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252 ~Tber den ,,Sama-Zustand" der Atmosphere. Von Wilhelm Anderson in Dorpat. (Eingegangen am 12. Juli 1923.) Nach der gewShnlichen Ansicht kann in einer Atmosphere nur dann ein adiabatischer Temperaturgradient entstehen, wenn diese Atmosphere durch KonvektionsstrSme geniigend stark durchmischt wird. Nun hat Herr R. yon Dallwitz-Wegner in dieser Zeitschrift 15, 280--286, 1923 eine Theorie aufgestellt, naeh weleher der Temperaturgradient eine unmittelbare Fo]ge der Gravitation sei (also eine ununterbrochene Durchmischung der Atmosph~ire durch Kon- vektionsstrSme gar nich~ nStig sei). Eine solche Ansieht ist nieht neu, sie wurde yon Aug. Sehmidt, yon A. Ritter und eine Zeitlang auoh yon Losehmidt vertreten. ]hre Unhaltbarkeit ist in sehr fiberzeugender Weise dutch R. Emden erwiesen wordenl). Darum meine ieh~ daft der ,Sama-Zustand a viel- leicht nut bei iiuflerster Gasverdiinnung mSglich isL wo die gegen- seitigen ZusammenstSfe der Molekiile keine Rolle mehr spielen. Weiter sagt Herr von Dallwitz-Wegner: ,Bef~rdert man ein Gas in einem allseitig geschlossenen Gefiif nach oben, ... so kiihlt sich auch dies Gas aus denselben Griinden ab ... Auch das Gef~f svlbst mug sich abkfihlen." Eine solche Ansieht halte ieh fiir unriehtig. Wenn in einem sehr verdiinnten Gase ein Molekiil steigt, so muff seine Geschwiudigkeit abnehmen~ well seine kinetische Energie sieh in potentivll~ Energie der Lage verwandelt. Wenn wir aber ein Gas ira allseitig gCschlossenen Gvfiifl nach oben befSrdern~ so geschieht dies nur dutch Arbeitsleistung unsererseits und nieht auf Kosten der kinetischen Energie der Gasmolekiile; also ist fiir eine Abkiihlung gar kein Grund vorhanden. Aueh Emden ist der Meinung, dab durch blofe ,Hebearbeit" hie eine Abkiihlung zustande kommen kann 2). 1) R. Emden, Gaskugeln, S. 461 f. Leipzig und Berlin 1907. ~) 1. e.~ S. 459 f.

Über den „Sama-Zustand“ der Atmosphäre

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Page 1: Über den „Sama-Zustand“ der Atmosphäre

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~Tber d e n , , S a m a - Z u s t a n d " d e r A t m o s p h e r e .

Von Wilhelm Anderson in Dorpat.

(Eingegangen am 12. Juli 1923.)

Nach der gewShnlichen Ansicht kann in einer Atmosphere nur dann ein adiabatischer Temperaturgradient entstehen, wenn diese Atmosphere durch KonvektionsstrSme geniigend stark durchmischt wird. Nun hat Herr R. yon D a l l w i t z - W e g n e r in dieser Zeitschrift 15, 280--286, 1923 eine Theorie aufgestellt, naeh weleher der Temperaturgradient eine unmittelbare Fo]ge der Gravitation sei (also eine ununterbrochene Durchmischung der Atmosph~ire durch Kon- vektionsstrSme gar nich~ nStig sei).

Eine solche Ansieht ist nieht neu, sie wurde yon Aug. Sehmid t , yon A. R i t t e r und eine Zeitlang auoh yon L o s e h m i d t vertreten. ]hre Unhaltbarkeit ist in sehr fiberzeugender Weise dutch R. E m d e n erwiesen wordenl). Darum meine ieh~ daft der ,Sama-Zustand a viel- leicht nut bei iiuflerster Gasverdiinnung mSglich isL wo die gegen- seitigen ZusammenstSfe der Molekiile keine Rolle mehr spielen.

Weiter sagt Herr von D a l l w i t z - W e g n e r : ,Bef~rdert man ein Gas in einem allseitig geschlossenen Gefiif nach oben, . . . so kiihlt sich auch dies Gas aus denselben Griinden ab . . . Auch das Gef~f svlbst mug sich abkfihlen." Eine solche Ansieht halte ieh fiir unriehtig. Wenn in einem seh r verdiinnten Gase ein Molekiil steigt, so muff seine Geschwiudigkeit abnehmen~ well seine kinetische Energie sieh in potentivll~ Energie der Lage verwandelt. Wenn wir aber ein Gas ira allseitig gCschlossenen Gvfiifl nach oben befSrdern~ so geschieht dies nur dutch Arbeitsleistung unsererseits und nieht auf Kosten der kinetischen Energie der Gasmolekiile; also ist fiir eine Abkiihlung gar kein Grund vorhanden. Aueh E m d e n ist der Meinung, dab durch blofe ,Hebearbei t" hie eine Abkiihlung zustande kommen kann 2).

1) R. Emden, Gaskugeln, S. 461 f. Leipzig und Berlin 1907. ~) 1. e.~ S. 459 f .