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Ueber den Gang der in den Glas- k~rperraum eingedrungenen fremden Kt~rper. Von Dr. R. Berlin. Das Vorkommen fremder Ki~rper im Hinterraum des Augapfels ist, wenngleich grade nicht haufig, doch wohl nicht so selten, als G e i s s 1 e r*) vorauszusetzen scheint. Ich habe in einem Zeitraum von etwas fiber 5 Jahre unter 7573 Augenkranken 26 einschlagige Falle beobachtet, wahrend fremde K(irper in der Iris 5 mal und in der Linse 4 real zur Behandlung kamen. In jenen 26 Fallen wurde 11 real durch die Enucleation, 2 real durch den Augenspiegel, einmal durch das blosse Auge und zwei- real durch Extraction die Anwesenheit des fremden Kiir- pers constatirt. Bei den fibrigen 10 F~tllen, in welchen das directe Auffinden des fremden Kiirpers durch Augen- spiegel oder Sonde unmi~glich war und welche theils die Operation verweigerten, theils ftir dieselbe nicht passten, fehlt also die Bestittigung der Diagnose durch die Au- topsie. Die Diagnose ist natfirlich einfach, sobald der fremde Kiirper mit blossem Auge oder mit dem Augenspiegel ~) Die Verletzungen des Auges yon Zander und Geissler, S. 202. 18"

Ueber den Gang der in den Glaskörperraum eingedrungenen fremden Körper

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Page 1: Ueber den Gang der in den Glaskörperraum eingedrungenen fremden Körper

Ueber den Gang der in den Glas-

k~rperraum eingedrungenen fremden Kt~rper.

Von

Dr. R. Berlin.

Das Vorkommen fremder Ki~rper im Hinterraum des Augapfels ist, wenngleich grade nicht haufig, doch wohl nicht so selten, als G e i s s 1 e r*) vorauszusetzen scheint. Ich habe in einem Zeitraum von etwas fiber 5 Jahre unter 7573 Augenkranken 26 einschlagige Falle beobachtet, wahrend fremde K(irper in der Iris 5 mal und in der Linse 4 real zur Behandlung kamen. In jenen 26 Fallen wurde 11 real durch die Enucleation, 2 real durch den Augenspiegel, einmal durch das blosse Auge und zwei- real durch Extraction die Anwesenheit des fremden Kiir- pers constatirt. Bei den fibrigen 10 F~tllen, in welchen das directe Auffinden des fremden Kiirpers durch Augen- spiegel oder Sonde unmi~glich war und welche theils die Operation verweigerten, theils ftir dieselbe nicht passten, fehlt also die Bestittigung der Diagnose durch die Au- topsie.

Die Diagnose ist natfirlich einfach, sobald der fremde Kiirper mit blossem Auge oder mit dem Augenspiegel

~) Die Verletzungen des Auges yon Z a n d e r und G e i s s l e r , S. 202.

18"

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gesehen oder mit der Sonde geffihlt werden kann. Sie ist unter Berficksichtigung der Anamnese und der ausser- lich sichtbaren Spuren der Verletzung selbst dann noch leicht, wenn ein ausgiebiger Einblick in den GlaskSrper mSglieh und partietle u desselben oder des hugenhintergrundes genau zu erkeunen sind, mag sich der fremde KSrper selbst durch seine Umhiil!ung oder seine Lage dem directen Anbliek entziehen. Diese grin- stigen Umstande pfiegen aher in der beiweitem geringern Anzahl der Ffille zuzutreffen (in unsern Fallen 7 real); vielmehr handelt es sich zur Zeit der Vorstellung (in unsern Fallen 19 real) meistentheils um solche Augen, in welchen durch Linsentrtibung, Glaskiirpertriibung, Pu- pillarverschluss der Einblick in den Glaskiirperraum, wenn nicht villlig verhindert, so doch in hohem Grade beeintrachtigt ist. Die Diagnose dieser Categorie ist allerdings schwieriger, abet ich glaube, sie ist dennoch, so lange nicht hochgradige phthisis bulbi eingetreten ist, mit wenigen Ausnahmen sicher zu stellen. Unter unsera 19 derartigen Fallen wurde, wit bemerkt, 11 mal die enucleatio bulbi vorgenommen, und jedesmal die Diag- nose durch die Section bestatigt. Dieses Resultat be- rechtigt reich zu der Hoffnung, (lass die Grundztige, nach welchen die Diagnose gestellt wurde, im Allgemeinen richtig xvaren. Der Umstand, dass diese Fragen im Zu- sammenhang bei den hutoren wenig eingehend bertick- sichtigt ~'orden sind, mages entschuldigen, wenn i~ch fiir diejenige Gruppe yon Fallen, in welchen weder das un- bewaffnete huge, noch der Augenspiegel, noch die Sonde den directen Nachweis des fi'emden Kiirpers ermSglicht, (lie diagx)ostisch wichtigen Symptome einleitend zusam- menstelle.

Es wird uns hier die Anamnese, das Vorhandensein einer kleinen Wunde oder kleinen Narbe der Hornhaut oder der Sklera, der :Naehweis, dass die Wunde per-

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forirend war, die Entztindungserscheinungen und schliess- lich der Stand des Sehvermiigens Aufschluss geben. u Allem aber ist ein besonderes Augenmerk auf das Ge- sammtbild der vorhandenen Symptome zu richten, denn nicht ein einzelnes Symptom ist fiir sich beweisend, und nicht ein einziges ist absolut constant.

Die Auskunft, welche uns die Anamnese giebt, is~ immer positiv, wenn wi re s nicht grade mit unzurech- nungsfiihigen Individuen oder absichtlicher Verheimlichung zu thun haben. Mit Ausnahme dieser Fiille sind wit wenigstens stets in der Lage, aus den Aussagen des Pa- tienten oder seiner Umgebung den bestimmten Schluss ziehen zu kiinnen, dass fiberhaupt eine Verletzung des Auges stattgefunden hat. Die Angaben, welche uns fiber die subjectiven Empfindungen bei und nach der Ver- letzung gemacht werden, zeigen insofern eine Ueberein- stimmung, als die Schmerzhaftigkeit im Verh~ltniss zu dem Grade der Verwundung unbedeutend zu sein pfiegt; diagnostisch ist dieses Moment nicht zu verwerthen. Brauchbarer sind die Aussagen tiber die Art der Seh- stiirung, auf welche wir spater zurtickkommen.

Die begleitenden Umstande, unter welchen das Trauma stattfand, geben uns dann mehr als die Selbstbeobach- tung selbst intelligenter Kranken Anhaltspunkte zu be- urtheilen, von welcher Natur, haupts~chlich aber yon welcher Griisse der verletzende Gegenstand war. Wir ~erden auf diese Weise h~tufig den Schluss ziehen k6n- hen. dass derselbe etwa ein Schrotkorn, ein Ztindhfit- chenfragment, ein Steinsplitter u. s. w., resp. dass der- selbe im VerhMtniss zum Volumen des Augapfels sehr klein war. Zuweilen ftihrt uns die Anamnese noch einen Schrit weiter, indem sie uns ein anniiherndes Urtheil tiber die Propulsivkraft erlaubt, ein wichtiger Punkt, welchen wir freilich meistens aus den zuriickgelassenen Wirkungen abschfitzen mtissen. - -

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Von diesen Wirkungen tritt uns zuniichst die ausserc Yerletzung, eine frische Wunde oder eine 5Tarbe, sei es der Hornhaut, sei es der Sklera entgegen. Diese Wunden oder Narben sind wie bekannt, fast immer sehr klein*) d. h. sie pfiegen die Ausdehnung weniger Linien nicht zu iiberschreiten.**) Ausser der besprochenen Kleinheit haben die Wunden noch eine weitere Eigen- schaft: sie sind penetrirend. In frischen Fallen ist diese Frage leicht zu entscheiden. Sitzt die Wunde in der Cornea, so finden wir entweder das Kammerwasser noch abgefiossen, oder wit finden gleichzeitig eine Verletzung der Iris oder der Linse oder beider Theile zusammen mit ihren Consequenzen, gewiihnlich mit beginnender Lin- sentrtibung. Letztere kann natiirlich je nach der Rich- tung, welche der fremde Kiirper eingeschlagen hat, zu- weilen fehlen, zuweilen selbst bei ausgiebiger htropini- sirung wegen der Excentricitttt ihrer Lage und ihres geringen Umfanges nicht erkennbar sein. Bei nicht zu kleinen Hornhautwunden ist manchmal prolapsus iridis vorhanden. Unter Umst~nden kann ein gleichzeitiger Bluterguss in die vordere Kammer die Einsicht in die genannten Verhtiltnisse verdecken. Bei vorhandener klei-

*) Bezfiglieh des diagnostisehen Wcrthes feiner Narben der Cor- nea s. v. 6 r a e f e Arch. f. Ophth. VII. I. p. 136.

**) Umfangreiehere K~jrper werden natiirlich auch umfangreichere Wunden setzen. Beispiele yon FAndringen und Verweilen soleher KSr~ per im Innern des Auges sind ffeilich in der Literatur wiederholent- lieh angcffihrt, sie gehSren abet gewiss zu den Seltenheiten und ver- danken die relative ~iufigkeit ihrer Mittheilung wohl nur dem easuis- tischen Interesse, welches sie bieten, ohne dass aus der Zahl dieser Mittheilungen ein statistischer Sehluss zu ziehen w~ire. Der grSsste KSrper, welchen ieh unter unsern 26 beobachtete, war eine kleine Blei- kugcl yon 3~"' im Durchmesser, die iibrigen 15 nachgewiesenen frem- den KSrper geh6rten alle zur Categorie der Splitter. Ausserdem werden die grossen fremden K~rpcr s~immtlieh mit blossem Auge oder vermit- telst der Sonde erkannt und es shad daher diese F~lle eo ipso yon der- jenigen Gruppe, deren Diagnose wir hier besprechen, ausgesehlossen.

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her Hornhautwunde spricht der Bluterguss allein schou fiir eine direkte Verletzung der Iris.

Traf die Wunde die Sklera, so markirt sich die Per- 1oration dieser Haut h~tufig durch einen kleinen Yorfall der Chorioidea oder des GlaskOrpers, bisweilen ist Beides miteinander verbunden. Fehlt Beides, uud zeigt uicht die Betastung des Bulbus entschiedene Weichheit, so ist ein vorsichtiges Sondiren der Wunde unbedingt erlaubt.

War seit der Verletzung schon ein l~ngerer Zwischen- raum verfiossen, so ist das Residium der Wunde, eine kleine Narbe aufzusuchen. In der Hornhaut unterliegt der Nachweis derselben bei aufinerksamer Durchmuste- rung des ganzen Hornhautgebietes mittelst Focalbeleuch- tung und wenn niithig bei starker Vergrfsserung selten einer Schwierigkeit. Finden wir gleichzeitig die Rcsi- duen der Iris- oder Linsenverletzung, so ist der Nach- weis der penetrirenden Wunde geliefert. Oft ist auch die Kapselnarbe nachzuweisen und wenn wir dieselbe vermissen, so ist die Linsentrtibung, besonders wenn sic einseitig besteht, allein schon ein wichtiges Moment.

Schwieriger als in der Cornea sind die Narben in der Sklera nachweisbar, namentlich dana, wenn starke subcon.iunctivale Hyper~mie and Schwellung vorhanden ist. So, halb verdeckt, tauschcn nicht selten die Narbcn, bei entsprechender Richtung, dem blossen Auge ein er- weitertes Gefi~ss vor. Hier zeigt sich die Untersuchung bei ausgiebiger Vergriisserung von grossem Werthe, in- dem sie das vermeintliche Gef~tss in einen schmutzig- grauen Streifen aufifst und daran oft die Narbe erken- hen lasst. Bei sehl" starker Hyper~tmie and Schwellung oder bei ausserordentlicher Feinheit, besonders in iilte- ten F~llen, ist eine Narbe gar nicht aufzufinden; ausser- dem ist der Nachweis, dass es sich um eine fl'iihere Perforation der Sklera handelte, nur dann direkt zu stellen, wenn der Rest eines prolapsus tier Chorioidea,

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Spurcn von Verletzung der Iris oder der Liase nach- gewiesen werdcn kSnnen. Erstere fehlen nach kleinea uud nach scharfen Wunden in der Regel; die beidea letzteren sind nur in den Ausnahmcfiillen sehr schr/~ge.," Flugbahn vorhanden.

Setzen wir nun den Fall, es sei durch die Anwesen- heit eiaer kleinen Hornhautnarbe, einer kleinen Zerreis- sung des Papillarrandes und einer Linsentriibung fest- gestellt, class eine perforirende Wunde St~ttt gefunden habe, so bleibt zu entscheiden, ob der verletzende KSr- per im Auge zuriickgeblieben ist oder nicht. Weist die Anamnese mit Sicherhcit nach, dass die Vcrletzung durch cinen kleinen KOrper geschah, so werden wit" bei feiner*) Hornhautnarbe mit Recht annehmen, dass jener im Auge zurtickgeblieben ist. Das Gegeatheil ist natfirlich anzu- nehmen, wean die Verletzung nachweisbar durch eineP. sehmalen langen KSrper verursacht worden ist. Ls uns die Anamnese abet fiber diesen Punkt im Unklaren, - - und das ist gewShnlich da der Fall, wo es sich um Yer- letzungen durch Metallsplitter handelt, deren Form und GrSsse a priori gar nicht zu beurtheilen siad, -- oder ist der Einblick in Iris und Linse durch optische Hinder- aisse verdeckt, so blciben uns noch die beidea anderl: Symptomengruppen zur diagnostischen Verwerthung iibrig, niimlich ,:lie Entztindungserscheiaungen uad die StOrun- gen des SehvermOgens.

Da es sich, wie gesagt, in unserer Gruppe yon F~,l- len fast ausnahmslos um kleine KSrper handelt, so l~tsst sich bezfiglich der Entzfindungserseheinuagen im All- gemeinen der Satz aufstellen, class das Missverhfiltniss der iiusserlich sichtbaren Yerletzungsspuren zu der Iutea- sit,it, Dauer und Recidivit~t tier Entzfindung filr die Anwesenheit der fremden Ki~rper argumentirt.

~) v. Graefe I. c.

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Auch die Form der Entztindungserscheinungen bietet manche charakteristischen Merkmale.

In der vordern Kammer kann die Reaction, welche das corpus alienuln verursacht, eine Entziindung deL" Hornhaut und der h'is hervorrufen. Wena durch diese. als Triibung der Hornhaut, des Kammerwassers und als Hypopyon, bei kleiner Hornhautwunde, schon an und ffir sich ein starker, dauernder Reiz der genannten Theile wahrscheinlich gemacht wird; so kann doch, so lange noch keine ausgiebige Kl~irung der optischen Hindernisse eingetreten ist, Zweifel bestehen, ob der fremde KSrper nicht in die Tiefe gedrungen ist. In den gedachte~ F~tllen beschr~tnken sich aber meistens die Entztindungs- erscheinungen auf Hornhaut und Iris; u n d e s sind, wenigstens in den fi'tihern Stadien, keine Symptome yon Iridochorioiditis oder Iridocyclitis vorhanden. Ferner pfiegt die Sehst6rung jenen optischen Hindernissen ad- iiquat zu sein, welche uns den Einblick verwehren ; nament- lich ist selbst bei gleichzeitiger Linsentrtibung die quan- titativeLichtempfindung ungest6rt und keineBeschr~nkung des Gesichtsfeldes nachzuweisen.

Dasselbe gilt bezfiglich der Entzfindungserscheinun- gen und dec SehstSrung, wenu der K0rl)er in der Iris oder in der hintern Kammer steckt. In diesen F~tllen ist immer h'itis, oft auch Hypopyon zugegen; natiirlich ist in letzterem Falle eine differentielle Diaguose fiir die gedachten Theile unm6glich. Beide Categorieu bieten aber und zwar wie es scheiat in der Mehrzahl eine eigei~- thfimliche Erscheinung, die, wean vorhanden, nicht blos die Anwesenheit des fremden KSrpers in unmittelbarer Bertihrung mit der Iris, sondern auch seinen speciellen Sitz nachweist. Diese eigenthtimliche Erscheinung, auf welche Geiss le r*) und H o r n e t ~'*) aufmerksam maehen,

*) 1. c. S. 164. **) Klinische Monatsbl/itter f. Augenheilkunde 1863, 8. 395.

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besteht in einem umschriebenen, oft tmnorartigen, gelben oder gelbweissen Producte, welches den fremden K6rper einhfillt, oder ihn yon vorn bedeckt.*)

Sitzt der fremde K6rper in der Linse, so fehlen nach Ablauf der ersten traumatischen und der yon der Linsenquellung verursachten Reizerscheinungen sonstige Entzfiadungserscheinungen fast g~tnzlich. Auch ist, wenn die Linsenquellung nicht ~tusserst sttirmisch war und so durch vortibergehende ErhShung des intraocularen Druckes dem SehvermSgen Schaden zuftigte, die Leitungsfiihigkeit des Sehnerven intact.

Dagegen kann in einzelnen Fallen die Gegenwart des iremden K6rpers innerhalb des Linsensystems die Widerstandsfiihigkeit des Bulbus gegen operative Ein- griffe bedeutend herabsetzen und dadurch secund~r hef- tige Entztindungserscheinungen ~'erschulden.**) Ausser-

+) In den yon G e i s s l e r angefiihrten Krankengesehiehten diescr (;attung ist diese eigenthiimliche Bildung, welehe yon den durch ihn citirten Autoren bald als Lymphe, bald als fibrinSse Masse, bald ais weisslicher Tumor etc. bezeichnet wird, unter 11 F~illen 8 Mal ange- l~hrt. In den yon mir beobachteten 5 Fiillen yon FremdkSrper in der Iris war sie nur in einem einzigen ganz frischen Falle nieht vorhauden. Dreimal diente sic als Leiter zur gliickliehen Auffindung und Extrac- tion eines Kupferhiitchenfragments. Die tumorKhnliehe ]Y[asse ist das Product einer loealen Reizung der Iris und bestand in den frischeren F~llen aus ]~iterzellen, in einem alten Falle, weleher naeh seehszehn- jKhrigem Bestehen operirt wurde, aus Fetttr6pfehen, Fettmolekiilen, i ettig zerlaUenden und einigen unveriinderten Eiterzellen. ]~ine ein- kapselnde Membran wurde in den yon mir beobachteten F~llen nicht aufgefunden. Die nach ]~-ntfernung der fremden KSrper zuriickgeblie- benen Reste resorbirten sieh sehnell.

++) v. Graefe und S c h w e i g g e r , Arch. I: 0phth. VI, 1, S. 134 und ~'eiter. Der bier besprochene Fall zeichnet sieh noch dutch die Orange-Fiirbung der Iris aus. Ieh will bei diescr Gelegenheit bemerken, dass ieh ~hnliche, abet etwas dunklere Fiirbung in zwei FSllen be- r bei Anwesenheit yon Eisensplittern im GlaskSrper. Unter UmstKnden kann dieses Symptom yon Werth sein, indem es wenigstens ~;ie Diagnose der Anwesenheit eines fremden K6rpers (Kupfer- oder ~isensplitters) im Auge iiberhaupt unterstiitzt. - -

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dem k6nnen Entziindungserscheinungen dann auftreten, wenn der fremde KSrper, sei es in Folge eines operati- yen Eingriffs, sei es spontan, (?)*) seine Stelle verliisst und in die vordere oder hintere Kammer gelangt.

Die Entziindungserscheinungen nach Eindringen des fremden KSrpers in den hintern Bulbusraum pflegen im Allgemeinen mehr den Charakter der Iridochorioiditis oder Iridocyclitis zu tragen, abet hier bleibt freilich die grosse Schwierigkeit, dass einerseits auch die in vordere Kam- mer, Iris etc. eingedrungenen KSrper in sp~ttern Stadien dieselben Formen bis zur Panophthahnitis und Phthisis bulbi hervorrufen kSnnen, andererseits, dass in einer sehr grossen Procentzahl trotz der Anwesenheit des frem- den K6rpers im GlaskSrper oft Jahre lang gar keine Entztindungserscheinungen auftreten. Die Gefahr der acuten Entzfindung droht den betroffenen Augen freilich immer; und eine grSssere Vulnerabilit~tt derselben, die sich in leichter subconjunctivaler Injection nach starker Anstrengung, Nachtwachen u. s. w. ausspricht, ist bei langerer Beobachtung fast immer nachzuweisen, sic geht auch im Laufe der Zeit hiiufig in eine schleichende Irido- cyclitis fiber, abet sic kann gerade zur Zeit der Unter- suchung lbhlell. Die Frage, ob ein fremder KSrper, welcher in den Glask6rperraum eingedrungen ist, dic hintere Wand der Sclera wieder durchbohrt hat, und so in die Orbita oder noch weiter gelangt ist, kann bei der absoluten Gleichheit aller tibrigen Symptome nattirlich nut" dann entschieden werden, wenn etwa ganz positive Symptome yon Verletzung oder Entziindung der weiter riickwarts gelegenen Gebilde vorliegen, oder wenn eine .~ehr genaue Controle der Propalsivkraft miiglich ist.

Wichtiger und constanter als die Entziindungs- erscheinungen sind die Symptome der Sehst6rung. Die

*) W. Cooper , On wounds and injuries of the eye, S. 27.

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anamnestischen Angaben fiber einen beweglichen Nebel oder Flocken im Gesichtsfelde unmittelbar nach der Ver- letzung sind, wenn positiv, nicht ohne Werth: sic sind entweder auf das entoptische Bild des fremden KSrpers, oder was h~tufiger zutrifft, auf die unmittelbaren Folgen der Verletzung im Augenhintergrund zu beziehen. Die im weitern Verlauf auftretenden Sehstiirungen treffen sowohl die r als die peripherische Sehschiirfe und charakterisiren sich demnach als hmblyopie, Gesichtsfeld- beschriinkung his zur hmaurose, huf die exacte Unter- suchung dieser Verh~ltnisse mit sorgf~tltiger Berficksich- tigung derjenigen Sehstiirung, welche den optischen Hindernissen zukommt, ist ein ganz besonderes Gewicht zu legen. Auch hier l~tsst sich, wie bei den Entziin- dungserscheinungen, der Satz als allgemein gfiltig auf- stellen, dass das Missverhaltniss zwischen SehstSrung und der husdehnung der iiusserlichen Verletzung, d. h. der Wunde oder der Narbe fiir die Gegenwart des frem- den Kiirpers spricht.

Was nun zun~chst die Haufigkeit der SehstSrungen angeht, so wird man sich bei fortgesetzter Beobachtung fiberzeugen, dass dieselben noch seltener ausbleiben, als die nutritive Destruction des Bulbus. Gehen schon die meisten Bulbi im Laufe der Zeit dutch schleichende Ent- zfindung zu Grunde, ein Erfahrungssatz, auf welehen v. Graefe wenigstens bei hnwesenheit gri~sserer Kiirper wiederholt aufmerksam gemacht hat, so entwickelt sich noch in einer betriichtlichern hnzahl der fibrig bleiben- den Quote nicht blos ohne auffallende Entztindungs- erscheinungen**), sondern zuweilen ohne alle Entztindung, vor dem husbruch derselben oder unabh~ingig neben der- selben, eine Gesichtsfeldbeschriinkung, welche den vSlli-

~) v. Graefe . Monatsbl~itter f. Aug~nheilkunde 1863 S. 448. und Arch. f. Ophth. IX~ 2~ S. 79.

*~) G e i s s l e r , 1. c. 211.

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gen Ruii: des SehvermOgens nach sich zu ziehen pflegt. In den yon mir behandelten F~tllen babe ich bei fort- gesetzter Beobachtung nur ffinf Mal alle Entziindungs- erscheinungen, wenigstens bis jetzt vermisst. In zwei weiteren Fallen waren dieselben so unbedeutend, dass sie sich nur in zeitweise auftretender, leichter Injection ~md sp/iter (nach 4 und 5 Jahren) auftretender Starrheit der Iris aussprachen. In diesen sieben Fallen fehlte aber nur. einmal jede StSrung der centralen und peripheri- schen Sehsch/~rfe und dieser Fall zeichnet sich dadurch aus, dass der fremde KSrper in der vordern Scleralwand festgehalten und so den GlaskSrperraum zu durchfiiegen verhindert worden war.

Die anatomischen Substrate der Sehst6rungen sind verschiedener Natur. Vom Standpunkt tier Praxis thei- len sie sich in zwei Gruppen, in die der Heilung zu- g/tnglichen und die bleibenden resp. zunehmenden. In- dem wir hier yon der Linsentriibung als einem unwesent- lichen und nicht integrirendem Symptome selbstverstand- lich absehen, finden wir als Grund der besserungsfahigen Sehst/irung (lie Ver/mderungen des Glask6rpers. Sie be- stehen in Blutungen und Trtibungen, ersteren als direeten Folgen des Trauma's, letzteren als der durch den ent- ziindlichen Reiz des fremden K6rpers hervorgerufenen, oft bis zur ]:;iterbitdung sich steigernden Reaction. Was die ersteren angeht, so glaube ich sie immer auf eine directe Verletzung der Gefitsse der Chorioidea und des Ciliar- kSrpers oder beider Theile zusammen zurtickfiihren zu mtissen. Es erscheint mir unthunlich, dem in der Regel so kleinen KSrper selbst dann noch, wenn er die vordere Bulbuswand durchbohrt hat, und so durch die locale Nachgiebigkeit sein Einfiuss auf entferntere Theile wenig- stens bedeutend gemildert sein muss, einen solchen er- schtitternden Einfiuss zuzuschreiben, dass er indirect Gef~tssrupturen hervorrufen sollte; ebenso glaube ich

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auch yon einer in derselben Weise entstandenen com- motio retinae viillig absehen zu mfissen; vielmehr halte ich daffir, dass die Glask~irperblutungen, besonders wenn der fremde Kiirper durch Hornhaut und Linse eindringt, und auch die unmittelbar nach der Verwundung ent- stehenden und nicht rfickgiingigen SehstSrungen aus einer directen Verletzung der hinteren Bulbuswand her- vorgehen.

Haben sich die Blutergfisse oder die entzfindli~hen Glaskiirpertrfibungen resorbirt, und ist darnach die In- tegritt~t des Sehvermiigens (wenigstens zeitweise)wieder eingetreten; so waren die durch sie hervorgerufenen Sehstiirungen wenigstens diagnostisch yon grosser Wich- tigkeit, besonders wenn sie mit dem Vorhandensein einer kleinen Wunde oder Narbe coincidirten. Die Blutergtisse resorbiren sich, wenn sie nicht zu massenhaft sind, in der Regel. Seltener und unvollst~indiger verschwinden die Trfibungen und Eiterungen des Glask(irpers; sie fiihren meistentheils zu dauernder Sehstiirung. Als die anatomischen Substrate" dauernder Verminderung oder hufhebung der Leitungsfahigkeit des Sehnerven finden wir nun einmal diejenigen Erniihrungsstiirungen der Re- tina, welche als Folgezustiinde der Entzfindungen des Uvealtractus (vielleicht auch unter besondern Umsti~nden in Folge erhShten intraoculfiren Druckes?) auftreten, andererseits und zwar haufiger Abliisungen der Netz- haut. Die Pathogenese der letzteren angehend, so wis- sen wir, dass dieselben primar dutch subretinalen Blut- erguss und nachfolgende Exsudation entstehen kSnnen, oder sie entwickeln sich secundar durch Schrumpfungen yon GlaskSrpertrtibungen oder dutch Narbencontraction bei etwa vorhandener Scleralnarbe. Den genannten Ent- stehungsweisen der NetzhautablSsung glaube ich noch eine weitere hinzuftigen zu kiinnen, welche ihre Analogie

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in dem yon Saemisch*) beobachteten Falle nach Chv- rioidealruptur findet. Diese Form tritt erst monatelang naeh dem Eindringen des fremden KSrpers auf und ist die unmittelbare aber langsam sich entwickelnde Folge der directen Verletzung der hintern Bulbuswand durch das corpus alienum, einer Verletzung, welche unverhiilt- nissmiissig h~ufiger vorkomm~, als bis jetzt allgemein augenommen wurde. Zu diesem Ausspruch driingen reich nmhrere Beobachtungen, welche ich im Verlauf des ver- fiossenen Jahres machte, und welche ich hier in Kih'ze mittheilen will.

I. Am 30.. Januar lS6(; stellte sich der 17jiihri~e J. H. yon Schierbach in tier Anstalt s, or. Vor vier Jah- ren war ihm beim Zerknalleu eines Ztindhfitchens etwas in's linke Auge gefiogen; darnach langsame Abnahme des SehvermSgens, mit hie und da auftauchenden, ent- ziindlichen Erscheinungen. Seit drei Tagen heftige Stei- gerung der Entzfinduug. huf der inneren H~tlfte der Hornhaut etwa in deren Mitte eine feine Narbe. Hypopyon, Pupillarverschluss, starke Injection der sub- conjunctivalen Gef~tsse, Bulbus leicht phthisisch, schlechte quantitative Lichtempfindung (mittlere Lampe auf 8 Fuss), keine Orientirung. Da eine friiher gemachte Pupillen- bildung die Entziindungen nicht gehoben und (lie neuer- liche Recrudesceuz derselben nicht hintangehalten hatte, so wurde die enucleabio bulbi vorgenommen. Diese be- st~ttigte die Diagnose: corpus alienum im GlaskSrpcrraum.

Von der Linse zeigen sich nur geringe kataraktSse Reste, hinter und unterhalb derselben ein kleiner, yon dicker, neugebildeter Membran gebildeter Sack: im Innern desselben, yon einem TrSpfchen Eiter umgeben, ein Kupferhtitchenfragment yon kaum der GrSsse eine~

*) S a e m i s c h , zur Antiologie der NetzhautablSsung, Kl. Monat~ bl~itter f. Augenheilkunde 1866, $. 11l und weiter.

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Quadratmillimeters. Von der hintern Wand des Sackes geht ein dichter fester Streif in der Richtung nach oben und innen an die hintere Bulbuswand, um sich hier etwa 2'" nach innen vonde r Papille zu inseriren. Durch eine knopffSrmige Verdickung ist der Strang mit Retina und Chorioidea fest verwachsen, und liisst sich nur mit Ge- walt yon der Sclera trennen. Die genauere makrosko- pische und mikroskopische Untersuchung besonders der knopffSrmige Verdickang ergab nichts von einem fremd- artigen Stoffe, vielmehr zeigte sich derselbe lediglich aus neugebildetem Bindegewebe bestehend. Die untere innere Partie der Retina war bis zur Hiihe der angegebenen Verwachsungsstelle abgeliist.

II. E. S. yon Hohenstaufen erlitt 14 Tage vor seiner Vorstellung am 13. September 1866 w~hrend des Zer- schlagens eines Ztindhtitchens eine Verletzung des linken Auges. Seitdem gleichmiissige, aber ziemlich rasche Ab- nahme des Sehvermiigens unter geringen Entzfindungs- erscheinungen, hTacb aussen und unten yon der Horn- hautmitte eine kleine zipfelfSrmige Narbe. Linse getrtibt, Iris zeigt einige Verwachsungen mit der Kapsel. M~tssige, subconjunctivale Hyperi~mie und Scbwellung des epi- scleralen Bindegewebes. Ciliarmuskelgegend gegen Be- tastung nirgends besonders empfindlich, quantitative Lichtempfindung gut, nach oben und etwas nach aussen eine GesichtsfeldbeschrRnkung. IJiagnose corpus alienum im Glaskiirper. Der sofort entfernte Bulbus zeigte fol- gende Ver~nderungen: Etwas nach innen und oben vom hintern Pol eine klaffende Wunde der getriibten Linse. Eitrige Glaski~rpertrfibungen, welche sich yon hier aus- gehend nach unten zu sehr stark verdicken, bis zu einem grfinlicb gefitrbten dicken Eiterklumpen. In dessert Mitte, etwa 2'" vom untern hequatorialtheil der Retina entfernt, ganz yon grtinlichem Eiter umschlossen, ein kleines Stfick eines Kupferhtitchens. Yon der compacten Eiteransamm-

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lung geht.ein allmiihlich sich verjtingernder 5trang eitri- get Trtibungen nach innen und oben. Er setzt sich, 5"' von der Papille in genannter Richtung entfernt, mit dtin- her Spitze an einen stecknadelknopfgrossen Blutpfropf an, welcher letzterer der Retina fest anhaftet. Dieser Blutpfropf lii.sst sich bei vorsichtigem Fassen mittelst der Pincette leicht entfernen. An der Stelle, wo er sass. .ist die Chorioidea mit der Sclera verklebt, doch litsst sich auch diese Verklebung ohne Zerreissung der bethei- ligten Hiiute l(isen. Die Sclera zeigt sich an dieser Stelle intact. Es wird nun ein grosses Stack tier Retina und Chorioidea, das in der Mitte jene Stelle, auf welcher der Blutpunkt haftete, in sich schliesst, heraus- geschnitten. Gegen das Licht gehalten, zeigte die Cho- rioidea bier einen schartbn, senkrechten Riss yon circa 1[/~ Mm. Ausdehnung. Die Retina ist daselbst mit der (;horioidea verklebt. Nachdem dieses Priiparat mehrere Wochen in Maller'scher Liisung gelegen hatte, trennten sich beide H~tute beim lterausnehmen aus der Fltissigkeit spontan, l)abei zeigte us sich, dass die Retina einen dem Chorioidealriss correspondirenden Substanzverlust hatte, welcher der Lange nach jenen um ein wenige~ iiberragte und auch kin wenig klafl'te. War nun schon durch (lie Anwesenheit des erwahnten Blutgerinnsels eine Verwundung tier Retina und Chorioidea mit griisster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, so wies die mikrosko- I)ische Untersuchung dieselbe mit Gewissheit hath. In der Richtung der Nervenfasern gefahrte Schnitte zeigten die Retina bis auf eine Entfernung yore Wundrande, welche etwa das Fanf- bis Sechsfache ihrer Dicke betrug, viillig normal. Hier begannen sich die Stiibchen und Zapt'en kleiner und unregelm~tssig zu zeigen und all- m'~lig abet gleichmitssig in der genannten Richtung sich zu verkleinern, bis sie in der N~the des Randes nut" noch in Form einiger kleiner, gliinzender Rudimeute zu er-

Archly far Ophthalmologte, l I I I . 1. 19

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kennen waren. Die fibrigcn Schichten waren bis auf eine Entfernung yore Wundrande, die etwa das doppelte ~ter Netzhautdicke betrug, intact bier begann sich die Netzhaut allmiilig zu verdtinnen, dann hiirten die Nerven- zellen auf nachweissbar zu sein, ebenso die Nervenfaser- schicht, welche ein grobkiirniges Aussehen bekam; yon da an war auch keine membrana limitans und keine P, adi~ffasern mehr zu erkennen. Durch Zerzupfen waren diese Theile noeh in verschiedene Formelemente aufzu- 15sen; tier Hauptsache nach bestanden sie aus grob- granulirten Schollen und ebensolehen unregelm~tssigen kurzen Fasern; hie und da waren uach den Resten der KSrnerschichten zu Spuren senkrechter Faserung nach- zuweisen. Zerstreut in der Masse fanden sich kleine theils runde, theils unregelm~ssige, granulirte Kerne, ~.elche, wie es mir schien, nach ~" zahlreicher und deut- |icher hervortraten. Etwas weiter waren, besonders an c~.rmingef~trbten Pr~iparaten, die beiden KOrnerschichten zu verfolgen, bis diese beiden auch verschmolzen, urn, vereint mit jener kSrnigen Masse, welche die Schicht der :Nervenfasern, Ganglienzellen und der Radiiirfasern ver- ~rat, ziemlich schnell sich verjtingend in eine naeh vorn ~imgebogene, stumpfe Spitze zu endigen. In den ~tusser- sten Wundenden der Schnitte zeigte sich reichliches, zu gTSssern Klumpen gehiiut'tes, gelbbraunes Pigment, ohne nachweissbare Krystallform; es war stets in grSsserer Menge in den Rudimenten der Nervenfaserschicht, selten uM dam nur in kleinen Haufen in der Gegend der .;iusse~'n K6rnerschicht zu finden. Es scheint mir daher (tieses Pigment nicht aus der Chorioidea, soffdern aus einer in der gefiissreichen Nervenfaserschicht entstande- hen Blutung zu staml~en. Der pathologische Prozess in der Retina bestand also im Wesentlichen aus einer sehr umschriebenen Schrumpfung neben Atrophie tier Sti~b- then nnd Zapfen mit Umwan(llung tier geschrumpften

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Nervezd~sern und Nervenzellenschicht und der Radi~r- fasern ill eine grobk6rnige 3Iasse. Die Chorioidea war his ill unmittelbare N/ihe der Wunde normal; hier ver- dickte sit sich pli)tzlich bis nahezu auf das Zweifache, lml in einzelnen Schlfitten kolbig, ill andern in scharfer IJinie aufzuh6ren; dabei waren die Pigmel.,tzellen, sowohl die epithelialen, als die des Stroms zum Theil aufgel6st lu:d das Pigment in feinen Molukiilen an beiden Seiten des verdickten Endes in dieses diffundirt, so jedoch, dass zwischen beiden gef~irbten Seiten noch eine breite unge- farbte Schicht bestand, welche keine Elemente der Cho- ~'ioidea enthielt, sondern nur ein granulirtes Ansehen zeigte, welches auf Zusatz von Essigsiiure nicht veriindert wurde. Ausserdem finden sich in dem Gewebe der ()hovioidea und in diesem Exsudat kleine runde Kerne (Eiterkiirperchen) in geringer Menge eingelagert. Diesen Befund bei der massenhaften Eiteransammlung im Glas- k6rper m6chte ich gegen Ri t te r ' s (dieses Archiv VIII, J, S. 52 u. f.) Ansicht fiber die Quelle des Eiters im (flask6rper hervorheben. Diese unzweideutigen, patholo- gischen Ver~tnderungen der Retina und Chorioidea be- weisen mit Bestimmtheit, dass hier eine Verletzung statt- geflmden hatte. Es musste somit der fremde K6rper um zu seiner jetzigeu Lage, et~vas oberhalb des untern Aequatorialschnittes, zu gelangen, yon der hintern Bul- buswand zurtiekgeprallt sein.

Dieser Beihnd gab mir auch die Deutung ftir (lie im crsten Falle beobachteten anatomischen Veranderungen. Eine nachtragliche mikroskopische Untersuchung der Retina und Chorioidea an der Stelle der Verletzung war wegen der friiher geschehenell Zerreissung dieser Theile nicht mehr mSglich. Einmal auf diesen Gang der frem- den Kbrper aufmerksam gemacht, untersuchte ich

iII. ein etwas fl'fiher exstirpirtes Auge, bei welchem ich reich damals begntigt hatte, die Anwesenheit des

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ft'emde~ K6rpcrs zu constatireu Dieser Bulbus. welch,r yon dem am 10. August 1866 operirten A. K. vo, Deger- loeb stammte,, und welcher seitdem ebenhlls ill Mtiller- scher Lbsung gelegen hatte, zeigte eine fast 11/2 "` lange Hornhautnarbe, welcbe gerade yore Centruln der Horn- haut ausgehend, sich nach unten und inuen erstreckte. Die Linse fast vbllig resorbirt, unlnittelbar nach untel~ uud hinten yon derselben in einem yon dicker Membran gebildeten Saeke ein schmaler dreieckiger Basaltsplitter yon ca. 11/,a "' Hbhe und Basis, in dem eingekapselten Sacke kein Eiter. /.Ngtzhaut total abgeliist. Das hmere des Netzhauttrichters angeftillt yon einer dichten, braunet~ Masse, weh'he mit der Hinterwand der neugebildeten Kapsel breit und fest zusammenhi~ngt, sich nach hintea~ verjtingt und schliesslich straugfbrmig eine Linie ausser- halb der macula lutea an der hintern Bulbuswand sich anheftet. Es gelaug gerade dutch die Yerwachsungs- stelle einen Schnitt durch nile Gewebe zu ffihren, und so bei 50facher u die Yerhaltnisse genau zu iibersehen. Der (bindegewebige) braune Strang durch- setzte die Retina und Chorioidea, ~velche hier lest mit einander verwachsen waren, und befestigte sich dann, seine braune Farbe verlierend, an die Sclera, welche letztere an der Ansatzstelle ein miissig tier in sic ein- dringendes, braunes Pigment zeigte.

Somit war auch in diesem Falle dic directe Ver- letzung der Retina: Chorioidea und Sciera nachgewiese~ und das Steinfragment konnte ebenfalls nur durch Zu- rtickprallen an seinen jetzigen Oft, dicht hinter und untet' die Linsenrudimente, gelaugt sein.

In der darauf folgenden Zeit hatte ieh das Gltick, kurz nacheinander noch zwei ~thnlicbe F~tlle zu beobachten.

IV. Am 16. October stcllte sich der 17jahrige Schlos- ser E. 8. yon Gmtind vor. Vor 24 Stunden sprang ihm, yon sei~em Nebeuarbeiter ausgehend, ein Stahlsplitter

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ins linke Auge. In der Horuhaut etwas nach innen fiber dem untern Hornhautraude eine feine Narbe yon gut 1'" Li~n,,,e. Iris innen unten am Pupillarrande etwas ein- gerissen, Linse getriibt, doch so weir durchsichtig, class man hinter ihr einen kleinen blutrothen Streifen gewahrte- Mi~ssige Eatztin~hmgserscbeinungen. Sehverm~igen auf miihsames Fingerzithlen in unmittelbarster N~he re- ducirt, oben eine kleine Gesichtsti~ld-BeschrKnkung. I)iagnose: corl)us alienum im Glaskiirl)er mit starker (;lask6rperblutung. Am 17. October, also zwei Tage uach der Verwundung, enueleatio. Der erfffnete Bulbus zeigt ,~icb in seiner unteru H/ilfle sehr stark mit Blut ~efiillt, welches streifenffrmig angeordnet ist. Diese ~treifen convergire~ ziemlich regehniissig nach einem Punkte, welcher etwa t l/~ ''' nach innen und urn ein Mini- mum tiefer als die Papille gele~en ist. Diese Stelle ist mit einem Blutcoagulmn bedeckt. In der Richtung voll bier nach vorn unten bis dicht unter der Linse w~tchst die Menge des ergossenen Blutes stark an. Nach Ent- fernuug desselben zeigt sicb auf dem corpus ciliate senk- recht untcr der l,inse aufliegeu,l ein Eisensplitter yon ~'a. 1'" I)urcbu~esser. Nach Entfcrnung des blutdurch- tr/tnkteu (;lasktirpers zeigt sich keine NetzhautablOsung. l~ie (}esichtsfeldbeschritnkung uach oben war (analog einer ill Fall II. durcb Eiteransammlung) dureb die dichten Blutgerinnsel hervorgerufen. Nachdem nun das auf der t~etina aufsitzeude, kleine Blutcoagulum entternt worden war, zeigte sich ein scbaffer nicht ganz 2 Mm. langer lr in dieser Membran, welcher in der Ricbtung nach uuten uud etwas nach iunen verlief, unmittelbar naeb innen davon eine weissliche Verfarbung der Netzhaut etwa in der husdehnung yon der Flitche des Eisensplit- ters Retina and Chorioidea sind in dieser Ausdehnung "~'erwachsen, aach die Chorioidea mit der Sclera verklebt abet ohne Bescha~ligung der ('borioidea trennbar. Sclera

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nicht verwundet, Nachdem die Pritl)arate in Mtiller'scher L6sung erh~trtet waren, liisst sich die Retina nicht ohne Zurticklassung einiger ihrer Elemente vonder Chorioidea trennel~ Es wurde zun~tchst die erstere und zwar tier nach dew Sehnerven zugekehrte, scharfe Wundran(1 untersucht. Die Schnitte wurden wieder mSglichst g~*- nau in der Richtuug der Sehnervenfasern gefiihrt. Die so gewounenen Priiparate zeigten nun die Retina bis fast in unmittelbarer N~he des Wundrandes vollkommen in- tact. Nur die Stiibchen- und Zapfenschicht begann schon in einiger Entfernung yon demselben atrophisch zu wet- den. Die fibrigen Schichten yon den Stiibchen bis zur Nervenzellenschicht (inclusive) absolut normal. Die :Nervenfaserschicht schwillt dicht vor dem Wundende m~tchtig an und verdickt sich so theilweise urn das drei- bis vierfache. Diese Anschwellung beruht auf einer An- sammlung yon gl~tnzenden, gestielten KSrpera, welchv den yon Zenke r* ) als ver~nderte Nervenzellen, vor~ Virchow**) als sclel:osirte Nervenzellen, yon H. Miil- ler **,~:) als diverticulSse Nervenfasern beschriebene~ Gebilden der GrSsse, Form und sonstigen Eigenschafte~.~ nach vSllig analog erscheinen.d)

*) Archiv f. Ophthal. H, 2, S. 141 u. f. *~) Arch. f. path. Anat. X, S. 170 u. i:

***) Archly f. Ophth. IV, 2, S. 41 u. f. T) Dieselben Gebilde sind wiederholt yon andern Beobaehtern ge-

sehen und besehricben (s. Wagne r ~ Archly f. path. Anat. XII, S. ~1~ u. f , B e c k m a n n , Arch. f. path. Anat. XIII, S. 97~ Nagel~ Arcldv s Ophth. u 1, S. 191 u. f., S c h w e i g g e r , Arch. f. Ophth. VI, 2. S. 287 u. if) und theils in dem Virehow'schen, theilsin demMii l lcr- schen Sinne gedeutet worden; die Beobachtungen bezichen sich auf Retinitls bei morbus Brightii. Was unsern Fall auszeichnet, ist, dass die gcnannten Veriiuderungcn an einer Retinalwande gefandea wurd~n~ und zwar an einem Auge, welches 48 Stunden nach der Verwunclun~" enucleirt worden war. Es ist besonders bemerkenswerth~ dass die Ge- bilde ohne weitere entzlindliche u als eine u dcr Adventitia dcr grSsseren Gef'~sse aufgetreten waren. Sic zcigte~:

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Die Anschwellung zeigt sich in ei~Jzelnen Schnittea so massenhaft, dass das Gttaze in Form eines Tumo~- theils nach dem freien Ende des Schnittes, theils na(:i~ dem GlaskSrper hervorragt. Einzelne jener Gebilde sil,i schon weiter rtickwarts in der Ncrvctlfitserschicht nach- weisbar. Da wo sic beginneli, sind die Miiller'sch('l~ Fasern sl)~rlicher; da wo die Anhaufung beginnt~ ver- drangen sic nattirlich alle anderen Elenlente. Die bc- nachbarten grossen Gef~tsse zeigen alle einc Verdickuag der Adventitia durch Zellenwucherung. Der gegentiber- liegende Wundrand, an welchem die weisslichc Entfi~rbulJg in der oben erw~thnten Ausdehnung sichtbar war, zeigtc im Wesentlichcn keine weitcrc Ver~nderung, als das~ die Retinale!ementc hier in grosset Ausdehnang zer-

sonst ganz die von den Autoren gescbildcrten Verhi~ltnisse in Form und GrSsse mit ihren miissigen Schwankungen. Sie hattea alle eir~ stark opalescirendes Ansehen ohne einen deutliehen Kern; fast niemal,~ wurde ein diinner Fortsatz vermisst, uad da wo er fehlte, wohl nur in Folge der Pdiparation oder der Lagerung. Ohne Ausnahme war nut ein Fortsatz vorhanden: wo sieh dieser auf liingere Streeken verfolge~ liess, zeigte er h~iafig mehrere kleinere, selten gr~issere, divertieulSse Ansehwellungen. CarminlSsung fiirbte die 6ebilde nar naeh Tage lan- ger :Einwirkung, aueh dann war die Tinetion eine nur ganz schwach angedeutete, w~ihrend die normalen zelligen :Elemente intensiv roth ge- fiirbt mit noch stRrkerer F~irbang des Kerns hervortraten. Ausserdenl war die F~trbung stets eine ganz gleiehmiissige, so dass aueh naeh ihrr Eiutluss nirgends ein deutlieher Kern bemerkbar wurde. :Essigs~ure ver~inderte sie gar nicht, starkc Alkalien lilsten sie nach stundenlanger Einwirkung auf: Hierzu kommt noeh der bemerkenswerthe Umstand, dass sie sieh nur an dem Theile des freien Wundrandes fanden, wei- cheer zun~iehst der Sehnervenseheibe gelegen waren. Die Massenhaftig- keit beweist eo ipso, dass es sich iiberhaupt nieht um Nervenzellen handeln konnte, die Schnelligkeit der Entwieklung sehliesst die MS~- liehkeit, dass es sieh um einen selerotisehen Process handelte, yon selber aus. Es bleiben nur die beiden Erkl~irungsweisen einer ent- ziindliehen Bindegewebs-Proliferation (Demme), oder einer diverticu- 15sen Ansehwellung der Sehnervenfasern an ihrem eentralen Ende. I~.~ Summa spreehen die morphologisehen und ehemischen Eigensc~aften iiberwiegend fiir diese letztere Erkl~irungsweise.

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trtimmert waren. Die meisten Schichten waren noch an- gedeutet, zeigten sich abet undeutlich, das Ganze oft feinkSrnig getriibt. Die Elemente der Stiibchen- und Zapfenschicht, sowie die i~ussere Ki/rnerschicht und Zwi- schenkSrnerschicht fehlten fast in der ganzen Ausdeh- nung der entfftrbten Stelle. Von ~thnlichen E|ementen, wie sie in der Nervenfaserschicht des gegentiber liegen- den, schi~rferen Wundrandes vorhanden waren, habe ich trotz sorgfitltiger auf diesen Punkt gerichteter Untersu- chung keinc Spur finden kSlmen.

Die Chorioidea, welche sich sehr schwer yon der Retina hatte trennen lassen, zeigte aufQuerschnitten zu- n/ichst~ dass in der ganzen husdehnung der Verklebung die Stitbchen- und Zapfenschicht, die ~tussere und zum Theil die Zwischen-K(irnersehieht an ihr haftete. An ein- zelnen St.ellen war die Verbindung tier Art, dass die Epi- theliaischicht verschwunden und beide Hfiute yon dieser Verwachsungsstelle aus mit freien Pigmentmolektilen in- filtrirt waren; an andern Stellen war keine Verwach- sung vorhanden, sondern hier zeigten sich die beiden Theile durch ein accessorisches Bindeglied, reichlichc Masse yon BlutkSrperchen, miteinander vereinigt. Diese Stellen bildeten, so zu sagen, kleine, mikroscopische Netz- hautablSsungen (lurch Bluterguss, indem das Blut iu grosseu Bogen die Netzhautrudimente empordri~ngte. All einer dritten Stelle endlich, und dies wiederholte sich an jedem Schnitte aus dem correspondirenden Orte, zeigten sich die Netzhautelemente keilfSrmig in die Substanz der Choriodea eingetrieben und waren hier'mit dichten Massen yon Blutkfrperchen vermischt. Diese Stelle stellt die eigentliche Wunde der Chorioidea dar, welche sich in- dessen nirgends als perforirend erwies, da selbst die Stelle des tiefsten keilfi~rmigen Eiudruckes noch you einer kleinen Parthie wenig verfmderten Aderhautgewe- bes iiberzogen war.

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Die Veri~nderung dieser letzteren Membran bestand nun, abgesehen yon der oben erwRhnten Verwachsungs- stelle mit Zugrundegehen des Epithels und Diffusion des Pigments, lediglich ill einer eitrigen Infiltration der Cho- rioidea neben gut erhaltenem Stroma und verastelten Pigmentzellen. Diese entzfindliche Theilnabme der Cho- rioidea war eine umschriebene, aber beschriinkte sich nicht auf das Gebiet der Verletzung; vielmehr waren ein- zelne Durchschnitte der Aderhaut his fiber eine Linie yon der verwundeten Partie mit Eiterzellen infiltrirt und zeigten auch bis zu dieser Entfernung eine deutliche Ver- dickung der Epithelialschicht. Die Vertheilung der Eiter- zellen war eine regelmassige, wenigstens war keine Schicht, auch nicht die zuniichst der Choriocapillaris gelegene Stromascbicht, nachweisbar bevorzugt.

Nach diesen Befunden kann eine Verletzung der Re- tina und Chorioidea nicht mehr zweifelhaft sein.

Aehnlieh verhielt sich der Vte Fall: I. N. von Ess- tingcn, aufgenommen 23. Dezember 1866. Vor 1() Tagen sprang ihm bei der Arbeit in einer Maschinenwerkstittte ein Sttick Eisen mit grosser Gewalt gegen das linke Augc: seitdem heftige Entztindung, Schmerzen in Kopf und Auge mit rascher Ahnahme des Sehverrniigens. Starke Injection, Iritis, ophthalmoscopischer Einblick nicht mSg- lich, Schmerzhaftigkeit der Ciliarmuskelgegend gegen Betastung, besonders nach aussen-oben. Hier zeigt sich bei starker VergrSsserung eine feine br/iunliche Narbe. Schwache quantitative Lichtempfindung. Bei Tagesbe- leuchtung wird Bewegung der Hand in einem mittlern Bereich des [Jesichtsfeldes wahrgenommen, starke con- centrische Gesicbtsfe]dbeschrfinkung. Bei Untersuchung des Gesichtsfeldes mittelst Lampe ist ffir diese fiberall Orientirung vorhanden bis auf ein kleines Bereich nach unten innen. 24. XII. enucleatio.

Der gei~ffnete Bnibus zeigt eine vollst~indige Eiter-

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infiltration des GlaskSrpers. Diese Infiltration hat zwei Kernpunkte, wo die Eiteransammlung am massenhafte- ~ten ist. Eine etwas nach vorn yon dem untern Aequa- torialabschnitt, wo, yon dichtem Eiterklumpen umgeben, ein drei Linien langer, schmaler Eisensplitter liegt; der andere Punkt ist 5 ' " nach aussen oben und hinten yon tier Skleralwunde. Hierhin eonvergiren wieder dicke Eiterztige, um sieh mit tier hyaloidea fest an die retina zu inseriren. An derselben Stelle findet Verwachsung der Retina und Chorioidea, Verklebung der letzteren mit der Sklera statt. Die mikroscopische Untersuchung er- gab in Kurzem eine Retinalwunde, deren Umgebung mit der Chorioidea verwachsen ist. Die Retina und Chorioi- dea nehmen diesmal beide in Form eitriger Infiltration Theil und zwar ist dieser Entziindungsprozess schon diffus, indem die entferotesten Chroioideal- und Retina- theile dieselbe Veranderung an sich tragen. Die Retinal- wundriinder'zeigen diesmal nicht jene eigenthtimlichen Gebilde in der blervenfaserschicht. Sie sind beide in hohem Grade a ngeschwollen und lassen auf dem Durch- schnitt fast keine weiteren Formelemente als Eiterzellen, meist mit 2 oder 3 Kernen, deutlich erkennen; die Wund- ri~nder liegen sehr nahe aneinander und sind nur durch eine ganz dfinne Schicht yon eitrigem GlaskSrper gc- trennt, welcher mit der Chorioidea verbunden ist. Eiae eigentliche Chorioidealwunde ist diesmal nicht nachzu- weisen, daher fehlen auch wohl Residuen yon Bhl- tungen.

1Nach den im Detail mitgetheilten Befunden kann kein Zweifel obwalten, dass in allen 5 F~llen u der hinteren Bulbuswand, besonders derRetina and Chorioidea. stattgefunden hat. Das Zusammentreffen dieser Verwun- dung mit der Anwesenheit eines fremden KSrpers im GlaskSrperraum ist auf keine andere Weise zu erkliiren, als dass der fremde KSrper jene Wunde der hintern

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Waald v,:rursachtc und dann zuriickgeprallt ist. Ieh habe diesen F~tllen welter untea noeh einen VI ten hinzuzufil- gen, bei welchem derselbe Gang des fremden KSrpers ophthalmoscopisch nachgewieseu werden konnte. Ehe ich jene anatomischen Vcranderungen an der hintern Bulbuswand kannte, begn~gte ich reich einfach damit, die Diagnose des fi'elnden l(~irpers (lurch die Sektion zu best~ttigen, ohne auf den Sitz und den Gang desselben irgend welches Gewicht zu legen. Daher kommt es, dass ich im Ganzen nut die beschrankte Zahl yon 11 F/~llen aufzuweisen habe, in welchen ieh fiber den definitiven Sitz und den Gang Rechenschaft geben kann. Diese Zahl ist freilich klein, aber da ieh (lie F,alle ohne Wahl, wie sie nacheinander zur Behandlung kamen, auf jene Fragen uutersuchte, so glaube ich doch, dass ich dem iiberein- stimmenden Befunde eine gr/~ssere Bedeutung beilegen darf. Von den 11 F/illen hatte niimlieh 9 real tier fren, de I(i~rper die gegeu{iberliegende Wand erreicht, 3 real um dort stecken zu bleiben, in den t~brigen ~; Fallen war er zur/ickgeprallt; in den 2 Fitllen, in welehen tier fremde i(Srpter den GlaskSrperraum nicht durehflogen hatte, war er nicht in diesem, sondern in de," Skleralwunde fest- gehalten.

Nach diesen Beobachtungen halte ich reich ftir be- reehtigt, die t;ehauptung ~tufzustellen, dass alas Vordri~> gun des fremden Ki~rpers his zur hintern Bulbuswand fiir diejenigen F/ille die I~egel ist, wo derselbe frei in

, q " ' dml Gla~km'perraum gelangt.

Ich will (lie MSglichlichkeit nieht in Abrede stellel,, dass unter besonderen Umsthnden, - - z. B. wenn die Pr.- pulsivkraft relativ schwach, der KSrper sehr klein oder leicht ist, oder wenn er mit breiter Fliiehe voran vor- wgrts dringt, - - dass unter solehen Umst~inden der Wider- stand des GlaskSrpers gross genug sein kann, um seinen 1,'lug zu hen, men: aber gegeniiber der grossen Kraft,

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welcbe erforderlich ist, um den im Vergleich zu unsern chirurgischen Instrumenten meist nichts weniger als schar- fen KSrper durch die feste Sklera, Hornhaut und die z~,he Linse zu treiben, - - gegenfiber dieser Kraft muss man den Widerstand des GlaskSrpers als einen vcrschwindcnd kleinen betrachten. Jedenfalls wcrden erst noch anato- mische Thatsachen zu sammeln sein, um das Vorkommen eines derartigen Ganges, dass der fremde KSrper, mehr oder weniger tier in den GlaskSrper eingedrungen, sich senkt, ohne die hintere Wand zu erreichen, iiberhaupt zu beweisen.

In keinem einzigen unserer 9 Fittle war der Ort des Gegenschlages an der hintern Wand tiefer ]legend ge- funden, als die Wunde an der vordern Wand, vielmehr zeigte sich 6 real jener bedeutend h6her gelegen. Ill 2 F~illen, in welchen die Lage der Hornhaut-, Linsen- und Netzhautwunde im frischen Pritparat genau control- lift werden konnte: lagen diese 3 Wunden beidemale in eiuer graden Linie. Dicse Thatsacheu scheinen daftir zu sprechen, (lass der fi'emde KSrper, einmal in den Glas- kiirper gelangt (und dies geschieht eben am h~iufigsten in (let Richtung you unten nach oben) geradlinig seincn seinen Weg zur gegeuiiberliegenden Wand fortsctzt, ohnc atlf diesem Wege eine Senkung zu erfahren. Auch glaube i,:h nicht, dass auf diesem Wege Bewegungen des Auges seine Flugbahn ver~tndern kihmen; dazu ist vor Allem dcr Zeitraum zu kin'z, in welchem die kleine Strecke z~lriickgelegt wird.

Iiat nun der fremde KSrper dic hintere Wand er- reicht, so wird er entwedet" fcstgehalten, oder er wird eine grSssere oder geringere St~'ecke zuriickgeworfen. Z~weilen durchmisst dann der KSrper dic ganze Stvecke 4e.~ GlaskSrpers noch cinmal; so fan(1 ich in 2 fi'ischen ~~flien das corp. aliell, dicht unter tier Linse. Die Rich- t~tng, ~n welcher der KSrper zurfickgeworfen wird, ent-

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spricht im Allgemeinen den Gesetzen der Reflexion. aber diesc Richtung erleidet wcsentlichc Abweichungen, eil~- mal durch dic unregelmassige Form des KSrpers, dann hauptsi~chlich dadurch, (lass der K0rper, am Ende seiner Flugbahn angekomme.n, dell Gesetzen der 8chwere ver- fi~llt. I)iesen Gcsetzen folgen, wie es seheint, die Kiirper s~immtlich, wenigstens wurden sie in unsern 6 F~tllen jedesmal unterhalb der Verbindungslinie der Ein- uud Gegenschlagswuadc gcfunden. Wie rasch und wic tier die K6rper sinken, das wird hauptsi~chlich yon ihrem ab- soluten Gewicht, manchmal auch yon ihrer Form un<t tier Art der Lagerung abh~tngig sein.

Ist nun der K6rper vorliiufig zur ~tuhc gekommen, so kann cr bekanntlich auf dreierlei Wcise eine Orts- ver~tnderung erleiden. Einmal dutch die Lage des Ver- wundeten, dann dadurch, <lass eine wachsende Netzhaut- abl0sung ihn vor sich herschiebt*), oder indem er, voH GlaskOrperopacit~tten umgebel~, dent Zuge derselben iblgt. hn ersten Falle ist (lie Richtung von der zuf/illigen Lagc abh~tngig und nicht zu bestimmen, im zweiten wird er im allgemeinel~ der 5ehaxe genithert werden, im dritten Falle wird eine Locomotiol~ nach demjenigen Punktc stattfinden, wo die schrumpfenden Olask0rpertriibungelt ihre festc Sttitze haben, also nach vorn.

Ueber den definitiven Sitz des fremden K6rpers ge- ben unsere Beobachtungen keine neuen Anhaltspunkte. Wenn wit keinen Einblick mehr ill den Glask6rperraum haben, so wissen wit nicht, ob der K0rper in der Bul- buswand sitzen geblieben oder ob er abgeprallt ist. Ist et' nicht festgehalten, so finden wit ihn gewOhnlich in der untern Halfte des Bulbus. Ftir die Extraction ist es natfirlich gleichgiiltig, ob er (lurch eine einfachc

~") E. Jaeger, Oestr. Zettsehrift f. prakt. Heilkunde 1857. I[.

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Senkung oder auf dem Umwege des Abpralle~s dorthi~l gelangt ist.

Dagegeu dfirffe die Thatsache yon practisehem In- teresse skin, class der fremde KSrper, e h e e r zu seinem definitiven Sitz im GlaskSrper gelangt, so h~ufig vorher die Retina und Chorioidea verletzt. In ~velchem Procent- verhiiltniss dieses stattfindet, dariiber kSnnen die vor- liegenden Beobaehtungen natfirlieh keinen Aufschluss ge- ben. Bei den wenigen Andeutungen, welche wir in der Literatur iiber diesen Punkt finden, warden wir die end- giiltige Entscheidung dieser Frage erst lange fortgesetz- ten Beobachtungen anheimgeben mfissen. Vorl~ufig glaube ich die Vermuthung aufstellen zu dfirfen, dass in der ~iberwiegenden Zahl der Fiille der KSrper ricoehettirt und zwar glaube ieh (ties, weil, abgesehen yon meinen eige- hen Beobachtungen, aueh aus der Literatur zu ent- nehmen ist, dass in der That die Fiille, in welehen der KSrper frei im GlaskSrperraum gefunden wird, ungleich h~tufiger sind als die Fi~lle, in denen derselbe in der hin- tern Bulbuswand stecken bleibt.

Der Einzige, welcher den besprochenen Gang des fremden Kiirpers wenigstens als mSglieh beschreibt, ist v. Griiefe. In seiner ,,Notiz fiber die fl'emde KSrper im Innern des Auges'*) sagt er zum Schluss der ersten Krankengesehiehte: ,Es bleiben hier nur zwei MSglieh- keiten, niimlich entweder die, dass das Schrotkorn yon vorn eingedrungen an der innern Fl~iche der 8klera ri- coehettirt und dann quer durch den GlaskSrper geflogen sei, oder die" etc. Ich glaube jetzt nach meinen Beobaeh. tungen ffir diesen Fall jene Erkl~trung bestimmt in An- spruehung nehmen zu dfirfen, um so mehr, als die eigen- tbfimliehen Verhttltnisse im Gesichtsfeld ebenfalls auf eine Laesion an der innern H~lfte der Retina sehliessen lassen.

*) Arch. f. 0phthalmolo~e IH. 2. 337.

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Ferner ist es mir nicht unwahrscheinlich, dass auch der letzte in besagtem hufsatz angeftihrte Fall *) seine Eigen- thiimlichkeiten dutch das Zurfickprallen des fremden KSrpers erkl~rt. Ich halte es n~mlich fiir mSglich, dass die beschriebene ,,kleine, weissgelbe B]ase, welche mit einem halsartigen Fortsatz an den innern Membranen zu sitzen schien", und welche, wie weiter unten bemerkt wird ,,da, wo der Hals der Blase am Augenhintergrund befestigt war, einen briiunlich rothen Metallglanz" zeigte, nicht der umhtillte fremde KSrper, sondern ein Rest yon GlaskSrpertrfibung mit Spuren von Blut auf der Retina- wunde (s. unsern Fall II) war, und (lass der fremde K5rper in dem Conglomerat yon Glaskiirpertriibungen lag, welche den vordern untern Theil des GlaskSrpers ausftillten.

Ausser diesen beiden sind mir keine klinischen Falle 1)ekannt geworden, in welchen die Beschreibung nach- triiglich ein Zurfickgepralltsein des fremden KOrpers wahrscheinlich erscheinen liesse. Vielleicht ware indes- sen die Beobachtung E. J aege r ' s** ) , nach welcher die einkapselnden Trtibungen des GlaskSrpers ,,scheinbar yon der Peripherie gegen sein Ccntrum vorschreiten, so aufzufassen, dass die zuerst sichtbaren Trfibungen des GlaskSrpers sich in der Gegend der Retinal- und Cho- rioidealwunde gebildet h~itten. Die Details der mitge- theilten Krankengeschichten geben aber hieriiber keinen Aufschlus',~.

Die Zahl anatomischer Beschreibungen yon Augen, welche wegen corpus alienum im GlaskSrper enucleirt wurden, ist ausserordentlich gering. Eine positive Angabe fiber den bier besprocheuel~ Gang land ich nirgends.

�9 ) I. c. S. 35b. �9 ~) i. c. S. 27.

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Dagegen sind die yon S c h i e s s - G e m u s e u s * ) verSffent- lichten Falle so genau mittgetheilt, dass man nachtri~g lich den Gang des fremden Kiirpers mit Sicherheit ver- iolgen kann. Im ersten Falle findet sich namlich unten innen am Hornhautrande eine blarbe, der obere Rand der Iris ist mit der Hornhaut verwachsen, hier hat nach Annahme des Autors eine Zertrfimmerung des h'isgewe- bes Statt gei'undeu, der obere Linsenrand ist verletzt und in Verfolg dieser Richtung stossen wir auf eine lo k~tle Verdickung des corpus ciliare mit Verwachsung der his dahin abliistcn Retina, w~thrend das corpus alienum nicht aufgefunden, resp. die hufsuchung desselben im Interesse der Conservirung des Praparates aufgegeben wurde; wahrscheinlich wird sich dasselbe im Innern des hTetzhauttrichters finden. Im zweiten Falle ist der Ver- lauf des Wundkanals dutch die einzelnen Gebilde ein ahnlicher, mit dem Unterschied, dass die Richtung ziem- lich horizontal von innen nach aussen geht; hier scheint eine starke Pigmentirung der abgelSsten Retina noch deutlich die Stelle des Gegenschlags zu kennzeichnen, wahrend das corp. alien, unmittelbar hinter den Linsen- resten liegt.

Ich glaube wenigstens, dass sich in beiden Fallen grade (lie anatomischen Veriinderungen an dem Corpus ciliare am ungezwungensten als Folge direkter Verwun- dung erklaren.

Der Mangel an positiven, anatomischen Angaben fibei" eine zweite Verletzung der Augenhaute erklart sich wohl aus dem Umstande, dass die untersuchten Augen s~tmmt- lich sehr lange Zeit nach der Verwunduug entfernt wur- den und darum in einem Stadium der pathologischen Veranderuug waren, welches besonders dutch die Anwe-

~) V i r c h o w ' s Archly XXIX, S. 321 u. t. und ebenda XX.XII[,

S. 489 u. f.

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senheit totaler Netzhautabl(isung den Uebcrblick fiber die besprochenen Verhaltnisse erschwerte. Man wird aber in diesen alten Fallen die Stello. der Verletzung daran erkennen, dass die Netzhaut ausser der Stelle der Pa- pille noch eine zweite Anhaftung aa der Sklera hat; dass an dieser Stelle eine Verwachsuag der Retina, Chorioi- den und Sklera Statt findet, und dass die Verwachsungs- stelle auf dem Durchschnitt einen bindegewebigen Strang zeigt, welcher, mit dem Inhalt des Netzhauttrichters un- mittelbar zusammenhangend, Retina und Chorioidea durch- dringt, um sich an die Sklera anzusetzen.

Vom klinischen Standpunkte bietet nun die be- sprochene Verletzung der hintern Bulbuswand zun~chst insofern Interesse, als sie uns die anatomische Erklit- rung wichtiger Symptome liefert. Die Retinalwunde ist in der Regel zu klein, um irgend welche 8ymptome zu veranlassen. Deakbar ware fibrigens der Fall, dass die Wunde, wenn sie in unmittelbarer Nahe des Sehnerven liige, trotz ihrer Kleinheit eine solche Menge yon Fasern durchschnitte, dass wegen der so nnterbrochenen Leitung eine sectorenfSrmige Gesichtsfeldbeschrankung nachweis- bar ware. Wichtiger ist die Chorioidealwunde; sie scheint aber nicht constant zu sein (Fall V). Sie erklart uns in erster Linie die Entstehung yon Glaskiirperblutung; und wir brauchen nicht auf eine indirekte Chorioidealruptur durch Contrecoup zu recurriren, ein Vorgang, welcher nach Einwirkung stumpfer Gewalt natiirlich ist, bei per- forirender Wunde aber, besonders wean dieselbe yon kleinen KSrpern herrfihrt, a priori nicht statuirt werden kann.

Statt, dass sich das Nut in den GlaskSrperraum er- giesst, kann es unter Umstanden auch zwischen Cho- rioidea und Retina gelangen und auf diese Weise, deren hnfange in Fall IV. mikroscopisch nachweisbar waren, werden won die gleich nach dem Trauma nachweisbaren

Archtv ftir Ophthalmologi% XIII ~. 20

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:NetzhautablSsungen eingeleitet. Wenn auch die Chorioi- dealwunde nicht constant ist, so war doch in den beobach- teten 5 Fallen jedesmal u der Retina und Chorioidea vorhanden. Wenn nun der Process heilt und sich an der Stelle der u eine u der 3 hugenhaute einstellt, so liegt es sehr nahe, dem per- petuirlichen Zug yon dieser Stelle aus eine ahnliche nachtheilige Wirkung zuzumuthen, wie es ftir die Skle- ralnarbe bekannt ist, und wie es neuerlich yon S a e m i s c h (l. c.) nach einer Chorioidealwunde naehgewiesen wurde, namlich, dass er •etzhautablSsung verursacht. Ieh glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich die Yermuthung auf- stelle, dass dieser Vorgang in der That zuweilen Start findet. Hierftir sprechen die Beobachtungen, dass ein grosser Theil der hugen, welcher yon Entziindung be- freit bleibt, dennoch allm~hlich erblindet. In 2 Fallen nitmlich, die nicht 0phthalmoseopisch untersueht werden konnten, war der u der SehstSrung beidemal yon peripherischer Gesichtsfeldbeschrankung zur hmaurose verfolgt worden. Da hier keine Entzfindungserscheinun- gen vorhanden waren und auch in beiden Fallen (nach Resorption tier verwundeten Linse) die Iris schlottertc, so musste eine andere Entstehung der NetzhautablSsung, als die dutch Zug schrumpfender GlaskSrpertrtibungen, vorausgesetzt werden. In einem andern Falle ,sar oph- thalmoseopisch eine nachtriiglich entstandene 1%tzhaut- ablSsung nachweisbar.

Am 24. Marz 1866 stellte sich der 18j/ihrige hrbei- ter C. H. yon Deizisau vor. Vor 8 Stunden war ihm beim Zusammennieten yon Einsenbahnschienen etwas in's rechte huge geflogen. An dem Rande der Hornhaut in- nen-unten eine senkrechte, scharfe Wunde yon 11/2'" L/inge, kleiaer prolapsus iridis. Im Grunde des so ent- standenen Coloboms sieht man mit dem hugenspiegel den stark gliinzenden fremden KSrper. Es wurden nach

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aussen-hinten gegen die Peripherie des Glask6rpers zu einige leichte Triibungen wahrgenommen, aber, da der fremde Kih'per gefunden war, nicht weiter auf diese Ver- hMtnisse geachtet. S. < 1 keine Gesichtsfeldbeschritn- kung. Der Versuch, den fremden K6rper nach einiger Erweiterung der Wunde zu extrahiren, misslang, er wurde nur nach unten geschoben und entzog sich dem Blick. Es stellte sich sehr geringe Reaction ein, so dass Patient nach 13 Tagen Aufenthalt in der Anstalt geheilt ent- lassen werden konnte, freitich mit geringer Abnahme der centralen Sehschi~rfe; diese wurde durch eine leichte dif- f~lse Glaskiirpertriibung verursacht, welche letztere dem operativen Eingriff zugeschrieben wurde. 3/4 Jahre spii- ter sah ich den Patientcn wieder. Die centrale Seh- schiirfe ist e in wenig gestiegen, leichte strichf6rmige Linsentrfibungen yore untern Rande ausgehend; diesel- ben behindern den ophthalmoscopischen Einblick nicht. Der Glaskiirper durchaus rein, ~Nach aussen und hinten eine sehr ausgebreitete 5~etzhautabliisung; dieselbe er- streckt sich seitlich bis auf die ophthalmoscopisch nicht raehr fibersehbaren Retinatheile. In der Richtung auf die Skleralnarbe hSrte sic weit vor dieser sehon auf. Mit der Skteralnarbe konnte sie also in keinem urs~tch- lichen Zusammenhang stehen, um so weniger, als diese vor der Gegend der ora serrata aufhiirte. Glask6rper- triibungen waren keine vorhanden. Es bleibt also keine Wahl, als die nachtragliche Entstehung der Netzhaut- ablfisung, und zwar an dieser eigenthiimlichen Stelle fast diametral der Skleralwunde gegentiber, mit einer Ver- letzung zusammenzubringen, welche in Folge des Ein- dringens des fremden Kiirpers vis-a-vis seiner Eintritts- stelle in den innern Membranen entstanden war. Da ich in diesem Falle noch besonders wegen der Sch~irfe der Wunde eine Zerreissung dutch Contrecoup ffir unmiig- lich halte, so glaube ich, dass reich die frtiher angefiihr-

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ten anatomischen Thatsaehen berechtigen, auch hier eine direkte Verletzung der hintern Bulbuswand anzunehmen, resp. der an Stelle der Yerwundung spater sich ent- wickelnden Schrumpfung die Entstehung der Netzhaut- ablSsung zur Last legen zu dilrfen.

Ob der Gang des fremden KSrpers mit der Genese der sympathischen Erkrankung des zweiten Auges in ir- gend welchem Zusammenhange steht, dariiber gebcn meine wenigen Beobachtungen keinen Aufschluss. Es lasst sich nur die Vermuthung aussprechen, dass Verletzungen des Ciliarmuskels leichter Iridocyclitis induciren werden. In der That fund ich weuigstens in 2 Fallen bei sympathi- scher Theilnahme des andern Auges den Ciliarmuskel verletzt. Es sind dies zuf~tllig die beiden einzigen Falle, in welchen ich bei gleichzeitiger Anwesenheit sympathi- scher Symptome, welche abet jedesmal noch nicht zur wirklichen Entziindung gediehen waren, iiberhaupt ge- nauere 5Totizen fiber den Gang des fremden K~rpers besitze. Uebrigens ist die Procentzahl sympathischer Affectionen, welche ich bei Gegenwart eines corpus alienum im Auge beobachtete, nicht so gross. Unter den 26 Fal- len wurden sie nut fiinfmal wahrgenommen. Vielleicht ware diese Zahl grfsser, wenn ich nicht den Grundsatz befolgte, friihzeitig zu operiren. In diesem Grundsatze bestarkten reich die angeftihrten Beobachtungen, inso- fern als sie uns lehren, dass wit arch in denjenigen F~lleu, in welchen das Auge nicht durch Entziindung zu Grunde geht, niemals auf eine dauernde Erhaltung der Sehkraft mit Sicherheit rechnen diirfen; an diesem nach- traglichen Verlust der Sehkraft ist, wie ich glaube, zum Theft der nachgewiesene Gang des fremden K5rPers Schuld, d. h. die haufige Verwundung der Retina und Chorioidea.