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ARCHIV DER PHAMACIE. C. Baiides erstes Heft. Erste Abtllieidumas. I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie. Ueber die Bestandtheile des Lactucariums ; yon Hermann Ludwig, Assistenten wn pharm-chemischen Institute zu Jena. Das Lactucarium ist der eingetrocknete Milchsafi des Giftlattigs, Lactuca virosa L., einer zu den Synanthercen, in die Unterabtheilung der Cichoraceen gehorigen Pllanze. Sie unterscheidet sich von den ihr am nlchsten stehenden Lattigarten durch den bis 6 Fuss hohen Stengel, durch die kurz gestielten, verkehrt eiformig langlichen Wurzelblatter, die sitzenden, am Grunde kurz pfeilformig geohrten, ei- spatelformigen, wellig- und weichslaclielig gezahnten un- teren Stengelblatter, die slengelumfassenden eilanzettfor- rnigen oheren Stengelblatter, welclie horizontal abstehen und samrntlich auf der Unterseite der Miltelrippe, PO wie am Rande weichstachelig sind; ferner durch die in pyra- rnidaler Rispe stehenden Bluthen und die eiformigen schwar- Zen Friichte "). Das Lactucariiim wird von der wildwachsenden oder der eigens dam angebauten Pflanze wlhrend der Blulhe *I Dern Schlusse dieser Abliandlung werden einigc nach der Natur yon rnir gezeichnete Abbildungen der am nicisten charalrterisli- schen Theile der Lucluca oirosn beigegehen werden. Arch. d. Pharm. C. Bds. I. Hft. 4

Ueber die Bestandtheile des Lactucariums

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Page 1: Ueber die Bestandtheile des Lactucariums

ARCHIV DER PHAMACIE. C. Baiides erstes Heft.

Erste Abtllieidumas.

I. Physik, Chemie und praktische Pharmacie.

Ueber die Bestandtheile des Lactucariums ; yon

H e r m a n n L u d w i g , Assistenten wn pharm-chemischen Institute zu Jena.

Das Lactucarium ist der eingetrocknete Milchsafi des Giftlattigs, Lactuca virosa L., einer zu den Synanthercen, in die Unterabtheilung der Cichoraceen gehorigen Pllanze. Sie unterscheidet sich von den ihr am nlchsten stehenden Lattigarten durch den bis 6 Fuss hohen Stengel, durch die kurz gestielten, verkehrt eiformig langlichen Wurzelblatter, die sitzenden, am Grunde kurz pfeilformig geohrten, ei- spatelformigen, wellig- und weichslaclielig gezahnten un- teren Stengelblatter, die slengelumfassenden eilanzettfor- rnigen oheren Stengelblatter, welclie horizontal abstehen und samrntlich auf der Unterseite der Miltelrippe, PO wie am Rande weichstachelig s i n d ; ferner durch die in pyra- rnidaler Rispe stehenden Bluthen und die eiformigen schwar- Zen Friichte ").

Das Lactucariiim wird von der wildwachsenden oder der eigens d a m angebauten Pflanze wlhrend der Blulhe

*I Dern Schlusse dieser Abliandlung werden einigc nach d e r Natur yon rnir gezeichnete Abbildungen der a m nicisten charalrterisli- schen Theile der Lucluca oirosn beigegehen werden.

Arch. d . Pharm. C. Bds. I. Hft. 4

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2 Lu dtoig,

in den Morgenatunden duroh Queerschnitte in die Ober- haut des Ilauptstengels und der starkeren Seitenzweige, und Sammeln des hcrvorquellenden weissen, bald braun- Iicli werdenden Milchsaftes mit hornernem oder silbernem Spatel gewonnen.

Das so erhaltene Lactucarinm stcllt nach dem Trock- ncn in warmer Luft graugelblichbraune , unregelmiissige oder auch wohl vicreckig geformte Stiicke und Kiirner dar, auf dem Bruche hellhraun matt, his Irellbraun- Iichgelb und wachsSlanzend. Das Innere grosserer vier- eckiger Stucke zeigt oft noch schmutzig-weisse Fiirbung. Es ist sprode, beim Reiben jedoch etwas erweichend und an den Wanden der Schale und am Pistill anhangend; dabei entwiclcelt es den sonst nur schwachen narltoti- schen, opiumiihnlichen Geruch in hedeutendem Grade. Auf der Oberfliiche ist es oft g a u hestaubt; unier dem Mikro- scopc xeigt sich dieser Staub theils als aus maschenfor- mi2 vcrstrickten Fadenpilzen, theils aus concentrisch grup- pirten Krystallnadeln hestchend. Das Pulver ist hellbriiun- lichgelb.

Im Handel unterscheidet man d e u t s ch e s und e n g- 1 is ch e s L a c t n c a r i u m. Beide zeigen mehr oder weni- ger die so eben beschriebenen physikalischcn Eigenschaf- ten. Das unler dem Namen f r a n z o s i s c h e s L a c t u c a - r i u m (tkidace) in dem Handel vorkommende Product. ist nicht der Milchsaft, sondern das schwarzbraune, leicht, feucht werdende Extract des Giftlattigs.

Das Lactucarium ist schon der Gegenstand mehrfacher Untersuchungen gewesen. K I i n k (Pfaf 's System der Mat. med. Bd. 6. p . 503) fand im eingetrockneten Milchsafic des Giftlattigs 67, 51 Proc. bittern Extractivstoff mit Gumnii, Eiweiss, Lactncaslure und lactucasauren Salzen ; 22,s Proc. Federharz ; 7,s Proc. Hartharz, beim Verbrennen gewiirz- haft riechend; 8,s Proc. Wachs. - S chr a d e r erhielt Phnliche Resultate. P e s chi e r 's Analyse findet sich in Trommsdorffs Journal der Pharmacie, N. R. Bd. 13. S t . 2. p . 177. B u ch n e r suchte den wirkenden Stoff (Lactucin) rein darzustellen, erhielt ihn aber nicht in Form von Kry-

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iiber die Bestundlheile des Lnctucariums. 3

stallen. Er fand in 100 Theilen Lactucariurn 18,6 Proc. Lactucin ; 44,6 Proc. gummigen Extractivstoff; IS ,4 Proc. Weichharz und Wachs; 351 Proc. myricinartige Substanz; 19,1 Proc. zymomartige Materie und riechenden Stoff (Gei- ger's Hnndb. der Pharm.; phnrm. Bolanilc, 2. A@. p. 851).

W a l z beschrieb ein Verfahren, wonach man den Bitterstoff des Lactuariums in Krystallen erhalten sollte. Es besteht darin, das fein zerriebene Lactucarium durch Weingeist (von welcher Starke ist nicht gesagl), dem man $b concentrirten Essigs zugesetzt hat, auszuziehen, den mit Wasser vermischten Auszug mittelst Bleiessigs zu fil- len, das Filtrat mit Schwerelwasserst.off vom Blei zu be- freien, die Flussigkeit in gelinder Warrne abzurlarnpfen, das wasserise Extract mit Weineeist zu Lehancleln und cndlich nach Entfernung iles Weingcists aus dern Riick- stande durch Aether das Lactucin auszuziehen. Bcim Ver- dunsten des Aethers hintcrbleibe dasselbe als gel hgefiirhte Nadeln, bei schnellerern Verdampfen als aelbliclies korni- ges, zwischen den Fingern elwas klebendes. geruchloses, stark und anhaltend biller schrnecltendes Pulver. Dieses lose sich in 60 bis 80 Theilen kaltern Wasser, leiclit in Weingeist, wenig in Aether. Die dem frischen Milchsaft ahnlichschmeckendenLosungen r e a g i r e n w e d e r s a u e r , noch bas i sch . Von verdunnterSalz-undSalpetersaure wird es nicht zersetzt; Salpetersaure von 1,48 spec. G. vcrwandelt es in ein braunes geschniackloses Harz ; concentrirte Schwe- felsaure farbt es braun; in Essigsaure ist es loslicher, als im Wasser; schmilzt beini Erhitzen zu einer braunen Masse; liefert beim Zersetzen mit Alkalien ammoniakfreie Pro- ducte. D i e w a s s e r i g e L o s u n g d e s L a c t u c i n s w i r d d u r c h k e i n R e a g e n s g e f a l l t . - Ausser dem Lactucin enthalt das Lactucarium nach W a 1 z noch Spu- ren eities atherischen Oels, eine in Aether leicht und einc andere darin schwer losliche fette Materie, ein gelbrothes geschmackloses Harz , grunlichgelbes kratzendes Barz, Zucker , Gummi, Pectinsaure, eine braune humusartige Saure, eine braune basische Substanz, P f 1 a n z e n e i w e i s s, 0 x a 1 sa u r e, Citronsaure, Aepfelsaure, Salpetersaure, Kali,

3

I "

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4 Ludwig,

Kalk und Talkerde. Die von P fa f f und Klink als Lac- tucasaure beschriebene Saure erklart W a lz fur Oxalsaure. (Geiger’s Handbuch der Pharmacie von L i e b i g . 5. A$.

A u b e r g i e r (Comptes rendus. T. XV. p . 923. - Ann. der Chem. u. Pharm. Bd. 44. p . 299. 1842. - Archiu der Pharm. 2. R. Bd. 33. p . 324) rand die Lacluca allissima als die zur Darstellung des Lactucariums tauglichste. Der Milchsaft von Lacluca stricta, ncuminata und elongata ist nicht bitter, sondern fade und siisslich; er enthalt vie1 Mannit, aber wegen Mangels an bitterm Princip wirkt er nicht beruhigend. - In dem Augenblicke, wo der Milch- saft aus den Einschnitten rinnt, hat er die Farbe und Con- sistenz des Rahms; er coagulirt bald, farbt sich gelb, dann braun und trocknet ziemlich schnell ein, indem er 71 Proc. seines Gewichts verliert. Bisweilen bedeckt er sich mit krystallinischen Efflorescenzen, die nichts Anderes als Mannit sind. Durch A l k a l i e n w i r d d e r f r i s c h e S a f t r o t h g e f a r b t ; die Auflosung fallt Eisenoxydsalze braun, wahrend die iiberstehende Flussigkeit grun wird. Die Analyse des Lactucariums aus verschiedenen Arten gab folgende Bestandtheile zu erkennen : Eine bittere, krystallisirbare Materie, Mannit, Asparagin, eine krystalli- sirbare, Eisenoxydsalze grun farbende Materie, ein elektro- negatives, an Kali gebundenes Harz, Cerin, Myricin, Pec- tin, Eiweiss, saures kleesaures Kali, apfelsaures, salpeter- saures und schwefelsaures Kali, Chlorkaliurn, phosphor- saureri Kalk, Talkerde , Eisenoxyd, Manganoxyd, Kiesel- erde.

Die bittere Materie, welcher das Lactucarium seine Wirksamkeit verdankt, ist fast unloslich in kaltem Wasser, loslicher in heissern, neutral ; sie scheidet sich beim Er- kalten in perlmu~erglanzenden, der Borsaure ahnlichen Blattchen ab ; sic ist loslich in Alkohol, unloslich in Aether, nicht fliichtig. Durcb Behandlung mil Alkalien verschwin- det ihre Bitterkeit, und Sauren stellen sie nicht wie- der her.

Die k r y s t a l l i s i r b a r e , E i s e n o x y d g r i in f a r -

p . 1111.)

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ubsr die Bestandtheile des Lactucariums. 5

b e n d e M a t e r i e wird d u r c h A l k a l i e n r o s e n r o t h , und verandert sich an der Luft, besonders in der Warme und durch Alkalien leicht in Ulminsaure.

Herr T h i em e *) aus Strassburg in Westpreussen be- schafiigte sich im Sommer1844 im Laboratorium des hie-

") A n m e r k . Das Lactucarium, welches uns zu der sehr ausgedehn- ten, cifters wegen hindernder Umsliinde unterbrochenen Untcrsu- chung dieses interessanten und, wie mich diinkt, wichtigen Arznei- inittels Veranlassung gab, verdanlte ich der GGte eines meiner fruheren Zuhiirer, des Herrn Apothelter G i l b e r t zu Dlagdala bei Jena. Herr G i l b e r t hatte schon friiher wlhrend seiner Conditionszeit in Wiirzburg die Cultur cler L. virosa, und zwnr der sogen. L. virosa altissima, und die Einsammlung des l i l ch- saftes daraus mit Gliick betrieben. Er fand nun im Jahre 1840, dass die Lactuca viiosa an seinein neuen Wohnorte, welcher auf der Grenze der Formation des bunten Sandsteins und des Muschellralks liegt, vorziiglich gedeihe. Die lrraftig ent- wickelten Stauden erreichten eine Hiihe von 4 bis 6 Fuss und lieferten jede einzeln fiir sich wohl 1; Drachrnen t roches Lac- tucnriurn. Der mir im Sonimer 1841 iiberschiclrte halb einge- troclcnete hlilchsaft war aus den mit einem Glasscherhen in den Stengel, besonders in die jungen Zweige gemachten Einschnit- ten ausgeflossen, sorgfaltig auf Uhrschalchen aufgefangen und an der Luft getroclrnet worden. Dieses Lactucarium war noch weich, im Innern weiss, Busserlich gelb gefarbt. Nacli volli- gem Austrocltnen bildete es hell - hr8unlich -gelbe, ausserlich rnit einer weissen Efflorescenz bedeckk Staclce von ziemlich ~tar l i em, eigenthiimlich narliotischem, opiuiniihnlichem Geruch, der ziigleich an Fettgeruch erinnerte. Da nun auch niehrere Aerzte die beslen Erfolge, z. B. bei Krampfhusten, von dcr Anwendung dieses v6llig Cchten und bedachtsam eingesammel- ten Lactucariums beobachtet hatten, so fand ich mich veranlasst, zunichst zum Behufe meiner Vortrlge iiber chemische Pharma- ltognosie mehrere Versuche niit diesem Lactncarium ancustellen, um die vielfaltigen Widerspriiche in den Angaben der Eigen- schnften des Lactucariums wo moglich zu heben, jedenfalls aber die wesentlichsten Charaktere des eingetrocltneten Dlilchsafies des Giftlattigs, als der ohne Zweifel vorziigliclisten Sorte die- ses Bledicamentes lrennen zu lernen.

Bei dicsen Versuchen ergab sich aher so vie1 Abweichendes von dem, was bis dahin iiber den troclrenen Milchsaft der L.

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6 LtldWifl,

sigen pharmaceutisch - chcmischen Instituts mit der Unter- suchung des Lactucariums. Als er dasselbe mit Alkohol crschopftc, fand er den alkoliolischcn A U S Z U ~ grossten- tlieils aus einem ei g e n t h ii m I i ch e n w ach s ii 11 n 1 ich e n K ii r p e r hestehend , der mit Hinterlassung eines gelb- briiunlichen Harzes in Aether leicht liislich war. Es wollte ihm nicht gelingen, dcnsclhen, wie W a l z gefunden, in

aitosa hekannt war, dass ich eine ausfuhrliche Untersuchung desselben fur nothwcndig Iiielt, nnd daher spiiter Herrn T h i e m e veranlasste, sich dieser Unlersucliung onter nieiner Mitwirliung zu unferziehen. Die Auffindong eines mi t dein Mamen Lac tu - ce r i r i belcgten Stoffes war das niicliste Ergehniss dcr sehr genauen ond ausgedelinten annlytischeri Arbeit des Herrn Tl i ie me, der von dem weitcrn Verfolg dicser Untersuchung durch seinen Ahgang von hicr vcrhindert wurde. Nanientlich waren weiterc Zerlegungen des Lnctucerins und die bestimin- tere Ausmiltelung dcs nur unvollstindig aligesondertcn Bitter- sinffes erforderlich. llerr Ru ic l to ld t wiederholte zwar die Elementaranalyse des Lactucerins, ward aber an der iibrigen Weiterfiihriing der IJntersuchung behindert. Da iiizwischen die Uebersiedelung unseres Laboratorillins und unserer Sammlungen in das neue erweiterte Local rintrat, sn lionnte diese, wie rnanctie andere Arbeiten, erst spater wicder aufgenommen wer- den. Diese Verzogerung hat indessen den Vortheil gewiihrt, dass, als Herr L u d w i g auf meinen ausgesprochenen Wunsch die Untersuchung in] Jiini des vorigen Jahres mit Ruclcsicht a u f das bereits Ausgeinittelte wieder begann , nunmehr aiich der frische flassige nlilchsaft aus liier am Orte cultivirten Pflanzen untersurht werdcn konnte. Die sehr umsichtig ausgerdhrte Untersuchiing dcs Hwrn L II d wig war iin September des vori- sen Jalires zu eineni Abschluss geliominen, als uns einige Zeit darauf d i e Arbeit des Ilerrn L e n o i r iiber das Lactucon be- kannt wurde. Herr L c n o i r war auf denselhen Stoff, den wir Lactrtcerin geuannt habcn, gestossen, und cs ward also noth- wendig, noch diese neuesten und trefflichen Unlersucliungcn iiber das Lactucarium rnit z i i ~Jcriic~rsicbtigen. IIerr L u d w i g wird nirn, was in gcgcnwiirtiger Abhiintllung noch nnerledigt geblieben ist, u n d was namentlich die v o n ihm im Lactucarium neu anfgefiindene lrtystallisirbare bittere Substans anbetrim, in einer bald nai:li~oIpendcn Abhiindlung niit.theilen.

H, U'r.

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uber die Bestandlheile des Lactucariums. 7

ein in Aether l e i ch t losliches und in ein darin s c h w e r losliches Lattigfett zu zerlegen. Ris auf Weiteres bezeich- nete er, unter Zustimmung des Hewn Ilofrath W ack e n - r o d e r , denselben mit dem Namen L a c t u c e r i n , um da- durch sein Vorkommen so wie sein: Aehnlichkeit mit den wachsartigen Storen anzudeuten. T 11 i c m e reinigte das- selbe durch Umkrystallisiren R U S Alkohol und Waschen der ausgeschiedenen krystallinischen Anhfufungen mil kal- tern Wasser oder sehr verdunntem Weingeist, his diese Liisungsmittel nichrs Bitterschmeckendes mehr auszogen und aufhorten, Lackmuspapier zu rothen.

Die E i g e n s c h a f t e n d e s L a c t u c e r i n s sind nacli T h i e m e folgende: Aus Alkohol durcb Vcrdunstung er- halten, bildet es weisse Warzen, dic aus miltrosliopisch fcinen krystallinischen Gestalten hestehen. Zwisdien zwei Glastafeln gebracht, verursachen sic ein Ankleben der- selben. Im Platinlijffel erhitzt, zerlliessen sie zu einer bei- nahe farblosen Fliissigkeit, schmelzendem Wachse nicht unahnlich, aber dabei verbrciten sic einen unangcnehmen Geruch und verbrennen mit russendcr Flamme; es hinter- blciht wenig Kohle und e t w a s a l k a l i s c h r e a g i r e n d c A s ch e. Auf Papicr s t a r k erhitzt,, entsleht ein [l'ett,fleck. In Anisol und rectificirtem Terpentinol schon in der Kalte liislicti , desgleichen in Aether und ahsolutem Alkohol. Die alkoholische Losung giebt bei Zusatz von Wasser einen weissen flockigen Niederschlag.

Aetzkalilauge braunt dasselhe beim Erwarmen, ohne dasselbe merklich zu losen. Von den zwei Elementar- analysen, welche T h i e m e damil anstellte, missgldckte die eine; das Resultat der andern war:

0,173 Grm. Lactucerin gaben 0,485 Grm. Kohlensaure und 0,170 Grm. Wasser.

Daraus ergicbt sich die procentische Zusammcnsctzung : (wenn C = 7,5854; € I .- 0,626; 0 = 40)

gefunden: berechnetnachderForinelC811L40: C = 77,090 - 76,410

0 = 12,008 - 12,590 H = 10,902 - 11,000

IQ0,OOO 100,000.

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8 Ludwig,

Ausser dem Laclucerin, welches fast zwei Drittel des von T h i em e untersuchten Lactucariurns ausmachte, fand er nocheinen i n A lko l io l u n d i n W a s s e r l o s l i c h e n B i t t e 1's 1 o If , der in der Mutterlauge des Lactucariums zuruck blieb, auch dem ausgeschiedenen Laclucerin anhing, das davon durcli Woschen tnit Wasser befreit wurde. Er konnte ihn jedoch nicht in krystallinischer Form erhalten. Diescr offenbar noch onreine, von T h i e i n e rnit demNa- men L a c t u c i n bekgle Ritierstoff stellt eine amorphe, braunliche, stark bittet-schmeckende Masse dar, die beim Wiederauflosen in Wasser keine klare Losung giebt ; diese Losung reagirt n e u t r a I . Bleizuckerlosung bringt darin nach zwolf Stunden einen weissen flockigen Nieder- schlag hervor, der in Essigsiiure schwer, i n Salpetersaure fast gar nicht lijslich ist. Salpelersaures Quecksilberoxy- dul verhalt sich ehen so, nur ist der Niederschlag in Sal- petersaure loslicher. Oxalsaure giebt einen flockigen Nie- derschlag , ehen so salpetersaurer Baryt; beide Niedcr- schlage sind in Salpetersaure schwer loslich. Oxalsaures Ammoniak, Weinsaure und salpetersaures Silberoxyd geben keine Niederschliige, jedoch farbte sich die mit salpeter- saurern Silberoxyd versetzte Fliissigkeit im Sonneirlichte blu troth.

Ferner fand T h i e m e einen c a m p h o r a h n l i c h e n Stoff, den er als das Geruchsprincip des Lactucariums ansieht. Er erhielt ihn in geringer Menge beim langern Erhitzen von Lactucarium in einem c,ylindrischen Glase bei ciwa 30° R. als ein weisses seidenglanzendes, eisblu- menPhnliches Sublimat von Krystallnadeln, die ausserst fluchlig sind und den betaubenden Geruch des Lactuca- riums in hohem Grade besitzen.

Endlich finden sich nach T h i e m e im Lactucarium: geringe Mengen von Gumrni , etwas H a r z , O x a l s a u r e , welche sich in dern sauer reagirenden wasserigen Aus- zuge hefindet und aus dern wiisserigen Extract durch Al- kohol ausgezogen werden kann; Spuren yon A e p f e l - s a u r e ; h u m u s a r t i g e S a u r e und eine b r a u n e b a - sische S u b s t a n z . Lelztere beiden sieht Thierne als

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iiber die Bestandtheile des Lactucariums. 9

wahrend der Anal yse entstandene Zersetzungsproducte an. In der Asche tlcs Lactucariums fand er kohlensaures Kali, Spuren von phosphorsauren und schwefelsauren Salzen, so wie von Chlormelallen.

Nach den Erfolgen der Untersuchung des Herrn T h i e m e wiederholte Herr R u i ck o I d t aus Weimar im Sep- tember 1844 die Elementaranalyse des La c t u c e r i n s. Er erhielt das Lactucerin durch mehrmaliges Ausziehen des Lactucariums mit absolulem Alkohol, Abziehen des Wein- geistes, Waschen der d u r ch V e r d u n s t e n erhaltenen Kry- stalle mit Wasser, Wiederauflosen derselben in absolutem Alkohol, abermaliges Waschen der beim Verdunsten er- haltenen Krystalle mit Wasser und Trocknen derselben unter der Luftpumpe iiber Schwefelsaure. Die lockere, weisse, pulverformige, wachsartig anzufuhlende, schwach eigenthumlich riechende Masse wurde der Elementarana- lyse unterworfen.

0,1475 Grm. Lactucerin mit Kupferoxyd verbrannt, lie- ferten 0,430 Grm. Kohlensaure und 0,4505 Grm. Wasser.

Daraus ergeben sich die Procente ( C = 7,5854; H =

gefunden nach d.Formel C L * l l ~ O O

0,6240; 0 = 10) : berechnet

C = 80,160 - 80,195 H = 11,320 - 10,995 0 = 8,520 - 8,810

100,000 100,000.

Unbekannt mit den noch nicht veroffentlichten Ana- lysen T h i e m e ’ s und R u i c k o l d t ’ s , fand G. A. L e n o i r im chemischen Laboratorium zu Gottingen im Herbsk 184G (Ann. der Chem. u. Pharm. Ed. 60. 8. 1. p . 83. Oct. 1846’ in einem in der Moselgegend gesammelten Lactucarium einen eigenthiimlichen Stof€, welchcn er n i t dem Namen L a c t u c o n bezeichnete und dessen Eigenschafien mi t dem von T h i em e 18h4 beschriebenen Lactucerin ubereinstim- men. Der Uebersicht wegen wiederhole ich hier die Er- gebnisse von L e n o i r’s Analysen.

D ar s t e l 1 u n g d e s L a ct u c o ns. Zerschnittenes Lac-

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10 Ltldzviy,

tucarium wird wiederholt mit sicdendem Alkohol ausge- zogen und die Losungen werrlen heiss fil~rirt. Beim Er- kalten scheidet sich dcr grosste Theil des Lactucons in warzenformigen Aggregationen ab. Es ist noch verunrei- nigt durch eine fiirbendc und bittcrschrneckcnde Substanz. Durch wiederholtes Umlii~ystallisircn aus Alkohol und Be- handeln mit gater Thicrkohle ist es leichi rein zu erhaltcn.

E i g e n s ch n f t e 11. Es krystallisirt in fcinen farblosen, stern- und warzenfijrmig vereinigten Prismen. 1st cs nicht vijllig rein, so sctzt es sich, wenn cs auch ganz farblos ist, in a m o r p 11 c n warzenfijrrnigcn Massen ab. Am hesten kryslallisirt es aus Steiniil. Es ist vollig geruch- und ge- schmacklos und scheinl auf den Orgnnismus ohno Wirkung ZU sein. lm Wasser ist os so gut wie unliislich; dagegeri ziemlich leiclit Iiislich in Alkohol, Aethcr, iitherischen und fetten Oelen. Es ist ohnc Zeraetzung schmclzhnr, scin Schmelzpunct liegt zwischcn 450° C. und 2000 C. Nacli dem Erstarren Iiildct cs cine durchsichtigc amorphe Masse. Fur sich ist es nicht fliichtig, zum Thcil kriecht cs unzer- setzt an den Wiindcn cles Gcfiisscs Iiinauf, zum Theil zer- setzt es sicli und licfert dabci cine auffalleritl hcdeutencle Menge von Essigsiiurc. I n einem Strome von Kohlen- sauregas liisst es sich griisstentheils unzersctzt verfliich- tigen ; man bemerlit dabei einen iihnlichen Ceruch, wie wenn Kautschuk his zum Schmelzen erhitzt w i d Es i s t ein sehr indiffercnter Korper und kist sich mit keiriern andern Korper chernisch verbinden. Concenlrirte Actz- kalilauge, so wic eine Lijsuns von Aelzkali in Alkohol, ist ohne Wirkung darauf; cben so Chlorgas. Seine alkoho- lische Losung w i d niclit gehllt durch in Alkohol geliiste Melallsalze. Mi t Nat,ronkalk erhitzt, giebt es keine Spur von Ammoniak; es enlliiilt mitliin keinen Stickstoff.

I. 0,280 Grm. Laclucon 0,8325 Grm. COa und 0,2755

11. 0,1925 Grm. Laclucon 0,668 Grm.CO3 und 0,1967

Bei der Elernentaranalysc gallen

Grm. H 2 0 .

Grm. H20,

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iiber die Bestandlheile des Laclucariums. I I

111. 0,2745 Grm. Lactucon 0,808 Grrn. COZ und 0,27il5 Grm. H'O.

Die Verhrennung geschah mit Kupferoxyd, zuletzt un- ter Anwendung von Sauerstoffgas.

Aus den Analysen berechnct L e n o i r*) die Procente:

nnch d. Forinel C4OH6403 gefiinden berecline t

I. 11. 111. C = 81,18 - 80,56 - 81,251 - 81,22 11 = lO,91 - 11,33 - 11,09 - 10,753 0 = i y 9 1 - S , l l .- 7,66 - 8,lO ____

100,oo 100,oo 100,oo 100,oo.

Das Lactucon wurde sich dernnach n u r durch 1 Aeq. Wasser (Wnsserstoff?) vom Belulin unterscheiden, dem es sich, so wie den Elarzen iiherhaupt, sehr nahert. Betulin ist aber fluchligcr, riecht anders und erstarrt nach dem Schrnelzen stets wieder kryslallinisch, wahrend Lactucon auch nach vorsichtigem Schrnelzen amorph bleibt.

") A n n i e r l t u a g. L e n o ir fiilirt nicht an, welches Atomgewicht des Kohlenstoffs er bei Berechnring seiner Analysen zum Grunde legte. Nininit man dasselbe eu C = 7,5, so erhalt man folgcnde Procente :

Die Formel C40116'OJ I. 11. 111. verlangt

C = 81,087 - 80,473 I- 81,165 - 81,095 H = 10,917 .- 11,337 - 11,095 - 10,795 0 = 7,996 -- 8,190 - 7,710 - 8,110

100,000 100,000 100,000 100,000. Wendet man aber das niich bei nllcn unsern Analysen zn Grunde gelegte Atomgewicht des Kohlenstoffs C = 7,5854 an, so be- rechnen sich aus Lenoi r ' s Analysen die Procente:

Die Formel C ' O H 6 4 0 3 I. 11. 111. verlangt

C = 82,756 - 81,137 - 81,835 - 81,270 H = i0,917 - 11,337 - 11,095 - 10,696 0 = 7,327'- 7,526 - 7,070 - 8,034 __-

100,000 100,000 100,000 100,000.

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12 Ludwig,

Urn uber die wahre Natur und Zusammensetzung des Lactucerins ins Klare zu kornrnen, clenn die beiden ver- einzelt.en Analysen T h i e m e ' s und R u i c k o l d t ' s hatten ungleiche Resukate gcliel'ert, iibertrug mir im Juni 18kG mein hochgeschatzter Lehrcr, Hofrath W a cke n r o d e r , die Analyse eines sehr sclionen Lactucariums, welches in der Gegend von Ilten bei Hannover gesammelt, ihm von einem fruheren Mirgliede des hiesigen pharmaceutisch- chemischen Instituts, vom I-Ierrn Apotheker R e t s ch y in Ilten, der dasselbe von angebauten Pflanzen selbst einge- sammelt hatte, zugesandt worden war. Die Menge des- selben betrug 16,14 Gramm ; seine physikalischen Eigen- schaften waren ganz dieselben, welche oben von dem bei Jena eingesammelten Lactucariurn angegeben worden sind. Es ist kein Grund vorhanden, eiae Verschiedenheit zwi- schen dern thuringischen und dem hannoverschcn Lactu- carium vorauszusetzen.

Zur Darstellung des L a c t u c e r i n s wurde das fein- zerriebene Lactucariurn mit Wasser ausgezogen, der darin unlBsliche Thcil nacli dern Trocltnen niit 90procentigem Alkohol mehre Male in dm Wiirme bchandclt und aus den vereinigten Auszugen dnrch Abziehen des Alkohols und langsames Verdunsten ein etwas gelblich gefarbtes Lactu- cerin erhalten, welches durch Waschen mit Wasser, Wie- derauflosen in Alkohol und Umlirystallisiren gereinigt wurde.

Aus dern frischen blilchsafte scheidct sich beirn Ver- mischen desselben mit Wasser eine weisse, kasige, in Wasser unlosliche Rlasse ab, welche zum grossten Theile aus Lactucerin bestelit, das dnraus erhalten werden kann durch Ausziehen des gut mil Wasser gewaschenen und wieder getrockneten Coagulurns mit Weingeist und Urn- krystallisiren des beim Verdunsten des Alkohols zuruck- bleibenden Korpers aus alkoholischer Losung. - Aus dem angewandten LrocItnen Lactricarium von Ilten wurden 53,s Proc, Lactucclil erhall(\n.

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uber die Bestandlhaile des Laclucariums.

Ei'igenschafteia des Lactucerins. Schneeweisse, zwar zu Kornchen vereinigte, aber

unter dem Mikroskope keine Spur von Krystnllisation zei- gende Warzchen. In starkern Weingeist lost es sich in der Warme auf, beim Erkalten trubt sich dieLosung und es scheidet sich beim Verdunsten wieder warzenformig daraus ab. Die w e i n g e i s t i g e L o s u n g rothet s c h w a c h das Lackmuspapier, auch wenn das Lactucerin mehre Male urnkrystallisirt worden ist. In Aether ist es leichter los- lich, als in Alkohol; in wasserigem Weingeist schwierig loslich. Eine mit Wasser vermischte alkoholische Losung scheidet das Lactucerin rahmartig auf der Oberflache aus, die Flussigkeit bleibt aber auch noch lange Zeit trube, milchig. Im reinen Zustande ist es im Wasser unloslich, jedoch im frischen Milchsafte unter Vermittelung der an- deren Stoffe etwas im Wasser loslich. Mit Wasser ge- kocht erweicht es etwas und ballt zusammen. In der Platinschale erwarrnt wird es zahe und durchsichtig wie Terpentin, starker erhitzl schmilzt es viillig zu einem kla- ren gelben Oele, giebt weisse, angenehm riechende Dampfe und verfluchtigt sich ohne Russabscheidung bis auf einen Anflug von Kohle, welche bald vollig verbrennt, ohne Asche zu hinterlassen. In der verschlossenen Glasrohre irn Chlorzinkbade erhitzt bleibt es bei 55O C. noch pulvrig, bei 70" C. wird es krumlich, bei 93O C. entwickeln sich aromatische, baumolartig riechende Dfmpfe, die Lackmus- papier rothen. Der Verlust, den es Iangere Zeit bei 1000 C. erhitzt erleidet, ist fast nicht durch die Waage zu bestimmen. Bei 148O C. wird es ziihe, terpentinartig ohne zu fliessen, bei 160° C. ist es dickflussig; endlich zwischen 1800 - 1900 C. wird es dunnflussig wie Oel und mit hell- braunlichgelber Farbe durchsichtig. Dabei verliert es 2,110 Proc. an Gewicht. Beim Wiederauflosen des Huckstandes in Weingeist scheidet es sich wieder warzenforrnig daraus ab, ist aber gelb gefarbt. Unter Wasserstoffgas langere Zeit bei 9900 C. geschmolzen entweichen mit dem Wasser- stoffgase wohlriechende Dampfe ; dabei verliert es 4,OC Proc. am Gewicht. In einer Retorte der trocknen Destillation

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14 LudwKq,

unterworfen, schrnilzt cs und ftirbt sicli gelb, dann briiun- lich, wird dunnfliissig. Anfangs gehcn weisse Dampfe weg, wclche sich in der Vorlage zu einer farblosen Flus- sigkeit verdichten. Bei verstarkter Hitze entweichen schwere dicke gelbe Dampfe, eine olige gelbe Flussigkeit destillirt iiber, spater kommt ein dunkel gefarbtes Oel und irn Ruckstandc bleibt ein dunner Ueberzug von glan- zentl schwarzer Kohle. Die dabei entweichcnden Gasarten trubten weder Kalkwasser, noch liessen sie sich entzun- den; verhielten sich also wie atmospliarische Luft. Das Dest,illat hestand aus zwei Schichten, einer farblosen, wasserigen, sauren und einer schwerern, gelbbraunen, oligen. Der Geruch des Destillats war stechend sauer und olig aromatisch. Die s au r e wasserige Fliissigkeit gab weder mit Bleizucker, noch mit Silberliisung Niederschlage, aucti nicht nach Zusatz von Aetzammoniak. Quecksilberoxyd loste sich darin auf, ohne dabei und heirn Kochen eine Reduction zu erleiden. Concentrirte Schwefelsaure firbte sich darnit braunlich. Die Siurc des wasserigen Destillats ist daher fur E s s i g s a u r e zu halten. Das ernpyreuma- tische Oel loste sich nicht ganz in Alkohol auf, wohl aber leicht in kaltem Aether.

Das Lactuccrin Iasst sich durch K a 1 i 1 a u g e nicht verseifen; damit abgedarnpft, schmilzt es zu einer balsam- artigen, braunen Masse und zersetzt sich. - S ch w e f e 1 - s a u r e h y d r a t lost das Lactucerin auf der Stellc mil brauner Farbe auf, heim Erwarnien schwarzt sich das Gemenge und endlich scheidet sich bei Slcichzeitiger Ent- wickelung von schwefliger Saure Kohle ab. - Mit S a l - p e t e r s a u r e von 1,25 erhitzt lost es sich auf und giebt nach dem Verdampfen einen gelben, in Ammoniak loslichen Ruckstand, der aus dieser Losung durch Essigsaure ge- fallt wird.

Bei der Elementaranalyse, mit Ihpferoxyd verbrannt, ohne jedoch zuletzt einen Sauerstoffstrorn *) anzuwenden, gaben :

4') Ich muss dazu bemerlten, dass sowohl bei diesen, als auch bei

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iiber die Bcs~mdtheilc tles Lnctucaiiiinls. 9 5

1. 0,201 Grm. bei 4000 Cels. getrocknetes Lacluceriri aus frischem selbst gesammelten Milchsafte der bei Jena angebauten Lactuca oirosa 0,557 Grm. Iiohlensaure und 0,193 Grm. Wasser.

TI. 0,204 Grm. bei etwa 300 C. gctrocknetes Lactucerin aus frischem Milchsaft (wie I.) gabcn 0,19h Grm. Wasser; die Kohlensaurebestimmung verungliickte.

111. 0,169 Grm. bei etwa 30° C. getrocknetes Lactu- cerin aus den1 Lactucarium von Ihen dargcstellt, gaben 0,473 Grm. Kohlensaure und 0 , I G S Grm. Wasser.

1V. T h i e m e erhielt, wie oben schon angegeben wurde, aus 0,173 Grrn. lufttrockncm Lactucerin 0,485 Grm. Kohlen- saure und 0,170 Grm. Wasser.

Aus diesen Analysen ergehen sich die Procente (C = 7,6854 ; H = 0,6240 ; 0 = 10)

gefunden bcrechnet -- nnch d. ForniclCdoH"05 I. 11. 111. IV. C=76,202 - - 77,286 - 77,090 - 76,650 ii =i0,654 - 10,551 - 10,832 - 10,902 - 10,719

100,000 100,000 100,000 100,000

- 11,882 - 12,008 - 12,631 ____ 0 = 13,144 -

Mit diesen Analysen stimmt jedoch eine andere nicht iiberein, welche mit eincm aus dem Lactucarium von Ilten gewonnenen Lactucerin vorgenommen wurde. Denn

V. 0,172 Grm. des bei etwa 300 C. getrockneten Lactucerins gaben 0,500 Grm. Kohlensaure und 0,173 Grm. Wasser.

VI. R u i cko 1 d t erhielt,, wic oben bemerkt wurde, aus 0,1475 Grm. des iiber Schwefelsaure unter der Luft- pumpe getrockneten Lactucerins aus dcm Lactucarium

den friiheren Verbrennungen des Lnctucerins lreine Spur yon Empyreuma zu bemerlren war, und das Kupfer rnit glinzender Farbe reducirt sich darstellte. Bei dem r e ch t e n Aggregat- zustande des Kupferoxyds reicht, meiner Meinung nach, die al- leinige Anwendbarlieit des Kupferoxyds vie1 weiter, als man gewohnlich anzunehmen geneigt ist. 11. Wr.

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16 Ludwig,

von Rlagclala O,h30 Grm. I~ohlensaure und 0,1505 Grm. Wasser.

Mi t Zugrundelegung der oben angegebenen Atom- gewichle ergeben sich ails diesen Analysen die Procente

gefundrn lierechilet nrchd.Forniel C t O I f b C O d V. VI.

C z= 79,936 - 80,IGO - 78,892 11 = 11,259 - 11,320 - 10,708 0 = 8,905 - 8,520 - 10,400

100,000 100,000 100,000

Wenn gleich nun diese letztere Formel eine Differenz von 3,37 Proc. im Ganzen zeigt, so vermiltelt sie doch den Uebergang zu dem von L e n o i r Sefundenen Lactucon - - C 4 0 H 6 4 OJ, indem namlich das aus frischem Milchsaft oder aus nicht altem Lactucarium dargeslellte Lactucerin durch stufenweisen Verlust von e i n e m oder z w c i A to - m e n Wasser in Lactucon ubergeht. Doch bleibt noch zu ermilteln, wic diese Umwandlang vor sich geht; clenn ebenso annchmbar ist der Uebergang des Lactucerins in Lactucon durch den Verlust einer wasserstoff- und sauer- stoffreicheren saurcn Verbindung, welche Ivtztere Ansicht durch das Verhalten dcsLactucerins in der Warme einigc Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Aehnliches Verhalten zeigte z B. nach F. W. J o h n - sto n (Annal. der Chem. und Pharni Bd 41. p . 388 u. s. t o ) das Harz des Ammoniaks fguinmi ammoniacumj, welches uher 100° C. erhitzt sich nacli und nach zersetzt, indem eine fluchtige Substanz weggeht. Die A n a l y s e g a b a l s d a n n e i n e n g r o s s e r e n K o h l e n s t o f f g e h a l t . Fcrner fand J o h n s t o n , dabs das nach der Formel C 1 "

HS 0'" zusammengesetzte IlarL tles Stinkasanls bei do00 C. getrocknet sich in ein nach dcr Formel C'UH 5 2 O q zu- samrnengesetztes Harz verwandell.

Laclucon und Lactucerin, welche von den Pflanzen- physiologen immer noch mil dem unpassenden Namen Kau tschu k der Cichoraceen bezeichnet werden, sind von dem wirklichen Kautschuk, wie man sieht, durch

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iiber die Bestandtheile des Lactucariums. 17

ihren Gehalt an Sauerstoff verschieden, den das letztere gar nicht besitzt. Doch lassen sich beide Korper mit demselben zu einer naturlichen Gruppe vereinigen, wie aus nachfolgender Zusarnrnenstellung erhellt.

C 4 0 H 7 0 = 10inal C4 H7 = Kautschuk (Fnraday, Berzelius). C40H64 = 2mal C20H3a = Birltenol aus Birltentheer (Sohero). C'OH64 = 8mal C5H8 = Terpentinbl. C4OH66 0 = krystallisirbares Elemiharz

C40HG6 0 3 = Betulin (Hem). C a O H 6 6 0 7 = Labdanumharz (Johnston). C40 H 6 S 0 5 = Lactucerin im frischen Milrlisdt des Giftlnttip. CaO H6' 0 4 = Lactucerin im getrocltnelen Lartucarium. C40 H 6 4 0 3 = Lactucon im getrocltneten Lactucarium (Lenoir). C 4 O H 6 4 O4 = Copaivaharc (H. Rose). C*O H6' 0 I = Elcmiharz A, in lcaltein Alltohol leichtloslich (Johnston). C 4 O l I 6 4 0 4 = lcrystollisirbares Euphorbiumharz, i n h e i s s e m Alkohol

C40 1x64 04 = Olibanumharz B, (Johnston). C 4 0 H 6 4 O* = 2mal C40H32 Oa = Sylvinsiiure oder krystallisirbares

C40 H 6 * 0 4 = 4mal CLO H I 6 0 = Camphor (Dumas, Blanchet u. Sell). CIOH6* 0 4 =; 4mal C'OH160 = Wermuthbl (Lehlnnc). C40 H e 4 O 5 = Alphaharz des indischen Copals (Filhol). C40H61 0 6 = Olibanumharz A, (Johnston). C4OH64 0 1 0 = Wachsartiges Fett in den Vogelbeeren und der Apfel-

B, wenig lbslich in Alkohol (Johnston).

16slich (H. Rose).

Harc des Colophons (H. Rose).

baumwurzelrinde (hlulder).

Nach Durchlesung der Arbeit Lenoir ' s uber das Lactucon mussteri in mir Zweifel aufsteigen uber die Rein- heit des von T h i e m e , R u i c k o l d t und mir analysirten Lactucerins und es war hauptsachlich der Umstand zu berucksichtigen, dass L e n o i r sein Lactucon in mikro- skopischen Krystallen erhielt, wahrend das unsrise nur anscheinmd krystallinische Warzchen bildete. Es wurde deshalb ein kleiner Rest desjenigen Lactucerins, welches zu den fruheren Analysen gedient hatte, aus heissem Alkohol umkrystallisirt, und nur derjenige Theil zur Ana- lyse verwendet, welcher beim Erkalten k r y s t a 1 l is i r t sich ausgeschieden hatte, im Gegensatze zu dem fruheren Ver-

Arch. d. Pharm. C. Bds. I. IIR. 3

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4 8 Ludwig, iiber die Bestandtheile des Lactucariuins.

fahren, wo die alkoholische LSsung verdunstet und das sich abscheidende Lactucerin nach Abwaschen mit Wein- Seist und Trocknen analysirt worden war.

0,096 Grm. des lockeren, weissen, neutral reagirenden Korpers verloren bei 140° getrocknet, nichts am Gewicht, auch war keine Rolhung des Lackmuspapiers zu bemerken. Sie gahen mit Kupferoxyd verbrannt 0,284 Grrn. Kohlen- saure und 0,409 Grm. Wasser. Daraus berechnen sich:

C = 81,348 H = 12,598 0 = 6,054

100,000.

Der Kohlensloff stimmt, wie man sieht, sehr gut mit der von L e n oi r gefundenen Formel C4 O H 6 03. Wegen der geringen Menge des zur Analyse angewandten Stoffs musste naturlich der Wasscrstoff zu hoch ausfallen.

Eine zweite Analyse eines aus 80 Grm. kauflichem, aber vollig achtern Lactucarium sorgfaltig dargestelllen Lactucons, welches ein lockeres, leichtes, schneeweisses, vollig neutral reagirendes, d e i Mugnesia alba ahnliches, unter dem Mikroskope aber vollig amorph sich zeigendes Pulver war, gab folgende Resultate:

0,296 Grm. lufttrocknes Lactucon verloren bei 1060 C. getrocknet nichts am Gewicht und rotheten dabei auch das Lackmuspapier nicht. Mit Kupferoxyd verbrannt, lie- ferten sio 0,880 Grrn. Kohlensaure und 0,304 Grm. Wasser. Daraus berechnen sich :

gefunden nach derForrnelC*OH64 0 3

C = 81,750 Proc. - 81,270 €I = 11,395 if - 10,696 0 = 6,855 u - 8,034

100,000 100,000.

Diese Resultate stimmen mit den von L e n o i r gefun- dencn Zahlen sehr gut uberein. L a c t u co n und L a c t u - c e r i n s i n d d a h e r iden t i sch . Kleine Mengen eines Weichharzes, welche letzterem noch anhingen, hatten die

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Mohr, Reindarstellung d. Salpeters. init u. ohne Silbersalp. 19

Ungleichheit in den Resultaten der Elementaranalyse her- vorgerufen. Dieses W e i ch h a r z bleibt in den alkoholi- schen Mutterlaugen zuriick, ist von neutraler Reaction und hat bei gewohnlicher Temperatur die Consistenz des Terpentins.

(Der Schluss folgt irn niichsten Hefte.)

Nachtragliches iiber die Reindarstellung der Salpetersaure rnit und ohne Silbersalpeter ;

von

Dr. Mohr.

Irn Q9. Bande dieses Archivs, S. 25 u. flg. habe ich nachgewiesen, dass Chlorsilber von starker Salpetersaure im Kochen zersetzt wird, dass sich Chlor entwickelt und salpetersaures Silber in der Salpetersaure aufgelost findet. Ich habe diese Versuche mit Aufinerksamkeit angestellt, und bin uberzeugt, dass jeder, der sie richtig wiederholt, dieselben Resultate erhalten wird. Sie wurden veranlasst durch die Vorschrift der 6ten Autlage der preussischen Pharmakopoe, die aus der Destillation von gemeinem, gereinigtem Salpeter mit u n v e r d u n n t e r roher Schwefel- siiure erhaltene Salpetersaure mit einer Auflosung von Silbersalpeter zu fallen.

Herr Hofrath W a cke n r o d e r begleitet meine obige kleine Notiz mit einer Anmerkung, worin er auf die Rich- tigkeit seiner im 41. Bande dieses Archivs S. 159 uber diesen Gegenstand gemachten Angaben hinweist. Ich habe absichtlich eine Bezugnahrne darauf vermieden, weil sie mit meinen Erfahrungen und Ansichten im Widerspruch stand, und weil ich glaubte, dass das Nachweisen eines wirklich statt findenden Sachverhaltnisses die Polemik uber ein unrichtig angegebenes uberflussig machte. Wollte ich nicht die Remerkung des Herrn Dr. W a ck e n ro d e r stillschweigeod als eine Belehrung des Besseren hinneh-

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