondrien aus l~attenlebern nach o-Amido- azotoluolbehandlung, nieht dagegen bei M. aus Kaninehenlebern, in denen keine t tepatome entstehen. Die Untersuehung der Mitochondrien solcher Gewebe naeh l~ngerer Einwirkung eareinogener Substanzen und der daraus entstandenen Tumoren diirfte zur Aufdeckung des Wirknngsmechanismus dieser Substanzen yon grSl~ter Bedeutung sein.

Ein Vergleieh der Znsammensetzung der Lipoide der Mitochondrien und der der Gesamtzelle zeigt eine weitgehende ParMlelit~t bei beiden, die wohl hauptsgchlich ihre Ursache darin hat, dM~ die M. im wesent- lichen die Trs der Zell-Lipoide sind, ihr hoher Lipoidgehalt und die Abweiehungen, die man in ihrem Cholesterin- und PhosphatidgehMt erkennen kann, weisen jedoeh auf ihre Sonderstellung in der Zelle hin, auBerdem scheinen sich aueh die Proteine der M. nach L6sliehkeit und 2~H-Bests weitgehend vom iibrigen ZelleiweiB zu unterscheiden. Ihre Untersuchung soll der Gegenstand weiterer Arbeiten sein.

Zusammen]assung.

Bei der grol~en Bedeutung, die den Mitochondrien vermutlieh als Stoffwechselzentren im Plasma der Zelle zukommt und der MSglich- keit, dab auch carcinogene Reize an den M. angreifen und dort Stoff- wechselstSrungen verursachen kSnnen, die schlieI~lieh zur mMignen Entar tung der Zellen fiihren, ersehien eine Untersuchung des ehemi- schen Aufbaus der Mitochondrien yon Wichtigkeit.

Es wurde zun~chst die Iiipoidzusammensetzung yon M. einiger normMer Gewebe (Kaninehenleber, Kaninehenniere, Rattenleber, Rat- tenmuskel) und yon Tumoren (Jensen-Sarkom) quantitativ bestimmt und mit der des gesamten Gewebes verglichen. In Ubereinstimmung mit Bensley konnten wit einen hohen LipoidgehMt bei den M. Mler untersuehten Gewebe festste]len, die Werte untersehieden sich bei ver- schiedenen Geweben nicht wesentlieh voneinander. Besonders au[- ]iillig im Verh~iltnis zur Gesamtzelle ist die Cholesterinanreicherung in den Mitochondrien, die vor allem in dem M. der Tumoren relativ hohe Werte erreicht. Der Phosphatidanteil der Lipoide in den ~ . ist wesentlich hSher Ms er yon Bensley ~ angegeben wurde. Die Relation Phosphatide/NeutrM- fett in den M. entsprlcht etwa der gleichen Relation in der Gesamt- zelle, in den M. aus der Leber yon Kaninchen mit normMer Fiitterung iiberwiegt das Neutralfett. Zwischen den Jodzahlen der Fetts~nren aus den M. und denen der Gesamtzelle bestehen keine wesentlichen Unterschiede, nur bei den M. des Jensen-Sarkoms, die entsprechend ihrer erh6hten Jodzahl mehr unges~ttigte Fettsguren Ms die iibrige

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56 C. Di t tmar : Chemischer Aufbau yon Mitoehondrien normuler Zellen. I.

Zel le e n t h a l t e n . D i e L i p o i d z u s a m m e n s e t z u n g d e r L e b e r v o n K a n i n -

c h e n u n d d e r d a r a u s g e w o n n e n e n M. w i r d s t a r k y o n d e r F f i t t e r u n g

beeinf lu l3 t . 0 1 f f i t t e r u n g f i i h r t be i K a n i n c h e n zu e i n e r P h o s p h a t i d v e r -

m e h r u n g i n d e r L e b e r u n d a u g e r d e m s t e i g e n die J o d z a h l e n des L e b e r -

f e t t s , w o r a u s m a n a u f e i n e n e r h 6 h t e n F e t t a b b a u schl ie l~en k a n n . D ie

F f i t t e r u n g bzw. I n j e k t i o n c a r c i n o g e n e r S u b s t a n z e n h a t t e k e i n e i n d e u t i -

ges E r g e b n i s . D ie V e r m e h r u n g des N e u t r a l f e V t s i n d e r L e b e r be i K a n i n -

cher t , d ie ] i ingere Z c i t o - A m i d o a z o l t o l u o l p e r o r a l b e k o m m e n h a t t e n u n d

d ie S e n k u n g d e r C h o l e s t e r i n w e r t e be i d e n m i t o - A m i d o a z o t o l u o l ge-

f t i t t e r t e n T i e r e n u n d d e n e n , d ie B e n z p y r e n i n j i z i e r t b e k a m e n , k a n n als

A u s d r u c k e i n e r u n s p e z i f i s c h e n Z e l l s c h ~ d i g u n g aufgefa l~ t w e r d e n , d ie

m i t d e r G i f t i g k e i t u n d n i c h t m i t d e r c a r c i n o g e n e n W i r k u n g d e r Sub -

s t a n z e n i m Z u s a m m e n h a n g s t c h t . Z u r B e o b a c h t u n g d e r c a r c i n o g e n e n

W i r k u n g mfii~tei1 so lche G e w e b e u n t e r s u c h t w e r d e n , au s d e n e n T u m o r e n

h e r v o r g e h e n k 5 n n e n .

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