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66 Annalen dcr Physik. 5. Folge. Band 32. 1938 Uber dle Ddracscherc lifaynetpole Von P. Jordam Bekanntlich hat Uirac l) gezeigt, daS die quantenmechanischen Gesetze keiner wesentlichen Abanderung bediirftig waren, wenn neben der elektrischen Elementarladung e auch eine elementare magnetische Einfachpolstarke vom Betrage hc fJr- 4ne bestande. Die Vermutung, dal3 es solche Magnetpole gabe, ist mit groSer Skepsis aufgenommen worden. Inzwischen aber hat sich die Zahl der uns bekannten Elementarteilchen so erheblich vermehrt, daS man vielleicht jetzt eher geneigt sein wird, die Diracpole als eine ernsthafter Priifung wiirdige Moglichkei t anzusehen. Es soll deshalb im folgenden eine diesbeziigliche R a g e naher untersucht werden. Wir betrachten die Wellenfunktion 'p eines (einzelnen) Elektrons in einem Raume, dessen durch ein Viererpotential V, % beschreibbare elektromagnetische Feldstiken Q, 8 teilweise von einigen - als unendlich schwer und an definierten Orten ruhend vorgestellten - positiven und negativen Magnetpolen herriihren mogen. Nach D i r a c soll nun ein System von ,,Knotenlinien" gezogen werden derart, daS von jedem positiven Pol eine derartige Linie ausgeht, welche entweder in einem negativen Pol endigt, oder ins Unendliche fiihrt. Umgekehrt 6011 in jedem negativen Pol eine Knotenlinie endigen. Da diese Kurven nun bloSe Hilfslinien fur die noch zu be- sprechenden Konstruktionen sind, so miissen alle physikalischen Aussagen der Theorie von der speziellen Wahl dieser Knoknlinien unabhungig sein. DaB das tatsachlich der Fall sei, war bisher unbewiesen, und soll im folgenden gezeigt werden. Man muS nach dem Gesagten auch noch beliebige in sich geschlossene Knotenlinien hinzufiigen konnen ; und es diirfen auch z. B. von einem positiven Pol n Knotenlinien ausgehen, indem dort zugleich n - 1 endigen. 1) P. A. M. Dirac, Proc. Roy. SOC. A. 133. S. 60. 1931.

Über die Diracschen Magnetpole

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66 Annalen dcr Physik. 5. Folge. Band 32. 1938

Uber dle Ddracscherc lifaynetpole

Von P. J o r d a m

Bekanntlich hat U i rac l) gezeigt, daS die quantenmechanischen Gesetze keiner wesentlichen Abanderung bediirftig waren, wenn neben der elektrischen Elementarladung e auch eine elementare magnetische Einfachpolstarke vom Betrage

h c fJr-

4 n e

bestande. Die Vermutung, dal3 es solche Magnetpole gabe, ist mit groSer Skepsis aufgenommen worden. Inzwischen aber hat sich die Zahl der uns bekannten Elementarteilchen so erheblich vermehrt, daS man vielleicht jetzt eher geneigt sein wird, die Diracpole als eine ernsthafter Priifung wiirdige Moglichkei t anzusehen. Es soll deshalb im folgenden eine diesbeziigliche R a g e naher untersucht werden.

Wir betrachten die Wellenfunktion 'p eines (einzelnen) Elektrons in einem Raume, dessen durch ein Viererpotential V , % beschreibbare elektromagnetische Feldst iken Q, 8 teilweise von einigen - als unendlich schwer und an definierten Orten ruhend vorgestellten - positiven und negativen Magnetpolen herriihren mogen.

Nach D i r a c soll nun ein System von ,,Knotenlinien" gezogen werden derart, daS von jedem positiven Pol eine derartige Linie ausgeht, welche entweder in einem negativen Pol endigt, oder ins Unendliche fiihrt. Umgekehrt 6011 in jedem negativen Pol eine Knotenlinie endigen.

Da diese Kurven nun bloSe Hilfslinien fur die noch zu be- sprechenden Konstruktionen sind, so miissen alle physikalischen Aussagen der Theorie von der speziellen Wahl dieser Knoknlinien unabhungig sein. DaB das tatsachlich der Fall sei, w a r bisher unbewiesen, und soll im folgenden gezeigt werden.

Man muS nach dem Gesagten auch noch beliebige in sich geschlossene Knotenlinien hinzufiigen konnen ; und es diirfen auch z. B. von einem positiven Pol n Knotenlinien ausgehen, indem dort zugleich n - 1 endigen.

1) P. A. M. Dirac, Proc. Roy. SOC. A. 133. S. 60. 1931.

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Dieses Kurvensystem spielt nun eine Rolle 1. fur die Kon- struktion des Vektorpotentials 8; 2. fiir cp.

Fur 8 ist auf den Knotenkurven eine Singularitat zuzulassen; auflerhalb dieser Kurven soll 8 dagegen iiberall regulb sein. Ferner soll 9 - abgesehen von' der Moglichkeit einer Eichtransformation - jedenfalls au6erhalb der Knotenlinien eindeutig sein: dies ist die Forderung, aus der die Diracsche Bedingung (1) erfolgt.

Die Konstruktion von 8 ergibt sich auf anschauliche Weise so, dafl man die Knotenlinien als unendlich diinne gewohnliche Magnete auffa6t. Das von einem am Orte r = 0 befindlichen ma- gnetischen Dip01 des Momentes m d 5 erzeugte Magnetfeld

mdB m ( d I 4 r 7-5

[ d@=-- - - r y

ist offenbar die Rotation des Vektorpotentials

(3) Far den Fall zweier Pole, eines positiven A und eines nega-

tiven B, bekommen wir also das Vektorpotential 8 in der Form:

(4)

B 8=-mJ- [r-r', d I ]

Ir-r'IS ' A

wo d S das Element der von A nach B ftihrenden Knotenlinie, r' der Ort'von d 5 , und r der Aufpunkt ist.

Man verifiziert an (4) natiirlich unmittelbar, dab rot 8 das von zwei Einzelpolen erzengte Magnetfeld ist :

rot f [r - r', = - m rot ~- Ir - r'ls A

3 - mgrad (m 1 - -) 1 * I I r e r B 1

Dabei spielt m die Rolle der Polstarke. Ferner sieht man aber, daS (4) ganz analog dem Biot-Savart-

schen Gesetz ist; und dies fiihrt unmittelbar zur Beantwortung der Frage, welchen Beitrag a,, eine in sich geschbssene Knotenhie zum Vektorpotential % Ziefert.

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Bekanntlich ist das von einem geschbssenen Stromkreis gelieferte Magnetfeld (ad Grund der xquivalenz mit einem magnetischen Blatt) a l s & & k t ekes skalaren Potentials TI@) darstellbar, welches iiberall auBerhalb der Stromknrve regul i , aber langs dieser oernoeigt ist; bei einer Stromstkke J ist dies skalare 'Potential aderha lb der Stromknrve vieldeutig in dem Sinne, daf3 an einem Orte 2: neben einem Werte V r ) auch alle Werte

mit ganzzahligem n angenommen werden. Angewandt auf unser jetziges Problem ergibt das offenbar: !Ifo ist

Gradient einex langs der Knotenlinie verzweigten, sonst regularen Ortsfunktion Vo, die am Orte 2: neben einem Werte Voo auch alle Werte (7) Po = Vo,+ n 4wm

annimmt. Die somit gefundene Struktur von

(8) 8, = grad !Po

ergibt unmittelbar den gesuchten Beweis fiir die Unabhangigkeit aller physikalischen Aussagen der Theorie von der speziellen Wahl der Knotenlinien. Auf Qrund von (8) kiinnen wir zunilchst die Hinzufiignng von I!&, zum urspriinglichen !2I als speziellen Fall einer Eichkansformatdon

W = !2I + grad V , 2 n i eY -- { TI=- ' p e h c

(9)

auffassen. Die Forderung, daf3 auch mit der nichteindeutigen Funk- tion V = V, die Wellenfnnktion 'p e d e u t i g bleiben SOU, ergibt dann nach (7) die Diracsche Bedingung (1) fiir den znlassigen Wert o von m; bei Zugrnndelegung dieses Wertes ist aber tatsach- lich die Hinzufiigung von go nichts anderes mehr, als eine 'p ein- deutig lassende Eichtransformation. Da jede zulassige Anderung dcs Systems der Knotenlinien offenbar dnrch sukzessive Hinzuffigung von geschlossenen Knotenlinien bewerkstelligt werden kann, ist hiermit der Beweis abgeschlossen.

Allerdings ist die Eindeutigkeit von ~p nur auSerhalb der Knotenlinien gewahrt ; dagegen ist auf den Knotenlinien selber die Phase von 'p unbestimmt. D i r a c hat deshalb die weitare Forderung aufgestellt, daS sp a d den Knotenlinien oerschwinh solle. Eine scheinbare Rechtfertigung erfuhr diese Forderung dadurch, daS sie

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tatsbhlich erfiillt werden konnte in dem von D i r a c nnd Tamm') behandelten Beispiel der Bewegung eines Elektrons im Felde eines bei r = 0 ruhenden Magnetpols - nnter Abwesenheit weiterer Felder - sofern man als Knotenlinie eine von r = 0 ausgehende Halbgerade wahlt . Diese Erfiillungsmoglichkeit der D i r a c schen Fordernng ,,y = 0 auf den Knotenlinien" ist jedoch von sehr zu- fiilliger Art, wesentlich mitbedingt durch die hochgradige Entartung dieses kugelsymmetrischen Problems.

Der von Gronblom unternommene Versnch, die Unabhangig- keit der physikalischen Resultate von der speziellen Wahl der Knotenlinien zu beweisen nnter Aufrechtmhaaltung der Di r a c schen Forderung cp = 0, konnte aus diesem G m d e nnr in eingesckrihktem Umfang gelingen a).

) gehorige mr Das zum Dirac-Tammschen Beispiel Feld 8 = ys Vektorpotential bekommt man aus (4), indem man A nach 7 = 0 und B @s Unendliche verlegt, wobei als Integrationsweg (Knoten- linie) etwa die positive x-Achse genommen werde.

In der 5, y-Ebene z = 0 wird dann offenbar '21z = '21v = 0, und

(

d E t Y . ,. r..3

Allgemein haben wir mithin '21z = 0 und

und das ergibt die von Di rac nnd Tamm behandelte Wellen- gleichung.

Die Kugelsymmetrie des Problems fordert natihlich eine ent- sprechende Kugelsymmetrie aller physikalischen Resultate; ins- besondere mu6 die Summe der Absolutquadrate aller derjenigen normierten Eigenfunktionen, die zu ein nnd demselben Eigenwert der Energie gehoren, kugelsymmetrisch sein. DaI3 das der Fall ist,

1) J g . T a m m , Ztechr. Phys. 71. S. 141. 1931. 2) B. Gronblom, Ztschr. Phys. 98. S. 283. 1935. Herr Gronblom

Buflerte damals bereits mundlich die nberzeugung, dafl die Diracsche For- derung cp = 0 im allgemeinen nicht durchfuhrbar sei.

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bestatigt man sogleich an den zwei linear unabhiingigen winkel- abhlngigen Faktoren, die zu verschwindendem Drehimpuls gehoren, und welche in Polarkoordinaten

1 1 cos-@ und sin - Q , e i m (12) 2 2

cos 0 = - -, x . tg w = ") gehoren. Allgemein ergibt es sich an ( Hand der Tammschen Resultate.

Die Vertrauenswiirdigkeit der Theorie erhoht sich durch den Unistand, daB die obigen, zunachst auf den nichtrelativistischen Fall und ruhende Magnetpole beschrankten Betrachtungen sich ohne weiteres vierdimensional auf bewegte Magnetpole verallgemeinern 1 ass e n .

Wir werden namlich sowohl vom Viererpotential ak, als auch yon der Wellenfunktion rp Regularitat verlangen mit Ausnahme von Kurven (Knotenlinien) des dreidimensionalen Raumes (und mit Aus- nahme der Orter punktformiger Elementarteilchen). Auf den Knoten- linien kann die Phase von cp unbestimmt werden; im ubrigen ist cy eindeutig bestimmt - kann aber natiirlich durch Eichtransformation hinsichtlich der Phase abgeandert werden. Das Viererpotential mug die Gestalt

(1 3) haben, wo die @: iiberall (abgesehen von elektrischen und magne- tischen Ladungspunkten) regular sind, @ dagegen auf Knotenlinien verzweigt sein kann, derart, daB auSerhalb der Knotenlinien eine

= aka+ grad (I,

2 n i e - -_ @

Vieldeutigkeit von (I, in solcher Art entsteht, daB e wiederum eindeutig(auberha1b der Knotenlinien) bleibt.

Ros t o c k, Physikalisches Institut, Theoretische Abteilung.

(Eingegangen 17. Januar 1938)