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E. Rupp u. A. Holzle: Glykoheptonshre. 553 Wtteilung aus dem pharmazeutisch.chemischen Institut der Universitllt KOnigsberg. Ueber die Einwirkung von Alkali- und Erdalkali- cyaniden auf Traubenzucker. Von E. Rupp und A. Holzle. Vorlaufige Mitteilung. (Eingegangen den 20. XI. 1913.) Veraetzt man eine Traubenzuckerlosung niit Cyankalium, so tritt nach kurzer Zeit Aminoniakgeruch a d , die Losung farbt sich gelblich und ihre optische Aktivitiit geht binnen Tagesfrist auf den zehnten bis zwanzigsten Teil des Anfangswertes zuriick, urn schliel3- lich nahezu vollkommen zu verschwinden. be- schrieben worden, der die rotationsbeeinflussende Wirkung des Cyankaliums und anderer Agentien auf Traubenzuckerlosung als physikalische Erscheinung konstatiert, ohne jedoch der Moglich- keit stofflicher Umsetzungen nahenutreten. Die Ammoniakent- wickelung scheint dem Autor vollig entgangen zu sein. Diese w i d erst von S chum a c h e r 2, als Folge der Einwirkung von Cyankaliuin auf a 1 k a 1 i s c h e Losungen von Dextrose, Lavulose, Maltose, Galaktose und Milchzucker erwahnt. 8 c h u m a c h e r fiihrt an, da13 in einer Mischung gleicher Teile einer alkalischen zehnprozentigen Traubenzucker- und Cyankaliumlosung Blausaure nur noch in Spuren nachweisbar ist. Die forensisch-chemische Bedeutsamkeit dieses Verhaltem beleuchtet er durch die Fest- stellung, daIJ alkalisch gemachte und init Cyankalium versetzte Milch- und Apfelkrautproben naeh einigen Tagen fast keine Blau- skure mehr ent.halten. Untersuchungen tiber die Reaktionsprodukte und den Re- nktionsverlauf wurden von S c h u m a c h e r nicht angestellt. In den alkalisiertcn Losungen wiirde sich dies wohl auch ziemlich schwierig gestaltet haben, weii dabei Alkali- und Cyanidwirkung nebeneinander herlauf en. Nach unserer urspriinglichen Beob- Dieses optische Verhalten ist bereits von H. T r e y l) l) Ztacbr. f. physik. Chemie 22, 424. 2) Ztschr. f. Unterauchung von Nahrungs- und GenuDmitteln 1902, 1099.

Ueber die Einwirkung von Alkali- und Erdalkalicyaniden auf Traubenzucker

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E. Rupp u. A. Holzle: Glykoheptonshre. 553

Wtteilung aus dem pharmazeutisch.chemischen Institut der Universitllt KOnigsberg.

Ueber die Einwirkung von Alkali- und Erdalkali- cyaniden auf Traubenzucker. Von E. R u p p und A. H o l z l e .

Vorlaufige Mitteilung.

(Eingegangen den 20. XI. 1913.)

Veraetzt man eine Traubenzuckerlosung niit Cyankalium, so tritt nach kurzer Zeit Aminoniakgeruch a d , die Losung farbt sich gelblich und ihre optische Aktivitiit geht binnen Tagesfrist auf den zehnten bis zwanzigsten Teil des Anfangswertes zuriick, urn schliel3- lich nahezu vollkommen zu verschwinden.

be- schrieben worden, der die rotationsbeeinflussende Wirkung des Cyankaliums und anderer Agentien auf Traubenzuckerlosung als physikalische Erscheinung konstatiert, ohne jedoch der Moglich- keit stofflicher Umsetzungen nahenutreten. Die Ammoniakent- wickelung scheint dem Autor vollig entgangen zu sein. Diese w i d erst von S c h u m a c h e r 2, als Folge der Einwirkung von Cyankaliuin auf a 1 k a 1 i s c h e Losungen von Dextrose, Lavulose, Maltose, Galaktose und Milchzucker erwahnt. 8 c h u m a c h e r fiihrt an, da13 in einer Mischung gleicher Teile einer alkalischen zehnprozentigen Traubenzucker- und Cyankaliumlosung Blausaure nur noch in Spuren nachweisbar ist. Die forensisch-chemische Bedeutsamkeit dieses Verhaltem beleuchtet er durch die Fest- stellung, daIJ alkalisch gemachte und init Cyankalium versetzte Milch- und Apfelkrautproben naeh einigen Tagen fast keine Blau- skure mehr ent.halten.

Untersuchungen tiber die Reaktionsprodukte und den Re- nktionsverlauf wurden von S c h u m a c h e r nicht angestellt. In den alkalisiertcn Losungen wiirde sich dies wohl auch ziemlich schwierig gestaltet haben, weii dabei Alkali- und Cyanidwirkung nebeneinander herlauf en. Nach unserer urspriinglichen Beob-

Dieses optische Verhalten ist bereits von H. T r e y l)

l) Ztacbr. f. physik. Chemie 22, 424. 2) Ztschr. f . Unterauchung von Nahrungs- und GenuDmitteln

1902, 1099.

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achtung verliuft die Reaktion auch ohne die von S c h u m a c h e r angenommene katalysierende Wirkung des Alkalis, und eignet sich in dieser Form besser zu einem eingehenden Studium.

Der unter Ammoniakentwickelung sich abspielende Vor- gang zwischen Dextrose und Cyankalium kann wohl nur der sein, daD die RsBktionskomponenten sich zur KaBumverbindung des Glykoheptonsaure-Nitrils addieren. Diese wird hydrolytisch ge- spalten, das Nitril zum Ammonsalz der Glykoheptonsaure ver- seift und unter Ammoniakmtbindung in glykoheptonsaiires Kalium verwandelt.

CH,. OH CH,. OH Hydro- . CEI, . OH

KCY (CH . OH)' D--+ (CE. OH)' --t (CH. O H ) ~ + KOH =--f

(j-0 CH.OK lyse CN 'H CN

CH,moH KOH CH,. . OH

COONH, COOK (CH. O H ) ~ =- + (CH. O H ) ~ + NH,

Ein vollkommen identischer Vorgang spielt sich nach deli Untersuchungen von G. R o m i j n 1) bzw. L. K o h n e) zwischen Formaldehyd und Cyankalium unter Bildung von glykolsaureni Kalium ab. Wie H. F r a n z e n s ) gezeigt hat, entstehen in1 speziellen Falle des Formaldehyds als sekundare Reaktionsprodukte weiterhin Glykokoll, Di- und Triglykolamidsaure.

Urn das oben fur die Dextrose aufgestellte Reaktionsschenia zu verifizieren, wurde gepriift :

1. Der quantitative Verlauf der Ammoniakentwickelung. 2. Der Kaliumgehalt des Reaktions-Produkts. 3. Die Isolierung cler Heptaglykonsaure resp. des Heptaglykon-

siiure-Anhydrids. Zum Beweis, daJ3 in atzalkalifreier Losung bei entsprechender

Reaktionsdauer die Umsetzung yon Dextrose und Cyankaliuni zu heptaglykonsaurem Kalium so gut wie quantitativ ist, wurden 10 g reine krystrtllisierte Dextrose und 3,5 g reines Cyankaliuni (aquimolekulare Mengen) in 200 ccrn Waaser gelost. Nach Wochen- frist wurden je 25 ccm der Losung niit Wasser verdunnt und in halbnormale Schwefelsiiure abdestilliert. Die als Ammoniak wieder-

1) Phmm. Weekblad 33, No. 1s. 2) Mon. Chern. 20, 903. 8 ) Journ. prakt. Chem. 86 (IglZ), 133.

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gefundene Stickstoffmenge belief sich auf 96,3 bis 97,1% der an- gewandten Cyankaliummenge.

Bei der Destillation mit Zusatz von Natronlauge gingen nur 61-65y0 des Stickstoffs als Ammoniak iiber. Daraus erhellt das Auftreten sekundarer Reaktionen in atzalkalischer Losung.

Zur Darstellung und Analyse des Kaliumrohsalzes der Gly- lcoheptonsaure wurden 30 g krystallisierte Dextrose warm in 30 ccm Wasser gelost und nach dem Erkalten mit 10 g reinstem Cyan- kalium versetzt . Die alsbald Amrnoniak entwickelnde Losung wurde in flacher Schale iiber Schwefelsaure 8 Tage lang in einem geriiumigen Exsikkator belassen und letzterer haufig evakuiert. Die urspriinglich farblose Losung wurde schliefilich honigbraun und honigzah, wahrend sich auf der Schwefelsiiure reichlich Arnmon- sulfatkristalle abschieden.

2 g des nicht mehr ammoniakalisch riechenden Reaktions- produktes wurden in einer Platinschale iiber Phosphorpentoxyd im Vakuum bei Wasserbadtemperatur bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Die 1,6312 g wiegende Trockensubstanz wurde 1. a. verkohlt, rnit Wasser extrahiert und verascht. Es resultierten 0,43 g = 26,35y0 einer farblosen, stark alkalisch reagierenden Asche, die sich clurch Titration als Kaliumkarbonat zu er- kennen gab. Auf glykoheptonsaures Kalium berechnet muDten 26,14% K,CO, resultieren.

Zur Isolierung der Glykoheptonsiiure, bezw. deren Anhydrid wurde die honigdicke Losung des Kaliumsalzes mit wen& Waaser auf Sirupkonsistenz verdiinnt, mit Schwefelsaure schwach gesauert und zur Fallung des Kaliumsulfates mit dern doppelten Volum Alkohol einen Tag lang stehen gelassen. Das Filtrat wurde nach dem von I C i l i a n i l ) bezw. E. F i s c h e ? ) zur Herstellung der Glykoheptonsaure aus Dextrose und Blausaure angewandten Ver- fahren durch Erwarmen von Alkohol befreit und nach den1 Erkalten vorsichtig solmge rnit Aetzbaryt versetzt, bis keine Baryumsulfatfallung mehr statt hatte. Das Filtrat wurde irn Vakuum zu einem dicken Extrakt eingedampft und schlieDlich in den Vakuumexsikkator gebracht. Die nach 8-10 Tagen grofiten- teils krystallkornig gewordene Masse wurde auf Ton gestrichen. Die zahfliisaigen braungefarbten Reste zogen in den Ton ein, wahrend der Hauptanteil in Form schwach gelblicher derb prismatischer Krystalle hinterblieb. Diese wurden im gleichen Gewichte heiI3en

1 ) Berl. Berichte 19, 768. *) Annalen d. Chem. 270: 71.

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Wassers gelost, mit einem gleichen Volum von absolutem Alkohol versetzt und im Eisschrank erkalten gelassen. Die erhaltenen farb- losen Krystalle zeigten alle Eigenschaften des (2-Glykohepton- saureanhydrids.

I m exsikkatortrockenen Zustand analysiert, lieferten

0,1243 g Subetmz 0,1849 g CO, und 0,0639 g H,O. Berechnet fiir C,H,,O,: Gefunden :

C 40,38 40,67% H 6,77 5,76%

Im Sinne desselben Reaktionsverlaufs lant sich dau Glyko- heptonsaureanhydrid auch aus aquiniolaren Mengen von Dextrose und Baryumcyanid herstellen. Die Ausbringung tles reinen Pro- thktes gestaltet sich dabei besonders einfach. 60 g Dextrose uiitl 35 g reines Baryumcyanid wurden in 60 g Wasser gelost, wobei alsbald Ammoniakgeruch auftritt. Nach achttagigem Stehen im Vakuum-Srhwefelsiureexsikkator wurde niit Wasser verdiinnt und tlas Baryum durch vorsichtigen Zusatz von verdiinnter Schwefel- siiure ausgefallt. Das Filtrat engte man bis zur Extraktdicke eiii rind impfte mit etwas krystallisierteni Glykoheptonsaureanhydrid. Das nach wenigen Tagen gebildete Krystallmagnia wurde auf Ton abgeprel3t und, wie oben angegeben, atis verdiinntem Alkohol umkrystallisiert .

A n a l y s e : 0,1282 g Substanz lieferten 0,19 g CO, und 0,0672 g H,O.

Berechnet fiir C,H1,O,: Gefunden : C 4438 40,42% H 5,77 5,86%

Das Glykoheptonsaureanhydrid hat neuerdings als Diabetiker- Niihrpraparatl) medizinische Beachtung gefunclen und befindet sich miter dem Namen H e d i o s i t2) in1 Handel. Die Anlagerung von Blau- saure an Zucker erfolgt dabei in1 Prinzipe nach dein I< i 1 i a n i - F i s c h e r schen Verfahreri.

Wir gedenken uns mit der direkten Einwirkung von Alkali- und Baryumcyanid auf Zuckerarten noch aeiter zii befassen.

I ) Deutache med. Wochenschrift 1912, 38, 2416. *) Hochster Ferbwerke, D. R..P. 245267 und 253754.