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276 V. Ueber die durch Jlufliisen von Saben I U er- delende ~emperatuiwer~~ie~~r~~ung; von Pr. Riidorff. 1. Seit der Beobachtung von Blasins Villafranca im Jahre 1550, dafs durch Auflljsen von Salpeter in Was- ser die Temperatur der Lljsung unter die der Bestandtheile sinlit, sind wiederholt Versiiche gemacht iiber die durch Auflljsen verschiedener Salze zu bewirkende Temperatur- el niedrigung. So haben namentlich W a 1 k er l) , K a r s t e n 2, und in netiester Zeit Hanam arms) Versuche mit einfachen Salzen sowohl, als mit verschiedenen Salzgemischen ange- stellt. Die Angaben iiber die auf diese Weise zu erzielen- den Temperaturerniedrigungen weichen indesssen sehr er- heblich vou einander ab, ohne dat's aus den Arbeiteu der genannten Forscher ein Grund fur diese Abweichung zq ersehen ist. In Verfolg einer fruheren Mittheilung iiber Klltemi- schungen 4, aus Salzen und Schnee sah ich mich veranlafst einige Versuche anzustellen, uber die Temperaturerniedri- gung, welcbe beim Aufloseil yon Salzen in Wasser ein- tritt. Die Ergebnisse dieser Versuche , sowie die Griinde, wcshalb die fruheren Beobachtiingen weder unter sich, nocli mit den von mir gefundenen Zalilen ubereinstimmen, bilden den Gegenstand der folgenden Mittheilung. Der Grund der Temperatnrerniedrigung, welche beim Auflosen eines Salzes in Wasser eintritt, ist die Veraiide- rung des Aggregatzustandes des festen Ki)rpeis und im All- gemeineii wird die Temperatur um so betrachtlicher sinhen, 2. 1) Grcn Journ. d. Phys. 1. Ild. 1790 S. 419 u. 111. Bd. S. 455. 2) Abliandlungen der Kihigl. h cademie der Wissensrlinftrn zu Berlin 3) Wiltstein, Vierteljahrschrift fur pvxt. Ptiarrnacie. 4) Pogg. Ann. Bd. CXXII, S. 337. 1840, S. 95. Bd. XIII, S. 3. Miinchen 1864,

Ueber die durch Auflösen von Salzen zu erzielende Temperaturerniedrigung

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V. Ueber die durch Jlufliisen von Saben IU er- delende ~ e m p e r a t u i w e r ~ ~ i e ~ ~ r ~ ~ u n g ;

von Pr. R i i d o r f f .

1. S e i t der Beobachtung von B l a s i n s V i l l a f r a n c a im Jahre 1550, dafs durch Auflljsen von Salpeter in W a s - ser die Temperatur der Lljsung unter die der Bestandtheile sinlit, sind wiederholt Versiiche gemacht iiber die durch Auflljsen verschiedener Salze zu bewirkende Temperatur- el niedrigung. So haben namentlich W a 1 k e r l) , K a r s t e n 2, und in netiester Zeit Hanam arms) Versuche mit einfachen Salzen sowohl, als mit verschiedenen Salzgemischen ange- stellt. Die Angaben iiber die auf diese Weise zu erzielen- den Temperaturerniedrigungen weichen indesssen sehr er- heblich vou einander ab, ohne dat's aus den Arbeiteu der genannten Forscher ein Grund fur diese Abweichung zq ersehen ist.

In Verfolg einer fruheren Mittheilung iiber Klltemi- schungen 4, aus Salzen und Schnee sah ich mich veranlafst einige Versuche anzustellen, uber die Temperaturerniedri- gung, welcbe beim Aufloseil yon Salzen in Wasser ein- tritt. Die Ergebnisse dieser Versuche , sowie die Griinde, wcshalb die fruheren Beobachtiingen weder unter sich, nocli mit den von mir gefundenen Zalilen ubereinstimmen, bilden den Gegenstand der folgenden Mittheilung.

Der Grund der Temperatnrerniedrigung, welche beim Auflosen eines Salzes in Wasser eintritt, ist die Veraiide- rung des Aggregatzustandes des festen Ki)rpeis und im All- gemeineii wird die Temperatur um so betrachtlicher sinhen,

2.

1 ) Grcn Journ. d. Phys. 1. Ild. 1790 S. 4 1 9 u. 111. Bd. S. 455. 2) Abliandlungen der Kihigl. h cademie der Wissensrlinftrn zu Berlin

3 ) Wi l t s t e in , Vierteljahrschrift fur p v x t . Ptiarrnacie.

4 ) Pogg. Ann. Bd. CXXII, S. 337.

1840, S. 95.

Bd. XIII, S. 3. Miinchen 1864,

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je mehr von demselben Salz in einer bestimmten Menge Wasser gelost wird. Da aber die Lbslichkeit eines Salzes keine unbegranzte, sondern eine von der Natur desselbcn rind der Teinperatur abhtingige ist, oder da sich in einer bestimmten Menge Wasser nur eine bestimmte Menge Salz zii losen vermag, so wird man am besten thrin, Salz nnd Wasser in dem Verhaltnit zu mischen, in welchem beide eine bei der zu erzielenden niedrigen Temperatur gerade ge- ssttigte Lbsung bilden. Wendet man eine dieses Verhalt- niL uberschreitepde Menpe Wasser oder Salz an, so wird man diesen Ueberschti€s unnutzer Weise mit abkiihlen miis- sen rind dadurch nicht das Maximum der Wirkang erhal- ten. In der Nichtbeachtung dieses Umstandcs licgt die so geringe Uebereinstimmnng friiherer Versuche , bei welchen entweder dwchweg gleiche Gewichtstheile Salz und Was- ser oder 1 Theil Salz und 4 Theile Wasser geinischt wur- den. Ferner ist bei Anstellung der Versuche dafiir zu sor- gen, da€s die wahrend der Auflosung unvermeidliche Zu- fuhr von Warme von Aidsen eine mbglichst geringe sey, und daL die Auflosung in der kiirzesten Zeit erfolge.

Um diesen Forderungen zu geniigen, wurde das Lbsen der hbchst fein prilverisirten Salze in duiinwandigen Becher- glasern vorgenommen , welche noch in den meisten Fallen durch einen schlechten Wlrmeleiter ( Baumwolle) gegen den Einflds der umgebenden Luft geschutzt waren. l)a es aber nicht zu ermbglichen ist, da€s sich das Salz plstzlich lost, und bei Anwendung einer genau zur Bildung einer gestittigten Lbsung erforderlichen Salzmenge die zur vblli- gen Lbsung nothige Zeit eine ziemlich bedeutende ist, SO

war es, urn eine wshrend dieser Zeit eintretende Warme- zufuhr von Au€sen moglichst zu vermeiden, gerathen , eine etwas grohere als die erforderliche Salzmenge anziiwenden. Dadurch wird in ktirzester Zeit eine gesattigte Lbsung her- gestellt, ohne dab der geringe Ueberschu€s angewandten Salzes merklich auf das Endresultat einwirkt. Es wurden dmhalb von den hirchst feip gepulverten Salzen einige Gramm mehr als zur Bildung einer gesattigten Li)sung er-

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forderlich waren, in dunnwandige Bechergllser gebracht und wghrend einer Nacht in einem Ziinmer, dessen Temperatur eine sehr gleichrnahige war, aufgestellt. Neben dem Salz stand das zur Lbsung bestimmte Wasser ebenfalls in einem Becherglase. Als nach 14- bis 18-stundigem Stehen so- wohl Salz als aiich Wasser' die ' Temperatur des Zimmers angenommen hatte, geschah die Mischung, indem das Was- ser zu dem Salz gegossen und die Auflasung durch Um- ruhren mit einem Thermometer beschleunigt wurtle. Das Maximum der Temperaturerniedrigung erfolgte nach h6ch- stens einer Minute. Die in folgerider Tabelle zusammenge- stellten Versuchsresultate sind das Mittel aus mehren Beob- achtungen, welche unter einander um h6chstens 0",2C. ab- wichen.

I,rislicl~ in 100 Wnsser

Alnun cryst. . . . . . . Cblornatrium . . . . . . Schwefels. Kali . . . . . Phosphors. Nntron cryst. . . Schwefels. Arnrnou . . . . Schwefels. Natron cryst. . . . Schwefeis. Maguesia ciyst. . . Kolilens. Natron cryst. . . . Salpeters. Knli . . . . . . Chlorkalium . . . . . . . Kohlens. Amrnon . . . . . Essigs. Natron cryst. . . . . Chlorammoniiim . . . . . Salpeters. Natron . . . . . Untersclrwelligs. Nntron cryst. . Jodkalium . . . . . . . Ctilorcnl~:iumci.yst. . . . . Salpetew. Ammon . . . . Schwefelcyanamrrioniulu . . . Schwefelcyankalium . . . .

Gemischl mit 100 Wnsser

O c. -10,s 12,6 14,7 10,8 13,2 12,5 11,l 10,7 13.2 13,2 15,3 10,7 13,3 13,2 10,7 10,s 10,s 13,6 13,2 10,s

0 + 9,7 +10,1 +11,7 + 7,l + 6,s + 5,7 + 3,l + 1,6 + 3,O + 0,6 + 3,2 - 4,7 - 5,l - 5,3 - 8,O -1197 -12,4 -13,6 -18,O -23,7

ie Temperntur sinkt :

10 35,s

9,9 9,0

72,3 16,8 80 30 15,5 28,6 25 80 28,2 69 98

120 200 55

105 130

14 36 12 14 75 20 85 40 16 30 30 85 30 75

110 140 250

60 133 150

urn - 1; 2,5 370 327 6 4 625 890 9,1

10,2 12,6 12,7 15,4 18,4 18,5 18,7 22,5 23,2 27,2 31,2 34,5

Die absolute Menge der angewandten Substanzen be- trug zwischen 250 bis 500 Grm. Wasser und der entspre- chenden Salzmenge. Es ist bei Anstellong derartiger Ver-

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suche unzultissig erhebli ch kleinere als die angegebeneii Men- gen zu verwenden, weil in dem Fall die umgebende Luft und das Mischgehfs eineii sehr merklichen Einflqfs auf das Endrestiltat ausiiben. Weiidet man nur 50 oder 100 Grm. Wasser und die entsprechende Salzmenge an, so ist die Temperaturerniedrigung bei einigen Salzen 1 bis 2" geriiiger als bei Anwendung griXserer Mengeu, eine Erscheinung, welche auch bei den von Hanamann angestellten oben citirten Versuchen deutlich hervortritt. Nur beim Kochsalz fand Derselbe, dafs bei Anwendung groCserer absoluter Men- gen die Temperaturerniedrigung abnimmt. Diese Beobach- tung finde ich nicbt bestatigt, das Kochsalz macht in dieser Beziehung keine Ausnahme, sondern befolgt die allgemeine Regel wie folgende Zahlen zeigen.

500 Grm. Wasser mit 130 Grm. Kochsalz von + 12O,6

150 Grm. Wasser mit 56 Grm. Kochsalz von + 12O,6

100 Grm. Wasser mit 38 Grm. Kochsalz von + 12O,6

50 Grm. Wasser mit 18 Grm. Kochsalz von + 12O,6

Es sank die Temperatur beim Mischen von:

bis t 10°,O = 2O,6:

bis -+ 10°,2 = 2O,4.

bis + 10n,2 = 2',4.

bis 10",4 = 2',2.

Es ist oben bemerkt worden, dafs es bei Anstellung der Versuche n6thig ist, urn das Maximum der Temperatur- erniedrigung zu erlangen, wenige Gramm mehr Salz anzu- wenden, als sich in dem gegebenen Wasser bei der zu er- zielenden niedrigsten Temperatur 16sen. Dafs bei Anwendung einer kleineren Salzmenge, die Temperaturerniedrigung eine vie1 geringere ist, bedarf wohl kaum der Erwahuung, aber auch eine nicht eimnal sehr erbeblich griSfsere Salzmenge als die sich ltisende, iibt einen merklichen Einflufs aus, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. Es sank die Tempe- ratur beim AuflOsen von:

3.

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75 Grm. Salmiak in 250 Grm. Wasser von 13,3

100 Grm.,Salmiak in 250 Grm. Wasser von 13,3

250 Grm. Saliniak in 250 Gm. Wasser von 13,6

auf - 5,l = 18,4

auf - 4,7 = 18,O

auf - 1,2 = 14,8, Die in der ersten Reihe angewandte Menge Wasser und

Salmiak stehen in dem Verhaltnifs wie es die Loslichheit verlangt. Die im zweiten Versuch im Ueberschufs ange- wandten 23 Grin. Salmiak iiben schon einen Einflufs von On,4 aus, und bei Anwendung gleicher Gewichtstheile Was- ser irnd Salz ist die Abweichung vom Maximum noch er- heblicher. Da bei den Versuchen friiherer Beobachter fast stets gleiche Mengen Wasser und Salz gemischt wurden, so erklart sich hieraus hinreichend die fast diirchweg grb- fsere Temperaturerniedrigung, welche die von mir angestell- ten Versuche ergeben haben.

Um den Einflufs der mehr oder minder feinen Verthei- lung der Salze zu ermitteln, stellte ich mit gleichen Mengen desselben Salzes zwei Versuche an, indem ich das Salz ein- ma1 in hochst fein pulverisirtem Zustantle, des andere ma1 in weniger feiner Zertheilung dem Wasser znsetzte. Ich wahlte dazu Salpeter und Salmiak, wie solche als sogenann- ter Mehlsalpeter und als Saliniakblume in den Handel kom- men. Die Temperatur erniedrigte sich beim Mischen von: 250 Grm. Wasser mit 50 Grm. Salpeter (fein pulv.)

von 13,O bis + 2,9 = 10,l 250.Grm. Wasser mit 50 Grm. Mehlsalpeter

von 13,O bis i- 3,s = 9,3 250 Grm. Wasser mit 75 Grm. Salmiak (fein pulv.)

von 13,O bis - 5,4 = 18,9 250 Grm. Wasser mit 75 Grm. Salmiakblume

von 13,O bis - 5,l = 18,l. Beim Auflosen der Salze von gr6berem Korn trat das

Maximum der Temperatui erniedrigung erst nach vie1 Bnge- rer Zeit ein als bei den Versuchen mit fein pulverisirten Salzen.

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4. Da bei demselben Salze die durch Auflhen dessel- ben zu erzielende Temperaturerniedrigung abhangig ist von der Meiige des sich liiseiideii Salzes, so liefs sich erwarten, dafs bei Salzen, bei welchen die Lsslichkeit mit der Tern- peratur sehr bedeutend sleigt, Versuche bei hoherer Tern- peratur mit der entsprechenden Salzmenge aiigestellt eine der Anzahl der Grade noch etwas griifsere Temperaturernie- drigung ergeben wurden, als -die bei uiedriger Temperatur augestellten Versuche. Die Beobachtunqen entsprechen den Erwartungen vollstsndig, denn beim Auflosen der erforder- lichen Menge Salpeter in Wasser von 23O,O sad \ tias Ther- mometer bis 10",2, also um 12',8; bei Salmialr vou 23",2 auf +- 4",1, also iini 10",1, wahrend die Temperaturerniedri- gungeu, welche diese beiden Salze in VTTasser voii 13O,O hervorbringeu, beim Salpeter 10",2 und beim Salmiah 16% betraKen. Deslialb lafst sich auch die durcli Anflasen eines Salzes zu bew irk ende Temperatureriii e drigung uicht dadurch angeben, d a t man sagt, die Temperatur wird durch Aufla- sen eiiies bestimmten Salzes um so und so vie1 Grade er- niedrigt, soiidern es ist niithig, dafs man 'die 'Anfangs- und Eudternperalur angiebt. Ich habe absichtlicb die oben mit- gelheillen Versuche bei Temperaturen von gegen 12n C. ange- stellt, weil es ein leicbtes ist sich zu jeder Jahreszeit Wasser voii iiahe dieser Temperatiir zu verschaffen, zumal einige der obigeri Versuche ein prahtisches Inlei esse haben durften.

5. Die durch Aufliisen eines Salzes in Wasser zu er- zielende Temperaturerniedrigimg geht nie unter den Gefrier- punlit der gesattigten Liisung herab , kaiin denselben aber unter giinstigen Umstandrn erreichen. Zum Beweise dieses vielleicht schon fur sich klaren Satzes wurden eiiiige TTer- suche mit geeigneten Salzeu angestcllt, iudem Wasser von Oo rnit Salz von nahezu - lo C. gemischt wurde. Es sank die Temperatur beim Mischen von : 200 Grm. Wasser mit 32 Grm. Salpeter von 0" auf -2",'i 200 Grm. Wasser mit 40 Grm. kryst. Soda von 0'

auf - 2O,O 200 Grm. Wasser mit 110 Grin. salpeters. Ainmoniak von 0"

auf -16O,7

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Aus friiher von mir angestellten Versuchen ' ) iiber das Gefrieren gesattigter Salzlbsungen geht hervor, dafs eine ge- sattigte Losung von salpetersaurem Kali bei - 2O,8, von kohlensaurem Natron bei - 2",0, von salpetersaurem Am- mon bei - 16",7 gefriert, Temperatoren, welche in den oben genannten Vet suchen erreicht, aber nicht iiberschritteq wurden. In einer frtihereii Mittheiluiig ?) uber die aus Sal- zen nnd Schnee bestehcnden Kaltemischungen habe ich ge- zeigt, dafs arich bei jenen Gemengen die Temperatur nie unter den Gefrierpuiikt der gesattigten Salzlbsung sinken kann.

6. Unter den in obiger Tabelle (S. 278) enthaltenen Salzen nehrnen das salyetersaure Ammon, das Schwefelcyan- ammonium und das Schwefelcyankalium das hervorragendste lnteresse in Anspruch. Die kalteerregende Wirkung des ersteren Salzes ist schon langere Zeit bekannt und wird das- selbe in neuster Zeit von T o s e l l i 3, ziir Bereitung von kiinstlicheni Eis benutzt, indem derselbe das Salz mit dem gleichen Gewicht Wasser mischt. Es ist klar, dafs zu dern- selben Zweck die beiden letzteren Salze und besonders das Schwefelcyankalium mit besserem Erfolge angewandt werden konnte. Dieses Salz eignet sich wie kein anderes zii einem Vorlesungsversuch. Mischt man etwa 500 Grm. desseben mit 400 Grm. Brunnenwasser (welches in der Regel eine Temperatur von 8 bis 14" C. besitzt), so ist die Fliissigkeit ganz dazu geeignet die dmch Auflbseu eines festen Korpers entstehende Temperaturerniedrigung zu zeigen. R u b t man die Losung mit einem Reagensglas um, welches ziir Htilfte mit Wasser gefullt ist, so ist dieses nach 2 bis 3 Minuten vollstandig in Eis verwandelt. Auch 1aLt sich diese Flus- sigkeit dazu verwenden, um selbst im Sommer Rohren mit fliissiger schwefliger Saure gefiillt, soweit abzukuhlen, dafs man dieselbe ohne Gefahr ijffnen kann. Es bedarf wohl

1) Pogg. Ann. Rd. CXXII, S. 341. 2 ) Pogg. Ann. Bd. CXXII, S . 337. 3 ) Ler ivondes t xv", y. 627, 1868.

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kaum der Erwfhnong, da€s durch Eindampfen der LSsung das Rhodankalium ohne erheblichen Verlust wiedergewonnen und zu neuen Versucben beiiutzt werden hann und hat gerade auch in dieser Beziehung dasselbe den Vorzug vor den beiden andern genannten Salzen , welche bei etwas zu hoher Temperatur leicht eine Zersetzung erleiden. Bas zu den soeben augedeuteten Versuchen sonst w oh1 gebrauch- liche Gemenge von Iquivalenten Meiigeii von Salpeter und Salmiak sleht in seiner Wirliuiig dem Rhodankalium sehr nach, ich werde auf die Wirkung dieser und anderer Salz- gemenge zu ahnlicheii Zwecken in einer spateren Mittthei- lung zuruck kominen, besoiiders da die durch ein Salzgemish zu erzielende Temperaturerniedrigung ein vielseitiges Interesse bietet.

7. Bei Angabe der in der ersten Columne obiger Ta- belle (S. 278) mitgetheilten Llis1ichkeitsverh;iltnisse der ver- schiedenen Salze bin ich in den ineisteii Ftillen den von Muld er in einer besonderen Schrifl 1) mitgetheilten Ver- suchen gefolgt und habe bei Temperaturen iiber 0" die Muld er'schen Zahlen hergesetzt , fur Temperaturen unter Oo habe ich die Loslichkeit, welche niir bis Oo in jenen Tabellen enthalten ist, dadurch ermittelt, daCs ich die dort gegebenen Lfislichkeitscurven noch unter On fortsetzte. Die so erhaltene Zahl ist fur den vorliegenden Zweck wohl hinreichend genau und sind die oben gegebenen als in 100 Theilen Wasser lihlichen Salzmengen nur als annahernd richtig zu betrachten. Nur bei Schwefelcyanammonium und Schwefelcyankalium war ich genothigt die 1,iislichkeit zu bestimmen , indem fur diese Salze keine Liislichkeitsangaben vorliegen, dieselben jedoch in allen Lehrbuchern als Y sehr lei& lsslich im Wasser ii bezeichnet werden,

Um die Lsslichkeit dieser Salze in Wasser fiir einige Temperaturen zu bestimmen, stelfte ich durch Schutteln der Salze mit heitem Wasser eine bei hliherer Temperatur 1) W i r l d e r : Nijrlrnyoi tot rle yPnchiedenis vau het scheiknndig ge-

bonden wontcr. Ro//erdaiii 1564.

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anniihernd gesitttigten Lijsring her, welche ich dnrch 12 stun- diges Stehenlassen auf die Temperatur eines Raiimcs ab- Iifihlte, der keine erheblichen Temperaf urschwankungen zeigte. Dabei schied sich Salz in Krystallen aus, so dafs die iiberstehende Losung als bei der herrschenden Tempe- ratur gesattigt zii betrachten war. Von dieser Losung wurde eine bestimmfe Menge abgewogen rind der Salzgehalt durch Titriren mit Zelientsilberlbsung unter Anwendung von neu- tralem chronisaurem Kali als hide\ ermittelt.

Die Bestimmung neutraler loslicher Schwefelcynnver- bindringen durch Titriren mi t Silberlosung ist eine viillig zuverlassige, wie ich micb durch wiederholte Versiiche mit Schwefelcyanammonirim und Schwefelcyanhalium , welche Snlze dnrch Umkrystallisireu atis Alkohol gereinigt und durch langeres Erhitzen auf eine geeignete Temperatur von aller Feuchtigkeit befreit waren, iiberzeugt habe. Ich er- hielt bei diesen Probeversuchen genau die angewandte Menge des Salzes.

Nach den von mir angcstellten Versuehen losen sich in 100 Theilen Wasser bei:

- 2',2 C. 172,7 Theile Schwefelcyankalium + 12,9 203,s u >>

20 ,5 217,5 M m

und bei - 2O,2 C. 11 7,4 Theile Schwefelcyanaminonium

4- 20,s 164,8 J) ,> + 12,9 149,9 1) M

Durch Iiiterpolation erhalt man aus diesen Bestimmun- gen, dafs sich in 100 Tlil. Wasser bei 0 ) 177,2 Theile, bei -+ 20" 2 I7,O Theile Schwefelcyankalirxm und bei 0" 122,l Theile bei BOO 162,2 Theile Schwefelcyanammonium Idsen.