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XVIII. Ueber den Pulsus alternans. Eine klinisch-experimentelle Studie. ~70n Dr. ffulius Sehreiber, Assistonz-Arzt ~n der medieinischen Universit~tsklinik K6nigsberg (i. Pr.). Im Laufe der letzten drei Semester hatte ieh in der Klinik des Herrn Prof. Naunyn Gelegenheit, in zwSlf Krankheitsfiillen den Pulsus alternans oder bigeminus zum Theil eine reeht lange Zeit hindureh zu beobaehten. Gleieh der erste Fall, bei dem diese Pulsart hervortrat, gestaltete sieh in mannigfaeher Weise so inter- essant, dass er mir Veranlassang wurde der Frage naeh seiner Ent- stehung etwas nigher naehzuforsehen. Im Naehstehenden habe ieh es versueht, meine klinisehen Beobaehtungen und die zu ihrer Unter- sttitzung gemachten Experimente, so welt sie der Beantwortung dieser Frage zu dienen im Stande waren, zusammenzustellen. Ieh nehme hierbei Gelegenheit Herrn Professor Naunyn ftir seine bereitwilligste Ftirderung meiner Arbeit meinen besten Dank abzustatten. In derselben werde ieh reich aussehliesslieh auf die Erkliirung der vorgenannten pathologisehen Pulsph~nomene beschr~tnken und auf einige wenige vielleieht sonst wtinsehenswerthe Erkl~irungen der Zeiehnungen in einer zweiten Untersuehungsreihe zurttckkommen. Die beigegebenen Cnrvenzeiehnungen sind zum Theil mit dem Marey'sehen Sphygmographen~ zum Theil mit dem Marey'sehen Car- diographen gewonnen; weleher yon den beiden Apparaten in An- wendung gezogen, werde ich an den einzelnen Zeichnungen dutch die Beisetzung des Buchstaben C. oder S. vermerken. Ueber die Art tier Anwendung des Narey'sehen Cardiographen zuniichst ftir meine Untersuchungen some tiber die Berechtigung,

Ueber den Pulsus alternans

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XVII I .

Ueber den Pulsus alternans.

E i n e k l i n i s c h - e x p e r i m e n t e l l e Studie.

~70n

Dr. ffulius Sehreiber, Assistonz-Arzt ~n der medieinischen Universit~tsklinik K6nigsberg (i. Pr.) .

Im Laufe der letzten drei Semester hatte ieh in der Klinik des Herrn Prof. N a u n y n Gelegenheit, in zwSlf Krankheitsfiillen den Pulsus alternans oder bigeminus zum Theil eine reeht lange Zeit hindureh zu beobaehten. Gleieh der erste Fall, bei dem diese Pulsart hervortrat, gestaltete sieh in mannigfaeher Weise so inter- essant, dass er mir Veranlassang wurde der Frage naeh seiner Ent- stehung etwas nigher naehzuforsehen. Im Naehstehenden habe ieh es versueht, meine klinisehen Beobaehtungen und die zu ihrer Unter- sttitzung gemachten Experimente, so welt sie der Beantwortung dieser Frage zu dienen im Stande waren, zusammenzustellen.

Ieh nehme hierbei Gelegenheit Herrn Professor N a u n y n ftir seine bereitwilligste Ftirderung meiner Arbeit meinen besten Dank abzustatten.

In derselben werde ieh reich aussehliesslieh auf die Erkliirung der vorgenannten pathologisehen Pulsph~nomene beschr~tnken und auf einige wenige vielleieht sonst wtinsehenswerthe Erkl~irungen der Zeiehnungen in einer zweiten Untersuehungsreihe zurttckkommen.

Die beigegebenen Cnrvenzeiehnungen sind zum Theil mit dem Marey'sehen Sphygmographen~ zum Theil mit dem Marey'sehen Car- diographen gewonnen; weleher yon den beiden Apparaten in An- wendung gezogen, werde ich an den einzelnen Zeichnungen dutch die Beisetzung des Buchstaben C. oder S. vermerken.

Ueber die Art tier Anwendung des Narey'sehen Cardiographen zuniichst ftir meine Untersuchungen some tiber die Berechtigung,

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die mit diesem Instrumente gewonnenen Curven den sphygm~gra- phisehen gleichzusetzen, anch dartiber werde ich an einer anderen Stelle ausfUhrlich eingehen. Ich unterlasse hier die bezUgliehen Aus- einandersetzungen, um zu weitgehende Er~rterungen zu meiden, und weil die in den fraglichen Pulsbildern bestehendcn Difierenzen wenn sie tiberhaupt vorhanden, far die yon mir behandelte Frage yon absolut untergeordneter Natur sind.

In der ersten meiner Beobachtungen handelte es sich um ein 16jahriges Madchen, A. N:~ das bis ein Vierteljahr vor ihrer jetzigen Erkrankung vollstandig gesund gewesen sein will. Um diese Zeit erkrankte sic an einem Unterleibstyphus, weswegen sic 6 Wochen auf unserer Klinik behandelt wurde. Kaum entlassen erkrankte sic $ Tage sp~ter yon Neuem und zwar unter den Erscheinungen einer ziemlich heftigen Pericarditis. Nachdem dieses Leiden, an dem ich sic selbst zu behandeln Gelegenheit hatte, nach mehreren Wochen sich fast vollstandig gebessert hatte, begann schnell hinterher bei der Kranken sich dauerndes Herzkloptbn einzustellen, das haufig mit grosser Athemnoth und Stichen in der Herzgegend verbunden war. Da diese Beschwerden sich allmahlich steigerten und andere schwere Erscheinungen hinzutraten, wurde ihre abermalige Authahme in die reed. Klinik am 26. Februar v. J. veranlasst.

Die Patientin wird in die Klinik unter den Erseheinungen hSch- ster Dyspnoe aufgenommen; zu Bert gebraeht vermag sic nur in aufrecht sitzender Stellung die angeblieh grossen Qualen yon Luft- hunger mUhevoll zu ertragen. Die Respirationsfi:equenz ist sehr vermehrt (50 pr. Minute), dabei oberflachlich und im rein costalen Typus. Die Veranderung dieser Lage in irgend welcher Richtung steigert die genannten Beschwerden soweit tiberhaupt noeh m~glieh. Geringes Oedema supra malleolos. Temperatur dem Geftthl naeh nicht erhSht. Puls 130 pr. Minute, unregelmassig, zeitweise aus- setzend, sehr klein und weich, massig celer. Gesicht lebhaft ge- r~thet und stark cyanotisch, letzteres desgleiehen bezUglich tier Lippen. ttalsvenen wenig gesehwellt, nieht pulsirend, schwache Pulsation tier Carotiden. Die Percussion ergibt eine Vergr~sserung Lder tierz- d~mpfung nach links sowie nach rechts. Die Palpation lasst einen kr~ftigen Herzehoe erkennen, der 'eigenthUmlich gegens~tzlieh dem sehr kleinen und weichen Pulse scheint. Dabei ist die Herzaction tiber allen Punkten hSchst unregelmassig und an der gewShnlichen Stelle tier nicht ganz abgrenzbaren Spitze h~ren sich die etwas dumpf

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und verschleiert seheinenden T(ine im Rhythmus etwa eines kurzen beginnenden Wirbels an. Folgendes Versschema wtlrde ungef~hr die Folge der vorgenannten Auscultationsphiinomene graphisch dar- stellen:

Zeitweise tritt an der Spitze ein Geri~usch hervor, fiber dessert Zugeh~rigkeit zur systolisehen oder diastolischen Herzphase man zur Zeit niehts Bestimmtes auszusagen vermag.

Ord.: Inf. digit. 1~0/200,0 2stdl. 27. 2. Die Action des Herzens ist heute noah nahezu dieselbe

wie Tags vorher. Die einzelnen Herzschllige seheinennicht gleich. Dcr Pals ftihlt sicb fast dicrotisch an und scheint der dicrotische ~achscblag das eine Mal etwas spat zu kommen, das andere Mal fast ganz zu fehlen. Die Anzahl der~elben betr~gt 45 pr. Minute (Ord. id.).

29. 2. Die Herzaction ist noch immer bescbleunigt. Bei der Palpation scheint es als ob zwei kurze Erhebungen hintereinander folgen and dann eine rclativ gr~issere Pause zwischen sich lassen, etwa iblgender Darstellung entsprechend:

~ , . J ~ . . . . . . . . . , 5 ' ~ ~ . . . . . . . . ~ , . ~ J . . . . . . . .

wobei die Punkte die rclativ verl~ngerte Herzpause andeuten sollen. Dasselbe ergibt die Auscultation, bei der gleicbzeitig ein deutliches systolisches Ger~usch an dcr Spitze vernommcn wird, das sowohl beim ersten wie bcim zwcitcn Spitzcnstosse auftritt and sich auch nach dem unteren Theile des Sternum fbrtpflaazt. Pals klein and yon frtihercr Beschaffenheit, etwa 100.

I. 3. Die orthopno'ischen Bcschwcrden haben etwas nachge- lasscn~ dcsgleichen die Schmerzcn in der Herzgegend. Die cigen- thtimliche Doppelschl~gigkeit des Herzens besteht auch hente noch und auf je zwci Erhebungen desselben ftihlt man einen relativ kraf- tigen Puls~ der scheinbar dicrotisch ist. Bei der Palpation tier Herz- gegend, sobald man die volle flache Hand tiber die Gegend zwischen Spitzenstoss und unteren Theil des Sternums legt~ ftihlt man, wie bald die Gegend der Spitz% bald die des Sternums mitehtiger hervor- tritt. Dem ersteren Choc cntspricht dcr kraftige Pals und so scheint es, als ob man durch Palpation und Auscultation am Herzen 102 Erhcbungen pr. Minute habe, denen 50 dicrotische Pulse an der Ra- dialis und an s~mmtlichen tibrigen der Palpation zuganglicben Ar- terien entsprechen. Bei genauerer Prtifung findet man jedoch das VerhKltniss so, dass auf den kraftigeren ersten Hcrzschlag der voile Radialpuls~ auf den zweiten schw~cheren die scheinbar dicrotische Erhcbung folgt.

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2. 3. Die Erscheinungen am Herzen sind fast ganz dieseiben. Der zweite Pulmonalton erseheint heut exquisit klappend and ist als solcher schon dutch die Palpation wahrzunehmen. Dabei kann durch die Auscultation wie durch die Palpation ein Unterschied in der Stiirke zweier aufeinander folgender diastoliseher Pulmonaltiine wahrgenommen werden der Art, dass der mehr klappende auf den vollen Radialpuls, der weniger klappende auf die scheinbare Dikrotie folgt. Der kriiftigere Puls entspricht scheinbar der Action des linken Herztheils, die zweite kleinere Welle der des rechten; doch ist aus- drticklich hervorzuheben, dass bei gesonderter Palpation beider Herz- gegenden man die Action in der linken stets deutlieh und yon fast gleicher St~rke ftihlt, w~hrend die Contraetionswelle nur das eine Mal sich auch mit besonderer Deutlichkeit auf die rechte auszu- dehnen scheint.

6. 3. Der Zustand der Patientin am heutigen Tage gestattet die Aufnahme eines ausftlhrlichen Status. Derselbe zeigt in der seehszehnjlihrigen Kranken ein fUr ihr Alter gut entwickeltes Mi~d- chert, mit dUnner, aber fester Musculatur, mit gutem Knochenbau und geringem Pann. adip.; auf der blassen, namentlich auf der Brust durehseheinenden Haut keine nennenswerthe Yeriinderung zeigend; ihre Temperatur nieht erhSht, keine erhebliche Dyspnoe, keine Oedeme. Pals regelmiissig, etwas ii'equent, klein, yon m~s- siger Resistenz und in seiner Htihe rhythmiseh der Art weehselnd, dass einer ht/heren Welle eine niedere folgt~ yon denen jede einer besonderen Ventrikelcontraction entsprieht. Pt. liegt in activer RUcken- lage mit etwas erhtihtem Oberktirper~ ist dabei heute bereits im Stande', diese Lage mit jeder anderen ohne Beschwerden zu ver- tauschen. Subjective Klagen sind zur Zeit nieht mehr vorhanden. Wangen sehr cyanotisch, desgleiehen die Lippen, in geringerem Grade die Zunge. Die Cyanose tritt am so deutlicher hervor, als die Wangen und die siehtbaren Schleimh~ute des Gesichts sehr anK- misch sind. Hals yon gewShnlicher Li~nge mit selbst bei Husten- stSssen nur undeutlich hervortretenden Venen~ dagegen mit deut- Hcheren Pulsationen der arteriellen Gefi~sse daselbst. Thorax etwas inspiratoriseh, sonst abet gut gebaut, im Axillartheil der linken Seite vielleicht etwas mehr ektatisch erscheinend. Mit Uebergehung der Details der im wesentlichen normalen Auscultations- und Percussions- verhi~ltnisse der Lungen beginnt links auf der dritten Rippe eine Diimpfung, die sich naeh abwiirts his in die gewi~hnliche Gegend des halbmondf6rmigen Raumes erstreckt; sie reicht nach rechts bis an den rechten Sternalrand, nach links geht sie in einem zur linkcn

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Sehulter ziemlich stark convexen Bogen zur Stelle des iSpitzenstosses. Letzterer ist im 5. Intercostalraum fast 1 '1 nach links yon der linken Mammillarlinie sehr deutlich sieht- und als verbreitert und hebend ftihlbar. Sobald man die volle Hand auf den unteren Theil der Herzgegend legt, fiihlt man deutlich, dass jeder sti~rkeren Erhebung und Senkung des Herzens eine etwas schwi~ehere folgt. Bei tier Auscultation hiirt man an der Spitze ein systolisches Gerausch neben einem systolischen und diastolischen Ton. Ersteres zeigt in Bezng auf seine Sti~rke einen gIeichen Weehsel wie die Action selbst. Dabei scheint es ausserdem bei der Inspiration e twas an Deutlieh- keit zu gewinnen. Dieselben Ergebnisse der Auscultation am unteren Theil des Sternum. An der Aorta und Pulmonalis kein Geri~usch zu constatiren; fiber letzterer der zweite Ton klappend. Das Ver- hi~ltniss zweier Pulserhebungen beztiglich ihrer HShe an der Radialis Carotis und Femoralis sowie der Wechsel im zweiten klappenden Pulmonalton sind dieselben wie bereits oben erwghnt. Abdomen wenig aufgetrieben.

Leber der Percussion nach in der Lin. mamm. 2 Finger breit den Rippensaum ttberragend. Lebergegend auf Druck nicht beson- ders sehmerzhaft.

Milz nicht vergr~issert. Urin spgrlich, saturirt, spec. Gew. 1~020, Spuren yon Eiweiss.

Es sei nur noch bemerkt, dass die Kranke am 22. April im Wesentlichen frei yon Beschwerden aus der klinischen Behandlung entlasseff worden ist. Ich behielt sic yon der Zeit ab in weiterer Beobachtung und habe sie in Zwischenri~umen yon 3 - - 5 Wochen, jedesmal mehrere Tage hintercinander sehen und untersuchen k~innen. Ich werde auf die Ergebnisse dieser Untersuchung noeh einmal weiter unten zurtickkommen~ well sieh bei diesem Krankheitsfall schliesslich noch andere sehr interessante und, soweit mir bekannt, bisher noch nicht beobachtete Erscheinungen herausstetlten.

Zuvor seien einige wghrend ihrer ersten Zeit in der Klinik yon der Kranken sphygmographisch gewonnene Curven kurz besproehen.

NO. 1.

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ADs dem vorangesetzten Status erfuhren wir~ dass in den ersten Tagen es schien, als ob zweien Herzstiissen nur ein Radialpuls folgte.

In der That besti~tigt die vorgestellte Curve das Ergebniss der Palpation. l~ur bei genauerer Betrachtung der oberen Curve (Ra- dialis) sieht man leichte Andeutungen einer kleiueren Pulswelle (a a) die ~zuniichst bei fltichtiger Beobachtung ftir Dicrotie angesproehen werden ki~nnte. Die hinterher gewonnene (untere) Herzcurvc yon der Stellc der ftihlbaren Spitze gibt ganz zuf~illig auch das vorge- nannte Verhaltniss des breiteren und enger begrenzten Herzchocs in den spitzwinkligen und breiteren Curvenzipfelu zu den vollereu und den scheiubar fehlenden Pulsen zu erkenncn. Dass diese trotz der verschiedcnen Zeit gefundene Curve zufiillig die richtige, werde ich weiter unteu an solchen, die mit Htilfe zweier Cardiographen am Herzen und an der Radialis synchron gezeiehnet worden, demon- striren kSnnen. Mit dem Abnehmen der Beschwerden wird die frtiher undeutliehe zweite Erhebung an der Radialis zu einem aleut- lichen, auf den zweiteu ktirzeren aber breiteren Herzchoe fallenden, kleineren selbstst~indigen Pulse bei a in No. 2.

No. 2,

NO, 9.

Die Curve ist yore unteren Theile des Sternums ffenommen. Wir hatten es somit mit einem regelm~ssiff alternirenden Pulse

zu thun, der der Zeichnung nach zuniiehst yon einem st~rkeren und schwiicheren Herzstoss abzuh~ingen schien. Da trat bei der Kranken ein deutlich sicht- und ftihlbarer Puls am Bulbus venae jugularis

No. 4. auf und gleich- zeitiff wurde die

s an der Radialis 2) geftihlte kleinere

zweite Erhebung wieder undeutIich uud fttr Stunden am Tage sogar

1) Ich habe gleichzej~ig yon der Carotis, Cubitalis und Femoralis Pulse ge- nommen, die sich alle wie die yon der Radialis verhielten, daher seien hier wie auch weiterhin die Ver~nderungen am RadiMpuls als allgemeiner Ausdruck der im Arteriensystem bestandenen Ver~nderungen gebraucht.

Ueber den Pulsus alternans. 323

ganz fehlend; im Gegensatz hierzu erschien der Bulbuspuls sehr deutUch und was am auffallendsten war, noeh einmal so hiiufig wie der an der Radialis, bezw. gleich hiiufig mit der Zahl der Herzstilsse.

Um Raum zu ersparen, will ich dieseu Puls bier nur allein ffeben. Ein Vergleieh mit den ersten beiden beleuchtet das Gesaffte zur Gentige. Dass es sieh hierbei etwa um eine Verwechsellang mit einem Carotis- oder Subelavialpulse handelte, daft wohl kaum eriirtert werden. Die anadikrotische Beschaffenheit des Venenpulses verr'~th uns zugleich, welehe andere St~rnng in der Mechanik des Herzens zu der frtlheren sieh hinzugesellt hatte, wie sie ausserdem ihre Aehnlichkeit mit den veto Herzen selbst gewonnenen Curven mit ihren abwechselnden Spitzen und mehr stumpfen Curvengipfeln deutlich erkennen liisst. Nach diesem Befunde war zu seiner Er- kli~rung der Gedanke an eine mSgliche doppclte resp. gesonderte Contraction des rechten Ventrikels vielleicht nicht yon der Hand zu weisen und hicrvon ausgehend versuchte ich yon der ~iussersten linken Begrenzung des Herzens sowie veto unteren Theile des Ster- nums Herzstosscurven zu gewinnen.

Die Curven ~~ ~" No. 5 u. 6 geben die Herzstosscur- s ven~ die erste vom unteren Theil des

Sternums, die ~n~r~r Tho~ ass Sternums. zweite yon der No., ~ussersten linken Begrenzung des Herzens. Hier- s naeh contrahirte sich dasselbe als Ganzes gleich h~ufig soweit Spitzonstoss 25. 3. 7ft. A.)Noum~n~ Sohr.

man aus der ~o. 7. Zeichnung 1)

schliessen durfte, s wiihrend die so- fort hinterher gewonnenen Curven No. 7 yore Venenbulbus und No. 8 yon der Radialis das vorgenannte Verhi~ltniss darboten.

1) Auf die ausftihrliche Deutung der auffallend starken Dicrotieen der ober- sten Curve werde ich ausftihrlich an einer anderen Stelle einzugehen haben.

A r c h i v fiir experiment. Pathologie u. Pharmakologie. VII. Bd. '23

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So. s. Doch ich will die Eri~rterung

s der Frage, ob man hieraus eine

Radialis 28. 3. 76. A. Neumann Schr. gesonderte Action des rechten Ventrikels, far die ja der mit den Contractionen des tierzens gleieh haufige Venenpuls zu sprechen sehien --anzunehmen bereehtigt war, zunaehst fallen lassen, um tier besseren Uebersicht wegen die weiteren Veranderungen am Pulse zu beendigen. Der- selbe gestaltete sich nun in Fol~e derart, dass bei ziemlieh gleich. bleibender Herzstosscurve der fftther ann~hernd gleiche Bulbuspuls deutlich alternirend zu werden begann. Mit dem Auftreten dieser Ver~nderung ersehien an tier Radialis die frUher haufig fehIende Dikrotie um so deutlicher nnd um so constanter als zweite kleine selbstst~ndige Pulswelle, je alternirender der erste war.

~o. 9.

No. 10.

Eine Woche ungefahr hielt der Venenpuls an; nach seinem Yersehwinden blieb der Radialpuls in der nachstehenden Weise, die Iterzaetion in der vorherigen Zeichnung bestehen.

~o. 1i. Diese Curve stammt v0m Tage der Entlas- s sung der Kranken aus der Klinik. Ich habe

um dem Verlauf der Ver~nderungcn mehr im Zusammenhang geben zU k~nnen, es vermieden, die einzelnen Tagesnotizen hier zn detailliren und fUge daher naehtr~iglich nur noch zur Beurtheilung der Er- scheinungen hinzu, dass die Kranke in den ersten vier Tagen ihres Aufenthaltes in der Klinik 2,0 Digitalis als Infus und hierauf iu den n~ehsten 14 Tagen eine Mixtur yon

Tinct. ferri pomat. 15,0 , digitalis 7~5

3 real t~iglieh 20 Tropfen verbraucht hat. W~hrend der naehsten 3 Monate, in denen sich d i e

Ueber den Pulsus alternans. 325

Kranke unter dem Gebraueh yon Blaud'sehen Pillen durchaus wohl fllhlte, sah ieh sie sehr h~tufig und constatirte an ihr jedes Mal den exquisitesten Pulsus alternans. Ganz vortibergehend trateu im Monat Juli wieder Athembesehwerdeu uud Herzklopfen auf, die nach einem mehrtagigen Gebrauch obiger Mixtur nachliessen. So oft die Kranke auch naeh dieser Zeit bei mir ersehieu~ land ieh den Pulsus alter- nans. Im Verlaufe der hKufigen Untersuehuugen ergab sieh ein grosser Wechsel in den Auscultationsph~tnomenen am Herzen: bald war ein leises-systolisches Ger~tuseh an der Spitze naehweisbar r ba ld fehlte dasselbe, w~ihrend der zweite Pulmonalton stets klap- pend blieb. Mit diesem Befunde habe ich die Kranke noeh vor wenigen Tagen gesehen und naehstehende Curve mit dem Cardio- grapheu aufgenommen.

No. 12.

Die obere Herzcurve') zeigt wiederum mehr spitz- und mehr stumpfwinklige Curvengipfel in regelm~sslger Aufeinanderfolge; da beide Zeiehnungen'gleiehzeitig gefertigt siud, die Federn beider Tambours senkreeht Ubereinander standen, so ist es auch gestattet die Ubereinanderliegenden Puls- und Herzzeichnungen in der Zeit aui~inander zu beziehen. Diese Relation best~t~gt mit aller Deut- lichkeit das yon mir aus der ersten Zeit abgeleitete Verh~tltniss des enger begreuzten uud des weiteren Herzstosses zum deutlich und zum weniger deutlich fiihlbaren Radialpulse.

Dieser Krankheitsikll zeigt uns unter Anderem somit einen nun fast ein Jahr hindurch bestehenden yon etwaiger Digitaliseinwirkung unbeeinflussten Pulsus alternans bei einem Ubrigens reIativ sehr gutem Befinden der mit dem welter unteu im Zusammenhang zu besprechenden Vitium cordis behafteten Person. Bei der Gelegen- heir werde ieh aueh auf die mSglichen Ursaehen obiger Pulsver- ~tnderung eingehen, nachdem ich zuvor die folgenden Krankheitsf~tlle in ihren Erscheinungsweisen detaillirt habe.

1) Die Herzcurve ist mit einer bier naehgearbeiteten mangelhaften Marey- schen Coquille gewonnen, daher die Zeiehnung weniger exact als die untere. Diese wie die folgende mit dem Cardiographen gezeichneten Curven Sind in um- gekehrter Riehtung wie die sphygmographischen zu lesen.

23*

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Es handelt sich in dem zweiten Falle um eine 34jahrige Frau, W. G., die bis vor 3 Jahren vollstandig gesund gewesen sein will. In der genannten Zeit fiel sie bei einem Sprung tiber einen Graben, wobei sie sieh angeblich das BrustschUd verletzte. In der weiteren Folge soil sieh im Verlaufe yon wenigen Wochen eine Gesehwulst in der rechten Seite des Leibes gebildet haben and der Leib und die Ftisse sehwollen an. Letzteres nahm bald unter dem Gebrauch yon Medicin ab; aber Herzklopfen und Stiche auf der Brust blieben seit der Zeit constant und wurden bei der massigsten K~rperan- strengung stets heftiger. An Rheumatismus hat die Kranke an- geblich nie gelitten.

Mittelgrosse Frau mit ziemlieh gutem Knochenbau und auch sonstigem ziemlich gutem Emahrungszustand; massige Cyanose des Gesichts, der Finger, der Zehen und des Fussrtiekens; an den Un- tersehenkeln sehr stark ektatisehe Venen. ttautfarbe sonst b!ass, Temperatur der ttaut nicht erhiiht, keine Dyspnoe, geringes 0edem der unteren Extremitaten. Die Kranke geht meist umber, nimmt bei der Untersuehung eine mehr sitzende Stellung ein, bevorzugt die rechte Seitenlage, weil bei der entgegengesetzten angeblich sofort Schmerzen und Stiche auftreten. Die subjectiven Klagen beziehen sich auf starke Sehwellung des Leibes und Herzklopfen und dadurch bedingte Schwache und Aengsflichkeit. Etwas leidender Gesichts- ausdruck, anamisehe Conjunetival- und Lippenschleimhaut. Am langen Halse treten die Jugularvenen als blaue Strange, der Bul- bus venae jugularis besonders bei Hustenstiissen als etwa wallnuss- grosser Tumor hervor; Vene und Bulbus pulsiren in noch naher zu bezeichnender Weise; sonst am tIalse niehts Abnormes zu verzeich- n e n . - Thorax in den seitlichen Partieen flach, in den mittleren hervortretend erinnert in vieler Beziehung an den paralytischen. Percussion und Auscultation der Lungen ergeben nut die Zeichen eines hSheren Standes der unteren Grenzen derselben, tterzdam- pfung beginnt auf der 3. Rippe 1 Zoll links yore Sternum, geht in etwas nach nnten schrager Linie tiber dieselbe hinweg, ist auf der nachstfolgenden Rippe bis fast 1 Zoll jenseits des rechten Sternal- randes zu verfolgen und halt sieh auf der 5. und6. um etwa Finger- breite auf dieser Seite des Brustbeines: Naeh links fallt die Grenze in einer etwas mehr steilen Linie, die yon der oberen bis zur Stelle des Spitzenstosses geht, allmahlieh ab, letzterer ist im 6. Intercostal- raume in einer Ausdehnung yon etwa 2 3 Fingerkuppen in der linken Mammillarlinie sicht- und fUhlbar; yon bier aus sieht man wellenfiirmig sich nach der oberen Grenze hinziehende rhythmische

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Contraetionen; bei der Palpation tritt an der Spitze ein sehr lang- gezogenes Fr6missement, dentlieh der diastolischen Phase angeh(irig hervor, dasselbe halt fast eine Seeunde lang an und ihm folgen eine normal lange systolische Ersehfitterung mit einer kurzen yon einem Fr~missement begleiteten diastolischen Einsenkung, auf diese wiederum sehnell hinterher eine zweite kurze Systole, worauf abermals mit jener vorher genannten langen Diastole dieses eigenthtimliehe rhyth- misehe Spiel sieh wiederholt. Vergleiehen wir mit dieser Herzaetion den Puls an der Radialis, sowie am Bulbus venae jugularis, so er- gibt sich folgendes Verhifltniss derselben zu einander: Der erstere ist sehr klein, miissig resistent, seheinbar regelmiissig und deutlieh dikrotiseh, letzterer kriiftig, hoeh und yon einer noeh einmal so grossen H~tufigkeit als der an der Radialis; aber schon palpatoriseh erkennt man, dass die Venenpulswellen in ihren HShen rhythmiseh weehseln. Mit der Herzaction vergliehen folgt der eigentliche Radial- puls der der langen Diastole hinterhergehenden systolischen Er- schfitterung des Herzens, wobei gleichzeitig auffiillt, dass die ver- meintliehe dikrotische Erhebnng genau der zweiten Systole des Herzens entspricht. Diese zweite kleinere Pulserhebung ist tibrigens zuweilen deutlieh, zuweilen aber nur kaum durch das Geffihl zu er- kennen. Die Anzahl der einzelnen Erhebungen des Herzens betragen in tier Minute 72, gleieh hiiufig pulsirt der Bulbus venae jugularis, wi~hrend der Radialpuls als dikrotischer aufgefasst genau halb so hi~ufig erscheint; indess mit Anerkennung dieser secundiiren kleineren Wdle als selbstst~tndige pulsatorische Erhebung wfirde der Radial- puls beztiglich seiner Sehl~tge mit denen an den Halsvenen und am Herzen gleieh stehen. Bei der Auscultation hsrt man an der Spitze zwei systolische kurze Ger~tnsche, zwisehen ihnen ein unbestimmtes knrzes, dumpfes diastolisches Auseultationsphi~nomen, beiden aber folgend ein lang gezogenes sausendes, sehr lautes diastolisches Ge- r~tusch, welches hier am stiirksten und fast ansschliesslich zu h(iren ist. Am unteren Theil des Sternum zwei kurze systolische Geri~u- sche, denen ein leises diastolisehes Sausen folgt. Ueber der Pnlmo- nalis in der Systole einen unrdnen, vielleieht ",'on einem kurzen systolischen Geriiusch begleiteten Ton sowie einen deutlich Map- penden diastolisehen; beide TSne erscheinen schwiicher mit und nach der zweiten systolischen Erhebung des Herzens. Fast das- selbe hi~rt man fiber der Aorta, nur ist der zweite Ton nicht klap- pend und das systolische Ger~iusch etwas deutlicher, dasselbe wie- derum wie hier und abermals schw~icher fiber der Carotis zu hSren. Es ist naehtrliglich noch hervorzuheben, dass die beiden systolischen

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Erhebungen an der Herzspitze yon anniihernd gleieher Intensitiit zu sein scheinen, wohingegen tiber dem unteren Theil des Sternums und tiberhaupt nach reehts hin der erste systolisehe Stoss nicht nur ganz erheblieh vor dem zweiten prlivalirt, sondern dass man bei gleiehzeitiger Palpation der ganzen Herzgegend den Eindruek be- kommt, als ob in der ersten Systole eine gleiehm~ssige Erhebung derselben, stattf~nde, w~hrend in der zweiten gewissermassen das Herz naeh reehts hintibergesehleudert wtirde, derart, dass die gr~fsste Intensit~t dieser Krafti~usserung mehr am 0rte des scheinbaren Ur- sprunges, d. h. nach links hin liege.

~bdomen auffallend stark gewiilbt zeigt eine gr~sste Circum- ferenz yon 130 Ctm., die Abdominalwandungen sind gespannt, auf Druek nirgends besonders sehmerzhaft, mit den gewShnliehen Zeiehen eines freien Fltissigkeitsergusses in demselben; infolge letzteres wird es zun~chst unmiJglieh die untere Lebergrenze zu bestimmen~ deren obere am oberen Rande der ftlnften Rippe in der Linea mammillaris gelegen ist. Milzdlimpfung mit Sieherheit nicht nachweisbar. Uxin sp~rlieh, saturirt, kein Eiweiss.

Mit Uebergehung der dazwischen liegenden Journalnotizen sei er- w~hnt, dass die Kranke am 5. Juni die Klinik zu verlassen wtinsehte; bis dahin waren die Erscheinungen am Herzen ftir Stunden bald so, dass zwei HerzstiJssen ein Radialpuls beziehungsweise ein grosset und ein kleiner folgte, wahrend am Bulbns venae jugularis zwei annahernd gleieh starke Erhebungen sieh zeigten, bald der Jugular- venenpuls weniger ausgepri~gt oder gar n icht Vorhanden war und dann der Radialpuls roller .und deutlicher alternirend ersehien, bald aueh eine andere nieht n~her zu bestimmende Unregelm~tssigkeit in der Herzaetion und in den Pulsen sich zeigte. Da der Aseites dutch keine der angewandten diuretisehen und diaphoretisehen Me- dieationen zu heben oder zu mildern war, so wurde an dem ge- nannten Tage die Punetio abdominis ausgeflihrt. Naehdem auf diesem Wege 12000 C.-Ctm. einer tibrigens reinen Ascitesfltissigkeit entleert worden waren, kam ein m~ssiger Lebertumor zum Vorschein~ der fast bis zum l~abel und naeh links bis fast zur verlangerten Mammillarlinie reichte; die Leber ftihlte sich resistent und an ihrem Rande abgestumpft an, auf Druek wenig sehmerzhaft. Dureh die Enfleerung fiel die Bauchwand so mitehtig ein~ dass man zwisehen dem oberen Lebertheil und dem Proc. xiphoides sterni ziemlieh tier mit den Fingerkuppen eindringen und yon hier aus den tiber dem Zwerehfell gelegenen Theil des Herzens mit ausserordentlieher Deut- liehkeit fiihlen konnte. Man erkannte hierbei, wie die erste systo-

Ueber den Pulsus alternans. 329

lische Ersehtitterung diesen Theil deutlich hervorw(ilbte, wahrend die zweite Systole gewissermassen ,nur als Fortpfianzung einer ent- fernteren und darum auch schwacheren Erschtitterung zur Geltung kam. An der Spitze des Herzens werden tibrigens auch heute beide Syst(~len mit gleicher Intensitiit geftihlt. Die Art und Weise des nach der Punction entstandenen Ausgleiches der bestandenen St(i- rungen der Circulation, soweit yon der Radialis und dem Bulbus venae jugularis her kenntlich, ergeben die yon ihnen gewonnenen Curven.

13. 6. Patientin geht umher, tr~ifft in der Lebergeffend eine mit kaltem Wasser geftillte Bleehflasche, Fdhlt sich im Ganzen wohler. Der Pnls ziemlich regelm~issi.g, 64 in der Minute, etwas vollGr, scheinbar nicht dikrotisch und gleich hiiufig" wig die Hcrzaction auf- tretGnd.

2-1. 6. Untcr der permanenten Eisblase auf der Leber hat diese ihre Schmcrzhaftigkcit verloren u n d i s t etwas kleiner geworden. Die Hcrzaction ist seit zwei Tagen fast ganz dig normale mit einer gerinfferen Haufigkcit; jedcm Herzstoss entspricht ein Puls an der Radialis, derselbe ist m~issig voll, ziemlich g'espannt nicht celer. Venenpuls night vorhandGn, ja die HalsvGncn kaum deutlich ausge- sprochen. An der tterzspitze ein systolischer Ton neben einem systolischen Gcr~tusch hSrbar, ibm folgcnd ein diastolisches Ger~usch. DiG Diastole ist nicht besonders lang, sondern entspricht mehr den gewiJhnlichen Verhi~ltnissen. Zwciter Pulmonalton klappend. Urin- secretion unvergleichlich reichlicher, zwischen 1400--1800 schwan: kend, Ascitcs hat sich nicht wicdcr angesammelt. Pat. wird aus der klinischen Behandlung cntlasscn.

Vergleichen wit diesen Krankheitsikll mit dem vorigen, so finden wir beiden gemcinsam das Missverhi~ltniss in der Schlagzahl d e s Herzens zur Anzahl der Arterienpulse. Auch hier schien Zun~tchst zwei systolischen ErhebungGn des Herzens nut eine an der Radialis zu cntsprechen; abet die Art und Weise, in weigher je zwei Herz- systolen auf einander folgten war wesenflich anders als im vorher- gehenden Fall. Die Systolen erschienen ganz auffallend kurz hinter einander, wie kaum bei der beschleunigtesten Herzaction, and waren yon der ni~chsten dritten und

No. 13. vierten Systole durch eine ganz aufi~llend lang anhaltende Dia- stole getrennt, s

Die beistehenden Curven :No. 13 und 15 v o n d e r iius-

330 X V I I I . J. SCHREIB~.

No. 14.

No. 15.

No, 16.

sersten linken Begrenzung des Spitzenstosses und beziehungs- weise vom untcren Theile des Sternums genommen zeigen die schnell hinter einander fol- genden zwei systolischen Er- hebungen~ die ihrerseits yon langen Diastolen eingeschlos- sen sin& BerUcksichtigt man ferner, dass auch bier in der Carotis (Pulscurve No. 14) nur ein ftlhlbarer Puls auf zwei Herzsystolen kam, wlihrend am Bulbus venae jugularis (Pulscurve No. 16) und der Vena jugularis, deren eben so viele erschienen, wie die Contractionen des Herzens,

v~,p,~s, o~tzoit. ~o. ~. ~u. s~h~. so lag abermals tier Gedanke an eine doppelte gesonderte Action des rechten Ventrikels nahe, um so mehr als in diesem Falle die gewonnenen Pulsbilder eine so auf- fallende Aehnlichkeit mit den yon L ey d e n 1) in der Neuzeit ver~if- fentlichten and in der genannten Weise gedeuteten zeigten. Aber bei genauerem Studium der yon der Carotis gewonnenen Curven zeigte sich constant die bei 2 ausgepriigte kleine Erhebung, welche der Zeit nach genau dem zweiten Herzstoss entsprach. War man nun berechtigt diese kleine Erhebung als selbststandigen Carotispuls anzusehen, oder beeinfiusste vielleicht die stark pulsirende Jugular- vene bier die Bewegungen beziehungsweise die Zeichnungen an der Carotis, wie w i r e s sonst umgekehrt hiiufiger finden.

~o. 17. Die nebenste- hende Radialis-

s curve (~o. 17) zeigt, dass diese mit der in Caro-

tiszeichnung der Lage nach and auch sonst libereinstimmende kleine Erhebung in der That i n der Arterie selbst zu Stande kam, dass wir in ihr somit einen rudimentiiren Puls besassen, der aus der zweiten der beiden kurz auf einander folgenden Systolen resultirte.

1) Virchow's Archly. Bd. 65. H. 2.

Ueber deu Pu l susa l t e r I l ans . 331

FUr letzteres sprach einerseits das in der Zeiehnung siehtbare mit der ihr vorangehenden Herzzeiehnung correspondirende n~ihere Heran- treteu der Erhebung 2 aa 1, der auf zwei folgende lang gezogene absteigende Sehenkel, sowie die im Status praesens notirten TSne tiber tier Aorta und in der Carotis zur Zeit der zweiten systolisehen Erhebung des Herzens beziehungsweise im Moment in dem diese kleine Erhebung sicht-und ftlhlbar zu Stande k a m - T~ne, die nur entstanden gedacht werden konnten, indem Blur mit der zweiten Systole in die Aorta hineingetrieben, in der Diastole gegen die Semilunaren derselben zurUckschlug, d. h. dass ein selbststtindiger Puls gebildet win'de. Dicse interessanten Erscheinungen am Herzen und am Pulse blieben Tage lang constant bestehen, wiihrend sie au anderen Tagen ftir viele Stunden einer mehr unregelmtissigen Pul- sation Platz machten, deren graphische Darstellungen hier wohl iibergangen werden ktinnen. Wi~hrend dieser Zeit wurde die Kranke mit Digitalis, dann mit andereu Diuretieis und Diaphoreticis behandelt, ohne einen wesentlich gtinstigeu Einfluss auf das Befinden derselben. Sogleieh naeh der Punktion (5. Juni) der AbdominalhShle gleiehzeitig mit dem Eintritt allgemeiner Besserung begann der Puls sich sehnell zu iindern: zuniiehst trat ein deutlieh pulsirender Lebertumor hervor, dessert Pulsationen in der Zahl mit denen der Jugularis tiberein- stimmten, letzterer selbst wurde deutlich alternirend, w~hrend die zweite kleine Erhebung in den Arterien kenntlicher auch ftir das Geftihl hervorzutreten begann. Die Herzaction crgab der zuerst ge- zeiehneten analoge Curven.

Von den folgenden drei Curven ist No. 18 yon der Jugularvene, No. 19 yon der Carotis, No. 20 yon der Cubitalis genommen.

No. 18.

No. 19.

332 XVIH. J. SCI-IREIBER

1~o. 20.

Es ist vielleieht nicht ohne Interesse eine Curvenzeichnung des zuvor erw~thnten Lebervenenpalses hier einzuschalten; sie ist yon der Gegend des rechten Lappens gewonnen~ um etwaige der Leber yon dem Herzen mitgetheilte Bewegungen m~igliehst ausschliessen zu kSnnen.

~o. ~1. Der Pals cha- rakterisirt sich als wirklicher in der Leberselbstdurch

s rhythmische Fill- lung und Enflee- rung derselben entstandener (und

offenbar hier dutch eine relative Tricuspidalisinsufficienz bedingter) Yuls durch seine deutlieh ausgesprochene Anadikrotie, die nieht veto angrenzenden Herztheil herrUhrte, well erstens derselbe zu entfernt lag, vet Allem aber~ well die veto Herzen selbst zu gleicher Zeit gewonnenen Curven keine Anadikrotie zeigen. Diese Bewegung der Leber als eine etwa noch yon der Bauehaorta mitgetheilte anzu- sehen ist darum nieht gestattet~ well die Pulsationen der Bauchaorta sich in der Femoralis kundgaben, diese aber sieh analog der obigen yon der Carotis verhielten. Die Leberpulsation bestand tlbrigens mit solcher Deutlichkeit nur ca. 2 Stunden and war nach einer pliitzliehen freudigen GemUthsbewegung aufgetreten.

Um jedoch zu den uns specieller interessirenden Pulsph~nomenen zurtiekzukehren, so wurden~ je wohler und i?eier yon Besehwerden sieh die Kranke ftihlte, die zweiten Erhebungen des bereits alter- nirenden Venenpulses desto kleiner sieh den anfangs abortiven~ in den Arterien nahernd, letztere selbst aber immer deutlicher zu deut- lieh fUhlbaren Yulsen ansehwellend.

~o. 22.

Ueber den Pulsus alternans. 333

I'{o. 23.

No. 22 yon dem Bulbus venae jugularis, :No. 23 yon der Art. enbi- talis gewonnenen Curven maehen es wohl tiberflUssig noeh die Ergeb- nisse der Palpation t iber den genannten Gefassen bier auseinander zu setzen, sie entspreehen eben dem, was die Zeiehnungen deutlieh zeigen,

Etwa 14 Tage naeh der Punktion war der Venenpuls an der Jugularis allmi~hlieh undeutlieh geworden and hatte sehliesslieh ant: geh~rt wie es der Lebervenenpuls bereits viele Tage vorher gethan hatte. Die Herzaetion wurde annahernd normal und nur hin und wieder zeiffte sich die Neigunff einzelner Iterzphasen mit einer ktir- zeren Diastole niiher aneinander zu treten und nur dann ersehienen auch am Pulse sofbrt Zeiehen des alternirenden.

Diese drei Cur- ~o. ~4.

yen, :No. 24 yon der aussersten

Begrenzunff des Spitzenstosses, s

:No. 25 yon der Art. cubitalis, :No. 26 vom unteren no. 25. Theile des Ster- nums sind solche

Durchschnitts- s curven aus den letzten Tagen des ~o. ,~_6. Aufenthaltes der Kranken in der Klinik; sie be- s leuehten das Vor-

hergesagte zur Oentige. Die Kranke veHiess hiernttch die Klinik, in die sie sehwer leidend auigenommen worden war , subjeetiv ausserordentlieh, aber aueh objectiv nieht unwesentlich gebessert. So welt i e h - beili~ufig - - vor wenigen Tagen durch eine Verwandte der Kranken riehtig benaehriehtigt bin, ftihlt sieh letztere noeh immer wohl und seheint der Aseites bei derselben mindestens nieht in der frtiheren Ausdeh- hung wieder hervorgetreten zu sein.

Den dritten hierher gehSrigen Fall babe ieh leider nur vortiber-

334 XVIII. J. SCItREIBER

gehend beobachten kiinnen; es betraf derselbe einen Lchrer aus der Provinz, der sich wegen zeitweise auftretender Ohnmachten in der hiesigen medieinischen Poliklinik vorstellte and bei dem es mir auffiel, dass die Herzaetion nach irgend erheblichen Bewegungcn sich in der eigenthiimlichen Weise ver~inderte, wie sic ftir den doppelten Spitzenstoss charakteristisch schien. In den niichsten Minnten ver- schwand das Ph~inomen jedoeh, um der gew~ihnliehen welter unten n~her zu bezeichnenden regelmiissigen Herzaetion Platz zu machen. Ich glaubte in dem Fall cine Vermittelungsform ftir die beiden hier allein in Frage kommenden Zust~nde: doppelter Spitzenstoss oder Pulsus alternans beziehungsweise eine Erkliirung fllr die Entste- hungsweise der letzteren erblicken zu diirfen. Eine mehrtiigige Beobachtung des Patienten in der Klinik hat~ wie das Weitere zeigen wird and wie ich glauben miichte, racine Vermuthung besti~tigt.

Der Kranke, Friedrieh E., 34 Jahre air, erziihlt, dass er his vor 7 Jahren im Wesentliehen gesund gewesen, damals eine Lungen- entztindung ttberstanden and seitdem bis zum Herbste vorigen Jahres sich wieder wohl befanden habe. Um diese Zeit stellte sich beim Steigen yon Treppen, beim Btlcken oder stiirkeren Kiirperbewegungen ein Geflihl yon Druek in der Magen- and Lebergegend ein, das ihn bis heute nicht mehr verlassen hat. An Kurzathmigkeit, Stichen auf der Brust, Herzklopfen, hat Patient angeblich hie gelitten; da- gegen hat sich ~fters ein so starkes Schwindelgeftlhl gezeigt, dass der Kranke wiederholt in Folge hiervon umgefallen und fUr kurze Zeit das Bewusstsein verloren haben will. Im letzten Winter hat Patient in seinem Auswurf zweimal etwas hellrothes, schaumiges, sparliches Blut bemerkt. Der Kranke ist tin mittelgrosser, sehr kr~tftig an- gelegter Mann yon gutem Erniihrungszustand, die Hautfarbe sehr blass, die Respiration ruhig oberfliichlich, ~eder Cyanose noch Oedem; Pals auffallend langsam~ 26 in der Minute, hoch, roll, langsam an- steigend~ mit ziemlich erheblicher Resistenz. Auf der H(ihe des Pulses erfolgen einige kurze Vibrationen, so dass man yon dem- selben eigenflich night als yon einem langsamen sprcchen kann, denn es hat der palpirende Finger das Geftihl, als ob die Arterien- welle zu einer bestimmten Hiihe schnell ansteigt, hier angelangt aber einige sehnelle Vor- and Rtiekwiirtsbewegungen mache, hierauf ziemlich sehnell mit sehliesslich abnehmender Geschwindigkeit abfalle. Es ist dieses Phiinomen an allen der Palpation zug~ngliehen Arterien mit grosset Deutliehkeit ftihl- an den Carotiden auch noeh siehtbar. - - Die active Rtiekenlage, die der Kranke zar Zeit der Untersaehung wegen einnimmt, kann er mit jeder anderen Lage besehwerdelos

Ueber den Pulsus alternans. 335

weehseln, doch hebt er ungefragt hervor, dass er die linke Seite im Oanzen bevorzuge. Seine Subjectiven Besehwerden beziehen sieh auf ein Druekgeftihl in der Magen- und Lebergegend. Bei weiterem Nachfragen erganzt Patient seine anamnestischen Angaben dahin, dass er seine eigenthUmliehe Herzaction bereits seit vielen Jahren kenne, dass dieselbe sigh allmi~hlieh entwickelt und sobald er sieh keiner anstrengenden Thatigkeit aussetze, ibm auch g.ar keine Be- schwerden welter bereite. Im entgegeugesetzten Falle dagegen traten

Herzklopfen auf, das Herz sehlage dann ganz anders und einzelne Herzsehliige fehlten manehmal ganz. Gesichtsfarbe sowie die sieht- baren Sehleimhi~ute des Gesiehtes sehr blass, Hals yon gew~hnliGher Lange, die oberfliichlichen Venen daselbst treten als schwach-blaue Linien, die bei Hustenst~ssen deuflieher werden, sichtbar hervor. Vor allen Dingen fiillt bier abet auf, dass die vordere Halspartie, yon den i~usseren Partien der Sternocleidomastoidei ab, rhythmisch und zwar mit jeder Herzsysto.le f6rmlich in die H(ihe getrieben werde. Es gibt sich bier beztiglich der Bewegung der pulsatorisch empor- geschnellten Halshaut das deutlich siGhtbar zu crkennen, was far die Radialis beztiglich tier Palpation beschrieben worden. Eine selbststiindige Bewegung der Venen ist night zu constatiren. - - Dcr Thorax mehr ektatisch gebaut zeigt eine Hervorbuekelung der linken Seite sowie der linken Halfte des Sternums yon der zweiten bis incl. sechsten Rippe yon der Median- und Mammillarlinie seitlich begrenzt, diese Voussure tiberragt eine dutch die normalen Brustpartien ge- legte Ebene in ihrer h(iGhsten H~ihe um etwa 1 bis 11/2 Ctm. Sonst zcigt der Thorax und cbenso die Perkussion und AusGultation der Lungen ausser auf der linken vorderen Seite keine Abweichung yon tier Norm. Die Herzd~mpfung beginnt linkerseits unterhalb der zweiten Rippe, und zwar his zur vierten Rippe mi~ssiff, yon hier bis zur sechsten Rippe intensiv gediimpft; die D~mpfung beginnt oben etwa 2 Ctm. vom linken Sternalrand entfernt, geht als linke Be- grcnzung in einer yon hier durch die Mammilla gelegten sehragen Linie, die an der Stelle des Spitzenstosses im ftinften Intercostalraum endigt. Nach rechts ist die Diimpihng tiber die Medianlinie hinaus nicht mit Sicherhcit zu verfolgen, dagegen reicht sie ziemlieh hoeh hinauf l~ings des Sternums. Der Spitzenstoss ist im ~iinften Inter- costalraum in der Linea mammillaris ziemlich diffus und massig und doch circumscript und kr~ftig zu Ftihlen. Die durch die vorgenannten Linien begrcnzte Herzgegend tritt als mi~ehtige Voussure, die liingliGh und schri~g" Yon links unten naGh rechts oben erscheint, hervor. Ueber dem oberen Theil des Sternums ftihlt mad ein systolisches Fr6mis-

336 xvIII. J. SCHREIBER

sement, das mit einer gr~sseren Deutlichkeit in der Fossa jugularis und an den Carotiden hervortritt; in ersterer sind ausserdem noch deutlichr Pulsationen slcht- und ftlhlbar. Die Herzaction ist sehr langsam and regelmassig, aber zeitweise verandert sic sich derart, class auf eiaen langeren Herzchok ein zweiter kiirzerer folgt and hinter diesem eine lange anhaitende Diastole. Diesen beiden Spitzen- st~ssen entspricht bei der oberflaehlichen Prttfung des Pulses nur eine, wie es scheint, sehr ausgepragte dikrotische Pulswelle; bei genauerer Prtlfung indess finder man, dass die scheinbare dikrotische Erhebung dem zweiten Spitzsnstosse in der Zeit in der gleichsn Weiss nachfolgt, wie es der Radialpuls in dieser Beziehung gsw~hn- lich that. Bei der Auscultation an der Spitze ein langgezogenes systolisches Gerauseh neben einem dumpfen systolisehen Ton, ein kurzer diastolischer Ton. l~ach dem unteren Theil des Sternums zu wird zunachst dieses systolische Ger~usch ktirzer, tonartiger, auf demselben hingegen tritt wiederum sin sehr lautes systolisches Ge- r~iuseh hervor, alas nach oben bin an 1Vfiiclitigkeit zuuimmt, and mit besonderer Deutlichkeit auf dem Manubrinm sterni erseheint. Von hier aus ist dasselbe naeh reehts und links hin in ziemlich welter Ausdehnung zu veriblgen, welter indess nach reshts bin. In der Gegend der Pulmonalis ein kurzes systolisehes Geriiusch, ein kurzer zweitsr Ton; dasselbe im zweiten Intereostalraum reehts I Zoll yore rechten Sternalraud entfsrnt. Ueber der Carotis in der Fossa jugu- laris ein sehr lautes systolisches Gerauseh. Sobald nun jener vorher genannte eigenthtimliehe Weehsel der Herzaetion eintritt, h~rt man an der Spitze nach dem ersten systolischen Ger~usehe drei kurz hinter- einander folgende etwas dumpfe TSne, entspreehend einer Diastole, Systole, Diastole; dasselbe ist schw~cher tiber dem unteren Theil des Sternums and ebenso, nut etwas ktirzer, tiber den Carotiden zu h~ren. Im zweiten Intereostalraum links scheint hierbei der zweiten Systole ein kurzer Ton zu entspreehen. Ueber der Cubitalis ein deutlisher gedehnter systolischer Ton, tiber der Femoralis ein pau- kendsr systolischer Ton. Deutlicher Capillarpuls am Nagelbett s~mmtlicher Finger. Von welter hierher gehSrigen l~Iotizen aus dem Status sei noeh erw~hnt, dass das systolische Ger~usch auch l~ngs der Wirbels~ule und namentlich linksdeutlish zu hi~ren ist, dass keine Schmerzen beim Schlucken bestehen, kein erheblichss Druck- gefithl, die Stimms dagegen rauh und heiser klingt, ohne dass eine besondere sntziindliehe Affection des Kehlkopfes nachzuweisen w~re.

Was zun~chst die Diagnose dieses Falles betrifft, so glaube ich ohne erheblichen Zwang als den wesentlishen hier bestehenden

Ueber den Pulsus alternans. 337

Yierzfehler ein Aneurysma der Aorta aseendens und des Areus aortae wohl annehmen zu dUrfen, wenigstens scheint mir dafiir die Art der Vonssnres und tier both auf das Sternum sieh hinanfziehende, wenn auch nur schwaehen D~mpfung, das sehr laute systolische Ger~useh ttber der Aorta bei einem sehr vollen hohen resistenten Pulse und bei einem cxquisiten Capillarpulse, sowie die massig deutlich aus- gesproehene Versp~tung s~mmtlieher Pulse, das nachtr~glich bier noch Erw~hnung finden mag, und vielleicht die etwas rauhe stimme des Kranken zu spreehen.

Dieser Kranke zeigte nun ftir gewShnlich, wie schon angedeutet, eine sehr langsame Herzaction. So oft er aber sich nur mlissigen kSrperlich anstrengenden Bewegungen aussetzte, was er zur Unter- suchung wiederholt that, dann trat ftir 5--10 Minuten eine Action am Herzen und ein Puls an den Arterien auf, die zu nachstehender graphischer Darstellung Veranlassung wurden. Ich glaube kaum zur Erklarung der folgendcn Pulsbilder, yon denen 1%. 27 den Spitzenstoss, No. 28 den Cubitalpuls, No. 29 den Herzstoss am un- teren Theil des Sternums darstellt, etwas hinzufiigen zn miissen; zu bctonen wiire vicllcicht noch die Abweichung dicses Falles yon den beiden vorigen, dass bei ihm wcder ein mit der Herzaction gleich haufiger noch tin Venenpuls tiberhaupt je- reals constatirt werden konnte, s

Von dem zuletzt er- wtihnten Gesichtspunkte aus sei es gestattet, hier nur noch einen Fall mit m~glichster Ktirze anzu- ftigen. Es betraf der- selbe einen Grenzsteucr- beamten, Gustav B., der im Wesentliehen stets ge- sund gewesen sein will; im December vorigen 3ahres sei sein jetziges Leiden, das er auf h~ufige Erk~ltung als Ursache be- zieht, unter den Ersehei- nungen yon Athemnoth n. Brustbeklemmung u. spa-

I'7o. 27.

No. 28.

No. 29.

338 XVIII: Z. SCHREIBER

terer Schwellung dcr unteren Extremitaten aufgetreten. Der Kranke ist ein gut gebauter, kraftig angelegter Mann .in ziemlieh gutem Ernahrungszustande; die Hautfarbe ira Gesicht cyanotisch, im Uebri- gen anamisch. Deutliches Oedem der unteren Extremit~te~ his zum Knie, der Puls sehr frequent, regelmassig, klein und weieh. Patient liegt in activer RUckenlage mit etwas erh~htem OberkSrper, meidet die linke wegen hierbei auftretender Beangstigung und wahlt mit Vortiebe die rechte Seitenlage. Man findet den Thorax sich un- gleich ausdehnend, die reehte Seite scheint bei der Respiration sich gar nicht zu betheiligen. Wir finden an ihr die gew~hnliehen Zeichen eines sehr hochgradigen pleuritischen Ergusses, wahrend links hinten normale Auscultations- und Perkussionsverhaltnisse bestehen; links vorn in der Fossa supraclavieularis und im ersten Intereostalraum normaler Lungenschall, desgleichen im zweiten. Auf der dritten Rippe beginnt eine Dampfung, die bald absolut wird und so bis zur seehsten Rippe anhalt, diese Dampfung ist naeh rechts bin wegen des bcstehenden hochgradigen reehtsseitigen pleuritis.chen Ergusses nicht abzugrenzen, l~aeh links zieht die I 1/2 Ctm. yore linken Ster- nalrand beginnende obere Dampfung in einer zur Schulter schwaehen Bogenlinie, die sich 2--21/~ Ctm. yon der linken l~Iammillarlinie naeh aussen entfernt halt, zur Stelle des Spitzenstosses hin, der in der gleiehen Entfernung yon dcr Mammilla im tllni~en Intereostalraum gelegen ist, derselbe ist nut undeutlieh ftthlbar und man h~rt ttber ihm neben zwei leisen und wie es seheint reinen T~nen ein in der Exspiration besondcrs hervertretendes , mehr schabendes Gerausch, das an keine tier beiden HerZphasen sich genau bindet. Sonst sind tiber dam Herzen nut auffallend leise T~ne zu h~ren, Abdomen mit fiaassigem aseitisehem Erguss; die wenig sehmerzhafte Leber die l~abellinie erreichend; der Urin sparlieh, yon hohem specifischen Gewicht und Eiweiss ~nthaltend.

Die aus dem Status hier gcgebenen Daten genUgen, um die far die Circulation wichtigsten Veranderungen~ die hochgradige Pleuritis und einen Erguss im Perieard ais Diagnose nennen zu dUrfen. ]~it diesem Befunde wurde der Kranke am 11. Februar d. J. in die Klinik aufgenommen. Am 21. waren die Erscheinungen dieselben, der Puls sehr frequent bis 140 und darttber, worauf hin dem Kran- ken ein Digitalisinfus yon 1,0:170,0 mit Tartarus depuratus 10,0, 2stdleh. 1 Essl. verordnet wurde. Puls und Herzaction waren his dahin regelmassig gewesen, wie die Curve 1~o. 30 (s. S. 339) zeigt.

Ieh gebe diese!be n u r bier wegen der systolischen Einziehung, um zu zeigen, dass dieselbe bcreits vor der nachsten Veranderung

Ueber den Pul~us alternans. 339

:bestanden habe. Am 23. hatte die Dyspnoe etwas zugenommen und Abends sehien der Puls yon 140 bis auf zwisehen 70 und 80 her- ;untergegangen zu sein; aber bei genauerem Zuftihlen dos Arterien- puIses zeigte siehjene kleine ~o .~0. Wdle zwisehen zwei Pulsen~ die mieh sofort veranlasste die Herzaefion genauer zu nntersuehen~ die aber naeh o wie vor fiber 140 Sehlage darbot. Es war somit abe> mals ein Pulsus alternans aufgetreten. Am iblgenden Tage (24. Febr.) wurden aus der rechten Pleurahiihle 1500 C.-Ctm. einer hellen gelblichgrtinlichen FlUssigkeit entleert. Die Digitalis wurde in der vorgenannten Dosis walter gebraucht. Die an diesem Tage aufgenommene sphygmographisehe Curve ergab folgende Zeieh- hung, in der die obere von der Radialis~ die untere yon der Stelle des Spitzenstosses stammt. Bis zum 26. Melt diese eigenthiimliehe tierzaction an, sie schwand an dem genannten Tage unter zuneh- mender Diurese und unter Abnahme der Anzahl der Pulse auf 90 in der Minute; der Puls wurde roller und etwas resistenter, bei Fort- gebrauch des vorgenannten Digitalisinfus. Bis heute (2. Marz) ist der alternirende Puls nicht wieder aut~etreten~ obwohl die Behandlung noch immer diesclbe ist.

No. 3l,

+," i,..-~'~'{'+~'-~\~0./> ~,~<~!#N.,

Bisher habe ieh kS versuoht mit Htilfe der l?lerz- und Puls- eurven die Entwieklung der kleinen zuweilen eben nur angedeuteteu zweiten Erhebung im absteigenden Sehenkel der Arterieneurven zum deutliehen Pulsus bigeminus oder alternans naehzuweisen; aber es wi~re vielleieht immer noeh der Einwand gestattet, dass diese Er- hebungen als sogenannte Rtickstosselevationen L a n d o i s ' , grosse Aseensionen W o l f f ' s oder als Theile des gew0hnliehen di- oder trikrotisehen Pulses angesehen werden k(innten. G e r h a r d * ) sagt

1) Lehrbuch der Auscultation u. Perkussion. 1876. S. 88. &rcMv fiir experiment. P~thologle u. Pharmakologie. $~II. B4. 24

340 XVIII. J. SCHREIBER

z. B. in der neuesten Auflage seines Lehrbuches noch ganz direct: ,eine andere seltene, abel" interessante Begrtindungsweise desselben (des P. d i c r o tu s) findet sich mit manchen Fallen yon doppeltem Herzstosse vor und beruht darauf, dass die Systole des linken Ven- trikels in zwei Absiitzen effolgt", wahrend T s e h i r i e w 1) eine ahn- liche Herzthatigkeit fur das Zustandekommen des Pulsus bigeminus in Anspruch nimmt; derselbe ,,ist ein einfach verlangsamter Puls, bei dem die Herzkammer sieh peristaltisch eontrahirt". Dieser Zweifel schwlndet indess vollends durch die experimentell und dutch Beob- achtungen an Kranken gesttltzte Definition des dikrotischen Pulses gegentiber dem alternirenden oder Pulsus bigeminus: als ersteren be- zeiehnen wir einen aus einer primaren grt/sseren und einer seeun- diiren geringeren Welle bestehenden Puls, dem nut eine Contraction des Herzens entsprieht; als Pulsus bigeminus bezeichnen wir das Ph~nomen, sobald die zweite Welle - - w i e gross oder klein sic aueh sein mag - - einer zweiten der ersten gleieh starken oder sehw~- eheren Herzcontraction entspricht. Diese Forderung haben wir in unseren Fallen yon Anbeginn der kleinsten Erhebung bis zu ihrem Wachsen stets erflillt gefunden. Aber es ktinnte vielleieht die Puls- welle an den Arterien ihrerseits ihren gewiihnlichen dikrotischen Ver- lauf genommen, wahrend trotzdem eine zweite Contraction etwa nur des rechten Herztheiles sich zwischen eingeschoben und so die Dop- pelthatigkeit des Herzens ktinnte bewirkt haben; auf die Berechti- gung dieser Frage will ich gleieh ausftihrlicher eingehen, nachdem ieh zuvor noch aus anderen Momenten die obigen Pulse als alter- nirende gekennzeichnet. Wit wissen~ dass die jeweilige Lage der dikrotischen Erhebung eines Pulses za~ ~oX,i~ abhangig ist yon der Zeit resp. in der Zeichnung, die dikrotische Erhebung der Curve abhangig ist yon der Lage, in der der Schluss der Semilunarklappen erfolgt; dass die Lage der dikrotischen Erhebung somit, sobald wir die betreffende Arterieneurve unter die in Beziehung zu ihr stehende Herzcurve setzen, zwischen zwei Elevafionen der letzteren fallen muss; denn zwisehen denselben hat nothwendig eine Diastole id est eine Entfaltung der Semilunaren stattgehabt. Betrachten wir abet unsere obigen Curven yon diesem Gesichtspunkte aus~ so fallt die fragliehe Erhebung stets hinter die zweite der gezeichneten Herz- contractionen und ist somit nothwendig als Folge derselben id est als selbstst~ndiger Puls anzusehen, d. h. es handelt sieh um einen

1) Einfluss des Blutdrucks auf das Herz (Orig.-Mirth.). Centralbl. f. d. rood. Wissenschaften. No. 35. 1876.

Ueber den Pulsus alternans. 341

Pulsus bigeminus oder alternans. Aber wo immer eiu Puls, sei er auch noeh so gering, gebildet wird~ dtirfen wir wohl aueh die durch ihn bedingte Spannung der Arterienwand und den durch die rtiek- lliufige Welle bediugten Klappenschluss dutch die Auscultation naeh- weisen kiJnnen? Die vorstehenden Krankeugesehichten ergeben das Genauere hiertlber und beantworten die Frage zu Gunsten der Auf- fassung obiger kleinen Erhebungen im absteigenden Schenkel als selbststiindiger Pulse, als altemh'ende oder bigemine.

Ieh komme nunmehr zur Beantwortung der Frage naeh einer in unseren Fallen etwaig aufgetreteuen doppelteu Contraction des rechten Ventrikels. Ich gestehe zunachst, dass ich nach dem ana- tomisehcn Bau dieses Organes mir nicht recht denken kann~ wie der eine Ventrikel sich contrahire, ohne dass der andere unweiger- lich in jenen Zustand mit tiberginge; ein Organ mit theilweise ge- mcinsamer Musculatur~ mit einem gemeinsamen ncrv(isen Central- apparate, das sogar noch unter bestimmten Verh~ltnissen ausserhalb des K(irpers, wenn der nothwendigste Impuls, der Eintritt yon Blur aus den Gefi~ssen beziehungsweise den Vorh(ifen, gebricht, sich in toto zu contrahiren vermag, wird kaum~ ich miichte sagen, so unnattir- lich sich im lebendcn Organismus verhalten kiinnen~ wenn Aehn- liches auch bci absterbenden Herzen beobachtet ist. Und wie sollten wir uns wohl diese gcsonderte Action der Ventrikel vorstellen? Wir vermi~chten cs doch nur in der Annahme, dass entweder der eine~ dcr linke, seinen diastolischen Zustand nach der ersten gemeinsamen Contraction gar nicht ver~nderte~ wahrenddcr andere 7 der rechte, sich contrahirte; oder abet dass in der Zeit der ersten Diastole und zweiten Contraction des rcchten Ventrikels der linke Ventrikel in krampfhaftcr Contraction auf seiner ersten Systole verharren bliebe f das w~re, wie ich glaub% bei den mannigfach gemeinsamen durehflochtenen Muskelztigcn beider Herzh~li~en nicht leicht denkbar : vielleicht aber auch wtirde in den fraglichen F~illen der linke Ven- trikel durch die alleinige selbststiindige Contraction des rechten mit- gczoffen, mitcontrahirt, dann aber h~rt die gesonderte Contraction der u auf eine solche wirklich zu sein undes trite die Be- antwortung der Frage in den Vordergrund~ ob etwa der Impuls zur Contraction in unseren Fallen vom rcchtcn Ventrikel ausgegangen resp. weitcr~ ob dieser Impuls tiberhaupt yon einem bestimmten Ventrikel vorzugsweise ausgehe. Aber wie dem auch sei~ so mUsste man praktisch zum mindesten das erwarten~ dass der allein oder im Ueberwiegen sich contrahirende Ventrikel sich in derselbeu Weise schon palpatorisch auszeichnen werde, wie es der linke so hau@

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342 Xu J. SCI~REmER

thut. Indcss bei genauerer Durchsicht der vorgestellten Kranken- geschichten und der dazu geh~rigen Herzzeichnungen finden wir, class der zweite der beiden Spitzensti~sse stets schwi~eher und sich nach rechts hin weniger i~hlbar machte, ja dass im zweiten Fall nach Entleerung des Ascites, wonaeh man bequem unter dem Process. xiphoides eingehen und den darunter gelegenen, doch wohl rechten tterztheil dureh das Zwerchfell hindurch deutlich palpiren konnte, bestimmt die zweite Pulsation als eine in der Gegend dieses Herz- abschnittes nur undeutlich wahrzunehmende, gleichsam nur wie eine fortgeleitete erkannte. Wie trotzdem die Erscheinungen und das Ergebniss der Pulszeichnungen an den Venen und Arterien sowie der yore Herzen sieh im Sinne einer gesonderten Contraction des rechten Ventrikels verhalten konnten, alas werde ich weiter unten zu beantworten versuchen. Diese gesonderte, ungleichzeitige Con- traction beider Ventrikel ist bereits yon C h a r e e l e y 1) in einigen Fallen beobachtet und als Dyschronismus der Ventrikel ausftihrlich besehrieben worden; Wil l ia m s and S k o d a erwahnen derselben als Ursache der gespaltenen Ti+ne und neuerdings hat auch L r den 2) in drei Fi~llen jene eigdnthtimliehe Herzthatigkeit mit sphygmogra- phisehen Curven darzuthun versucht. Wie welt die meinigen und namentlich die drei ersten, die mich speciell an die yon L e y d e n sehr erinnerten, ihnen wirklich gleich oder iihnlich sind, das miichte ich nicht zu entscheiden wagen. Sie gaben mir indess Veranlassung der Beantwortung dieser Frage aueh experimentell niiher zu treten, zumal die Zuli~ssigkeit der L e y d e n'schen Auffassung wenigstens ftir Thiere, die unter bestimmte pathologisehe Verhaltnisse gebracht wur- den, yon H o fm o k 13) und K 1 e b s 4) nachgewiesen schien.

H o f m o k l fand bei Gelegenheit seiner unten genauer ange- gebenen Untersuehungen Folgendes: ,,Li~sst man das Thier (curari- sirt) bei ,,durchschnittenen Vago-sympathicis li~ngere Zeit hindurch ohne Athmung, und zwar so langc, bis der Druek im grossen Kreis- lauf absinkt, so stellt sich die eigenthUmliche Erscheinung heratls, dass der reehte Ventrikel eine gr(issere Frequenz bietet als der

1) Mdmoire sur plusieurs cas r6marquables de d6faut de synchronisme des battements et des bruits des ventricules du coeur. Charcelai. Arch. g~ndr. Dec. 1838, bez. Schm. Jahrb. Bd. XXII. S 291 ft.

2) Ungleichzeitige Contraction beider Ventrikel. E. Leyden. Virchow's Arch. Bd. 44. S. 365 u. Bd. 65. S. 153.

3) Untersuchungeu fiber die BlutdruckverhMtnisse im grossen und kleinen Kreislauf yon Dr. H o f m o k l . Medicinische Jahrbticher (Stricker IX. Th. 1875).

4) Ueber operative Verletzungen der Herzklappe a und deren Folgen. Prof. E. K l e b s . Prager Med. Wochenschrift. No. 2. 1876.

Ueber den Pulsus alternans. 343

linke und zwar ergibt as sieh aus der Untersuchung der im Holz- schnitte copirten Curvenstticke . . . . . Curve u, s. w. folgt sparer . . . . . dass auf je swei Sehli~ge des rechten je ein Sehlag des linken Van- trikels kommt." H. wahlte zu dicsen verffleichenden Messungen ,ira ffrossen Kreislauf die Carotis communis, im kleinen bei einseitig offenem Thorax und gcschlossenem Mediastinum der vorderen Seite einen der Hauptaste der Art. pulmonalis." Wie wenig auch die Lebensbedingungen eines curarisirten, der MSglichkeit zu athmen beraubten Thieres bei den vorgenannten operativen Eingriffen den bier in Frage kommenden Verhaltnissen am Krankenbette vergleich- bar schienen, so glaubte ieh dennoch diesen Versuchen ein genaueres Studium widmen zu mtissen. An fiinf mittelgrossen Hunden ver- suchte ich dieser Frage n~ber zu treten und war bemiiht zunachst das Verfahren H o fm o k l ' s vollstandig naehzuahmen; aber die Thiere erlagen dem Eingriff zum Theil so schnell, dass mir eine nur zu kurzc Beobachtungszeit gegeben blieb. Auch schienen mir die Zeicbnungen mit dam Schwimmer nieht exact genug; ieh ftirch- tete durch Eigensehwingungen desselben im grossen oder kleinen Kreislauf zu fehterhat~en Curvenzciehnungen undev, zu feblerhaften Schltissen zu kommen; und dies um so mehr, als die Curven yon einem Hauptaste der Art. pulmonalis und yon der Carotis wegen ihrer verschiedenen Entfernunff yon den die Pulszeichnungen bei ihrer Entfaltung stark beeinflussenden Semilunaren mir nicht einmal wenigstens ftir unseren Zweck, selbst bei der correctesten Zeiehnung ganz glcichwertbig sehienen. Da e s m i r tiberdies weiterhin nicht darum zu thun war, die weiteren sehr interessanten H o fm o kl 'schen Versuchsergebnisse zu priffen, sondcrn reich nur yon der gesonderten Action des rechten Ventrikels unter den obigen VerhEltnissen selbst zu tiberzeugen, so glaubte ieh meine Versuche in folgender Weise modificiren zu dtirfen: Ich versuehte nach Entfernung des mittleren Brustsehiides das Herz freizulegen; auf dan deutlieh vorlicgenden rechten Ventrikel setzte ich eine nach dem Principe der Marey'schen~ construirte kleine empfindliehe Coquilie und brachte in die Carotis in der gewShnlichen Weise eine Cantile ein; statt der Sehwimmer be- diente ich reich zweier noch wenig gebrauchter und auf die gering- sten Bewegungen sehr gut reagirender Tambours eines Marey'sehen Cardiographen; hiernach hatte ieh die Bedingungen fur die Aeusse- rung yon Bewegungen ftir dan rechten Ventrikel sehr gUnstig ge- staltet, wiihrend ich ftlrehten musste, dass etwaige nur geringe Mit- bewegungen des linken Ventfikels sieh bis zur Carotis bin night wtlrden geltend machen kSnnen. Trotzdem fiel das Ergebniss der

3 4 4 N ~ XVIII, J. NeHREIBER N o ~

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~ 'J . 32 e.

C

Ueber den Pulsus alternans. 345

Untersuchungen zu Ungunsten der in Frage stehenden gesonderten Ventrikelcontraction aus, wie es die Zeichnungen S. 344 darthun.

In den vorstehenden Curven, No. 32a bis 32e zeigt die untere Reihe die Bewegungen des rechten Ventrikels, die obere die Con- tractionen des linken Ventrikels yon der Carotis "aus an. Ich habe die Curven bis zum letzten Herzschlage zu zeichnen versucht: yon der Zahl 6--7, No. 32a--32b ist der letzte Theil der Bewegungen im Circulationsapparat vor der Durehsehneidung der Vago-sympathiei, yon 7 No. 32 b beginnt die Darstellung der HerzthKtigkeit naeh ihrer Darehschneidung und nach der ~ Sistirung der Athmung. Um ohne wesentliehe Beeintri~chtigung des Versuehes denselben auf dem ein- real aufgespannten Zeiehenbogen graphiseh zu Ende ftlhren zu k(innen, unterbrach ich dutch Arretirung tier die Tafel bewegenden Meehanik die Zeiehnungen wiederholt, was darch die einzelnen Absehnitte an denselben zu erkennen ist. Wit erkennen an ihnen ausser anderen bekannten Bewegungen mit Deutliehkeit, wie in der unteren Curve die Herzaetion immer sehwi~cher and sehwi~eher werdend sehliess- lieh nur noch zu minimalen Erhebungen des Zeiehenhebels ftihrte, bis endlieh in der geraden Sehlusslinie in No. 32 e der Stillstand des Herzens sieh andeutete. Aber wie klein aueh die Aussehlage der Feder yon der Herzeurve, wie sehwaeh aueh die Thi~tigkeit des Herzens gewesen war, so traten dennoeh, wie die genauere Prtifung der dartiberstehenden Carotiseurve zeigt, selbst bis zum letzten Sehlage des rechten Ventrikels noch Andeutungen yon Palsen, die die gleiehe Thatigkeit des linken bedeuteten, id est in keiner einzigen Zeit- phase war eine doppelte SehIagzahl an der die Bewegungen des reehten Herzens zeiehnenden Feder zu bemerken. Zur Controle be- mtihte ieh mieh noch in anderen Versuehen, wi~hrend ieh den Pals in der Carotis in der vorherigen Weise aufsehreiben liess, die Be- wegungen des reehten Herzens dutch den auf ihn leise aufgelegten Finger zu palpiren. Das Ergebniss dieser Versuehe war das ni~m- liehe. Dass tibrigens die obigen Zeichnungen aueh wirklieh den Bewegungen des reehten Ventrikel,~ entspreehen, daf~ir sprieht die

]fro. 33.

346 XVIII. J. SCtIREIBER

Bestimmtheit, mit der ich infolge d e r 0perationsmethode die Co. quille auf diescn Theil des Herzens setzen konnte.

In der Curve No. 33 ist das Ergebniss eines anderen Versuchs, bei dem an der Stelle der Pfeile die Zeiehnung unterbrochen wurde, um die Durehsehneidung der Vago-sympathici vorzunehmen; hierauf prttfte ich den Versuch in der gleieh anzugebenden Weise zum Theil, zum Theil liess ich das constante Resultat aufzeiehnen.

Endlieh hatte ieh noeh in einer dritten Reihe yon Versuchcn Gelegenheit die eonstante Uebereinstimmung derselben dadurch zu erfahren, dass ieh nach den genannten Vorbereitungen die Contrae- tionen des rechten Herzens tier Palpation naeh bestimmte, w~hrend Herr College L a n g e n d o r f , der mieh bei meinen Versuehen in der liebenswUrdigsten Weise untersttitzte und dem ich hiermit freundliehst danke, die Pulse an der Carotis und der Femoralis z~hlte. Zur Controle weehselten wit uns an den beiden Organen Herz und arteriellen Ge- f~issen ab und niemals vermoehten wit eine Incongruenz in der Schlag- zahl beider zu constatiren. Ich babe diese Versuche im physiologisehen Institut des Herrn Prof. v. Wi t t i e h mit dessen freundlicher Erlaubniss gemacht, wofUr ieh hiermit meinen besten Dank ausspreehe.

Naeh diesen constanten gegens~tzliehen Resultaten wUrde es sieh aber fragen, wie H o fm o k 1 zu seinen Versuehsergebnissen gekom- men, oder ob etwa seine Curven einer anderen Deutung f~hig waren. Zur Beantwortung dieser Frage sei es gestattet die aus der Arbeit H o fm o k l ' s entnommenen Zeiehnungen hierher zu setzen.

No. ~. Unter ihnen No. 34 hebt sieh sofort an derobe- ten A. Carotis- Curve die eon-

K stante seheinbare Dikrotie jeder einzelnen sehr kenntlich ab, die

H. als solehe nieht weiter hervorhebb sondern m d e r ganzen Figur der Einzelcurven den Ausdruek ,,einer systolischen Pause des linken Ventrikels" ersieht. Hiernach seheint H. die Vorstellung zu haben, als ob, w~ihrend der linke Ventrikel in Contraction bleibt, der reehte sieh dilatirt, abermals eontrahirt und nun erst mit dem linken ge_ meinsam in die zweite ~)iastole Ubergeht. Da ich nun einmal diese Versuche speeieU zu den yon L e y den und mir beobaehteten klinisehen Fiillen in Beziehung gebraeht, so mSchte ieh hier gleieh zwisehen

Ueber den Pulsus alternans. 347

einfUgen, dass in keinem derselben eine derartige systolische Pause wcnigstens vom tterzen her nnd der Zeichnung nach hat naehge- wiesen werden k~nnen. Vielleicht aber liegt diese schwer verst~ind- tiche Deutuag H.'s nur in ether nieht g~nz riehtigen Auffassung tier Curven selbst: als ich dieselben zum ersten Male sah, glaubte ich schon naeh Maassgabe obiger kliniseher Erfahrungen in diesea Kat~dikrotieen ~) eine zweite dureh eine weniger krttftige zweite Contraction zun~ichst des linken tterzens bedingte sehwiiehere, aber selbstst~tndige Erhebung erblicken zu diirfen; es schien mir, als ob diese zweite Erhebung nur durum so rudiment~tr zum Ausdruek kiime, weil das Hcrz mit ether zun~tchst aus unbekannter Ursache hervor- gehenden gewissen Regelm~issigkeit jedes zweite Mal nach ether kurzen Diastole sich weniger oder gleich stark contrahire, infolge der kurzen Diastole aber weniger Blur in die Ventrikel nachfliesse und infolge hiervon wetter die zweite Erhebung am Pulse bezie- hungsweise in der Zcichnung sich 1) nur sehr gering und 2) dicht an die erste, d. h. im Beginn des absteigenden Schenkels darstellen miisse. Meine Versuche bcsttttigten diese Annahme insofern, als ich in allen dcrselben unter bestimmten Bedingungen ganz constant der- artige scheinbar dikrotische Wcllen erhielt. In den F~llen, in denen ich Curvenzeichnungen direct vom rechten Ventrikel und voJa der Ca- rotis gleichzeitig nahm, entsprachen letztere den senkrecht unter ihnen stehenden ganz ~hnlichen vom Herzen. Itieraus war der Schluss berechtigt, dass die Arterienpulsfigur die Folge dieser al- ternirenden Contraction des tterzens selbst war~ die ihrerseits beson- ders dann erfolgte, wenn das Hcrz in die zweite Contraction nach einer relativ kurzen Diastole tiberging, dabei bemerke ich, dass ich auch in den Versuchen, in denen ich die Action des Herzens pal- patorisch verfolgte, reich yon einer derartig abwechselnd starken und schwachen id est alternirenden Contraction des Herzens selbst Uber- zengt habe. Diese zweispitzigen Curven traten nun gew~hnlich auf, sobald ich nach Durchschneidung der Vago-sympathici die ktinstliche Athmung fiir eine kurze Zeit suspendirte; abet ich muss hervorheben, dass ich dieselben auch dann eintreten sah, sobald bei intacten Vago- sympathicis allein die Athmung ftir einige Zeit ausgesetzt wurde.

Nach diesen yore Herzen und yon der Arterie gewonnenen Curven :No. 35- -39 (s. S. 348), sowie nach den Ergebnissen der palpatorischen Untersuehungen kann zum mindesten ftir meine Un- tersuehungen kein Zweifel darUber bestehen, dass diese zweispitzigen

1) Die Curven sind, wie ich aus einer freundlichen ~ittheilung des Ver- fassers erfahren, yon rechts n~,ch links zu lesen.

348 XVIII. J. SCHREIBER

seheinbar dikrotisehen Pulse wirklieh alternirende Shad und ieh glaube nicht fehlzugehen, wenn ich die you H o f m o k l gegebenen in glei- chem Sinne aufzufassen wage. Die Wahrseheinliehkeit dieser meiner Auffassung wiiehst bei einem Vergleiehe meiner Versuehsergebnisse mit analogen Untersuehungen beziehungsweise Ergebnissen derselben bei anderen Experimentatoren: T r a u b e ~) findet in dieser Bezie- hung bei curarisirten Hunden, denen er kohlensam'es Natron in die Arterie gebraeht, dass ,,unter dem Einfluss dieses Mittels und der

No. %% No. 36.

No, .27. No. 38

No. ?,9.

ziemlieh starken Vorarawirkung sich nun die Curven yon eigenthttm- licher Beschaffenheit gestalten; die unter dem Eiufluss der blossen Vorarawirkung ziemlich gleichschenkligen respiratorisehen Elevationen werden ungleiehsehenklig, die Zahl der cardialen Elevationen im ab- steigenden Sehenkel wird geringer und ausserdem zeigen sieh in diesem letzteren eigenthtimliehe.. , zweispitzige Wellen. - - Diese zweispitzigen Wellen erinnern zuniiehst an den Pulsus dicrotus, sind jedoeh yon demselben . . . . durchaus versehieden . . . . . . Der Unter- sehied des Pulsus dicrotus yon den zweispitzigen Wellen besteht darin~ dass der erstere durch zwei Palselevationen dargestellt wird, welehe Einer Herzcontraetion entsprechen, withrend bei den letzteren die beiden Elevationen dureh zwei Contraetionen bedingt werden, welehe rasch aufeinander folgen und auf welche dann eine Pause eintritt, die litnger ist, als die zwisehen den Herzcontraetionen der zwei- spitzigen Welleu liegende." T r a u b e fund dies Ph~nomen zum

1) Gesa'nmelte Beitr~ge u s.w. 1. Bd. Experlm. Untersuchungen. 1871.

Ueber den Pulsus alternans. 349

ersten Mal bei vorarisirten Hunden, sobald naeh durehschnittenen Vagis die Athmung suspendirt wird~ somit unter denselben Bedin- gungen~ unter denen H o f m o k l seine vermeintliehe Pause des linken Ventrikels erhielt. Im weiteren Verlauf der eitirten Arbeit bemerkt librigens T r a n b e , was aueh ieh bereits aus meinen mit den ge- nannten tibereinstimmenden Versuchen hervorhob: ,es kommen aber die zweispitzigen Wellen nieht blos naeh Suspension der ktinsfliehen Respiration bei durchschnittenen, sondern aueh bei intaeten Vagis vor"~ sobald die ktinstliche Athmung fiir eine bestimmte Zeit unterbroehen wird. Zur leiehteren Uebersieht der vorliegenden Frage sei hier aus der eitirten Arbeit T r a u b e's ein Curvensttiek (No. 40) beigeftigt.

No. 40. K

Aueb B 5 h m verSffentlicht im 5. Bande des Pfltiger'sehen Arehivs eine grosse Reihe Untersuchungen tiber die physiologische Wirkung der Digitalis und Digitalin; in Verfolg derselben an Fr0sehen be- merkt e r . . . . ,am Digitalinherzen~ dass die Diastole in zwei ge- trennte Momente zerfiillt, die Ausdehnungswelle wird auf der halben tIShe yon einer zweiten rudimentiiren Systole unterbroehen, was sich in der Curve als ein exquisiter Dikrotismus zu erkennen gibt . . . . " Auf die Erkli~rung dieses Phiinomens werde ich !spi~ter ein- zugehen haben, bezUglieh des Vergleichs der betreffenden, den vor- herstehenden analogen Pulsbilder darf ich der Ktirze wegen "auf die Arbeit selbst verweisen.

Wenn nach dieser Auseinandersetzung die obere Curvenreihe Ho fm o k l ' s und somit der Versuch selbst uns nieht mehr eine Reihe systolischcr Pausen, sondern vielmehr eine solche yon alter- nirenden Pulsen~ d.h. Uberhaupt keine Verminderung der Schlagzahl des linken u zeigt, so wUrde jetzt nut noch die minder wichtige Frage zu beantworten sein, ob die unter% die yon der Art. pulmonalis gewonnene, scheinbar so verschieden aussehende Curve wirkUeh eine wesenflich% eine Deutung im obigen Sinne zuli~ssige Verschiedenheit darbietet. In Bezug hierauf ware, was ich bereits oben angedeutet, daran zu erinnern, dass Pulszeichnungen~ die yon einem dem tterzen so nahe gelegenen Gef~tsstheile wie die yon Haupt- ~s~en der Art. pulmonalis stammen, mit solchen yon entfernter gele-

350 Xu J. SCHREIBER

genen wie die yon der Art. earotis nicht ganz mit einander zu verglei- then stud, da geringe Blutmengen, oder schwiichere Herzeontraetionen in dem Herzen naher gelegenen Gef~tssgebieten noch deutliehe Pulse bewirken, die an entfernter gelegenen nur audeutungsweise oder gar night zur Geltung kommen. In dieser Beziehung scheint mir eine jtinffst yon B a d o u d ~) ver~ffenfliehte Versuehsreihe nicht ohne Inter- esse, ausde r ieh nachstehende Curve (No. 41) entnehme:

so. 4t. x Die untere der beiden Reihen stammt yore rechten Ventrikel, die obere yon der Carotis eines Hundes~ der unter nahezu die- selbenVersuehsbedingungen ge- bracht war, wie zuvor bespro- chen, d. h. Curarisirung und ktinstliche Athmung.

An der Carotiscurve erken- nen wir wiederum jene zwei- spitzigen Wellen, w~thrcnd die- selben vom rechten Ventrikel

einen nicht unwesentlich verschiedenen graphischen Ausdruck finden. Unfraglich entsprechen sich in den beiden Reiheu a u. a' sowie

b u. b' und differiren a' a ' der Lage wie der gr(isseren Deutlichkeit naeh nieht unerheblieh yon a o. Dass die Ursache hiervon in der oben genannten untersehiedliehen Gegend~ yon der die Curven gewonnen sind, zu suehen set, scheint mir h~ehst wahrseheinlieh. Bet einem etwaigen Versuche~ die .Erhebungen a' a' als priisystolische, d. h. als durch Vorhofseontractionen bedingte anzusprechen, wtirden wir in diesem Falle Gefahr laufen, mit Rticksicht auf die zweispitzigen Wellen aus der Carotis und ihre Bedeutung beztiglich der Herzaction eine doppelte Contraction des linken Ventrikels anzunehmen. Zwei- tens geheu jene zweispitziffen Wellen bet niederem Blutdruck~ wie es scheint in mehr flache Doppelb~gen tiber, die die in Frage ste- hende Alternirung sehwerer erkennen lassen. Von letztercm habo ich reich zum Theil sehon an eigenen Versuchen iiberzeugen klinnen.

No. 42.

l) Ueber den Einfluss des Hirns auf den Druck in der Lungenarterie. Ar- beiten aus dem physiologischen Laboratorium der Wtirzburger Hochschule. Von A. Fick. III. Lieferung. 1876. S. 237 ft.

Ueber den Pulsus alternans. 35l

Deutlieher fmden wir indess diese zweispitzigeu i. e. alterni- ten den Pulsbtigen in den yon T r a u b e gemaehten u tiber den Einfluss des Lungengasweehsels auf das dem Einfluss der Nervi vagi. entzogene Herz.~) In Folgendem seizum Vergleieh eine Curven- reihe ~) (No. 43) aus dieser Arbeit beigeftigt:

No. 43. K

Ich deute nur kurz an, dass es sich auch hier, wie in unseren Versuehen um Durehsehneidung der Vagi mit naehfolgender Ath- mungssuspension handelt.

Ausser H o f m o k l glaubt, wie ich vorher bereits erwiihut, aueh K 1 e b s eiue gesonderte Th~tigkeit der Ventrikel in einem Falle beob- achtet zu haben. K l e b s versucht sog'ar mit Htilfe dieser Beobaeh- tungen und der in der zuvor citirten Arbeit gegebenen sehr geist- reichen Erkliirung L e y d e n' s ,,die secund~tre Dilatation und Hyper- trophic des linken Ventrikels bei Mitralinsui~icienz als natiirliche Folge zu beleuchten; dabei scheint K l e b s H o f m o k l gegentiber sich den Vorgang der gesonderten Contraction so vorzustellen, dass w~hrend tier rechte Veutrikel in die Systole iibergegangen~ der linke in der vor- herigen Diastole zuni~chst verbleibt. Ich vermag indess auf diese Arbeit zur Zeit nicht nigher einzugehen, da der Verfasser auf die Er- i~rterung der beziiglichen Frage, deren kurze Beantwortnng ihm sich bei seinem interessanten Versuche eben nur g'anz zufi~llig darbot, mit ,,ausftihrlichen Auikeichnungen des Spitzenstosses und directen Beob- achtungen des Herzens" noch zurtickzukommen gedenkt. Abet ich glaube auch schon mit meiner Ausftihrung zur Gentige dargethan zu haben, dass wir es bei der in Rede stehenden eigenthtimlichen und nut seheinbaren Incongruenz in der Herzaction und dem Puls keines- wegs mit eiuer gesonderten ThEtigkeit des einen oder des anderen Ventrikels sondern mit derjenigen Anomalie in der Herzarbeit bezie- hungsweise am Pulse zu thun hubert, die man seit T r a u b e als Pulsus alternans oder als big'eminus bezeichnet hat. Wir hubert uus daher nunmehr der Frage zuzuwenden, unter welchen pathologischen Verh~ltnissen diese Pulsart beobachtet und wie seine Erscheinung zu erkl~iren ist. Wenn ich reich hierbei der Bezeichnungen ,,Pulsus big'eminus und alternans" ohne strenge Scheidung derselben bediene~

1) Ibid. S. 313. 2) Die Angabe der Versuchsbedingungen, unter denen diese Curve gewonnen,

�9 r S, 472 ibid.

352 Xu J. SCHREIBER

so werde ich auf die Berechtigung hierzu im letzten Theile dieser Arbeit einzugehen versuchen.

BezUglieh der ersten Fragc m~ehte ich, urn Weifl~ufigkeiten zu vermeiden, zun~ehst auf die Zusammenstellung der bier einsehl~g- lichen F~lle hinweisen, welche R i e g e l 1) in seinen Beobaehtungen ,,Zur Lehre yon der Herzth~tigkeit" neuerdings gegeben, wobei ieh naeh Maassgabe der mir zu Beobachtung gekommenen F~lle yon alternirendem Pulse ,,die Seltenheit dieses Ph~nomens" nieht be- tonen m~ehte.

Auf die w~hrend der Zusammenstelhmg meiner Untersuchungen noeh yon demselben Autor und namentlieh yon F r ~ n t z el ~) ver~f- fentliehten, hierher geh~rigen sehr interessanten F~lle komme ieh zum Theil noeh besonders zurtlek. Zuvor sei aber noeh einiger anderer yon mir beobaehteter und hierher geh~riger mit thunlichster Ktirze Erw~hnung gethan.

Der fUnfte Fall meiner Beobachtungen betraf einen Arbeiter, Fr. B., 52 Jahre alt, der seit liber 3 Jahren zum sogenannten st~ndigen Material unserer Klinik geh~rte, die er fdr Woehen bis Monate als Kranker bewohnt und daun flir eine eben so lange Zeit als gebessert verl~st. Sein Leiden hat sieh angeblieh unter der anstrengenden Th~tigkeit als Vorschl~ger in einer Eisengiesserei allm~hlieh ent- wickelt; vor 2 Jahren sei dasselbe mit gr~sseren Beschwerden naeh einer damals tiberstandenen Choleraerkrankung hervorgetreten; Herz- klopfen und Sehwellung der F~isse bildeten seit der Zeit die dauernden, in ihrer In- und Extensit~it je naeh der mehr minder grossen Th~tig- keit und Anstrengung des K~rpers weehselnden Klagen. Bei seiner ersten Aufnahme in die Klinik bot der tibrigens sehr robust aus- sehende Kranke Ver~nderungen dar, auf Grund deren eine idiopa- thisehe Herzhypertrophie angenommen wurde. Um die im Laufe der Jahre gemaehten weitl~ufigen klinischen Notizen zu tibergehen, will ieh nur kurz resumiren, dass sieh in der genannten Zeit immer deut- lieher die Zeichen einer Mitralinsufficienz und Stenose des Mitral- ostiums herausgebildet hatten. Unter diesen und mit den Erseheinun- gen einer gest~rten Compensation wurde er denn aueh im October vorigen Jahres in die Klinik wieder aufgenommen. Aus dem tiber ihn

1) Deutsches Archly f. klin. Medicin. Bd. XVII1. 2) Klin. Beobachtungen yon Prof. Dr. Fr~ntzel , Charit~-Annalea 1877.

S. 346. -- Zu erg~nzen ist hier noch tier yon Rosenstein, v. Ziemssen Bd. VI. S. 40 beschriebene Fall sowie die yon Marey gemachte Beobachtung und Untersuchung des: Pouls p~riodiquement irr~gulier recueilli chez l'homme. Fig. 167. p. 336.

Ueber den Pulsus alternans. 353

geftihrten Journal sei nur die veto 2. Novbr. gemachte l~otiz wieder- gegeben: Der an den vofigen Tagen und aueh sonst racist unbesfimmte unregelm~tssige Puls hat hcute einer regelm~tssigen Folge yon hohen und nieddgen Wellen Platz gemaeht, yon denen letztere zuweilen verschwindend klein werden. Jede dieser Erhebungen an der Arterie entsprieht der Auscultation und Palpation naeh einer Herzcontraction. Die sphygmographisehen Zeiehnungen best~tigen die Ergebnisse der letztgenannten Untersuehung.

O r d o : Inf. digital. 1,5 : 200,0 - - 2stdl. 4. lqovbr. Das vorgenannte Pulsph~nomen blieb flir Stunden des

ersten and aueh am folgenden Tage noch nachweisbar, ist jedoeh heute unter dem Fortgcbraueh vorgenannter Medication versehwunden.

Die Pulszeichnungen entsprechen im Wesentlichen denen im zweiten vorangestellten Falle, da auch hicr ein Venenpuls durch die Zeichnung nachgewiesen werden konnte, ich glaube daher yon einer Wiedergabe an dieser Stelle Abstand nehmen zu dtirfcn. Obgleieh ich den Krankcn bis gegen Ende December v. J. noch unter Augen behiclt, habe ich trotz wiederholt auftrctender Pulsirregularit~ten diese nahezu regelmSssige Anomalie bei ihm nicht wieder gefunden.

Ebcnso vortibergchcnd beobachtete ich dicsclbe im folgenden sechstcn Falle. Frau Sch. K., 49 Jahre alt, leidet seit angeblich 25 Jahren an wicderkehrendem Rheumatismus; Beschwerdcn, die auf eine Mitbethciligung des Herzens hindcuten, schcinen nach den anamnestiscben Angaben, vor etwa 16 Jahren zuerst aufgetrcten zu sein. Es handelt sich um eine mittelgrosse bleiche und im Gcsicht etwas cyanotisch aussehende Patientin in massig gutem Ernahrungs- zustande. Die Herzd~impfung beginnt an dcr drittcn Rippe, wird an der nRehsten intensiv, der Spitzenstoss im sechsten Intercostal- raum I Zoll jcnseits der Linen mammillaris, vcrbreitert und hebend sicbt- und fiihlbar; die nach der linken Schulter zu wcnig convexe Linie, welcho diese Stellc mit der l I/2 Zoll veto linken Sternalrand cntfcrnt beginnendcn oberon Grcnze verbindet, stellt die iiusserste linke Begrenzung des Hcrzcns dar. Nach rechts hin l~tsst sich die Herzd~mpfung dutch eine sehr~g verlaufende Linie andeutcn, die am Ansatz dcr knorpligcn dritten Rippe an dem reehten Sternalrand beginnt and die vierte and fiinftc Rippe 1/2 Zoll veto rechten Ster- nalrand entfernt schneider. Die Palpation ergibt an der Spitze ein kurzes diastolisches Fr6misscment, dem bei der Auscultation ein l~tngeres diastolischcs Ger~tusch entspricht, in der Systole wird da- gegen ein lauter, wir es scheint~ etwas gespaltener Ton h~rbar. Dassclbe am unteren Theil des Sternums, nur etwas schw~tcher,

354 XVIII. J. SCHREIBER

desgleichen, aber lauter am Ansatz der dritten Rippe links yore Sternum; im zweiten Intercostalraum rechts ein dumpfer systoliseher Ton, im zweiten Intereostalraum links zwei laute TSne, yon denen der zweite accentuirter und yon einem leiseu sausenden Ger~iusche begleitet scheint; das yore Ansatz der dritten Rippe links yore Ster- ,hum zu h~rende Ger~usch ist dem Timbre nach sehr verschieden yon dem an der Spitze, das letztere erscheint je mehr sich in der Zeit der systolischen Herzphase n~hernd, um so deutlicher und in der Mitte wie getheilt, alas erstere an der Basis dagegen continuir- lieh; Die Untersuchung des Abdomens ergibt einen die Nabellinie erreichenden Lebertumor.

22. Juli. Der frtiher sehr beschIeunigte Puls ist seit gestern unter dem Gebraueh yon Digitalis bis auf 40--60 heruntergegangen.

Bei dem zuf~lligen Besuch der Kranken dureh den Untersu- chenden ausserhalb der gewShnliehen Visitenzeit erschrak dieselbe, wurde blass, die Herzaetion besehleunigt, letztere zeichnete sich da- durch aus~ dass bald zwei SpitzenstSsse sehnell aufeinander folgten und dureh eine l~ngere diastolische Pause yon den n~chsten zwei getrennt blieben, bald aber drei Herzst~sse dieselbe kurze Aufein- anderfolge mit einer gleich verl~ngerten Pause hinter ihnen auftraten. Die dazu gehSrigen Pulse zeigten dem entsprechend die gew~hn- lichen Charaktere des einfach alternirenden oder des doppelten, d. h. des nach Riege l genannten Pulsus trigeminus. Seit der Zeit ver- mochte ich diese eigenthtimliche Herzaction dureh forcirte KSrper- bewegungen der Kranken in- oder ausserhalb des Bettes so oft her- vorzurufen, als ieh zum Nachweis derselben durch sphygmogmphisehe Curven bedurfte, wobei ich ganz unbestimmt den einen Tagrein alternirende, das andere Mal solche des Pulsus trigeminus bekam.

Das siebente Mal beobachtete ieh diese Erseheinung bei einem 20j~hrigen jungen Kaufmanne K., der angeblich mit kurzen Unterbre- chungen seit drei Jahren an rheumatischen Beschwerden leidet und aus einer Familie stammt, in der Herzkrankheiten wiederholt vor- gekommeu siud (Vater und eine Schwester). Die subjeetiven Klagen des Kranken bezogen sich auf Herzklopfen and Athemnoth, die namentlich beim Treppensteigen und nach raseheren Bewegungen auizutreten pflegen. Als ich ihn das erste Mal untersuchte, fiel mir gleich die eigenthUmliche Herzaetion auf~ die das bereits wiederholt geschilderte Verh~ltniss derselben zum Pulse resp. des Pulsus alter- hans darbot; die Herzaetion war dabei sehr besehleunigt, ich ver- ordnete ein Digitalisinfus yon 1,0:200,0 2stdl. Nach 2 Tagen (16. Januar) ersehien der Kranke wieder bei mir, and die yon

Ueber den Palsus alternans. 355

diesem Tage gezeiehneten Curven Veriinderung in der Herzaetion und

Ich bemerke in Bezug auf diese Carven (:No. 44 u. 45), yon denen die erstere yon der Radialis, die zweite yore Herzen genommen ist~ dass dieselbe, wie leieht ersichtlieh, doppelt alternirend und als ~ihnlich der y o n Ri ege l als Pulsus trifle- minus gelten daft. Am 20. Januar, nachdem der Kranke noch eine Fla- sehe yon obigem Digitalisinfus ver-

ergaben folgende am Pulse.

blo. 44,

interessante

1~o. 45.

braucht hatte, sah ich ihn bis jetzt zum letzten Male wieder. Das Herzklopfen hatte nachgelassen, ,,das Gefiihl, als ob das Herz hliufig jeden zweiten oder dritten Schlag stillstehe" aufgehGrt. Aus den tiber den Kranken mir vorliegenden Notizen hebe ich nur hervor, dass derselbe ausserordenflieh kr~ftig aussah und ausser den genannten Beschwerden tiber nights hier Wesentliches zu klagen hatte. Die Percussion des Herzens ergab eine m~ssige Verbreiterung der deut- lichen Herzd~mpfung nach rechts, einen deutlichen im fiinften Inter- costalraum in der Lin. mammillaris sicht- und fUhlbaren Spitzenstoss, bier ein leises systolisches Ger~usch, einen zweiten etwas dumpfen Ton, zweiter Ton tiber der Pulmonalis exquisit klappend, sonst keine nennenswerthe Abnormit~t am Herzen zu constatiren. Die yon die- sere Tage yore Kranken entnommenen Curven (No. 46 u. 47) zeigen eine im Ga~zen regelm~ssige Schlagfolge am Herzen und am Pulse.

Das achte Mal hatte ich bei einem Em- .No. 4(;.

physematiker mit ganz auffallend starker Cya- nose des Gesichts, der Fiisse und der H~inde c - - es war ein 50jAhriger Fischer L. S. - - bei dem am Herzen nichts Besonderes nachweisbar war, Gelegenheit w~hrend seines mehrwGehent- ~o. 47. lichen Aufenthaltes in der Klinik hAufig Taffe lang und unabh~ngig yon etwaigen Digitalis- c gaben einen Pulsus alternans zu beobachten; derselbe unterschied sich yon den friiheren durchaus in l~ichts. Die beiden folgenden Curven (No. 48 u. 49) ergaben den Befand einer neunten und zehnten Beobachtung deren Zeiehnungen ieh hie.r wiedergebe, well ich spater an sie noch an- zukntipfen haben werde. Die obere ist yon cinem 27 jithrigen Maurer, P. K., die dersclbe wiihrend fast 3 Tagen im Beginn der Reeon-

h r c h i v flir experiment, Pathologie ul Pharmakologie. VII. Bd. 25

356 XVIII. J. SCHRBIBER

valeseeaz nach einem mittelschweren Typhus exanthematicus darbot ; d i e untere stammt you einem 46jahrigen Sattler, C. F., der an den Erseheinungen der Tabes dorsualis in unserer Klinik behandelt wurde. Wahreud der 3 Woehen, in denen ieh ihn zu beobaehten Gelegenheit hatte, war diese Palsart fast constant.

No. 4s u. -~9. Es sei noch bezUglieh der- ~elben bemerkt, dass am Herzen

s in beiden Fallen keine Ano- malie naehzuweisen und dass zur Darreiehung yon Digitalis aiemals Veraulassuug gewesen

S war.

Ausser den genannten zehn Fallen ~) babe ich diese Pulsart ganz vortibergehend noeh in zwei yon croupSser Pneumonie und zwar vor der Krisis gesehen; leider waren beides Potatoren~ die in ihren Delirien nicht zur Ruhe zu bringen waren, die eine sphygmographisehe Palsaufuahme hatten erm(igliehen ki~nnen. 0bwohl ich fortdauernd seitdem auf jede Pals- anomalie geaehtet, babe ieh bei den folgenden ziemlieh zahlreiehen Pneumonikeru unserer Station die in Rede stehende nicht mehr ge- funden. Ieh mi~ehte daher bei der Gelegenheit auf eine andere sonst bekannte Erscheinung am Pals hinzuweisen mir erlauben, die bei blosser Palpation vielleieht zu einer Verweehselung mit dem Pulsus alternans ftihren kann: Wir wissen, dass unter dem Einfiuss der In- spiration und namentlieh der forcirten der Puls kleiner erseheint; bei sehr frequenter Respiration, bei der die Anzahl der Inspirationen zum Pulse in das Verhaltniss yon 1:2 trate, k(innte leieht ein Pals auf die In- der naehstfolgende genau auf die Exspiration fallen; unter solehen Verhaltnisseu wUrde der zuflihlende Finger den ersteren niedriger, den zweiten htiher, beziehungsweise umgekehrt fUhlen and beurtheilen.

~o. 51. Die Radialis- c curve N o . 51

stammt zwar yon

1) Augenbhcklich habe ich Gelegenheit einen Fall yon Bulb~rparalys e mit ~o. 5o. fast anhaltendem Pulsus

alternans zu beobachten; c (lir Curve (No. 50) ist you

der Radialis dieses Patien- ten gewonnen.

Ueber den Pulsus alternans.

No. 52.

357

einer an einem Vitium cordis complieatum leidenden Patientin, die aber nur obige durch die vermehrte Respiration beeinflusste PuIsersGhei- nung vorUbergehend zeigte. 70 Pulse kamen in diesem Falle auf ca. 30--36 Respirationen~ die tiefer stehenden~ ftir den palpirendeu Finger als kleiner ersehienenen Erhebungen fielen genau mit der Inspiration zusammen. Die Curve t~o. 52 ist yon einem Typhus- kranken genommen; die ersten 11 Pulse dieser Reihe sind bet ge- w~ihnlieher, die folgenden bet einer im vorgenannten Verh~Itniss ver- mehrten Respiration gezeichnet. Die BerUeksiehtigung dieses Einflusses der Respirationen wird sigher jede Verweehselung im vorigen Sinne aussehliessen und dies vielleieht um so eher, als die Respiration auf den eigentliehen Pulsus alternans umgekehrt zu wirken seheint. 0

Es wtirde reich zu weit ftihren, wollte ieh nunmehr meine Beobach- tnngen in ihren Erscheinungen mit den in der Literatur niedergelegten vergleiehsweise bespreehen; ebenso mSehte ieh der KUrze wegen yon der Entwieklung der Diagnose beztiglieh der ersteren abstehen, da eine etwas genauere DurGhsieht der einzelnen Krankengeschiehten dieselbe leieht ergibt. Ich begntige mieh in der vorherigen Bezie- hung nut kurz hervorzuheben, class unter dem Einfluss yon Digitalis in dem vierten meiner Fiille der Pulsus alternans ebenso hervor- getreten zu sein scheint, wie er unter der Einwirkung desseIben Mittels im ftinften und siebenten sigher versehwand; dass zweitens der erste Fall dadureh ganz ausgezeiehnet ist, dass bet demselben jetzt 1 Jahr hindureh der Pulsus alternans bet einem relativ ausser- ordentlich guten Befinden der betreffenden Person und ohne Digitalis- beeinflussung dauernd fortbesteht. Ueberblieken wir nun die Krank- heitsfiille, so finden wir, dass das in Rede stehende Pulsphanomen

1) Wenigstens habe ich in einem Fallr yon ~o. ~I~. Mitralinsufficienz und -Stenose die kleinere zweite 1)ulserhebung in der Inspiration con- s tant wachsen geftlhlt. - - Der obere Theil der Respirationscurve ist um Raum zu ersparen, abgeschnitten, die absteigende und mehr ho- rizofital verlaufende Linie derselben zeigt die Inspirat ions- , die aufsteigend his fast zur niichsten absteigenden die Exspirationsphase c an. Es muss nattirlich weiteren Prt'ffungen vorbehalten bleiben, ob diese Erscheinung eine constante set oder nicht.

25*

358 x~III. J. SCHrEIBER

unter den allerversehiedensten pathologischen Zust~inden beobachtet wurde (wobei ieh noch einer Beobachtung Ri e g e l's 1) bei mehreren rechtsseitigen Gehimerkrankungen erganzend Erwiihnung thun mi~chte). Hieraus geht hervor, dass diese Erscheinung diagnostisch mit Sicher- heit kaum wird verwerthet werden k~nnen, Wir wollen uns jetzt daher der Beantwortung der Frage zuwenden, wie wir uns etwa die Ent- stehung dieses Pulses zu denken haben. Aus dem oben genannten Grunde wird man kaum erwarten dtirfen, seine Entstehung auf eine gemeinsame Ursache zurtiekftlhren zu k~nnen. Bei der Annahme versehiedener Ursachen aber ware es mSglich, dass 1) Hindernisse und auch bier schon periodiseh weehselnde im Mechanismus des Cireulationsapparates besttinden, 2) ki~nnte aus irgend welchen Ur- saehen eine Ungleichheit in der Kraftleistung des Herzens abwech- selnd ungleiehe Pulse erzeugen.

In die erste Kategorie geh~ren die relativ haufig beobachteten Falle yon Pulsus alternans bei Mitralfehlern und die zwei bei Aorten- aneurysmen, der eine dieser Falle ist in den letzten Charit6-Annalen yon F r K n t z e l verSffentlieht; es handelte sieh dabei um ,,ein Aneu- rysma der aufsteigenden Aorta mit gleiehzeitiger Insuffieienz d'er Aortenklappen", der zweite ist der yon mir beobachtete vorange- stellte dritte Fall bei einem 40jahrigen-Lehrer. Ftir diese beiden Arten der StSrung der mechanisch'en Verhaltnisse des Circulations- apparates ist folgendes Raisonnement wohl gestattet: Bei Mitral- fehlern ist das rechte Herz mit Blut tiberflillt und der linke Vorhof vermag, wenn Stenosirungen des Unken Atrioventricularostiums be- stehen, den linken Ventrikel nur mit Mtihe mit Blur zu bespeisen. Bei geniigend ausgesprochenen Diastolen wird der linke Ventrikel eine relativ gentigende Blutmenge aus dem Vorhof erhalten und in das Aortensystem sehleudern k~nnen; tritt aber der Ventrikel in einem zur Stenose verhaltnissmassig zu raschem Tempo aus seiner Diastole heraus, d. h. kehrt die Systole des Ventrikels (sei es in Folge entztindlieher Reizung des Herzmuskels, sei es unter dem Ein- flusse fieberhafter oder psyehiseher Erregung oder in Folge einer ven~sen oder sonstig toxisehen Besehaffenheit des Blutes oder sonst- wie voriibergehend erregten tterzens) schneller zurtick, so hat in der ktirzeren Zeit in den linken Ventrikel eine zu einem vollen Pulse ausreiehende Blutmenge nicht gelangen k~nnen. Die Folge hiervon wird ein verschieden kleinerer Puls sein und dieser kleinere Puls wird, d a die ArteHensystole zun~ehst unabh~ingig ist yon einer zu-

1) Zur PulsI~ehre. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. XVIII.

Ueber den Pulsus alternans. 359

fallig schneller eingetretenen zweiten Systole des Herzens, an irgend einer Stelle des absteigenden Sehenkels dieser primaren griJsseren Pulswelle erscheinen miissen. Ferner wird die Annaherung dieser kleineren secundaren Welle an die primare eine um so engere sein, je schneller die beiden Systolen des Herzens auf einander gefolgt waren und eine um so entferntere bei der entgegengesetzten Folge, d: h. im letzteren Falle wird die secundare Welle kurz vor der nachsten prim~iren gr~sseren Erhebung erseheinen und beilaufig so der Pulsus bigeminus sich als alternans prasentiren. Far das Letzt, gesagte Belegr mit Pulsbildern zu geben halte ieh kaum far n~thig, da aueh yon anderer Seite bereits die M~gliehkeit des Ueberffanges des einen in die andere Pulsart betont ist. Es steht kurz gesagt, um bekanntere Pulserscheinungen zum Vergleiehe noeh hier zu er- wahnen, der Pulsus bigeminus zum alternans in demselben Verhalt- niss nach meiner Erklarung wie der Pulsus dicrotus zum Pulsus capricans, d. h. je naehdem die dikrotische Welle hSher oben i. e. naher der primaren Welle oder tiefer unten, n~ther dem folgenden Pulse, ist, ist derselbe ein rein dikrotischer oder ziegensprung~hn- licher. Diese Bedingungen fur die mangelhafte FUllung des linken Ventrikels bei dem supponirten Herzfehler werden ferner um so gUnstigere sein, wenn zufallig noeh eine relative Insuffieienz tier Tricuspidalklappen dabei besteht; denn nun wird (vielleieht dutch die Lage des KSrpers und im weiteren Gefolge durch die hierdurch gegebene Richtung der Ostien) w~thrend der Contraction des Herzens das Blur vom rechten Ventrikel aus mehr in die Gebiete der Vv. eavae getrieben werden kSnnen als in die Art. pulmonalis, yon deren jeweiliger FUllung aber sehliesslich der Blutgehalt des linken Vorhofes i. e. des linken Ventrikels und des Arteriensystems ab- hangig ist. Aus einem bestehenden Venenpulse bei einer gleiehzeitiff mehr minder angedeuteten Arte'rienerhebung - - und um solehe handelt es sieh ja in den Fallen yon d0ppelter Herzaction oder Pul- sus alternans, wie ich naehgewiesen, allgemein - - kiJnnen wir somit nur den Schluss ziehen, dass trotz der gemeinschaftliehen Arbeit beider Herztheile in die Arterie zeitweise kein oder wenig Blut einstr~me, well durch die Tricuspidalinsuffieienz das Blut aus dem reehten Ventrikel zum Theil in die Vena cava regurgitire, statt in die Art. pulmonalis einzutreten. Auffallend bliebe be i diesem Cir- culationsphanomen nur die eigenthiimliehe rhythmische Folge im Fallungswechsel, der alternirende Pals. Aber diese Abhangigkeit des Pulses in der Arterie beztiglich seiner VSlle yore jeweiligen Abnehmen des Venenpulses demon~triren u, A. meine ersten betden

360 xvIII. J. SCHREmER

Krankheitsf~lle, wie ieh glaube, zur Gentige; aber ieh mtichte indess bier noch eines anderen Falles Erw~thnung thun, indem ieh diese Erscheinung n0ch deutUcher babe sehen kSnnen. Es handelte sich dabei um einen an ]~mphysem und Concretio pericardii leidenden Kranken, bei dem nach geringen Morphiumgaben 2 Tage vor seinem Tode die Respiration auffallend ver!angsamt wurde. In der Minute erfolgten 3 - - 4 Athmungen und vielleicht unter dem Einfluss dieser beobachtete ich einen Pulsus myurus, bald ascendens bald descen- dens, w~hrend der bestehende Venenpuls sich umgekehrt verhielt. Die im Ganzen undeutlichen Herztt~ne schienen sich beztiglich ihrer Deutlichkeit im Sinne des Venenpulses zu verhalten: wenn somit am Herzen - - der Spitzenstoss war k~um flihlbar - - drei oder vier T~ne mit abnehmender St~rke gehtirt wurden, trat an der Vene ein Pulsus myurus descendens, an der Arterie ein ascendens auf und umgekehrt, was doch nichts Anderes bedeutet, als dass unter den drei oder vier an Kraft abnehmenden Herzcontracfionen die relativ kfiiftigere nur deshalb in der Arterie einen relativ kleineren Puls erzielte, weil zur selben Zeit ein Theil des Blutes in die KtJrper- venen zurticktrat und umgekehrt eine schwache Herzeontraefion einen relativ volleren Puls zu Stande brachte, sobald mit Abnahme des Venenpulses mehr Bht nach dem linken Herzen hintiber gelangte; ~thnlich gestalten sich wohl auch die Verh~tltnisse bei Mitralklappen- insufficienz oder bei einer Combination dieser mit einer Stenose des Mitralostiums. Wie aber haben wir uns den Mechanismus in den yon F r ~t n t z e 1 und yon mir beobachteten F~tllen yon Pulsus alter- naris bei Aneurysmen zudenken? Zur Beantwortung sei hier vor- ausgesehiekt, dass beide F~lle eine erhebliche VerIangsamung ira Pulse zeigten, der erstere 56, der letztere 36--40 in der Minute. In dieser Pulsverlangsamung dtlrfen wir vielleicht den Ausdruek daftir erblicken, dass das Herz unter solchen Bedingungen nicht eher zu einer neuen Contraction herantritt, bis die grosse aus dem Aneu- rysma in das Arteriensystem auf einem Male eintretende Blutmenge sich allm~thlich und gleichm~tssig in der Peripherie vertheilt hat. Dass dem so ist, k~nnen wir durch die Palpation der Arterien er- kennen, erkennen wir aber besonders in dem yore sonstigen ab- weichenden Capillarpulse, auf den ich an einer andercn Stelle n~ther einzugehen gedenke. Wird nun das Herz aus einer der vorher ge- nannten Ursachen zu einer schnelleren Contraction a n g e r e g t - in meinem Fall durch K~rperbewegung- so hat bis zur zweiten Uber- raschten Contraction noch keine genUgende Blutmenge yon der Pe- ripherie her zum Herzen zurUckkehren kt~nnen und was der linke

Ueber den Pulsus alternans. 361

Ventrikel unter solehen Verhiiltnissen veto Vorhof bekommt und dem Artefiensystem geben kann, ist trotz seiner gentigenden Anstrengung eben nur ein Rudiment yon Puls~ der sieh beztiglieh seiner Lage zur vorherigen und zur folgenden gr~isseren Welle gerade so ver- halten wird, wie in tier obigen in dieser Beziehung gefiihrten Aus- einandersetzung.

Als zweite Entstehungsursache des Pulsus alternans k(innen wir uns, wie vorhin angedeutet, vorstellen, class das Herz sich abweeh- selnd stark und schwaeh contrahirt ohne dass sonst meehanische Hindernisse ftir den Bluteintritt oder Blutaustritt vorliegen. Dass derlei aber schon unter den eben genannten VerMiltnissen vorkommt, das lehren die verschiedentlich meinen Beobachtungen beigesetzten Herzcurven, in denen man bei genauerer Betrachtung entsprechend den gr(isseren und kleineren Wellen am Pulse hShere und niedri- gere Wellen als Zeichen des sti~rkeren und schwlicheren Herzstosses wiederholt wiederfindet. Ftir einen Theil dieser Fiille, sei es dass Herzfehler vorliegen oder nieht, ki~nnten wir vielleicht mit T r a u b e eine bestehende Liihmung des spinalen und eine Erregung des car- dialen Theiles des Herzhemmungssystems annehmen, wie z. B, ftir die Riegel'schen Erkrankungen des Oehirns~ ftir den Henoch'sehea Fall yon Diphtheritis; bei diesen Erkrankungen sehen wir ja nicht selten Pulsbeschleunigung mit Pulsverlangsamungen abwechseln. 1) Aber far die tiberwiegend grSssere Anzahl der F~ille ist folgende Ueberlegung vielleicht gestattet: Besteht in Folge einer Schwachung des Kiirpers tiberhaupt (Reconvaleseenz, Fieber, Aniimie, Kaehexie) gleichzeitig eine schw~ichere Herzth~tigkeit (Verfettung) und wird an einem solchen Organismus eine Mehrleistung, z. B. nut in der Be- wegung des KSrpers (6. Fall meiner Beobaehtungen) oder irgend welche andere Erregung des K(irpers gesetzt, so reagirt das Herz nach unserer tiiglichen Erfahrung am Krankenbett allgemein zu- niiehst hiiufig mit einer unregelmlissigen Action. Auf diese mannig- faehen Arythmieen hier niiher einzugehen, glaube ich der Kiirze wegen verziehten zu dtirfen und dies um so mehr, als dieser Gegen-

1) So babe ich noch vor wenigen Wochen einen Fall yon Urhmie bei einem 6ji~hrigen Knaben auf der hiesigen medicinischen Klinik beobachten kOnnen, bei dem die Herzactioll sub finem vitae bald zwischen 26 und 30 Schli~g'e~, bald zwischen 80 and L20 schwankte. Hierin liegt vielleicht jener yon T r a u b e prg- sumirte Kampf der beiden Centren, aber in einer etwas anderen Weise ausge- pri~gt; in diesem Kampfe k0nnten in dem einen oder in dem anderen Falle die beiden Centren sich fiir eine Zeit das Gleichgewicht halten und so eine Action des Herzens ausl0sen, die der bier in Frage kommenden vollst~ndig entspr~che.

362 XVIII. J. SCnrtEIBER

stand erst neuerdings yon N o t h n a g e l ausfUhrlieher behandelt wor- den ist. Nur zwei Beispiele eigener Beobachtung seien hier zum besseren Verst~ndnisse gestattet. Unter den eben genannten Ver- ht~ltnissen sehen wir bald blos den einen, bald blos den anderen Herzsehlag ausfallen und zwar bei demselben Individuum verschieden zu verschiedenen Zeiten.

~o.~.b. Die Curven :No. 52b u. 53 stammen yon einem an einem rechtsseitigen Empyem leiden-

c den Patienten, der ohne naeh- weisbare Ursaehe 2 Tage vor der Operation ftlr Stunden bald

~o. 5:~. die eine bald die andere Art des regelmiissig inter- mittirenden Pulses zeigte,

cintermittirend weil zur selben Zeit am Herzen ein schwaeher iTon h(ir- bar war. Ein anderer

~~ '~-~' Kranker mit hochgradigem Emphysema pulmonum vafiirte in folgendem Pals-

c rhythmus. Wir erkennen in diesen drei Arten

einen ganz bestimmten Pulstypus; der No..~. erstere (No. 54) zeigt einen regel-

massiffen Pulsus myurus, bei dem beiliiufig die zugeh~rigen tierzt(ine

c in einem gleiehen Yerhiiltniss-an Starke abnahmen u. s. w.; in lqo. 55 weehselt ein alternirender Pals ab

20. 56. mit einem ktirzeren Pulsus myurus, im dritten (No. 56) ist ein fast reiner

c Pulsus alternans gegeben. Hinzu- gefiigt sei noeh, dass wie im obigen Falle yon Empyem die Operation

in diesem letzteren Digitalis den irreguliiren Pals in einen regaliiren umgestaltete. Mit BerUeksiehtigung nut dieser zweier Beispiele er- innern wir nns der nieht seltenen Beobaehtung, dass unter den mannigfaehen Pulsirregularitiiten eine grosse Zahl gewissermaassen regelmassiger Arythmieen vorkommt, denen wir keineswegs eine so grosse Bedentung beilegen, wie dies zum Theil far den Pulsus

Ueber den Pulsus alternans. 363

alternans geschieht. Es wird dies um so auffiilliger, wenn wir den letzteren gar aus dem ersteren direct hervorgehen sehen. Hiermit sei nut de r Hinweis darauf gestattet, dass der Pulsus alternans ftir viele F~le absolut keine speeifische Bedeutung babe, die etwaige Prognose nicht mehr und nicht minder wie jede andere Pulsirregu- laritiit beeinfiusse; dass~ er zweitens da, wo die Traube'sche Theorie vielleicht eine berechtigte Anwendung finden k(innte - - bei Diph- theritis, bei Gehirnerkrankungen, bei Erkrankungen des Central- nervensystems tiberhaupt - - wohl auch kaum mehr zu bedeuten babe, als die abwechselnd unter solchen Verhiiltnissen erseheinende abnorme Pulsbesehleunigung und Pulsverlangsamun:g. Drittens flir die Fiille, in denen als Ursache e i n mechanisches Hinderniss im Circulationsapparat ffegeben ist, kann der Pulsus alternaus dauernd und als relativ normaler auftreten, wie dies der erste Fall meiner Beobachtungen lehrt und vortibergehend mit derselben allgemeinen Bedeutung wie unter 1. Ich mSchte als viertens noch resumiren, dass auch nach meinen Beobachtungen der Pulsus alternans 1) un- beeinfiusst yon Digitalisgebrauch und 2) nach dcmselben ebenso herVorteten wie verschwinden kann, analog der gewShnliehen Ein- wirkung dieses Mittels~ unter dem ja der Puls beztlglich der Fre- quenz gleichfalls nach der eiuen und nach der anderen Richtung sich veriindern kann; dass endlich ftinftens die gesonderte Action des rechten Ventrikels nach den yon mir gegebenen, dem Anschein nach exquisiten Krankheitsf~tllen, sowie nach meinen experimentellen Untersuchuugen zun~tchst als mindestens nicht erwiesen zu betrach- ten ist. 1)

Ich habe reich in der vorliegendeu Arbeit. fiir die in Frage kommenden abwechselnd hohen und niederen Pulswellen bisher fast

~o. 57. 1) Bei meinen fortgesetzten Beobachtungen des in Rede ste- henden Pulses ist es mir sehr wahrscheinlich geworden, dass derselbe auch dadurch entstehen c kSnne, dass die VorhSfe jedes zweite Mal sich schw~tcher oder gar nicht contrahiren. Die Curve No. 5] stammt yore Herzstosse eines Kranken mit Pulsus alternans, bei dem iibrigens die zweite kleinere Welle yon der Arterie zuweilen ganz fehlte. Die letzteren nun fielen zusammen mit den Herzerhebungen a a a, denen die bei b b b auch schon fiir die Palpation deut- lich kenntlich gewesenen Vorhofscontractionen c c c far Geft'thl and Zeichmmg fehlten.

364 XVIII. J. SCHREIBER

stets der Bezeiehnung ,,Pulstls alternans" bedient, obwohl eine ge- nauere Beobachtung der einzelnen zeigen dtlrfte, dass ihr Grund- charakter nieht durehgehends derselbe, eder richtiger, dass die meisten eigentlich Pulsus bigemini gewesen. R i e g e l hat in seinen wiederholt eitir~en Ver(iffentliehungen diesen Unterschied namentlich betont und es ertibrigt daher noch zum Schluss auf die Frage naeh dem lqutzen und der Berechtigung dieser Unterseheldung mit einigen Worten einzugehen: T ra u b e 1) differenzirt diese beiden verwandten Pulsarten in folgender Weise: ,,das Wesen des Pulsus bigeminus be- steht darin, dass auf je zwei Pulse, die im Aortensystem entstehen, eine liingere Pause folgt . . . . . mit diesem hat der Pulsus alternans das gemein, dass der normale Rhythmus nicht dureh eine Arhythmie, sondern durch einen fremdartigen Rhythmus ersetzt wird, bei wel- c h e m j e zwei aufeinander folgende Pulse in nitherer Beziehung zu einander stehen; es handelt sich um eine Aufeinanderfolge hoher und niedriger Pulse, die in der Art vor sich geht, dass regelmiissig auf einen hohen ein niedriger Puls t.blgt und dass dieser niedrige Puls yon dem nachstfolgenden hohen durch eine ktirzere Pause ge- schieden ist als yon dem hohen Pulse, der ibm vorhergeht." Mit Anerkennuug dieser von Tr au b e gegebenen Unterscheidffng hebt R i e g e l 2) bezUglich des Pulsus alternans noch hervor: dass bier abweehselnd hohe und niedrige Pulse aufeiuander folgen, die beide yon der gleiehen Basis ausgehen, wahrend die Gipfelpunkte in ver- sehiedener H(ihe liegen. ,,Mit Zugrundelegung dieser Verhi~ltnisse mtissen die frUher mitgetheilten Pulse als eehter Pulsus bigeminus bezeiehnet werden u. s. w.:'

Ich babe vorher bereits gezeigt, dass die griissere oder gerin- gere Anniiherung der kleinen Pulswelle an die vorhergehende und folgende h(ihere yon untergeordneter Bedeutung ist, dass in dieser Beziehung Uebergiinge vorkommen k(innen; dasselbe gilt nun auch far das yon R i e g e l hervorgehobene Unterseheidungsmerkmal. Ob- zwar yon beiden Autoren die innere Verwandtschaft beider P[fis- arten zugestanden wird, meint R i e g e l dennoeh, dass als rein alter- nirender Puls nur der zu bezeichnen sei, dessen Basen in eine gerade Linie fallen. Betraehten wir aber die Falle, auf die bin R i e g e l diese Trennung wLinscht - - es sind das der yon T r a u b e und S t r i e k e r besehriebene - - so sehen wir, dass diese Bedin- gungen an den yon den genannten Autoren gegebenen Curven keines- wegs erftillt werden; eiue dutch die Fusspunkte der hohen Pulswelle

1) Vgl. Berliner klinische Wochenschr. Jahrg. 1872. No. 16. S. 185. 2) Deutsch. Arch. f. klin. Medicin. Bd. XVIII. S. 507.

Ueber den Pulsus alternans. 365:

gelegte gerade Linie zeigt uns, dass die Basen der kleineren Puls- wellen durchweg, wenn auch nur etwas, hiiher stehen und nur so fief scheinen, weil die Zeichnungen im Ganzen klein sind. Bei einiger 8erUeksichtigung der Curvenzeiehnungen meines ersten Falles ist dieser Weehsel in der Lage tier kleinen Welle, der allerdings leieht zu obiger Verweehselung flihren kann, erkenntlich u n d e s beruht diese Erseheinung auf Druekverhaltnissen in der Feder des Sphygmographen, auf einer diekeren oder dtinneren Besehaffenheit der Weiehtheile des Armes u.s.~w. Nichts destoweniger besteht die Beobachtung R i e g e I's zu Recht, dass n~mlieh alternirende Pulse vorkommen, und zwar gleichgipfiige und gleichbasige; yon letzteren sind bisher, so welt mir bekannt~ noch keine ver(iffentlicht, ausser den yon mir bei einem Typhusreeonvalescenten im Falle 9 (No. 48) und den in der Anmerkung notirten Fall 11 (No. 50) beobachteten, auf deren beigesetzte Curven ich deshalb bier verweisen mtichte; gleichzeitig bemerke ich~ dass ich dieselben vereint mit gleichgipf- ligen, alternirenden Pulsen im zehnten Fall (No. 49) und im elften Fall (No. 50), wie die betreffenden Curven zeigen, habe beobachten k(innen. Zur Vervollst~ndigung des Gesagten muss ieh indess hinzu- fiigen~ dass eine der in Rede stehenden ~ihnliche Pulsart auch yon R i e g e l 1) selbst beobachtet und ver~ffentlicht ist, die er als eine Unterart des Pulsus alternans bezeichnet und die darin besteht, dass ein hoher nnd ein niederer, hierauf ein hiiherer, der aber niedriger ist, als der erste, und endlich viertens ein rudiment~rer Puls, die sfimmtlich yon gleicher Basis ausgehen, rhythmisch aufeinander fol- gen. R i e g e l sehliigt vor, diese Art als Pulsus alternans duplieatus zu benennen; dem gegeniiber ist es nail" yon hohem Interesse an dieser Stelle einen nach R i e g e l als echten Pulsus bigeminus anzu- sehenden Puls zu verSffentlichen~ ~ der in fast gleichem Sinne wie der vorherige, d. h. als Pulsus bigeminus duplicatus sich verhi~lt (in dem bier die kleineren Wellen in je 4 Pulsen unter sich wieder alterniren), und somit gleichzeitig geeignet ist, yon Neuem die grosse Verwandtschaft beider Pulsph~nomene zu documentiren. Es stammt diese Cm've (No. 58 a - - 58 b) yon dem ersten der ~ vorangestellten

No. 58 a.

]) Ibidem 508.

366 XVIII. J. SCHREIBER

Fiille und zwar babe ieh sie neben anderen gewShnlich alternirenden vor mehreren Woehen wiederholt auftreten sehen.

I%. 58 b.

Die Herzcurve 58 b zeigt zur Gentige, worauf diesc Erscheinung beruht; es verhalten sich die Contractionen des Herzens dabei be- ztiglich ihrer Intensit~t gleichsam wie in einer Verbindung der zu einem Pulsus myurus mit einem alternans gehSrigen HerzthRtigkeit bei einem entsprechenden Wechsel in der Zeitdauer der einzelnen Diastolen. 0b auf einer folgenden hohe und niedere Pulse jeweilig eine gleichgipflige oder gleichbasige Besehaffenheit haben, wird wohl im Ganzen davon abh~ngen, ob das Herz aus irgend welcher Ursache in der der ersten normale~ Systole folgenden Diastole auf einer halben systolischen Contraction stehen bleibt oder aber in die volle Diastole llbergehend nur einer zweiten schwiicheren systo- lischen Contraction fahig wird. Von vornherein wiire vielleicht zu vermuthen, dass in den FKllen, in denen mechanische Fehler im Herzen gegeben sind (Mitralfehler) dureh die m~ngelhafte Ftlllung des linken Ventrikels dieser selbst nicht in die volle Diastole tiber- geht, und sieh yon :Neuem contrahirt, w~hrend die vorherige Puls- welle noch nicht vollstlindig abgelaufen ist; unter solchen Verhlilt- nissen mUsste der zweite kleinere Puls im absteigenden Sehenkel des vorherigen gr~sseren liegen, d. h. mehr minder gleichgipflig sein; dasselbe mtissen wir uns far die zweispitzigen Wellen der physiologisehen Experimente vorstellen, indess dass bier ohne me- chanische Herzfehler das Herz jedes zweite Mal aus aaderen Ur- sachen nicht in die volle Diastole zurtickkehrt. In den anderen F~llen vielleicht yon fieberhafter oder sonstiger Schw~ehe des KiJr- pers oder des Herzens (z. B. in den yon R i e g e l und mir beobach- teten) wtlrde das tterz zwar in die volle Diastole stets zurUckkehren, aber das zweite Mal sieh schwiieher c~ntrahiren und hierdurch die in ihrer I-I~he differentcn Pulse als gleiehbasige erseheinen.

Dass aber die eben gegebene Auseinandersetzunff hi~ehstens theoretiseh berechtigt ist, dass mannigfache Combinationen m~fflich sind, das zeigen z. B. der zehnte und elfte Fall meiner Beobach-

Ueber den Pulsus alternans. 3fi7

tungen, in welchen zum Sehluss der Curven eine gleiehbasige Alter- nirung im Anschluss an gleiehgipflige b~zw. umgekehrt im elften Falle erscheinen ; das beweisen die mannigfaehen Herzcurven, die auch in Fallen yon Herz- ~o..~.~. fehlern in der oben ge- nannten Beziehung alter- c niren. Um diesen Ueber- gang an Pulsen, die beispielsweise yon Mitralfehlern stammen, zu demonstriren, verweise ich auf :die in Wolff 's~) Lehrbueh tiber den Arterienpuls gegebene Pulscurve No. 216. In derselben finden wir neben einem gleiehgipfligen Pulsus trigeminus einen soiehen mit gleiehen Basen und abnliehes im Beginn des dritten Curvensehnittes der oberen Reihe in No. 221. Wtirde dieses allein neben der yon T r a u b e und R i e g e l zu- gestanden,en inneren grossen Verwandtschaft dieser beiden Pulsarten vielleieht schon gentigen sie aueh vollstandig zu identifieiren, so wird digs, wie ieh glaube, zur Gewissheit nach folgenden yon mir experi= mentell an Hunden gefundenen Curvenzeiehnnngen.

Die Curve No. 59, die yore rechten Ventrikel eines eurarisirten Hundes, bei dem die Athmung suspendirt wurde, stammt, zeigt, wie bald die Curvengipfel, bald die Basen in gleieher Linie stehen, d. h. wie das Herz bald aus der halben Diastole in die naehste Systole, bald aus tier vollen Diastole in, eine folgende schwa- there Systole iiberging. Exquisiter finden wit diese Uebergange in einer yon M a r e y 2) bei Gelegenheit anderer Versuehe gewonnenen und in-seinem Werke verSffentliehten Curve, dig ieh hier zum Theil (No. 60) wiedergebe: es heisst bezUglieh derselben in dem oben genannten Werke: ,,II s'agit d'un eoeur (de tortues) dont le s6rum a 6t6 empoissonn6 par l'6m6tique etc." Hieraus war sehon zu vermuthen, (lass unter solehen Verhi~ltnissen aueh der Pals in der Arterie gleiehe Uebergitnge zeigen miisste und dass dem thatsi~ehlieh so sei, ergab zuf~llig ein folgender Versueh: die naeh-

1) o.J.B. Wolff, Charakteristik des Arterienpulses. Leipzig. 1865. S. 123 if.

2) Physiologie exp6riInentale. Travaux du laboratoire de M. iMarey. II. 187(i. Paris. p. 168. No. IV.

368 xvIII. J SC~REIBE~, Ueber den Pulsils alternans:

stehende Curve (No. 61 ) s t ammt aus der Carotis eines unter dieselben experi- mentellen Beding.ung.en wie zuvor ge- brachten Hundes; der erste Theil is t bei intacter, der zweite bei suspendirter ~ t l i e h e r Athmung. g.ewonnen. Sie de- monstrirt auf das evidenteste die Rich- tig.keit meines bereits oben geg'ebenen Verg.leiches des Pulsus alternans und big.eminus mit dem Pulsus dicrotus und capricans, d. h. d e s mSg.liehen Ueber- g.ang.es des einen in den anderen: die ersten fttnf bis sechs Pulse des zweiten Absehnittes namlich erscheinen als zwei- spitzig.e Wellen, als reiner Pulsus big.e- minus, mit jedem folgenden sinkt der zweite kleinere immer deutlicher wer- dende Puls tiefer herab, um im aeht- zehnten und neunzehnten u. s. w. als reiner alternans sieh zu prasentiren; yon hier ab waehst derselbe als g.leieh- basiger immer h~her, um sehliesslieh in den normalen ttberzug.ehen.

Ieh g.laube kaum~ dass noeh ein weiteres zur Erklarung. dieser Curve hin, zuzufUg.en ware und dass sie allein sehon hinreieht, um die volle Identitat des Pulsus alternans und big.eminus zum mindesten als sehr wahrscheinlich er- scheinen zu lassen.