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H. Reiny tincl C. Koch. Priifimg chen1ischer Nebel cauf elektr. Ladungen. 69 her die bei chemischen Realttionen auftretenden Nebel. lil. PrUfung chemischer Nebel auf elektrische Ladungen. Von H. REXY und C. KOCH. Mit 7 Figuren im Text. Es lag die Annahme nahe, daE fiir die Stabilitatsbedingungen und die GesetzmaBigkeiten der Absorption chemischer Nebel elek- trische Ladungen der Nebelteilchen maBgebend sein kdnnten. Bus diesem Grunde wurden die chemischen Nebel von uns auf elektrische Ladungen eingehender untersucht, als es bisher geschehen ist. Zwar berichtet V. ROTHMUND I), dab er weder bei seinen ,,Ozon- nebeln" noch bei Salmiaknebeln elektrische Ladungen hat beobachten kgnnen. Bereits K. WESENDONCK z, hat bei Gelegenheit von Unter- suchungen uber das LeitvermSgen von Flammengasen Salmiaknebel auf ihre elektrische Ladung gepruft, ohne eine solche feststellen zu kijnnen. Andererseits hat jedoch J. S. TOWNSXND 3, die elektrische Ladung von bei chemischen Reaktionen entweichenden Gasen, z. B. von durch Einwirkung von Salzsiiure auf Eisen gebildetem Wasserstoff, zu deren Nebelgehalt bzw. ihrer Eigenschaft, bei Beruhrung mit Wasser Nebel zu bilden, in Beziehung zu setzen gesucht. Er findet, daB zwar die Ladung im wesentlichen von dem Gase, das die Nebelteilchen mitfiihrt , getragen wird , weniger von den Nebelteilchen selbst, daE aber die Bestandigkeit der Nebel jedenfalls von der Ladung dieses (lases abhangt. Zu diesem letzteren Ergebnis stehen aller- dings in einem gewissen Gegensatz Versuche, die TOWNSEND ein Jahr spater veriiffentlicht hat und in denen er wenigstens fiir die beim Durchleiten eines Ozon-Sauerstoffgemisches durch Jodkalium- losung auftretenden Nebel keine Ladung, weder auf den Nebel- teilchen noch in dem Gase, festzustellen vermochte. Die bis jetzt vorliegenden Versuchsergebnisse gaben noch kein klares Bild, insbesondere da sich im allgemeinen aus ihnen nicht I) iilonabhefte fiir Chenzie 39 (1918), 571. 9 Proc. Cambridge Phil. Soc. 9 (1897), 244. Wiedern. Ann. 66 (1898), 132.

Über die bei chemischen Reaktionen auftretenden Nebel. III. Prüfung chemischer Nebel auf elektrische Ladungen

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Page 1: Über die bei chemischen Reaktionen auftretenden Nebel. III. Prüfung chemischer Nebel auf elektrische Ladungen

H. Reiny tincl C. Koch. Priifimg chen1ischer Nebel cauf elektr. Ladungen. 69

h e r die bei chemischen Realttionen auftretenden Nebel. lil.

PrUfung chemischer Nebel auf elektrische Ladungen. Von H. REXY und C. KOCH.

Mit 7 Figuren im Text.

Es lag die Annahme nahe, daE fiir die Stabilitatsbedingungen und die GesetzmaBigkeiten der Absorption chemischer Nebel e lek- t r i s c h e L a d u n g e n d e r Nebel te i lchen maBgebend sein kdnnten. Bus diesem Grunde wurden die chemischen Nebel von uns auf elektrische Ladungen eingehender untersucht, als es bisher geschehen ist. Zwar berichtet V. ROTHMUND I), dab er weder bei seinen ,,Ozon- nebeln" noch bei Salmiaknebeln elektrische Ladungen hat beobachten kgnnen. Bereits K. WESENDONCK z, hat bei Gelegenheit von Unter- suchungen uber das LeitvermSgen von Flammengasen Salmiaknebel auf ihre elektrische Ladung gepruft, ohne eine solche feststellen zu kijnnen.

Andererseits hat jedoch J. S. TOWNSXND 3, die elektrische Ladung von bei chemischen Reaktionen entweichenden Gasen, z. B. von durch Einwirkung von Salzsiiure auf Eisen gebildetem Wasserstoff, zu deren Nebelgehalt bzw. ihrer Eigenschaft, bei Beruhrung mit Wasser Nebel zu bilden, in Beziehung zu setzen gesucht. Er findet, daB zwar die Ladung im wesentlichen von dem Gase, das die Nebelteilchen mitfiihrt , getragen wird , weniger von den Nebelteilchen selbst, daE aber die Bestandigkeit der Nebel jedenfalls von der Ladung dieses (lases abhangt. Zu diesem letzteren Ergebnis stehen aller- dings in einem gewissen Gegensatz Versuche, die TOWNSEND ein Jahr spater veriiffentlicht hat und in denen er wenigstens fiir die beim Durchleiten eines Ozon-Sauerstoffgemisches durch Jodkalium- losung auftretenden Nebel keine Ladung, weder auf den Nebel- teilchen noch in dem Gase, festzustellen vermochte.

Die bis jetzt vorliegenden Versuchsergebnisse gaben noch kein klares Bild, insbesondere da sich im allgemeinen aus ihnen nicht

I ) iilonabhefte fiir Chenzie 39 (1918), 571.

9 Proc. Cambridge Phil. Soc. 9 (1897), 244. Wiedern. Ann. 66 (1898), 132.

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70 H. Rmy und C. Koch.

die GrBBenordnung von Ladungen, die sich der Feststellung ent- zogen haben konnten, ersehen lafit. Deshalb schien uns eine Nachpriifung der Nebel auf ihre etwaigen elektrischen Ladungen, unter besonderer Beriicksichtigung auch der Empfindlichkeit der in Anwendung gelangenden Methoden im Zusammenhang rnit den von uns bearbeiteten Problemen unerlaBlich zu sein. Die Versuche wurden vorwiegend an feuchten Sa lmiaknebe ln angestellt. Bei den empfindlicheren Versuchsanordnungen wurden auch noch f eucht e S c h w e f elt ri o x y d - bzw. S c h w e f e ls a u r e n e b e l zum Vergleich herangezogen.

1. Versuche rnit Blattelektrometer. Zu diesen mehr orientierenden Versuchen wurde ein Blatt-

elektrometer nach EXNER mit Ablesevorrichtung nach ELSTER und GEITEL benutzt. Dasselbe bestand im wesentlichen aus zwei an einem kurzen Messingstabe, dessen unteres Ende in eine 10-Liter- kame aus Eisenblech isoliert eingefii gt war, befestigten Aluminium- blattchen. Bei den Messungen wurde der kurze Messingstab durch oben oder unten angeschraubte, 16 cm lange, als Zerstreuungskorper dienende Messingst'abe verlangert. Die Kapazitat des Instrumentes betrug mit dem oberen Stab allein 4,5 cm, allein mit dem unteren Stab innerhalb der Blechkanne 6,6 cm. Einem Ausschlag der Bliitt- chen urn 10 Skalenteile auf jeder Seite entsprach ein Potential von 150 Volt, das auf 220 Volt erhoht werden muBte, um einen Aus- schlag von 18 Skalenteilen zu erzielen, wgihrend durch Erniedrigung des Potentials auf 70 Volt die Blattchen bis auf Skalenteil 5 zuruck- gingen.

Bei der ersten Versuchsreihe wurden Sa lmiaknebe lq in einen au6erlich rnit Zinnfolie belegten und, wie Fig. 1 schematisch zeigt, mit dem unteren Messingstab leitend verbundenen Erlenmeyerkolben von 300 ccm Inhalt eingeleitet. Ein Blittchenausschlag wurde hierbei nicht hervorgerufen.

Wurde das Elektrometer aufgeladen und die Abfallgeschwindig- keit der Blittchen einmal bei gleichzeitigem Einleiten der Nebel, andererseits ohne Nebel beobachtet, so ergab sich sowohl bei posi- tiver, wie bei negativer Auf ladung des Elektrometers eine Verringe- rung der Abfallgeschwindigkeit (siehe Tabelle I), wahrend wenigstens

I) vgl. 2. morg. zc. a l g . Chem. 138 (1924), 167. e, Die Erzeugung derselben ist in unserer ersten VerSffentlichung be-

schrieben worden.

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Priifung chemiseher Nebel auf slelctrische Ladungen. 71

fur eine Art der Aufladung eine Vergr6Berung der Abfallgeschwin- digkeit zu erwarten gewesen wtire, falls die Nebel Ladungen getrageu hatten. Die Verzogerung des Blattchenabfalls durch die Nebel riihrt daher, da6, wie lange bekannt, Nebelteilchen die Leitfahigkeit der Luft durch Abfangen der darin enthaltenen Ionen herabmindern.')

18,O 18,0 18,O 18,O 15,O 15,O

Fig. 1.

~~

15,7 15,9 15,7 16,5 13,O 13,5

Versuchsbedingungen

Pos. Aufldg.; ohneNebe1 :, ,, mitNebeln ,, ,, ohneNebel ,, ,, mitNebeln

Neg.Aufidg.; ohn.Nebe1 ,, ,, mitNebeln

1 Fig. 2. Fig. 3.

Tabelle 1.

__ 13,6 11,s 1 10,3 14,l 12,6 11,4 13,7 12,O 10,5 15,2 13,7 12,4 11,4 9,9 8,7 12,l 1 ll,o 10,o

7,g I 9,3 I,

ihnliche Ergebnisse wurden auch bei den wechselnden Ver- suchsbedingungen erhalten, die durch die Figg. 2-4 dargestellt sind.

Bei der durch F'ig. 2 dargestellten Anordnung glitt der Nebel langs eines etwa 30 cm langen, starken Kupferstabes, der von einem 4 cm weiten Eisenblechrohr umgeben war, hinab. Wurde statt des Nebelstromes Luft durchgeleitet, so erfolgte auch hier wieder eine VergraBerung der Abfallgeschwindigkeit (vgl. Tabelle 2).

Kein Unterschied zwischen nebelfiihrender und nebelfreier Luft ergab sich bei der Versuchslanordnung der Fig. 3, in der der Messingstab von einem 0,7 cm weiten, unten rechtwinklig um- gebogenen Glasrohr umgeben war (Tabellen 3 und 4).

l) Vgl. z. B. J. ELSTEB n. H . GEITEL, Phys. Zeitschr. 7 (1906) 370.

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.. ._

Versuchsbedinguogen

Fig. 4.

4 6 1 8 1 10 Minuten O I 2

14,7 11,2 9,O 7,4 6,2 5,2

Tabe l l e 4. (Neg. Aufladung.)

Pos. Aufldg.; Luft / 14,7 14,7 11,4 12,5 $ 1 :$ :$ :!

7) 7 ) Nebelstrom{l i::; :2i I 11,3 10,O 9,6 I 1 8,4 8,9 7,4

Luft Nebel Luft Sebel Luf t Nebel Luft

Nebel Luft

Nebel

\Skalentei*e

0

12,o 12,o 12,o 12,o 12,o 12,o 12,o 12,o 12,o 12,o

2

10,2 10,2

9,9 9,s 996

1@,2 10,o 979

10,o 9.9

Eine VerzSgerung der Entladung war wieder feststellbar, wenn der Nebelatrom entsprechend cler i n Fig. 4 skizzierten Ver-

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Biifwng chemischer Nebel auf elektyisclie Ladungen. 73

suchsanordnung gegen eine 4,5 cm Durchmesser habende Metall- scheibe geleitet wurde. Dagegen macht es keinen Unterschied, ob man Luft gegen die Platte leitet oder gar kein Gas zufiihrt (Tabelle 5).

Tabe l l e 5.

~ -

15,O 15,O 15,O 15,O 15,O 15,O 15,O 15,O 15,O 15,O

Versuchsbedingungen

Apperatur in Ruhe; neg. Aufladung

-4pparatur in Ruhe; pos. Aufladung

Einleiten von Luft; pos. Aufladung

Einleiten v. Nebeln; pos. Aufladung

Einleiten v. Nebeln; neg. Aufladung

_ _ _ _ - ~ _ _ ~ ._--___

13,2 13,2 13,O 13,l 13,O 13,l 13,6 13,s 13,5 13,Q

2. Vereuche mit starkem elektrischen Feld. Bei diesen Versuchen (vgl. Fig. 5) befanden sich die Nebel in

einem 3,2 cm weiten, 85 cm langen Glasrohr, in welchem zwischen zwei in einem Abstand von 2 cm gegeneinander isoliert befestigten Eisenschienen ein starkes elektrisches Feld erzeugt werden konnte. Die Eisenschienen waren in mittlerer Kthe durchboh'rt, so daB der Lichtkegel einer Bogenlampe hindurchgesandt werden konnte, dessen Warmestrahlen durch Passieren einer im ganzen 26 cm langen Schicht einer sehr verdiinnten Kupfersulfatlosung zuruckgehalten wurden. Innerhalb des Lichtkegels waren die Nebelteilchen so deut- lich sichtbar, da8 eine geringe Bewegung auch eines einzelnen Teil- chens unter dem EinfluB des elektrischen Feldes hatte erkannt werden mussen. Es lieB sich berechnen, daB eine seitliche Be- wegung der Teilchen mit der Geschwindigkeit von 1 mm/sec, die noch sicher beobachtbar gewesen ware, durch Aufwendung einer Feldst'arke von 6500 Volt/cm hatte hervorgerufen werden miissen, wenn jedes Teilchen nur mit e ine m elektrischen Elementarquantum behaftkt gewesen ware. I n der Tat wurde jedoch mittels einer In- fluenzmaschine eine Spannung von mindestens 17 000 Volt (ent- sprechend einer Feldstfirke von 8500 Voltlcm) erzielt, wie sich durch Messung der Schlagweite elektrischer Funken nachweisen lieB.

Auch mittels dieser Versuchsanordnung, durch die eine Ladung auf e inz eln en Nebelteilchen nachweisbar gewesen ware, die selbst bei fehlender G e s a m t a u f l a d u n g des Nebels hatte in Betracht kommen konnen, war weder an Salmiaknebeln noch an aus rauchender

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14 X Remy zcnd C. Koch.

Schwefelsaure abgeblasenen Nebeln irgendeine elektrische Aufladung zu konstatieren. (Naturlich tritt momentan ein Niederschlagen der Nebelteilchen an den Elektrodenplatten ein, wenn dieselben so hoch aufgeladen werden, daB die dazwischenliegende Luftschicht ionisiert wird.)

I--

Fig. 5.

3. Versuche mit Quadrantelektrometer. Zu diesen Versuchen wurde ein Quadrantelektrometer nach

HALLWACHS mit einer an einem Platinfaden von 15 ,u Durchmesser aufgehangten Nadel aus Aluminiumblech benutzt. Die Ablesung des Instruments erfolgte mittels Spiegel und Skala. Letztere befand sich in einer Entfernung von 3,20 m vom Instrument und war in halbe Zentimeter geteilt.

Bei der zunachst vorgenommenen Reproduzierung der TOWNSEND- schen Versuche mit durch LSsen von Eisen in Schwefelsaure dar- gestelltem Wasserstoff wurde eine infolge Verwendung eines dickeren Platindrahts (25 p) weniger empfindliche Versuchsanordnung benutzt, durch die aber der von TOWNSEND festgestellte Effekt: positive Auf-

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Prufzliag chemischer Nebel azlf elektrische Ladungen. 75

ladung des Wasserstoffs nach Waschen desselben mit Kalium- permanganatlijsung und konz. Schwefelsaure bestiatigt werden konnte. Nur durch Wasser perlender feuchter oder durch Glaswolle filtrierter trockener Wasserstoff zeigte unter diesen Versuchsbedingungen keinen Effekt.

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76 H. Remy und C. Koch.

Die zu den hierauf vorgenommenen Versuchen rnit Sa lmiak - neb e ln benutzte Versuchsanordnung ist in der Fig. 6 schematisch dar- gestellt. Dieselbe war so gewahlt, daB die Bedienung der ganzen Appa- ratur von dem am Fernrohr befindlichen Beobachter ohne Ortsverande- rung erfolgen konnte. Dies erwies sich als zur moglichsten Vermeidung von Stijrungen des nur unvollstiinndig gegen auiu8ere Kraftfelder abge- schirmten Elektrometers zweckmaBig. Die die Nebel fiihrende Luft wurde mittels Waoser, das sich in der erhijht aufgestellten 10-Liter- flasche I1 befand, aus einer gleichartigen Flasche I in die Leitung hineingedriickt, sobald bei geschlossenem Hahn 2 der Hahn 1 geoffnet wurde. Die Zuruckfiihrung des Wassers aus I in I1 erfolgte nach SchlieBen von Hahn 1 bei geoffnetem Hahn 2, der durch eine Glas- rohrleitung die Verbindung mit der AuBenluft vermittelte, durch Saugen mittels Wasserstrahlpumpe. Hahn 3 diente dazu, um jeweils, nachdem dies geschehen, die Wasserstrahlpumpe durch Offnen der Saugleitung unwirksam zu machen. Die Au6enluft wurde zur voll- kommenen Befreiung von Staub durch ein Wattefilter geschickt.

Wurden feuchte Salmiaknebel gema6 der von TOWNSEND l) an- gegebenen Versuchsanordnung in einen mit dem Elektrometer ver- bundenen, auBen rnit Staniol belegten Kolben geleitet, so war ein Effekt ebensowenig zu beobachten wie bei den Versuchen mit Wasser- stoff "), wenn dieser nur Wasser als Waschfliissigkeit passiert hatte.

Die beobachteten Erscheinungen schienen ihre Erkllirung am einfachsten dadurch zu finden, daB die Ladung des Wasserstoffs lediglich auf den bekannten, beim Durchperlen von Gasen durch Fliissigkeiten auftretenden , ,Sprudeleffekt" zuruckgefiihrt wurde. Zur genaueren Priifung dieser Frage wurde eine Versuchsanordnung verwandt, die sich an die von COEHN~) zur Messung dieses Effekts benutzte anlehnte, und zwar wurde so verfahren, daB der Gas- bzw. Nebelstrom gegen eine mittels eines 20 cm langen Biigels aus starkem Kupferdraht unmittelbar an der Zuleitungsklemme des einen Qua- drantenpaares befestigte Metallscheibe (vgl. Fig. 7) geleitet wurde. In dem Schema der Fig. 6 ist zur Versinnbildung der neuen Ver- suchsanordnung die Elektrometerklemme b mit der Metallscheibe verbunden zu denken, wahrend Klemme a und der eine Batteriepol geerdet sind und die Nadel mit dem anderen Batteriepol in Ver-

l) A. a. 0. 3, Bei den Versnchen mit Wasserstoff war natiirlich der Kolben umgekehrt

9 Siehe z. B. in Zeitschr. f i Elektrochevzie 20 (1933), 1. (mit dem Hal8 nach unten) aufgehangt.

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Pruficng chemiseher Nebel auf elektrische Ladzcngen. a7

bindung steht. Es gelangte also hier statt der zuerst benutzten Nadelschaltung die Quadrantschaltung zur Anwendung. Bei den nicht mit Nebeln angestellten Versuchen fallen auBerdem die mit ,,Nebelapparatur" uberschriebenen 3 GefiiBe weg und die sie ver- bindenden Leitungen sind durch eine gerade GlasrGhre ersetzt zu denken. Das den Bugel und die Metallscheibe tragende Elektro- meter hielt zugefuhrte Aufladungen mindestens 1 Stunde konstant. Seine Empfindlichkeit betrug bei dem angewandten Hilfspotential von 100 Volt 5,9.lOe3 Volt/mm auf einen Skalenabstad von 1 m bezogen.

Versnch

t 2 3 4

R

Aufladung pro Minute Aufladung pro Minute in mm in Millivolt

118 - 694 102 - ti02 10s - 637 120 - 709 114 - 673

i ne An8

Gas-bezw Mebelstrom Fig. 7.

l u f t zeigte sich nach Durchperlen einer in der etwa 16 cm hohen DREcHsELschen Waschflasche 5 cm hoch stehenden Wasserschicht negativ aufgeladen. Bei einer Blasengeschwindigkeit. von 40-50 Blasen pro Sekunde wurden die in Tabelle 6 verzeich- neten Aufladungen des Elektrometers pro Minute erhalten.

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78 H. Rerny u~nd C. Kocla.

Wasserschicht und dieselbe StrSmungsgeschwindigI?;eit gewahlt, wie in den vorliegenden.

Wurde nun ein mit Sa lmiaknebeln beladener Luftstrom durch die Apparatur gesandt, so ergab sich stets folgendes (vgl. Tabelle 7): Ganz zu Beginn eines jeden Versuchs zeigte sich, wenn frisches Wasser vorgeschaltet war, eine nicht unbetrachtliche negative Auf- ladung, die aber recht schnell abnahm bis zu einem Wert von etwa 41 Millivolt pro Minute im Durchschnitt. Wurde anschlieBend an die erste Xessung eine zweite ohne Ersatz des Waschwassers gegen frisches ausgefiihrt, so erfolgte die starkere Aufladung im Anfang nicht, vielmehr stellte sich dann von Anfang an eine nahezu konstante, im Mittel 39 Millivolt pro Minute betragende Aufladungs- geschwindigkeit ein. Wurde dann in einem dritten Versuch reine Luft durchgeleitet, so war auch bei dieser die Aufladung von der gleichen GrSBenordnung und sehr klein im Vergleich zu der fruher (vgl. Tabelle 6) gefundenen Aufladung der letzteren.

T a b e l l e 7.

Versuch I 1. Durchleiten I 2. Durchleiten I Durchleiten von Luft . . ._~___ ____. ..

1 2 stete rasch bis 1 auf etwa

1 41 Millivolt/min. abnehmende nega- tive Aufladung

- 47 Volt-lO-*/min.

1 E] - 41

Wurden frisch erzeugte Salmiaknebel unmittelbar gegen die Metallscheibe des Elektrometers geblasen, ohne da8 sie eine Wasch- flasche passiert hatten, so war iiberhaupt niemals eine mefibare Auf- ladung festzustellen.

Ganz entsprechend verhielten sich aus rauchender Schwefelsaure abgeblasene Nebel. Hatten sie keine Waschflasche mit Wasser passiert, so erwiesen sie sich als vollkommen ungeladen. Nach Pas- sieren einer Waschflasche mit reinem Wasser zeigten sie zu Beginn eines jeden Versuches eine schwache negative Aufladung, die jedoch schon nach sehr kurzer Zeit auf Null herunterging.

Bus diesen Tatsachen folgt : 1. DaB weder Sa lmiak - noch Schwefe lsaurenebel als

so lche e l e k t r i s c h e L a d u n g e n t r a g e n bzw. zu t r a g e n brauchen. 2. D i e e l ek t r i s chen Ladungen , d ie a n i h n e n n a c h Durch-

pe r l en d u r c h W a s s e r f e s tges t e l l t werden, s i n d n i ch t den

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Priifung ehernischer Nebel a%f elektrische Ladzcngen. 79

Nebeln selbst eigentiimlich, sondern ri ihren n u r von d e r Aufladung des die Nebel fuhrenden Gases auf Grund des S prud el e ffe k t e s he r.

DaB die Aufladung, welche die nebelfuhrenden Gase beim Durch- perlen durch Wasser erlangen, so aufierordentlich vie1 kleiner ist als die Aufladung desselben nebelfreien Gases unter den gleichen Umst'anden, ist darauf zuriickzufiihren, da6, wenn die Gase Nebel mit sich fiihren, durch eine teilweise Absorption derselben das vor- gelegte Wasser in eine, wenn auch sehr verdiinnte, Elektrolytliisung verwandelt wird. Solche LSsungen erteilen aber nach den Unter- suchungen von A. COEHN und H. MOZER~) den Gasen ganz andere Werte der Aufladung als reines Wasser. Schon ein sehr geringer Elektrolytgehalt des Wassers ist von EinfluB auf den Betrag der Aufladung des dieses durchperlenden Gases. Bei starkerer Elektro- lytkonzentration kann sogar der Ladungssinn umgekehrt werden.

Zur Priifung, ob der Efiekt ausreicht, urn die von uns beob- achtete Ladungserniedrigung des nebelfuhrenden Gases im Vergleich zu reinen Gasen restlos zu erklaren, wurden die Aufladungen von reiner Luft nach Durchperlen von Ammoniumchlorid- und von SchwefelsIiurelSsungen verschiedener Konzentrationen festgestellt. Da- bei wurden die in den Tabellen 8 und 9 mitgeteilten Versuchs- ergebnisse erhalten.

Tabel le 8. Tabel le 9. Luft/ Ammoniumchloridiiisung. Luft/Schwefelsaureliieung

___- Konzentration in

Mol/Liter

0,0001 0,001

-_ ~____

0,005

Aufladung pro Min. in Millivolt

- 425 - 143

Aufladung echwach negativ, nieht mehr

me%bar keine Anf ladung + 26

-I- 30

Konzentration in Mol/Liter

0,0001 0,001 0,Ol

-.==--

Auf ladung pro Min. in Millivolt

__.-

- 103 keine Aufladung

Aufladung schwach positiv, nicht mehr

meflbar -f- 32 4- 30

Andererseits wurde durch Leitfahigkeitsmessung die Konzentra- tion ermittelt, welche das bei den Versuchen mit nebelfiihrender Luft . vorgeschaltete reine Wasser jeweils nach Beendigung eines Versuches erlangt hatte. Bei den Salmiaknebeln wurde in dem vorgelegten Wasser ein Gehalt von inr Durchschnitt 0,0015 Mol __-

*) A m . d. Phys. 43 (1914)) 1048.

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80 H. Remy uvzd C. Koch. Priifung chemisehi. Nebel auf elektt-. Ladungen.

Ammoniumchlorid, bei den Schwefelsaurenebeln ein solcher von durchschnittlich 0,002 Idol Schwefelsaure pro Liter festgestellt. Ein Vergleich mit den in Tabelle 8 und 9 wiedergegebenen Werten zeigt, daB tatsachlich beim Arnmoniumchlorid einer solchen Kon- zentration nur noch eine geringe und bei der Schnefelsaure ihr gar keine Aufladung mehr entspricht.

Znsammenfaseend laRt sich also sagen, daB als Ursache fur die Bestandigkeit der b e i c h e m is ch e n R e ak t i on e n a u f t r e t en d e n Nebel weder eine Aufladung des ganzen Nebels noch eine durch An- legung eines elektrischen Feldes konstatierbare Ladung der einzelnen Pliissigkeitstriipfchen in Betracht kommen kann; denn weder an den von uns untersuchten Salmiak- noch Schwefelsaurenebeln, die sich doch beide gerade durch groBe Bestandigkeit und schwere Angreif- barkeit gegeniiber Absorptionsmitteln auszeichnen, konnten solche Ladungen festgestellt werden , trotzdem Versuchsanordnungen zur Anwendung gelangten, bei denen die beim Durchperlen reiner Gase durch Wasser auftretenden Ladungen sehr stark in Erscheinung traten.

Wenn uberhaupt die Teilchen der von uns untersuchten che- mischen Nebel elektrische Ladungen tragen, so kann dies hiernach nur dann der Fall sein, wenn diese Ladungen durch entgegen- gesetzte Ladung einer den Teilchen anhaftenden Qashant nach anBen hin praktisch vollstandig kompensiert werden.

Humburg, Chemisches Staatslaboratorizcm.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. Juli 1924.