14
205 Uber die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen (Veroffentlichungen der Sternwarte Munchen Bd. 5 Nr. 3) Von F. SCHMEIDLER, Munchen (Eingegangen 1957 Dez. 23) Die Bedingungsgleichungen fur die Verbesserung der Bahnelemente von Planeten aus Meridianbeobachtungen werden so umgeformt, daO in den Koeffizienten nur die geozentrischen Koordinaten des Planeten und der Sonne auf- treten. Fur Planeten, die sich in Bahnen kleiner Exzentrizifat und Neigung bewegen, konnen die Gleichungen in der bequemen Form Aa =-E + b, + a,(t-t,) + a,sina + b,cosa-ua,tg&sinacosa-bb,tg&cos2a A~=-D+~,(t-t,)tg&cosa +azsina + (b,+ b,tge)cosa a,tg&sinacosa +b,tg&cos2a geschrieben werden; dabei hangen die Koeffizienten ai. bi auch von der GroOe a- ag ab, die ein Ma0 fur die seit der letzten Zeit Oppositon vergangene Zeit ist. Das Beobachtungsmaterial ist in Gruppen zu unterteilen derart, dall in jeder Gruppe der Wert von a - ag und damit auch die Werte der ai, bi konstant sind. In der Regel interessieren nur die Systemkorrektionen E und D, die fur Instrumente und Beobachter charakteristisch sind : die Bestimmung der Bahn- elemente der Planeten kann meist spateren Bearbeitungen iiberlassen werden. Die vereinfachte Form der Gleichungen ermoglicht eine ubersichtliche Diskussion, welche der Unbekannten unter welchen Bedingungen sicher getrennt werden konnen. Ein numerisches Beispiel zeigt, daO die Voraussetzung kleiner Exzentrizitat und Neigung auch fur Mars noch zulassig ist, bei dem wegen Bahnform und Erdnahe maximale Fehler zu erwarten sind. Die mit den Munchner Meridianinstrumenten in den Jahren 1941-1956 gemachten Beobachtungen groller Planeten werden mit Hilfe des erlauterten Verfahrens behandelt. 1. Allgemeine Bemerkungen Die fur die Ableitung absoluter Sternorter notwendige Bestimmung der Korrektionen des Aquinok- tiums und des Aquatorpunktes von Meridianbeobachtungen geschieht in der Regel mit Hilfe von Beob- achtungen der Sonne und gelegentlich auch der Planeten Merkur und Venus. Es ist aber bekannt, daB diese Beobachtungen, die am Tage gemacht werden mussen, weniger genau und anfalliger gegen systema- tische Fehler sind als Beobachtungen von Fixsternen. Aus diesem Grund sind mehrfach Beobachtungen kleiner oder auch groBer auBerer Planeten als Ersatz vorgeschlagen worden und seit I952 veroffentlichen verschiedene astronomische Jahrbucher genaue Ephemeriden von Ceres, Pallas, Juno und Vesta. Der Benutzung von Planetenbeobachtungen fur die Definition absoluter Koordinaten steht die Schwierigkeit entgegen, daB in Strenge nicht weniger als 12 Unbekannte bestimmt werden mussen. AuBer- dern ist die Berechnung der Koeffizienten der Bedingungsgleichungen muhsam und zeitraubend. Ein von CLEMENCE [I] gerechnetes fiktives Beispiel zeigt, wie umfangreich die notwendige Rechenarbeit ist. SchlieBlich mag noch der Nachteil hervorgehoben werden, daB man bei dem ublichen Verfahren der gleich- zeitigen Bestimmung der Bahnelemente sowohl des Planeten als auch der Erde sowie der Korrektionen von Aquinoktium und Aquator nicht immer auf den ersten Blick erkennen kann, welche der Unbekannten schwer von den ubrigen zu trennen sind. Aus diesen Griinden schien es dem Verfasser erwunscht, ein Formelsystem abzuleiten, das numerisch leicht zu handhaben ist und auBerdem die Bedingungen der Trennbarkeit der verschiedenen Unbekannten leicht zu ubersehen gestattet. Fur Beobachtungen der Sonne werden diese Bedingungen gut erfullt durch das bekannte System duo =-E+cos~sec~8~AL’-cosu~ tgSO As+2sinu0 sec& Ah’-2cos~cosu~ secSOAk’, ASo = - D + sin E cos uo AL’ + sin uo Ae + 2 cos uo sin do Ah’ - 2 sin E cos2 u0 cos do Ak‘ , in welchem E und D die gesuchten Korrektionen von Aquinoktium und Aquator bedeuten. Fur die inneren Planeten Merkur und Venus ist von HOUGH [2] ein bequemes Verfahren abgeleitet worden, das nur die Bestimmung einiger Hauptglieder von trigonometrischen Reihen erfordert. Die Be- handlung von Beobachtungen auBerer Planeten ist von NUMEROW [3] in mehreren Arbeiten diskutiert worden ; die von ihm entwickelten Formeln sind aber nicht weniger umstandlich und unubersichtlich als die ublichen Ausdrucke der Theorie der Bahnverbesserung. Gegenuber dieser lieBe sich vor allem dann eine Vereinfachung erzielen, wenn die Koeffizienten der Bedingungsgleichungen nicht als Funktionen der wahren Anomalie, sondern der geozentrischen Koordinaten dargestellt wiirden, weil letztere unmittelbar aus der Ephemeride entnommen werden konnen. Die vorliegende Arbeit verfolgt im theoretischen Teil das Ziel, die Unterschiede zwsichen den beob- achteten und den berechneten Ortern der auBeren Planeten als lineare Funktionen der Unbekannten so darzustellen, daB moglichst nur die geozentrische Rektaszension als Argument auftritt. Es wird sich 1 (1)

Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

205

Uber die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

(Veroffent l ichungen d e r S t e r n w a r t e Munchen Bd. 5 Nr. 3) Von F. SCHMEIDLER, Munchen

(Eingegangen 1957 Dez. 23)

Die Bedingungsgleichungen fur die Verbesserung der Bahnelemente von Planeten aus Meridianbeobachtungen werden so umgeformt, daO in den Koeffizienten nur die geozentrischen Koordinaten des Planeten und der Sonne auf- treten. Fur Planeten, die sich in Bahnen kleiner Exzentrizifat und Neigung bewegen, konnen die Gleichungen in der bequemen Form

Aa = - E + b, + a,( t - t , ) + a,sina + b ,cosa -ua , tg&s inacosa -bb , tg&cos2a A ~ = - D + ~ , ( t - t , ) t g & c o s a + a z s i n a + (b,+ b,tge)cosa a , t g & s i n a c o s a +b,tg&cos2a

geschrieben werden; dabei hangen die Koeffizienten ai. bi auch von der GroOe a- ag ab, die ein Ma0 fur die seit der letzten Zeit Oppositon vergangene Zeit ist. Das Beobachtungsmaterial ist in Gruppen zu unterteilen derart, dall in jeder Gruppe der Wert von a - ag und damit auch die Werte der ai, bi konstant sind. In der Regel interessieren nur die Systemkorrektionen E und D, die fur Instrumente und Beobachter charakteristisch sind : die Bestimmung der Bahn- elemente der Planeten kann meist spateren Bearbeitungen iiberlassen werden.

Die vereinfachte Form der Gleichungen ermoglicht eine ubersichtliche Diskussion, welche der Unbekannten unter welchen Bedingungen sicher getrennt werden konnen. Ein numerisches Beispiel zeigt, daO die Voraussetzung kleiner Exzentrizitat und Neigung auch fur Mars noch zulassig ist, bei dem wegen Bahnform und Erdnahe maximale Fehler zu erwarten sind. Die mit den Munchner Meridianinstrumenten in den Jahren 1941-1956 gemachten Beobachtungen groller Planeten werden mit Hilfe des erlauterten Verfahrens behandelt.

1. Allgemeine Bemerkungen Die fur die Ableitung absoluter Sternorter notwendige Bestimmung der Korrektionen des Aquinok-

tiums und des Aquatorpunktes von Meridianbeobachtungen geschieht in der Regel mit Hilfe von Beob- achtungen der Sonne und gelegentlich auch der Planeten Merkur und Venus. Es ist aber bekannt, daB diese Beobachtungen, die am Tage gemacht werden mussen, weniger genau und anfalliger gegen systema- tische Fehler sind als Beobachtungen von Fixsternen. Aus diesem Grund sind mehrfach Beobachtungen kleiner oder auch groBer auBerer Planeten als Ersatz vorgeschlagen worden und seit I952 veroffentlichen verschiedene astronomische Jahrbucher genaue Ephemeriden von Ceres, Pallas, Juno und Vesta.

Der Benutzung von Planetenbeobachtungen fur die Definition absoluter Koordinaten steht die Schwierigkeit entgegen, daB in Strenge nicht weniger als 12 Unbekannte bestimmt werden mussen. AuBer- dern ist die Berechnung der Koeffizienten der Bedingungsgleichungen muhsam und zeitraubend. Ein von CLEMENCE [I] gerechnetes fiktives Beispiel zeigt, wie umfangreich die notwendige Rechenarbeit ist. SchlieBlich mag noch der Nachteil hervorgehoben werden, daB man bei dem ublichen Verfahren der gleich- zeitigen Bestimmung der Bahnelemente sowohl des Planeten als auch der Erde sowie der Korrektionen von Aquinoktium und Aquator nicht immer auf den ersten Blick erkennen kann, welche der Unbekannten schwer von den ubrigen zu trennen sind.

Aus diesen Griinden schien es dem Verfasser erwunscht, ein Formelsystem abzuleiten, das numerisch leicht zu handhaben ist und auBerdem die Bedingungen der Trennbarkeit der verschiedenen Unbekannten leicht zu ubersehen gestattet. Fur Beobachtungen der Sonne werden diese Bedingungen gut erfullt durch das bekannte System duo = - E + c o s ~ s e c ~ 8 ~ A L ’ - c o s u ~ tgSO As+2s inu0 sec& A h ’ - 2 c o s ~ c o s u ~ secSOAk’, ASo = - D + sin E cos uo AL’ + sin uo Ae + 2 cos uo sin do Ah’ - 2 sin E cos2 u0 cos do Ak‘ , in welchem E und D die gesuchten Korrektionen von Aquinoktium und Aquator bedeuten.

Fur die inneren Planeten Merkur und Venus ist von HOUGH [2] ein bequemes Verfahren abgeleitet worden, das nur die Bestimmung einiger Hauptglieder von trigonometrischen Reihen erfordert. Die Be- handlung von Beobachtungen auBerer Planeten ist von NUMEROW [3] in mehreren Arbeiten diskutiert worden ; die von ihm entwickelten Formeln sind aber nicht weniger umstandlich und unubersichtlich als die ublichen Ausdrucke der Theorie der Bahnverbesserung. Gegenuber dieser lieBe sich vor allem dann eine Vereinfachung erzielen, wenn die Koeffizienten der Bedingungsgleichungen nicht als Funktionen der wahren Anomalie, sondern der geozentrischen Koordinaten dargestellt wiirden, weil letztere unmittelbar aus der Ephemeride entnommen werden konnen.

Die vorliegende Arbeit verfolgt im theoretischen Teil das Ziel, die Unterschiede zwsichen den beob- achteten und den berechneten Ortern der auBeren Planeten als lineare Funktionen der Unbekannten so darzustellen, daB moglichst nur die geozentrische Rektaszension als Argument auftritt. Es wird sich

1 (1)

Page 2: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

206 F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Iioordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

zeigen, daB wirkliche Vereinfachungen nur durch rigorose Vernachlassigungen erhalten werden konnen. Auf der anderen Seite ware es sinnlos, eine Genauigkeit von mehr als 10% anzustreben; die Ynterschiede zwischen Beobachtung und Rechnung sind bei guten Ephemeriden von der GroBenordnung von I” und die mittleren Fehler der Unbekannten, die durch Auflosung der Bedingungsgleichungen nach der Methode der kleinsten Quadrate erhalten werden, meist etwa f o ” ~ . Es erscheint daher vernunftig, in den Formeln alle die Glieder zu streichen, die nicht groBer als 10% der Hauptterme sind. In allen Fallen, in denen wesentlich hohere Genauigkeit erforderlich ist oder aus bestimmten Grunden angestrebt wird, durfte es sich nicht vermeiden lassen,.nach den strengen Formeln zu rechnen.

Durch die vorgenommenen Vernachlassigungen werden nicht nur relativ einfache Formeln erhalten werden, sondern es wird sich auch klar uberblicken lassen, welche der Unbekannten mit welchen anderen in schwer trennbarer Weise gekoppelt sind. AuBerdem kann man aus den vereinfachten Ausdrucken leicht erkennen, welche der Unbekannten nur dann sicher bestimmbar sind, wenn die Beobachtungen des Planeten einen genugend groBen Zeitraum vor und nach der Opposition uberdecken. SchlieBlich gibt der in der vorliegenden Arbeit entwickelte Formalismus die Moglichkeit, aus Beobachtungen, die nur in der Nahe der Opposition gemacht sind, wenigstens so vie1 an Information uber die Unbekannten zu gewinnen, wie auf Grund der Sachlage moglich ist.

2. EinfluB der Fehler der Bahnelemente des Planeten Da es sich nur um die Verwertung von Beobachtungen aquatorialer Koordinaten handelt, werden

alle Bahnelemente und Definitionen auf den Aquator bezogen; die Elemente der Bahn des Planeten sind also

M , = mittlere Anomalie zur Zeit to p = mittlere tagliche Bewegung a = groBe Halbachse, rnit p verbunden durch p2 a3 = k2 (I + m) e = sin p = Exzentrizitat N = aufsteigender Knoten auf dem Aquator w = Winkel zwischen Knoten und Perihel J = Neigung der Bahn gegen den Aquator.

SchlieBlich sollen in ublicher Weise mit r die heliozentrische Distanz, rnit ZJ die wahre Anomalie und rnit e die geozentrische Distanz bezeichnet werden; auBerdem sol1 in gleicher Weise wie bei ekliptischer Rech- nung die abkurzende GroBe u = v + w definiert werden. Dann lauten nach BAUSCHINCER [4] die Glei- chungen zur Bestimmung der Fehler der Bahnelemente :

1 I

a

e cos 6 Au = - (sin b cos ( B + u) + e sin b cos ( B + w)) sec p ( A M , + (t - to) Ap)

z a v i i r - __ - sin b sin ( B + u) Ap

3 k e a

e r 7 r e e e

+ - (sin E sin b cos ( B + u) - cos p sin b sin ( B + w ) ) A p

+ -sin b cos ( B + u) As + - cos b sin u A J - - cos b cos u sin J A N ,

a e Ad = - (sin c cos (C + u) + e sin c cos (C + w ) ) secq ( A M , + ( t - 1,) Ap)

z a v a Y .

3 k e - - sin c sin (C + u) Ap

a

e

e e e

+ - (sin E sin c cos (C + u) - cos Q.’ sin c sin (C + w ) ) A p

+ - sin c cos (C + u) As + - cos c sin u A J - - cos c cos u sin J A N . r Y r

Dabei sind statt der von BAUSCHINCER benutzten GroBen A#, Aq die unmittelbaren Korrektionen A J, AN der Elemente eingefuhrt ; es gelten die Beziehungen

1 A p = sin J sin w AN + cos w A J , Aq = sin J cos w AN - sin w A J , A s = c o s J A N + A w .

Die HilfsgroBen b, B sind durch das System

sin b cos B =

- sin J cos (a - N )

sin b sin B = - sin (a - N ) ,

cos b -

cos J cos (u - N ) , -

(3 )

(4)

Page 3: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensystenie mit Hilfe von Planetenbeobachtungcn 207

definiert, wahrend fur c, C die Relationen

( 5 ) sin c sin C = - sin 6 cos (a - N ) , sin c cos C =

cos c =

sin J cos 6 - cos J sin 6 sin (a - N ) , cos J cos 6 + sin J sin 6 sin (a - N )

als Definition gelten.

nutzt man besser die neuen Unbekannten Um die bekannte Unbestimmtheit bei kleinen Exzentrizitaten und Neigungen zu vermeiden, be-

I AL, = sec3 p, AM, + A S , Av = e A s , AK =sin J A N .

Ferner sol1 in (2) die groBe Halbachse a in den Koeffizienten von AM, + (t - to) Ap durch den Ausdruck seca p, (I + e cos v) und in den Koeffizienten von Ap, der Faktor a sin E durch den Ausdruck r sec p, sin v

ersetzt werden. Schreibt man schlieBlich in (2) noch u - statt w, dann erhalt man die folgende Form der Bedingungsgleichungen :

I e cos 8 Au = r sin b ( P sin ( B + u) + Q cos ( B + u)) + r cos b (sin u AJ - cos u A K ) , e A6 = r sin c ( P sin (C + u) + Q cos (C + u)) + Y cos c (sin u AJ - cos u A K ) ,

2 a VZ a 3 k r P = Ap + (I + e cosv) (e sin v AL - sin v AY) - - cosy cosv Ap, ,

I a Q = AL + ( z + e cos v) (e cos v AL - cos v Av) +

AL = AL, + (t - to) sec3 p, Ap . In den Gleichungen (7) sind r , u und v durch die geozentrischen Koordinaten des Planeten und der

Sonne auszudriicken. Bekanntlich gilt

1 x -- e cos a cos 8 - R cos a, cos 6, = 7 (cos N cos u - sin N sin u cos J ) , y = e sin a cos 8 - R sin 01, cos do = Y (sin N cos u + cos N sin u cos J ) , z = e sin 6 - R sin 6, = r sin u sin J ,

wo R, ua, 6, die geozentrischen Koordinaten der Sonne sind. Fuhrt man die beiden HilfsgroBen R cos 6,

cos (a - a,) , E=-- R cos 6, 71 = sin (a - IX,)

@ cos 6 @ cos 6 ein, dann erhalt man aus (8) die Relationen

(10) r sin u = e (I - E ) cos 6 sin (a - N ) sec J + e 7 cos 6 cos (a - N ) sec J , r cos u = e (I - 6) cos 6 cos (u - N ) - e 7 cos 6 sin (a - N ) .

Die Formeln (10) ermoglichen die Berechnung von r , u und v = u - w aus den geozentrischen Koordi- naten des Planeten, die aus der Ephemeride entnommen werden konnen. Die beiden Parameter 5 und 7 hangen wesentlich von u - ab und sind ein Ma0 fur den zeitlichen Abstand der Beobachtung von der Opposition.

Da sich die meisten Planeten einigermaaen nahe der Ekliptik bewegen, ist es nutzlich, sin 6 als Funktion von a auszudrucken. Unter Benutzung der zweiten Gleichung (10) findet man aus der dritten Gleichung (8) die Beziehung

e sin 6 = e (I - E ) tg J cos 6 sin (a - N ) + e 7 tg J cos 6 cos (a - NI + R sin do. Da die bekannte Beziehung tg 6, = tg E sin u, besteht, erhalt man

R sin 6, = R tg E cos 6, sin a. = e tg E cos 6 ( E sin a - 7 cos a) . Ersetzt man hierin a durch N + (a - N ) , dann erhalt man fur sin 6 den folgenden Ausdruck

I sin 6 = tg J cos 8 sin (a - N ) - ;’ mit

y = ( E (tg J - cos N tg E ) - 7 sin N tg E ) cos 6 sin (a - N ) - (q (tg J - cos N tg E )

I + t sin N tg E ) cos 6 cos (a - N ) . Fur Planeten, die sich genau in der Ekliptik bewegen, ist J = E und N = 0, folglich auch y = 0. Fur Planeten, deren Bahnneigung gegen die Ekliptik klein ist, kann y als kleine Grol3e betrachtet und bei geringen Anspriichen an Genauigkeit ganz vernachlassigt werden.

Page 4: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

208 F. SCHMEIDLER: Bestininlung absoluter Koordinatensysteme niit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Der Vorzug der Relation (XI) fur sin 6 besteht darin, daB mit ihrer Hilfe die GroBen c, C als Funk- tionen von b, B aufgestellt werden konnen und deswegen nicht eigens berechnet werden miissen. Wenn man den Ausdruck (11) fur sin 6 in die beiden ersten Gleichungen ( 5 ) einsetzt, findet man

sin c sin C = tg J cos 6 cos (a - N ) sin b sin B + y sec J sin b cos B , sin c cos C = tg J cos 6 cos (a - N ) sin b cos R - y cos J sin b sin B .

In den Gliedern, die mit der kleinen GroBe y multipliziert sind, kann sec J = cos J = I gesetzt werden und es folgt

r sin c sin (C + u) = r tg J cos 6 cos (a - N ) sin b sin ( B + u) + y Y sin b cos ( B + u) , r sin c cos (C + u) = r tg J cos 6 cos (a - N ) sin b cos ( R + u) - y r sin b sin ( B + 21) .

AuBerdem kann ein Ausdruck fur cos c gefunden werden, wenn man (11) in die dritte Gleichung (5) einsetzt

} (14

cos c = cos J cos 6 + sin J tg J cos 6 sin2 (a - N ) - y sin J sin (a - N ) . Bei Vernachlassigung des Quadrats von y kann man dafiir schreiben

cos c = cos J cos 6 (I + tg2 6 ) + j l sin J sin (a - N ) = cos J sec 6 + y sin J sin (a - N ) . (13) Mit Hilfe der Formeln (4), (g), (IO), (12) und (13) konnen alle GroBen, die in den Bedingungsgleichungen (7) auftreten, berechnet werden. Die abgeleiteten Formeln sind vollig streng, auBer daB in den mit der kleinen GroBe y multiplizierten Gliedern sec J = cos J = I gesetzt ist und y 2 vernachlassigt ist. In den meisten Fallen kann auch y = o angenommen werden.

3. EinfluB der Fehler der Bahnelemente der Erde In der Regel werden nur vier Erdbahnelemente als verbesserungsbedurftig angesehen. Es werden

AL‘ = Korrektion der mittleren Lange der Sonne Ae = Korrektion der Schiefe der Ekliptik Ah‘ = Korrektion der GroBe 12’ = e’ cos n’ Ah‘ = Korrektion der GroBe k’ = e’ sin n‘.

die folgenden Unbekannten benutzt

Die Formeln, welche den EinfluB der Korrektionen der Erdbahnelemente auf Planetenorter wiedergeben, wurden von NEWCOMB [5] abgeleitet. Fur die Zwecke der vorliegenden Arbeit erscheint jedoch eine un- abhangige Behandlung des Problems geeigneter. Als Ausgangspunkt konnen die Gleichungen (8) in der Form

(14) 1 ,o cos a cos 6 = x + x’ ,

Q sin S = z + z ’ ,o sin a cos 6 = y + y’ ,

benutzt werden, in denen x’, y’, z’ die geozentrischen rechtwinkligen aquatorialen Koordinaten der Sonne sind. Sie sind gegeben durch die Ausdriicke

t X’ = R cos 010 cos 60 = R C O S ~ ~ , y’ = R sin a@ cos z’ = R sin

= R cos E sin lo , = R sin E s in lo .

Die geozentrischen Koordinaten x , y , z des Planeten mussen jetzt als konstant betrachtet werden. Aus den Gleichungen (14) erhalt man durch Differentiation und Elimination von AQ in bekannter Weise die Differentialbeziehungen

e cos 6 Aa = cos a Ay’ - sin a Ax’ , Q A6 = cos 6 Az’ - cos a sin 6 Ax‘ - sin u sin 6 Ay’ .

Da aber nach den Gleichungen (15) die Relation z‘ = y’ tg E gilt, kann Az’ durch tg E Ay‘ + y’ sec2 E As ersetzt werden und man findet

} (16) e cos 6 Aa = cos a Ay’ - sin a Ax’,

Q A6 = y’ sec2 e cos 6 Ae - cos a sin 6 Ax‘ + (tg E cos 6 - sin a sin (s) Ay’ . Mit Hilfe der Gleichungen (15) konnen Ax‘ und Ay’ als Funktionen von A R , A lo und As ausgedruckt wer- den und man erhalt

A R R Ax’ = x’ ~ - - ~ - y’ sec E A l o ,

A R R

Ay’ = y’ ~ + X’ cos E Ail@ - y’ tg E A & .

Page 5: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. SCHMEIDLER : Bestimmung absoluter Koordinatensysteme init Hilfe von Planetenbeobachtungen 209

Der Zusammenhang zwischen den Koordinaten R , lo und den Bahnelementen der Erde ist durch die be- kannten Formeln

gegeben, in denen das Quadrat der Exzentrizitat der Erdbahn vernachlassigt ist. Durch Differentiation erhalt man

R = a’ (I - h‘ cos l , - k‘ sin lo) , 1, = L’ + 2 h‘ sin A, - z k‘ cos A,

1 A R = - x‘ Ah‘ - y’ sec E Ak’ , 2 x‘

31, = AL’ + R "sect A h ’ - R A h ’ . 1 Diese Ausdriicke sind in (17) einzusetzen und es ergibt sich

x ’ ~ + 2 y’2 secz E x’ y’ sec E Ah‘ + ~ ~~~ Ak’, -_ R R

Ax’ = - y’ sec E AL’ -

y t 2 sec E + z x ’ ~ cos E

R- - Ak’ - y’ tg E AS

Diese Ausdrucke sind in (16) einzusetzen, um die Darstellung von A a und A6 als Funktionen der Ver- besserungen der Erdbahnelemente zu erhalten. Das Resultat der Substitution sol1 hier nicht naher aus- gerechnet werden, weil die Formeln sehr umstandlich werden, mit Hilfe der im spateren Teil der Arbeit vorgenommenen Vernachlassigungen aber eine einfache Gestalt annehmen. Bemerkt sei jedoch, daB die Koeffizienten in (19) wesentlich von den rechtwinkligen Koordinaten der Sonne abhangen, die aus den Jahrbuchern entnommen werden konnen.

4. Einfiihrung von Vereinfachungen Die unter 2. und 3. entwickelten Formeln geben die Koeffizienten der Bedingungsgleichungen als

Funktionen der geozentrischen Koordinaten des Planeten und der Sonne; mit ihrer Hilfe kann man die Berechnung der Stellung des Planeten in seiner Bahn vermeiden. Dennoch durfte die erforderliche Rechen- arbeit nicht wesentlich geringer als bei Benutzung des ublichen Systems (2) sein. Man kann aber eine erhebliche Vereinfachung erzielen, wenn man die Exzentrizitaten und das Quadrat der Neigung vernach- lassigt. Da die meisten Planeten sich nahe der Ekliptik bewegen, ist genahert J = E und die Annahme J2 = o ist mit der in der Einleitung begriindeten Forderung einer Genauigkeit von etwa 10% gerade noch vertraglich.

Bei Vernachlassigung von J 2 hat man sec J = cos J = I und findet aus den Gleichungen (4) und (10)

r sin b sin (B + u) = e r j cos 6 , r sin b cos ( B + u) = e (I - l ) cos 6 .

Wegen J = s ist die Differenz J - E von der GroBenordnung Jz und kann vernachlassigt werden; aus dem gleichen Grund ist N NN o und kann das Produkt sin N tg E als GroBe zweiter Ordnung vernachlassigt werden. SchlieBlich sind unter den angenommenen Voraussetzungen die Deklinationen der Sonne und des Planeten hochstens um geringfiigige Betrage groBer als E und kann deshalb cos 6 = cos = I gesetzt werden. Dann erhalt man aus (11) und (12) unter Berucksichtigung von (20) die folgenden Relationen

sin 6 = tg E sin a , r sin c sin (C + u) = r tg E cos a sin b sin ( B + u) = e q tg E cos a , Y sin c cos (C + u) = Y tg E cos a sin b cos ( B + u) = e (I - t ) tg E cos a

Mit Hilfe der gleichen Vernachlassigungen kann man aus (4), (10) und (13) die Ausdrucke

Y cos b sin ZL = - e tg E cos a ( p , sin a + q1 cos a) , r cos b cos u = - e tg E cos a ( p , cos LX - q1 sin a) , r cos c sin u = r cos c cos u =

e ( p , sin (x + q1 cos a) , e ( p , cos a - q1 sin a)

ableiten, in denen die HilfsgroBen Pl, q1 die Bedeutung

fil = q1 = - (I - E ) sin N + r j cos N

(I - 6) cos N + r j sin N ,

haben. Fur die wahre Anomalie v, die in den Bedingungsgleichungen (7) auftritt, erhalt man mit den Annahmen r = a, sec J = cos 6 = I und unter Berucksichtigung von v = u - w aus den Gleichungen (10) die folgenden Ausdriicke

sinv =us inLw-~cosa , cos v = z sin a + u cos a ,

Astron. Nachr. Band 284 14

Page 6: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

210

in denen die HilfsgroBen u und t definiert sind durcli

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

A1 = -7 (U AV +t AQ))-z (1-5) (t AV-u A Q)),

A2 = fi1 AJ + 41 A K ,

(26) B i z 7 (t AV-u A q ) - 2 (I -2) (0 AV + t AQ)) , B, = 41 AJ-fip, A K .

7%' + z E Y ' A h ' + 7 Y ' - 2 5 x x ' Ak' - (2 sina -7 cos a) t g s cosa A s ,

q x ' + 2 5 Y ' Ah' + 7Y'- 2 2%' R A u ' = ~ A L ' +

t g s c o s a + (Esincx-qcosa) As. R R

b, = (I -6) A L 0 - P - 7 A,/A + 2 A L ' , 3 k

e e R a, = - 7 (U AV + t AQ)) - z (I - 5) (t AV - u AQ)) + - ( Z 2' -k 7') Ah' - jj 5 7 Ak' ,

b, = 7 (t A V - u A q ) - 2 (I -6) (U AV + t AT) - - 6 7 A h ' - - ( 2 t 2 + 7') Ah' , e 0

R R

Unter Benutzung der Relationen (28) konnen die Koeffizienten dieser Gleichungen als Funktionen von a sowie von 5 und 7 ausgedriickt werden

' (32)

210

in denen die HilfsgroBen (T und t definiert sind durcli

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Setzt man die durch Vereinfachungen gewonnenen Ausdrucke (20), (21), (22) und (24) in die Be- dingungsgleichungen (7) ein, dann ergibt sich die folgende Darstellung fur Aa und Ad

} (25) A a = A , ( t - t o ) + B,+ A,sina+B,coscx-AA,tg~sinacosa-B, tg~cos2a, Ad = ( A , (t- to) + B, + A, sin a + B, cos a) tg E cos o( + A, sin a + B, cos a.

Dabei sind die Koeffizienten Ai, Bi mit den gesuchten Korrektionen der Bahnelemente durch die folgen- den Ausdriicke verbunden

Alle HilfsgroBen sind durch die Gleichungen (9), (23) und (24) definiert. Die Gleichungen (16) und (19), die den EinfluB der Fehler der Bahnelemente der Erde beschreiben,

konnen durch die gleichen Vernachlassigungen vereinfacht werden. Unter Annahme von sec E = cos E = I und Benutzung des Ausdrucks (21) fur sin d erhalt man aus (16)

(27)

Fur die rechtwinkligen Koordinaten der Sonne x’, y’ findet man aus (9) und (15) die Ausdrucke (28)

Setzt man wiederum cos E = cos 6 = I und tgz E = 0, dann ergibt sich aus den Gleichungen (IS), (27) und (28) die folgende Darstellung der durch die Fehler der Erdbahnelemente verursachten Abweichungen, die nunmehr der Deutlichkeit halber mit Aa’ und Ad’ bezeichnet werden sollen:

Unter Benutzung der Relationen (28) konnen die Koeffizienten dieser Gleichungen als Funktionen von a sowie von 5 und 7 ausgedriickt werden

Aus den Gleichungen (29) und (30) erkennt man, daB die Abweichungen Aa‘ und Ad’, die eine Folge der Fehler der Bahnelemente der Erde sind, in der gleichen allgemeinen Form (25) dargestellt werden konnen wie die auf den Fehlern der Bahnelemente des Planeten beruhenden Betrage Au und AS. Fiigt man auBer- dem noch die Korrektionen E und D fur Aquinoktium und Aquator hinzu, dann erhalt man als allgemeine Darstellung fur die Unterschiede zwischen beobachteten und berechneten Rektaszensionen und Dekli- nationen eines Planeten da=--E + b,+a,(t-t,) + a , s i n a + b , c o s a - a a , t g E s i n a c o s a - b b , t g E c o s ~ 2 , 4 d = - D + a, ( t - to) tg ~ c o s a +a,sina + (b, + b, tg E ) cosa +al tg E sin a cos a + b, tgscos2a. Die Bedeutung der Koeffizienten ai, b; folgt aus den Gleichungen (26), (29) und (30) durch Addition der von den Fehlern der Bahnen des Planeten bezw. der Erde herruhrenden Betrage

1 (31)

I

Page 7: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. ScHhfEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen 211

Will man auBerdem einer Korrektion A p der Piazessionskonstante und einer Zeitabhangigkeit von AL' in der Form AL' = A , + A, ( t - to) Rechnung tragen, dann sind in der ersten Gleichung (32) rechts die Ausdrucke AP + 6 A, hinzuzufugen und in der zweiten AL' durch A , zu ersetzen.

Der Vorzug der Gleichungen (31) besteht darin, daB die Koeffizienten a;, bi konstant sind, wenn fur alle Beobachtungen a - aQ den gleichen Wert hat. Tatsachlich hangen unter den eingefuhrten Ver- nachlassigungen die GroBen e, 6 und 7 nur von den groBen Halbachsen beider Bahnen und von a - aa ab. Mit den Annahmen cos J = cos 6 = cos do = I und e = e' = 0, folglich Y = a erhalt man aus den Gleichungen (9) und (10) die Relationen

e2 - 2 R e cos (a - ao) + R2 = a,,

cos (a - a@) , l = - R R . e e 7 = - sin (a - aO) . (33)

Man hat daher fur alle Beobachtungen, fur die der Wert von 01 - a@ gleich ist oder in ein geniigend enges Interval1 fallt, durch Losung des Systems (31) die Koeffizienten ai, bi zu bestimmen. Die eigent- lichen Unbekannten folgen dann aus (32). Damit ist die Bestimmung der 12 Unbekannten in mehrere kleine Schritte unterteilt.

5. Die Diskussion der Formeln Da den Meridianbeobachter meist nur die Systemverbesserungen E und D interessieren, sol1 die

Trennbarkeit dieser beiden GroBen zuerst diskutiert werden. Am einfachsten ist D zu bestimmen, welches gleich dem konstanten Term in der Gleichung fur A6 ist; bei einigermaoen gutem und gut verteiltem Beobachtungsmaterial kann sich keine Unbestimmtheit ergeben. Es ist nicht einmal eine Unterteilung des Materials nach dem Wert von a - aQ unbedingt notwendig; bei Ausgleichung aller Beobachtungen nach der zweiten Gleichung (31) erhalt man fur die GroBen ai, bi Werte, die einen ungefahren Durchschnitt reprasentieren. Der Zahlenwert von D wird, wiederum einigermal3en gleichmaBige Verteilung des ge- samten Beobachtungsmaterials vorausgesetzt, hochstens um geringfugige Betrage verfalscht.

Entgegen einer gelegentlich vertretenen Meinung muB darauf hingewiesen werden, daB die Aquator- korrektion nicht einfach gleich dem arithmetischen Mittel aller Ad ist. Die letzten Glieder in (31) haben wegen des Faktors cos2 a stets das gleiche Vorzeichen und tragen zum arithmetischen Mittel aller beob- achteten Werte durchaus bei.

Etwas mehr prinzipielle Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung der Aquinoktiumkorrektion E, welche in (31) in der festen Verbindung -E + b, auftritt. Daher mu0 die GroBe b, aus den Deklinationen bestimmt werden, in denen sie aber mit t g s multipliziert auftritt. Aus diesem Grunde ist E mit einer um den Faktor ctg s vergroBerten Unsicherheit gegenuber den anderen Unbekannten behaftet. Diese Dinge sind nicht neu, lassen sich aber an Hand der einfachen Formeln (31) besonders klar ubersehen.

AuDerdem stellt die Bestimmung von E hohe Anforderungen an die Qualitat der beobachteten Rektaszensionen, aus denen ein zuverlassiger Wert von b, ermittelt werden muB; nur dann kann aus den Deklinationen das Glied mit b, tg E von b, getrennt werden. Da b, in die Rektaszensionen mit dem meist kleinen Faktor tg E cos2 a eingeht, ist dadurch eine zusatzliche Unsicherheit gegeben.

Wenn das Material an beobachteten Rektaszensionen zwar die Bedingungen fur eine sichere Bestim- mung von b, nicht erfullt, aber eine genugend gute Verteilung in der Variablen a - a. aufweist, kann man die Abhangigkeit der Koeffizienten ai, b, von dieser zweiten Variablen ausnutzen, um zu einem zuver- lassigen Wert von E zu gelangen. In diesem Fall konnen rnit der vollen, den Beobachtungen an sich zu- gehorigen Sicherheit die drei GroBen a,, b, = b, + b, tg E und Eo = - E + b, bestimmt werden. Aus (32) kann man die Beziehungen

1 (34) -

P i A J + q i A K + t AS - a,, 41 A J - p p , A K - 7 AS + E t g s = b,-EotgE

ableiten und die vier Unbekannten A J , A K , A s und E bestimmen, wenn das Material eine Unterteilung unter mindestens zwei wesentlich verschiedene Werte von a - a. erlaubt. Von dieser Moglichkeit wurde bei der Auswertung der Munchner Planetenbeobachtungen, uber die weiter unten berichtet wird, weit- gehend Gebrauch gemacht.

Noch gunstiger gestaltet sich die Bestimmung der Aquinoktiumskorrektion E , wenn die Fehler der Bahnelemente der Erde entweder vernachliissigt oder anderweitig als bekannt angenommen werden konnen. Dann hat man nach der zweiten Gleichung (32) fur die aus den Rektaszensionen allein bestimm- bare GroBe -E + b, die einfache Beziehung

aus der man E bestimmen kann, falls sich das Beobachtungsmaterial auf mindestens zwei wesentlich ver- schiedene Werte von a - aQ verteilt und man Ap aus der ersten Gleichung (32) entnimmt.

14*

Page 8: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

212 F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme rnit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Die Korrektionen der Bahnelemente der Erde und des Planeten konnen aus (32) gefunden werden. Wiederum sind, wie man sofort erkennt, die Zahlenwerte der ai, bi fur mindestens zwei wesentlich ver- schiedene Werte u - uag erforderlich; naturlich ist die Besetzung eines moglichst weiten Bereichs in dieser Variablen erwunscht . Falls die Korrektionen der Erdbahnelemente vernachlassigt werden konnen, wird das Problem entsprechend einfacher.

Die bei Vernachlassigung der Korrektionen der Erdbahn erzielbare Vereinfachung hat vor allem fur die weit entfernten auBeren Planeten groBe Bedeutung. Es ist selbstverstandlich, daB die Beob- achtungen solcher Planeten uber die Bahnelemente der Erde wenig aussagen konnen ; analytisch kommt das dadurch zum Ausdruck, daB in (32) samtliche Korrektionen der Erdbahn mit den Faktoren oder y multipliziert sind, die entsprechend den Ausdrucken (33) fur weit entfernte Planeten sehr klein werden.

SchlieBlich kann man insofern noch weiter gehen, als man die systematischen Fehler des Instruments als periodische Funktionen der Rektaszensionen betrachten, also Fehler Am, und AS, in der Form von Termen proportional zu sin u und cos u einfuhren kann. Die Amplituden dieser Terme wurden im System (32) additiv in den entsprechenden Gleichungen hinzuzufugen sein. Man erkennt, daB diese Terme von den ubrigen Unbekannten nur dann sicher getrennt werden konnen, wenn die Beobachtungen einen ge- nugend breiten Bereich der Variablen 01 - uag gleichmaBig uberdecken; das ist gleichwertig mit der For- derung, daB die Beobachtungen sich uber eine genugend lange Zeit vor und nach den Oppositionen er- strecken mussen.

6. Nachpriifung der Zulassigkeit der Vereinfachungen An Hand eines numerischen Beispiels wurde gepruft , ob die Vernachlassigung der Exzentrizitaten

und Quadrate der Neigungen zulassig ist. Als Rechenprobe wurden die rnit den Munchener Meridian- instrumenten in den Jahren 1941-1956 gemachten Beobachtungen des Mars gewahlt, weil bei diesem Planeten wegen groBer Exzentrizitat und Erdnahe die groBten Fehler zu befurchten sind. Alle Deklina- tionen sind in dem Katalog des Verfassers [6] uber die Vertikalkreisbeobachtungen publiziert ; jedoch sind die dort gegebenen Werte AS bereits wegen der hier erst untersuchten Systemkorrektionen korrigiert und unterscheiden sich deshalb von den hier angegebenen Werten. Die Rektaszensionen sind bis Anfang 1950 von Herrn LABITZKE ([7], [S]) veroffentlicht, auBerdem ist der Autor Herrn LABITZKE fur die vorzeitige uberlassung unveroffentlichter Beobachtungen aus den Jahren 1950-1952 zu groBem Dank verpflichtet.

Die aus dem Material gebildetdh Normalorte sind in Tabelle I angegeben. Es wurden drei Gruppen gebildet, je eine fur Beobachtungen rnit kleinem (A), mittlerem (B) und groBem (C) Wert von u - ua. In der nur bei den Deklinationen auftretenden Spalte ,,Ort" bedeutet M = Munchen und C = Canberra, weil in den Jahren 1954155 rnit dem Munchner Vertikalkreis in Canberra (Australien) beobachtet wurde. Alle anderen Bezeichnungen in Tabelle I bedurfen keiner Erklarung.

Tabel le I . N o r m a l o r t e von Mars ~

Zeit

1944.1 44.2 48.3 48.3 48.4 52.4 52.5

1941.9 41.9 44.0 44.' 44.2 48.2 48.3 48.3 50.3 50.3 50.4 52.4 52.4 52.5 54.4 54.5 54.5 54.6 56.7 56.7 56.8 57.0

Ort $1 I Gruppe ~ a I I I

M M M M ' M I M , hl 1

31 M M &I M M hl M M M M M M JI C C C C 1M

M I M i

M '

3 4 e

2

3 4 2

2

3 I 2 2 I I 2 2 2

3 2 2 2 2 2 7

2 2 2 2

3

, A A C B A C A

' B A B .4 A C B A B B A C B A C C B A C C B A

h m 7 2 9 I - " 1.50 6 30 1 -0.98 g 18 , -2.32 8 55 2.85

I0 20 -0.90 7 5 2 $0.15

9 27 I

8 2 5 9 3 7 37 6 26 9 24 8 50 7 50

7 42 ! -3.25

.~ 9 2 $0.65 8 42 +0.70 8 22

9 55 9 1 8 32

I3 46 I1 58

8 18 I2 38 11 23 8 33

I0 I 0

6 16 ~

+0.40 +0.65

-0 .40 +0.30 -0.05 +0.35 -1.40 4 . 5 5 -0.65 -0.20 $0.50

Page 9: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen 213

Bei der Einteilung der Beobachtungen in Gruppen wurden keine ganz festen Grenzen von u - ua einge- halten, sondern zwecks gunstigerer Verteilung einzelne Beobachtungen in eine andere Gruppe ubernom- men. Es erwies sich als unmoglich, mehr als drei Gruppen zu bilden, was erhebliche Vorteile bedeutet hatte.

Fur die hier allein diskutierte Frage, ob die vorgenommenen Vernachlassigungen zulassig sind, konnen die Verbesserungen der Bahnelemente der Erde ignoriert werden. Auch die Aquinoktiumkorrek- tion E wurde vernachlassigt, so daI3 auBer den sechs Verbesserungen der Bahnelemente zwei weitere Un- bekannte blieben, namlich die Aquatorkorrektionen fur die Vertikalkreisbeobachtungen in Munchen und in Canberra, die naturlich verschieden sein konnen und es auch waren. Es sind also acht Unbekannte zu bestimmen, die einmal mit dem in dieser Arbeit erlauterten Naherungsverfahren und auBerdem durch Anwendung des strengen Systems ( 2 ) aus den Normalorten der Tabelle I ermittelt wurden. Als Mittel- werte von u - a@, p, 5 und q ergaben sich fur die drei Gruppen

Gruppe A a - a g = 71136"', p = 0.88, [ = -0.46, 11 = +1.04 R 9 5 0.69 -1.05 + I . O O

C 11 5 0.55 -1.77 $0.43 Die Ermittlung der a;, b, wurde auf dem Weg von Annaherungen vorgenommen. Die zweite Gleichung (31) wurde in der Form

a, sin M + b, cos M - D = Ad - a, (t - to) tg E cos a - a, tg E sin a cos a - b, tg E cos2 a (36) geschrieben und unter einer Hypothese fur die GroBen a,, a, und b, (in erster Naherung wurden diese GriiBen = o gesetzt) fur die Beobachtungen jeder Gruppe zur Bestimmung der vier Unbekannten a2, b,, DM und Dc benutzt. Mit den so erhaltenen Werten wurde das System

} (37) E , + a, (t - to) + a, sin a + b, cos a - b, tg E cos2 a, (t - to) tg E cos a + a, tg E sin a cos a + b, tg E cos2 a = AS + D - a2 sin u - b, cos u

nach den funf Unbekannten E,, a,, a,, b, und b, aufgelost, indem auf den rechten Seiten die Korrektions- glieder mit den Resultaten der vorhergehenden Naherung berechnet wurden. Wenn das Beobachtungs- material an Rektaszensionen den Deklinationen an Menge gleichwertig ware, wurde man zur Ermittlung der funf Unbekannten besser nur die erste Gleichung (37) heranziehen; es erwies sich aber als notwendig, die zweite Gleichung ebenfalls auszunutzen. Das Verfahren wurde solange iteriert, bis die Werte der Unbekannten sich nicht mehr anderten.

Bei der Bestimmung der beiden GroBen D aus (36) ist zu beachten, daB zwar die Koeffizienten a2 und b, in jeder Gruppe verschieden sind, die Werte Dnf und DC aber gleich sein mussen. Um den im Sinn der Fehlertheorie besten Wert fur die beiden D zu erhalten, wurden in jeder Gruppe die aus (36) gewon- nenen Normalgleichungen soweit durch Elimination reduziert, daB nur noch die beiden Unbekannten DM und DC vorkamen; diese Gleichungen aus allen drei Gruppen wurden addiert und ihre Auflosung ergab in jeder Naherungsstufe die zugehorigen Werte von D, und Dc.

Die strenge Rechnung nach den Formeln (2) ergab das folgende System von Bedingungsgleichungen :

= Aa + a, tg E sin u cos a ,

t1.41 A M , -0.81 Ap $2.90 Apj $1.49 A s -0.36 AJ -0.04 AK = -1"37 +I.07 -0.77 $2.14 + I . I ~ -0.19 -0.06 = -0.88

1-1.39 -0.08 $0.27 $1.69 i0.19 $0.59 = -2.73 -kI.0.5 -0.34 -0.15 t1.28 +0.08 fo.52 = -3.12

+I33 +0.28 -3.29 +1.61 -0.74 +0.36 = $0.15

$1.50 +0.08 So.& + I . ~ I +0.23 $0.62 = -2.22

$2.18 f1.62 -4.28 f2.44 -0.73 +0.70 = -0.88

- Dm1 - Dmr t1.06 -0.53

- Dnr $0.19 -0.02

- DM -0.42 + O . I Z

- DbI -0.33 +O.I8 - Dmr -0.65 -0.07 - Dmr -0.61 -0.03 - Dmt -0.58 0.00 - DM -0.86 -0.61 - DM -0.83 --0 .43 - Dnf -0.78 -0.33

- DC $0.13 $0.16 - n, +O.I() $0.30

$1.34 A M , -0.51 Ap

- Dmi +0.48 $0.17 - Dnr $0.35 +0.04

- Dmf -0.48 +o.o6

$1.54 Ay $0.99 ds +I.02 +0.79 $0.23 +0.47 +O.ZO +0.35 +0.15 +0.19 -0.18 -0.58 -0.11 -0.51 S O . 0 1 -0.45 +0.76 -0.77 $0.73 -0.73 $0.74 -0.69 f1.76 -0.94 f1.70 -0.88 +1.62 -0.83 -0.24 +-0.12 +o.o8 -0.17

+1.37 A J + 1-40 $2.22 fI .77 $1.35 w . 7 5 $0.54 +0.22

-0.55 --0.61 --0.69 -1.88 -1.88 -1.88 -3.14 -3.34

-2.01 AK = -0'.'40 -1.49 = $0.23 -0.18 = +0.50 f0.21 = 0.00 $0.47 = +0.50 f1.87 = 0.00 +I.79 = +O.4O +1.56 = $0.95 f1.86 = $0.65 +1.76 = $0.70 +1.55 = $0.40 $1.61 = $0.65 $1.32 = $0.50 $1.15 = -0.40 $0.67 = $0.30 +0.04 = -005

Page 10: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

218 F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme rnit Hilfe von Planetenbeobachtungen

-Dc-o.24AMo -0.40Ap +0.30Ag, -0.21 As -3.qAJ -0.67AK = +0'.'35 - Dc -0.19 -0.25 +0.18 -0.16 -2.58 -1.27 = -1.40

- DM + I 3 4 $2.76 +0.35 +I.53 -1.09 -3.14 = -0.65

- DM $0.54 $0.38 $0.86 $0.48 +I .OO -0.89 = $0.50

- - DM + 1.69 S2.08 $0.51 +I.39 -0.51 -3.24 - -0.55 - DM +0.92 +0.77 +0.77 $0.78 S0.69 -2.02 - - -0.20

Als Resultat ergab sich aus der genaherten Rechnung, daB die beiden Aquatorkorrektionen fur die Ver- tikalkreisbeobachtungen die Werte DM = +0','02 und DC = +0'.'31 hatten. Von den anderen Unbe- kannten war b, in allen Fallen sehr unsicher und fur die Gruppen B und C iiberhaupt unbestimmbar. Die Resultate sind

EO a0 a1 a2 bl b2 b3

Gruppe A +o'.'II $0'.'24 -2'.'42 +0'.'61 +1'.'77 +0'.'68: -0'.'05 B -3.06 +0.08 $0.85 -0.01 +0.53 unb. -0.45 C -1.95 -0.06 -0.92 -0.56 -0.34 unb. -0.55

Aus diesen Werten der ai, b; miissen nach (32) unter Vernachlassigung der Korrektionen der Erdbahn und von E die Verbesserungen der Bahnelemente des Mars gefunden werden. Die Resultate werden in Tabelle 2 mit denen der Auflosung des in voller Strenge richtigen Systems (38) verglichen.

Tabel le 2. Vergleich d e r genaher- t e n u n d d e r s t r e n g e n R e s u l t a t e

Unbekanntel I strenger

Wert genaherter I Wert

n n -0.57tO.94 -0.07 f 0.24 -0.30fo.12

+ O . I Z ~ O . I G o.oof0.18

-0. I O k 0. I g f0 .12f0 .52

-0.27kO.14

n /I

-0.82 5 0.66 +0.01+0.25 -0. I5 k0.19 -0.05f0.19 +O.O3fO. I4 -0.I7f 0. I3 +o.oz 20.14 +0.31+0.40

In allen Fallen ist die Ubereinstimmung mit Rucksicht auf die mittleren Fehler gut. Selbst wenn bei drei- fach so groBem Beobachtungsmaterial die mittleren Fehler um einen entsprechenden Faktor kleiner waren, wiirden noch immer keine verbiirgbaren Unterschiede zwischen beiden Losungen auftreten.

Die Tatsache, daB bei den meisten Unbekannten das genaherte Verfahren erheblich kleinere mittlere Fehler ergibt, ist selbstverstandlich nur scheinbar. Das Naherungsverfahren beruht auf der sukzessiven Losung von Systemen rnit wenigen Unbekannten, bei denen formal die mittleren Fehler sich zu klein ergeben miissen. Es ist jedoch bekannt, daB man durch solche Verfahren in der Regel einigermaoen richtige Werte der Unbekannten, wenn auch zu giinstige Aussagen iiber ihre Genauigkeit erhalt. Zu- sammenfassend kann gesagt werden, daB die Vernachlassigungen, auf denen das genaherte Verfahren beruht, gerechtfertigt erscheinen.

7. Auswertung der Munchener Beobachtungen grol3er Planeten Nach der erlauterten Methode wurden auch die mit den Miinchener Meridianinstrumenten gemachten

Beobachtungen von Jupiter und Saturn ausgewertet. Fur Uranus und Neptun war wegen des kurzen Bahnbogens, der in den Jahren 1941-1956 durchlaufen wurde, nur eine summarische Behandlung mog- lich. Uber die Verwertung der Beobachtungen der kleinen Planeten Ceres, Pallas, Juno und Vesta be- richtet Herr PETRI in der nachfolgenden Arbeit.

Die Beobachtungen sind in den gleichen Publikationen ([6], [7], [8]) veroffentlicht wie die auf S. 212 referierten Marsbeobachtungen. Die am Meridiankreis beobachteten Deklinationen wurden wegen der den Vertikalkreisbeobachtungen unterlegenen Genauigkeit nicht venvendet. Korrektionen wegen Ungleich- formigkeit des ZeitmaBes wurden in keinem Fall angebracht. Die Ad der am Vertikalkreis gemessenen Deklinationen unterscheiden sich wie bei Mars von den im Katalog veroffentlichten Werten, weil letztere wegen der hier erst abgeleiteten Systemkorrektionen schon korrigiert sind.

Eine Aufteilung des Materials unter verschiedene Werte von u -ao wurde bei Jupiter und Saturn wegen Geringfiigigkeit des Einflusses der Korrektionen der Erdbahn nicht vorgenommen. Alle wahrend einer Opposition gemachten Beobachtungen wurden in einen Normalort zusammengefaBt. Die Tabellen 3 und 4 geben die so erhaltenen Normalorte an.

Zur Bestimmung der Unbekannten wurde das bei den Marsbeobachtungen beschriebene Naherungs- verfahren venvendet, dasin einer Iteration der Gleichungen (36) und (37) besteht. Bei Jupiter muBte schlieB- lich die Rektaszension aus dem Jahr 1948 weggelassen werden, weil sie auf keine Weise rnit den iibrigen Beobachtungen in Einklang zu bringen war. Die betreffenden Beobachtungen sind nicht rnit dem Meri-

Page 11: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen 215

/I

-1.45 -1.25 -4.07 -1.52 -2.75

diankreis, sondern mit einem kleinen Passageninstrument gemacht , bei dem groBere Fehler in Einzelfallen moglich sind. In den Gliedern mit a, wurde to = 1941.0 und als Zeiteinheit 10 Jahre gewahlt. Sowohl bei

Tabel le 3. N o r m a l o r t e f u r J u p i t e r

Deklinationen ~~~ ~~ ~ - ~~ -

Zeit 1 Ort 1 a 1 A S I I t I Rektaszensionen Zeit 1 a ~ Aa 1 I I

6 6 7 6 6

1943.2 44.3 48.6 49.6 50.8 51.8

$0.70 $0.62 +0.08 +0.40

4 5 5 4

1941.1 43.2 44.3 46.4 47.5 49.7 50.7 51.9

51.3 52.3

M M $1 hI

I I 50 1 -2.59 6 1 2 38 I -1.96 7 1

19 39 22 9 0 20

/ I

-0.72 -0.62 -0.43

$0.60 $0.40

$0.25 -0.10

-0.33 M 2 37 I 6

Tabel le 4. N o r m a l o r t e f u r S a t u r n ~~

Deklinationen ~- ~ ~ I Zeit 1 Ort a I A S I - l l

Rektaszensionen

Zeit 1 a 1 Aa 1 n - ~ -

h m 2 26 4 I7 j 16 9 15

I 0 I1 I1 I

12 36 I , 53.4 1 I 13 ;3 1 $0.38 4

5 4 4 ! c I 14 8 $0.77 1 6 I I 55 4 c 14 57 I $1.17 6

Jupiter als auch bei Saturn ergab sich der Koeffizient b2 nur mit groBer Unsicherheit. Die endgiiltigen Zahlenresultate waren

EO a, a1 a2 b, b2 b3 Dhl Dc Jupiter -2'.'02 +0"73 +0'.'55 -0:'53 -o'.'zg +0'.'21 -0'.'33 +0'.'05 -0"66 Saturn -1.78 1-2.37 S0.13 $0.29 $3.14 +0.03 -0.25 +0.02 -1.17

Die Auswertung dieser Zahlen wird im nachsten Abschnitt im Zusammenhang einer Diskussion der Er- gebnisse aller Planeten erfolgen.

Fur Uranus und Neptun war bei der Kurze des Bahnbogens eine Bestimmung der Elemente unmog- lich. Es wurden nur die Deklinationen durch eine Potenzreihe nach der Zeit

AS = a + b (t - to) + c (t - t,)2

AS = a + b (t - to) + c (t - fur Beobachtungen in Munchen 1 fur Beobachtungen in Canberra (39) + d

dargestellt. Es wurde wieder to = 1941.0 und als Zeiteinheit 10 Jahre gewahlt. Der quadratische Koeffi- zient c envies sich nach einigen Versuchen bei Neptun als unbestimmbar und wurde dann = o gesetzt. Das bei den Beobachtungen in Canberra auftretende Glied d ist gleich der Differenz D M - Dc der beiden Aquatorkorrektionen. In gleicher Weise wie bei Jupiter und Saturn wurden alle wahrend einer Opposition gemachten Beobachtungen zu je einem Normalort zusammengefaBt ; diese Normalorte zeigt die Tabelle 5.

Tabel le 5 . Normalor te f u r U r a n u s und N e p t u n

42.3 43.4 44.4 46.4 49.1 50.5 S2.4 53.4 54.4 55.4

$1.75 $1.54 + I & $ 2 . 5 0

+2.85 $2.83

$3.08

+-2.70

+2.55 +2.28

8 5 3

- 4 3 4 5 b

Page 12: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

216 F. SCHMEIDLER : Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Diese Werte wurden einer Ausgleichung nach den Formeln (39) untenvorfen; es ergaben sich folgende Resultate

Uranus N.eptun a +1'.'28 f o"42 + 1'.'70 f o"17 b -0.27 f 2.43 +0.98 f 0.25 c -0.33 f 1.45 0.00 (angenommen) d S0.26 f 0.75 -0.41 f 0.32.

Die Werte d geben eine, wenn auch sehr unsichere Information zusatzlicher Art uber die Aquatorkorrek- tionen und wurden im Katalog der Vertikalkreisbeobachtungen [6] in diesem Sinn verwendet.

8. Diskussion der Resultate aller Planeten und Vergleich mit den Ergebnissen der elektronischen Rechenmaschine

Aus den Werten der Unbekannten, die fur die einzelnen Planeten erhalten wurden, sind die Kor- rektionen aller Bahnelemente und die Systemverbesserungen D,, D, und E zu bestimmen. Fur diese Rechnung konnen auch die in der nachfolgenden Arbeit von Herrn PETRI gefundenen Resultate uber die Beobachtungen der kleinen Planeten Ceres, Pallas, Juno und Vesta benutzt werden.

uber die Aquatorkorrektionen haben sich folgende Werte ergeben :

Planet Mars Jupiter Saturn Ceres

Pallas Juno Vesta

Munchen (OM) + o"02

+0.05 $0.02 -0.32

unbest. SO.09 -0.21

Canberra (Dc) +0'.'3I -0.66 -1.17 -0.91 (1954) -0.37 ('955) -0.70 $0.73 -0.51

Die Betrage der Aquatorkorrektion DM fur Munchen sind klein und streuen wenig; diejenigen fur Can- berra sind groB und streuen erheblich. Es zeigt sich, daB Dc stark von der Zenitdistanz abhangt; aus diesem Grund wurden fur Ceres, die als einziger Planet in zwei Oppositionen wesentlich verschiedener Deklination in Canberra beobachtet worden war, zwei getrennte Werte Dc abgeleitet. Im Katalog der Vertikalkreisbeobachtungen [6] wurde u. a. aus den Resultaten der Planetenbeobachtungen eine Korrek- tion wegen hoherer Terme des Biegungsgesetzes abgeleitet.

Der Bestimmung von E stand die Schwierigkeit entgegen, daB der Koeffizient b2 in den meisten Fallen uberhaupt nicht und in jedem Fall nur unsicher bestimmt werden konnte. Deswegen wurde die zweite Gleichung (34) ausgenutzt. Fur die vier Unbekannten A J , AK, As und E stehen damit die Glei- chungen

(40) 'I $1 A J + 41 AK + = a,,

41 A J - A A K - v A& q 1 A J - $ p , A K - - A & + E t g & = b 3 - E O t g &

= b , ,

zur Verfugung, die fur jedc Gruppe, in die das Beobachtungsmaterial entsprechend dem Wert von CI - u0 unterteilt wurde, aufzustellen sind. Falls der Wert von b, unbestimmt oder nicht genugend sicher ist, fallt fur die betreffende Gruppe die zweite Gleichung weg.

Bei allen Planeten war die Auflosung nach allen vier Unbekannten so stark unbestimmt, daB in- direkt vorgegangen wurde. Unter der erstcn Hypothese As = E = o wurden fur jeden Planeten vor- laufige Korrektionen A J und AK ermittelt und die Darstellungsreste noch einmal nach den Unbekannten As und E aufgelost. Fur Juno wurde diese Rechnung wegen zu groBer Unsicherheit der Koeffizienten nicht gemacht, fur Jupiter und Saturn wurde E aus der nach (40) evidenten Formel

E tg E = b, - Eo tg E - b2

berechnet; Werte von A& konnen sich bei Jupiter und Saturn nicht ergeben, da die Korrektionen der Erd- bahn hier von Anfang an vernachlassigt wurden. Es ergaben sich folgende Resultate:

Tabel le G. R e s u l t a t e f u r de und E

Planet: 1 Jupiter I Saturn I Mars I Ceres j Pallas 1 Vesta 1 Mittel

~ N , / I 1 n d&

~ - 1 - , $0.03

~ -0(:9 1 $0:44 1 $0.17 1 +0.11?0.13 E +o!68 , +1'(13 ' -0.02 I -0.12 + O . Z I 1 $0.75 j $0.34k0.21

Page 13: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme rnit Hilfe von Planetenbeobachtungen 217

Bei der Bestimmung der in Tabelle 6 zuletzt gegebenen Mittelwerte erhielten Jupiter und Saturn wegen der an sich geringeren Beobachtungsgenauigkeit halbes Gewicht. Die beiden mittleren Fehler sind zwei- fellos zu optimistisch, weil bei dem eingeschlagenen Naherungsverfahren in bekannter Weise zwar die Werte der Unbekannteii einigermaBen richtig, die mittleren Fehler aber zu klein werden. Mit den er- haltenen Werten von A E und E wurden die Gleichungen (40) fur jeden Planeten noch einmal nach den beiden Unbekannten A J und A K aufgelost.

Auch fur die Bestimmung der ubrigen Bahnelemente nach den Formeln (32) muBte indirekt vor- gegangen werden, indem zunachst fur jeden Planeten unter Ignorierung der KorrektionsgroBen der Erd- bahn vorlaufige Werte der Planetenelemente abgeleitet und dann aus den Darstellungsresten nachtrag- lich die ErdbahngroBen bestimmt wurden. Es ergaben sich die Werte

Ah' = +0"07 f 0'.'08, Ak' = fo.01 + 0.05 ,

deren mittlere Fehler aus den schon diskutierten Grunden ein zu gunstiges Bild uber die Genauigkeit vor- t auschen.

Bei der Ermittlung von A L' ist die Voraussetzung des Naherungsverfahrens nicht erfullt, nach der die in erster Naherung vernachlassigte Unbekannte AL' klein gegen die ubrigen sein muB. Daher wurden fur jeden Planeten die beiden ersten Gleichungen (32 ) aufgestellt und aus den Normalgleichungen dL, und A p eliminiert ; fur AL' ergaben sich folgende vier SchluBgleichungen

Mars +0.17 AL' = $0"33, Ceres $0.03 = $0.10,

Pallas $0.01 = $0.07, Vesta $0.05 = $0.03.

Durch Addition dieser vier Gleichungen ergab sich AL' = +2"04 f 1','68. Die gefundenen Korrektionen der Erdbahn wurden in die ursprunglichen Gleichungen eingesetzt und aus ihnen in zweiter Naherung endgiiltige Korrektionen der Bahnelemente der Planeten bestimmt.

Die definitiven Resultate sind in der nachfolgenden Arbeit von Herrn PETRI in Tabelle 10 referiert, in der auch die mittleren Fehler gegeben sind. In der gleichen Tabelle sind die Resultate einer Aus- gleichung des gesamten Beobachtungsmaterials nach allen Unbekannten in einem Zug mitgeteilt, die rnit der uns freundlicherweise zur Verfugung gestellten elektronischen Rechenmaschine PERM der Techni- schen Hochschule Munchen erhalten wurden. Der Vergleich zeigt im allgemeinen gute Obereinstimmung. Nur in drei Fallen ( A L , fur Pallas, Ap und A p fur Saturn) ist die Abweichung groBer als der mittlere Fehler.

Allerdings sind die von der elektronischen Rechenmsachine bestimmten mittleren Fehler so groB, daB in fast allen Fallen die Werte der Unbekannten nicht verburgbar sind. Es war auch von Anfang an zu erwarten, daB ein aus etwas mehr als 500 Einzelbeobachtungen bestehendes Material die Ermittlung aller Unbekannten in voller Strenge nicht wurde leisten konnen. Die groBen mittleren Fehler sind zum erheb- lichen Teil eine Folge dieser Uberforderung des Beobachtungsmaterials.

Dennoch hat die rnit der elektronischen Rechenmaschine PERM ausgefuhrte Rechnung den groBen Wert, die prinzipielle Losbarkeit auch einer so umfassenden Aufgabe wie der simultanen Bestimmung von 50 Unbekannten bewiesen zu haben. Demgegenuber beweist das in der vorliegenden Arbeit beschriebene Naherungsverfahren die Moglichkeit, daB auch ohne Benutzung einer elektronischen Rechenmaschine, die oft nicht vorhanden oder nur mit relativ groBem Aufwand benutzbar sein kann, die Aufgabe bei mitt- leren Anspruchen an Genauigkeit mit der Hand gelost werden kann.

Besonders deutlich wird die der Rechnung innewohnende Unsicherheit im Fall der Aquinoktiums- korrektion E. Da einerseits niir die GroBe E tg E mit der vollen Genauigkeit an sich bestimmt werden kann und andererseits in dem Beobachtungsmaterial die Rektaszensionen an Zahl gering und ungunstig verteilt sind, war die erhebliche Unsicherheit von E zu erwarten. Die Diskrepanz zwischen dem strengen, rnit der PERM gefundenen Wert +1'.'30 f 1"36 und dem im Naherungsverfahren erhaltenen Wert +0"34 f o"21 ist so groB, dalj keiner von beiden objektive Richtigkeit beanspruchen kann. Dennoch glaubt der Verfasser, dalj der zweite Wert E = +0"34 vertrauenswurdig ist; er stimnit mit anderen Be- stimmungen von E gut iiberein und kann fur sich die Erfahrungstatsache in Anspruch nehmen, daB das benutzte Naherungsverfahren meist einigermaBen richtige Werte der Unbekannten, aber zu kleine mittlere Fehler ergibt.

Die Tatsache, dalj die gefundenen Aquatorkorrektionen DM und DC eine gute Obereinstimmung der Deklinationssysteme des Munchener Vertikalkreises fur die Beobachtungen in Munchen und in Canberra erzielt haben, ist ein starkes Argument zugunsten der Brauchbarkeit des beschriebenen Naherungsver- fahrens. Es ist damit gezeigt, daB das System (31) fur eine einfache und bei begrenztem Material genugend genaue Auswertung von Meridianbeobachtungen auBerer Planeten geeignet ist.

Page 14: Über die Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

218 F. SCHMEIDLER: Bestimmung absoluter Koordinatensysteme mit Hilfe von Planetenbeobachtungen

Literatur [I] G. M. CLEMENCE, The value of minor planets in meridian astronomy. Astron. J. 54.10 (1948). [z] Annals of the Cape Observatory, Vol. 8, Parts 4 (1915) and 5 (1921). [3] B. NUMEROW, Zur Schaffung eines Fundamentalsystems schwacher Sterne. Astron. Nachr. 260.305 (1936). [4] J. BAUSCHINGER, Die Bahnbestimmung der Himmelskorper. 2. Aufl., S. 450 (1928). [5] S. NEWCOMB, Formulae and tables for expressing corrections to the geocentric place of a planet in terms of

symbolic corrections to the elements of the orbits of the Earth and planet. Astron. Papers, Vol. I1 Part I (1891). F. SCHMEIDLER, Messungen fundamentaler Deklinationen auf beiden Hemispharen. Veroff. Sternw. Miinchen Bd. 4 Nr. zz (1957). P. LABITZKE, Beobachtungen von Planeten am sechszolligen Meridiankreis der Miinchener Sternwarte. Astron. Nachr. 275.133 (1947) = Veroff. Sternw. Miinchen Bd. 3 Nr. 5. P. LABITZKE, Rektaszensionsbeobachtungen von Planeten am gebrochenen Passageninstrument. Astroc. Nachr. 280.259 (1952) = Veroff. Sternw. Munchen Bd. 4 Nr. 9.